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alszeilen - Wiener Sportklub

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<strong>alszeilen</strong> #7<br />

Ein Spiel wird im Kopf entschieden<br />

Der neue Trainer Hans Kleer über seine Fußballphilosophie und warum der Weg<br />

mit den jungen Spielern für den Verein der richtige ist.<br />

Gibt es einen Unterschied in deiner Philosophie<br />

als Spieler und deiner Philosophie als Trainer?<br />

Natürlich sieht man das Spiel als Spieler anders<br />

als aus der Warte des Trainers. Aber auch<br />

schon als Spieler ändert sich der Blickwinkel.<br />

Als Junger siehst du die Dinge anders als später<br />

als erfahrener Spieler. Erfahrungen machen<br />

einen reicher, in jeder Hinsicht. Das ist auch<br />

beim Spielen so.<br />

Andererseits gibt es Dinge, die sich nicht<br />

verändert haben. Ich war nie ein Spieler, der<br />

von seiner Physis gelebt hat. Ich war nie der<br />

schnelle Spieler. Ich war eher schnell im Denken<br />

und im Voraussehen von Spielsituationen.<br />

Das prägt mich auch als Trainer. Ich hab auch<br />

als Trainer gerne Spieler, die mitdenken und<br />

auch mit dem Kopf bei der Sache sind. Ein<br />

Spiel wird immer im Kopf entschieden. Natürlich<br />

sind physische Voraussetzungen in vieler<br />

Hinsicht von Vorteil. Mit intelligenter Spielweise<br />

kann ich aber so manches körperliche Defizit<br />

wettmachen. Ich war als Spieler immer im<br />

Zentrum, ich hab immer versucht das Spiel zu<br />

lenken und zu bestimmen. Als Junger war das<br />

eher unbewusst. Je älter man wird, desto mehr<br />

Gedanken macht man sich über das Spiel und<br />

die eigene Spielweise. Ich sag auch den Spielern<br />

jetzt als Trainer, dass sie mit dem Kopf<br />

spielen müssen. Der Kopf muss dabei sein.<br />

Wie hast du dich entschieden Trainer zu werden?<br />

Das ist mit dem Alter gekommen. Als junger<br />

Spieler hat man ja keine Erfahrung. Dann hat<br />

man eine ganze Reihe Trainer, die kommen<br />

und gehen. Natürlich lernst du von jedem etwas.<br />

Und dann gibt’s natürlich auch Trainer,<br />

die einem nicht so liegen. Mit der Erfahrung,<br />

mit einem gewissen Alter, überlegt man sich<br />

dann, warum der Trainer die Sachen so macht,<br />

wie er sie macht. Als Junger denkst du darüber<br />

nicht nach. Da ist nur wichtig zu spielen. Als<br />

älterer Spieler hinterfragst du dann auch mehr<br />

die eigene Situation: Warum bin ich gerade<br />

nicht so fit, warum spiele ich nicht? Und dann<br />

ist die Phase gekommen, in der ich überlegt<br />

hab, wie ich jetzt entscheiden würde. Ich wollte<br />

halt immer Fußball spielen. Deshalb hab ich<br />

relativ lange selbst gespielt. Trainer zu werden<br />

war dann aber keine Entscheidung, die zu einem<br />

bestimmten Zeitpunkt gefallen ist. Ich<br />

bin auch nicht gleich vom Spieler zum Trainer<br />

geworden. Ich war auch eine Zeit lang Spielertrainer.<br />

Da war der Übergang sozusagen fließend.<br />

Irgendwann bin ich halt in die nächste<br />

Phase gekommen, in der ich mich auch vom<br />

Spielen habe verabschieden müssen, solange<br />

ich noch ein akzeptabler Spieler war.<br />

Deine Zeit als Profitrainer bei Lustenau war<br />

durchaus ereignisreich. Was sind die wichtigsten<br />

Erkenntnisse für dich aus dieser Zeit?<br />

Ich hab in den fast zwei Jahren so ziemlich<br />

alle Höhen und Tiefen durchlebt, die man im<br />

Fußball erleben kann. Im ersten Jahr haben wir<br />

um den Titel gespielt. Wir waren sehr erfolg-<br />

Interview und Fotos: Nikolaus Friedrich Lamsa und Hannes Auinger<br />

reich. Das zweite Jahr war dann sehr schwierig.<br />

Am Anfang gleich eine Negativserie, wo<br />

sich die Mannschaft erst hat finden müssen.<br />

Wenn du am Anfang sehr erfolgreich warst,<br />

glaubst du natürlich, es geht immer so weiter.<br />

Ich hab dann lernen müssen, dass das nicht so<br />

ist. Der Erfolg ist immer von sehr vielen Faktoren<br />

abhängig. Und auch als Trainer ist man<br />

von Faktoren abhängig, die man nicht immer<br />

zu hundert Prozent beeinflussen kann. Das<br />

Spielergebnis ist das, was zählt. Es interessiert<br />

keinen, wie du trainierst, wie sich die Spieler<br />

weiterentwickeln, welche Probleme es gibt,<br />

wie viele Verletzte du hast. Es zählt nicht, ob<br />

du aus zwanzig Chancen kein Tor machst und<br />

der Gegner macht aus zwei Chancen ein Tor.<br />

Am nächsten Tag lesen alle nur mehr, dass du<br />

0:1 verloren hast. Das ist das, was im Erwachsenenfußball<br />

zählt. Das muss man einfach akzeptieren.<br />

Zu lernen, dass man nicht alles beeinflussen<br />

kann, war ein wichtiger Schritt für<br />

mich. Fußball ist ein Spiel, eine Show, und das<br />

soll immer so bleiben. Es gibt wichtigere Dinge<br />

im Leben. Das muss man akzeptieren. Auch<br />

als Trainer. Das soll nicht heißen, dass man den<br />

Fußball nicht ernst nimmt. Aber man muss<br />

auch die Grenzen kennen. Und wenn man sich<br />

dessen bewusst ist, dann kann man auch mit<br />

Misserfolgen besser umgehen.<br />

Das heißt, du möchtest nicht nur kurzfristig ergebnisabhängig<br />

beurteilt werden?<br />

Das ist gerade in Österreich sehr schwierig,<br />

dass man irgendwo zwei, drei, vier Jahre Zeit<br />

bekommt, um wirklich etwas aufzubauen.<br />

Weil es sehr viel Druck von so vielen Seiten<br />

gibt. Gerade im Profifußball ist mittlerweile so<br />

viel Geld im Spiel, so viele verschiedene Interessen,<br />

dass die Verantwortlichen sehr schnell<br />

viel Druck machen. Wenn du nicht erfolgreich<br />

bist, bist du auch schon wieder weg. Es ist sehr<br />

schwierig, irgendwo die nötige Zeit zu bekommen,<br />

um kontinuierlich etwas aufzubauen.<br />

Das würde auch bedeuten, dass nicht nur das<br />

Ergebnis am Wochenende gesehen werden<br />

darf, sondern auch andere Faktoren herangezogen<br />

werden müssen.<br />

Wie sehen die kurzfristigen und mittelfristigen<br />

sportlichen Ziele aus deiner Sicht aus?<br />

Primäres Ziel nach der Absicherung des Klassenerhalts<br />

muss es sein, dass man junge<br />

Spieler ausbildet und an die Regionalliga heranführt.<br />

Mit diesem Konzept hat man in der<br />

Regionalliga sicher die Möglichkeit, sich konstant<br />

unter den ersten Sechs zu etablieren. Als<br />

Trainer möchte man natürlich immer Erster<br />

werden, aber das rückt ein wenig in den Hintergrund,<br />

weil man die Voraussetzungen des<br />

Vereins sehen muss. Es ist utopisch in kurzer<br />

Zeit zwingend um den Meistertitel zu spielen,<br />

aber man kann eine Mannschaft aufbauen, mit<br />

der man attraktiven und erfolgreichen Regionalliga-Fußball<br />

spielt. Die langfristigen Zielsetzungen,<br />

wie zum Beispiel ein Aufstieg, haben<br />

natürlich stark mit der finanziellen Komponente<br />

zu tun, um auch die gesamte Infrastruktur<br />

profitauglich zu gestalten. Ein kurzfristiger<br />

sportlicher Aufstieg, bei dem sich die Vereine<br />

finanziell sehr oft überheben, kann kein sinnvolles<br />

Ziel für die Entwicklung eines Vereines<br />

sein. Es ist also wichtig, dass alle Vereinsbereiche<br />

mitwachsen. Wenn man beispielsweise<br />

die Infrastruktur im Trainingszentrum nimmt,<br />

dann sind für einen Profibetrieb wesentlich<br />

mehr Trainingsmöglichkeiten notwendig.<br />

Diesbezüglich gibt es im Verein Überlegungen<br />

und den Willen die Voraussetzungen zu<br />

verbessern, aber die Frage ist halt immer, inwieweit<br />

dies realistisch in einer gewissen Zeit<br />

umsetzbar ist.<br />

Neben dem Trainingszentrum hat der Verein mit<br />

dem Stadion eine enorme infrastrukturelle Herausforderung<br />

zu bewältigen, aber alles zusammen<br />

kann ein lohnendes Zukunftsprojekt sein.<br />

Bei den Gesprächen mit dem sportlichen<br />

Leiter Norton Radaj war von Anfang an die<br />

Ausgangsbasis eine Zusammenarbeit, in der<br />

langfristig etwas aufgebaut wird. Die aktuelle<br />

Vereinsführung ist mit den vielen Trainerwechseln<br />

in den vergangenen Jahren nicht<br />

zufrieden und möchte bewusst einen anderen<br />

Weg gehen. Die langfristige Perspektive war<br />

für mich das Reizvollste an der Aufgabe, da<br />

ich das im kleineren Maßstab schon einmal<br />

mit Gerasdorf erlebt habe. Beim <strong>Sportklub</strong><br />

verschlingt derzeit die Infrastruktur und ihre<br />

Erhaltung bzw. die Betriebskosten aber leider<br />

einen großen Teil der verfügbaren Mittel und<br />

damit sind größere finanzielle Weiterentwicklungen<br />

nur schwer umzusetzen.<br />

Ein Mittel, um „Druck“ auf Entscheidungsträger<br />

auszuüben, ist sportlicher Erfolg.<br />

Genau. Allerdings ist es ein schwieriger Kreislauf.<br />

Geringere finanzielle Mittel führen oft<br />

dazu, dass man verstärkt auf junge Spieler<br />

aus dem eigenen Nachwuchs setzt. Die haben<br />

oft nicht sofort oder nicht so konstant Erfolg.<br />

Damit wird es wieder schwieriger Sponsoren<br />

anzusprechen... ein Kreislauf, aus dem man oft<br />

nur schwer herausfindet.<br />

Es gibt aber auch positive Beispiele.<br />

Na klar, keine Frage. In den letzten Jahren hat<br />

sich zum Beispiel Sturm Graz über diesen Weg<br />

wieder konsolidiert. Austria Wien hat eine Zeit<br />

auch auf junge Eigenbauspieler gesetzt. Aber<br />

wenn dann wieder einmal ein Mäzen oder<br />

größerer Sponsor kommt, dann ist die Versuchung<br />

immer groß, dass man auf arrivierte<br />

Spieler setzt, weil die am Tag X natürlich in den<br />

meisten der Fälle um die paar Prozent besser<br />

sind als ein Eigenbauspieler bzw. ein junger<br />

Spieler. Und als Trainer ist die Entscheidung<br />

immer schwierig, einen Jungen spielen zu lassen,<br />

obwohl ein anderer Spieler im Kader objektiv<br />

stärker ist. Deshalb muss man im Kader<br />

verstärkt auf die jungen Spieler setzen, denn<br />

einem Spieler zu sagen, dass er nur deswegen<br />

nicht spielt, weil er kein Eigenbauspieler ist,<br />

das geht nicht. Da könnte ich mich als Trainer<br />

nicht in den Spiegel schauen.<br />

Stichwort Aufbau: Wie zufrieden bist du mit der<br />

Vorbereitung auf die Frühjahrssaison?<br />

Eigentlich bin ich sehr zufrieden. Ich war positiv<br />

überrascht, wie gut die Mannschaft mitgezogen<br />

hat, wie gut wir gearbeitet haben und<br />

wie konsequent die Spieler dabei waren. Vor<br />

allem muss ich da auch meinem Co-Trainer<br />

Wolfgang Prochaska danken. Wir können sehr<br />

gut in Gruppen arbeiten und haben eine sehr<br />

hohe Intensität im Training. Auch der Masseur<br />

Mario Ertl macht eine hervorragende Arbeit.<br />

Mit Milan Mana haben wir auch einen neuen<br />

Torwarttrainer. Von den Ergebnissen hat es in<br />

den Testspielen nicht immer so gepasst, wie<br />

ich mir das vorgestellt hätte, aber es kann<br />

nicht immer alles von Anfang an passen. Das<br />

ist eben ein Faktor, wenn man sehr vielen jungen<br />

Spielern die Chance gibt, dann kann es<br />

nicht so sein, dass die sofort alles umsetzen<br />

können, was man ihnen vorgibt. Aber ich sehe<br />

eine sehr gute Entwicklung. Sehr positiv hat<br />

mich gestimmt, dass die jungen Spieler in den<br />

Vorbereitungsspielen den Partien immer wieder<br />

ihren Stempel aufdrücken und mithalten<br />

konnten. Mir ist aber klar, dass der eine oder<br />

andere einen Leistungseinbruch erleiden wird.<br />

Das ist völlig normal und dann wird es auf die<br />

paar älteren Spieler und Leistungsträger ankommen,<br />

die dann mit breiter Brust vorausgehen<br />

müssen.<br />

Wie sind deine Erwartungen für das Spiel gegen<br />

<strong>Wiener</strong>berg und gibt es für dich, nachdem das<br />

Derby gegen die Vienna weggefallen ist, im Frühjahr<br />

ein besonderes Spiel?<br />

Ich hoffe, dass wir als Mannschaft dazu beitragen,<br />

zusätzliche Fans auf den Platz zu locken,<br />

weil sie sich sagen: da steht eine gute und junge<br />

Mannschaft am Platz, die dynamisch und<br />

attraktiv spielt. Das Derby gegen die Vienna<br />

wäre natürlich etwas Besonderes gewesen. In<br />

der Frühjahrssaison ist für mich persönlich das<br />

Spiel gegen die Rapid Amateure besonders,<br />

weil einer meiner besten Kumpels dort Co-<br />

Trainer ist. [Robert Haas, Anm. d. Redaktion]<br />

Da ich mit dem Andi jetzt auch in Ausbildung<br />

bin, ist das Spiel etwas Besonderes und ich<br />

möchte es unbedingt gewinnen.<br />

Gegen <strong>Wiener</strong>berg ist es für den <strong>Sportklub</strong> in<br />

den letzten drei Begegnungen nicht so positiv<br />

gelaufen.<br />

Von solchen Statistiken halte ich nicht viel. Das<br />

wird von den Medien auch immer gerne verwendet,<br />

um zu prognostizieren, dass man gegen<br />

jenen Gegner gut gespielt hat und gegen<br />

diesen nicht. Ich hoffe, wir können das gleich<br />

widerlegen und die drei Punkte einheimsen,<br />

damit man sieht, dass wir uns in Dornbach<br />

jetzt positiv nach vorne orientieren.<br />

<strong>alszeilen</strong> #7<br />

7

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