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Hintergründiges aus Duisburg

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WELT ONLINE - Wieso bloß „Arcandor“? 9. Mai<br />

2007, Karstadt<br />

Wieso bloß „Arcandor“<br />

Der erste Schreck war zum Glück<br />

unbegründet. An den Karstadt-Warenhäusern<br />

wird auch weiterhin Karstadt stehen,<br />

obwohl das Unternehmen Karstadt Quelle<br />

sich künftig „Arcandor“ nennen will. Zuzutrauen<br />

wär‘s ihnen ja gewesen: Kaufhäuser<br />

wechseln ihre Namen noch häufiger als<br />

Fußballstadien. Aus Horten wurde Kaufhof,<br />

<strong>aus</strong> Kaufhof wurde Galeria, <strong>aus</strong> Hertie<br />

wurde Karstadt, <strong>aus</strong> Bilka wurde ...<br />

Schall und Rauch. Aber der Wechsel von<br />

Karstadt zu Arcandor wäre zweifellos die<br />

dämlichste Unbenennung gewesen, seit<br />

das einstige Hotel „Stadt Berlin“ am Alexanderplatz<br />

- ein Hochh<strong>aus</strong>klotz in einer<br />

Steinwüste Meilen entfernt von jedem<br />

Baum - in „Park Inn“ unbenannt wurde.<br />

Aber was um alles in der Welt will uns<br />

Karstadt Quelle eigentlich mit seinem neuen<br />

Namen sagen? Unternehmenschef Thomas<br />

Middelhof begründet die Umbenennung u. a.<br />

mit der „wachsenden Internationalisierung<br />

der Geschäfte“. Komischerweise trugen<br />

die Gründer der klassischen deutschen<br />

Weltmarken nie derartige Bedenken.<br />

Nach dieser Logik hätte Volkswagen sich<br />

ja gleich nach Kriegsende seines doch<br />

verdächtig nach Hitler und Volksgenosse<br />

klingenden Namens entledigen müssen.<br />

Aber damals gab es diese globale<br />

Management-Mode der Umbenennungen<br />

noch nicht, und es gab auch noch keine<br />

Namensdesigner.<br />

Man kann sich sehr gut vorstellen, wie<br />

drei Glatzköpfe mit Hornbrille monatelang<br />

bei immer neuen Meetings den Namen<br />

„Arcandor“ kreiert haben, während um sie<br />

herum ein Dutzend Gegelte mit Taschenrechnern<br />

kalkulierten, wie viel sie Karstadt<br />

Quelle dafür in Rechnung stellen können.<br />

Und am Ende ist dann ein Name dabei r<strong>aus</strong><br />

gekommen, der sich für einen Englischsprachigen<br />

liest wie eine leicht legasthenische<br />

Variante von „Geheimtür“.<br />

Feuilleton<br />

Wahrscheinlich hatten die Namensdesigner<br />

das paradiesische Arkadien der Antike im<br />

Sinne, aber dann klang Arcador einfach nicht<br />

so groovy wie Arcandor. Das ist eben das<br />

Risiko dieser Neuschöpfungen: Irgendwo<br />

auf der Welt bedeutet das wohlklingende<br />

Phantasiewort möglicherweise „Schwachkopf“,<br />

„Hure“ oder „Pups“.Deshalb sind die<br />

international geeignetsten Firmenmarken<br />

vielleicht doch einfach diejenigen, die<br />

<strong>aus</strong> unmissverständlichen deutschen Familiennamen<br />

entstanden sind. Und Janis<br />

Joplins berühmtes „Oh Lord, won‘t you buy<br />

me a Mercedes Benz” klingt doch viel besser<br />

als “Oh Lord, won’t you buy me something<br />

at Arcandor”.<br />

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