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55 Jahre<br />
Judas<br />
Thomas<br />
Kuhl<br />
Judas<br />
hintergründiges aus Duisburg<br />
issn 1864-1180<br />
In eigener Sache<br />
Katastrophe<br />
Kapitalismus<br />
Wieder Weimar<br />
Ratzingers<br />
religiöses Roulette<br />
Januskopf Israel:<br />
Antisemitismus<br />
bis Gaza<br />
ARGE Arbeit<br />
Armut<br />
<strong>So</strong> nicht!<br />
Feuilleton
Navigator<br />
In eigener Sache<br />
Navigator<br />
Judas<br />
Echo<br />
Echo-Debatte<br />
Impressum<br />
Katastrophe Kapitalismus Wieder Weimar<br />
Das globale <strong>Nicht</strong>s<br />
Play it again, Sam<br />
Mit dem <strong>So</strong>zialstaat stirbt die Demokratie<br />
Reichsarbeitsdienst heute: Ein-Euro-Jobs<br />
Monotonie des Lebens<br />
Traditionell unmenschlich<br />
...schland<br />
Hitler, Porsche, Volkswagen<br />
Wer kennt schon Delaware<br />
Seid Ihr verrückt?<br />
Täter, Opfer, Hartz und Weimar<br />
Der Malocher<br />
<strong>Nicht</strong>s Neues unter der <strong>So</strong>nne<br />
Zumwinkels und die wegschauende Journaille!<br />
Schafott<br />
Abbitte<br />
Das Krisengespenst<br />
Krisenbekämpfung<br />
Die Krise tötet Menschen<br />
Von dumpfen Ideologien und allzu Irdischem<br />
Weiterführendes<br />
Das Wort zur Krise<br />
Überleben nach dem Supergau<br />
Ratzingers religiöses Roulette<br />
- Papst inkommuniziert Holocaustleugner<br />
Wachablösung 2005<br />
Die frommen Verfassungsfeinde<br />
- Sind Christen natürliche Antisemiten?<br />
Ein Papst auf Erden<br />
Totentanz<br />
Januskopf Israel: Antisemitismus bis Gaza<br />
Antisemitismus als Normalität in Duisburg<br />
- Gemetzel in Gaza<br />
Die dritte Kraft<br />
Deutschland weltweit drittgrößter Rüstungsexporteur<br />
ARGE Arbeit Armut<br />
Menschenhandel bei der ARGE<br />
- Postfaschistischer Hygienewahn in Duisburg<br />
Bürger für Bürger<br />
<strong>So</strong> <strong>Nicht</strong>!<br />
I. Necati’s <strong>Nicht</strong>s<br />
Necati 2: PIANO Beschiß in Leise<br />
II. Hello Mr. Buddywuggy<br />
III. Dagmar Sall’s OB-Lotto<br />
IV. Zlatans Fäkalien - 2.Folge<br />
Feuilleton<br />
Aphorismen<br />
An die Narzissen<br />
Nach des Tages Mühen<br />
- Eartha Kitt, ein Nachruf<br />
FSK 18 – Tendenziell menschenverachtend<br />
menschenverachtend<br />
Use Condoms or Make Hitler<br />
Modernes Stilleben<br />
Cem, Cem, Cherie<br />
Rogalla Tunes<br />
Es macht doch „bumm, bumm“<br />
Aspekte<br />
Wo hängt der Elefant?<br />
Verrückt<br />
Leichenstück<br />
Defecation Area<br />
Meldungen<br />
Massenmörder<br />
Obama kann’s nicht lassen<br />
Zweigleisig<br />
Letzte Seite
Judas<br />
Jahrtausende bin ich inzwischen unterwegs, manchmal habe<br />
ich jahrhundertelang geschlafen, manchmal musste ich ran:<br />
als Luzifer, <strong>So</strong>krates, Judas, Eulenspiegel, Villon, Nietzsche...<br />
Nun heiße ich Thomas Kuhl – und bin der Letzte aus der Bruderschaft<br />
der Unbeugsamen, der ewige Judas, weshalb mir<br />
der Judas vor dem Thomas Ehre, Verpflichtung und Beruf ist.<br />
Ein Verräter ist einer, der ein Recht wahrnimmt. Einer, der<br />
etwas preisgibt, was er weiß. Ein Zeuge, kein Heimlichtuer<br />
oder gar Mittäter. Er sagt Ihnen, was wirklich ist – und das<br />
ärgert die Dunkelmänner. Verrat ist immer noch der beste<br />
Rat.<br />
Satire und Aufklärung<br />
Satire ist Subversion aus der Dialektik von Lachmitteln und<br />
Lachverhältnissen. Aufklärung mit Aufheiterung feuilletonistisch<br />
gestrickt, „Aha“ wie „Haha“ - als Periodikum für den<br />
denkenden Menschen.<br />
Judas bringt die großen Themen , lässt sich von der Fachwelt<br />
attestieren, „Deutschlands einziges Satiremagazin mit aufklärerischem<br />
Niveau“ zu sein und genießt den Kultstatus als<br />
„Deutschlands freie Fresse“ sowie sein Leben im untergehenden<br />
Duisburg.<br />
Samisdat<br />
ist eine Abkürzung aus dem russischen Samsebjaisdat =<br />
Sichselbstverlag. Eine Parodie auf die Namen der Staatsverlage,<br />
die zum Beispiel Goslitisdat = Staatsverlag für Literatur<br />
oder Politisdat = Militärverlag hießen. Der Begriff verkürzte<br />
sich später auf Samisdat und wurde zum Inbegriff für unzensierte<br />
Literatur: Polit-literarischer Underground.<br />
Unter repressiven Bedingungen lässt sich Wahrheit nur so<br />
publizieren - egal ob bei Bushs, Putins oder Merkels.<br />
Magazin<br />
In eigener Sache<br />
...kommt ursprünglich vom arabischen „machzan“, was<br />
„Munitionslager“ bedeutete. Dann verstand sich das Bibliotheksmagazin<br />
so – als Lagerort von Büchern, die ja auch<br />
Munition sein können.<br />
Als Feuilleton im Magazinformat in PDF per Email munitionieren<br />
wir unsere Leser mit „Judas“-Patronen, die von<br />
der Deutschen Nationalbibliothek geprüft und mit der ISSN<br />
1864-1180 zum Abschuß freigegeben sind.<br />
Feuilleton<br />
„Feuilleton“ heißt „Blättchen“. Berichte, Essays, Kommentare<br />
und kritische Besprechungen sind heute Bestandteil des<br />
Feuilletons in verschiedenen Periodika.<br />
Der Intellektuelle liest das Feuilleton zuerst, weil dort die<br />
grundsätzlichen Fragen unserer Kultur abgehandelt werden,<br />
und blättern erst dann zum Tagesaktuellen wie Politik oder<br />
Wirtschaft, um dort – als humoristische Beilage sozusagen<br />
– nachzulesen, was heute schon wieder verbockt oder wer<br />
diesmal beschissen wurde.<br />
In der Tradition von Heine, Börne, Benjamin oder Kracauer,<br />
die gerne die sogenannte Realität satirisch zu würzen<br />
wussten, ist der ganze Judas durchgängig Feuilleton. Unser<br />
Vorbild ist „Die Fackel“ von Karl Kraus. Was uns nicht daran<br />
hindert, in jeder Ausgabe als großen Block am Ende nochmals<br />
das Kapitel „Feuilleton“ aufzuschlagen.
Dokumentation<br />
Ich verstehe den Judas als mit jeder Ausgabe kumulativ<br />
wachsendes Gesamtwerk und jedes Kapitel bezieht sich auf<br />
gewesene oder antizipiert kommende.<br />
Mein Wissenschaftsbegriff basiert auf <strong>So</strong>krates, Schopenhauer<br />
und Nietzsche, wobei ich aufklärerische Sachartikel<br />
essayistisch verfasse. Mir ist die philosophische Durchdringung<br />
wichtiger als statistische Nebelspaltereien. Den Ballast<br />
des Anmerkungsapparates überlasse ich gerne naturwissenschaftlich<br />
gestörten Erbsenzählern.<br />
Ein winziger Teil der deutschen Presse ist nach meinen<br />
Kriterien seriös. Die bringe ich Ihnen hier gerne zur Kenntnis:<br />
In ganzen ungekürzten Artikeln: Entweder als Großzitat<br />
im Kapitel-Kontext oder als Dokumentation. Die jeweiligen<br />
Quellen finden Sie dann unter dem Artikel sowie im Impressum<br />
unter „Dokumentation“.<br />
Geschäftsgrundlage<br />
Email-Adressen. Wir können davon nicht genug kriegen. Ihre<br />
Zahl bestimmt unsere Auflage und damit nicht nur unsere<br />
Reichweite sondern auch die Höhe der Annoncenpreise. Und<br />
damit das Geld, das wir für Projekte verwenden können.<br />
Wir hören immer wieder, dass unsere Leser den Judas an ihre<br />
Freunde weiterversenden, was an sich eine tolle Sache ist.<br />
Doch bleibt das ohne Effekt für unsere Email-Adressen-Datenbank,<br />
deren Volumen für uns so entscheidend ist.<br />
Schicken Sie uns Email- Adressen. Alles, was Sie kriegen<br />
können. Danke!<br />
Layout<br />
Bisher unser <strong>So</strong>rgenkind. Layouter blieben im Schnitt zwei<br />
Ausgaben, was das Blattmachen nicht unbedingt erleichtert<br />
hat. Nun ist Nadine Pilger seit der letzten Nummer zuständig.<br />
Sie hat sich zügig in Indesign eingearbeitet und<br />
die letzte Ausgabe in Rekordzeit fertiggestellt. Danke und<br />
Willkommen an Bord!<br />
Katastrophe Kapitalismus Wieder Weimar<br />
Inzwischen hat auch der Letzte gemerkt, dass das, was uns<br />
aus Politikaster- und Profiteurskreisen entgegenschallt,<br />
nicht Fortschritt ist – sondern uns weit zurückwirft. Wir<br />
befinden uns wieder in Weimarer Zeiten.<br />
Was wir durch den Puffreisen-Finanzier Hartz als Hartz-<br />
Gesetze kennenlernen durften, hatte sich sein Namensvetter<br />
Gustav Hartz vor 80 Jahren ausgedacht. Die Katastrophe,<br />
die dann zu Hitler führte, nennt man heute beschönigend<br />
„Reformen“. Lesen Sie die auffälligen Parallelen zwischen<br />
dem Weimarer Original und den heutigen Verantwortungslosigkeiten<br />
hier nach.<br />
Seit der Machtergreifung des Herrn Kohl vor einem Vierteljahrhundert<br />
ist die Bananenrepublik das geltende Politikmodell:<br />
Die Regierung macht, was sie will, die Reichen kriegen<br />
alles in den Arsch geblasen und die Armen richtig was auf die<br />
Schnauze bei zunehmender Bürgerbespitzelung mit Aushebelung<br />
von Grundrechten.<br />
In eigener Sache<br />
Nun haben die Banksters zu hoch gezockt und Banken, die<br />
an der Börse gerade mal 270 Millionen wert sind, kriegen<br />
über 100 Milliarden aus den Taschen der ausgepressten<br />
Steuerzahler. Nur damit die barbarischen Wirtschaftsbedingungen<br />
so bleiben können.<br />
Hartz4er sind immer noch auf die Lebensmittelspenden der<br />
Tafel angewiesen während Geldanlagebetrüger hunderte von<br />
Milliarden an Millionärssozialhilfe bekommen.<br />
Die Hälfte wählt schon nicht mehr und hält die Demokratie<br />
für gescheitert. Genauso war es nach der Wirtschaftskrise<br />
von 1929.<br />
Ratzingers religiöses Roulette<br />
Die „kriminelle Organisation“ (Karl Heinz Deschner: Kriminalgeschichte<br />
des Christentums, zehn Bände – unbedingt<br />
empfehlenswert!), deren Vorläufer schon damals die von<br />
Römern vollzogene Kreuzigung eines nazarenischen Rabbiners<br />
den Juden in die Schuhe geschoben haben, bestraft das<br />
Volk Israel nun wieder mal für das, was sie ihnen sowieso<br />
schon jahrhundertelang mit ihrem christlichen Antisemitismus<br />
angetan haben.
Januskopf Israel: Antisemitismus bis Gaza<br />
Hitlers Traditionen wirken fort. Die Duisburger Polizei bricht<br />
in eine Wohnung ein, um den „gesunden Volkszorn“ von<br />
Demokratiefeinden zu beschwichtigen. Israel fackelt Palästinenser<br />
mit Phosphorbomben ab. Und Naomi Klein kriegt die<br />
Antisemitismuskeule übergebraten weil sie die Unmenschlichkeit<br />
des Staates Israel geißelt.<br />
ARGE, Arbeit, Armut<br />
Wenn die Arge analog zu geltendem Strafrecht gewertet<br />
würde, säße sie wegen Menschenhandel im Knast. Und der<br />
Duisburger Oberbürgermeister schult Opfer zu Tätern um.<br />
<strong>So</strong> nicht!<br />
Wenn man glaubwürdig aufklären will, muß man selbst eine<br />
ehrliche Haut sein. Integrität lässt sich nur aufrechterhalten,<br />
indem man klare Kante zeigt.<br />
Egal, ob gegenüber abzockenden Wirten, pöbelnden DJs oder<br />
unseriösen OB-Kandidatur-Angeboten.<br />
Andererseits macht es Spaß, im Vergleich zu stehen. Ich<br />
mache Satire. Die genannten „Persönlichkeiten“ sind Satire.<br />
Vergnügen Sie sich selbst an frischem Duisburger Alltagswahn.<br />
Feuilleton<br />
Die wunderbare Eartha Kitt ist gestorben, Cem Özdemir<br />
reüssiert als Comic-Held, ein Elefant nimmt Reißaus, zwei<br />
abgetretene Massenmörder winken noch mal und der neue<br />
Messias Obama steht in der Gefahr, das heilige Weiße Haus<br />
mit Zigarettenqualm zu entweihen. Selten haben wir Weinen,<br />
Kotzen und Lachen so dicht beieinander gehabt...<br />
Heiße Nächte mit Judas wünscht Ihnen Ihr Personal Brain-<br />
Trainer<br />
Judas Thomas Kuhl<br />
PS:<br />
Heben Sie Ihr Geld baldmöglichst ab.<br />
Im Strumpf oder unter der Matratze ist es sicherer...<br />
Echo )))<br />
In eigener Sache<br />
Hallo Thomas!<br />
Der neue Judas ist klasse geworden. Hab zwar noch nicht alles<br />
lesen können, aber es macht echt Spaß, mal was anderes,<br />
als das Gesülze und Gelalle der üblichen Medien vor die<br />
Augen zu bekommen. Weiter so!<br />
Michaela Paarmann<br />
Lieber Thomas, danke für „Judas“. Das Magazin wird immer<br />
besser, manches habe ich erkannt und deine Artikel haben<br />
Biß. Für 2009 wünsche ich dir die Power und Gesundheit,<br />
oder umgekeht.<br />
Herzlich Sigrid Kruse<br />
Moin Thomas,<br />
tu mir bitte einen Gefallen und nimm mich aus dem Judas-Verteiler.<br />
Mir ist das Alles ‚n bisken zu negativ und zu<br />
verbittert. Interessiert mich einfach nicht.<br />
Nix für ungut<br />
Gruss Christoph<br />
O.K. sunnyboy...<br />
hab eben bei nem bier nochmal drüber nachgedacht<br />
da fiel mir ein dass ich schon über euch geschrieben hatte
Hallo Thomas!<br />
Der neue Judas ist klasse geworden. Hab zwar noch nicht alles<br />
lesen können, aber es macht echt Spaß, mal was anderes,<br />
als das Gesülze und Gelalle der üblichen Medien vor die<br />
Augen zu bekommen. Weiter so!<br />
Michaela Paarmann<br />
Lieber Thomas, danke für „Judas“. Das Magazin wird immer<br />
besser, manches habe ich erkannt und deine Artikel haben<br />
Biß. Für 2009 wünsche ich dir die Power und Gesundheit,<br />
oder umgekeht.<br />
Herzlich Sigrid Kruse<br />
Moin Thomas,<br />
tu mir bitte einen Gefallen und nimm mich aus dem Judas-Verteiler.<br />
Mir ist das Alles ‚n bisken zu negativ und zu<br />
verbittert. Interessiert mich einfach nicht.<br />
Nix für ungut<br />
Gruss Christoph<br />
O.K. sunnyboy...<br />
hab eben bei nem bier nochmal drüber nachgedacht<br />
da fiel mir ein dass ich schon über euch geschrieben hatte<br />
im juni 07 hatte ich „die maria von der tagesschau“<br />
und darin eine unterüberschrift „die eva aus duisburg“<br />
jetzt wo ich dich endgültig lösche<br />
gebe ich dir das noch mit<br />
viele deiner freunde haben geschmunzelt oder gelacht<br />
eigentlich müsstest du ja negativ und verbittert sein<br />
und ich lache mich kaputt<br />
wie immer<br />
machs gut<br />
ah – prima, danke<br />
Uwe Gotzes<br />
... that`s me , Heiligabend 18.00 Uhr MEWZ 2008<br />
Schöne Feiertage<br />
Einar<br />
Wein Wahn Weihnachten<br />
Hi, das war ja ganz nett, die Show gestern. <strong>So</strong> insiderhafte<br />
Literatursausen sollteste mindestens vierteljährlich machen.<br />
Gerade in dem Umstand, daß daß so überschaubar war, liegt<br />
ja der Charme des Ich-lasse-mich-nicht-kaufen. Und die Galerie<br />
kannte ich nicht mal, obwohl ich oft um die Ecke wohne.<br />
In eigener Sache<br />
Auch das mit dem fahrigen Revuekonzept paßte ja nett in die<br />
<strong>Nicht</strong>raucherveranstaltung, Raucherpausen als dramaturgische<br />
Funktion gewissermassen.<br />
Deine Texte - nun ja; für meinen Geschmack arbeitest Du<br />
Dich zu stark an Gott ab. Dabei ist Gott tot und Deschner<br />
auch.<br />
Deshalb: Weitermachen!<br />
Thomas Meiser<br />
Der Spendenkomplex<br />
Hallo Thomas,<br />
ja du warst mal wieder fleißig!<br />
Sieht gut aus und du hast auch über den Spendenkomplex<br />
etwas gebracht. Prima! Freut mich, dass Alexander Glück da<br />
mitgemacht hat. Er war jetzt beim mdr.<br />
Christa Schudeja<br />
Feuilleton<br />
Hallo Thomas,<br />
vielen lieben dank für das neue Mag und vor Allem dafür,<br />
dass Du mir die Möglichkeit gegeben hast, 3 meiner Texte bei<br />
Dir veröffentlicht sehen zu<br />
dürfen.<br />
Heidi ad Hoc<br />
„Im Land des Grafen“ ist ein Super-Artikel!<br />
Harald Landgraf
Leopold Lapsus<br />
Hallo Thomas,<br />
keine Ahnung, wie ich auf Deinen Verteiler gekommen bin,<br />
aber Gottes Radschloss ist ja bekanntlich untergründlich.<br />
Interessiert mich aber dennoch.<br />
Zwar erschwert ein Kasten an etlichen Stellen, wo ein Leerzeichen<br />
sein sollte, das Lesen Deines Magazins sehr, aber<br />
der Inhalt macht bekanntlich die Musik – und Film Kino erst<br />
schön. Dass das Inhaltsverzeichnis nicht mit den entsprechenden<br />
Seiten verlinkt ist, ist auch nicht hohe Schule, aber<br />
Bildung wird ja auch immer teurer... Das war der kritische<br />
Teil, denn so im Ganzen ist das Sammelsurium schon gut bestückt,<br />
ob elefantenmäßig, sei dahingestellt. Etliches kennt<br />
der aufmerksame Nachrichtenverfolger eben dann doch<br />
schon aus einigen Quellen... Ja, jetzt ist aber wirklich gut.<br />
Ich wollte erstens auf unser (nicht ganz unverwandtes)<br />
Fanzine hinweisen:<br />
http://www.lapsus-gil.de/lover/lover-c.htm<br />
Grund: Gleiches Pech für alle!<br />
Und zweitens auf ein Buch aufmerksam machen, das bei BoD<br />
erschienen ist und dessen Text man auf unseren Heimseiten<br />
lesen kann, falls man nicht in<br />
Unbekanntes investieren will:<br />
http://www.lapsus-gil.de/lover/lover20.htm#Meyer<br />
Das Buch selbst (und Links zu Quellen) findet man hier:<br />
http://www.lapsus-gil.de/lover/lovesell.htm#Odyssee<br />
Falls es Dich reizen könnte, eine Leseprobe in Dein nächstes<br />
Magazin zu übernehmen, lass es mich wissen.<br />
Die Revanche wäre eine beliebig gestaltbare Werbeseite in<br />
unserem Lover (Leserschaft allerdings
Echo Debatte<br />
Hand oder Hirn?<br />
sorry thomas, aber ich komm darauf nicht klar! wenn es für<br />
dich erfolgreich ist, dann ist es ok, aber es hat mit mir nichts<br />
zu tun. das ist für mich nur hohles pla, pla! ich versorge<br />
menschen in meiner stadt, die hunger und kein geld haben,<br />
ich versorge suchtkranke menschen meiner stadt, die überall<br />
anders nicht erwünscht sind. alle 30 sekunden stirbt ein<br />
kind auf dieser welt an unterernährung. meine welt ist eine<br />
andere, hat mit deiner absolut nichts zu tun! elend beseitigst<br />
du mit den händen, nicht mit dem maul! bitte erspar mir in<br />
zukunft weitere mails mit diesem geistigen dünnschiss, wer<br />
auch immer diesen verfasst hat. danke für dein verständnis!<br />
gruss rolf<br />
Lieber Rolf<br />
Daß Hände nicht denken können, ist dir sicherlich entgangen. Hände<br />
können auch nichts arbeiten, das nicht vorher gedacht wurde. Die<br />
aufklärerische Hälfte des Judas erreicht viel mehr, als deine Flossen<br />
jemals zu packen kriegen.<br />
Daß Du das nicht verstehst liegt an deiner Verbohrtheit und Geistfeindlichkeit,<br />
weswegen du dir schleunigst einen Therapeuten suchen<br />
musst, da ich annehme, dass du den Menschen, denen du zu helfen<br />
glaubst, mit deinem Gesülze schadest, was du aber nicht merkst,<br />
weil du ja nicht denkst.<br />
Judas wirft keine Perlen vor Säue. <strong>So</strong>lche Leser wollen wir nicht<br />
haben.<br />
Deshalb danken wir dir für deine Dummheitserklärung. Selbstverständlich<br />
bist du jetzt gelöscht.<br />
werter thomas,<br />
das war wieder einmal der treffer voll ins schwarze. du angeblich<br />
so gebildeter, so über den dingen stehende persönlichkeit<br />
überschreitest die grenzen des guten geschmacks.<br />
diese variante, unter der gürtellinie, habe ich auch drauf,<br />
du kleines arschloch! du sprichst von tätigen händen, was<br />
haben die deinen für die menschen dieser stadt bisher geleistet,<br />
nichts haben sie getan! du willst mich kritisieren?...lol!<br />
who the fuck is judas?? war das nicht der, der jesus verraten<br />
hat?? hast den richtigen namen gewählt, passt zu untätigen,<br />
unwissenden, unfähigen schreibtischtätern deiner kategorie!<br />
lass es gut sein, schreib deinen theroretischen müll, mach<br />
kasse bei denen die so blöd sind dich ernst zu nehmen aber<br />
leg dich nicht mit mir an, denn dieses spiel wirst du verlieren!<br />
gruss rolf<br />
du verstehst es nicht<br />
mir ist das egal<br />
Der barmherzige Samariter<br />
In eigener Sache<br />
Die ganze Zeit hatte ich mir überlegt, wer denn dieser Rolf<br />
Karling sei. Unter seinem Namen fand ich nichts in meinem<br />
Email-Verteiler. Geschrieben hatte er mir unter bfb.<br />
Dann kam es mir doch noch. Er ist der Chef des gemeinnützigen<br />
Vereins „Bürger für Bürger“, der mit seinen Tafelähnlichen<br />
Häusern den Duisburger Westen und Norden<br />
abdeckt und darüber hinaus mit seiner rollenden Streetworker-Ambulanz<br />
Junkies und Obdachlose betreut. Sehr gute<br />
Arbeit – im Gegensatz zur Duisburger Tafel, die Hilfesuchende<br />
demütigt und seit vielen Jahren nicht in der Lage ist, ihre<br />
Lebensmittelausgabe zu organisieren.<br />
Heiligabend hab ich ihn dann angerufen und ihm kurz vor<br />
Eröffnung seiner Lebensmittelausgabe noch erklärt, dass<br />
ich nicht gewusst hätte, wer mir da so schreibt. Das hat uns<br />
dann beide zum Lachen gebracht.<br />
Inzwischen haben wir uns wieder gesehen und weiter über<br />
Zusammenarbeit gesprochen – wie zuvor, woran uns unsere<br />
konträren Ansichten in Sachen Hand und Hirn nicht hindern<br />
werden. Zusammen können wir für unsere gemeinsamen<br />
Ziele mehr erreichen.<br />
Mehr dazu unter „Bürger für Bürger“ hier im Heft.<br />
Judas Thomas Kuhl
Impressum<br />
des dicksten judas aller zeiten<br />
herausgeber<br />
verantwortlich im sinne des pressegesetzes<br />
redaktion<br />
judas thomas kuhl<br />
friedrich wilhelm platz 7<br />
47051 duisburg<br />
autoren bernd barenberg<br />
gerry x, gerryx.com<br />
regina gorsleben<br />
heidi-ad-hoc.de<br />
werner jurga, jurga.de<br />
walter krebs<br />
judasthomaskuhl.de<br />
harald landgraf<br />
rogallatunes.de<br />
thomas meiser<br />
fabian müller<br />
michaela paarmann<br />
loredana tavola<br />
reina ilona vildebrand<br />
ralf wassilowski<br />
dokumentation daniel bax (tageszeitung - taz)<br />
christoph butterwegge (uni köln)<br />
friedrich krotz (tageszeitung – digitaz)<br />
phillipp lichterbeck (tagesspiegel)<br />
willa paskin (slate)<br />
perlentaucher.de<br />
achim pollmeier (plusminus, wdr)<br />
florian rötzer (telepolis)<br />
ralf schwartz (mediaclinique)<br />
tagesschau.de<br />
arno widman (fr-online.de)<br />
bettina winsemann (telepolis)<br />
controlling hans-günter tietje<br />
layout nadine pilger<br />
schriften ptl touja, verena gerlach, primetype.com<br />
ff quadraat, fred smeijers<br />
modus pdf per email<br />
zyklus zweimonatlich bis vierteljährlich<br />
auflage 7000<br />
kontakt thomaskuhl@gmx.de<br />
issn 1864-1180<br />
In eigener Sache
Katastrophe Kapitalismus<br />
Wieder Weimar<br />
Das globale <strong>Nicht</strong>s<br />
vom religiösen zum Wirtschaftswahn<br />
Der Gläubige hat sich Scheiße erzählen lassen und ist insofern<br />
Gläubiger, er kann fordern, ausbezahlt zu werden. Nun<br />
ist der Scheck auf das ewige Leben nicht gedeckt, was aber<br />
nicht bewiesen werden kann, da im <strong>Nicht</strong>s nichts ist. Er gibt<br />
Kredit ohne dafür eine Deckung zu sehen. (Das nennt man<br />
auch „Futures“ oder „Derivate“)<br />
Andererseits ist das ein gutes Geschäft für die Betrüger, die<br />
das <strong>Nicht</strong>s so erfolgreich vermarkten indem sie sagen, es sei<br />
das Höchste. Die religiösen Gangster nennen es „heilig“, die<br />
ökonomischen „Marktwirtschaft“. Die einen versprechen die<br />
Wiederkunft des Messias, die anderen Aufschwung, Gewinn,<br />
Wohlstand.<br />
Daß in der Religion die Guten reich belohnt und die Bösen<br />
böse bestraft werden, führt zu der Wahnvorstellung, dass die<br />
Reichen gut seien und die Armen ihre gerechte Strafe hätten.<br />
Beide sind – so gesehen – selber schuld weil die göttliche<br />
Ordnung es so will.<br />
Der Teufel hat den Schnaps gemacht<br />
Credo ich glaube<br />
Credit er, sie, es glaubt<br />
Credimus wir glauben<br />
Der Teufel hat den Schnaps gemacht, um uns zu verderben... redet<br />
man uns ein. Wobei der Rausch aus Gier und Geiz als seriös ausgegeben<br />
wird.<br />
Schuld und Schulden<br />
Scheinbar nur ein falscher Plural ist doch diese Stammgleichheit<br />
an Perfidie nicht zu übertreffen. Menschen, die<br />
von verantwortungslosen Kreditinstituten in die Schuldenfalle<br />
gelockt wurden, um sich so den überflüssigen Scheiß<br />
kaufen zu können, der „die Wirtschaft“ am Laufen hält,<br />
werden wie Schuldige gedemütigt. Wenn die Schuldner nicht<br />
mehr ein- noch auswissen, „hilft“ die „Privatinsolvenz“.<br />
Nach „Sieben fette Jahre“ kommt dann „Sieben dürre Jahre“,<br />
in Umkehrung des alttestamentarischen Weges durch<br />
das Jammertal zur reichen Beschenkung. Sieben Jahre lang<br />
muss das Opfer dann jeden noch so miesen Job annehmen<br />
– sehr zur Freude derer, die davon profitieren.<br />
Der Tanz ums goldene Kalb<br />
Katastrophe Kapitalismus<br />
Wieder Weimar<br />
Rabbi Jehoschuah, hier als „Jesus“ mit dem angdichteten Titel<br />
„Christus“ missbraucht – falls es ihn überhaupt gegeben<br />
haben sollte - war ein <strong>So</strong>zialist reinsten Wassers. Das Abendmahl:<br />
Man isst dasselbe Brot und trinkt aus demselben<br />
Becher, es gilt der Gleichheitsgrundsatz. (<strong>Nicht</strong>: vampirisch<br />
Blut saufen und kannibalisch Leib fressen)<br />
Schon lange bevor die Banken mit dem Unsinn angefangen<br />
haben, hat er die Derivatehändler aus dem Tempel geprügelt.<br />
„Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr als ein<br />
Reicher ins Himmelreich“. Als Moses mit seinen Gesetzestafeln<br />
vom Berge kam und sein Völkchen ums goldene Kalb<br />
tanzte, hat er 3000 ermorden lassen – doppelt so viele wie<br />
Israel diesmal in Gaza ins Jenseits befördert hat. Man soll<br />
also nicht dem Mammon dienen...<br />
Den Seinen gibt’s der Herr im Schlafe<br />
Calvins Lehre besagte, dass Menschen sehen könnten, ob<br />
sie zum Heil vorausbestimmt seien. Reiche konnten sich<br />
so einreden, „auserwählt“ zu sein. (<strong>So</strong> kann man Reagan<br />
oder Bush verstehen). <strong>So</strong> begünstigte er das Ethos, das die<br />
Grundlage für das Gewinnstreben im Kapitalismus bildete.<br />
Diese Zusammenhänge wurden von dem Wirtschaftswissenschaftler<br />
und <strong>So</strong>ziologen Max Weber entdeckt und in seinem<br />
Werk“ Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus“<br />
formuliert.<br />
Das Himmelreich auf Erden war also für die auserwählten<br />
Reichen da. Und die anderen müssen dafür schuften. Das ist<br />
also neuerdings gottgewollte Ordnung.
Die Herrenrasse beklaut Juden<br />
Ist man also auserwählt oder gar Mitglied einer Herrenrasse,<br />
darf man auch – Gott will das ja – <strong>Nicht</strong>auserwählte,<br />
rassisch Minderwertige beklauen. <strong>So</strong> hat der deutsche<br />
Messias Adolf Schicklgruber alias Hitler die „Arisierungen“<br />
organisiert. Heute gibt man den Armen immer weniger und<br />
den Reichen immer mehr- die Armuts-Reichtum-Schere wird<br />
immer weiter aufgerissen.<br />
Der Antikapitalismus der CDU<br />
Nachdem Hitler seine Hölle ausgebreitet hatte, hat man in<br />
der jungen CDU nicht nur erkannt – sondern auch Konsequenzen<br />
ziehen wollen. Ihr Ahlener Programm von 1947<br />
beginnt so:<br />
Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist den staatlichen und sozialen<br />
Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden.<br />
(…) Inhalt und Ziel (einer) sozialen und wirtschaftlichen Neuordnung<br />
kann nicht mehr das kapitalistische Gewinn- und Machtstreben,<br />
sondern nur das Wohlergehen unseres Volkes sein. Durch eine<br />
gemeinschaftliche Ordnung soll das deutsche Volk eine Wirtschafts-<br />
und <strong>So</strong>zialverfassung erhalten, die dem Recht und der Würde des<br />
Menschen entspricht, dem geistigen und materiellen Aufbau unseres<br />
Volkes dient und den inneren und äußeren Frieden sichert.<br />
Adenauers Nazis und ihr Kapitalismus<br />
Doch schon während es verfasst wurde gab es einige, die<br />
dem massiv entgegenarbeiteten. Konrad Adenauer hatte<br />
schon früh tausende „Persilscheine“ ausgestellt, Bescheinigungen<br />
für die Alliierten, die aussagten, der X oder Y sei kein<br />
Nazi gewesen. Eine Flut dieser Falschurkunden erlöste eine<br />
Menge Menschen von den Folgen ihrer NS-Schweinereien.<br />
Adenauers Kamarilla war von vorne bis hinten mit Nazis<br />
durchsetzt. Er war sogar so dreist, den Kronjuristen des III.<br />
Reiches, Verfasser des „Blutschutzgesetz“ und Kommentator<br />
der Rassengesetze, Globke, zum Chef seines Kanzleramtes<br />
zu machen. Daß Israel dem die Einreise verbot – wen<br />
wundert das?<br />
Der machte ihm dann „Personalvorschläge“ und „bereitete<br />
Gesetzesvorlagen“ auf. (Wen wunderts, wenn ein paar Jahre<br />
später ein Karrierenazi aus Goebbels’ Reichspropagandaministerium<br />
Bundeskanzler wird – Kiesinger?). Der Nachfolgestaat<br />
war also in klarer Traditionsfolge des Vorgängerstaates<br />
geblieben. Deshalb hatte das Ahlener Programm von Anfang<br />
an keine Chance.<br />
Hinzu kamen die Krupps, Flicks und andere kapitalträchtige<br />
Kriegsverbrecher, die alle vorzeitig aus der Haft entlassen<br />
wurden, um dem neuen alten Kapitalismus den „Wiederaufbau“<br />
angedeihen zu lassen. (Dass die „Wiedervereinigung“<br />
dann zur Mobilmachung der Jungnazis wurde – wattn<br />
Katastrophe Kapitalismus<br />
Wieder Weimar<br />
Ding!). Der „Rheinische Kapitalismus“ von Adenauer,<br />
Pferdmenges und Konsorten wurde zur postfaschistischen<br />
Ordnung. Die einmalige historische Chance zu einer menschenwürdigen<br />
Wirtschaftsverfassung war damit endgültig<br />
vergeigt.<br />
Wirtschaft ist nicht 50 Prozent Psychologie.<br />
Sie ist 100 Prozent Religion!<br />
Jetzt haben wir den Salat: Banker verkaufen „Futures“,<br />
deutsch „Zukünfte“ wie die Kirche Logenplätze im Jenseits,<br />
„Fette Jahre“ heißen „Aufschwung“, „Dürre Jahre“ „Rezession“,<br />
„Propheten“ werden zu „Wirtschaftsweisen“,<br />
„Schuldbeladene“ zu „Schuldnern“, „Wunder“ wird „Aktiengewinn“,<br />
„Strafe“ oder „Züchtigung“ wird „Hartz4“...
Religion ist Opium fürs Volk<br />
Kapitalismus ist Gift für die Massen<br />
Die Auserwählten an den Börsen haben uns tief in die Scheiße<br />
geritten.<br />
Der Herr hat’s gegeben.<br />
Der Herr hat’s genommen.<br />
Der Herr sei gelobt!<br />
Marx hat das alles sehr schön analysiert. Er hat die Religion<br />
zwar rausgenommen, aber einen Religionsersatz hinzugefügt.<br />
Bei ihm ist der Kapitalismus des Teufels und das ewige<br />
Leben heißt „Klassenlose Gesellschaft“.<br />
Es gibt kein Naturgesetz nach dem Reiche reich und Arme<br />
arm sein müssen.<br />
Unsere Wirtschaftsordnung muß geändert werden. Das<br />
Ahlener Programm weist in die richtige Richtung.<br />
Das sollte man jedoch nicht von christoiden Heuchlern,<br />
Arbeiterverrätern, liberalen Gierlappen und grünen Karrieristen<br />
erwarten.<br />
Die kapitalistische Demokratur bleibt das effizienteste Untergangs-Modell,<br />
das wir je hatten.<br />
Der Tanz auf dem Vulkan bringt mehr als bloß verbrannte<br />
Füße.<br />
Dises Jahr sind Wahlen.<br />
Denken Sie dran! Judas Thomas Kuhl<br />
Play it again, Sam<br />
vom religiösen zum Wirtschaftswahn<br />
Wie die Demokratie und der Wohlfahrtsstaat damals zerstört<br />
wurden, ist bis heute ein Lehrstück historisch-politischer Bildung.<br />
Weimar war insofern ein Menetekel, als ganz ähnliche Vorschläge<br />
wie jetzt gemacht und mit den bekannten Folgen größtenteils auch<br />
verwirklicht wurden: Flächentarifverträge schleifen, den Kündigungsschutz<br />
verringern, die Arbeitszeit verlängern, die - damals noch<br />
nicht so genannten - Lohnnebenkosten senken und den Staatshaushalt<br />
sanieren. Selbst die Hauptakteure hießen teilweise genauso wie<br />
heute: Ein deutschnationaler Politiker, Gustav Hartz, schlug zum<br />
Beispiel unter Hinweis auf die nötige „Selbstverantwortung“ vor,<br />
die <strong>So</strong>zialversicherung durch privates Zwangssparen zu ersetzen.<br />
Der deutschnationale Medienzar Alfred Hugenberg gab im Februar<br />
1933 die Parole „<strong>So</strong>zial ist, wer Arbeit schafft“ aus, ohne dass deren<br />
Art, Bedingungen und Entlohnung noch eine Rolle spielten. Und<br />
wohin haben diese arbeitgeberfreundliche Politik und eine solche<br />
Sklavenhalterideologie kurze Zeit später geführt? Ohne die gravierenden<br />
Unterschiede gegenüber der damaligen Weltwirtschaftskrise<br />
zu übersehen, kann man gar nicht genug vor einer Wiederholung der<br />
Geschichte warnen.<br />
<strong>So</strong>weit Professor Christoph Butterwegge, der den auf diesen Artikel<br />
folgenden Aufsatz „Mit dem <strong>So</strong>zialstaat stirbt die Demokratie“<br />
verfasst hat.<br />
Katastrophe Kapitalismus<br />
Wieder Weimar<br />
Es ist tatsächlich die alte Melodie, die schon einmal in die Katastrophe<br />
geführt hat. Das „Gut ist, was der Arbeit nützt“ von Merkel<br />
klingt nicht nur nach Hugenberg, es erinnert auch an den Torspruch<br />
„Arbeit macht frei“ von Auschwitz.<br />
Du bist Deutschland<br />
hieß die Kampagne, die von Wirtschaft, Politik und DFB vor<br />
wenigen Jahren verbrochen wurde und vom Führer abgeschaut<br />
war. Durch diesen durchsichtigen Apell ans Nationalbewusstsein<br />
wie an den Narzismus derer, die drauf reinfallen,<br />
glaubte man, Menschen motivieren zu können. Adolf<br />
Urheber hat ja dann mit dem Geschwätz von der „arischen<br />
Herrenrasse“ auch richtig auf die Kacke gehauen. Die<br />
Kohlbande, der Vorsitzende des „Ring christ-demokratischer<br />
Studenten“ an der Duisburger Uni sowie die von denen<br />
ermutigten Neonazis waren „stolz, Deutsche zu sein“. Und<br />
in diesem Jahrtausend dann wieder Original-Ton Hitler.<br />
Deflation<br />
Seit einem Vierteljahrhundert (seit Kohls Amtsantritt 1983)<br />
geht die Armut-Reichtum-Schere immer weiter auf. Das<br />
Rezept ist ein ziemlich einfaches: die Reichen werden „entlastet“<br />
und die Armen müssen „Verantwortung“ übernehmen.<br />
<strong>So</strong> entsteht eine Abwärtsspirale in bestimmten Sektoren,<br />
Deflation, das Gegenteil von Inflation. Wir hatten de facto<br />
über zwanzig Jahre Lohndeflation weil die Löhne stehengeblieben<br />
sind und die sonstigen Preise der üblichen Inflation<br />
unterworfen waren. In England oder Frankreich hätte das zu
Streiks geführt. An die 1929er Krise schloß sich schon einmal<br />
eine Lohndeflation an.<br />
Das wirkt sich dann aufgrund geschwächter Nachfrage<br />
auf die Preise in bestimmten Sektoren aus. Lebensmittel<br />
brauchen schließlich alle. Der Preiskampf der Dicounter ist<br />
hier mörderisch. Doch auch in der Unterhaltungselektronik<br />
bewirbt man mit „Geiz ist geil“ oder „wir hassen teuer“<br />
Produkte aus Fernost, wo Menschen zu Lhnen arbeiten, die<br />
sich hier nichtmal ein Hartz4er vorstellen könnte.<br />
Dabei gehen hier Unternehmen kaputt, die für diese Preise,<br />
die geprellte Billig-Lohn-Sklaven gerade noch ausgeben<br />
können, nicht mehr produzieren können. Oder man machts<br />
gleich auf die Faule indem an Hungerlöhne zahlt und den<br />
Rest von der ARGE zahlen lässt. Dieser Kombi-Lohn ist nichts<br />
anderes als eine versteckte Unternehmenssubvention.<br />
Inzwischen ist die Inlandsnachfrage kaputt, der Binnenmarkt<br />
kann durch diesen gigantischen Kaufkraftmangel die<br />
Schwächen des Außenhandels (wie jetzt in der Krise) nicht<br />
mehr auffangen<br />
Neoliberalismus<br />
Milton Friedman und Konsorten sind die Gründer der Sekte, die<br />
heute am radikalsten von Westerwelle, Sinn, Ackermann oder Hundt<br />
vertreten wird. Der Kerngedanke, das Saysche Theorem besagt, dass<br />
jedes Angebot sich seine Nachfrage selbst schafft.<br />
Diese angebotsorientierte Wirtschaftspolitik, nach den jeweiligen<br />
Staatsoberhäuptern Reaganomics oder Thatcherismus genannt,<br />
wurde hier von Kohl brutalstmöglich umgesetzt und ist seitdem der<br />
gültige Standard in Wirtschaft, Politik und Medien.<br />
Deregulierung der Märkte, Senkung der Lohnnebenkosten, <strong>So</strong>zialabbau,<br />
Steuersenkungen und umfangreiche Privatisierungen haben uns<br />
nun in den Schlamassel geritten. Fast 20 Millionen Deutsche stehen<br />
draußen, der Mittelstand kämpft ums Überleben und die Finanzmarktblase<br />
ist explodiert.<br />
Judas Thomas Kuhl<br />
Katastrophe Kapitalismus<br />
Wieder Weimar<br />
Mit dem <strong>So</strong>zialstaat<br />
stirbt die Demokratie<br />
Die Geschichte der Weimarer Republik<br />
als warnendes Beispiel<br />
In der Weimarer Republik erlebte der <strong>So</strong>zialstaat zuerst<br />
einen bis dahin nicht gekannten Aufschwung. Während<br />
der Weltwirtschaftskrise gegen Ende der 20er-/Anfang der<br />
30er-Jahre wurden er und mit ihm die Demokratie aber<br />
schrittweise zerstört. Wie die steigende Massenarbeitslosigkeit,<br />
mehr noch jedoch der Abbau des <strong>So</strong>zialstaates die junge<br />
Republik untergruben, stellt ein Lehrstück historisch-politischer<br />
Bildung dar.<br />
Siegeszug des <strong>So</strong>zialstaates<br />
Weimar erlebte zunächst einen Siegeszug des <strong>So</strong>zialstaates,<br />
vor allem im Hinblick auf den öffentlichen Wohnungsbau,<br />
die Entwicklung des Gesundheitswesens und die Ausweitung<br />
der <strong>So</strong>zialversicherung. An die Stelle der Kriegswohlfahrtspflege<br />
trat nach dem Ersten Weltkrieg die Erwerbslosenfürsorge.<br />
Die an das Fragebogen-Verfahren beim Arbeitslosengeld<br />
II erinnernde Bedürftigkeitsprüfung erfasste nicht nur<br />
den Antragsteller, sondern auch mit ihm in einer Wohnung<br />
zusammenlebende Verwandte, die nach geltendem Recht<br />
gar nicht zum Unterhalt verpflichtet waren. Dadurch wurden<br />
keineswegs die Familienbande gestärkt, wie man amtlicherseits<br />
hoffte, sondern umgekehrt eher zerstört: Besonders<br />
jüngere Arbeitslose, denen man die Unterstützung kürzte<br />
oder versagte, zogen von zu Hause aus.
Kernstück der im Oktober 1919 geschaffenen „produktiven<br />
Erwerbslosenfürsorge“ waren öffentliche Notstandsarbeiten,<br />
zu denen man Arbeitslose zwangsverpflichten konnte.<br />
Träger solcher Maßnahmen, die dem „Neubau des Wirtschaftslebens“<br />
dienen, volkswirtschaftlich wertvoll sein und<br />
zusätzlichen Charakter tragen mussten, waren meist die<br />
Gemeinden und Gemeindeverbände. Es ging den Behörden<br />
darum, die Arbeitswilligkeit der Antragsteller zu testen und<br />
diese im Weigerungsfall von Leistungen auszuschließen. In<br />
der Arbeitsverwaltung wie im Finanzministerium nahm man<br />
an, die Gesamtsumme der Transferleistungen würde durch<br />
das Verlangen einer Gegenleistung sinken. Schon bald stellte<br />
sich jedoch heraus, dass die Beschäftigung der Erwerbslosen<br />
nicht nur sehr viel mehr kostete als die bloße Unterstützung,<br />
sondern auch erheblich mehr, als veranschlagt worden war.<br />
Bei den sog. 1-Euro-Jobs, mit Hartz IV in deutlicher Analogie<br />
zur „produktiven Erwerbslosenfürsorge“ geschaffen, ist das<br />
heute nicht anders.<br />
Ein auch zukünftig zu befürchtendes Resultat der Kluft zwischen<br />
übertriebenen Erwartungen und harter Wirklichkeit<br />
bestand darin, dass weniger Notstandsarbeiten finanziert<br />
und dass öffentliche Aufgaben zu solchen umfunktioniert,<br />
also reguläre Stellen vernichtet bzw. Arbeitnehmer/innen,<br />
die sie sonst besetzt hätten, verdrängt wurden. Im Oktober<br />
1923 wurde zudem die „Pflichtarbeit“ eingeführt. Seither<br />
sollten die Gemeinden ihre Unterstützung möglichst von<br />
einer Arbeitsleistung der Betroffenen abhängig machen, die<br />
bis zu 24 Stunden (bei schwerer körperlicher Belastung: bis<br />
zu 16 Stunden) wöchentlich dauern durfte. In der Alltagspraxis<br />
handelte es sich dabei oft nicht um die Erledigung von<br />
„zusätzlichen“, sondern von Regelaufgaben, etwa Bau- und<br />
Reinigungsarbeiten der Gemeinden, für die sie zwangsver-<br />
pflichtete Arbeitslose einsetzten, um Lohnkosten zu sparen.<br />
Den sozialpolitischen Höhepunkt und die Krönung der Weimarer<br />
Wohlfahrtsstaatsentwicklung bildete das nach langen<br />
Debatten zwischen Reichsregierung, Gewerkschaften und<br />
Unternehmerverbänden verabschiedete Gesetz über Arbeitsvermittlung<br />
und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) vom 16.<br />
Juli 1927. Da der Winter 1928/29 hart und die Konjunktur<br />
nicht stabil war, geriet der das <strong>So</strong>zialsystem vorerst komplettierende<br />
vierte Versicherungszweig bereits kurz darauf in<br />
finanzielle Schwierigkeiten.<br />
Volkswirtschaft, Wohlfahrtsstaat und<br />
Demokratie im Niedergang<br />
Kaum ging die Periode der relativen Stabilisierung (1924<br />
bis 1928) zu Ende, schon begann mit der Diskussion über<br />
wachsende „<strong>So</strong>ziallasten“ ein argumentativer Sturmlauf<br />
gegen den Wohlfahrtsstaat. Hauptträger dieser Angriffe<br />
waren Großindustrielle des Ruhrgebiets, die hofften, das<br />
Katastrophe Kapitalismus<br />
Wieder Weimar<br />
Versicherungs- durch das Fürsorgeprinzip ersetzen, sich einer<br />
paritätischen Finanzierung des <strong>So</strong>zialsystems entziehen<br />
und ihre Gewinne auf diese Weise steigern zu können. Ein<br />
intellektueller Wortführer der Bewegung zur Zerschlagung<br />
des Weimarer <strong>So</strong>zialsystems hieß - man höre und staune<br />
- Gustav Hartz. Den im Unternehmerlager favorisierten<br />
Privatisierungsplänen entsprechend, schlug dieser deutschnationale<br />
Kritiker in seinem Buch „Irrwege der deutschen<br />
<strong>So</strong>zialpolitik und der Weg zur sozialen Freiheit“ schon 1928<br />
vor, die <strong>So</strong>zialversicherung à la Bismarck durch persönliches<br />
Zwangssparen zu ersetzen.<br />
Über bis zur eher kuriosen Namensgleichheit von Hauptakteuren<br />
reichenden Gemeinsamkeiten dürfen die gravierenden<br />
Unterschiede zwischen Gegenwart und Vergangenheit<br />
aber nicht übersehen werden. Die soziale Lage der auf<br />
dem Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise über 6 Mio. offiziell<br />
registrierten Erwerbslosen war viel dramatischer als die der<br />
Betroffenen heute. Sie und ihre Familien lebten unter Elendsbedingungen.<br />
Zudem war die Arbeitslosenquote mehr als<br />
doppelt so hoch wie in der Gegenwart und auch die Weltmarktdynamik<br />
längst nicht so ausgeprägt.<br />
Während der Weltwirtschaftskrise 1929/33 zerbrach nicht<br />
nur der gesellschaftspolitische Basiskonsens zwischen den<br />
Klassen bzw. deren organisierter Interessenrepräsentanz,<br />
Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften, sondern im<br />
März 1930 auch die Große Koalition, deren beide Flügelparteien<br />
keine Einigung über den Weg zur finanziellen<br />
Konsolidierung der Arbeitslosenversicherung erzielten.<br />
Die unternehmernahe DVP bestand auf einer Kürzung von<br />
Leistungen, wohingegen die SPD-Fraktion im Unterschied zu<br />
ihrem Reichskanzler Hermann Müller und seinen Minister-
kollegen nur eine Anhebung der Beiträge (damaliger Satz:<br />
3,5 Prozent) unterstützte. In heutiger Diktion würde man<br />
sagen, dass die Beitragssatzstabilität bei den bürgerlichen<br />
Koalitionären absolute Priorität genoss, weil die Erhöhung<br />
der Lohnnebenkosten verhindert und die internationale<br />
Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland<br />
nicht gefährdet werden sollte.<br />
<strong>So</strong>zialstaat als Sündenbock<br />
In kürzer werdenden Abständen folgten der Regierung Müller<br />
immer weniger legitimierte (Präsidial)Kabinette, die zwar<br />
kein Konzept zur Krisenbewältigung hatten, aber die sozialen<br />
Grundrechte der Arbeitnehmer/innen und Erwerbslosen<br />
mit rasantem Tempo beschnitten sowie den Wohlfahrtsstaat<br />
und die Demokratie demontierten. Man hat rückblickend den<br />
Eindruck, dass die Weimarer Republik und ihr <strong>So</strong>zialsystem<br />
bewusst zugrunde gerichtet wurden, wobei die Arbeitslosenversicherung<br />
ganz oben auf der Agenda stand. Aufgrund<br />
der wachsenden Massenarbeitslosigkeit und entsprechender<br />
Beitragsausfälle stieg der Beitragssatz auf 6,5 Prozent. Er<br />
war damit genauso hoch wie heute. Mittels einer politischen<br />
Salamitaktik wurden die Leistungen durch schrittweise<br />
Kürzung der Unterstützung bei gleichzeitiger Ausdehnung<br />
der Wartezeiten und Sperrfristen für Arbeitslose beschnitten,<br />
worunter die Akzeptanz des <strong>So</strong>zialstaates insgesamt litt, weil<br />
er seine Hauptfunktion kaum noch zu erfüllen vermochte.<br />
Unter dem christlichen Gewerkschafter und Zentrumspolitiker<br />
Heinrich Brüning, der vom 30. März 1930 bis zum 1.<br />
Juni 1932 Reichskanzler war, verschärfte ein Austeritätskurs<br />
die Wirtschaftskrise noch mehr. Brüning hoffte auf die<br />
„Selbstheilungskräfte“ des Marktes, während seiner Ansicht<br />
nach das Geld für Konjunkturprogramme fehlte, solange die<br />
Reparationsverpflichtungen des Versailler Vertrages bestanden.<br />
Durch den neoklassischen Mainstream der Nationalökonomie<br />
bestärkt, drang Brüning auf mehr Zurückhaltung<br />
in der Lohnpolitik sowie bei den Staatsausgaben, wovon er<br />
sich eine Sanierung des Budgets und eine Reaktivierung der<br />
Wirtschaft versprach.<br />
Mit der Schwächung des Tarif- und Schlichtungswesens, dem<br />
Abbau der Arbeitslosenversicherung und der als „<strong>So</strong>nderopfer<br />
des öffentlichen Dienstes“ deklarierten Senkungen von<br />
Beamtengehältern und -pensionen begann unter Brüning<br />
ein Rückzug des <strong>So</strong>zialstaates, der den Weg zur NS-Diktatur<br />
ebnete. Dabei verschärfte eine für die Exportbranchen<br />
vorteilhafte Deflationspolitik die Wirtschafts- und Beschäftigungskrise.<br />
Erschreckend sind historische Parallelen zur<br />
Gegenwart, gleichen doch Vorschläge, mit denen Unternehmerverbände<br />
und Politiker heute das System der sozialen<br />
Sicherung „verschlanken“ wollen, den schon damals<br />
diskutierten bzw. ergriffenen Maßnahmen teilweise bis ins<br />
Detail. Dies gilt z.B. für die Reform des Föderalismus, den<br />
Bürokratieabbau, die Schwächung des Tarifvertragssystems<br />
bzw. des staatlichen Schlichtungswesens, die Verlängerung<br />
der Arbeitszeit und die Erleichterung von Kündigungen,<br />
womit man die Wirtschaft bzw. ihre Konkurrenzfähigkeit auf<br />
dem Weltmarkt stärken wollte, genauso wie für Lohn- bzw.<br />
Gehaltssenkungen, die dem Handwerk und dem Einzelhandel<br />
zu schaffen machten.<br />
Brünings nur ein halbes Jahr lang amtierender Nachfolger<br />
Franz von Papen stützte sich unverhohlen auf Vorschläge<br />
der (Schwer-)Industrie, die eine Entrechtung der abhängig<br />
Katastrophe Kapitalismus<br />
Wieder Weimar<br />
Beschäftigten und eine Entmachtung ihrer Gewerkschaften<br />
anstrebte. Übereinstimmend erklärten beide Reichskanzler<br />
zwar, den <strong>So</strong>zialstaat durch Reformen „in der Substanz erhalten“<br />
zu wollen, demontierten ihn aber Schritt um Schritt,<br />
was seiner weiteren Zerstörung eher Vorschub leistete.<br />
Sanierung der Arbeitslosenversicherung<br />
als <strong>So</strong>zialabbau<br />
<strong>So</strong>wohl zwischen den gesellschaftlichen Interessengruppen<br />
bzw. den Verbänden von Unternehmern und Beschäftigten<br />
wie auch zwischen den Gebietskörperschaften war umstritten,<br />
wem die enormen Kosten der Massenarbeitslosigkeit<br />
aufgebürdet werden sollten. Das deutsche Unterstützungssystem<br />
war dreigliedrig: Versicherte, die erwerbslos wurden,<br />
erhielten zunächst höchstens 26 Wochen lang Arbeitslosenhilfe<br />
(Hauptunterstützung) und Familienzuschläge für ihre<br />
engsten Angehörigen. Danach gab es im Falle der Bedürftigkeit<br />
gleichfalls 26, später sogar 52 Wochen lang Krisenfürsorge,<br />
bevor die allgemeine Wohlfahrt (der Gemeinden)<br />
einsprang. Während das Reich erwerbsfähige Arbeitslose<br />
unterstützte, die ohne Versicherungsleistungen blieben,<br />
oblag den Gemeinden die Zahlung der Wohlfahrtsunterstützung<br />
für nicht oder nur eingeschränkt Erwerbsfähige.<br />
Innerhalb des dreigliedrigen Systems kam es zu Umschichtungen,<br />
die Finanzierungsschwierigkeiten entsprachen, aber<br />
auch unterschiedlichen Interessenlagen der Hauptakteure<br />
und Machtverschiebungen entsprangen, die nicht zuletzt<br />
der steigenden Arbeitslosigkeit geschuldet waren. Gab es<br />
anfangs sogar Bemühungen, die kommunale Erwerbslosen-<br />
in der staatlichen und teilweise aus Versicherungsmitteln
finanzierten Krisenfürsorge aufgehen zu lassen, dominierten<br />
ungefähr seit dem Jahreswechsel 1930/31 Bestrebungen,<br />
die Krisenunterstützung mit der Wohlfahrtsfürsorge unter<br />
einheitlicher Verwaltung der Gemeinden zu verschmelzen.<br />
Am Ende des zuletzt genannten Jahres kursierten Pläne der<br />
Kommunen wie der Arbeitgeberverbände, alle Zweige des<br />
bestehenden Unterstützungssystems auf der Grundlage des<br />
(für die Erwerbslosen kargen und sie entrechtenden) Fürsorgeprinzips<br />
zusammenzulegen.<br />
Da die Arbeitslosen wegen der Wirtschaftskrise immer<br />
schneller (aus der staatlichen Krisenfürsorge) „ausgesteuert“<br />
wurden, stiegen die finanzielle Belastung und die<br />
Verschuldung der Kommunen seit 1929/30 enorm. <strong>So</strong>wohl<br />
die öffentliche Reformdebatte wie auch die Regierungspolitik<br />
verschoben sich von einer Fusion der beiden Fürsorgesysteme<br />
auf dem (niedrigeren) Niveau der Wohlfahrtshilfe in<br />
Richtung einer Preisgabe des Versicherungsprinzips. Dezentralisierung<br />
und Kommunalisierung der Arbeitslosenunterstützung<br />
führten zu einer sozialen Nivellierung nach unten.<br />
In der ersten Verordnung des Reichspräsidenten „zur Behebung<br />
finanzieller, wirtschaftlicher und sozialer Notstände“,<br />
die 1 Monat nach Auflösung des Parlaments am 26. Juli 1930<br />
erlassen wurde, ergänzten sich Steuererhöhungen einerseits<br />
sowie Leistungskürzungen im Bereich der Arbeitslosen-und<br />
Krankenversicherung andererseits. Obwohl das Reichsarbeitsministerium<br />
noch einen weiteren Ausbau der Krankenversicherung<br />
vorgeschlagen hatte, dominierten „Sparbemühungen“,<br />
die eine Mehrbelastung der Versicherten durch<br />
eine Krankenscheingebühr und einen Arzneimittelbeitrag<br />
hervorbrachten. Eine weitere Notverordnung vom 1. Dezember<br />
1930 beinhaltete u.a. eine Erhöhung der Tabaksteuer,<br />
während die Vermögen-, Grund- und Gewerbesteuer gesenkt<br />
wurden.<br />
Kurzfristig wurde im Frühjahr 1931 eine nach ihrem Vorsitzenden,<br />
dem früheren Arbeitsminister Heinrich Brauns<br />
benannte „Gutachterkommission zur Arbeitslosenfrage“<br />
gebildet. Ihre Mitglieder, die innerhalb weniger Monate drei<br />
Berichte (zur Arbeitszeitfrage und zum sog. Doppelverdienertum,<br />
zur Arbeitsbeschaffung sowie zur Arbeitslosenhilfe)<br />
unterbreiteten, ohne damit viel Wirkung zu erzielen, kamen<br />
nicht mehr aus der Politik, sondern aus Verwaltung und<br />
Wissenschaft. Dies war ein Indiz dafür, dass immer stärker<br />
expertokratisch statt demokratisch agiert und am Parlament<br />
vorbei regiert wurde.<br />
Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion trug in der<br />
Opposition sogar Gesetzesvorhaben mit, die deutliche<br />
Verschlechterungen für von ihr repräsentierte Bevölkerungsschichten<br />
beinhalteten. Diese sog. Tolerierungspolitik zahlte<br />
sich aber keineswegs aus, trug vielmehr zur massenhaft<br />
verbreiteten Enttäuschung über die reformistische Arbeiterpartei<br />
und das Parteiensystem der Weimarer Republik<br />
insgesamt bei. Ganz ähnlich verhielt es sich bei den Freien<br />
Gewerkschaften, deren Mitgliederzahl nicht nur aufgrund<br />
der ständig wachsenden Arbeitslosigkeit und dadurch<br />
bedingter Austritte rapide sank. Viele aktive Gewerkschafter/<br />
innen wandten sich von der SPD ab, fühlten sich aber auch<br />
von der ADGB-Spitze nicht mehr repräsentiert.<br />
Am 14. Juni 1932 höhlte Reichskanzler von Papen das<br />
Unterstützungssystem für Arbeitslose weiter aus, ohne<br />
es allerdings formal abzuschaffen. Durch die Verordnung<br />
des Reichspräsidenten über Maßnahmen zur Erhaltung<br />
Katastrophe Kapitalismus<br />
Wieder Weimar<br />
der Arbeitslosenhilfe und der <strong>So</strong>zialversicherung sowie zur<br />
Erleichterung der Wohlfahrtslasten der Gemeinden wurden<br />
die Struktur und das Leistungsniveau der drei Systeme noch<br />
mehr angeglichen. Schließlich wurde die (dem heutigen<br />
Arbeitslosengeld I entsprechende) Arbeitslosenhilfe höchstens<br />
6 Wochen lang gezahlt, sodass weniger als 10 Prozent<br />
der registrierten Arbeitslosen sie überhaupt noch erhielten.<br />
Die mit dem heutigen Arbeitslosengeld II vergleichbare,<br />
ursprünglich als Brücke zwischen Arbeitslosenhilfe und Armenfürsorge<br />
gedachte Krisenunterstützung durfte nunmehr<br />
das Niveau der Fürsorgeleistung nicht mehr überschreiten.<br />
Schon damals wollte man die Wettbewerbsfähigkeit der<br />
deutschen Industrie durch eine „Sparpolitik“ bei den Löhnen<br />
und in den öffentlichen Haushalten wiederherstellen bzw.<br />
spürbar erhöhen. Als das nur noch halbdemokratische<br />
Regierungs- und Parteiensystem diese Aufgabe gegen Ende<br />
der Weimarer Republik trotz drastischer Beschneidung vieler<br />
<strong>So</strong>zialleistungen nicht erfüllte, befürworteten Industrie-und<br />
Bankenkreise eine Kabinettsbeteiligung der NSDAP, die am<br />
31. Juli 1932 zur stärksten Partei im Reichstag geworden war<br />
und ihren größten Wahlsieg gefeiert, bei der Novemberwahl<br />
desselben Jahres aber erstmals auch wieder Stimmen<br />
verloren hatte.<br />
Christoph Butterwegge
Christoph Butterwegge<br />
Christoph Butterwegge ist Professor für Politikwissenschaft<br />
an der Universität Köln.<br />
In der zweiten Hälfte der 80er Jahre war er ein junger Dozent<br />
und ich ein alter Student (fast gleichaltrig) an der Duisburger<br />
Uni. Ich habe einige Scheine bei ihm gemacht und unsere<br />
Unterhaltungen am Rande der Seminare drehten sich im<br />
Wesentlichen um <strong>So</strong>zialabbautendenzen in der SPD, die wir<br />
beide fatal fanden. Damals bin ich als Juso-Chef Duisburg<br />
Mitte/Duissern aus der SPD ausgetreten. Doch eine solche<br />
Sauerei wie Hartz4 hätten wir der „Partei der kleinen Leute“<br />
damals nie zugetraut.<br />
Dieser Artikel beweist vieles – auch dass wir uns in der Beurteilung<br />
dessen, was leider Politik geworden ist, noch immer<br />
einig sind.<br />
<strong>So</strong>lidarische Grüße aus Duisburg an den aufrechten Professor<br />
in Köln!<br />
Judas Thomas Kuhl<br />
Reichsarbeitsdienst<br />
heute: Ein-Euro-Jobs<br />
1914 wurde die Reichszentrale für Arbeitsnachweise gegründet.<br />
Sie organisierte Massentransporte zur Erntehilfe, zog<br />
Kriegsgefangene zur Arbeit heran. 1919 sollte der Arbeitsdienst<br />
auch in die Weimarer Verfassung eingehen. Anfang<br />
der zwanziger Jahre gab es den ersten Versuch, öffentliche<br />
Pflichtarbeit einzuführen. 1925 wurde ein erstes Arbeitsbeschaffungsprogramm<br />
aufgelegt. 1927 trat dann das Gesetz<br />
über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung in<br />
Kraft, das die Erwerbslosenfürsorge ersetzte.<br />
Wall Street Crash<br />
Katastrophe Kapitalismus<br />
Wieder Weimar<br />
1929 setzte die Weltwirtschaftskrise eine verheerende Spirale<br />
von Massenarbeitslosigkeit, höheren Beitragssätzen, steigenden<br />
Lohnnebenkosten und Leistungskürzungen in Gang.<br />
Die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes wurde für Erwachsene<br />
auf 36 und für Jugendliche auf 21 Wochen begrenzt,<br />
Saisonarbeiter erhielten nichts. Ab Mitte 1931 bekamen Jugendliche<br />
und verheiratete Frauen keinen Pfennig mehr. Die<br />
Anregung zu diesen drastischen Einschnitten kam von den<br />
Arbeitgeberverbänden. Notverordnungen des Reichskanzlers<br />
Heinrich Brüning ergänzten die Leistungskürzungen<br />
für Arbeitslose durch Lohnsenkung, Abbau der Tariffreiheit<br />
und Steuervergünstigungen für Unternehmer. Ergebnis der<br />
Reformen: die Zahl der Arbeitslosen verdreifachte sich.
Ein-Euro-Job-Shop oder ARGE<br />
Ein RADler war gegen Krankheit versichert, bekam Kleidung,<br />
Kost und Logis und 25 Reichspfennig pro Tag. Von den<br />
250000 Dienstverpflichteten arbeiteten Mitte der dreißiger<br />
Jahre 135000 Menschen an den Straßen und Reichsautobahnen,<br />
die schnell fertig werden sollten. Ende der dreißiger<br />
Jahre arbeiteten sie fast ausschließlich für den Bau einer<br />
kriegswichtigen Infrastruktur.<br />
Was wir heute erleben, erinnert an den Reichsarbeitsdienst<br />
(RAD), an Leistungskürzungen und an die Bildung einer Reservearmee,<br />
die mit eingeschränkten Rechten zu möglichst<br />
geringen Kosten arbeiten.<br />
Fromme Abzocker<br />
Caritas und Diakonie setzen im Jahr zusammen 45 Milliarden<br />
Euro um (Caritas 25 Milliarden, Diakonie 20 Milliarden<br />
Euro). Das Geld kommt aus öffentlichen Mitteln, nur 828 Millionen<br />
Euro (1,8 Prozent) zahlen die Kirchen. Die restlichen<br />
44 Milliarden Euro (98,2 Prozent) berappt der Steuerzahler.<br />
Am Ende eines langen Berufs lebens hat er soviel Geld an<br />
die Kirche gezahlt, daß er als Durchschnittsverdiener davon<br />
locker ein Einfamilienhaus hätte bauen können. Was mit den<br />
gut 44 Milliarden Euro an öffentlichen Geldern geschieht,<br />
bleibt im Dunkeln, beide Wohlfahrtskonzerne stehen außerhalb<br />
der Kontrolle der Rechnunghöfe. Diakonie und Caritas<br />
behaupten, sie stünden unter dem Schutz des Artikels 40 GG,<br />
wonach sie staatlicher Kontrolle nicht unterliegen.<br />
Caritas und Diakonie besitzen zusammen<br />
ein Immobilienvermögen im Wert<br />
von 230 Milliarden Euro.<br />
Die Amtskirchen haben die Gesellschaft fest im Griff. Beide<br />
Kirchen schwimmen im Geld, als Kirchen- betriebe zahlen<br />
beide Wohlfahrtskonzerne keine Steuern. VW, Daimler<br />
Chrysler und BMW - kommen hierzulande zusammen auf<br />
etwa 434 000 Mitarbeiter - die Caritas auf 715 000, die<br />
Diakonie sogar auf 732 000 Menschen. In den vergangenen<br />
Jahrzehnten haben sich <strong>So</strong>zialkonzerne geformt, die zum<br />
größten privaten Arbeitgeberverbund der Welt aufgestiegen<br />
sind. Viel Gutes tun die Kirchen nicht. Das, was sie tun,<br />
geschieht mit öffentl. Geldern, über die sie unkontrolliert<br />
verfügen.<br />
<strong>So</strong> „kauft“ die Diakonie Ein-Euro-Jobber günstig ein und<br />
wirtschaftet z.B. in Sachen Gartenbau wie ein ganz normaler<br />
Gartenbaubetrieb. Ich weiß nicht, ob die der ARGE überhaupt<br />
was für die Billig-Sklaven zahlen müssen; schließlich<br />
ist das ja „gemeinnützige Arbeit“ (es ist gemein und nützt<br />
der Diakonie). In den Kostenvoranschlägen tauchen diese<br />
„Helfer“ dann zum zehnfachen Preis für 16-20 Euro auf. Das<br />
ist wahre christliche Nächstenliebe. (Vom Duisburger Forstamt<br />
hört man Ähnliches). Und die renditeträchtigen Blutgeschäfte<br />
des Roten Kreuzes wären eine weitere Geschichte.<br />
Katastrophe Kapitalismus<br />
Wieder Weimar<br />
<strong>So</strong>zialverbände und Selbsthilfegruppen<br />
ziehen Bilanz: nicht ein einziger positiver Aspekt zum ALG II<br />
ist zu vermelden. Die Behörde funktioniert nicht. Fordern,<br />
verfolgen, schikanieren und verwalten schon. Der Euphemismus<br />
„Fördern und Fordern“ im Praxistest: <strong>So</strong>ziologen<br />
sprechen inzwischen von „Verfolgungsbetreuung“.<br />
Hartz IV ist nicht als einfaches Verarmungsprogramm<br />
angelegt, sondern als Spirale nach ganz weit unten. Menschen<br />
werden gedemütigt, schikaniert und ausgebeutet. <strong>So</strong><br />
schlimm war der Reichsarbeitsdienst nicht...<br />
Judas Thomas Kuhl
Monotonie des<br />
Lebens<br />
Die Uhr gibt uns das erste Signal des Tages:<br />
Wir stehen auf, ziehen uns an, frühstücken und fahren zur<br />
Arbeit.<br />
Dort verrichten wir jeden verdammten, stinklangweiligen<br />
Tag die gleichen, öden Tätigkeiten.<br />
Wir sehen immer und immer wieder dieselben seelen- und<br />
leblosen Hüllen der uns Umgebenden.<br />
Jeder erfüllt seine Aufgabe als klitzekleines Rädchen im<br />
Gesamtgetriebe:<br />
Schau Dich um und Du musst zugeben, dass Dich dieses<br />
Verhalten und der Anblick an eine Legebatterie erinnert:<br />
Alle sind gleich:<br />
Die Verrichtung Aller ist das Selbe, die Klamotten, Make-Ups<br />
und Frisuren ähneln sich. Clonengleich!!<br />
Wir Alle arbeiten ohne Nachdenken, ohne Abweichung, ohne<br />
Persönlichkeit, einfach nur stupide vor uns her!!<br />
Jeden und jeden und jeden verfickten Tag dieselbe Scheiße,<br />
dieselben leeren Hüllen und verlorenen Existenzen!!<br />
Die Uhr lässt uns zum zweiten Mal wissen, dass der erste Abschnitt<br />
des Tages unserer Sklaverei beendet ist: die Roboter<br />
dürfen nun wieder heim.<br />
Abgeschottet, Jeder für sich, einsam und alleine.<br />
Der Zug ist voll, aber Jeder ist nur für, allein bei sich!<br />
Angekommen, gehen wir nach Hause, essen Etwa, knallen<br />
uns vor die Glotze und warten mal wieder darauf, dass uns<br />
die beschissene Uhr das dritte Signal des Tages gibt, uns<br />
hinzuhauen und zu pennen.<br />
Schlafen, damit wir auch am nächsten verwichsten Tag<br />
wieder mit voller Kraft unserer stupiden und einfältigen<br />
Monotonie nachgehen können!!<br />
Am nächsten verkackten Tag stehen wir wieder auf, duschen<br />
uns, ziehen uns an, frühstücken und fahren erneut zur<br />
Arbeit...<br />
...stupide, monotone, eingefahrene Routine jeden unerträglichen<br />
neuen Tag...<br />
DOCH HALT!!!!:<br />
Manchmal bemerken wir abgestumpften, seelenlosen Roboter<br />
eine Abweichung von der verfuckten Routine, ein ungutes<br />
Gefühl, welches sich langsam aber gewaltig in unserem Kopf<br />
ausbreitet, mit aller Macht versuchend uns aufzurütteln, uns<br />
auf die Monotonie unseres Lebens stoßend!!<br />
Wissend, dass wir dieses Gefühl, diese Anwandlung auf<br />
Gedeih und Verderb unterdrücken und bezwingen müssen,<br />
damit wir uns unserer ekelerregenden Routine und unserer<br />
schauderhaften Abgestumpftheit auf gar keinen Fall bewusst<br />
werden,<br />
Katastrophe Kapitalismus<br />
Wieder Weimar<br />
denn wäre dem so, dass wir dies zuließen, würden wir ausbrechen<br />
müssen aus der Monotonie unseres Lebens!<br />
Um diese mit Allmacht drohende Gefahr zu bannen, betäuben<br />
wir uns mit Alkohol, Drogen oder Sex!!<br />
Jedem das Seine!!<br />
Dieses ätzende, an uns nagende Gefühl wird von Mal zu Mal<br />
allmächtiger, so dass wir immer und immer mehr Betäubung<br />
benötigen, um dessen Herr zu werden.<br />
Und am nächsten, verhassten Tag wieder die gleiche, abgewichste<br />
Scheiße:<br />
Wir stehen auf, duschen uns, ziehen uns an, frühstücken und<br />
fahren zur Arbeit wie geistlos, sinnlos, stupide und einfach<br />
nur zum kotzen!!!<br />
Weicht endlich ab von dieser verhaßten Routine,<br />
streift eure blechernen Roboter-Hüllen ab,<br />
befreit euch endlich aus der stupiden Monotonie des Lebens!!<br />
Erkennt endlich, den Augenblick zu genießen,<br />
bemerkt EUCH!!,<br />
Eure Wünsche und Bedürfnisse<br />
Und lernt vor Allem EUCH auszuleben!!<br />
Verbleibt nicht als Roboter, werdet endlich MENSCH!!!<br />
Durchbrecht die Monotonie des Lebens!!<br />
Heidi-ad-Hoc
Traditionell<br />
unmenschlich<br />
Geblendet durch den Megaerfolg, der „Schindlers Liste“<br />
zuteil wurde, könnte man sich glatt zu der Illusion versteigen,<br />
Filme mit dem Sujet Vernichtung Anderer im sog. III.<br />
Reich würden hierzulande angemessen aufgenommen.<br />
Jedoch scheint neben den Tagesschaunotorischen hirnlosen<br />
Totschlägern auch die Machtelite dieser Republik einem<br />
menschenfeindlichen Wahn verfallen. Eine Retrospektive<br />
postfaschistischer Filmrezeption sowie der Konsequenzen.<br />
Vor nunmehr einer halben Generation erschütterte ein<br />
abendfüllender US-Vierteiler die Wohnzimmer der Nation:<br />
HOLOCAUST. Die Wirkung des Films war so groß, daß er ... als<br />
das größte Medienereignis seit vielen Jahren bezeichnet wird. Was<br />
jahrzehntelange politische Aufklärungsarbeit nicht vermocht hatte,<br />
war auf einmal Wirklichkeit geworden: Millionen Menschen waren<br />
betroffen, sahen sich mit ihrer eigenen Geschichte, der Vergangenheit<br />
ihrer Väter konfrontiert. Ein Tabu war verletzt worden, und ein ganzes<br />
Volk, so scheint es, begann - unter dem Eindruck eines Fernsehfilms<br />
- plötzlich offen über das dunkelste Kapitel seiner Geschichte<br />
zu diskutieren.<br />
NBC, damals auf dem US-Serienmarkt unter starkem Konkurrenzdruck,<br />
konzipierte eine <strong>So</strong>ap-Opera, History als Story,<br />
etwas Dramatisches, einen Jahrhundert-Stoff:<br />
Gerald Green erfand die Berliner Arztfamilie Weiss, großbürgerliches,<br />
angepaßtes Judentum, das bei der Hochzeit<br />
des <strong>So</strong>hnes mit einer katholischen Blondine die Lorelei singt.<br />
Diese schickt er dann wohldosiert in den Holocaust: Kristallnacht,<br />
Euthanasie, Ghetto, Partisanentum, Progrom in<br />
Babi Yar und die bekannteren Konzentrationslager. <strong>So</strong>weit<br />
die Guten. Alles Böse findet sich in der Familie Dorf. Erich,<br />
Bäckersohn, Jurist und SS-Karrierist, erfindet - angetrieben<br />
von seiner ehrgeizigen Frau - die Kristallnacht, Massaker im<br />
Osten und die Gaskammern.<br />
Das Konzept des auf breite Identifikation angelegten Epos<br />
ging auf. Das Ungeheure ließ sich plötzlich im Privaten<br />
erfassen, da es auf Miniszenen verkleinert in mundgerechten<br />
Häppchen verabreicht wurde. Die durchgehende Geschichte einer<br />
Familie entsetzte Millionen, Überlebende fühlten sich wieder<br />
wie mitten drin, vielen kamen die Tränen, die Einschaltquote<br />
lag bei 48% und nach der ersten Ausstrahlung gingen 5 200<br />
Anrufe bei den Sendern ein.<br />
Julius Schoeps‘ Studionotizen während der Sendung „Anruf<br />
erwünscht‘ zu ‚Holocaust“: Starke Emotionalität - mit<br />
zunehmender Tendenz. Die meisten Anrufe kreisten um die Begriffe<br />
‚Vergessen‘, ‚Schuld‘ und ‚Wie konnte es dazu kommen?‘ Mir drängte<br />
sich das Gefühl auf, als ob viele Anrufer das Bedürfnis verspürten,<br />
mit irgend jemandem zu reden, ihre Betroffenheit, Bestürzung und<br />
Scham loszuwerden. Einige der jungen Leute, die pausenlos damit<br />
beschäftigt waren, Anrufe entgegenzunehmen, meinten auf meine<br />
Frage nach ihren ersten Eindrücken, so etwas hätten sie noch nie erlebt,<br />
sie hätten fast den Eindruck, ‚seelsorgerische Dienste‘ zu leisten.<br />
Hitlers Erbe - Kohls Reform<br />
Die Reaktion sah Handlungsbedarf. Konnte es doch nicht<br />
angehen, daß die großartige Verdrängungsleistung der<br />
Adenauerära leichtfertig aufs Spiel gesetzt wurde. Schon war<br />
Enkel Kohl verantwortungsbewußt zur Stelle, um Schaden<br />
vom deutschen Volke abzuwenden. Ungeheuerlich, daß Milli-<br />
Katastrophe Kapitalismus<br />
Wieder Weimar<br />
onen Menschen plötzlich Mitleid mit den Opfern der Nazis<br />
hatten. Eine geistig, moralische Wende mußte her, um alte<br />
deutsche Tugenden zu re-implementieren:<br />
Die Menschen wollen wieder stolz sein auf ihr Land. Sie haben guten<br />
Grund dazu. Heimat und Vaterland, Nation und Geschichte gewinnen<br />
wieder an Rang und Wertschätzung. Menschen suchen wieder<br />
Sinn, Halt und Orientierung in Religion und Glauben, in der Bindung<br />
an Werte, in der Geborgenheit der Familie, in partnerschaftlicher<br />
Treue, Gemeinschaft, in Nachbarschaft... so Kohl.<br />
Konsequenterweise wurde die freiheitlich, demokratische<br />
Grundordnung außer Kraft gesetzt, um einen autoritären<br />
Staat, die modernisierte Form des längst überholten, zu<br />
etablieren:<br />
- Der <strong>So</strong>zialstaat wird zersetzt.<br />
- Der Bundesverteidigungsminister schickt seine Truppen<br />
wohin er will.<br />
- Das Asylrecht wird faktisch aufgehoben.<br />
- Eine Gebärpflichtsdiskussion wird angeleiert.<br />
- Die Außenpolitik realisiert Großmachtphantasien.<br />
- Die Staatsfinanzen werden zerrüttet.<br />
- Die Aidshilfe wird zusammengekürzt.<br />
- Stadtteile werden ausländerfrei gemeldet.<br />
Natürlich gibts auch eine wissenschaftliche Dimension: den<br />
Historikerstreit. Kohls Hofschreiberriege war allzeit bereit,<br />
auch die Interpretation des Nationalsozialismus zu wenden.<br />
Unsägliches konnte plötzlich - unter dem Deckmäntelchen<br />
der Freiheit der Wissenschaft - wieder reüssieren, wie z. B.:<br />
- das III. Reich habe sich gegen Großbritannien und die Juden<br />
gewehrt,<br />
- Auschwitz sei eine Kopie der russischen Revolution,
- man solle den Nationalsozialisten die Menschlichkeit nicht<br />
absprechen,<br />
- Juden zu erschlagen, sei geschmacklos,<br />
- die NS-Diskussion lenke ab von der Tötung ungeborenen<br />
Lebens,<br />
- Gleichsetzung von Auschwitz und Archipel Gulag.<br />
Seitdem ist einiges geschehen. Deutsche Produktionen, wie<br />
Feuchtwangers GESCHWISTER OPPERMANN und Giordanos<br />
DIE BERTINIS, flimmerten mit hoher Einschaltquote über<br />
deutsche Mattscheiben. Es gibt eine Kontinuität der Täterverharmlosung<br />
von Bitburg bis zur Neuen Wache in Berlin.<br />
Die Reichshauptstadt und der Reichstag werden wieder ihrer<br />
alten Funktion zugeführt. Ralph Giordano schrieb einen<br />
Offenen Brief an Kohl, als Jude müsse man sich in Deutschland<br />
wieder bewaffnen, um sich seiner Haut wehren zu können.<br />
Allein Joschka Fischer bezeichnete Rostock im Bundestag als<br />
Progrom, während Schäuble eine Minute von dieser Schande<br />
für Deutschland sprach, um dann eine halbe Stunde lang zu<br />
räsonieren, wie man denn Ausländer schnell wieder loswird.<br />
Riesenstaatsmann Abs<br />
Gerade war er gestorben und gemäß der Devise, daß Täter,<br />
Mitläufer und Profiteure des Nationalsozialismus Gold sind<br />
für diese Republik, auch mit großartigem Staats- und Medientamtam<br />
unter die Erde gebracht, gefeiert und gewürdigt<br />
worden. Ein wichtiger Mann, über den der Grosse Brockhaus<br />
profund schreibt: Abs, Hermann Josef, Bankfachmann, *Bonn<br />
15.10.1901, war 1957-67 Sprecher des Vorstands der Deutschen<br />
Bank AG, bis 1974 Vors. des Verwaltungsrates der Kreditanstalt für<br />
Wiederaufbau.<br />
Seine Karriere begann also erst 56jährig?<br />
Natürlich nicht. Schon vor einem halben Jahrhundert wußte<br />
ein mit Hitler und Papen verbundener Banker: De facto waren<br />
die Großbanken eine zweite Regierung ... Männer wie Abs, Rösler,<br />
Kimmich und Urbig ... wurden von der Regierung und Parteiführern<br />
ständig zu Rate gezogen ... sehr oft wurde das, was sie sagten, als<br />
letztes Wort in der Angelegenheit gewertet ... Abs hat sich als sehr<br />
wertvoll für die Regierung erwiesen.<br />
1970 noch erklärte Abs höchstderoselbst, daß die Beschäfti-<br />
Katastrophe Kapitalismus<br />
Wieder Weimar<br />
gung von Zwangsarbeitern als solche nicht zu beanstanden sei. Er<br />
muß es ja wissen, hat er doch als Aufsichtsrat des Auschwitz-<br />
Konzerns IG Farben im Mai 1942 dem Einsatz von Frauen,<br />
Fremdarbeitern und Kriegsgefangenen zugestimmt. Daß Einsatz<br />
das ist, was in den Ofen und im KZ in die Gaskammern<br />
eingesetzt wurde, läßt sich in Dolf Sternbergers ‚Wörterbuch<br />
des Unmenschen‘ nachschlagen.<br />
Konsequenterweise reklamierte er 1970 - zwölf Jahre vor der<br />
Wende - eine Verschmelzung von lateinischem Denken, germanischer<br />
Besonnenheit und angelsächsischem Empirismus und wollte<br />
dem Unverständnis der marxistischen Doktrinäre (der APO) mit<br />
einer regelrecht militanten Unternehmensart begegnen.<br />
Wie sich ‚seine‘ Bank im Dritten Reich mit Blut besudelt hat,<br />
läßt sich im ‚Omgus-Report‘ der Alliierten nachlesen. Die<br />
Deutsche Bank, laut Kohl das Geldinstitut in Deutschland blieb<br />
solchem Bewußtsein traditionellerweise ebenso treu, wie die<br />
jüngste deutsche Politik. Der langjährige Vorstandsvorsitzende<br />
Herrhausen war, bis die RAF ihn ermordete, Intimus<br />
und Berater des Bundeskanzlers. Auch <strong>So</strong>zialdemokraten<br />
stützen solch traditionell staatstragende und menschenfeindliche<br />
Bankkamarilla. Lobte Kanzlerkandidat Scharping<br />
doch Herrn Abs ob der Erwerbung von bedeutenden mittelalterlichen<br />
Werken der Sammlung Hirsch, die der Jude Hirsch 1933<br />
auf der Flucht mitgenommen hatte. Und weil der Auschwitz-<br />
Aufsichtsrat geholfen hatte, die Sammlung nach Jahrzehnten<br />
endlich heim ins Reich zu holen, bezeichnete ihn Präsidentschaftskandidat<br />
Rau als Europäer, Weltbürger und Patrioten<br />
- ein eminent bedeutender Mann für diesen Staat, der Herr<br />
Abs.
Nobody Schindler<br />
Während die Mächtigen dieser Republik noch um Abs<br />
trauerten stieg jenseits des großen Teiches ein Phoenix aus<br />
der Asche: Oskar Schindler, bis dato unbekannt. Artur ‚Atze‘<br />
Brauner, ein renommierter deutscher Filmproduzent, als<br />
Jude selbst KZ-Häftling gewesen, plante bereits Mitte der<br />
Achtziger, das Sujet mit großem Aufwand und Klaus Maria<br />
Brandauer als Schindler zu umzusetzen. Er beantragte<br />
Zuschüsse bei der deutschen Filmförderung. Das Gremium<br />
lehnte die Förderung mit der Begründung, dem Stoff mangele<br />
es an Seriösität, dies sei nichts Reales, einstimmig (!) ab.<br />
Das Drehbuch bezöge sich nur aufs Hörensagen - wenn man<br />
die Aussagen von Zeitzeugen zitiert oder sonstwie verwertet,<br />
ist das eben ‚Hörensagen‘ - was ist daran ‚unseriös‘? Das ist<br />
sehr einfach, diese alten Knaben werden weder von Erinnerungen<br />
noch von Gewissensqualen zermürbt - so Bölls Clown.<br />
Der Plot: Oskar Schindler, ein sudetendeutscher Kriegsgewinnler,<br />
Geschäftsmann, Ladykiller, Lebemann, der gerne<br />
mal einen hob und ausgab, ein Schlitzohr, verdiente sich<br />
eine goldene Nase mit der Germanisierung nicht-arischen<br />
Besitzes und der Ausbeutung jüdischer Arbeitskraft. Etwas<br />
ist in ihm vorgegangen, hat ihn berührt, so, daß er forthin<br />
seine ganze Energie darauf verwandte, Juden zu retten: er<br />
richtete eine Munitionsfabrik ein, die zum Asyl für Tausende<br />
Juden wurde und ansonsten nur Ausschuß produzierte. Er<br />
rettete ca. 1100 Leben. Seine Beobachtungen bei der Zwangsräumung<br />
des Krakauer Ghettos hatten ihn erkennen lassen,<br />
was geschah und welche Möglichkeiten er hatte.<br />
Januskopf Deutschland<br />
Wir haben es grundsätzlich mit beiden Traditionen zu tun - so<br />
Ralph Giordano zum 40. Geburtstag dieser Republik unter<br />
dem Titel Januskopf Deutschland. Im TV wurde gerade KORCZ-<br />
AK wiederholt, Leni Riefenstahl kritisch gewürdigt, tausende<br />
kommen mit den gleichen Gedanken aus den Kinos, die<br />
damals Anrufer nach HOLOCAUST bewegten. Ganze Seiten<br />
der Kohl-treuen FAZ sind mit Abs-Nachrufen gefüllt.<br />
Ein weiteres regierungsnahes Blatt, die WELT, druckt Will<br />
Trempers Rezension von „Schindlers Liste“. Der läßt Himmler<br />
als Menschen auftreten, der von Tötung ungern spricht,<br />
während Spielberg derjenige sei, der junge polnische <strong>So</strong>ldaten<br />
in SS-Uniform rücksichtslos herumballern ließ. Außerdem hätten<br />
die Insassen ihre Zeit in Krakau dramatisiert.<br />
Während Schönhuber - als Europarlamentarier strafrechtlich<br />
immun - Ignatz Bubis als größten Volksverhetzer aller Zeiten<br />
bezeichnen darf ohne strafrechtlich belangt zu werden,<br />
schreibt Tremper Für Ignatz Bubis ... wird es allerhand zu bedenken<br />
geben, wenn er ... an der Deutschland-Premiere ... teilnimmt.<br />
Seite an Seite mit dem Bundespräsidenten, der seinen Landsleuten<br />
unterstellt, die Augen verschlossen zu haben vor dem Holocaust.<br />
Himmler hat es besser gewußt.<br />
Ich kann gar nicht soviel fressen, wie ich kotzen möchte!<br />
Judas Thomas Kuhl 1992<br />
Katastrophe Kapitalismus<br />
Wieder Weimar
...schland<br />
Heil Hitler, Aids und Negerschwanz,<br />
Die Liebe hat hier keine Chance,<br />
Die Freiheit wird im Keim erstickt,<br />
Es wird nicht mehr herumgefickt.<br />
Familie ist ein Eigenheim,<br />
Und wer sich einmischt, ist ein Schwein,<br />
Der Papst, der macht `nen heil`gen Stuhl,<br />
Das Volk kommt in den Sündenpfuhl.<br />
Der Asylant im Asi-Land,<br />
Als Volkssport ist dort Mord bekannt,<br />
Kanaken-Klatschen, Heidenspaß,<br />
Bei Blutvergiftung Aderlaß.<br />
Bei Überfremdung Abschieb`haft,<br />
In deutschen Betten fließt dann Saft,<br />
Die Kinder sind zum Züchten da,<br />
Und keiner weiß, was dann geschah:<br />
Geschichte wird dann ausradiert,<br />
Gemeinschaft völkisch dekliniert.<br />
Advent, Advent, ein Lichtlein brennt,<br />
Erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier,<br />
Dann steht Gestapo vor der Tür<br />
Walter Krebs<br />
Hitler<br />
Porsche<br />
Volkswagen<br />
Katastrophe Kapitalismus<br />
Wieder Weimar<br />
Es muß vor 1937 gewesen sein, als Adolf Hitler und Ferdinand<br />
Porsche wieder mal zusammenhockten. Bei diesem<br />
Treffen habe Hitler die Silhouette des VW-Käfer auf einem<br />
Zeichenblatt skizziert, den Seitenriß, der später leicht geduckt<br />
und verschlankt auch zum markanten Design des 911er<br />
Porsche führen sollte. Sagt Ferdinand Porsche, der dann für<br />
die weitere Entwicklung des Gefährts verantwortlich zeichnete.<br />
Als KdF-Wagen (Kraft durch Freude) wurde die Schüssel<br />
dann in Massen von der Volkswagen GmbH produziert und<br />
war nicht nur beim Überfall auf Polen mit dabei, sondern<br />
hat durch den gesamten Weltkrieg zuverlässig <strong>So</strong>ldaten und<br />
Gerät transportiert.<br />
Seit der Gröfaz (Größter Führer aller Zeiten) sich von seinem<br />
Fahrer erschießen lassen hatte, Berlin und somit das „Tausendjährige<br />
Reich“ „untergegangen“ war, hatten dann die<br />
Briten die Finger drauf und produzierten den Käfer erstmals<br />
auch für Zivilisten.<br />
Am 19. Januar 2009 wird die Bundesrepublik sechzig Jahre<br />
alt – und VW feiert feste mit. „2009 wird die Bundesrepublik<br />
sechzig Jahre alt“, heißt es auf der Website des Konzerns,<br />
„und von Anfang an hat Volkswagen dazugehört.“ Unter<br />
dem Motto „Sechzig Jahre Wertigkeit“ und dem Slogan
„Gemeinsam haben wir viel erlebt - gemeinsam haben wir<br />
viel vor“ sollen zu einem Wettbewerb die „schönsten Volkswagen-Geschichten“<br />
eingereicht werden. „Am 8. Oktober<br />
1949“, rechnet uns Volkswagen vor, „wurde der jungen<br />
Republik die Treuhänderschaft über das Volkswagen-Werk<br />
übertragen: der Beginn unserer gemeinsamen Geschichte.“<br />
Sechzig Jahre? Wenn wir uns nicht verrechnet haben, wurden<br />
hier ein paar Jährchen unter den Nierentisch gefegt -<br />
schließlich war der Volkswagen, als es 1949 mit Bundesrepublik,<br />
Buttercremetörtchen und Touren nach Italien losging,<br />
schon ein Teenie. Korrekt wäre: „Über Siebzig Jahre Wertigkeit<br />
- gemeinsam hatten wir viel vor. Gemeinsam haben wir<br />
viel erlebt, was wir lieber nicht erlebt hätten“.<br />
Hitlers Ikone wurde nur ein Vierteljahrhundert später, ästhetisch<br />
völlig umcodiert, zum Lieblingsgefährt amerikanischer<br />
Teenager und Hippies, die ihm Wimpern anmalten, ihn Herbie<br />
nannten und überhaupt als lustiges, defensives Blechkugeltierchen<br />
betrachteten, als motorisierten Gegenentwurf zu<br />
den aggressiven amerikanischen Muscle-Cars. Und weil der<br />
ein günstiges Auto war, das noch in Zeiten selbsttragender<br />
Karossen aus einer auf ein Chassis geschraubten Karosserie<br />
bestand, waren so ziemlich jeder Buggy oder Lotus-Bausatz<br />
auf Käfer-Basis. Die Transformation der Produktmythologie<br />
von Hitler zu Herbie, von „Kraft durch Freude“ zum Fun-<br />
Car, das in Filmen eine Seele hat und sprechen kann – ein<br />
Exorzismus.<br />
Die Nachfahren von Hitlers Kumpel Porsche sind da ehrlicher:<br />
Im neuen Porsche-Museum beginnt die Geschichte<br />
mit dem „Berlin-Rom-Wagen“ von 1939. Der große Kühlergrill<br />
der neuen Audis wurde mit der Studie „Audi Rose-<br />
meyer“ erstmals vorgestellt - und die ist im Namen und in<br />
der Form eine Hommage an die Autos des Rennfahrers und<br />
SS-Hauptsturmführers Bernd Rosemeyer, der 1938 bei über<br />
400 Stundenkilometern in einem Testwagen verunglückte.<br />
Judas Thomas Kuhl<br />
Wer kennt schon<br />
Delaware...<br />
Katastrophe Kapitalismus<br />
Wieder Weimar<br />
...fragt Werner Rügemer, Autor von ‚Cross Border Leasing‘.<br />
Und schreibt dann weiter: Im zweitkleinsten Bundesstaat der<br />
USA an der Atlantikküste südlich von New York leben gerade<br />
mal 850 000 Menschen und 250 Millionen Hühner. Delaware<br />
ist nicht mal halb so groß wie das Saarland. Aber hier haben<br />
die größten Konzerne der Welt ihren Sitz, Daimler-Chrysler<br />
zum Beispiel. Die juristische Zentrale von Daimler sitzt in<br />
Wilmington.<br />
In Wilmington werden Geschäfte mit der Verwaltung von<br />
Briefkastenfirmen gemacht. Sie sind die Eigen- tümer der<br />
wertvollsten Anlagen deutscher und europäischer Städte.<br />
Berlin, Hamburg, Wien, Köln, Stuttgart, Düsseldorf, Leipzig<br />
und weitere Städte haben ihre Trinkwasserbrunnen, ihre<br />
Kanalisationen, ihre Messehallen, ihre Schienennetze, Müllverbrennungsanlagen<br />
und Straßenbahnen an US-Investoren<br />
verkauft und mieten sie seitdem für 30 Jahre zurück. Die<br />
Investoren gründeten für jeden dieser Verträge eine Briefkastenfirma<br />
in Wilmington/Delaware. Sie ist der juristische<br />
Vertragspartner der Städte und der Eigentümer der Anlagen.<br />
Kämmerer und Oberbürgermeister haben Kaufverträge (als<br />
Leasingverträge getarnt) unterschrieben.<br />
Etwa 300 der 500 größten US-Konzerne haben ihren Sitz in<br />
Wilmington/Delaware: zum Beispiel Ford, General Motors,<br />
Coca-Cola, Boeing, Honeywell, Motorola, Dell, Rockwell,<br />
Disney und Dupont.
Das<br />
was in der Öffentlichkeit<br />
als Globalisierung bezeichnet wird<br />
ist nichts weiter als Untergrundökonomie.<br />
Die Deutsche Bank besteht gegenwärtig aus 2107 rechtlich<br />
selbständigen Einheiten. Unter diesen sind sage und schreibe<br />
331 Trusts mit Sitz in Wilmington/Delaware. Nur der<br />
Treuhänder weiß, was in diesen Briefkästen versteckt wird.<br />
Das Wirtschaftsprüfungsunternehmen KPMG, das mit 99 000<br />
Mitarbeitern in 140 Staaten tätig ist, auch in Deutschland,<br />
hat seine Zentrale in Delaware. Wie mögen Unternehmensbilanzen<br />
aussehen, die von KPMG geprüft und als richtig<br />
testiert werden?<br />
Judas Thomas Kuhl<br />
Seid Ihr verrückt?<br />
Über 70 Jahre ist es her<br />
Ein Artikel aus der Welt am <strong>So</strong>nnabend, Köln, 28.05.1932.<br />
Sehr interessant.<br />
Seid Ihr verrückt?<br />
Als man euch vor Monaten frug, ob ihr auf die Wirtschaft neue<br />
Steuern legen würdet, habt ihr euch gerühmt: Wir brauchen es<br />
nicht! Ihr wisst ja, dass es übereinstimmende Meinung der Baseler<br />
Sachverständigen war, die deutsche Steuerkraft sei völlig erschöpft!<br />
Zeit genug hattet ihr, den Reichshaushaltsetat zusammenzustellen,<br />
damit der Reichstag unbarmherzig auf allen Gebieten die Ausgaben<br />
kürzte. Jede Million Ersparnis hätte in uns die Überzeugung geweckt,<br />
dass weitere Opfer doch noch von uns verlangt werden können.<br />
<strong>Nicht</strong>s von alledem habt ihr getan! Nur verschwendet habt ihr! Wie<br />
großzügig in allem eure Bürokratie! Allein Euer Reichsministerium<br />
für Ernährung und Landwirtschaft gibt 90 Prozent seiner Haushaltsmittel<br />
für Unterstützungen und Propaganda verschwenderisch aus.<br />
Dabei hungern und darben die breiten Massen, überall schränken<br />
sich die Menschen ein, sind froh, dass sie leben! Und da kommt<br />
ihr mit Steuern, weiteren Steuern auf das Einkommen der Massen,<br />
Steuern auf das kleine Portemonnaie. Also weitere Schwächung der<br />
Kaufkraft!<br />
Ja, seid Ihr denn irrsinnig?!<br />
Katastrophe Kapitalismus<br />
Wieder Weimar<br />
Da Ihr den Arbeitslosen keine Arbeit geben könnt, verlangt Ihr von<br />
den Beschäftigten, daß sie sie erhalten. Drum Verlängerung der<br />
Bürgersteuer, damit deren Verdoppelung, da sie jetzt noch einmal<br />
von jedem Kopf erhoben wird, Verlängerung der Krisensteuer, und<br />
dann noch dazu eine neue Steuer, eine Beschäftigtensteuer von<br />
1 ½ Prozent. Auf den unteren und mittleren Stufen ergibt diese<br />
Eure zusätzliche Besteuerung bei Arbeitseinkommen nunmehr eine<br />
Verdoppelung der Einkommensteuer. <strong>So</strong> steigt die Steuerleistung bei<br />
einem Jahreseinkommen von 1800 Mark von 5,2 auf 9,2 Prozent,<br />
bei 4000 Mark von 6,1 auf 10,5 Prozent, von 10000 Mark von 7,2<br />
auf 14,2 Prozent, dagegen braucht ein arbeitsloses Einkommen von<br />
20000 Mark nur dasselbe zu zahlen!<br />
<strong>So</strong> bestraft Ihr geradezu die Arbeit!<br />
Schützt den Rentenzieher und<br />
den Kapitalbesitzer!<br />
Die Vermögenssteuer der reichen Leute habt Ihr ja um 20 Prozent<br />
herabgesetzt! Auch die Beamten, denen Ihr vor den Wahlen Aufrechterhaltung<br />
ihres Einkommens versichert habt, müssen jetzt dran<br />
glauben!<br />
Und dann trefft Ihr obendrein noch die Aermsten, die keine Arbeit<br />
haben, nicht arbeiten können, setzt ihre kümmerlichen Unterstützungen<br />
weiter herab, gebt ihnen ein Recht darauf nur noch für 13<br />
Wochen, und dann erhalten sie „Krise“ wenn sie bedürftig sind, und<br />
nach 45 Wochen werden sie Kostgänger der verarmten Gemeinden,<br />
als Wohlfahrtsempfänger! Habt Ihr die Schüsse von Waltershausen<br />
nicht gehört, die Empörung der Hungernden?!
Und dann setzt Ihr die Invaliden-, Unfall- und Knappschaftsversicherungssätze<br />
um ganze 20 Prozent herab. Statt 36 Mark nur noch<br />
30 Mark monatlich! Die Witwenrenten kürzt Ihr um 5, selbst die<br />
Waisenrenten um 4 Mark monatlich! Die Knappschaftsrenten senkt<br />
Ihr gleich um 48 Mark auf 38 Mark. Wer soll davon noch leben?!<br />
Wollt Ihr zur Massennot den Massentod?! Es sieht bald danach aus!<br />
Ich finde es bemerkenswert, wie wenig sich innerhalb der letzten<br />
70 Jahre geändert hat. Nein, eigentlich nicht bemerkenswert – eher<br />
erschreckend. Mich hat dieser Artikel aus 1932 getroffen, da es mir<br />
so unverständlich ist, wie blind die Menschen sind und wie wenig die<br />
Gesellschaft aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hat. 1933<br />
kam bekanntlich ein Diktator an die Macht und über die Folgen<br />
dessen brauche ich wohl nichts zu erwähnen.<br />
Vielleicht sollten die Verantwortlichen auch mal ein wenig in der<br />
Vergangenheit stöbern, um solche Auswüchse, die dem Diktator an<br />
die Macht geholfen haben, zu verhindern.<br />
Michaela Paarmann<br />
Täter, Opfer, Hartz<br />
und Weimar<br />
An was denkt mensch, wenn er „Hartz“ hört? An fünf Millionen<br />
für Nutten und Flüge, um die Hartz & Co. VW und damit<br />
zu 40 Prozent das Land Niedersachsen beschissen haben?<br />
Oder an den Minister Clement, den NRW glücklicherweise<br />
nach Berlin losgeworden ist – und von dessen Flugaffären<br />
heute niemand mehr redet – den Mann, der uns Hartz4<br />
und die Leiharbeit eingebrockt, dann eine Broschüre zur<br />
Hetzjagd auf Razzefummeldiebe verbrochen und neuerdings<br />
einen guten Job bei einem Leiharbeitskonzern hat ?<br />
Wissen sie noch? Schröder wollte die Arbeitslosigkeit halbieren.<br />
<strong>So</strong> tief wie er im Arsch von VW war und so braun, wie<br />
er dann wieder rauskam – wie soll denn das gehen? Und da<br />
hat sein alter VW( heißt übrigens immer noch „Volkswagen“<br />
nach der Idee eines Herrn Hitler, ist auch immer noch in<br />
„Wolfsburg“, das immer noch nach Hitlers frühem Aliasnamen<br />
„Wolf“ benannt ist – siehe auch „Wolfsschanze“ – so<br />
versteht man, weshalb Schröder aus diesem Arsch nur braun<br />
herauskommen konnte)...<br />
Also der Kanzler aus dem Hämhorroidendschungel hatte<br />
vielleicht inzwischen das Buch gelesen, das Oskar Lafontaine<br />
schon 1985 über die ausbleibende Arbeit geschrieben hatte<br />
– oder einer seiner Tablettschwenker hat es ihm erzählt:<br />
Das mit der Halbierung kann nicht klappen. Und nach dem<br />
ewigen Gesetz aller Radfahrer, sich nach oben zu ducken<br />
und nach unten zu treten, mussten andere daran schuld sein<br />
– und zwar die, die sowieso schon unten sind.<br />
Katastrophe Kapitalismus<br />
Wieder Weimar<br />
Und da war er sich mit Clement, der in NRW den Haushalt<br />
so vor die Wand gefahren hat wie damals der Daimler-Kanzler<br />
Kohl den vom Bund, ganz einig. Nennt die, die aus Not<br />
bescheißen, nicht nationalsozialistisch „Volksschädlinge“<br />
– sondern sozialdemokratisch „<strong>So</strong>zialschmarotzer“. Die<br />
Kleinen sind selber schuld! Wieso sind die auch hier in<br />
Deutschland geboren? Warum wollen die Arbeit? Wofür<br />
brauchen die Geld? Wovon soll man dann noch zu Nutten<br />
fliegen? Und dann – ganz sozialdemokratisch: Zuerst nehmen<br />
wir ihre Stimmen – und dann ihre Existenz.<br />
Wenn Esser Mannesmann verhökert und sich dazu mit 60<br />
Millionen bestechen lässt – deutsche Gerichte akzeptieren<br />
das. Wenn Schrempp Daimler halbiert, die Deutsche Bank<br />
deckt ihn genauso wie den Kollegen Esser. Am ersten Tag<br />
nach Schrempp ist der Daimler-Kurs in die Wolken geschossen.<br />
Die Aktionäre waren erleichtert nach dem Abgang des<br />
großen Kapitalvernichters. Wer Unternehmen plattmacht<br />
- wird belohnt. Wer Arbeit will – wird bestraft.<br />
Wenn Arbeitgeber ihren Teil nicht tun, geht Clement um<br />
Ausbildungsstellen betteln. Eben nach oben in den Arsch.<br />
Aber wenn man in sovielen Ärschen war, dann ist man sauer.<br />
Irgendwer muß dann was auf die Fresse kriegen. Und dafür<br />
sind die Kleinen nun mal da. Das ist zwar ziemlich braun.<br />
Aber neoliberale <strong>So</strong>zis sind nun mal so.<br />
Erst bei der Ausländerhetze noch besser sein wollen als die<br />
CDU. Dann das Gefasel von Organisierter Kriminalität und<br />
Terrorismus, um das Wahlvolk mal so richtig durchkontrollieren<br />
zu können. Dann PISA: Nirgendwo hängen Bildungschancen<br />
so sehr von der sozialen Herkunft ab wie hier
im Reich. Und jetzt Hartz4: Wer keine Arbeit kriegt, ist selber<br />
schuld – und kriegt dafür was auf die Fresse.<br />
Obwohl nur das passiert, was Marx vor 150 Jahren so schön<br />
beschrieben hat. Seine „Verelendungstheorie“ heißt heute<br />
„Hartz4“. Und seine Imperialismustheorie – das ist USA und<br />
Globalisierung. Was demnächst kommt, können sie beim alten<br />
Marx nachlesen. Als ich noch Marxist war, hab ich daran<br />
gezweifelt. Jetzt bin ich kein Marxist mehr – und erkenne,<br />
wie recht er hatte. Aber von den Nazis hat er nichts gewusst.<br />
Braune Macht und ewige VWlichkeit. Die einen fliegen zu den<br />
Nutten, die anderen kriegen was auf die Fresse. Völlig auf<br />
den Hund gekommen. <strong>So</strong>zialdemokratie. Die großen Verballerer<br />
öffentlicher Gelder haben uns was angerichtet. Die<br />
Marktwirtschaft ist nicht mehr sozial und diese Asozialität ist<br />
Schröders (wie jetzt auch Merkels) Regierungsprogramm.<br />
Der alte Erhard von der CDU hatte mit seinem Konzept<br />
„<strong>So</strong>ziale Marktwirtschaft“ einen Einstieg in den dritten Weg<br />
zwischen Kapitalismus und <strong>So</strong>zialismus gefunden. Wissend,<br />
dass Kapitalismus soziale und <strong>So</strong>zialismus ökonomische<br />
Probleme schafft.<br />
Der dritte Weg. Das historische Ziel der <strong>So</strong>zialdemokratie.<br />
Angefangen hat damit ein CDU-Bundeskanzler. Erhart hätte<br />
noch mit Marx diskutieren können. Mit heutigem <strong>So</strong>zipack<br />
haben beide nichts zu tun.<br />
In Belgien, das nicht nationalsozialistisch war, haben<br />
Vorschläge wie Hartz4 zu einem Generalstreik geführt. Die<br />
merken noch was. Die wissen, was Demokratie ist – hatten<br />
schon 1830 eine republikanische Verfassung.<br />
„Nur die allerdümmsten Kälber wählen ihre Schlächter<br />
selber“ sagt Brecht. Deutschland hat den Adolf gewählt.<br />
Deutschland hat solange Kohl gewählt bis alles am Arsch<br />
war, dann den Schröder. Und jetzt die Merkel.<br />
In Frankreich brennen Autos. Auch da wehren sich die Ausgegrenzten.<br />
Haben wir wieder Weimarer Verhältnisse? Ja!<br />
Wird es noch schlimmer kommen? Ja! Wird ein neuer Adolf<br />
antreten? Ausschließen kann man das nicht.<br />
Ludwig Erhart und Willy Brandt haben viel getan, um dieses<br />
Land lebenswert zu machen. Schmidt, Kohl und Schröder<br />
haben es demontiert. Nach Merkel wird das Wort „Demokratie“<br />
unter „Nostalgie“ gebucht werden müssen.<br />
Judas Thomas Kuhl<br />
Der Malocher<br />
Katastrophe Kapitalismus<br />
Wieder Weimar<br />
Die Wangen tief eingefallen,<br />
Graufahl die Haut vom Tabakrauch,<br />
Die Augen in verschattete Grotten gesunken,<br />
Schrecklich dumpf den Suff im Bauch,<br />
Der Malocher auf’m Marktplatz hingesunken<br />
Kläglich lallend kauerte,<br />
Ein Haufen Elend\Mensch , ein Abgrund<br />
Nackte Wahrheit gehüllt in Arbeiterkluft da lauerte,<br />
Auf hoch-demokratischen Grund,<br />
Sarabande schlechter Gerüche,<br />
Ekel erregte bei den flanierenden Parvenüs und stumme<br />
Flüche.<br />
Warum Staatsgewalt das Arbeitstier nicht endlich fortschafft?<br />
Und überhaupt warum der Mangel an Stolz den Kerl hat<br />
Noch nicht längst weggerafft?<br />
Der Malocher, mit Augen stumpf und matt,<br />
Dem ist jetzt gleich alles egal,<br />
Grundrecht und Freiheit und<br />
Die demokratische Herrschafts\Moral,<br />
Vom Leben an langer Leine wie ein braver Hund.<br />
Doppelt Dreifach geschleift vom Kapital,<br />
Nun ist allemal genug! Genug! Lüge und Betrug.<br />
Sein Leben ist verarscht verloren,<br />
Die neoliberalen Lügen dröhnen noch in seinen Ohren.<br />
Genug! Genug! Lüge und Betrug<br />
Der Malocher sich schwankend erhob,<br />
Ein Baum von starken Winden geschüttelt,<br />
Schreckliche Gestalt von Lebensnot, kantig und grob,<br />
Die breite Schulter sich wie im Fieber schüttelt,
Vom verzweifelt-krummen Buckel, die elende Last<br />
Ach, er taumelt und schwankt, stürzt fast,<br />
Doch wie ein Adler seine Flügel ausbreitet zum Sprunge,<br />
Der Malocher jetzt seine starken Arme spannt,<br />
Zorn strafft seine trunkene Zunge.<br />
Worte toben aus seiner Lunge, bitter-entbrannt.<br />
Und die rauhen Hände sind zu Fäusten geballt,<br />
Grau seine Stimme über den Platz schallt.<br />
Wir waren jung, vierzehn Jahr,<br />
Da geschah`s das man uns die Zeit stahl<br />
Ohne uns zu Fragen von der öden Schulbank<br />
In die Fabrik befahl,<br />
In die ölige Luft gewaltiger Hallen, ran die Werkbank.<br />
Unsere Hirne tumb wie’n Brot<br />
Erkannten wir nicht das sie wollten<br />
Unser jungblutiges Sehnen Tod.<br />
Unseren freien Lebenstraum sollten<br />
Wir willig einwilligen zu zermalochen, gebrochen<br />
Dahin leben in versklavter Freiheit.<br />
Für’s Ohngefähr Matrizen mit Hartmetallbohrer lochen<br />
Arbeit allein füllt unsere Zeit.<br />
Wem die Löcher dienten, wozu sie taugten, uns gleich egal<br />
Wir taten was man uns befahl,<br />
Und war es noch so fatal.<br />
Mit Achtzehn waren unsere Hände grau verfärbt vom Stahl,<br />
Trotz Creme und Sandseife; brutal<br />
Gezwungen zu leben nichts anderes,<br />
Nur das was man Saufen und Fressen kann,<br />
Und ermordet Sehnsucht und Leidenschaft... nichts anderes.<br />
Mit Fünfundzwanzig ahnten wir dann,<br />
Unser vom Kapital gelostes Schicksal.<br />
Auf der Strasse, arbeitslos<br />
Und nur die wahllose Wahl<br />
Zu krepieren an Lungenkrebs oder Leberzirrhose.<br />
Und jetzt! Jetzt! Seht her...<br />
Schimpft man uns nutzloses Tariftier,<br />
Verachtet und verspottet von allen<br />
Ein Schandmal auf die Stirn gebrannt - Hartz IV<br />
<strong>So</strong>llen wir dankbar auf die Knie fallen,<br />
Das uns ist erlaubt zu lecken<br />
Dem wohlfahrtlichen Parvenüs die Schuh<br />
... Von unten!... Von unten!...<br />
Dann gibt es einen Gnadeneuro dazu.<br />
Zuwenig um zu leben, und viel zuviel um zu verrecken.<br />
Scheiße! Ich glaubte, ich bin was wert...<br />
...Ja!... EinenTtritt in den Arsch.<br />
Den bin ich Wert, den hat man mir auch nicht verwehrt,<br />
Weil ich blöd genug, auch den politisch Roten vertraute,<br />
Funktionären die kompromisvoll funktionierten für’s Kapital<br />
Und unsere Freiheits\Hoffnung auf irgend einen Morgen vertagten,<br />
keine Traute<br />
Auszurufen hatten: Jetzt! Jetzt! Der Mensch ist frei!<br />
Arbeit ist der Menschen Not,<br />
Und keine Tugend, Tariflohn nicht macht den Mensch frei.<br />
Ich sah meine Bohrmaschine den Span schälen, meine Faust rot,<br />
Braun und Blau spiralte der Span hervor, und ich fühlte meine<br />
Macht,<br />
Die nicht unterschieden ist, die Gras und Rose zu blühen treibt.<br />
Und doch man uns im deutschen Lande weniger ehrt wie’n Hund,<br />
uns verlacht<br />
Weil wir zu kapitalträchtigen Lug und Betrug bereit.<br />
Umsonst! Umsonst! Unser Leben. Liberale Lügen werden umsonnt...<br />
Wir verrecken auf liberalen Zukunftsstrecken.<br />
Seht her! Seht her...!”<br />
Katastrophe Kapitalismus<br />
Wieder Weimar<br />
Doch sein Schrei’n und geifern niemand berührte,<br />
Seine Faust noch drohte den Himmel zu erschlagen.<br />
Keine Hand auf seiner Schulter, niemand der ihn fortführte.<br />
Da sank der Malocher nieder,<br />
Nieder auf die Knie,<br />
Und brummte seine besoffenen Lieder,<br />
Von der Freiheit, die er nie hat erfahren,<br />
Und auch Liebe war ihm nicht widerfahren.<br />
Auf allen Vieren, den Rücken krumm, er kroch,<br />
über’ m volkreichen Platz wie’n Hund.<br />
Seine Zunge schleifte über’n Dreck, und er heulte noch<br />
Dazu elend erbärmlich, und tat es allen kund:<br />
Einigkeit und Recht und Freiheit für’s deutsche Vaterland!<br />
Gerry X
<strong>Nicht</strong>s Neues unter<br />
der <strong>So</strong>nne<br />
Hegel bemerkt irgendwo, dass alle großen weltgeschichtlichen<br />
Tatsachen und Personen sich sozusagen zweimal ereignen. Er hat<br />
vergessen hinzuzufügen: das eine Mal als Tragödie, das andere Mal<br />
als Farce.<br />
[Marx: Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte,<br />
Marx/Engels (vgl. MEW Bd. 8, S. 115)]<br />
Krise<br />
Dergleichen erleben wir derzeit in der Finanz- und Wirtschaftskrise.<br />
Zwei Lager stehen sich da gegenüber – die<br />
Mahner, die die Krise schon seit langem kommen sahen und<br />
jene Wirtschaftsliberalen, die Krisen nicht für einen Systemfehler<br />
halten, sondern als Kern des Systems begreifen, ergo:<br />
als Evolutionsereignisse der freien Marktwirtschaft. Aufstieg<br />
und Fall gelten als reinigender Prozess, der die alte Schlacke<br />
abwirft.<br />
In der Tat: <strong>Nicht</strong>s Neues unter der <strong>So</strong>nne … seitdem die<br />
industrielle Revolution im späten 18. und mit größer Wucht<br />
im 19.Jahrhundert die Weltbühne betrat. Einher ging damit<br />
die Akkumulation von Kapital und die Verwandlung der Welt<br />
in den Weltmarkt.<br />
Krisen gehören zu der vermeintlich freien Marktwirtschaft<br />
wie das voller Demut ausgesprochene Amen der Christen<br />
zum Schluss ihres Gebets.<br />
Gewiss, die Krisen erstrahlen in ihrem jeweiligen historischen<br />
Gewande, aber ihrem Wesen und ihren Auswirkungen<br />
nach, sind sie identisch:<br />
In einem Produktionssystem, wo der ganze Zusammenhang<br />
des Reproduktionsprozesses auf dem Kredit beruht, wenn da<br />
der Kredit plötzlich aufhört und nur noch bare Zahlung gilt,<br />
muss augenscheinlich eine Krise eintreten, ein gewaltsamer<br />
Andrang nach Zahlungsmitteln. Auf den ersten Blick stellt<br />
sich daher die ganze Krise nur als Kreditkrise und Geldkrise<br />
dar.<br />
Und in der Tat handelt es sich nur um die Konvertibilität<br />
der Wechsel in Geld. Aber diese Wechsel repräsentieren der<br />
Katastrophe Kapitalismus<br />
Wieder Weimar<br />
Mehrzahl nach wirkliche Käufe und Verkäufe, deren das gesellschaftliche<br />
Bedürfnis weit überschreitende Ausdehnung schließlich<br />
der ganzen Krisis zugrunde liegt. Daneben aber stellt auch eine ungeheure<br />
Masse dieser Wechsel bloße Schwindelgeschäfte vor, die jetzt<br />
ans Tageslicht kommen und platzen; ferner mit fremdem Kapital<br />
getriebne, aber verunglückte Spekulationen; endlich Warenkapitale,<br />
die entwertet oder gar unverkäuflich sind, oder Rückflüsse, die nie<br />
mehr einkommen können.<br />
[Marx: Das Kapital (vgl. MEW Bd. 25, S. 507)]<br />
Sic! Um nichts anderes handelt es sich im Kern bei der<br />
gegenwärtigen Krise. Und auch der Streit um das Für und<br />
Wider des Eingreifens des Staates - auch diesen sah und<br />
vernahm unsere <strong>So</strong>nne schon:<br />
Die Gesellschaft wird ebenso oft gerettet, als sich der Kreis ihrer<br />
Herrscher verengt, als ein exklusiveres Interesse dem weiteren<br />
gegenüber behauptet wird. Jede Forderung der einfachsten bürgerlichen<br />
Finanzreform, des ordinärsten Liberalismus, des formalsten<br />
Republikanertums, der plattesten Demokratie, wird gleichzeitig<br />
als »Attentat auf die Gesellschaft« bestraft und als »<strong>So</strong>zialismus«<br />
gebrandmarkt.<br />
[Marx: Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte, Marx/<br />
Engels, (vgl. MEW Bd. 8, S. 123)]
Globalisierung<br />
Die Begriffe der Wirtschaftswissenschaftler des 20. und 21.<br />
Jahrhundert ändern nichts an dem wesentlichen Sachverhalt.<br />
Globalisierung meint: Kapitalimperialismus, die Schaffung<br />
von Monopolen die planetarisch die Kapitalströme kontrollieren,<br />
ihren Einsatz in Produktion und Reproduktionsmitteln,<br />
und die Konsummöglichkeiten der Erdbevölkerung<br />
bestimmen.<br />
Die Weltwirtschaft folgt den Prämissen, des in den <strong>So</strong>nntagsreden,<br />
der Megamanager und Superbanker und Politiker<br />
aller Farbschattierungen, für obsolet erklärten <strong>So</strong>zialdarwinismus.<br />
Wo es aufwärts geht, geht es auch abwärts. Und wo es Sieger gibt,<br />
gibt es auch Verlierer. Wie sich das Verhältnis von individueller Leistung<br />
und Schicksal verteilt, weiß man immer erst hinterher. <strong>Nicht</strong><br />
in jedem Einzelfall wird das Risiko belohnt. Rainer Hand (FAZ,<br />
Marx hat recht, 21.09.2008)<br />
Wahrlich eine großartige Erkenntnis, die Zeugnis ablegt von<br />
der zweidimensionalen Flachköpfigkeit des Zeitgeistes. Warum<br />
nicht gleich sagen: Oben Hummer und unten Kummer!<br />
Das reimt sich sogar.<br />
Vielleicht lag Wladimir Iljitsch Lenin mit seiner Auffassung<br />
doch nicht so falsch, dass der Imperialismus, das höchste<br />
Stadium des Kapitalismus sei, ein Fäulnisprozess von<br />
planetarischem Ausmaß, aber dennoch durch alle sozialen<br />
Verwerfungen und permanenter Entwertung und Vernichtung<br />
von materiellen Gütern hindurch, sich am Leben erhält<br />
– letztlich ein Nullsummenspiel zugunsten der Finanz- Han-<br />
del- und Industrieoligarchie und zu Lasten des Größtenteils<br />
der Erdbewohner.<br />
Monopole, Oligarchie, das Streben nach Herrschaft statt nach<br />
Freiheit, die Ausbeutung einer immer größeren Anzahl kleiner<br />
oder schwacher Nationen durch ganz wenige reiche oder mächtige<br />
Nationen – all das erzeugte jene Merkmale des Imperialismus, die<br />
uns veranlassen, ihn als parasitären oder in Fäulnis begriffenen<br />
Kapitalismus zu kennzeichnen…Es wäre ein Fehler, zu glauben,<br />
dass diese Fäulnistendenz ein rasches Wachstum des Kapitalismus<br />
ausschließt; durchaus nicht, einzelne Industriezweige, einzelne<br />
Schichten der Bourgeoisie und einzelne Länder offenbaren in der<br />
Epoche des Imperialismus mehr oder minder stark bald die eine,<br />
bald die andere dieser Tendenzen. Im großen und ganzen wächst der<br />
Kapitalismus bedeutend schneller als früher, aber dieses Wachstum<br />
wird nicht nur im allgemeinen immer ungleichmäßiger, sondern die<br />
Ungleichmäßigkeit äußert sich auch im besonderen in der Fäulnis<br />
der kapitalkräftigsten Länder.<br />
Lenin, Werke, Band 22<br />
<strong>Nicht</strong>s Neues unter der <strong>So</strong>nne … Eine ungeheure Zahl von<br />
vermeintlichen Experten sitzen am „Krankenbett des Kapitalismus“<br />
und beraten sich die Köpfe heiß. Aus diesen hitzig<br />
geführten Beratungen wird kein neues Heilmittel, keine neue<br />
Therapie des chronisch Kranken herauskommen. Alsbald<br />
wird er sich erschöpft in die menschliche allzumenschliche<br />
Geschichte begeben. Sehen wir zu, dass wir nicht mit ihm<br />
wandern. Der Mensch ist mehr als bloßes Wertschöpfungsobjekt<br />
des Kapitals. Er ist frei …<br />
Gerrx X<br />
Katastrophe Kapitalismus<br />
Wieder Weimar<br />
Zumwinkels und<br />
die wegschauende<br />
Journaille!<br />
Die Zumwinkels kommen immer frei gegen Geständnis. Zumwinkel,<br />
Hartz, bestimmt von Pierer, etc. Wo sind Rückgrat, Moral und Ethos<br />
des Journalismus, der dieses unkommentiert durchgehen lässt?<br />
Wiedermal eine Absprache zwischen Staatsanwaltschaft und<br />
angesehenem Mitglied der (vermeintlich) besseren Gesellschaft. Herr<br />
Zumwinkel kommt gegen ein Geständnis ohne Haftstrafe davon. Wo<br />
leben wir?<br />
Journalisten<br />
Wo sind die Journalisten, die aufrechten, wahrheits-liebenden<br />
Journalisten, die noch Ethik und Moral kennen?<br />
Warum schreiben sie nicht an gegen dieses immerwiederkehrende<br />
Unrecht? Dürfen sie nicht? Wollen sie nicht?<br />
Merken sie es nicht?<br />
Verleger<br />
Wo sind die Verleger, deren Medien mal die dritte Macht<br />
im Staate waren, die Mächtigen zu Fall brachten, taten sie<br />
irgendein Unrecht? Wo sind die, die sich Spiegel nennen und<br />
FAZ und Zeit und taz, die sonst jedes Unrecht anklagen und<br />
sich echauffieren über die kleinste Erbse unter ihren Prinzessinnen-Pos?<br />
Oder liegen sie im gleichen Bettchen wie die
Angeklagten? Schlägt die eine Krähe der anderen kein Auge<br />
aus? Drückt man eher eines zu, da man vor kurzem noch<br />
des <strong>So</strong>nntags an der Alster, Düssel, Donau, Main und Elbe<br />
miteinander flanierte?<br />
Manager<br />
Wo sind die Manager, die sich distanzieren von den Steuerhinterziehern,<br />
die sich distanzieren von solchem Tun und<br />
der Aussetzung der gerechten Strafe? Wo sind die Manager<br />
mit eigener Meinung, mit Vorbildcharakter in Leben und<br />
Management? Ist das die Deutschland AG, vor der uns unsere<br />
Väter immer gewarnt haben? Die verschworenen Kreise, der<br />
Filz, die dunklen Geheimnisse derer, die unbedingt mächtig<br />
sein wollen und nicht anders können als alles zu verraten,<br />
was einem wert und wichtig sein sollte?<br />
Politiker<br />
Wo sind die Politiker, die die Selbstbedienung auf Kosten des<br />
Rechtes und der Gemeinschaft kasteien? Wo sind die, die<br />
die gerechte Strafe fordern? Die Strafe, die auch die Nachahmungstäter<br />
abschreckt? Die Strafe, die sich gehören würde<br />
zu akzeptieren, die Größe zeigen würde in der Schande!<br />
Stattdessen drückt sich der Delinquent weiterhin herum.<br />
Wo sind die Politiker, die den besseren Staat fordern, in dem<br />
sich nicht die, die sich schon qua Amtes selbst bedienen,<br />
auch noch die Steuern auf ihr unverdientes Gehalt hinterziehen?<br />
Wo sind sie jetzt, die Politiker, die jeden überwachen<br />
wollen auch ohne Verdachtsmoment, um ihn der gerechten<br />
Strafe zuzuführen? Wo sind sie jetzt, wenn genau diese freikommen?<br />
Warum traut sich kein Politiker zu schäumen vor<br />
lauter himmelschreiender Ungerechtigkeit?<br />
Richter und Staatsanwälte<br />
Wo sind die Richter, die Recht sprechen, wo es hingehört?<br />
Hat es nicht gereicht, die 2001er Fälle durch Verjährung<br />
und Verfahrensfehler unter den Tisch fallen zu lassen?<br />
Wo sind die Staatsanwälte, die gerechte Strafen fordern,<br />
abschreckende Strafen, wenn es nicht anders geht? Was ist<br />
Katastrophe Kapitalismus<br />
Wieder Weimar<br />
das für eine Rechtsprechung, die den befreit von der Strafe,<br />
der rechtzeitig ein Geständnis ablegt? Denn Bewährung ist<br />
keine Strafe, sollten wir uns gewährtig sein. Bewährung ist<br />
keinerlei Abschreckung.<br />
Der kleine Mann ist der Dumme<br />
Würden diese Richter den kleinen Mann gegen ein Geständnis<br />
gehen lassen? Er ist der Dumme. Er muß büßen umso<br />
mehr, je weniger die Richter sich an den großen, wirklichen<br />
Tätern auslassen dürfen, da ihnen die Hände gebunden<br />
werden. Voller Verve jagen sie den kleinen Mann - und sei er<br />
nur potentieller Gefährder.<br />
Die Deutschland-Mafia<br />
Längst sind das doch mafia-ähnliche Zustände in dieser<br />
zweiten Republik der Banane, wo alles erlaubt ist und keiner<br />
Strafe fürchten muß. Warum also sollte man nicht hinterziehen<br />
und lügen und betrügen? Bestraft wird man doch<br />
nicht wirklich, muß nur zurückzahlen, was man sich vorher<br />
genommen hat.<br />
Deutschland bedient sich selbst<br />
Deutschland lernt, daß es sich selbst bedienen kann. Und das<br />
sind meist nicht die, die es nötig hätten, das sind eher die<br />
Kranken im Geiste, die nie genug bekommen können. Die,<br />
die nicht in sich ruhen, sondern ein übersteigertes Geltungsbedürfnis<br />
haben, die meinen, sie seien mehr wert als alle<br />
anderen und meinen, sie könnten sich in großem Umfange<br />
über das Gesetz stellen. Selbstbedienung ist erlaubt, lernt<br />
man aus den großen Fällen der letzten Jahre! Glückwunsch
zu dieser Botschaft an alle Beteiligten!<br />
Die Journalisten hätten es in der Hand, sie könnten eine<br />
Öffentlichkeit (wenn die Politik schon versagt) schaffen,<br />
könnten aufrütteln, könnten die Politik und die Rechtsprechung<br />
unter Druck setzen. Die Journalisten sind am Drücker!<br />
Sie sollten diese wenigen Chancen nutzen.<br />
Ralf Schwartz - mediaclinique 13.01.09<br />
Schafott<br />
„Bist Du Dir sicher, dass Du Dir das antun möchtest?“<br />
Le Ping zog seine Frackjacke zurecht und hob mit spöttischem<br />
Gruße seine Whiskyflasche, noch halb gefüllt. Phoebe<br />
sah ihn besorgt an, ihre sonst so strahlenden Augen, nicht<br />
selten an die ihrer Schwester Sabrina erinnernd, wirkten<br />
trübe und stumpf. „Natürlich bin ich mir sicher. Prost, Jungs<br />
und Mädels. Auf einen Kämpfer!“<br />
Le Pings sonst so streng zurück gegelte Haare flatterten wirr<br />
um seinen Kopf, ein sicheres Zeichen dafür, dass seine Ruhe<br />
nur gespielt war.<br />
„Schauen wir uns an, was unser aller geliebtes Television so<br />
bietet.“ Er starrte auf den Bildschirm, während er gleichzeitig<br />
die Lautstärke der Stereoanlage höher stellte. „Always<br />
stays the same,“ klang es aus den Lautsprechern. „Nothing<br />
ever changes. English summer rain. Seems to last for ages.“<br />
Le Ping setzte die Whiskyflasche an und trank einen so großen<br />
Schluck, dass Phoebe ihm am liebsten die Whiskyflasche<br />
entrissen hätte.<br />
„He, Ping - nicht schlapp machen,“ sagte Pings bester<br />
Freund, von allen gerne Oswald genannt. Was eigentlich<br />
brutal war, wenn man Oswalds Hände sah. <strong>So</strong>fern man<br />
von Händen sprechen konnte. Oswald hatte ein paar seiner<br />
Dateien versehentlich so genannt wie urheberrechtlich geschützte<br />
Dateien. Als jemand die Hatch-Methode angewandt<br />
hatte (eine Beta-Version), war Oswalds Rechner versehent-<br />
Katastrophe Kapitalismus<br />
Wieder Weimar<br />
lich zerstört worden - nicht ohne Oswalds Hände in zwei<br />
blutige Fetzen zu verwandeln, welche die plastische Chirurgie<br />
jetzt in etwas Flossenähnliches verwandelt hatte.<br />
Aber man hatte Oswald immerhin entschädigt - er hatte<br />
zehn aktuelle CDs ohne Kopierschutz bekommen. Laut des<br />
anliegenden Schreibens „wäre der Wert dieser CDs unermesslich,“<br />
weit über dem Wert von zwei Händen also, der<br />
mit etwa 10.000 Allianz-Dollar beziffert wurde.<br />
„Ich mache nicht schlapp.“ Le Ping grinste schief, und nur<br />
Phoebe sah, dass seine Augen langsam blutunterlaufen waren.<br />
Le Ping starrte weiter auf den Bildschirm, wo unter dem<br />
lauten Gejohle der Zuschauer nun die Spritzen aufgezogen<br />
wurden, die Le Pings Bruder für immer zu einem vernunftbegabten,<br />
wenn auch toten, Mitglied der Gesellschaft transformieren<br />
würden. „Immerhin haben sie es nicht geschafft, ihm<br />
seinen letzten Willen zu verweigern.“<br />
Und während er zusah, wie sein Bruder, schuldig erklärt des<br />
Kopierens und Tauschens von urheberrechtlich geschütztem<br />
Material, auf humane Weise transformiert wurde in einen<br />
Zustand, in dem er der Gesellschaft nicht mehr schaden<br />
konnte, dachte er an seinen anderen Bruder. An ihn, der<br />
noch 1984 Jahre im Gefängnis sein würde, der immerhin nur<br />
ein paar Leute auf barbarische Art getötet hatte, während<br />
Brian, dessen Lächeln ihn noch immer zum Weinen brachte,<br />
nun wegen des Verstoßes gegen das Urheberrecht auf den<br />
Tod wartete.<br />
Er dachte an die beiden, und er dachte an die Worte in der<br />
Verhandlung: „Immerhin müssen wir bedenken bei aller<br />
Grausamkeit, dass Brian der Gesellschaft und vor allen
Dingen der Wirtschaft einen kaum bezifferbaren Schaden<br />
zugefügt hat, während Paul, bei aller Grausamkeit, der<br />
Gesellschaft und der Wirtschaft insbesondere durch die Entsorgung<br />
von nicht lebenswertem Leben doch eher zugänglich<br />
war.“<br />
„I´m in the basement, you´re in the sky.“ Le Ping lächelte<br />
und drehte sich, während er von dem herunter prasselnden<br />
Regen durchnässt wurde, wie ein Schwamm. Er fühlte förmlich,<br />
wie Brians Leben dessen Körper verließ. Und er lachte,<br />
als ihm die Worte der Richterin einfielen: „Ich hoffe, dass<br />
Brians gesellschaftsfördernde Bestrafung nicht nur für ihn,<br />
sondern vielmehr auch für alle die, die zusehen, eine weiterführende<br />
Wirkung hat. Ich hoffe, ihnen wird bewusst, wofür<br />
dieser Staat steht. Für Gerechtigkeit und für Humanität.“<br />
Twister (Bettina Winsemann) - Telepolis 08.09.2008<br />
Katastrophe Kapitalismus<br />
Wieder Weimar
Abbitte<br />
Das heutige Feuilleton beschäftigt sich mit nichts anderem<br />
als mit der Krise. Das muss auch mal sein. Fanden wir.<br />
Auch aus moralischen Gründen. Ich habe noch im Ohr, wie<br />
Gerhard Schröder über Oskar Lafontaine höhnte, der bilde<br />
sich ein, er könne dem internationalen Finanzkapital Fesseln<br />
anlegen. Ich habe es auch deshalb im Ohr, weil ich fand,<br />
dass Schröder recht hatte. Lafontaine erschien mir als ein<br />
kleiner Mann, der seine Fäustchen ballte und sie gegen Leute<br />
erhob, die mit dem Bruchteil ihres Jahreseinkommens die<br />
ganze SPD hätten aufkaufen können. Sein Fäusterecken hatte<br />
etwas Lächerliches. Aber Lafontaine hatte Recht. Er hatte<br />
Recht nicht nur in der Analyse. Der Weg in die Katastrophe<br />
hatte begonnen mit der Entfesselung des Finanzkapitals.<br />
Es wäre dringend nötig, einmal die Geschichte zu erzählen,<br />
wie in den USA, in Europa, in Deutschland Politik und<br />
Gesellschaft in den letzten 25 Jahren Schritt für Schritt den<br />
Interessen einer immer kleineren Gruppe von international<br />
agierenden Unternehmen unterworfen wurde. Es wäre ein<br />
Wunder - so die ahnungslos-feuilletonistisch vorgetragene<br />
Vermutung - , wenn sich nicht herausstellen würde, dass in<br />
diesem Prozess bei den jeweils entscheidenden Auseinandersetzungen<br />
Geld eine nicht unerhebliche Rolle gespielt hat.<br />
Lafontaine hatte auch Recht, sich dieser Entwicklung entgegen<br />
zu stellen. Jetzt, da die westliche Welt die Krise hat, vor<br />
der die „unverbesserlichen Linken“ immer gewarnt hatten,<br />
da rufen - fast - alle plötzlich nach dem Staat Er soll nicht<br />
nur Regelungen schaffen, Gesetze, die den Kapitalmarkt<br />
transparenter, übersichtlicher machen, nein er soll sogar<br />
Katastrophe Kapitalismus<br />
Wieder Weimar<br />
intervenieren, ja sogar die fallierten Unternehmen aufkaufen<br />
und wieder fit machen. Hatte es nicht geheißen genau<br />
dazu sei eine staatliche Bürokratie prinzipiell unfähig? War<br />
nicht Lafontaine genau deshalb, weil er für eine Stärkung<br />
des Staates eintrat, in den Augen seiner Gegner wie dieser<br />
geworden: ein zahnlos grantelnder Wolf?<br />
Jetzt aber rufen die Banker selbst nach dem Staat. Sie wünschen<br />
ihn sich groß und stark mit kräftigen Zähnen, damit er<br />
sie retten möge aus den Schlünden der drohenden Depression.<br />
Oskar Lafontaine aber hassen sie jetzt auch noch dafür,<br />
dass er Recht hatte.<br />
Arno Widman, FR-online.de, 21.2.2009
Das Krisengespenst<br />
„Ein Gespenst geht um in Europa - das Gespenst des Kommunismus.<br />
Alle Mächte des alten Europa haben sich zu einer<br />
heiligen Hetzjagd gegen dies Gespenst verbündet, der Papst<br />
und der Zar, Metternich und Guizot, französische Radikale<br />
und deutsche Polizisten. Wo ist die Oppositionspartei, die<br />
nicht von ihren regierenden Gegnern als kommunistisch<br />
verschrien worden wäre, wo die Oppositionspartei, die den<br />
fortgeschritteneren Oppositionsleuten sowohl wie ihren<br />
reaktionären Gegnern den brandmarkenden Vorwurf des<br />
Kommunismus nicht zurückgeschleudert hätte?“<br />
<strong>So</strong> schreiben Friedrich Engels und der neuerdings wieder viel<br />
zitierte Karl Marx im Vorwort zum „Kommunistischen Manifest“<br />
über das Gespenst ihrer Zeit, den Zusammenschluss<br />
der Arbeiter, dessen Erfolg er sich erhoffte. Das Gespenst von<br />
heute ist die sogenannte Finanzkrise.<br />
Im Gegensatz zu Marx‘ Gespenst von damals ängstigt es vor<br />
allem die Arbeiter und Angestellten, und erst recht die, die<br />
am Rande der Gesellschaft leben, hier oder in der Dritten<br />
Welt. Denn ihnen droht, so heißt es, Arbeitslosigkeit, Konsumverzicht<br />
und das Ende jeder Gesundheits- und <strong>So</strong>zialpolitik.<br />
Auch wenn die Medien beharrlich über die Folgen<br />
schweigen - den Steuerzahlern dämmert allmählich, dass<br />
sie auf Jahrzehnte hinaus die unglaublichen Gelder werden<br />
abtragen müssen, die der Staat in das marode Bankensystem<br />
pumpt. Längst nicht so sehr ängstigt die Krise die Kapitalisten<br />
und Couponschneider, die Heuschrecken und Finanzierungsgenies,<br />
obwohl doch sie es waren, die zahlreiche<br />
Volkswirtschaften in den Ruin getrieben haben. Die die hart<br />
erarbeiteten Überschüsse der Völker der Welt in sinnlosen<br />
Spekulationen verbrannt und in irrwitzige Boni für sich<br />
selbst verwandelt haben. Das Übernachten unter der Brücke,<br />
die Teilnahme an einer Fernsehshow „Wie überlebe ich als<br />
Obdachloser in der Großstadt“ ist für sie nicht vorgesehen.<br />
Das Verstörende an dieser Krise ist, dass sie bisher vor allem<br />
an den riesigen Geldbeträgen erkennbar wird, über die die<br />
Regierungen ganz plötzlich zu verfügen meinen und die die<br />
Krise eigentlich eindämmen sollen. Niemand weiß, was genau<br />
die Bedrohung ist, und erst recht nicht, welche Dimension<br />
und welches Ausmaß sie hat - eine tragfähige Analyse<br />
gibt es ebenso wenig wie eine begründete Strategie. Ist die<br />
Krise vielleicht vor allem ein Alibi dafür, Leute zu entlassen,<br />
Lohnforderungen abzublocken und Fehlspekulationen mit<br />
Steuergeldern auszugleichen? Sind vielleicht gar die gigantischen<br />
Rettungsmaßnahmen selbst die eigentliche Krise?<br />
Die Finanzberater empfehlen jedenfalls bereits wieder, Aktien<br />
und insbesondere Bankaktien zu kaufen, und auch das<br />
Karussell der Leerverkäufe hat wieder eingesetzt - das ideale<br />
Mittel, um aus den Verlusten anderer Kapital zu schlagen.<br />
Die Krise soll entstanden sein, weil Grundstückskäufer ihre<br />
Schulden nicht bezahlen konnten. Warum aber, so eine<br />
der Fragen, über die Medien und Regierung hinweggehen,<br />
warum werden dann die Banken mit Geld gefüttert und nicht<br />
die Familien und Haushalte, die ihre Kreditzinsen nicht mehr<br />
bezahlen können? Dann bekäme das Banksystem Geld, und<br />
zugleich würden Eltern und Kinder nicht aus ihren Häusern<br />
gejagt.<br />
Vermutlich würde dann allerdings deutlich werden, dass<br />
die sogenannten faulen Kredite nicht mehr als ein kleiner<br />
Auslöser der Krise waren. Es waren ja auch nicht die Kunden<br />
Katastrophe Kapitalismus<br />
Wieder Weimar<br />
von Ratiopharm, die die Merckle-Gruppe in die Schieflage<br />
gebracht haben. Es waren vielmehr die gigantischen Spekulationen<br />
mit VW-Aktien, für die Merckle bezahlen musste<br />
und an denen vor allem Porsche verdient hat. Die Krise,<br />
wenn es denn eine ist, ist das Resultat von Spekulation und<br />
Gier, von Gewinnsucht und Maßlosigkeit, von überzogenen<br />
Marketingmaßnahmen und Überredung, von Betrug und<br />
Kasinokapitalismus. Wenn es eine Krise ist, dann war es<br />
vielleicht zunächst eine der Banken, jetzt ist es eine des<br />
Kapitalismus.<br />
Denn wenn die Banken jetzt kein Geld mehr verleihen,<br />
obwohl sie könnten, ist das das Ergebnis eines Lernprozesses.<br />
Sie haben verstanden: Wenn im Kapitalismus jemand<br />
freundlich zu dir ist, pass auf deine Brieftasche auf. Die Ostdeutschen<br />
mussten diese bittere Lektion nach der deutschdeutschen<br />
Vereinigung lernen. Wer dir einen Kredit anbietet,<br />
will vor allem deine Zinsen, auch wenn du bankrottgehst.<br />
Wer dir Wertpapiere verkauft, legt dich rein, selbst wenn das<br />
von Bank zu Bank stattfindet.<br />
Vertrauenskrise? Nein. Die Angst vor dem andern ist im konsequenten<br />
Kapitalismus angelegt, und sie ist jetzt in seinem<br />
Zentrum, dem Bankensystem, angekommen. Das Misstrauen<br />
der Banken gegen ihre Kunden und das<br />
Misstrauen der Kunden gegen die Banken ist ein strukturell<br />
begründetes Misstrauen aller gegen alle, auch gegen die<br />
gültigen Gesetze und Regeln. Deswegen ist die Krise eine<br />
Krise des Kapitalismus.<br />
Dieses Misstrauen kann der Staat mit noch so vielen Milliarden<br />
nicht beseitigen.Dass er es versucht, wirft allerdings<br />
weitere Fragen auf. Deutschland hat ein funktionierendes
staatliches Bankensystem. Es besteht flächendeckend und<br />
auf allen Ebenen aus kommunalen Sparkassen, staatlichen<br />
Landesbanken, der Kreditanstalt für Wiederaufbau. Wenn es<br />
darum ginge, die „freie Wirtschaft“ mit Krediten zu versorgen,<br />
wäre dies darüber gut zu organisieren. Die staatlichen<br />
Banken müssten natürlich viel besser kontrolliert werden als<br />
bisher - vielleicht nicht von Politikern, sondern von Sparkunden.<br />
Warum muss der Staat dann die Privatbanken retten?<br />
Warum sollen die, die den Markt immer vergöttert haben,<br />
jetzt nicht mit diesem Markt glücklich untergehen dürfen?<br />
Statt die Steuermittel gezielt und sinnvoll einzusetzen, transferiert<br />
die Regierung lieber die Steuern der nächsten Generationen<br />
in das marode private Bankensystem von heute. Im<br />
Namen der Marktwirtschaft wird so die Marktwirtschaft ruiniert.<br />
Statt der Vermögen der Banker werden die Verluste der<br />
Banken verstaatlicht und dadurch erst sozialisiert und den<br />
Steuerzahlern aufgebürdet.Dafür wird der Staat dann auch<br />
noch kritisiert. <strong>Nicht</strong> weil er kein Geld mehr haben wird für<br />
Umwelt, Infrastruktur, soziale Gerechtigkeit oder Bildung,<br />
sondern dafür, dass er für sein Geld ein wenig Kontrolle will<br />
und die aberwitzigen Gehälter zu begrenzen versucht. Aus<br />
Sicht der Wirtschaft: unverschämt und undankbar.<br />
Das machen uns Tag für Tag die Medien klar. Sie berichten,<br />
was Bundeskanzlerin Merkel den Chefredakteuren und<br />
Verlagsdirektoren schon bei einem eigens einberufenen<br />
Treffen im vergangenen Oktober vorgesagt hat. Sie halten<br />
die Bürger bei Laune, auf dass diese stillhalten. Wie viel<br />
Geld bereits in die Banken gepumpt wurde, wie viele Milliarden<br />
Bürgschaftszusagen vergeben wurden (und wie viele<br />
Hartz-IV-Monats“löhne“ das sind), das steht auch nicht in<br />
der Zeitung. Die Süddeutsche (vom 15. 1.) beispielsweise ver-<br />
steckt die Mitteilung, dass die Hypo Real Estate zum vierten<br />
Mal in vier Monaten Milliarden Bargeld und Bürgschaften<br />
braucht, unter der Überschrift „Wenn Steinbrück an die<br />
Tür klopft“. <strong>So</strong>rgen macht man sich hier nur um die Frage,<br />
ob der Staat nicht zu mächtig wird. Gewiss, eine wichtige<br />
Frage, aber wohl kaum die derzeit wichtigste. Während die<br />
Banker die Staatsknete abzocken, wird die Diskussion über<br />
den Missbrauch wirtschaftlicher Macht zu einer Diskussion<br />
darüber, ob der Staat denn nun Schulden machen darf oder<br />
nicht - unabhängig davon, wofür er sie macht.<br />
Was also ist die Krise? Das Bankensystem hat sich selbst ruiniert,<br />
aber nicht weil es die Regeln des Kapitalismus verletzt<br />
hat, sondern weil es sie konsequent befolgt hat: Ziel war und<br />
ist nichts als Gewinn, soziale Verantwortung oder Ethik hin<br />
oder her. Ebenso wie der Staatssozialismus an sich selbst<br />
erstickt ist, haben sich die Banken damit in einem Meer<br />
von Geld selbst ertränkt und sich gegenseitig in die Pleite<br />
getrieben. Im Unterschied zum Staatssozialismus haben<br />
Katastrophe Kapitalismus<br />
Wieder Weimar<br />
die Banken aber einen Weg gefunden, das Ende des Kapitalismus<br />
noch einmal in ein neues Aufblühen zu verwandeln.<br />
Denn zusammen mit den Medien sorgen sie dafür, dass sich<br />
die Struktur des Wirtschaftssystems nicht ändert, aber der<br />
Staat die<br />
Kosten trägt. Wie lange? Bis auch er pleite ist.<br />
Damit fügt sich die derzeitige Bankenkrise aber in eine ganz<br />
andere Entwicklung ein. In den letzten Jahrzehnten ist der<br />
Anteil aus Vermögen und Unternehmertätigkeit am Bruttosozialprodukt<br />
kontinuierlich gestiegen, in der Bundesrepublik<br />
wie im Rest der Welt. Der entfesselte Kapitalismus hat<br />
getan, wofür er da ist, nämlich die Kapitalrenditen immer<br />
stärker in die Höhe getrieben und so die Schere zwischen<br />
Arm und Reich immer weiter geöffnet. Der Anteil der<br />
Kapitalerträge am Volkseinkommen kann aber rein logisch<br />
nicht immer weiter wachsen: Wenn das, was Arbeiter und<br />
Angestellte vom Bruttosozialprodukt bekommen, zum Leben<br />
immer größerer Teile der Bevölkerung und zur Legitimation<br />
nicht mehr ausreicht, dann können die Gewinne nur noch<br />
zunehmen, wenn der Staat seine Steuergelder an die Banken<br />
und Unternehmen transferiert. Genau das erzwingt und<br />
legitimiert die derzeitige „Vertrauenskrise“.<br />
Erhalt der Arbeitsplätze und der Konkurrenzfähigkeit auf<br />
dem Weltmarkt, das waren und sind die Argumente, warum<br />
Lohnforderungen nicht erfüllt und Arbeitsschutzregeln abgebaut<br />
werden. Jetzt sind es auch Argumente, warum der Staat<br />
die Schulden der Banken übernehmen muss. Von der Auto-<br />
bis zur Pornoindustrie, von den Herstellern von Armaturen<br />
bis hin zu denen von Spielzeugeisenbahnen fordern alle<br />
unter heftigen Drohungen Unterstützung. Peinlich, dass die<br />
deutschen Banken diese Gelder bevorzugt dazu verwenden,
um andere Banken zu kaufen: die Deutsche die Postbank,<br />
die Commerzbank die Dresdner. Peinlich, dass die HSH-<br />
Nordbank ihren privaten Eigentümern Renditen ausschüttet,<br />
nachdem sie Staatshilfen erhalten hat. Peinlich, dass die<br />
Boni für Mitarbeiter einklagbar sind, selbst wenn die Bank<br />
pleitegeht. Insgesamt wird die Krise so aber zu einer Rettung<br />
der Renditen, zur Reparatur der Krise des Kapitalismus.<br />
Ein Gespenst geht um in Europa und in der Welt - das<br />
Gespenst einer Banken- und Finanzkrise ungeheuren Ausmaßes.<br />
Alle Mächte des alten Europa haben sich zu einer<br />
heiligen Hetzjagd auf dieses Gespenst verbündet - der Papst<br />
und die Zaren in Moskau, Merkel und Sarkozy, französische<br />
Radikale und deutsche Ordnungshüter, und auch die Herrscher<br />
in den<br />
asiatischen Ländern äußern Besorgnis darüber, was mit<br />
ihren Billionen Dollar wohl geschehen wird. Alle sind sich<br />
einig, dass dieses Gespenst unerbittlich bekämpft werden<br />
muss und dass alle Bürgerinnen und Bürger, vom reichen<br />
Banker bis hin zur letzten Putzfrau, dafür unvorstellbare<br />
Opfer zu bringen haben.<br />
Jene allerdings, die dieses Gespenst erst geschaffen haben,<br />
kooperieren jetzt mit ihm, die Aktienbesitzer und Banker,<br />
die Spekulanten und Vorstände. Sie verdienen bereits wieder<br />
an Spekulationen und billig erworbenen Aktien. Sie wissen,<br />
dass ihre Zukunft gesichert ist. Denn sie haben mit ihrer<br />
Pleite am Ende einer grandiosen Abzocke das erreicht, was<br />
Kapitalisten bei Strafe ihres Untergangs erreichen müssen:<br />
Sie haben großartige Renditen erzielt und überlassen jetzt<br />
dem Staat ihre Schulden, verlangen dafür aber nach wie vor<br />
Zinsen - ein Kapitalismus ohne Kapital, der von den Zinsen<br />
vergangener Geschäfte lebt.<br />
Die normalen Bankkunden, Bürgerinnen und Bürger, also<br />
jene, die die Zeche zahlen müssen, sie bleiben - einmal mehr<br />
- geduldig. Politiker, Banker und Medien gemeinsam appellieren<br />
an ihr Verantwortungsbewusstsein: „Wir haben euer<br />
Wirtschaftssystem ruiniert, und jetzt wollen wir noch die<br />
zukünftigen Generationen darauf verpflichten, jahrzehntelang<br />
Schulden dafür abzubezahlen. <strong>So</strong> lange haltet bitte noch<br />
still, bis wir das gesichert haben.“<br />
Die Banken und Spekulanten wissen, was sie wollen. Die<br />
Bundesregierung modifiziert ihr neoliberales Denken nur<br />
wenig und zielt auf geringfügige, aber teure Reparaturen,<br />
bedient ihre Klientel und verbeugt sich vor der Lobby. Eine<br />
umfassende Analyse nimmt sie ebenso wenig vor wie das<br />
Entwickeln einer haltbaren Strategie. Auch die Zivilgesellschaft<br />
schweigt bisher, um Orientierung bemüht in einer<br />
unübersichtlichen Lage. Noch haben auch die Bürger,<br />
zumindest in Deutschland, Vertrauen und glauben den<br />
Versprechen der Ackermänner, obwohl sich deren Ansagen<br />
immer wieder als falsche Zusagen oder Prahlerei entlarven.<br />
Es wird Zeit, dass wir nicht mehr nur von den Regierungen in<br />
anderen Ländern erfahren, sondern auch davon, wie die Völker<br />
in diesen anderen Ländern auf die Krise reagieren: dass<br />
die irischen Banken anderen Unternehmen im Ausland Geld<br />
in der Größenordnung des Zehnfachen des Bruttosozialprodukts<br />
schulden - und dass das mit Abzahlen in Jahrzehnten<br />
nicht zu reparieren ist; dass Ursache der Unruhen in Griechenland<br />
nicht nur eine versteinerte Politik, sondern auch<br />
eine unverantwortliche „freie“ Wirtschaft sind; dass die<br />
Isländer immerhin ihre Bankrotteursregierung davongejagt<br />
haben; dass sich in Lettland, Russland und Großbritannien<br />
Katastrophe Kapitalismus<br />
Wieder Weimar<br />
Formen politischen Widerstands regen, die nicht mehr auf<br />
die Einsichtsfähigkeit der etablierten Regierungen hoffen.<br />
Hier sollten die Medien ansetzen, indem sie von Alternativen<br />
berichten, statt wie zu Kaisers Zeiten Ruhe als erste Bürgerpflicht<br />
zu propagieren. Auch sie müssen sich entscheiden, ob<br />
sie ein Korrektiv gegen gierigen Kapitalismus und ängstliche<br />
Politik sein wollen oder nicht. Wir brauchen neue, an die<br />
Wurzeln gehende Ideen und Debatten, um unser Leben nicht<br />
länger durch entfremdete Arbeit bestimmen zu lassen. Nur<br />
wenn die Bevölkerung die Sache selbst in die Hand nimmt<br />
und der Regierung sagt, wie sie zu handeln hat, wird diese<br />
sich gegen die Lobbys durchsetzen und sich das Finanzsystem<br />
untertan machen können. <strong>So</strong>nst wird das alles enden,<br />
wie Marx es vorausgesagt hat: Der Kapitalismus als eine Folge<br />
von Krisen, die immer existenzieller werden. Irgendwann<br />
dann auch für die Banker.<br />
Friedrich Krotz, TAZ-Digitaz, 19.2.2009<br />
FRIEDRICH KROTZ, geboren 1950 in Barcelona, ist seit<br />
Oktober 2003 Professor für Kommunikationswissenschaft<br />
und soziale Kommunikation an der Universität Erfurt. Zuvor<br />
lehrte er in Münster. Sein Forschungsschwerpunkt ist der<br />
Medien- und Gesellschaftswandel. Zuletzt erschien sein Buch<br />
„Mediatisierung: Fallstudien zum Wandel von Kommunikation“.
Krisenbekämpfung<br />
Wachsende Schuldenberge<br />
Fast über Nacht hat die Finanzkrise Professor Max Otte<br />
berühmt gemacht – und zum Bestsellerautor. Als 2006 sein<br />
Buch mit dem Titel „Der Crash kommt“ erschien, nahmen<br />
nur wenige davon Notiz. Heute überrascht viele die Präzision<br />
der Prognosen des Wirtschaftswissenschaftlers von<br />
der Fachhochschule Worms. Im Kern hängt vieles mit der<br />
Geldpolitik der Notenbanken zusammen, so seine Analyse.<br />
Vor allem Alan Greenspan, der einst so verehrte Chef der<br />
US-Notenbank, hat während seiner Amtszeit jede Rezession<br />
mit sehr viel billigem Geld bekämpft, das er durch Zinssenkungen<br />
in den Markt pumpte. Dass Politik und Notenbanken<br />
den aktuellen Crash mit eben diesem Mittel bekämpfen, hält<br />
er in der gegenwärtigen Situation zwar für alternativlos,<br />
langfristig aber für verheerend: „<strong>So</strong> wie Politik und Notenbanken<br />
auf die Krise reagieren, ist es sehr wahrscheinlich,<br />
dass wir uns die nächste Blase schon wieder aufbauen, und<br />
die wird genauso groß, wenn nicht sogar noch größer als die<br />
gegenwärtige“, so der Wirtschaftswissenschaftler.<br />
Eine Prognose, die auch Dr. Marc Faber teilt. Auch er geißelt<br />
vor allem die Geldpolitik der Notenbanken, die zur Spekulation<br />
geradezu ermuntert habe – vielfach auch mit geliehenem<br />
Geld. Der Schweizer Fondsmanager und Analyst mit Büro<br />
in Hongkong und Wohnsitz in Thailand hat viele der Spekulationsblasen<br />
und Crashs der vergangenen 25 Jahre präzise<br />
vorausgesagt. Doch immer wieder hielt man ihn für einen<br />
notorischen Skeptiker, als er die nächste Krise prognostizierte.<br />
Ihn selbst wundert das allerdings nicht: „Die Notenbank<br />
ist wie ein Barmann, der gratis Alkohol oder Drogen<br />
ausgibt – und dann besaufen sich die Leute. Und wenn dann<br />
einer kommt und sagt, es wäre besser, jetzt nach Hause<br />
zu gehen und nicht so viel zu saufen, dann wird er rausgeschmissen,<br />
das ist normal.“<br />
Für diese Krise sehen beide Experten zwei mögliche Entwicklungen:<br />
Entweder die Welt geht durch eine sehr tiefe und<br />
längere Rezession, oder es gelingt den Regierungen und den<br />
Notenbanken, durch Konjunkturpakete und Zinssenkungen<br />
den Abschwung zu bremsen – dann aber vermutlich mit<br />
dem Risiko einer nächsten Blase, die vielleicht noch größer<br />
wird. Für die Zukunft befürchten beide horrende Inflationsraten<br />
und vielleicht schon in zehn bis fünfzehn Jahren einen<br />
Staatsbankrott der USA. Was das für die Weltwirtschaft<br />
bedeuten würde, wagen sie sich allerdings selbst kaum noch<br />
auszumalen.<br />
Achim Pollmeier (Plusminus, WDR)<br />
Die Krise tötet<br />
Menschen<br />
Katastrophe Kapitalismus<br />
Wieder Weimar<br />
UN-Berater Jean Ziegler über den Hunger im Süden, Wirtschaftsverbrecher<br />
und die Schweizer Banken.<br />
Herr Ziegler, Sie müssen sehr zufrieden sein. Der Neoliberalismus,<br />
gegen den Sie seit Jahren kämpfen, scheint sich<br />
gerade selbst zu erledigen.<br />
Aber die Verwüstungen, die er noch in seinem Niedergang<br />
verursacht, können niemanden freuen. In den USA herrscht<br />
bereits Massenarbeitslosigkeit, dahinter verbergen sich Millionen<br />
persönlicher Tragödien. Und für die Dritte Welt ist die<br />
Krise eine Katastrophe. Laut Weltbank sind zusätzlich zu den<br />
2,2 Milliarden extrem armen Menschen nun 100 Millionen<br />
unter die Armutsgrenze gefallen. ‚Wenn der Reiche abmagert,<br />
verhungert der Arme‘, sagt der französische Autor<br />
Alphonse Allais.<br />
Ist das wörtlich zu verstehen?<br />
Ja. Ein Beispiel: Im Oktober beschlossen die 15 Regierungschefs<br />
der Eurozone, 1700 Milliarden Euro zur Rettung ihrer Banken<br />
lockerzumachen. In der gleichen Woche wurden die Beiträge für die<br />
Humanitärhilfe der UN um durchschnittlich 50 Prozent gekürzt und<br />
tausende Entwicklungshilfeprojekte gestrichen.<br />
Mit welchen konkreten Folgen?
Ich war kürzlich in Darfur. Dort leben 2,7 Millionen Flüchtlinge in<br />
17 UN-Lagern. Die internationale Gemeinschaft ist verpflichtet,<br />
sie am Leben zu erhalten. Aber das Welternährungsprogramm kann<br />
nur noch Tagesrationen von 1500 Kalorien verteilen. Das sind 700<br />
Kalorien weniger als die von den UN festgesetzten 2200 Kalorien,<br />
die ein Erwachsener täglich zum Überleben braucht. Die UN organisieren<br />
also die Unterernährung. Und das etwa auch in <strong>So</strong>malia,<br />
Kenia und Bangladesch. Die Katastrophenbanker haben nicht nur<br />
die westlichen Volkswirtschaften ruiniert. Woanders morden sie. Das<br />
ist keine Hypothese, sondern eine Tatsache.<br />
Müsste man sie strafrechtlich verfolgen?<br />
Der internationale Gerichtshof für Wirtschaftskriminalität wird<br />
kommen. Darüber wird bei den UN schon diskutiert. Wirtschaftsdelikte<br />
müssen wie Kriegsverbrechen verfolgt werden. Die Banker<br />
haben mehr Menschen auf dem Gewissen als mancher afrikanische<br />
Warlord.<br />
Zurück zu den Hilfen der EU-Länder für ihre Banken und Industrien.<br />
Es ist doch verständlich, dass sich jeder in der Krise selbst der<br />
Nächste ist?<br />
Aus Regierungssicht ist das verständlich. Die afrikanischen Kinder<br />
sterben ja nicht auf dem Ku’damm oder den Champs Élysées. Einzig<br />
die Zivilgesellschaft kann die hungernden Kinder noch vertreten. Und<br />
zwar aus einem moralischen Imperativ heraus. Das klingt pompös,<br />
aber ich möchte Immanuel Kant zitieren: ,Die Unmenschlichkeit,<br />
die einem anderen angetan wird, zerstört die Menschlichkeit in<br />
mir.‘ Die Menschen der Herrschaftswelt müssen endlich begreifen,<br />
dass es so nicht weitergehen kann. Jeden Tag sterben hunderttausend<br />
Menschen am Hunger oder seinen unmittelbaren Folgen. 963<br />
Millionen Menschen sind permanent schwerstens unterernährt, alle<br />
fünf Sekunden verhungert ein Kind unter 10 Jahren. Laut Welternährungsorganisation<br />
aber könnte die derzeitige Landwirtschaft<br />
problemlos 12 Milliarden Menschen ernähren, also das Doppelte der<br />
Menschheit. Ein Kind, das heute an Hunger stirbt, wird ermordet.<br />
Wir brauchen einen neuen planetarischen Gesellschaftsvertrag.<br />
Wo sehen Sie die ideologischen Ursachen für die Krise?<br />
Sie ist eine direkte Folge der neoliberalen Wahnidee, dass sich der<br />
Markt ohne jede normative Instanz selbst regulieren müsse. <strong>So</strong><br />
wurde der Staat unterminiert und die totale Liberalisierung der<br />
Dienstleistungen sowie der Kapital- und Warenströme betrieben.<br />
Diese Theorie besitzt eine innere Logik: Wenn sämtliche territorialen<br />
und normativen Beschränkungen abgeschafft sind, geht das Kapital<br />
spontan dahin, wo es maximalen Profit erzielt. Das ist zunächst<br />
geschehen: Laut Weltbank hat sich das Weltbruttosozialprodukt<br />
zwischen 1992 und 2002 mehr als verdoppelt, der Welthandel<br />
verdreifachte sich. Gleichzeitig aber fand eine ungeheure Monopolisierung<br />
statt. Die 500 größten der 85 000 multinationalen Konzerne<br />
auf der Welt kontrollierten letztes Jahr 52 Prozent des Weltbruttosozialprodukts,<br />
also die Hälfte aller auf der Welt erzielten Reichtümer.<br />
Das bedeutet Einfluss auf Regierungen und Parlamente und eine<br />
ideologische und finanzielle Kraft, die kein König, Kaiser oder Papst<br />
je hatte.<br />
Welche Rolle spielten die Banken dabei?<br />
Auf den Kapitalmärkten setzte sich das Finanzkapital durch, das<br />
keiner Aufsicht unterworfen war. Selbst das Risikomanagement<br />
der Banken entfiel wegen der Gier der Manager. Sie agierten wie<br />
Raubritter. Ein Beispiel: Richard Fuld, der ehemalige CEO von<br />
Lehman Brothers – einst die viertgrößte Bank der Welt –, hat am<br />
12. September 2008 Gläubigerschutz beantragt, also die Vorstufe<br />
Katastrophe Kapitalismus<br />
Wieder Weimar<br />
zum Konkurs. Am 26. September ging die Bank Konkurs. Aber in der<br />
Zwischenzeit hatte er 25 Millionen Dollar aus der Kasse genommen.<br />
Der Dezernatsleiter für organisierte Kriminalität beim LKA Nordrhein-Westfalen,<br />
Wilhelm Schwerdtfeger, hat gesagt: ,Organisiertes<br />
Verbrechen ist verschärfter Kapitalismus.‘<br />
Aber die wichtigsten EU-Staaten haben gestern beschlossen, Regeln<br />
für die internationalen Finanzmärkte zu fordern.<br />
Man wird sehr genau schauen müssen, was dabei herauskommt.<br />
Viele Politiker halten ja nach wie vor an den neoliberalen Glaubenssätzen<br />
fest, die ihnen die Lobbys jahrelang vorgebetet haben. Sie<br />
scheuen vor einer Analyse der Krisenursachen zurück und vertreten<br />
weiter die Partikularinteressen der sogenannten Wirtschaftseliten.<br />
Dahinter steckt die pathologische Annahme, dass alles so weitergehen<br />
werde wie bisher. Wissen Sie, worauf sich die Hedge-Fonds<br />
verlegt haben? Sie spekulieren mit Grundnahrungsmitteln. Das ist<br />
einer der Gründe für die Explosion der Weltmarktpreise von Reis,<br />
Mais und Getreide. Keine Regierung tut etwas dagegen.<br />
Sie waren kürzlich auf dem Weltsozialforum im brasilianischen
Belém. Die Globalisierungskritiker haben sich dort wieder nicht auf<br />
ein Programm einigen können.<br />
Belém war sehr ermutigend, es war nicht so ein Vampirball wie das<br />
Weltwirtschaftsforum in Davos. Aber es gibt in der Tat keinen kohärenten<br />
Gegenentwurf zum globalisierten Raubtierkapitalismus. Es<br />
herrscht die Angst, dass ein Programm von oben die Lebendigkeit der<br />
Bewegung ersticken könnte. Der spanische Lyriker Antonio Machado<br />
hat gesagt: ,Wanderer, es gibt keinen Weg. Den Weg machen deine<br />
Füße selbst.‘ Das gilt auch für den Fortschritt der Geschichte.<br />
Welche Chancen eröffnet die Krise?<br />
Leid ist nie positiv, aber wenn die Menschen leiden, beginnen sie<br />
nachzudenken. Aus diesem Wissenwollen kann eine vernünftigere<br />
und gerechtere Welt entstehen. Ich bin voller Hoffnung.<br />
Kommt Ihre Hoffnung auch daher, dass das Schweizer<br />
Bankgeheimnis, gegen das Sie seit Jahrzehnten kämpfen, vor<br />
wenigen Tagen gefallen ist? Die Schweizer Großbank UBS<br />
will auf Druck der USA die Namen von Steuerhinterziehern<br />
herausgeben. Ein Kulturbruch?<br />
Ja. Der schweizerische Bankenbanditismus geht dem Ende zu. Es<br />
wird geschätzt, dass rund 80 Prozent der 6000 Milliarden Dollar<br />
Fremdkapital, die in der Schweiz liegen, Fluchtgelder aus der Dritten<br />
Welt, Mafiagelder und vor allem Steuerhinterziehungsgelder insbesondere<br />
aus Deutschland sind. Bislang verweigerte die Schweiz jede<br />
Rechtshilfe an die deutsche Steuerfahndung. Nun wird die Plünderung<br />
der umliegenden Volkswirtschaften wohl enden. Die Schweiz<br />
wird zu einem ganz normalen europäischen Staat werden. Sie ist<br />
eine lebendige Demokratie, die auch das Ende des Bankgeheimnisses<br />
überstehen wird.<br />
Philipp Lichterbeck, Tagesspiegel, 23.2.2009<br />
Jean Ziegler, 75, ist ein Schweizer <strong>So</strong>ziologe. Er ist Mitglied<br />
des beratenden Ausschusses des UN-Menschenrechtsrats.<br />
Zuvor war er UN-<strong>So</strong>nderberichterstatter für das Recht auf<br />
Nahrung. Zuletzt erschien von ihm das Sachbuch „Das<br />
Imperium der Schande“ (Bertelsmann). Im Herbst kommt<br />
von ihm „Der Hass auf den Westen“ (Bertelsmann) in die<br />
Buchläden.<br />
Katastrophe Kapitalismus<br />
Wieder Weimar<br />
Von dumpfen Ideologien<br />
und allzu Irdischem<br />
Ist die Weltwirtschaftskrise<br />
vergleichbar mit 1929?<br />
Steht uns eine neue Weltwirtschaftskrise bevor? Wird es nach<br />
dem ‚neuen ‚29‘ auch einen neuen ... 1933 geben? Ist ein<br />
neuer Faschismus zu befürchten? Darf man diese Frage, der<br />
Vergleichbarkeit mit den Vorbeben des NS, überhaupt stellen?<br />
Und wie verhält sich die Möglichkeit der Beschreibung<br />
eines zukünftigen Horrors zur Singularität Auschwitz? Was<br />
sagen schon reine Zahlen über die Toten aus? Und was über<br />
uns? Oder, als Leitfrage formuliert: Wie ist ‚unser‘ Verhältnis<br />
zu den Toten, damals und heute? - die Ideologie zu den<br />
Getöteten?<br />
Weltwirtschaftskrise 1929. Sparprogramm Brüning,<br />
Straßenschlachten, Wahlgewinne für KPD und NSDAP,<br />
Reichstagsbrand, Propaganda: Machtergreifung, Krieg und<br />
„Endlösung der Judenfrage“.<br />
6 Millionen Juden industriell ermordet in deutschen Gaskammern,<br />
oder zu Tode gearbeitet im KZ.
Die „negative Fabrik Auschwitz“<br />
Die „negative Fabrik Auschwitz“: Ein nie da gewesener Akt<br />
in der menschlichen Geschichte! Massenmord, Völkermord,<br />
blindes Abschlachten, Massaker, Krieg, Atombombe, ... ja,<br />
aber nie ein derart technisch perfektioniertes Verfahren zur<br />
massenhaften Tötung von Menschen. Noch in den Nürnberger<br />
Prozessen prahlen NS-Ingenieure mit der gelungenen<br />
Bewältigung eines neuartigen Problems: Wie tötet man<br />
möglichst effizient – und billig! - möglichst viele Menschen<br />
pro Tag?<br />
Wie gingen die Nazis damit um? Ideologisch (!) betrachtet,<br />
waren es Menschen, die dort getötet wurden? Also Deutsche,<br />
oder Arier? Zum Juden wurde man gemacht! Zum Unmenschen,<br />
nicht mal mehr Untermensch, also Arbeitssklave,<br />
nein Unmensch: <strong>Nicht</strong>-Mensch. „Wer Jude ist, bestimme<br />
ich“, soll ? gesagt haben, und verweist damit auf die Konstruktion<br />
‚des Juden‘: Jesus soll er ans Kreuz geschlagen<br />
haben, „den Zins“ gierig abpressen, gute „deutsche Arbeit“<br />
aussaugen, global verschworen sein, wie eine Plage über<br />
„die Heimat“ herfallen; mit Heuschrecken wird er verglichen<br />
und so behandelt: vernichtet, zertreten, vergast. Von Bürgerinnen<br />
und Bürgern zu <strong>Nicht</strong>-Menschen: Erst ein gelber<br />
Stern um ihn zu erkennen ‚den Juden‘, dann das Menschsein<br />
abgesprochen, zum Tier, zum Insekt, degradiert, getreten,<br />
geschlagen, schließlich vernichtet – millionenfach.<br />
Ruanda<br />
Und heute? Wie geht der heutige Mensch, ideologisch mit,<br />
sagen wir, den Millionen Hungertoten weltweit um? Die<br />
Singularität Auschwitz anerkannt, was heißt das für unsere<br />
Bearbeitung zum Beispiel des Völkermordes in Ruanda?<br />
<strong>Nicht</strong> zu vergleichen, weil schon grotesk nicht-industriell<br />
- Macheten und Äxte -, ja. Schlimm, ohne Zweifel. Aber<br />
starben dort, ideologisch (!) betrachtet, Menschen? Vielleicht<br />
tatsächlich: Die UN sollte gerade verhindern, was dann<br />
doch geschah, verlieh den schließlich Abgeschlachteten so<br />
etwas wie BürgerInnen-Rechte, ‚garantierte‘ ihre Sicherheit<br />
– für den Moment. Um im nächsten ihre eigene bürgerliche<br />
Menschenhaut zu retten, in den vormodernen Waffen<br />
der Schlächter etwas vermeintlich Fremdes zu erkennen,<br />
vor-bürgerliches. <strong>So</strong> schnell können Menschenrechte auch<br />
wieder entzogen werden, sich als ‚Irrtum‘ herausstellen.<br />
Schlimm ja ja, aber abzuwägen mit Franzosen, ‚echten‘ Bürgerinnen<br />
und Bürgern!, also Menschen? Wer wollte von ihnen<br />
erwarten für diese ‚vormodernen Barbaren‘, Menschen auf Probe, ihr<br />
Seelenheil zu riskieren?<br />
Menschen?<br />
Zurück zu den einigen Millionen Hungertoten pro Jahr<br />
weltweit: Sind dies, ideologisch (!) betrachtet, Menschen?<br />
Waren sie es jemals? Oder hat ihnen jemand das Menschsein<br />
aberkannt? Leichter als die -womöglich willentliche!<br />
- Aberkennung ist wohl das erst-gar-nicht-Anerkennen, das<br />
existentielle Ignorieren Ihrer als menschlicher Existenz. Denn<br />
wären es Menschen, müssten wir nicht eingreifen? Helfen,<br />
Nahrung liefern?<br />
Aber wenn wir es täten, zerstörten wir da nicht lokale Märkte?<br />
Also helfen wir ‚ihnen‘ nicht am Besten indem wir nicht<br />
eingreifen, den Markt machen lassen? Denn du oh, immer<br />
währende unsichtbare Hand hast gesprochen! Wen der Markt tötet,<br />
dem soll der Mensch nicht helfen. Du sollst keine anderen Götter ne-<br />
Katastrophe Kapitalismus<br />
Wieder Weimar<br />
ben dem Markt haben! Humanismus? Kommunismus gar? Ungläubiger!<br />
Du sollst bestraft sein mit dem Schlimmsten: Ignoranz.<br />
Christen?<br />
Aber sind wir nicht Christen? Fragen wir den Oberhirten zu<br />
‚seinen Schäfchen‘: Du sollst kein Kondom benutzen, denn das ist<br />
Sünde! Der reinkarnierte Petrus wacht offenbar mehr über die<br />
Toten als über die Lebenden, oder besser, über die Schwelle<br />
zum Leben: von der befruchteten Eizelle bis zur Geburt wacht<br />
der Hirte über das ordnungsgemäße Brüten, dann sind die Kinderlein<br />
entlassen, ins freie Spiel der Kräfte, den Markt, die Natur, die<br />
vermeintliche. Erst im Tod kehrt der leichenblasse Papus zurück,<br />
um sie ins Himmelreich zu geleiten. <strong>Nicht</strong> selten vergehen<br />
zwischen diesen beiden mystischen,also irrealen, Begegnungen<br />
nur wenige Tage, Wochen oder Monate, manchmal<br />
wenige Jahre. <strong>So</strong> sehr liebt der Papst seine Kinderlein, dass er sie<br />
bald wiedersehen möchte. Und was schon die kurze Hölle auf Erden<br />
gegen den ewigen, nur leider irrealen, Frieden im Himmelreich? Das<br />
ist der historische Kompromiss des Vatikans mit dem Staat,<br />
dem Markt, - vermeintlich! - allem weltlichen: Himmelreich<br />
und Erdenreich sind aufgeteilt, Gott ins Irreale verbannt, hier<br />
unten herrscht der Markt, gehört nahezu alles jenen „Gesellschaften,<br />
in denen kapitalistische Produktionsweise<br />
herrscht“! Hier regiert das Geld, die Inkarnation des Marktes,<br />
des Tausches, oder marxistisch, des Werts. Oh du goldene, die du<br />
steigst zum Himmel, geheiligt werden deine Namen, deine Reichen<br />
kommen und verrecken sollen deine Armen. Denn du bist das Kapital,<br />
der Wertumlauf in Ewigkeit, Barbarei.
Fetisch, Ritual, Kapitalismus...<br />
Neben den prosaischen Möglichkeiten, dem quasi-religiösen<br />
Fetisch des Kapitalismus eine Stimme zu geben, sollen uns<br />
dann doch noch mal die Toten interessieren: Sind sie nicht in<br />
Kauf genommene Menschenopfer eines modernen Rituals?<br />
Sind sie überhaupt Teil der menschlichen Gesellschaft? Sind<br />
sie eben nicht! Dürfen sie nicht sein. Können sie gar nicht sein, denn<br />
wir sind ja so humanistisch! Sie sind lebende Tote, Tote auf<br />
Raten, Noch-nicht-Menschen mit beschränkter Hoffnung. Nur wer<br />
das Todesspiel auf der Flucht nach Norden durch die Wüste,<br />
den „Wer wird Europäer/in“-Wettbewerb gewinnt, darf auf<br />
die Segnungen des Mensch-Seins hoffen.<br />
Sie sind ja auch selber Schuld, kulturell gesehen, die Neger<br />
– das sagt man nicht mehr, handelt aber so: Würden etwa<br />
Millionen Hungertote mitten in Europa derart lässig hingenommen?<br />
Noch nicht . Ideologien passen sich an, wir dürfen<br />
gespannt sein. Bis dahin opfern wir dem geheiligten Individualverkehr<br />
gern ein paar tausend Verkehrstote. Halleluja!<br />
Warum noch gleich, ist es so wichtig, Opel zu retten? Ah<br />
ja, teutsche Industrietradition: vom Opel ‚Laubfrosch‘, das<br />
Plagiat des berühmten Ford Modell T und sprichwörtlich<br />
gewordenes „dasselbe in grün“, über den Opel Blitz, stolzem<br />
Weltkriegsveteran bis zum ähm - was wird in Bochum heute<br />
kriegs- ähm wichtiges für den sozialen Frieden, das Vertrauen<br />
und die Kurse produziert? Arbeitsplätze! Denn: „Arbeit<br />
macht frei“<br />
Zusammenfassend also zu den Ideologien des Tötens.<br />
Ignoranz ist Stärke, damals wie heute. Niemand soll später<br />
behaupten, von den Millionen Toten außerhalb der Wohlstandzonen<br />
nichts gewusst zu haben! Das KZ ist nach außen<br />
gestülpt: Statt industriellem Massenmord, Elend durch<br />
Aussperren. <strong>Nicht</strong> die Anwendung der Technologie verursacht<br />
die Toten, sondern gerade ihre <strong>Nicht</strong>-Anwendung. Die<br />
Ideologie ist pluralistisch geworden.<br />
Der totale Markt<br />
Neben der katholischen Sekte gibt es eine ganze Branche<br />
von Beruhigungsgurus. Und der Markt? Der war schon immer<br />
da! Nein, die Neo-Liberalen sind keine Ideologen: „Wollt ihr den<br />
totalen Markt?“ haben sie gerufen. Doch jetzt schrecken selbst<br />
sie davor zurück. Der aufgekündigte soziale Friede könnte<br />
auch ihren Hütten das Dach kosten. ‚Naturalisierung‘ heißt<br />
das Zauberwort. Geld, Markt und Konkurrenz sind natürliche<br />
Eigenschaften des Menschen, Depressionen bei 17-jährigen müssen<br />
genetischen Ursprungs sein und das Patriarchat kommt vom Allmächtigen<br />
persönlich – oder aus dem Ur-Schleim, je nach Glaubensrichtung.<br />
Aber wehe ihr zweifelt daran, dann ab in die<br />
Psychiatrie! Da fällt mir ein, ich wollte noch Foucault lesen ...<br />
Bernd Barenberg<br />
Weiteres zur<br />
Kapitalismus-Krise<br />
Katastrophe Kapitalismus<br />
Wieder Weimar<br />
Sie werden sich vielleicht wundern, warum wir nichts „ökonomisches“<br />
zur „Krise“ anbieten. Ganze einfach, weil die<br />
„Wirtschaftskrise“ gar kein ökonomisches Problem ist. Wir<br />
haben auch keine „Krise“ – sondern schlicht und einfach die<br />
falsche Wirtschaftsordnung.<br />
Wir haben es zugelassen, dass uns Idioten regieren. Und die<br />
haben noch größeren Idioten die Märkte freireguliert. Und<br />
die haben dann ihren Idiotenscheiß gemacht. Ist das nicht<br />
schön?<br />
Und den üblichen Scheiß finden Sie in den üblichen Scheißblättern.<br />
Das was wichtig ist, das haben sie auf den vorherigen<br />
Seiten ja gelesen<br />
Das Thema – wenn man es dann doch mal ernst nimmt – ist<br />
so umfangreich, dass Judas nicht alle denkbaren Aspekte<br />
streifen oder gar abhandeln kann.<br />
Möglicherweise möchten Sie aber mehr lesen. Im Folgenden<br />
ein Medley der etwas besseren Presseveröffentlichungen<br />
zum Thema, unsere Presseschau:
Wir lebten in einer Frivolitätsepoche<br />
Über den „Schiffbruch“ des „schwimmenden Kapitals“ und<br />
den <strong>So</strong>zialismus als wichtige Funktion der Staatlichkeit hat<br />
sich Peter Sloterdijk kluge Gedanken gemacht.<br />
http://www.nzz.ch/nachrichten/kultur/aktuell/wir_lebten_<br />
in_einer_frivolitaetsepoche_1.1326434.html<br />
Arm durch Arbeit<br />
Das Buch „Arm durch Arbeit“, recherchiert im Wallraff-Stil,<br />
erzählt von „ganz unten“ - aus der Hartz-IV-Perspektive,<br />
eine Besprechung.<br />
http://www.taz.de/1/archiv/print-archiv/<br />
printressorts/digi-artikel/?ressort=tz&dig=<br />
2008%2F10%2F22%2Fa0070&cHash=10bae94191<br />
Entschleunigung jetzt!<br />
Über Obamas denkbaren Neu-Keynianismus, Reagans Appeasement-Politics<br />
und einen möglichen „Green New Deal“.<br />
http://www.taz.de/1/archiv/print-archiv/printressorts/digiartikel/<br />
?ressort=ku&dig=2008%2F12%2F08%2Fa0144&cHash=6e49<br />
c3a886<br />
Kapitalanlagebetrug<br />
Man könnte die Bankster verklagen, wenn man es nur wollte!<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Kapitalanlagebetrug<br />
Faules System<br />
Katastrophe Kapitalismus<br />
Wieder Weimar<br />
Lächerliche 17 neue Stellen, hauptsächlich im Finanzministerium,<br />
befristet bis 2014, sind zur Krisenbekämpfung<br />
geschaffen worden.<br />
http://www.fr-online.de/in_und_ausland/kultur_und_medien/feuilleton/1665064_Keine-Alternative.html<br />
Die Mittelschicht als <strong>So</strong>rgenkind<br />
Inzwischen ist auch die Mitte der Gesellschaft im Fokus.<br />
http://www.nzz.ch/nachrichten/kultur/aktuell/die_mittelschicht_als_sorgenkind_1.765199.html<br />
Blindflug durch die Welt<br />
Die globale Katastrophe einerseits und das Flicken und Stopfen<br />
andererseits – das blinde Auge der Zuständigen.<br />
http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,598716,00.html<br />
Gigantisch hohe Summen und gigantisch<br />
schwammige Größenangaben<br />
Ein tiefer Blick ins Bankenunwesen und wie es zur Krise kam.<br />
http://www.fr-online.de/in_und_ausland/kultur_und_medien/feuilleton/1650957_Gigantisch-hohe-Summen-und-gi-
gantisch-schwammige-Groessenangaben.html<br />
ENTSCHULDIGUNG!<br />
Inzwischen hab ich die Schnauze voll von solch stupider Tätigkeit<br />
wie Artikel beschreiben, Copy and Paste, ebendiesem<br />
Schwachsinn. Hab schließlich schon genug getan. Kann ich<br />
mir im dicksten Judas aller Zeiten auch erlauben...<br />
Natürlich soll kein Leser darunter leiden. Also jetzt nur noch<br />
Links (man sieht ja den Titel darin) unbeschrieben:<br />
http://www.nzz.ch/nachrichten/kultur/literatur_und_kunst/<br />
auch_die_wirtschaft_lebt_von_voraussetzungen_ueber_<br />
die_sie_selbst_nicht_verfuegt_1.2055805.html<br />
http://www.fr-online.de/in_und_ausland/kultur_und_medien/feuilleton/1650957_Gigantisch-hohe-Summen-und-gigantisch-schwammige-Groessenangaben.html<br />
http://www.welt.de/welt_print/article2995344/Finanzielles-<br />
Viagra.html<br />
http://www.welt.de/welt_print/article2728396/Habgier-regiert-die-Welt-nicht.html<br />
http://www.taz.de/1/archiv/print-archiv/printressorts/digiartikel/<br />
?ressort=sw&dig=2009%2F01%2F15%2Fa0128&cHash=ed3f<br />
ba5476<br />
http://www.taz.de/1/archiv/print-archiv/printressorts/digi-artikel/?ressort=me&dig=2008/12/06/<br />
a0143&cHash=729777786e<br />
http://www.fr-online.de/in_und_ausland/kultur_und_medien/feuilleton/1632472_Mit-Staatshilfe-in-das-letzte-Gefecht.html<br />
http://www.glanzundelend.de/auswahl/marxengels.htm<br />
http://www.faz.net/s/RubCF3A-<br />
EB154CE64960822FA5429A182360/Doc~EC62E8A74984E4E89<br />
BA1EEF2B98B7484D~ATpl~Ecommon~Scontent.html<br />
http://www.taz.de/1/archiv/print-archiv/printressorts/digiartikel/<br />
?ressort=ku&dig=2008%2F12%2F17%2Fa0090&cHash=5be2<br />
c40318<br />
http://debatte.welt.de/kommentare/91433/zyklen+der+wirts<br />
chaftslehre+auf+links+folgt+konservativ<br />
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/352/452060/text/<br />
?CMP=NLC-SDE071022&nlsource=taeglich<br />
http://www.glanzundelend.de/Artikel/kittsteiner.htm<br />
http://www.welt.de/welt_print/article2527747/Ungedeckte-<br />
Wechsel-auf-die-Zukunft.html<br />
http://www.nzz.ch/nachrichten/kultur/aktuell/truegerisches_vertrauen_1.1108410.html<br />
http://www.taz.de/1/archiv/print-archiv/printressorts/digiartikel/<br />
Katastrophe Kapitalismus<br />
Wieder Weimar<br />
?ressort=me&dig=2008%2F12%2F29%2Fa0120&cHash=f3b3<br />
56907b<br />
http://www.sueddeutsche.de/kultur/332/453028/text/<br />
http://www.taz.de/1/archiv/print-archiv/printressorts/digi-artikel/?ressort=pb&dig=2009/01/24/<br />
a0190&cHash=63fdd032d5<br />
http://www.glanzundelend.de/Artikel/reinhardmarx.htm<br />
http://www.welt.de/welt_print/article2567700/Revolutiongegen-die-Daxokratie.html<br />
http://www.welt.de/kultur/article3054559/Unwort-des-Jahres-schaerft-Blick-fuer-Manipulationen.html#reqNL<br />
http://www.tagesschau.de/wirtschaft/armreich100.html<br />
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/29/29184/1.html<br />
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/28/28904/1.html<br />
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/29/29020/1.html<br />
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/28/28905/1.html<br />
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/29/29015/1.html<br />
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/28/28670/1.html
Das Wort zur<br />
Krise<br />
„<strong>So</strong>zialismus“ ist ein politisches System, das wirtschaftliche Probleme schafft.<br />
Und viel zu menschlich.<br />
„Kapitalismus“ ist ein Wirtschaftssystem, das politische wie soziale Probleme schafft.<br />
Und für asoziale Raffköppe eine tolle Sache.<br />
„Der dritte Weg“ ist eine Idee der <strong>So</strong>zialdemokratie. Die gibt es in der SPD, seitdem die letzten 250.000 <strong>So</strong>zialdemokraten wegen des Kapitalistenknechtes Schröder<br />
und seines Hartz4-Unmenschentums ausgetreten sind, nicht mehr.<br />
Die Linke kann das auch nicht ersetzen.<br />
Der „Realsozialismus“ ist untergegangen.<br />
„Kapitalismus“ ist zwar übriggeblieben. Doch erkennt man jetzt, dass das auch nix ist.<br />
Jetzt müssten wir eigentlich überlegen, was menschlich und funktional ist.<br />
Die Idee des dritten Weges ist faszinierend.<br />
Aber wie?<br />
Leserbriefe erwünscht!<br />
Artikel noch lieber!<br />
Go!<br />
Katastrophe Kapitalismus<br />
Wieder Weimar
Überleben nach dem<br />
Supergau<br />
Meine Freundin zog kürzlich los, um sich neue Handschuhe<br />
zu kaufen. In einem kleinen Laden, der über Kleidungsstücke<br />
hinaus auch Küchenreiben und Gemälde röhrender Hirsche<br />
führte, wurde sie fündig. Beim Bezahlen eines Paars gehäkelter<br />
Handwärmer fragte die alte Dame, die hinter der Kasse<br />
saß, meine Freundin, ob sie denn Handarbeiten beherrsche,<br />
was meine bessere Hälfte wiederum verneinte. Darauf<br />
sprach jene altersweise Frau mit tiefem Ernst folgende<br />
Sätze: „Dann lernen sie etwas! Das ist wichtig, wenn nichts<br />
mehr ist.“ Nachdenklich verließ mein Schatz den Laden und<br />
berichtete mir von ihrem Erlebnis. Auch ich kam ins Grübeln<br />
und schließlich zu dem Schluß, daß jener Ausspruch so viel<br />
Wahres enthält, daß man sich seiner Botschaft nicht entziehen<br />
dürfe. Natürlich sponn ich den Gedanken weiter, denn<br />
allein durch die Fähigkeit, Nähen oder Häkeln zu können,<br />
hat noch niemand überlebt. Damit zu meinem eigentlichen<br />
Thema:<br />
Was bringen uns 2009 und erst 2010?<br />
Werden Banken reihenweise schließen? Werden wir alle<br />
arbeitslos? Werden unsere Häuser zerfallen? Wird noch Gas<br />
aus Putinland fließen? Wie kann man sich seiner verzweifelten<br />
Mitbürger erwehren? Ich möchte hier kein Horrorszenario<br />
stricken, aber wer von uns kann noch ohne Feuerzeug<br />
einen Brand entfachen? Wer weiß noch, welches Kraut am<br />
Wegesrand unter all dem Hundepipi eßbar ist? Was hilft es<br />
Survival Training am Amazonas zu machen, wenn man in<br />
seiner Heimatstadt ohne Strom und sauberes Wasser völlig<br />
aufgeschmissen wäre? Daher hier nun der<br />
Judas-Überlebens-Leitfaden<br />
denn wir mögen unsere Leser und möchten es Ihnen ermöglichen<br />
mit zu überleben.<br />
1.Teil<br />
Was ess und trink ich, wenn der Supermarkt schließt?<br />
Gewiß, einige Wochen werden die Konserven im Keller wohl<br />
reichen und bestimmt kramen auch einige Dönerdreher<br />
noch ein paar während des Fleischskandals versteckte Spieße<br />
hervor, aber irgendwann ist damit Schluß und dann?<br />
Homo homini lupus est<br />
Katastrophe Kapitalismus<br />
Wieder Weimar<br />
Das am leichtesten zu jagende Wild ist der Mensch. Von<br />
hinten anschleichen und klopp auf den Kopp, das ist es. Geruchsinn<br />
und Gehör sind derart verkümmert, daß der Homo<br />
sapiens sapiens nur selten den Jäger nahen spürt oder hört.<br />
Wer diese Beute mit seiner ethisch-moralischen Einstellung<br />
in Einklang bringen kann, braucht hier nicht mehr weiter<br />
zu lesen und springt am Besten ins nächste Kapitel. Für alle<br />
anderen folgende Ratschläge:<br />
Wer keine hohen Gourmetansprüche hat, sollte einfach Insekten<br />
essen, die enthalten viel wichtiges Eiweiß. Leider artet<br />
diese Art der Ernährung zu einer tagesfüllenden Beschäftigung<br />
aus, will man genug Kalorien zu sich nehmen. Ganz zu<br />
schweigen von den Ekelgefühlen, dessen Überwindung einen<br />
noch nicht einmal zum Dschungelkönig krönt. Was bleibt<br />
dem ungeübten Jäger mit mangelnder Bewaffnung also<br />
noch? Autofahrer wissen, daß Kaninchen immer ins Licht<br />
rennen. Folglich Licht an, Netz gespannt und dann kann<br />
das Massaker beginnen. Wahrscheinlich, und dies ist mein<br />
letzter Tipp, rennen aber auch anfangs genug gezähmte<br />
Katzen und Hunde herum, die man anlocken und essen<br />
könnte. Vielleicht behält man ein paar und züchtet. Sinnvoll<br />
wäre es heute schon seine Tiere nicht mehr zu kastrieren,<br />
dann läuft die Zucht schon im Haus herum. Fest steht indes,<br />
unser Fleischverzehr wird sich wohl oder übel der asiatischen<br />
Zunge anpassen müssen. <strong>Nicht</strong>s wie los zum schmierigsten<br />
und dreckigsten China-Imbiss in ihrer Stadt und den Magen<br />
trainieren.
Beeren sollst du verzehren<br />
Ach, diese herrlichen Gewächse bieten alles zwischen<br />
Sinnesgenuß und Darmverschluß. Laden sie am besten ihre<br />
hungrigen Nachbarn und Mitüberlebenden zum Essen ein,<br />
kochen ein Süppchen aus den Früchten, servieren jedem eine<br />
andere und schauen sie wer überlebt. Alle anderen könnten<br />
wenigstens noch als Köder für Fische und Fleischfresser dienen<br />
(vorher abkochen). Mit Pilzen, die nun wahrlich überall<br />
wachsen, in der Dusche, im Keller oder unter den Füßen (diese<br />
nicht essen, Selbstversuch zeigte unangenehme Folgen)<br />
kann man da ähnlich vorgehen. Only the smart will survive.<br />
Mann erntet, was man sät<br />
Nun zur wahrscheinlich mühsamsten Nahrungsbeschaffung,<br />
dem Anbau eigener Feldfrüchte. Irgendwo findet sich bestimmt<br />
noch ein Grundstück. Heute schon Samen einlagern,<br />
Kohlgewächse sind zu bevorzugen, die sind genügsam und<br />
ertragen viele Witterungen. Könnte sein, daß diese Nahrung<br />
auf Dauer im doppelten Sinne stinkt, aber welche Arbeitskollegen<br />
sollen laute Flatulenzen noch stören. Man sollte nur<br />
mit aller Kraft sein Feld verteidigen, was drohender Überbervölkerung<br />
ebenfalls entgegen wirkt. Tipp: Gewächshäuser<br />
fallen sehr auf. Als Anschauungsmaterial seien jetzt schon<br />
Berichte aus dem Sudan und Schwarzafrika empfohlen.<br />
Frischwasserfanatiker<br />
Er weidet mich auf grüner Aue und führet mich zum frischen<br />
Wasser. Wer´s glaubt, ist schneller selig, als er Apollinaris<br />
aussprechen kann. Abkochen ist grundsätzlich - wie heutzutage<br />
in mancher Urlaubsregion - erst einmal der richtige<br />
Ansatz, doch gegen raffinierte chemische Verbindungen geschaffen<br />
von Menschenhand, hilft das auch nicht. Blut verendeter<br />
Tiere und Menschen ist auch nicht ideal. Was haben die<br />
wohl vorher getrunken? Bevor sie nun den Chemiebaukasten<br />
für Schüler aus dem Keller kramen, um sämtliche Filtrationsprozesse<br />
durchführen zu können hier mein ultimativer<br />
Rat. Fruchtsaft warm und luftdicht wochenlang lagern, dann<br />
ensteht Alkohol. Ob man dadurch nicht verdurstet? Schon,<br />
aber besoffen stirbts sich schöner.<br />
Fabian Müller<br />
In der nächsten Ausgabe: Die Axt im Hause erspart den Zimmermann:<br />
Vom Hausbau ohne Bausparvertrag<br />
Katastrophe Kapitalismus<br />
Wieder Weimar
Ratzingers religiöses<br />
Roulette<br />
Ratzingers religiöses Roulette
Januskopf Israel:<br />
Antisemitismus bis Gaza<br />
Antisemitismus als Normalität in Duisburg?<br />
Der gesunde Volkszorn war ausgebrochen worden. Uniformierte<br />
stürmten die Wohnungen von Juden, 1938, die<br />
„Reichskristallnacht“.<br />
Nie mehr sollte dergleichen vorkommen. Im Januar gab es<br />
einen Polizeieinsatz in Duisburg, der Anderes nahelegt.<br />
Erinnern wir uns: am 10. Januar fand eine „Friedensdemonstration“<br />
gegen den Gazakrieg mit mehr als zehntausend<br />
Teilnehmern statt, veranstaltet von Milli Görüs.<br />
Die türkische Organisation Milli Görüs vertritt und verbreitet<br />
nach Angaben des NRW-Innenministeriums ein Weltbild,<br />
das die westliche Zivilisation, ihren Wertekanon und ihr Demokratieverständnis<br />
ablehnt. Gekennzeichnet ist diese Ideologie durch<br />
ein ausgeprägtes Freund-Feind-Denken, das mit antisemitischem<br />
Gedankengut angereichert ist.<br />
Wenn Menschen sowohl die westliche Demokratie ablehnen<br />
als auch Antisemiten sind – ich weiß, wie zurückhaltend<br />
man mit diesem Begriff umgehen sollte -, dann sind es aber<br />
Faschisten. Und deutsche Polizisten schützten am 10. Januar<br />
die Faschisten – pflichtgemäß. Ich hätte mich zwar ohnehin<br />
nicht getraut anzugreifen. Aber ist schon in Ordnung.<br />
Aber muss das denn sein? Die Polizei bedankt sich bei den Demonstrationsteilnehmern<br />
bzw. -veranstaltern für die gute Zusammenarbeit.<br />
Dass ich das noch erleben durfte!<br />
Und worin bestand die gute Zusammenarbeit? Also: die<br />
Demo lief eigentlich ganz reibungslos. Weiter im Polizeibericht:<br />
Lediglich zwei israelische Fahnen, die in der dritten Etage<br />
eines Hauses an der Claubergstraße aus den Fenstern hingen,<br />
sorgten für ein kurzes Stocken des Demonstrationszuges auf dem<br />
Weg zum Burgplatz.<br />
Neulich hatte ich noch gelesen, Fahnen machen nicht satt.<br />
Aber immerhin: sie können für dies und jenes sorgen. Diese<br />
Subjekte. Hier für ein kurzes Stocken.<br />
Und da dieser fröhliche Umzug nun sowieso schon einmal<br />
von diesen Subjekten, diesen Fahnen, gestoppt wurde, vertrieb<br />
man sich die Zeit mit ein wenig Spaß.<br />
Die Demonstranten bewarfen sie mit Schneebällen und anderen<br />
Gegenständen …<br />
Gut, so weit, so lustig; aber das ist natürlich nicht der Sinn<br />
einer Demonstration. Da muss die Polizei einschreiten!<br />
… bis die Polizei …<br />
Januskopf Israel: Antisemitismus bis Gaza<br />
… ja, was kann sie in der derart verfahrenen Situation schon<br />
machen? Richtig!<br />
… bis die Polizei die Fahnen entfernte.<br />
Die wollten doch provozieren, diese Fahnen! Friedliche Demonstranten<br />
provozieren – aber nicht bei uns in Duisburg!<br />
Damit das mal klar ist!<br />
Schließlich war die Demonstration angemeldet; die Fahnen<br />
bestimmt nicht. Wenn jetzt gerade WM oder EM wäre, gut:<br />
da drückt man ein Auge zu. Auch bei einer türkischen Fahne,<br />
da ist unsere Polizei gar nicht so.<br />
Aber eine israelische? – Spinner! Bestenfalls.<br />
Klar, dass dann Schneebälle und andere Gegenstände geworfen<br />
werden, wie die Polizei sich ausdrückt.<br />
Und was waren das für andere Gegenstände? Die Lokalzeitungen<br />
schrieben: Demonstranten bewarfen mit Schneebällen und<br />
Taschenmessern zwei israelische Flaggen.<br />
Taschenmesser - hat man halt schon mal so dabei. <strong>So</strong><br />
gesehen, kamen die halt weg zu ihrem eigenen Schutz, diese<br />
israelischen Fahnen. Wenn sich nämlich der Deutsche oder,<br />
wie in diesem Fall, der Türke über den Juden oder Judenfreund<br />
aufregt: ehe dass da was passiert, bringt die deutsche<br />
Polizei ihn weg. Ist besser.<br />
Dass ich das noch erleben durfte! Wenn das der Führer noch<br />
hätte erleben dürfen!<br />
Werner Jurga
Antisemitismus als Normalität in Duisburg?<br />
Der gesunde Volkszorn war ausgebrochen worden. Uniformierte<br />
stürmten die Wohnungen von Juden, 1938, die<br />
„Reichskristallnacht“.<br />
Nie mehr sollte dergleichen vorkommen. Im Januar gab es<br />
einen Polizeieinsatz in Duisburg, der Anderes nahelegt.<br />
Erinnern wir uns: am 10. Januar fand eine „Friedensdemonstration“<br />
gegen den Gazakrieg mit mehr als zehntausend<br />
Teilnehmern statt, veranstaltet von Milli Görüs.<br />
Die türkische Organisation Milli Görüs vertritt und verbreitet<br />
nach Angaben des NRW-Innenministeriums ein Weltbild, das<br />
die westliche Zivilisation, ihren Wertekanon und ihr Demokratieverständnis<br />
ablehnt. Gekennzeichnet ist diese Ideologie durch<br />
Januskopf Israel: Antisemitismus bis Gaza
ARGE Arbeit Armut<br />
Menschenhandel<br />
bei der ARGE<br />
Strafgesetzbuch (StGB)<br />
Besonderer Teil<br />
(§§ 80 - 358)<br />
18. Abschnitt<br />
Straftaten gegen die persönliche Freiheit<br />
(§§ 232 - 241a)<br />
§ 233<br />
Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft<br />
(1) Wer eine andere Person unter Ausnutzung einer Zwangslage<br />
oder der Hilflosigkeit, die mit ihrem Aufenthalt in einem<br />
fremden Land verbunden ist, in Sklaverei, Leibeigenschaft<br />
oder Schuldknechtschaft oder zur Aufnahme oder Fortsetzung<br />
einer Beschäftigung bei ihm oder einem Dritten zu<br />
Arbeitsbedingungen, die in einem auffälligen Missverhältnis<br />
zu den Arbeitsbedingungen anderer Arbeitnehmerinnen<br />
oder Arbeitnehmer stehen, welche die gleiche oder eine<br />
vergleichbare Tätigkeit ausüben, bringt, wird mit Freiheitsstrafe<br />
von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ebenso<br />
wird bestraft, wer eine Person unter einundzwanzig Jahren<br />
in Sklaverei, Leibeigenschaft oder Schuldknechtschaft oder<br />
zur Aufnahme oder Fortsetzung einer in Satz 1 bezeichneten<br />
Beschäftigung bringt.<br />
(2) Der Versuch ist strafbar.<br />
(3) § 232 Abs. 3 bis 5 gilt entsprechend.<br />
Vorschrift eingefügt durch das Siebenunddreißigste Strafrechtsänderungsgesetz<br />
-<br />
§§ 180b, 181 StGB - (37. StrÄndG) vom 11.2.2005 ( BGBl. I S.<br />
239) m.W.v. 19.2.2005.<br />
Wenn die ARGE das, was sie so macht (siehe auch den Artikel<br />
über den Reichsarbeitsdienst im ersten Kapitel), mit eigens<br />
dafür rangekarrten Ausländern täte, dann wäre das strafbar.<br />
Mit Bundesbürgern kann man’s ja machen...<br />
Und Hartz4er haben keine Menschenrechte...<br />
Judas Thomas Kuhl<br />
ARGE Arbeit Armut
ARGE Arbeit Armut
<strong>So</strong> <strong>Nicht</strong>!<br />
Necati´s <strong>Nicht</strong>s<br />
Vor gut zwanzig Jahren hatten wir Mittwochsabends nach<br />
dem 18-Uhr-Hedda- Herwig-Seminar unseren Stammtisch<br />
im Uni-nahen Café Keko. Der war Kurde und so lernten wir<br />
eine ganze Menge Kurden, Armenier und Türken kennen. Da<br />
hab ich ihn zum erstenmal gesehn. Letzten <strong>So</strong>mmer sahen<br />
wir uns wieder. Und erst da lernten wir uns erst richtig<br />
kennen. Er hatte immer seine kleine Tochter dabei und seine<br />
Frau verdiente als Anwältin das Geld.<br />
Najib vom Café Zentral wollte seinen Laden verkaufen und<br />
in die USA gehen. Der Käufer sollte Necati sein. Allerdings<br />
verzögerte sich das mit dem Geld und Najib wurde immer<br />
nervöser. Bei einem späten Joint sagte Najib mir dann in<br />
diesem Kontext „Der Necati ist kein Wirt, der wird nicht<br />
lange dasein.“<br />
Inzwischen hatte Necati mich ausgefragt, was man denn so<br />
an Kultur machen könne – und ich habe ihm eine Menge<br />
erzählt. Dann rief er mich an und bat mich, mit nach Belgien<br />
zu kommen, um antike Kneipenmöbel zu kaufen. Ich sagte<br />
zu.<br />
Wir waren dann sieben Stunden unterwegs und er hatte<br />
mir zwei Baguettes und einen Kaffee ausgegeben. In bester<br />
Laune hatte er mir unterwegs gestanden „Ich bin nichts,<br />
ich kann nichts und ich hab nichts“ – aber auch, welche<br />
Heidensummen der Umbau seines Cafés koste. Als er mich<br />
dann absetzte, sagte ich ihm, dass er mir (so nett bin ich -<br />
nur) zwanzig Euro schulde – was ihn maßlos erstaunte. Tage<br />
später gab er mir dann den Zwanni und fand das so “nicht<br />
in Ordnung“. Dachte wohl, ich sei dem großen Necati Dank<br />
schuldig für den großartigen Ausflug mit Kost und Verpflegung.<br />
Daß er sich ohne mich sprachlich in Belgien niemals<br />
hätte orientieren können, es muß ihm wohl entfallen sein.<br />
Dann ging es um Beratung. Ich war mehrmals in seinem<br />
Lokal, musste jedes Bier bezahlen, und habe ihm so einiges<br />
verklickert, woraus nicht nur sein „Filmclub“ und dessen<br />
niedriger „Mitgliedsbeitrag“ resultierte.<br />
Schließlich fragte er mich nach einem Auftritt. Ich sagte zu,<br />
mit drei Freunden aufzutreten – obwohl er noch nicht mal<br />
zwanzig Euro zusagen wollte. Wir haben den 18.Dezember<br />
ausgemacht und er hat das in seine Terminkladde eingetragen.<br />
Dann habe ich mir bei ihm zehn Euro geliehen.<br />
Ich den folgenden Tagen habe ich dann die üblichen Pressemeldungen<br />
geschrieben, die man heute noch im Internet<br />
findet und ihm fünf zurückgegeben. Da weder er noch das<br />
Lokal, so wie er es betreibt, mir besonders sympathisch sind<br />
und ich meine Anschubförderung schon leisten würde, war<br />
ich wochenlang nicht da. Wieso auch, war doch alles klar<br />
– dachte ich...<br />
<strong>So</strong> sahen die Pressemitteilungen aus, die ich verschickt<br />
hatte:<br />
Judas Thomas Kuhl & Freunde lesen<br />
Perlen abendländischer Kultur<br />
Dostojewskij, Balzac, Capote, Camus, Schiller, Celan, London,<br />
Nestroy, Rimbaud, Heine, Villon, Mühsam, Bukowski, Nietzsche,<br />
Kuhl, <strong>So</strong>krates, Busch, de Sade, Wedekind und einige mehr sind in<br />
dem Hut, aus dem der Herausgeber des „Judas-Kulturmagazin“ mit<br />
seinen Freunden Unerwartetes zaubern wird.<br />
„Ob jetzt Bukowski oder Kinski, klingt wie Waits oder Kuhl“, so<br />
Udo Lindenberg. Als expressiver Hörspielsprecher hat er Aliens wie<br />
Vampire und als Synchronsprecher die Bösen geknattert. Jetzt nimmt<br />
er sich die Großen vor.<br />
Er bringt drei Freunde mit - und Musik, also: Frohes Fest!<br />
Donnerstag, 18. Dezember, 20Uhr<br />
Café Zentral, Steinsche Gasse 48<br />
Eintritt frei
Dann waren Walter Krebs und ich wieder mal unterwegs und<br />
fanden Necatis Dezember-Flyer – ohne die abgesprochene<br />
Veranstaltung. Zur Rede gestellt, behauptete er, wir hätten<br />
nichts ausgemacht und er habe jetzt einen Literaturorganisator,<br />
man könne da im Januar etwas machen – außerdem<br />
schulde ich ihm Geld und sei ja die ganze Zeit nicht vorbeigekommen.<br />
Auf meinen Hinweis, dass er jetzt Gratiswerbung<br />
hätte und ich als unzuverlässiger Künstler dastünde, obwohl<br />
er doch die Schlampe sei, wurde er unfreundlich.<br />
Ich habe ihm dann gesagt, das sei mir noch nie passiert, ihm<br />
die restlichen fünf Euro gegeben, und wir sind gegangen.<br />
Mehrere hatten mich schon darauf hingewiesen, dass Geld<br />
bei Necati problematisch sei.<br />
Ich finde es scheisse, wenn ein Wirt selber jeden Euro abgereift<br />
und dann Kulturschaffende abzockt.<br />
Was Necatis Wort wert ist, das sieht man hier.<br />
Mancher hat mir abgeraten, doch dachte ich (und denke<br />
es immer noch), man müsse neue Wirte in dieser so überschaubaren<br />
Szene unterstützen – besonders, wenn sie Kultur<br />
machen wollen.<br />
Später habe ich dann von Freunden, die am Veranstaltungstag<br />
umsonst bei Necati aufgelaufen waren, erfahren, er habe<br />
ihnen gesagt, die Veranstaltung sei ein „Missverständnis“<br />
– ich hätte ihn wohl nicht richtig verstanden.<br />
Was ist an einer klaren Abmachung mit Eintragung in seiner<br />
Terminkladde mißzuverstehen? Ich verlasse mich seit 25<br />
Jahren auf mündliche Abmachungen. Wer die nicht einhält<br />
– dessen Unterschrift auf einem Vertrag ist auch nichts wert.<br />
Necati ist für mich gestorben. In seinem Laden wird man<br />
mich nicht sehn.<br />
Judas Thomas Kuhl<br />
PS: Mir ist eingefallen, dass mir so was doch schon mal<br />
passiert ist. Siehe den folgenden Artikel über meine Erfahrungen<br />
in Erols „Piano“...<br />
PIANO Beschiß<br />
in leise<br />
<strong>So</strong> <strong>Nicht</strong>!<br />
Die Duisburger Innenhafengesellschaft lobt jährlich einen<br />
Publikumspreis für Lokale rund um die Gewässer des<br />
besagten Kanals aus. 2005 ging der erste Preis an das<br />
„Piano“ und der zweite an das „Post scho“, wo ich jeweils<br />
am 4. Samstag den Duisburger Satirischen Monatsrückblick<br />
bringe.<br />
Nun ist das Piano einiges größer als das Past scho, hat<br />
abends geöffnet und unterzeilt seine Flyer mit „Restaurant-<br />
Bar-Entertainment“, macht fast täglich Live-Musik, wenn<br />
auch allzu oft auf Karaoke-Niveau.<br />
Ich wollte - neben meiner Veranstaltung im Past scho,<br />
die eher wortlastig ist, eine mit mehr Musik und auch mit<br />
Rockbands machen. Deshalb habe ich am letzten Samstag im<br />
September einen meiner Flyer mit Telefonnummer im Piano<br />
hinterlassen. Schon am darauffolgenden Montag bimmelte<br />
das Telefon. Der Anrufer stellte sich als Erol vor, Inhaber<br />
des Piano, und wollte mich dringend sehn. Also trafen wir<br />
uns am Dienstag in seinem Lokal, wo er sich vorstellte als<br />
derjenige, der zehn Jahre lang das Roma-Theater-Pralipe im<br />
Theater Mülheim/Ruhr geschäftlich geleitet habe. Er sei ein<br />
dicker Kumpel von Roberto Ciulli.<br />
<strong>So</strong> <strong>Nicht</strong>!
Ciulli als Referenz<br />
Nun kann man mit dem Mülheimer Theaterregisseur bei mir<br />
keinen Blumentopf gewinnen. Er macht zwar Super-Multi-<br />
Kulti, sorgt für Super-Kostüme und ein Super-Bühnenbild,<br />
verballert super-viel öffentliche Kohle, nur fehlt diesem<br />
mehrfach preisgekrönten Scharlatan jegliche Ahnung von<br />
Theater, er versteht das nicht, was er spielen läßt.<br />
Er motzt die Stücke, die er versaut, zwar unwahrscheinlich<br />
auf, versteht aber den Plot nicht. Einen noch schlechteren<br />
„Ödipus“, als der, den ich in Mülheim gesehen habe, kann<br />
es gar nicht geben. Sein verpeilter Protagonist schwafelt<br />
dann noch im Programmheft von dem ,,<strong>Nicht</strong>s“, das ihn<br />
angesichts der Rolle erschlagen habe. Mit anderen Worten,<br />
Erol kommt aus dem <strong>Nicht</strong>s.<br />
Dann stellte er mir seine Prioritäten vor: 1. er wolle seinen<br />
Lebensstandard halten, 2. Lokal und Personal und – zuletzt<br />
- die Künstler. Wie die staatliche Politik, an der Kultur wird<br />
zuerst gekürzt, weshalb unsere Kultur den Bach runtergeht.<br />
Er, so Erol, habe selbst an gut besuchten Abenden ganzen<br />
Bands höchstens 150 Euro gezahlt. Und Leute, die mehr<br />
wollten, seien bei ihm nicht erwünscht – er habe diesbezüglich<br />
auch schon Lokalverbote aussprechen müssen. Nun<br />
ging es mir nicht um Geld. Er sagte, wir würden gemeinsam<br />
Erfolg haben und machte einen etwas zu euphorischen<br />
Eindruck.<br />
Brot und Spiele<br />
Ich stellte ihm „Brot und Spiele“ vor: eine Wortnummer von<br />
mir, ein <strong>So</strong>ng, wieder Wort und so weiter - und gelegentlich<br />
ein Talkgast. Er fand das toll – und versprach, mir für meine<br />
<strong>So</strong>ngs in seinem Lokal einen Pianisten zu besorgen. Um das<br />
abzukürzen, die Handynummer, die er mir später gab, auf<br />
die hat sich niemand gemeldet. Und er beklagte sich, dass<br />
ihm für heute abend der Moderator krankheitsbedingt fehle;<br />
später habe ich dann erfahren, dass es keinen gibt. Ob ich<br />
nicht seinen Karaoke-Abend moderieren wolle, was ich ihm<br />
zusagte.<br />
An Terminen sprachen wir den 27.Oktober, den 17. November<br />
und für mein Weihnachtsprogramm „Lachen, Weinen,<br />
Weihnachten“ drei Donnerstage im Dezember ab. Ihm fehlte<br />
wohl jemand für donnerstags. Wir sprachen dann ab, wer<br />
welche Presseorgane benachrichtigt. Er gab an, dass ihm<br />
,,der Duisburger aus der Hand frisst“ und dass die zu ihm<br />
kämen, wenn er sie bräuchte. Während der Wochenanzeiger<br />
ihn ignoriere.<br />
Karaoke-Kacke<br />
Am Abend sah ich dann all die „Künstler“ und „Superstars“,<br />
die den Karaoke-Abend bevölkerten. Einige kannte ich, die<br />
Frau, die ohrenbetäubend falsch singt, der Pianist, mit dem<br />
ich nach unserem ersten und einzigen gemeinsamen Auftritt<br />
nicht mehr rede, lernte aber auch noch andere kennen, die<br />
noch schlimmer waren. Und der Marktschreier in dieser<br />
Mülltüte war ich.<br />
Dafür bin ich nicht geeignet. Und das hat Erol auch gemerkt.<br />
Auf Gage hatte ich eh verzichtet, war für Freigetränke<br />
aufgetreten. Pünktlich bei Veranstaltungsende signalisierte<br />
mir der „Kulturförderer“, ab jetzt müsse ich selber zahlen.<br />
Von dem ebenso vereinbarten Taxi hin und zurück war dann<br />
keine Rede mehr.<br />
<strong>So</strong> <strong>Nicht</strong>!<br />
In irgendeiner Nacht habe ich dann auf irgendeiner Straße<br />
einen besonders dümmlichen Piano-Kellner gesehn und der<br />
hat mir irgendwie gesagt, dass er sich vorsorglich freigenommen<br />
hätte für den Abend, wo ich irgendwas im Piano<br />
machen würde. Was für ein Omen!<br />
Die Zuverlässigkeit des Wirtes<br />
Zum 27.Oktober hatte Erol seine Pressearbeit nicht gemacht,<br />
sagte, er sei nicht dazu gekommen und „die Angie“ vom<br />
Duisburger habe er nicht gesehen. (Klar, die gibt’s ja auch<br />
nicht) Also waren ganze acht Gäste da, knutschende Pärchen,<br />
die nichts von einer Veranstaltung wussten. Als ich ihn<br />
dann anrief, kam er, um mir zu sagen, er habe sich schon<br />
gedacht, dass das nichts bringt. Auf meinen Einwand, ohne<br />
Ankündigung könne er kein volles Haus erwarten und, dass<br />
sein Laden sooo schlecht liefe, hätte ich nicht wissen können,<br />
ist er nicht eingegangen.<br />
Ich hab ihm dann den Dezember abgesagt, aber auf dem<br />
17.November bestanden. Schließlich hatte ich schon eine<br />
affengeile Band, Band3 aus Essen, verpflichtet, mit denen ein<br />
Pressephoto gemacht und einen <strong>So</strong>ng mit ihnen einstudiert.<br />
Ich rief beim Curran vom Duisburger an, um ihm zu erklären,<br />
auf was ich da reingefallen war.<br />
Zwischenzeitlich war ich dann mal in seinem Lokal und Erol<br />
und eine seiner Thekenkräfte, beide Mazedonier, sprachen<br />
mazedonisch negativ über ,,den Typen“. Ich sagte beiden,<br />
daß ich polnisch spräche und verstünde, was sie so geflüstert<br />
hätten. Worauf sie wieder deutsch sprachen.
Erol nahm mich dann mit in die City und ging auf dem Weg<br />
kurz in die Sparkasse, wo er auf keine seiner vier Karten Geld<br />
ziehen konnte. Sagte, er habe alle Geheimnummern vergessen.<br />
Nun ziehe ich mir die Hose nicht mit der Kneifzange an,<br />
der Typ hat keine Kohle. Kein Wunder, wenn man dauernd<br />
mit dem Ciulli nach Kroatien fliegt und sein Lokal schleifen<br />
lässt. Später habe ich dann Plakate und Flyer an der Bar<br />
abgegeben, die dort niemand aufgehängt bzw. verteilt hat.<br />
Zum 17.November habe ich dann die gesamte Presseankündigung<br />
sicherheitshalber selbst gemacht. Am Montag vor<br />
dem Donnerstag des Auftritts rief mich eine Bekannte aus<br />
Köln an, auf der Internetseite des Piano sei jemand anders<br />
für Donnerstag angekündigt. Ich hab mir das dann angesehn:<br />
da stand „La Jolla“ mit Repertoire von Dietrich bis<br />
Piaf. Zuerst dachte ich an eine Jolle, pfiff „Am <strong>So</strong>nntag will<br />
mein Süßer mit mir segeln gehen“, ein <strong>So</strong>ng aus Marlenes<br />
Berliner Zeit.<br />
Also rief ich Erol an und der andere Mazedonier sagte zuerst,<br />
Erol sei nicht da, dann „Moment mal“, flüsterte mazedonisch,<br />
der Kabarettist sei am Hörer, und sagte dann „Mann,<br />
hast Du ein Glück, der Erol kommt gerade rein“. Erol sagte<br />
- was ich ihm nicht glaube - er hätte meine Nummer verlegt<br />
und beabsichtigt, sie von „Past scho“ zu erfahren, um sich<br />
bei mir zu entschuldigen, der Auftritt am Donnerstag könne<br />
nicht stattfinden, da sei eine Chansonsängerin, da kämen<br />
viele Gäste, die sein Drei-Gänge-Menü kaufen würden, ich<br />
müsse verstehn, er sei in erster Linie Geschäftsmann - und es<br />
täte ihm leid um mich. Da wusste ich noch nicht, wie er das<br />
meinte. Und er sagte mir zu, dass er ein Schild raushängen<br />
wolle, dass meine Veranstaltung abgesagt sei. Das glaubte<br />
ich ihm eh nicht. Eher war zu vermuten, dass er meine<br />
Gäste auch noch bewirten wollte, also zwei Veranstaltungen<br />
angekündigt hatte, um doppelt Gäste - und damit doppelt<br />
Umsatz - zu haben.<br />
Zuerst habe ich versucht, ein Ausweichlokal für Donnerstag<br />
zu finden, was mir nicht gelang. Dann habe ich der Band<br />
abgesagt, mich mit einem befreundeten Pärchen für Donnerstag<br />
vor Ort (nebenan im „Mississippi“) verabredet. Und<br />
bin an besagtem Donnerstag ins Piano.<br />
Große Kunst mit 4-Gänge-Menü<br />
<strong>So</strong> <strong>Nicht</strong>!<br />
Das versprochene Abkündigungsschild am Eingang war<br />
natürlich nirgendwo zu sehn. Und der Laden so leer wie<br />
sonst. Ich setzte mich an die Theke und bestellte was. Im<br />
ausliegenden Programmzettel war dann zu sehen, was heute<br />
abend drohte: „Die fesche L(J)ola Wollters singt Chansons<br />
von M.Dietrich und E.Piaf“. Nun war mir klar, was<br />
Erol meinte, als er sagte, es täte ihm leid – für mich. Denn<br />
Jola Wolters – nicht Jolla und auch nicht Wollters, wie ein<br />
mazedonischer „kulturfördernder“ Analphabet zu schreiben<br />
beliebt – ist eine geschiedene Kuhl: meine Ex.<br />
Da konnte ich natürlich nicht mehr glauben, dass das alles<br />
Zufall war. Offensichtlich war ich in seinen Augen ob meines<br />
Mangels an künstlerischen Fähigkeiten – denn so sieht<br />
er das wohl, wenn sich jemand nicht gerne marktschreierisch<br />
prostituiert, wenn sich jemand zu animatorischen<br />
Ballermannismen nicht so hingezogen fühlt – nicht mehr<br />
interessant, weshalb er die erste Veranstaltung schon hatte<br />
schleifen lassen.<br />
Wie Jola und Erol zusammengekommen sind, kann ich nicht<br />
wissen. Doch ist auffällig, dass er drei Tage vor Termin<br />
noch nicht abgesagt, weder meine Plakate noch meine Flyer<br />
ausgehängt bzw. verteilt, und zugelassen hatte, dass ich mit<br />
einer sechsköpfigen Band zum Aufbau erschienen wäre, um<br />
dann erst zu erfahren, dass wir nicht stattfinden.<br />
Nach und nach trudelten dann so einige -zig Leute ein, wobei<br />
ich den Gesichtern der Gekommenen wohl kaum ansehen<br />
konnte, ob sie wegen mir/Band3 oder wegen Jola gekommen<br />
waren. Etliche waren stracks zu mir gekommen, um mich
zu begrüßen. Und ein alter Kumpel aus Studientagen, Luke,<br />
hatte sich zu mir gesellt.<br />
Andererseits konnte Erol die Verhältnisse wohl auch nicht<br />
einschätzen. Und wurde sichtbar nervös. Jola spielte die<br />
Grande Dame und verzog sich in ein Eckchen. Da ich in<br />
dieser Stadt schon so etliche Barrikaden gebaut, Minister<br />
bloßgestellt und Veranstaltungen gesprengt habe, kann ich<br />
im nachhinein die Flucht der beiden nach vorne verstehen.<br />
Um halb neun – eine halbe Stunde zu früh – ergriff der<br />
selbsternannte Kulturförderer das Mikrophon, um den<br />
Anwesenden mitzuteilen, mein in der Presse angekündigter<br />
Auftritt finde nicht statt, stattdessen träte Jola Wolters auf<br />
– und, es sei seine Schuld, man möge ihm dies verzeihen.<br />
Dann begann Jola’s Auftritt.<br />
Die als „Duisburger Marlene“ bzw. „Fesche L(J)ola“ attribuierte<br />
Person ist mir – wie vorher bereits erwähnt – aus<br />
meiner zweiten Ehe hinreichend geläufig. Und das – abgesehen<br />
von dieser Intrige, mir einen Gig kaputtzumachen – tut<br />
hier nichts zur Sache. Aber es gibt da einige hochinteressante<br />
Aspekte hinsichtlich Jolas Kunst, Erols Kulturkonzept und<br />
der Stadt, in der sich ein Publikum so was bieten lässt.<br />
Tingel-Tangel-Jola<br />
Als ich Jola kennenlernte, hatte sie ein Repertoire von etwa<br />
400 <strong>So</strong>ngs, und war Mitte dreißig. Marlene’s Repertoire nach<br />
fünfzig Bühnenjahren betrug lediglich 163 <strong>So</strong>ngs; außerdem<br />
spielte sie Geige, Klavier, Akkordeon, Gitarre, Schlagzeug<br />
und singende Säge. Natürlich war sie firm in deutscher,<br />
französischer und angelsächsischer Literatur sowie umfas-<br />
send gebildet. Sie hat selber Texte geschrieben und <strong>So</strong>ngs<br />
übersetzt/nachgedichtet. Von ihrer Persönlichkeit, ihren<br />
Prinzipien will ich hier gar nicht erst reden. Kein Vergleich<br />
zwischen Quantität und Qualität oder Jola und Marlene.<br />
Ich hab mich mit Jola immer gestritten, weil es ihr reichte,<br />
phonetisch zu singen, d.h. Töne rüberzubringen ohne zu verstehen,<br />
was Text sagt. Natürlich ist denken nicht Jedermanns<br />
Sache. Und es bleibt ein großer Unterschied, dass Marlene<br />
als fesche Lola Tingeltangel spielt versus Jola, die trotz anderer<br />
Möglichkeiten entschieden Tingeltangel geblieben ist.<br />
Dennoch habe ich ihr „Ne me quitte pas“, „Dream a little<br />
dream with me“, „Padam, padam“ und etliches sonst beigebracht.<br />
Als ich sie dann zum Besuch eines Brecht-Abends<br />
überzeugen konnte – wie hätte ich wissen können, dass sie<br />
sich dann zur Chansonette aufplustert? Sie haben’s schon<br />
im „Grundkurs Cabarett“ gelesen, hier nochmals Kästners<br />
„Ankündigung einer Chansonette“, mit der dieser die wahren<br />
Künstlerinnen von den „Damen mit den bordelliziösen<br />
Mienen“ abgrenzen wollte:<br />
Sie singt, was sie weiß. Und sie weiß, was sie singt.<br />
Man merkt das am Gesang.<br />
Und manches, was sie zum Vortrag bringt,<br />
behält man jahrelang.<br />
Sie pfeift auf das mühelos hohe C.<br />
Und ihr Ton ist nicht immer rund.<br />
Das Herz tut ihr manchmal beim Singen weh.<br />
Denn sie singt nicht nur mit dem Mund.<br />
Diesem Maßstab kann Jola nicht genügen. Hören Sie sich<br />
<strong>So</strong> <strong>Nicht</strong>!<br />
mal ihr „Ich hab noch einen Koffer in Berlin“ an. (Näheres<br />
zu diesem <strong>So</strong>ng am Ende des Artikels „Satire oder <strong>Nicht</strong>sein“)<br />
Geleierte Beliebigkeit mit Kirmesorgel, nichts von der<br />
Sentimentalität und Tiefgründigkeit dessen, was Marlene<br />
gefühlt, Ralph Maria Siegel gemeint und La Dietrich dann<br />
gesungen hat. Von Jola klingt es wie besoffen. Und so ist sie<br />
dann tatsächlich der „Blaue Engel“ geworden.<br />
Im gleichnamigen Film singt Marlene in einem Puff, der – so<br />
wie etliche Strip-Bars – unter „Cabaret“ firmiert. Die Puffmutter<br />
des Films, Rosa Valetti, betrieb im wahren Leben ein<br />
richtiges Kabarett, ihre Texte kann man heute noch lesen.<br />
Piano – Puff – Premium Cars<br />
Die Tarnung von Puff als Kabarett erinnert mich an einen<br />
Karaoke-Laden im Innenhafen, an einen gewesenen Theatermanager<br />
und an ein misslungenes „Kulturkonzept“.<br />
Übrigens ist der Schuppen ganz in Rotlicht getaucht. Damit<br />
Sie mich richtig verstehn: Ich habe Erol nicht als Puffmutter<br />
bezeichnet.<br />
In der Stunde, die ich dageblieben bin, wurde kein einziges<br />
Drei-Gänge-Menü verkauft. Wohl aber ein Hamburger.<br />
<strong>Nicht</strong> viel. Vom Drei-Gänge-Menü reden – und Hamburger<br />
verkaufen, auch das eine Niveau-Meßlatte.<br />
Übrigens bietet im Rahmen dieses grandiosen „Kulturkonzeptes“<br />
ein Flyer des „Piano“ einen Gratis-Chauffeur-Service:<br />
Sie möchten mit einer Luxuskarosse abgeholt und zurückgefahren<br />
werden? Gratis?... Wenn zwei Personen einen Verzehrgutschein<br />
in Höhe von 60 Euro kaufen und einen Tag vorher bestellen,<br />
dann holt „Kuhn Premium Cars GmbH“ die beiden
Angeber mit nem Jaguar ab und fährt die Schnapsleichen<br />
nachher wieder ins Bett.<br />
Prolls, dicke Autos, Rotlicht, Tingeltangel – wo bin ich da<br />
bloß reingeraten? Anfangs hab ich mich geärgert, nachher<br />
war ich erleichtert – und jetzt ist noch ne Nummer draus<br />
geworden. Wie schön. Danke Erol! Danke Jola!<br />
Judas Thomas Kuhl 2005<br />
hello<br />
mr. buddywuggy<br />
montagnacht hast du mich gegen schluß der disco angepöbelt,<br />
ich hätte mich „auf kosten armer studenten reingezeckt“.<br />
das ist nicht wahr<br />
wir haben mit ca. 10 leuten (außer mir alle hundertmeisterpersonal)<br />
in der kneipe brittas geburtstag gefeiert<br />
als unten definitiv schluß war, wollten die anderen rauf in<br />
die disco, worauf ich sagte, ich sei kein mitarbeiter<br />
britta antwortete mir, ich solle doch mitkommen<br />
für mich war das ne einladung<br />
vorab habe ich mit den security-leuten gesprochen<br />
und wir sind dann alle raufgegangen<br />
die abiturienten haben uns als hm-personal angesehen und<br />
durchgelassen<br />
oben haben wir dann weitergefeiert<br />
<strong>So</strong> <strong>Nicht</strong>!<br />
dabei habe ich dem hundertmeister sechs bier umsatz<br />
gebracht (abgesehen von den getränken, die freunde mir<br />
ausgegeben haben)<br />
gezeckt war da gar nix
mr. big<br />
deshalb jetzt zu dem, was dich wirklich beschäftigt, der du<br />
doch immer so bemüht bist, vor kleinen mädchen den helden<br />
zu markieren und auch ansonsten ein heftiges anerkennungsproblem<br />
zu haben scheinst<br />
(wirbst in deiner webpräsenz mit namen, wo du gar nix<br />
reißen kannst)<br />
wenn du dich als dj wie gott fühlst, ist das deine macke. da<br />
ist es natürlich blöd, wenn da jemand auf der tanzfläche die<br />
aufmerksakeit auf sich zieht. das kann einen heiligen bo<br />
verdammt eifersüchtig machen<br />
der typ aus der plus-verwaltung, mit dem ich da stand, war<br />
zum ersten mal im hm und doch sehr irritiert ob deines miesen<br />
benehmens. ob der nochmal wiederkommt - wer weiß<br />
das nur weil ich nicht will, daß wieder lügen über mich<br />
kursieren<br />
PS wenn du mal groß und schlau bist<br />
werden wir gemeinsam drüber lachen<br />
mr. bo<br />
judas thomas kuhl<br />
mr. buddywuggy heißt carsten butterwegge, firmiert unter<br />
musicembassy.de und wurde inzwischen vom Hundertmeister<br />
als Booker gefeuert.<br />
Dagmar Sall’s<br />
OB-Lotto<br />
Montagmittag klingelte das Telefon. Es meldete sich die mir<br />
unbekannte Dagmar Sall und fragte mich, ob ich Oberbürgermeister<br />
werden möchte. Ich war platt.<br />
Sie hätte mich im Internet gefunden und hielte mich für<br />
einen geeigneten Kandidaten. Nun findet man nicht einfach<br />
Thomas Kuhl im Internet, alldieweil es noch einen gleichnamigen<br />
Kaplan, einen Monheimer Politiker und etliche mehr<br />
gibt. Man braucht schon einen Hinweis auf meine politische<br />
Vergangenheit. Meine Demoauftritte und Reden im Audimax<br />
der Duisburger Uni mögen legendär sein, sind aber auch<br />
schon über 15 Jahre her. Und auf „Judas“ Thomas Kuhl muß<br />
man erst mal kommen.<br />
Egal, sie hätte eine Partei, ein Ratsmandat und die Unterschriften<br />
zur Kandidatur schon zusammen. Nun fand ich<br />
den Gedanken faszinierend. Zwar habe ich überhaupt keinen<br />
Bock auf ein Amt inmitten von übelstem Polit-Gesindel. Also<br />
sagte ich ihr, der Wahlkampf würde mir schon Spaß machen,<br />
das Abmeiern der beiden erheblich vorbelasteten Volkspartei-Spitzenkandidaten<br />
Sauerland und Brandt. Auch ist so<br />
eine Wahlkampf immer eine Möglichkeit, politische Ziele<br />
zu formulieren. Aber ein Amt oder Verpflichtungen in ihrer<br />
Partei wolle ich nicht. <strong>So</strong> kamen wir ins Tratschen über die<br />
üblichen Politikaster dieser Stadt.<br />
Am Rande teilte sie mir dann mit, ein Ratsmandat sei auf<br />
jeden Fall drin und als Abgeordnetengruppe könne man sich<br />
<strong>So</strong> <strong>Nicht</strong>!<br />
zu zweit ein Büro teilen sowie die dafür üblichen 9000undnochwas<br />
Euro. Rederecht im Rat, warum nicht? Ein Büro wäre<br />
mehr Infrastruktur für meinen Judas.<br />
Ich erfuhr, dass sie mit Tsunami-Hilfe „groß im Geschäft<br />
gewesen“ sei, vieles über ihre körperlichen und sonstigen<br />
Leiden und natürlich, wie beschissen die Welt so ist. Schließlich<br />
sagte ich ihr, ich sei nicht abgeneigt, sie möge das aber<br />
noch nicht als Zusage werten.
Die nachfolgende Internet-Recherche brachte zutage, dass<br />
die Sall auch schon mal eine Bürogemeinschaft mit einem<br />
Republikaner hatte, die durch sie vertretene „Aufbruch-<br />
Mittelstand-Partei“ wird praktisch im Rat nicht vertreten,<br />
Prozesse, Finanzskandale etc... „Aus gewöhnlich gut informierten<br />
Kreisen“ hört man, sie sei „die Mutter der Frustrierten“<br />
und „schwer auszuhalten“.<br />
Als ich dann am nächsten Tag anrief, um abzusagen, meinte<br />
sie, ich hätte mich wohl informiert, das sei aber auch egal,<br />
sie habe „jetzt schon den nächsten Bewerber“ und sei jetzt<br />
„an einer ganz anderen Baustelle“, heute gehe es um „Finanzen“.<br />
Kein Kommentar.<br />
Judas Thomas Kuhl<br />
Zlatan’s Fäkalien<br />
2.Folge<br />
In der letzten Ausgabe hatten wir über Zlatan Alihodzic’s demagogische<br />
Aktivitäten in der WAZ sowie über andere seiner<br />
seriellen Katastrophen berichtet.<br />
Unbestätigten Gerüchten zufolge soll die Diskothek PULP<br />
ihm aufgrund seiner hohen Sensibilität sowie seiner herausragenden<br />
<strong>So</strong>zialkompetenz ein Lokalverbot ausgesprochen<br />
haben.<br />
<strong>So</strong> <strong>Nicht</strong>!
Feuilleton<br />
Aphorismen<br />
Die Menschen sehen nur das, was sie noch alles haben und<br />
bekommen könnten, schätzen aber nicht, was sie haben, bis<br />
sie es verlieren.<br />
Jimi Hendrix<br />
Es ist die Aufgabe des Intellektuellen, den Anschein von<br />
Einstimmigkeit zu durchbrechen.<br />
Pierre Bourdieu<br />
Wer viel Charakter hat, hat wenig Eigentum.<br />
John James Osborne<br />
Wer erst einmal begriffen hat, dass wir bloß eine zufällig<br />
entstandene Trockennasenaffenart auf einem Staubkorn im<br />
Weltall sind, der wird religiösen Heilserzählungen automatisch<br />
mit der nötigen Skepsis gegenübertreten.<br />
Michael Schmidt-Salomon<br />
Die Hoffnung nährt mich, sie nährt ja die halbe Welt, und<br />
ich habe sie mein Lebtag zur Nachbarin gehabt - was wäre<br />
sonst aus mir geworden?<br />
Ludwig van Beethoven<br />
Wo die Zivilcourage keine Heimat hat, reicht die Freiheit<br />
nicht weit.<br />
Willy Brandt<br />
Zynismus ist der geglückte Versuch, die Welt so zu sehen,<br />
wie sie wirklich ist.<br />
Jean Genet<br />
Tag und Nacht durchzuzechen ist für niemanden eine Schande.<br />
Tacitus<br />
Mut steht am Anfang des Handelns, Glück am Ende. Demokrit<br />
Die Theorie bestimmt, was wir beobachten können.<br />
Albert Einstein<br />
<strong>Nicht</strong> in der Erkenntnis liegt das Glück, sondern im Erwerben<br />
der Erkenntnis.<br />
Edgar Allan Poe<br />
Der Glaube an Vorurteile gilt in der Welt als gesunder Menschenverstand.<br />
Claude Adrien Helvetius<br />
Ein Gespräch setzt voraus, dass der andere recht haben<br />
könnte.<br />
Jürgen Habermas<br />
Erfahrung nennt man die Summe aller unserer Irrtümer.<br />
Thomas Alva Edison<br />
Beim modernen Ultimatum droht man nicht mit Krieg,<br />
sondern mit Hilfe.<br />
George Frost Kennan<br />
Feuilleton<br />
Zu einem erfolgreichen Sänger gehören ein großer Brustkorb,<br />
ein großer Mund, neunzig Prozent Gedächtnis, zehn<br />
Prozent Verstand, eine Menge harter Arbeit und etwas im<br />
Herzen.<br />
Enrico Caruso<br />
Die Berühmtheit manches Zeitgenossen ist unmittelbar mit<br />
der Dummheit seiner Bewunderer verbunden.<br />
Heiner Geißler
Mit einer silbernen Pinzette hat sich Bertolt Brecht Dreck<br />
unter die Fingernägel geschoben, um glaubhaft klassenbewusst-proletarisch<br />
zu wirken.<br />
Theodor W. Adorno<br />
Mit Marx hatte die <strong>So</strong>wjetunion letztlich nur noch so viel zu<br />
tun wie Hartz IV mit August Bebel und Eduard Bernstein.<br />
Jürgen Nielsen-Sikora<br />
Demokratie = Die Anerkennung, dass wir, sozial genommen,<br />
alle füreinander verantwortlich sind. Heinrich Mann<br />
Fast Food und der Kartoffelbrei aus der Tüte sind sehr parallel<br />
zu dem, was sich im Fernsehen tut.<br />
Alfred Biolek<br />
Aufgabe von Kunst ist es heute, Chaos in die Ordnung, zu<br />
bringen.<br />
Theodor W. Adorno<br />
„Das Schlimmste im Leben sind die Versuchungen, denen<br />
man nicht erlegen ist.“<br />
Alan Ayckbourn<br />
Mut ist oft Mangel an Einsicht, während Feigheit nicht selten<br />
auf guten Informationen beruht.<br />
Peter Ustinov<br />
An die Narzissen<br />
Narzissen, wenn ihr von uns geht,<br />
erfüllt es uns mit Leid:<br />
Ihr eilt von dannen so geschwind –<br />
bereits zur Mittagszeit.<br />
Geht nicht,<br />
noch eh‘ das Abendlicht verrinnt,<br />
und vor dem Nachtbeginn<br />
ziehn nach gemeinsamem Gebet<br />
auch wir mit euch dahin.<br />
Denn unser Leben ist – genau<br />
wie euer – bald vorbei:<br />
Man wird geboren, reift heran,<br />
doch vielzu kurz der Mai.<br />
Uns frisst der Tod,<br />
und wer vermisst uns dann? –<br />
<strong>So</strong> treiben wir davon,<br />
wie Regen und wie Morgentau,<br />
verdunstet in der <strong>So</strong>nn‘.<br />
Aus:<br />
Robert Herrick: To Daffiodils,<br />
übertragen von Alexander Nitzberg<br />
Feuilleton
Nach des<br />
Tages Mühen<br />
Es war eine schreckliche Nacht, die Frau Meyer in der<br />
Pension „Nach des Tages Mühen“ verbringen musste. Das<br />
Zimmer erinnerte mit seinem strengen Geruch in geradezu<br />
aufdringlicher Weise an die fette Frau Schneider. Der Teppich<br />
hatte seine Eigenfärbung eingebüßt und war mit Flecken<br />
jeglicher Couleur bedeckt. Vorn schillerte es in eher rötlichen<br />
Tönen. Rotwein oder etwa Blut? Frau Meyer schüttelte es<br />
vor Entsetzen. Weiter unten stritten gelblichbräunliche und<br />
grünliche Schattierungen um die Vorherrschaft. Frau Meyer<br />
unterließ es tunlichst, über deren Herkunft nachzudenken,<br />
Erbspüree?!<br />
Die Möbel, ein Bett, ein Stuhl, ein Schrank, erweckten<br />
hinsichtlich ihrer Stabilität keinerlei Vertrauen und hätten<br />
jedem Sperrmüllhaufen Ehre gemacht.<br />
Die Gardinen hatten sich größtenteils aus ihren Halterungen<br />
gelöst und waren offensichtlich zu irgendwelchen Reinigungsarbeiten<br />
– Schuheputzen? – benutzt worden.<br />
Und erst die Bettwäsche! Über die Löcher hätte Frau Meyer ja<br />
noch tapfer hinweggesehen, aber diese obskuren Flecken auf<br />
dem Laken! Das war einfach zu viel!<br />
Frau Meyer rollten dicke Tränen übers Gesicht.<br />
Wie konnte ihr Horst das nur antun? Nach all dem, was sie<br />
für ihn getan hatte! Ohne Murren hatte sie all seine Nörgeleien<br />
und Macken ertragen, kein einziges Mal hatte sie es<br />
vergessen, ihn an seine Blutdrucktabletten zu erinnern! Und<br />
jetzt hatte er sie einfach vor die Tür gesetzt. Er würde schon<br />
sehen, ob ihn diese schreckliche Person Klarsen-Meyer auch<br />
so aufopfernd umsorgen würde. Die war doch ein richtiger<br />
Drachen, da würde Horst nicht viel zu lachen haben! Und<br />
seine Lieblingsfleischklöpschen konnte die ihm sicher auch<br />
nicht kochen.<br />
Und dieses verdammte Arbeitsamt! Die konnten doch ihr<br />
Leben nicht einfach zur ABM-Stelle erklären! Sie war doch<br />
immer schon Frau Meyer gewesen! Plötzlich setzte Frau<br />
Meyers Herz einen Schlag lang aus, und sie wurde von einem<br />
schrecklichen Gedanken heimgesucht: Oder etwa nicht?!<br />
Mein Gott, gab es da etwa ein Leben vor dem Leben?!<br />
Frau Meyer wurde von einem unerträglichen Schwindel<br />
erfasst, der Schädel drohte ihr zu platzen, und auf einmal<br />
wusste sie: ‚Oh mein Gott, ja, ich lebe ja erst seit knapp zwei<br />
Jahren bei Horst! Ja, ja, im Juni 1997 bin ich bei ihm eingezogen<br />
und hab‘ dann auch gleichzeitig im Büro angefangen.‘<br />
Doch so sehr Frau Meyer auch versuchte, sich daran zu<br />
erinnern, was vor ihrem Leben mit Horst gewesen war – vor<br />
ihrem inneren Auge wallte nichts als schwarzer Nebel.<br />
‚Das ist ja furchtbar! Wenn ich nicht mehr Frau Meyer bin,<br />
wer war ich früher, und wer bin ich jetzt?!‘<br />
Und dann fiel ihr noch etwas Furchtbares ein: ‚Ich hab‘ ja<br />
meine Waschtasche gar nicht mit – womit soll ich mir denn<br />
nun die Zähne putzen?!‘<br />
Feuilleton<br />
Völlig zerstört warf sich Frau Meyer auf das Bett, das<br />
unter diesem Ansturm gefährlich nachgab und ärgerlich<br />
quietschte. Leise weinte sich Frau Meyer, die ja eigentlich<br />
nicht mehr Frau Meyer war, in den Schlaf.<br />
Und da suchte sie ein grauenhafter Alptraum heim: Frau<br />
Meyer lag zu Hause in ihrem Bett auf frisch gestärkten, blütenweißen<br />
Laken. Neben ihr lag Horst und hatte ihr zuliebe<br />
den neuen, feschen Schlafanzug mit dem männlichen Karomuster<br />
an, den Frau Meyer ihm zu Weihnachten geschenkt<br />
hatte. Ganz gegen seine sonstigen Gewohnheiten drehte<br />
ihr Horst nicht gleich seinen Rücken zu und begann zu<br />
schnarchen, sondern schaute sie sehr liebevoll, ja geradezu<br />
begehrlich an. Frau Meyer wurde es warm, ihr Herz begann<br />
stürmisch zu klopfen. Immerhin war es jetzt schon ein paar<br />
Monate her, dass Horst sie so angesehen hatte. Horst näherte<br />
sich ihr Stück um Stück. Sein Blick wurde immer feuriger<br />
– geradezu unwiderstehlich! Mit ein bisschen Phantasie<br />
hatte er jetzt sogar etwas von Costa Cordalis. Gleich, gleich<br />
würde er sie küssen! In wonniger Verzückung schloss Frau<br />
Meyer die Augen – soweit dies im Traum möglich ist – und<br />
erbebte unter der Süße der Erwartung.<br />
Doch da schlug ihr plötzlich ein ekliger Geruch entgegen<br />
– sie erkannte tief in ihrem Inneren dieses widerliche<br />
Gemisch aus abgestandenem Fusel und kaltem Zigarettenrauch.<br />
Böses ahnend öffnete sie die Augen. Und da war es<br />
nicht mehr Horst, der ihr voll Verlangen die Lippen entgegenschürzte,<br />
sondern sie blickte in die ungepflegte Visage<br />
eines geilen Trunkenboldes! Vor Gier sabberte es aus dessen<br />
Mund auf das Kopfkissen, seine Augen waren blutunterlaufen,<br />
eitrige Entzündungen und Pickel entstellten das sowieso<br />
schon unansehnliche Gesicht dieses Unmenschen. Mit seinen
grobschlächtigen Pranken, deren abgekaute Fingernägel<br />
vor Schmutz starrten, wollte er Frau Meyer – grauenhafte<br />
Vorstellung! – an den Busen fassen!<br />
Doch Frau Meyer ergriff geistesgegenwärtig ihr Kopfkissen<br />
und drückte es mit der Kraft der Verzweiflung auf das Gesicht<br />
dieses scheußlichen Monstrums. Sie presste, als ginge<br />
es um ihr Leben. Der Unhold ruderte hilflos mit seinen Riesenhänden<br />
umher und gab einige unartikulierte Geräusche<br />
von sich, dann zuckte sein Körper nur noch konvulsivisch<br />
auf. Dann nichts mehr. Stille. Frau Meyer konnte kaum<br />
glauben, dass sie der Gefahr entronnen war; nur allmählich<br />
machte sich Erleichterung in ihr breit. Vorsichtig zog sie<br />
das Kopfkissen beiseite. Doch wie groß war ihr Entsetzen,<br />
als sie jetzt statt des Trunkenboldes die fette Frau Schneider<br />
erblicken musste! Und damit nicht genug: Diese lachte ihr<br />
völlig ungeniert gellend ins Gesicht, so dass Frau Meyer<br />
vor ohnmächtiger Wut nicht mehr ein noch aus wusste und<br />
folgerichtig erwachte. Schweißgebadet und mit wie wild<br />
klopfendem Herzen versuchte Frau Meyer, sich zu orientieren.<br />
Wo war sie? Und warum hörte dieses scheußliche<br />
Lachen nicht auf? Träumte sie immer noch? Doch bald, ach,<br />
nur allzu bald holte die Erinnerung sie wieder ein.<br />
Sie wusste nun wieder, dass sie in dieser furchtbaren Pension<br />
übernachten musste, weil sich das Arbeitsamt und diese<br />
schreckliche Person Meyer-Klarsen gegen sie verbündet<br />
hatten, und Horst, dieses Weichei, natürlich alles brav<br />
mitmachte.<br />
Wenn wenigstens dieses grässliche Lachen aufhören würde!<br />
Es drang von nebenan nahezu ungedämpft in Frau Meyers<br />
empfindliche Ohren.<br />
Feuilleton<br />
Ein schamloses Weib kreischte und quietschte dort vor Vergnügen;<br />
ab und zu hörte man Flaschenklirren und das rohe<br />
Grunzen eines Mannes – widerwärtig! Frau Meyer klopfte<br />
empört gegen die dünne Sperrholzwand und schrie mutig:<br />
„Ruhe!“ Doch das Lachen und Grunzen wurde nur lauter.<br />
Nun bemerkte Frau Meyer, dass die Trennwand oben nicht<br />
mit der Zimmerdecke abschloss – deshalb war es so laut,<br />
und von dorther kam auch dieser unzumutbare Geruchscocktail<br />
aus Zigarettendunst und Alkohol, der sie bis in den<br />
Traum verfolgt hatte.<br />
Frau Meyer öffnete energisch das Fenster, wobei sich der<br />
Griff löste und polternd zu Boden fiel.<br />
„Selber Ruhe!“, grölte es rüpelhaft von nebenan, worauf<br />
dieses Flittchen da drüben nur um so lauter gackerte.<br />
‚In welchen Sündenpfuhl bin ich hier nur hineingeraten?‘,<br />
dachte Frau Meyer entrüstet. Doch was konnte sie schon tun?<br />
Resigniert kroch sie ins Bett zurück und schlief vor Erschöpfung<br />
und Wut wieder ein.<br />
Leseprobe aus:<br />
Frau <strong>Nicht</strong>ig<br />
Von:<br />
Regina Gorsleben<br />
ISBN 978-3-8370-2732-7<br />
Paperback<br />
104 Seiten<br />
7,95 Euro<br />
bei Amazon und im Buchhandel
mit einem der 12 Linolschnitte<br />
und dem Buchdeckel<br />
Preisfrage<br />
Wer leopoldlapsus@gmx.net zuerst schreibt, wie das Radio<br />
heißt, dessen Programm die Autorin des Buches maßgeblich<br />
prägte, kann ein Exemplar des Buches gewinnen. Der<br />
Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />
(Dazu muss man schon etwas forschen (engl. to google).<br />
Feuilleton
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