Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
staatliches Bankensystem. Es besteht flächendeckend und<br />
auf allen Ebenen aus kommunalen Sparkassen, staatlichen<br />
Landesbanken, der Kreditanstalt für Wiederaufbau. Wenn es<br />
darum ginge, die „freie Wirtschaft“ mit Krediten zu versorgen,<br />
wäre dies darüber gut zu organisieren. Die staatlichen<br />
Banken müssten natürlich viel besser kontrolliert werden als<br />
bisher - vielleicht nicht von Politikern, sondern von Sparkunden.<br />
Warum muss der Staat dann die Privatbanken retten?<br />
Warum sollen die, die den Markt immer vergöttert haben,<br />
jetzt nicht mit diesem Markt glücklich untergehen dürfen?<br />
Statt die Steuermittel gezielt und sinnvoll einzusetzen, transferiert<br />
die Regierung lieber die Steuern der nächsten Generationen<br />
in das marode private Bankensystem von heute. Im<br />
Namen der Marktwirtschaft wird so die Marktwirtschaft ruiniert.<br />
Statt der Vermögen der Banker werden die Verluste der<br />
Banken verstaatlicht und dadurch erst sozialisiert und den<br />
Steuerzahlern aufgebürdet.Dafür wird der Staat dann auch<br />
noch kritisiert. <strong>Nicht</strong> weil er kein Geld mehr haben wird für<br />
Umwelt, Infrastruktur, soziale Gerechtigkeit oder Bildung,<br />
sondern dafür, dass er für sein Geld ein wenig Kontrolle will<br />
und die aberwitzigen Gehälter zu begrenzen versucht. Aus<br />
Sicht der Wirtschaft: unverschämt und undankbar.<br />
Das machen uns Tag für Tag die Medien klar. Sie berichten,<br />
was Bundeskanzlerin Merkel den Chefredakteuren und<br />
Verlagsdirektoren schon bei einem eigens einberufenen<br />
Treffen im vergangenen Oktober vorgesagt hat. Sie halten<br />
die Bürger bei Laune, auf dass diese stillhalten. Wie viel<br />
Geld bereits in die Banken gepumpt wurde, wie viele Milliarden<br />
Bürgschaftszusagen vergeben wurden (und wie viele<br />
Hartz-IV-Monats“löhne“ das sind), das steht auch nicht in<br />
der Zeitung. Die Süddeutsche (vom 15. 1.) beispielsweise ver-<br />
steckt die Mitteilung, dass die Hypo Real Estate zum vierten<br />
Mal in vier Monaten Milliarden Bargeld und Bürgschaften<br />
braucht, unter der Überschrift „Wenn Steinbrück an die<br />
Tür klopft“. <strong>So</strong>rgen macht man sich hier nur um die Frage,<br />
ob der Staat nicht zu mächtig wird. Gewiss, eine wichtige<br />
Frage, aber wohl kaum die derzeit wichtigste. Während die<br />
Banker die Staatsknete abzocken, wird die Diskussion über<br />
den Missbrauch wirtschaftlicher Macht zu einer Diskussion<br />
darüber, ob der Staat denn nun Schulden machen darf oder<br />
nicht - unabhängig davon, wofür er sie macht.<br />
Was also ist die Krise? Das Bankensystem hat sich selbst ruiniert,<br />
aber nicht weil es die Regeln des Kapitalismus verletzt<br />
hat, sondern weil es sie konsequent befolgt hat: Ziel war und<br />
ist nichts als Gewinn, soziale Verantwortung oder Ethik hin<br />
oder her. Ebenso wie der Staatssozialismus an sich selbst<br />
erstickt ist, haben sich die Banken damit in einem Meer<br />
von Geld selbst ertränkt und sich gegenseitig in die Pleite<br />
getrieben. Im Unterschied zum Staatssozialismus haben<br />
Katastrophe Kapitalismus<br />
Wieder Weimar<br />
die Banken aber einen Weg gefunden, das Ende des Kapitalismus<br />
noch einmal in ein neues Aufblühen zu verwandeln.<br />
Denn zusammen mit den Medien sorgen sie dafür, dass sich<br />
die Struktur des Wirtschaftssystems nicht ändert, aber der<br />
Staat die<br />
Kosten trägt. Wie lange? Bis auch er pleite ist.<br />
Damit fügt sich die derzeitige Bankenkrise aber in eine ganz<br />
andere Entwicklung ein. In den letzten Jahrzehnten ist der<br />
Anteil aus Vermögen und Unternehmertätigkeit am Bruttosozialprodukt<br />
kontinuierlich gestiegen, in der Bundesrepublik<br />
wie im Rest der Welt. Der entfesselte Kapitalismus hat<br />
getan, wofür er da ist, nämlich die Kapitalrenditen immer<br />
stärker in die Höhe getrieben und so die Schere zwischen<br />
Arm und Reich immer weiter geöffnet. Der Anteil der<br />
Kapitalerträge am Volkseinkommen kann aber rein logisch<br />
nicht immer weiter wachsen: Wenn das, was Arbeiter und<br />
Angestellte vom Bruttosozialprodukt bekommen, zum Leben<br />
immer größerer Teile der Bevölkerung und zur Legitimation<br />
nicht mehr ausreicht, dann können die Gewinne nur noch<br />
zunehmen, wenn der Staat seine Steuergelder an die Banken<br />
und Unternehmen transferiert. Genau das erzwingt und<br />
legitimiert die derzeitige „Vertrauenskrise“.<br />
Erhalt der Arbeitsplätze und der Konkurrenzfähigkeit auf<br />
dem Weltmarkt, das waren und sind die Argumente, warum<br />
Lohnforderungen nicht erfüllt und Arbeitsschutzregeln abgebaut<br />
werden. Jetzt sind es auch Argumente, warum der Staat<br />
die Schulden der Banken übernehmen muss. Von der Auto-<br />
bis zur Pornoindustrie, von den Herstellern von Armaturen<br />
bis hin zu denen von Spielzeugeisenbahnen fordern alle<br />
unter heftigen Drohungen Unterstützung. Peinlich, dass die<br />
deutschen Banken diese Gelder bevorzugt dazu verwenden,