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So Nicht!

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Abbitte<br />

Das heutige Feuilleton beschäftigt sich mit nichts anderem<br />

als mit der Krise. Das muss auch mal sein. Fanden wir.<br />

Auch aus moralischen Gründen. Ich habe noch im Ohr, wie<br />

Gerhard Schröder über Oskar Lafontaine höhnte, der bilde<br />

sich ein, er könne dem internationalen Finanzkapital Fesseln<br />

anlegen. Ich habe es auch deshalb im Ohr, weil ich fand,<br />

dass Schröder recht hatte. Lafontaine erschien mir als ein<br />

kleiner Mann, der seine Fäustchen ballte und sie gegen Leute<br />

erhob, die mit dem Bruchteil ihres Jahreseinkommens die<br />

ganze SPD hätten aufkaufen können. Sein Fäusterecken hatte<br />

etwas Lächerliches. Aber Lafontaine hatte Recht. Er hatte<br />

Recht nicht nur in der Analyse. Der Weg in die Katastrophe<br />

hatte begonnen mit der Entfesselung des Finanzkapitals.<br />

Es wäre dringend nötig, einmal die Geschichte zu erzählen,<br />

wie in den USA, in Europa, in Deutschland Politik und<br />

Gesellschaft in den letzten 25 Jahren Schritt für Schritt den<br />

Interessen einer immer kleineren Gruppe von international<br />

agierenden Unternehmen unterworfen wurde. Es wäre ein<br />

Wunder - so die ahnungslos-feuilletonistisch vorgetragene<br />

Vermutung - , wenn sich nicht herausstellen würde, dass in<br />

diesem Prozess bei den jeweils entscheidenden Auseinandersetzungen<br />

Geld eine nicht unerhebliche Rolle gespielt hat.<br />

Lafontaine hatte auch Recht, sich dieser Entwicklung entgegen<br />

zu stellen. Jetzt, da die westliche Welt die Krise hat, vor<br />

der die „unverbesserlichen Linken“ immer gewarnt hatten,<br />

da rufen - fast - alle plötzlich nach dem Staat Er soll nicht<br />

nur Regelungen schaffen, Gesetze, die den Kapitalmarkt<br />

transparenter, übersichtlicher machen, nein er soll sogar<br />

Katastrophe Kapitalismus<br />

Wieder Weimar<br />

intervenieren, ja sogar die fallierten Unternehmen aufkaufen<br />

und wieder fit machen. Hatte es nicht geheißen genau<br />

dazu sei eine staatliche Bürokratie prinzipiell unfähig? War<br />

nicht Lafontaine genau deshalb, weil er für eine Stärkung<br />

des Staates eintrat, in den Augen seiner Gegner wie dieser<br />

geworden: ein zahnlos grantelnder Wolf?<br />

Jetzt aber rufen die Banker selbst nach dem Staat. Sie wünschen<br />

ihn sich groß und stark mit kräftigen Zähnen, damit er<br />

sie retten möge aus den Schlünden der drohenden Depression.<br />

Oskar Lafontaine aber hassen sie jetzt auch noch dafür,<br />

dass er Recht hatte.<br />

Arno Widman, FR-online.de, 21.2.2009

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