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„Gemeinsam haben wir viel erlebt - gemeinsam haben wir<br />
viel vor“ sollen zu einem Wettbewerb die „schönsten Volkswagen-Geschichten“<br />
eingereicht werden. „Am 8. Oktober<br />
1949“, rechnet uns Volkswagen vor, „wurde der jungen<br />
Republik die Treuhänderschaft über das Volkswagen-Werk<br />
übertragen: der Beginn unserer gemeinsamen Geschichte.“<br />
Sechzig Jahre? Wenn wir uns nicht verrechnet haben, wurden<br />
hier ein paar Jährchen unter den Nierentisch gefegt -<br />
schließlich war der Volkswagen, als es 1949 mit Bundesrepublik,<br />
Buttercremetörtchen und Touren nach Italien losging,<br />
schon ein Teenie. Korrekt wäre: „Über Siebzig Jahre Wertigkeit<br />
- gemeinsam hatten wir viel vor. Gemeinsam haben wir<br />
viel erlebt, was wir lieber nicht erlebt hätten“.<br />
Hitlers Ikone wurde nur ein Vierteljahrhundert später, ästhetisch<br />
völlig umcodiert, zum Lieblingsgefährt amerikanischer<br />
Teenager und Hippies, die ihm Wimpern anmalten, ihn Herbie<br />
nannten und überhaupt als lustiges, defensives Blechkugeltierchen<br />
betrachteten, als motorisierten Gegenentwurf zu<br />
den aggressiven amerikanischen Muscle-Cars. Und weil der<br />
ein günstiges Auto war, das noch in Zeiten selbsttragender<br />
Karossen aus einer auf ein Chassis geschraubten Karosserie<br />
bestand, waren so ziemlich jeder Buggy oder Lotus-Bausatz<br />
auf Käfer-Basis. Die Transformation der Produktmythologie<br />
von Hitler zu Herbie, von „Kraft durch Freude“ zum Fun-<br />
Car, das in Filmen eine Seele hat und sprechen kann – ein<br />
Exorzismus.<br />
Die Nachfahren von Hitlers Kumpel Porsche sind da ehrlicher:<br />
Im neuen Porsche-Museum beginnt die Geschichte<br />
mit dem „Berlin-Rom-Wagen“ von 1939. Der große Kühlergrill<br />
der neuen Audis wurde mit der Studie „Audi Rose-<br />
meyer“ erstmals vorgestellt - und die ist im Namen und in<br />
der Form eine Hommage an die Autos des Rennfahrers und<br />
SS-Hauptsturmführers Bernd Rosemeyer, der 1938 bei über<br />
400 Stundenkilometern in einem Testwagen verunglückte.<br />
Judas Thomas Kuhl<br />
Wer kennt schon<br />
Delaware...<br />
Katastrophe Kapitalismus<br />
Wieder Weimar<br />
...fragt Werner Rügemer, Autor von ‚Cross Border Leasing‘.<br />
Und schreibt dann weiter: Im zweitkleinsten Bundesstaat der<br />
USA an der Atlantikküste südlich von New York leben gerade<br />
mal 850 000 Menschen und 250 Millionen Hühner. Delaware<br />
ist nicht mal halb so groß wie das Saarland. Aber hier haben<br />
die größten Konzerne der Welt ihren Sitz, Daimler-Chrysler<br />
zum Beispiel. Die juristische Zentrale von Daimler sitzt in<br />
Wilmington.<br />
In Wilmington werden Geschäfte mit der Verwaltung von<br />
Briefkastenfirmen gemacht. Sie sind die Eigen- tümer der<br />
wertvollsten Anlagen deutscher und europäischer Städte.<br />
Berlin, Hamburg, Wien, Köln, Stuttgart, Düsseldorf, Leipzig<br />
und weitere Städte haben ihre Trinkwasserbrunnen, ihre<br />
Kanalisationen, ihre Messehallen, ihre Schienennetze, Müllverbrennungsanlagen<br />
und Straßenbahnen an US-Investoren<br />
verkauft und mieten sie seitdem für 30 Jahre zurück. Die<br />
Investoren gründeten für jeden dieser Verträge eine Briefkastenfirma<br />
in Wilmington/Delaware. Sie ist der juristische<br />
Vertragspartner der Städte und der Eigentümer der Anlagen.<br />
Kämmerer und Oberbürgermeister haben Kaufverträge (als<br />
Leasingverträge getarnt) unterschrieben.<br />
Etwa 300 der 500 größten US-Konzerne haben ihren Sitz in<br />
Wilmington/Delaware: zum Beispiel Ford, General Motors,<br />
Coca-Cola, Boeing, Honeywell, Motorola, Dell, Rockwell,<br />
Disney und Dupont.