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Krisenbekämpfung<br />
Wachsende Schuldenberge<br />
Fast über Nacht hat die Finanzkrise Professor Max Otte<br />
berühmt gemacht – und zum Bestsellerautor. Als 2006 sein<br />
Buch mit dem Titel „Der Crash kommt“ erschien, nahmen<br />
nur wenige davon Notiz. Heute überrascht viele die Präzision<br />
der Prognosen des Wirtschaftswissenschaftlers von<br />
der Fachhochschule Worms. Im Kern hängt vieles mit der<br />
Geldpolitik der Notenbanken zusammen, so seine Analyse.<br />
Vor allem Alan Greenspan, der einst so verehrte Chef der<br />
US-Notenbank, hat während seiner Amtszeit jede Rezession<br />
mit sehr viel billigem Geld bekämpft, das er durch Zinssenkungen<br />
in den Markt pumpte. Dass Politik und Notenbanken<br />
den aktuellen Crash mit eben diesem Mittel bekämpfen, hält<br />
er in der gegenwärtigen Situation zwar für alternativlos,<br />
langfristig aber für verheerend: „<strong>So</strong> wie Politik und Notenbanken<br />
auf die Krise reagieren, ist es sehr wahrscheinlich,<br />
dass wir uns die nächste Blase schon wieder aufbauen, und<br />
die wird genauso groß, wenn nicht sogar noch größer als die<br />
gegenwärtige“, so der Wirtschaftswissenschaftler.<br />
Eine Prognose, die auch Dr. Marc Faber teilt. Auch er geißelt<br />
vor allem die Geldpolitik der Notenbanken, die zur Spekulation<br />
geradezu ermuntert habe – vielfach auch mit geliehenem<br />
Geld. Der Schweizer Fondsmanager und Analyst mit Büro<br />
in Hongkong und Wohnsitz in Thailand hat viele der Spekulationsblasen<br />
und Crashs der vergangenen 25 Jahre präzise<br />
vorausgesagt. Doch immer wieder hielt man ihn für einen<br />
notorischen Skeptiker, als er die nächste Krise prognostizierte.<br />
Ihn selbst wundert das allerdings nicht: „Die Notenbank<br />
ist wie ein Barmann, der gratis Alkohol oder Drogen<br />
ausgibt – und dann besaufen sich die Leute. Und wenn dann<br />
einer kommt und sagt, es wäre besser, jetzt nach Hause<br />
zu gehen und nicht so viel zu saufen, dann wird er rausgeschmissen,<br />
das ist normal.“<br />
Für diese Krise sehen beide Experten zwei mögliche Entwicklungen:<br />
Entweder die Welt geht durch eine sehr tiefe und<br />
längere Rezession, oder es gelingt den Regierungen und den<br />
Notenbanken, durch Konjunkturpakete und Zinssenkungen<br />
den Abschwung zu bremsen – dann aber vermutlich mit<br />
dem Risiko einer nächsten Blase, die vielleicht noch größer<br />
wird. Für die Zukunft befürchten beide horrende Inflationsraten<br />
und vielleicht schon in zehn bis fünfzehn Jahren einen<br />
Staatsbankrott der USA. Was das für die Weltwirtschaft<br />
bedeuten würde, wagen sie sich allerdings selbst kaum noch<br />
auszumalen.<br />
Achim Pollmeier (Plusminus, WDR)<br />
Die Krise tötet<br />
Menschen<br />
Katastrophe Kapitalismus<br />
Wieder Weimar<br />
UN-Berater Jean Ziegler über den Hunger im Süden, Wirtschaftsverbrecher<br />
und die Schweizer Banken.<br />
Herr Ziegler, Sie müssen sehr zufrieden sein. Der Neoliberalismus,<br />
gegen den Sie seit Jahren kämpfen, scheint sich<br />
gerade selbst zu erledigen.<br />
Aber die Verwüstungen, die er noch in seinem Niedergang<br />
verursacht, können niemanden freuen. In den USA herrscht<br />
bereits Massenarbeitslosigkeit, dahinter verbergen sich Millionen<br />
persönlicher Tragödien. Und für die Dritte Welt ist die<br />
Krise eine Katastrophe. Laut Weltbank sind zusätzlich zu den<br />
2,2 Milliarden extrem armen Menschen nun 100 Millionen<br />
unter die Armutsgrenze gefallen. ‚Wenn der Reiche abmagert,<br />
verhungert der Arme‘, sagt der französische Autor<br />
Alphonse Allais.<br />
Ist das wörtlich zu verstehen?<br />
Ja. Ein Beispiel: Im Oktober beschlossen die 15 Regierungschefs<br />
der Eurozone, 1700 Milliarden Euro zur Rettung ihrer Banken<br />
lockerzumachen. In der gleichen Woche wurden die Beiträge für die<br />
Humanitärhilfe der UN um durchschnittlich 50 Prozent gekürzt und<br />
tausende Entwicklungshilfeprojekte gestrichen.<br />
Mit welchen konkreten Folgen?