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grobschlächtigen Pranken, deren abgekaute Fingernägel<br />
vor Schmutz starrten, wollte er Frau Meyer – grauenhafte<br />
Vorstellung! – an den Busen fassen!<br />
Doch Frau Meyer ergriff geistesgegenwärtig ihr Kopfkissen<br />
und drückte es mit der Kraft der Verzweiflung auf das Gesicht<br />
dieses scheußlichen Monstrums. Sie presste, als ginge<br />
es um ihr Leben. Der Unhold ruderte hilflos mit seinen Riesenhänden<br />
umher und gab einige unartikulierte Geräusche<br />
von sich, dann zuckte sein Körper nur noch konvulsivisch<br />
auf. Dann nichts mehr. Stille. Frau Meyer konnte kaum<br />
glauben, dass sie der Gefahr entronnen war; nur allmählich<br />
machte sich Erleichterung in ihr breit. Vorsichtig zog sie<br />
das Kopfkissen beiseite. Doch wie groß war ihr Entsetzen,<br />
als sie jetzt statt des Trunkenboldes die fette Frau Schneider<br />
erblicken musste! Und damit nicht genug: Diese lachte ihr<br />
völlig ungeniert gellend ins Gesicht, so dass Frau Meyer<br />
vor ohnmächtiger Wut nicht mehr ein noch aus wusste und<br />
folgerichtig erwachte. Schweißgebadet und mit wie wild<br />
klopfendem Herzen versuchte Frau Meyer, sich zu orientieren.<br />
Wo war sie? Und warum hörte dieses scheußliche<br />
Lachen nicht auf? Träumte sie immer noch? Doch bald, ach,<br />
nur allzu bald holte die Erinnerung sie wieder ein.<br />
Sie wusste nun wieder, dass sie in dieser furchtbaren Pension<br />
übernachten musste, weil sich das Arbeitsamt und diese<br />
schreckliche Person Meyer-Klarsen gegen sie verbündet<br />
hatten, und Horst, dieses Weichei, natürlich alles brav<br />
mitmachte.<br />
Wenn wenigstens dieses grässliche Lachen aufhören würde!<br />
Es drang von nebenan nahezu ungedämpft in Frau Meyers<br />
empfindliche Ohren.<br />
Feuilleton<br />
Ein schamloses Weib kreischte und quietschte dort vor Vergnügen;<br />
ab und zu hörte man Flaschenklirren und das rohe<br />
Grunzen eines Mannes – widerwärtig! Frau Meyer klopfte<br />
empört gegen die dünne Sperrholzwand und schrie mutig:<br />
„Ruhe!“ Doch das Lachen und Grunzen wurde nur lauter.<br />
Nun bemerkte Frau Meyer, dass die Trennwand oben nicht<br />
mit der Zimmerdecke abschloss – deshalb war es so laut,<br />
und von dorther kam auch dieser unzumutbare Geruchscocktail<br />
aus Zigarettendunst und Alkohol, der sie bis in den<br />
Traum verfolgt hatte.<br />
Frau Meyer öffnete energisch das Fenster, wobei sich der<br />
Griff löste und polternd zu Boden fiel.<br />
„Selber Ruhe!“, grölte es rüpelhaft von nebenan, worauf<br />
dieses Flittchen da drüben nur um so lauter gackerte.<br />
‚In welchen Sündenpfuhl bin ich hier nur hineingeraten?‘,<br />
dachte Frau Meyer entrüstet. Doch was konnte sie schon tun?<br />
Resigniert kroch sie ins Bett zurück und schlief vor Erschöpfung<br />
und Wut wieder ein.<br />
Leseprobe aus:<br />
Frau <strong>Nicht</strong>ig<br />
Von:<br />
Regina Gorsleben<br />
ISBN 978-3-8370-2732-7<br />
Paperback<br />
104 Seiten<br />
7,95 Euro<br />
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