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04<br />

<strong>explore</strong>:<br />

November 2006<br />

Das<br />

Kundenmagazin der TÜV NORD Gruppe<br />

Sehen und<br />

gesehen werden<br />

Sinn und Sinnlichkeit des Lichts


04<br />

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<strong>explore</strong>: LEBEN<br />

<strong>explore</strong>: FORSCHUNG<br />

<strong>explore</strong>: FORSCHUNG<br />

<strong>explore</strong>: W ISSEN<br />

<strong>explore</strong>: W ISSEN<br />

<strong>explore</strong>: W ISSEN<br />

<strong>explore</strong>: W ISSEN<br />

02 - <strong>explore</strong>: 4/2006<br />

EDITORIAL<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

INHALT<br />

im November werden die Nächte länger, und wir Menschen sehnen uns mehr als sonst<br />

nach Licht. Kinder gehen mit ihrer Laterne durch die Straßen, und auch die Erwachsenen<br />

zünden sich Kerzen an – spätestens im Advent.<br />

Es ist interessant zu sehen, welche Berufsgruppen sich mit Licht befassen: Architekten,<br />

Biologen, Chemiker, Informatiker, Ingenieure, Künstler, Mediziner, Optiker und Physiker,<br />

um nur einige zu nennen. Einigen davon werden Sie in diesem Heft über Licht und<br />

Leben begegnen. Gehen Sie mit uns auf eine Entdeckungsreise darüber, warum Licht<br />

zum Leben dazugehört – zumindest in den allermeisten Fällen. Ich wünsche Ihnen eine<br />

angenehme Lektüre.<br />

Ihr Jochen May, Leiter Konzern-Kommunikation der TÜV NORD AG<br />

04 08<br />

10 14<br />

18<br />

Lebensgenerator Sonne<br />

Das Leben auf der Erde scheint abhängig vom Energiespender Sonnenlicht,<br />

Vollspektrumlampen bieten eine künstliche Alternative.<br />

Wer sieht was wie?<br />

Nicht alle Lebewesen nehmen ihre Umgebung wie der Mensch wahr, der als<br />

Trichromat ein relativ gutes Farbsehen hat. Zapfen und Stäbchen im Auge<br />

beeinflussen, wer was und wie sieht.<br />

Die im Dunkeln sieht man nicht ...<br />

Tiere und Pflanzen der Unterwelt – Überleben ohne Licht.<br />

Das Auge ist nicht objektiv<br />

Der Mensch ist täglich einer Vielzahl von optischen Eindrücken ausgesetzt,<br />

diese müssen von Auge und Gehirn verarbeitet werden. Doch sehen wir wirklich<br />

das, was wir sehen?<br />

Licht- und Schattenspiele<br />

Schwarzweißfilme gehören zu den Filmklassikern. Ob als Statement gegen die<br />

Farbfilm-Massenproduktion oder als optisches Highlight in Horrorfilmen.<br />

Bunt sind alle meine Farben<br />

Farbe ist nicht gleich Farbe. Durch die Regelanwendung der Farbpsychologie<br />

und des Farbdesigns wird die Bildaussage verbessert.<br />

Lichtstrahlen und Sehstrahlen<br />

Animierte Filme sind aus der heutigen Zeit nicht mehr wegzudenken und erfreuen<br />

Jung und Alt gleichermaßen. Doch was ist das Geheimnis hinter diesen<br />

dreidimensionalen Welten? Etwas, das niemand für möglich gehalten hatte.


INHALT<br />

<strong>explore</strong>:<br />

Wer den höchsten Rang in einer Gruppe von Tieren oder Menschen hat, ist<br />

leicht zu erkennen. Er ist immer derjenige, der am meisten angeschaut wird.<br />

Davon kommt auch das Wort Ansehen.<br />

Netzwerk<br />

Verbindungen, Kommunikation, Strukturen – hier bündeln sich an Knotenpunkten<br />

Kompetenz und Know-how für eine gut funktionierende Partnerschaft.<br />

Biolumineszenz: Wenn Lebewesen leuchten<br />

Dank dieses Phänomens geht zahlreichen Lebewesen ohne Anstrengungen<br />

ein Licht auf. Wie, warum und wer leuchtet, wird hier näher erläutert.<br />

Chemilumineszenz –<br />

kaltes Licht aus chemischen Reaktionen<br />

Mittels einfacher Reaktionen ist es leicht zu erzeugen und vielseitig einsetzbar.<br />

Das sensible Glas<br />

Phototropes Glas in Brillen passt sich perfekt den Lichtverhältnissen an und<br />

schützt das Auge des Trägers. Die chemische Struktur dieser Gläser ähnelt<br />

einem Blütenkelch.<br />

Intelligente Fenster<br />

Die Fenster der Zukunft nutzen das Tageslicht und sparen Energie.<br />

Impressum<br />

Wie kommen die Daten auf CD?<br />

Immer kleiner werden die Datenpunkte auf CDs und erhöhen somit die<br />

Speicherkapazität. Technische Neuerungen treiben den Fortschritt voran.<br />

Unterscheiden wie Tag und Nacht<br />

Nachts sind alle Katzen grau, aber nur für das menschliche Auge. Zahlreiche<br />

Lebewesen sehen nachts mehr als am Tag.<br />

<strong>explore</strong>: TÜV NORD<br />

<strong>explore</strong>: INNOVATION<br />

<strong>explore</strong>: FORSCHUNG<br />

<strong>explore</strong>: FORSCHUNG<br />

<strong>explore</strong>: FORSCHUNG<br />

<strong>explore</strong>:<br />

Irenäus Eibl-Eibesfeldt<br />

(*1928),<br />

österreichischer Zoologe und<br />

Verhaltensforscher<br />

19 27 30 33<br />

38<br />

<strong>explore</strong>: TECHNIK<br />

<strong>explore</strong>: TECHNIK<br />

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38<br />

<strong>explore</strong>: 4/2006 - 03


Von Hilde-Josephine Post<br />

Das meiste Leben auf der Erde scheint ab-<br />

hängig vom Energiespender Sonnenlicht.<br />

Offensichtlich kommt es aber nicht nur auf die<br />

Wellenlänge, sondern auch auf die Dosis an,<br />

ob es nützt oder schadet. Wissenschaftler<br />

haben festgestellt, dass aufgrund von<br />

Luftverschmutzung immer weniger Sonnen-<br />

licht die Erdoberfläche erreicht.<br />

04 - <strong>explore</strong>: 4/2006<br />

LEBEN Lebensgenerator Sonne<br />

Lebensgene<br />

Die Bedeutung der Ozonschicht in der Atmosphäre<br />

Sichtbares Licht / kurzwellige<br />

Infrarot-Strahlung der Sonne<br />

erreicht die Erdoberfläche<br />

weitgehend ungefiltert<br />

Die Ozonschicht absorbiert die harte UV-<br />

Strahlung aus dem Sonnenlicht<br />

Freies Chlor aus FCKW zerstört Ozon<br />

und macht die Atmosphäre für UV-<br />

Strahlung durchlässig<br />

Stratosphäre<br />

Ozonschicht<br />

Troposphäre


Lebensgenerator Sonne LEBEN<br />

rator Sonne<br />

Die direkte Sonneneinstrahlung auf die Erde kann durch<br />

Vulkanausbrüche, großflächige Waldbrände und Brandrodungen<br />

oder auch durch den Ausstoß von Schadstoffen<br />

erheblich reduziert werden. Wissenschaftler haben festgestellt,<br />

dass sich die Erde seit 1960 aufgrund von Aerosolen und aufgrund<br />

des Treibhauseffekts immer mehr verdunkelt.<br />

<strong>explore</strong>: 4/2006 - 05


Schon die Genesis sowie andere<br />

Schöpfungsmythen stellten Licht in<br />

den Mittelpunkt, und viele Kulturen<br />

und Naturvölker verehren bis heute die<br />

Sonne. Doch noch immer rätseln<br />

Wissenschaftler, wie in der Erdfrühzeit<br />

Leben überhaupt entstehen konnte,<br />

wo doch zu dieser Zeit der natürliche<br />

Filter, die Ozonschicht, völlig fehlte, die<br />

heute Lebewesen vor der zerstörerischen<br />

Kraft der ultravioletten (UV)<br />

Strahlen schützt. Und vor drei<br />

Milliarden Jahren müssen etwa 100mal<br />

mehr UV-Strahlen die Erdoberfläche<br />

erreicht haben – nicht gerade<br />

die freundlichste Voraussetzung für<br />

empfindliche organische Bindungen<br />

wie die RNA (Ribonucleinsäure) als<br />

Träger unseres Erbguts. Ihr Grundgerüst<br />

bilden Zucker-Phosphatmoleküle,<br />

an denen Nucleobasen, also<br />

Stickstoff/Kohlenstoff-Ringsysteme,<br />

hängen. Wissenschaftler glaubten<br />

zunächst, dass sich die ersten RNAähnlichen<br />

Moleküle an dunklen Orten<br />

entwickelt haben. Doch aufgrund von<br />

computergesteuerten Analysen kamen<br />

Forscher um Dr. Armen Mulkidjanian,<br />

Gastdozent an der Universität Osnabrück,<br />

zur Annahme, dass ein Schutzmechanismus<br />

mit im Spiel gewesen<br />

sein musste, und zwar die Fähigkeit<br />

der einzelnen Nucleobasen, UV-<br />

Strahlen zu absorbieren und zügig in<br />

Wärme umzuwandeln. Das könnte die<br />

Ur-RNA vor Brüchen geschützt haben.<br />

„Dadurch war die RNA als Kettenmolekül<br />

weitaus stabiler als ihre Einzelbestandteile<br />

und hatte einen erheb-<br />

Kunstlicht, insbesondere die häufig in der Arbeitswelt eingesetzten<br />

fluoreszierenden Lichtquellen, liefern nur einen Bruchteil des für uns<br />

lebenswichtigen Sonnenlichtspektrums.<br />

06 - <strong>explore</strong>: 4/2006<br />

lichen Überlebensvorteil gegenüber<br />

anderen organischen Molekülen, der<br />

für die Entstehung des Lebens auf<br />

Grundlage der RNA entscheidend<br />

gewesen sein könnte“, erklärt Dr.<br />

Mulkidjanian.<br />

UV-Strahlen können auch heilen<br />

Aus medizinischer Sicht weiß man<br />

heute, dass Sonnenlicht sowohl schädigend<br />

als auch heilend wirken kann.<br />

Mediziner warnen vermehrt vor Krebs<br />

auslösenden Sonnenstrahlen, da die<br />

Ozonschicht infolge der Umweltverschmutzung<br />

immer dünner wird. Doch<br />

schon die alten Griechen und Ägypter<br />

wandten Heilmethoden wie Helio- und<br />

Farbtherapie (ηελιοσ = griechisch<br />

Sonne) an. Der Däne Niels R. Finsen<br />

erhielt 1903 den Nobelpreis unter<br />

anderem für die Entdeckung, dass<br />

Lichttherapie mit ultraviolettstrahlenreichem<br />

Bogenlicht den Heilprozess von<br />

Hauttuberkulose fördert. Alle Energie,<br />

die wir in unseren Körper aufnehmen,<br />

komme von der Sonne, vermutete<br />

Nobelpreisträger Albert Szent-Györgyi<br />

in den 60er-Jahren. Der Biochemiker<br />

und Entdecker des Vitamin C hatte tief<br />

greifende Wirkungen von Licht und<br />

Farben auf Organismen erkannt. Der<br />

amerikanische Forscher und<br />

Buchautor Dr. John Ott kommt im<br />

Buch Health and Light denn auch zu<br />

dem Schluss: Wir brauchen „eine<br />

gewisse Dosis UV-Strahlen, um am<br />

Leben zu bleiben und unser<br />

Immunsystem gesund zu erhalten.“<br />

Jedoch seien Dr. Ott zufolge zu viel<br />

LEBEN Lebensgenerator Sonne<br />

UV-Strahlen schädlich, genauso wie<br />

der lebenswichtige Sauerstoff in Überdosierung<br />

ein neugeborenes Baby<br />

blind machen könne.<br />

In vergangenen Jahrzehnten haben<br />

Schulmediziner die positive Wirkung<br />

der UV-Strahlen als weniger wichtig<br />

bewertet. Das Blatt scheint sich jedoch<br />

zu wenden: Dr. Rolfdieter Krause von<br />

der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt<br />

Nephrologie der Charité in Berlin<br />

fand bei Studien mit Dialysepatienten<br />

heraus, dass die kurzwelligen UV-B-<br />

Strahlen des Sonnenlichts zu hohen<br />

Blutdruck senken können und<br />

Knochenabbau deutlich verlangsamen.<br />

Beide Krankheiten seien auf Vitamin-D-<br />

Mangel zurückzuführen, und Sonnenlicht<br />

kurbele die Vitamin-D-Synthese im<br />

Körper an. Auch auf viele andere<br />

Beschwerden, wie zu hohe Cholesterinwerte<br />

oder Winterdepressionen soll<br />

sich eine Therapie mit UV-Strahlen<br />

positiv auswirken.<br />

Vollspektrumlampen steigern<br />

Leistung<br />

Heute verbringen Menschen in unseren<br />

Breitengraden schätzungsweise<br />

nur noch höchstens ein Zehntel so viel<br />

Zeit unter freiem Himmel wie vor hundert<br />

Jahren. Viele Berufstätige arbeiten<br />

in Büros unter unnatürlichen Lichtbedingungen;<br />

denn Kunstlicht, insbesondere<br />

die häufig in der Arbeitswelt eingesetzten<br />

fluoreszierenden Lichtquellen,<br />

liefern nur einen Bruchteil des<br />

für uns lebenswichtigen Sonnenlicht-<br />

Forscher haben festgestellt, dass die Beleuchtung mit Vollspektrumlicht<br />

gesünder ist als normales kühlweißes fluoreszierendes Licht und weniger<br />

Stress auf das Nervensystem ausübt.


Lebensgenerator Sonne LEBEN<br />

spektrums. Aufgrund seiner langjährigen<br />

Studien über die Wirkung unterschiedlicher<br />

Lichtspektren auf Lebewesen<br />

regte Dr. Ott erstmals die<br />

Entwicklung von Vollspektrumlampen<br />

an, die etwa 96 Prozent des<br />

Tageslichtspektrums erreichen.<br />

Daraufhin beobachtete er 1973 zusammen<br />

mit dem Environmental<br />

Health and Light Research Institute in<br />

Sarasota, Florida, Erstklässler: Diejenigen,<br />

die dem normalen kühlweißen,<br />

fluoreszierenden Röhrenlicht ausgesetzt<br />

waren, zeigten vermehrt<br />

gereiztes, hyperaktives Verhalten mit<br />

Aufmerksamkeitsstörungen.<br />

Die Schüler in den Klassenräumen mit<br />

Vollspektrumlicht hingegen verbesserten<br />

sich im Betragen und in ihren<br />

schulischen Leistungen. Auch ließ sich<br />

erkennen, dass bei ihnen Karies um<br />

ein Drittel weniger häufig vorkam. Der<br />

amerikanische Augenspezialist Dr.<br />

Jacob Liberman resümiert in seinem<br />

Buch Die heilende Kraft des Lichts:<br />

„Inzwischen hat man festgestellt, dass<br />

Vollspektrumbeleuchtung am Arbeitsplatz<br />

signifikant weniger Stress auf das<br />

Nervensystem ausübt als normales<br />

kühlweißes, fluoreszierendes Licht und<br />

die Zahl der krankheitsbedingten<br />

Ausfalltage vermindert.“<br />

Aerosole verdunkeln die Erde<br />

Aber noch ein ganz anderes Phänomen<br />

bereitet den Wissenschaftlern<br />

Kopfzerbrechen. Immer weniger<br />

Sonnenlicht erreicht die Erdoberfläche.<br />

ORF online berichtete, dass „Aerosole<br />

und Treibhauseffekte seit 1960 die<br />

Erde um bis zu 1,3 Prozent pro<br />

Jahrzehnt verdunkelt“ haben. Etwas<br />

südlich von Indien erstreckt sich eine<br />

dicke Dunstglocke, verursacht durch<br />

Ausstoß von Schadstoffen, die in der<br />

Fläche etwa den USA gleichkommt.<br />

„Das am stärksten belastete Gebiet ist<br />

das über dem Golf von Bengalen“, zeigen<br />

Untersuchungsergebnisse des<br />

Max-Planck-Instituts für Chemie von<br />

2004 über Stickoxide in den Monsunübergangszeiten.<br />

Der braune Nebel besteht aus winzigen<br />

Aerosolen (Schmutzpartikel), an<br />

denen Wasserdampf zu feinsten<br />

Tröpfchen kondensiert. Dadurch wird<br />

beispielsweise mehr Sonnenlicht<br />

gestreut und in den Weltraum reflektiert.<br />

Zudem regnen Wolken mit feine-<br />

Kein Vergleich zur Sonne: Handelsübliche Leuchtstoffröhren liefern einen minimalen Bruchteil des<br />

Tageslichtspektrums. Im Gegensatz dazu erreichen Vollspektrumlampen etwa 96 Prozent des<br />

Sonnenlichtspektrums.<br />

<strong>explore</strong>: INFOBOX<br />

ren Tröpfchen nicht so schnell aus. Die<br />

Phänomene führen zu weniger<br />

Sonnenlicht am Boden, zu Klima- und<br />

Wetterveränderungen, was den<br />

Lebenszyklus von Organismen empfindlich<br />

stören kann. Zum Beispiel<br />

kann die Photosyntheseleistung<br />

kleinster pflanzlicher Lebewesen<br />

(Phytoplankton) sinken, von dem sich<br />

wiederum höher entwickelte Organismen<br />

etwa Bartenwale und viele andere<br />

Lebewesen ernähren. Außerdem<br />

spielt Plankton eine große Rolle als<br />

Sauerstofflieferant. Wie sich reduziertes<br />

Sonnenlicht auf den komplexen<br />

Organismus Erde auswirkt, überblickt<br />

der Mensch bisher nur bruchstückhaft,<br />

geschweige denn die Konsequenzen,<br />

die es nach sich zieht.<br />

SONNENLICHTSPEKTRUM:<br />

Die Sonne sendet ein kontinuierliches Spektrum<br />

aus elektromagnetischer Strahlung, von<br />

den extrem kurzwelligen Röntgen- und UV-<br />

Strahlen bis in den langwelligen Bereich der<br />

Infrarotstrahlung und der Radiowellen. Die<br />

Röntgenstrahlung und der größte Teil der UV-<br />

Strahlung erreichen nicht die Erdoberfläche.<br />

Das für den Menschen sichtbare (weiße)<br />

Licht umfasst die Strahlung mit den<br />

Wellenlängen zwischen 380 (Blau-Violett)<br />

und 780 (Rot) Nanometer.<br />

BUCHTIPP:<br />

„Die heilende Kraft des Lichts” von Jacob<br />

Liberman, Piper, 2004, ISBN: 3-492-<br />

220053, 288 Seiten, 9,90 Euro<br />

„Health and Light” von John Ott, Ariel Press,<br />

2002, ISBN: 0898040981, engl., 232<br />

Seiten, 16,50 Euro<br />

<strong>explore</strong>: 4/2006 - 07


Wer sieht was wie?<br />

Von Cornelia Dick-Pfaff<br />

08 - <strong>explore</strong>: 4/2006<br />

FORSCHUNG Wer sieht was wie?<br />

Tiere betrachten die Welt mit anderen Augen als der Mensch<br />

Das sprichwörtliche rote Tuch wird dem Stier kaum derart ins Auge fallen wie dem Menschen.<br />

Vielmehr ist es die Bewegung des Stoffs, die ihn in Rage bringt. Farbenblind ist er zwar nicht,<br />

doch sieht er das Rot eher wie ein Rot-Grün-Blinder. Wie die meisten an Land lebenden Säuger<br />

ist er ein so genannter Dichromat: Für das Farbensehen besitzt er zwei Typen von<br />

Lichtsinneszellen, die in unterschiedlichen Wellenlängenbereichen des Lichts maximal emp-<br />

findlich sind – die so genannten Zapfen.<br />

Wie Tiere sehen<br />

Monochromaten<br />

Monochromaten haben lediglich eine Sorte<br />

Zapfen und nehmen die Umgebung daher nur in<br />

Grauabstufungen wahr. So sehen etwa Wale und Robben<br />

das Meer nicht blau, da sie lediglich einen Zapfentyp haben,<br />

der seine maximale Empfindlichkeit nicht im blauen, sondern<br />

im grünen Bereich des Spektrums erreicht.<br />

Dichromaten<br />

Die meisten Säuger sind Dichromaten.<br />

Sie haben in ihrer Netzhaut zwei in<br />

unterschiedlichen Wellenlängen des<br />

Lichts maximal empfindliche Zapfentypen<br />

und können Farben vermutlich<br />

schlechter unterscheiden als<br />

der Mensch.<br />

Trichromaten<br />

Trichromaten wie etwa der Mensch und einige<br />

Primaten nehmen Farben mit drei Sorten von<br />

Zapfen wahr und haben damit ein vergleichsweise<br />

gutes Farbsehen. Auch Bienen sind<br />

Trichromaten, doch haben sie anstelle eines<br />

Rot-Zapfens einen UV-Zapfen – für sie ist Rot<br />

Schwarz, doch können sie dafür ultraviolett<br />

gefärbte Muster erkennen.<br />

Tetrachromaten<br />

Viele Wirbeltiere wie Fische, Amphibien,<br />

Reptilien und Vögel sind Tetrachromaten und<br />

haben vier unterschiedliche Zapfentypen<br />

und ein außerordentlich gutes Farbwahrnehmungsvermögen.<br />

Viele Tetrachromaten nehmen auch<br />

Licht aus dem ultravioletten Bereich des Spektrums wahr.<br />

Das Spektrum des sichtbaren<br />

Lichts für den Menschen<br />

Simulationen<br />

UV Spektrum


Wer sieht was wie? FORSCHUNG<br />

Säuger haben in einer frühen Entwicklungsphase vermutlich<br />

einen Teil ihres Farbsehens eingebüßt, da sie vornehmlich<br />

im Dämmerlicht aktiv und so weniger auf die bei viel<br />

Licht arbeitenden Zapfen als vielmehr auf die für das<br />

Dämmerungs- und Nachtsehen zuständigen Stäbchen<br />

angewiesen waren. Einen Zapfentyp einzubüßen und mit<br />

nur zwei Zapfen zu leben, war somit vorteilhaft: Der dritte<br />

Zapfentyp war nicht essenziell notwendig, und sein Verlust<br />

könnte die Informationsverarbeitung im Gehirn vereinfacht<br />

und Kapazitäten für andere Leistungen geschaffen haben.<br />

Nur wenige Säuger haben diesen frühen Rückschritt aber<br />

Viel Auge trotz wenig Licht …<br />

haben unterirdisch lebende afrikanische Mulle. Die Nager haben eine überraschend<br />

gut entwickelte Netzhaut, die einen hohen Anteil an Zapfen aufweist,<br />

hat ein deutsch-tschechisches Forscherteam vor zwei Jahren beobachtet.<br />

Der Anteil der Stäbchen ist dagegen geringer als bei vielen oberirdisch<br />

lebenden Nagetieren. Welchen Nutzen die vorwiegend im Dunkeln<br />

lebenden Tiere von der verhältnismäßig geringen Stäbchen- und relativ<br />

hohen Zapfendichte haben, ist den Wissenschaftlern noch unklar.<br />

Einige Beuteltiere sind ebenso wie der Mensch …<br />

Trichromaten; denn auch in ihrer Netzhaut liegen drei unterschiedliche für<br />

das Farbsehen zuständige Arten von Lichtsinneszellen. Das hat ein<br />

deutsch-australisches Forscherteam kürzlich in Verhaltensversuchen mit<br />

Dickschwänzigen Schmalfußbeutelmäusen beobachtet. Allerdings ist mindestens<br />

einer dieser Zapfentypen auch empfindlich für Licht aus dem<br />

ultravioletten Bereich des Spektrums, das der Mensch nicht sieht.<br />

Bienen fliegen auf Blumen …<br />

doch nehmen sie deren Farbenpracht gänzlich anders wahr als der<br />

Mensch. Ihr Farbsehen ist in Richtung des kurzwelligen Spektrums verschoben:<br />

Zwar sehen Bienen UV, Rot jedoch können sie nicht wahrnehmen,<br />

es erscheint ihnen Schwarz. So erkennen sie auf Blüten zum Beispiel<br />

ganz spezifische UV-Muster, welche der Mensch nicht sieht. Abgesehen<br />

von dem anderen Farbensehen unterscheidet sich die Sicht der Biene<br />

auch deshalb von der eines Säugers, weil sie die Welt durch ihre sich aus<br />

zahlreichen Einzelaugen zusammengesetzten Komplexaugen sieht.<br />

Ein äußerst hoch entwickeltes Farbensehen …<br />

ermöglicht es Vögeln, Farbmuster wahrzunehmen, die dem menschlichen<br />

Auge verborgen bleiben. Ihr Farbsehen wird durch farbige Öltröpfchen verfeinert,<br />

die vor den Zapfen liegen und unterschiedliche Teile des<br />

Lichtspektrums bereits im Vorfeld herausfiltern. Die meisten Vögel sind<br />

<strong>explore</strong>: INFOBOX<br />

wieder ausgleichen können, darunter einige Primaten und<br />

der Mensch, die erneut einen dritten Zapfentyp entwickelt<br />

haben und demnach wieder Trichromaten sind.<br />

Im Gegensatz zu den meisten Säugetieren haben Vögel,<br />

Fische und Reptilien ein äußerst weit entwickeltes Farbsehen.<br />

Häufig sind diese sogar Tetrachromaten, haben also<br />

vier Zapfentypen. Sie haben in der Evolution keinen Rückschritt<br />

erlebt, konnten ihr Farbwahrnehmungsvermögen<br />

somit seit Millionen Jahren stets verfeinern und weiterentwickeln<br />

und sind zum Teil wahre Meister im Farbensehen.<br />

Tetrachromaten. Die maximale Empfindlichkeit eines der Zapfentypen liegt<br />

oft im UV-Bereich. Ein Falke auf der Jagd erkennt so etwa schon von weitem,<br />

wo sich das Warten an einem Feldrand lohnt: Mäuse-Urin leuchtet<br />

stark ultraviolett, und die Nager hinterlassen so verräterische Spuren.<br />

Außerdem ist sein Auge wie bei den meisten Greifvögeln lang gezogen<br />

und arbeitet daher auf große Entfernungen äußerst präzise – ähnlich wie<br />

ein Teleobjektiv. Und schließlich sind die Sehzellen dicht an dicht gepackt,<br />

was eine große Auflösung ermöglicht.<br />

Wale und Robben sehen das Meer …<br />

nicht blau; denn den Meeressäugern fehlen die Lichtsinneszellen, die den<br />

blauen Anteil des Lichts absorbieren: die so genannten Blau-Zapfen. Sie<br />

haben lediglich Grün-Zapfen und sind daher farbenblind. Diese Entdeckung<br />

überraschte ein deutsch-schwedisches Forscherteam vor einigen<br />

Jahren. In klarem Meerwasser wird das Licht mit zunehmender Tiefe<br />

immer blauer. Ohne den Blau-Zapfen ist jedoch die Wahrnehmung im<br />

kurzwelligen Bereich des Lichtspektrums stark eingeschränkt. Die<br />

Wissenschaftler nehmen an, dass der Defekt in einer frühen Phase der<br />

Evolution aufgetreten ist, als die Vorfahren der heutigen Meeressäuger auf<br />

dem Weg zurück ins Meer zunächst küstennahe Gewässer bewohnten,<br />

wo das Licht unter Wasser durch Trübstoffe grünlicher ist. Für die Arten,<br />

die später von der Küste weiter ins offene Meer gezogen sind, wäre der<br />

Blau-Zapfen zweifelsohne von Vorteil gewesen. Aber der genetische<br />

Defekt, der dem Verlust zu Grunde liegt, scheint so gravierend, dass er<br />

nicht einfach rückgängig zu machen ist.<br />

Viele Fische sehen UV …<br />

und sind ebenso Tetrachromaten wie die meisten Vögel und Schildkröten.<br />

Besonders gut untersucht ist der Goldfisch. Bei ihm konnten Biologen<br />

schon vor einiger Zeit in Verhaltensversuchen nachweisen, dass er vier<br />

unterschiedliche Zapfentypen besitzt, von denen einer UV-empfindlich ist.<br />

<strong>explore</strong>: 4/2006 - 09


Von Dörte Saße<br />

10 - <strong>explore</strong>: 4/2006<br />

FORSCHUNG Die im Dunkeln sieht man nicht ...<br />

Die im Dunkeln sieht man nicht ...<br />

Höhlen und Grotten, die Tore zur Unterwelt, sind dunkel, kalt und karg. Ganz offensichtlich<br />

lebensfeindlich, zumindest auf den ersten Blick. Doch auf den zweiten Blick finden sich eine<br />

ganze Reihe Tiere und Pflanzen, die nicht nur kurz mal zu Besuch sind, sondern ihr ganzes<br />

Leben hier verbringen.<br />

Rosige Babyhaut, keine Augen mehr und Körper wie ein Schlangendrachen: Der Grottenolm ist ideales „Futter“ für Aberglauben, Mythen und Legenden.


Die im Dunkeln sieht man nicht ... FORSCHUNG<br />

Jedes Kind weiß, dass Drachen seit uralten Zeiten in Höhlen<br />

wohnen. Dort speien sie Feuer, bewachen den einen oder<br />

anderen Schatz und verlassen ihre Wohnstatt nur, wenn es<br />

gilt, eine Jungfrau zu holen. Und es gab greifbare Beweise,<br />

jahrhundertelang, dass Drachen tatsächlich existieren: Die<br />

Bewohner des slowenisch-kroatischen Karstgebirges fanden<br />

immer wieder lebendige Drachenbabys. Bergbäche<br />

spülten sie bei Hochwasser in die Flüsse: fußlange, echsenartige,<br />

hässliche nackte Getiere mit langem Schwanz,<br />

schmalem Drachenkopf, augenlos und mit seltsam roten<br />

Büscheln hinter den Ohren. Wegen ihrer dünnen, bleichrosigen<br />

Haut auch „Menschenfischlein“ genannt, blieben sie<br />

lange rätselhaft und Kern zahlloser Mythen und Gerüchte.<br />

Proteus anguinus (Grottenolm) ist wohl der spektakulärste<br />

Bewohner unterirdischer Dunkelheit in Europa, und hütet<br />

auch heute noch einige Geheimnisse. Das Tier bleibt sein<br />

Leben lang im Larvenstadium, selbst nach der<br />

Geschlechtsreife. So verzichtet es auch nie auf die<br />

Kiemenbüschel, obwohl es wie verwandte Molche und<br />

Salamander eine Lunge entwickelt. Grottenolme können<br />

erstaunliche 80 bis 100 Jahre alt werden, weil ihr<br />

Stoffwechsel extrem langsam arbeitet. Deshalb kommen sie<br />

sogar mehrere Jahre ganz ohne Nahrung aus, wenn<br />

Flohkrebse und Wasserwürmer mal ausbleiben. Und<br />

obwohl die Weibchen normalerweise einige Hundert Eier<br />

ablegen, kann es auch geschehen, dass sie ein oder zwei<br />

voll entwickelte Jungtiere gebären.<br />

Am auffälligsten ist aber, wie schnell die Natur hier nutzlose<br />

Körperfunktionen „abwirft“: Während frisch geschlüpfte<br />

Grottenolme noch dunkle Pigmentflecken und gut entwickelte<br />

Augen samt Sehnerven haben, sind sie anderthalb<br />

Jahre später, in einer lichtlosen Höhle aufgewachsen, komplett<br />

farblos und blind. Die Augen sind verkümmert und<br />

unter einer Hautschicht verschwunden. Damit spart der<br />

Olm Energie, er verlässt sich auf seine umso besser ausgeprägten<br />

Tast- und Geruchssinne. Zudem kann er wie Fische<br />

mit einem so genannten Seitenlinienorgan ferne Wasserbewegungen<br />

erspüren.<br />

Der bleiche, blinde „Menschenfisch“ ist vielleicht das bekannteste<br />

Beispiel für ein Anpassen an unterirdische Umgebungen.<br />

Doch auch anderen Höhlentieren sieht man die<br />

ständig lichtlose Umgebung an: Fehlende Färbung ist<br />

typisch, ob bei Fisch oder Schlange, Krebs oder Insekt, und<br />

manche Tastorgane wie Fühler und Antennen sind sichtbar<br />

vergrößert.<br />

Systematisch erfasst hat solche Merkmale im vorigen<br />

Jahrhundert erstmals der rumänische Biologe Emil<br />

Racovi,tă: Der „Vater der Biospeläologie“, der Wissenschaft<br />

vom Leben in unterirdischen Hohlräumen, lieferte 1907 das<br />

erste wissenschaftliche Werk zum Thema und begründete<br />

die neue Forschungsrichtung. Einige Jahre zuvor war ihm in<br />

einer mallorquinischen Höhle ein bleicher, blinder Krebs<br />

über den Weg gelaufen.<br />

Biospeläologen unterscheiden grob drei Gruppen tierischer<br />

Höhlenbewohner: Die so genannten Trogloxenen sind<br />

eigentlich fremd in der Unterwelt, sie sind nur zufällig in die<br />

Höhle geraten und versuchen, schnell wieder herauszukommen.<br />

Die Troglophilen hingegen finden vorübergehend<br />

Gefallen an der Höhle, vor allem in ihren vorderen<br />

Bereichen, als Schutz vor Wetter und Fressfeinden. Sie<br />

kommen gezielt in die Grotten, zum Beispiel Bären oder<br />

manche Schmetterlingsarten zum Überwintern, oder auch<br />

Fledermäuse. Auch der einzige Höhlen bewohnende Vogel,<br />

der nachtaktive südamerikanische Fettschwalm, nistet und<br />

ruht tagsüber in dunklen Höhlen, wo er sich wie die<br />

Fledermäuse mit Echosignalen orientiert (siehe auch<br />

„Unterscheiden wie Tag und Nacht“ in dieser Ausgabe).<br />

Fledermäuse gehören zu den Trogophilen. Grotten und Höhlen bieten<br />

den nachtaktiven Säugern Schutz vor Wetter und Fressfeinden, denen<br />

sie in ihrer hängenden Ruheposition ausgeliefert wären.<br />

Ihr Futter finden die vorübergehenden Besucher außerhalb<br />

der Höhlen. Doch ihre Hinterlassenschaften im Inneren,<br />

vom Kot bis zu Kadavern, finden ihren Weg als Nahrung zu<br />

den troglobionten Höhlentieren. Diese „echten“ Grottenbewohner<br />

leben tief in weitgehend unzugänglichen Höhlenbereichen<br />

und könnten außerhalb nicht überleben. Sie profitieren<br />

von der gleich bleibenden Dunkelheit, der niedrigen,<br />

aber konstanten Temperatur, von der hohen Luftfeuchtigkeit<br />

und auch davon, dass sich keine Fressfeinde<br />

hierher verirren. Ohnehin leben die meisten Troglobionten<br />

im Wasser, in Mitteleuropa reicht das Spektrum von<br />

Fischen und Vielborstern, Muscheln und Strudelwürmern<br />

bis zu den Wassermilben, Flohkrebsen und dem<br />

Grottenolm. Im Trockenen sind vor allem Käfer, Spinnen<br />

oder Springschwänze ans unterirdische Biotop angepasst.<br />

Pilze und Bakterien brauchen keine Photosynthese, sie ziehen<br />

ihre Nährstoffe aus abgestorbenen organischen<br />

Substanzen. Algen, Farne, Moose und Flechten hingegen<br />

brauchen Licht, können aber noch mit sehr wenig auskommen.<br />

Sie finden sich vor allem in den Eingangsbereichen<br />

von Höhlen. Oder rund um die Leuchten in Schauhöhlen:<br />

als so genannte Lampenflora. So auch in der slowenischen<br />

Höhle von Postojna, früher „Adelsberger Grotten“ genannt,<br />

die schon seit 1883 elektrisch beleuchtet ist. Postojna ist<br />

die angestammte Heimat des Grottenolms. Bei Licht<br />

betrachtet, sagen die Höhlenführer, wirkt er wie eine kleine<br />

Weißwurst-Eidechse...<br />

<strong>explore</strong>: 4/2006 - 11


Das Auge ist<br />

nicht objektiv<br />

Von Dr. Heiner Wolfes<br />

Etwa 80 Prozent der Sinneseindrücke,<br />

die ein Mensch aufnimmt,<br />

entstehen durch das Sehen.<br />

Der Mensch vertraut dem Auge<br />

mehr als allen anderen Wahrnehmungen.<br />

Das menschliche Auge<br />

wird oft mit einer Kamera verglichen,<br />

dies ist, was die optischen<br />

Funktionen angeht, korrekt. Die Fokussierung<br />

der Linse wird von<br />

Muskeln ausgeführt, sie verformen<br />

die Linse und ermöglichen dadurch<br />

ein scharfes Bild. Die Pupille dient<br />

als Blende, sie regelt die Lichtmenge.<br />

Ähnlich wie auf dem Film<br />

der Kamera wird das erzeugte Bild<br />

auf der Retina (Netzhaut) abgebildet.<br />

In der Retina befinden sich Stäbchen<br />

und Zapfen. Die Stäbchen<br />

ermöglichen das Sehen bei geringer<br />

Lichtintensität, vermitteln aber<br />

keine Farbinformationen, deshalb<br />

ist nachts nur Schwarz-Weiß-Sehen<br />

möglich.<br />

Die Zapfen sind Rezeptoren, die nur<br />

bei hoher Lichtintensität aktiv sind<br />

und das Farbsehen ermöglichen<br />

(siehe auch <strong>explore</strong>: 4/2005 „Nachts<br />

sind alle Katzen grau“ und in dieser<br />

Ausgabe „Unterscheiden wie Tag<br />

und Nacht“). Sie können aber<br />

jeweils nur einen schmalen Wellenlängenbereich<br />

der elektromagnetischen<br />

Strahlung registrieren.<br />

12 - <strong>explore</strong>: 4/2006<br />

WISSEN Das Auge ist nicht objektiv<br />

Diese Rose wurde mit Neonlicht (links) Tageslicht (Mitte) und Glühlampenlicht (rechts) fotografiert.<br />

Das Foto zeigt jeweils die objektive Farbumgebung, bei der Betrachtung unter diesen<br />

Lichtverhältnissen wird die Beleuchtungsfarbe vom menschlichen Gehirn gefiltert, der Eindruck ist<br />

jeweils eine rote Rose vor weißem Hintergrund.


Das Auge ist nicht objektiv WISSEN<br />

Gefilterte Wahrnehmung<br />

Mit der Wahrnehmung verhält es sich<br />

anders als bei der objektiven Bildregistrierung<br />

durch den Film: Das<br />

Auge bewegt sich ständig, um die<br />

wahrgenommenen Gegenstände abzutasten<br />

und um sich einen Gesamteindruck<br />

der Umgebung zu bilden.<br />

Dennoch vollführt das von den Augen<br />

dem Gehirn vermittelte Bild keine<br />

Torkelbewegungen, weil die Bildinformationen<br />

in vielfältiger Weise gefiltert<br />

werden. Die optische Wahrnehmung<br />

identifiziert aus wenigen Informationsbruchstücken<br />

bekannte, im Gehirn<br />

gespeicherte Gegenstände. Ein Baum<br />

wird nicht in seinen einzelnen Bestandteilen<br />

„Blätter, Äste und Stamm“ wahrgenommen,<br />

sondern als im Gehirn<br />

gespeichertes Objekt „Baum“. Wenige<br />

Anhaltspunkte reichen dem Gehirn, ein<br />

Bild zusammenzusetzen. Diese Gestaltergänzung<br />

gespeicherter Gegenstände<br />

ist die Grundlage von optischen<br />

Täuschungen. Mehr als die<br />

Hälfte des menschlichen Hirns bear-<br />

Die gleiche Farbe wird vor unterschiedlichen Hintergründen unterschiedlich wahrgenommen.<br />

Die rote Kasserole erscheint uns vor einem dunklen Hintergrund heller als vor<br />

einem hellen Hintergrund. Der schraffierte Kreis löst sich vom schraffierten Hintergrund<br />

schlecht ab, vor einem unstrukturierten, weißen Hintergrund wird die Figur klar erkannt.<br />

beitet visuelle Reize. Daher können wir<br />

ein zweidimensionales Bild dreidimensional<br />

sehen, wenn mehrere Anhaltspunkte<br />

erkannt werden, die auf Räumlichkeit<br />

schließen lassen.<br />

Kontraste<br />

Das Auge des Menschen benötigt<br />

Kontraste, um richtig sehen zu können.<br />

Die biologische Konstruktion des<br />

menschlichen Auges ermöglicht es<br />

zwar, Farben Gelb, Rot, Blau und alle<br />

Zwischentöne zu erkennen, es kann<br />

aber einzelne Farben im Spektrum nur<br />

abhängig vom Umfeld bewerten. Ein<br />

Objekt wird nur dann wahrgenommen,<br />

wenn es sich durch Kontrast von seiner<br />

Umgebung abhebt. Dies kann ein<br />

struktureller oder ein Farbenkontrast<br />

sein. Objekte, die sich strukturell wenig<br />

vom Hintergrund abheben, werden<br />

kaum erkannt.<br />

Farbenkorrektur des Lichts<br />

Das Licht auf unserem Planeten wandelt<br />

sich im Laufe eines Tages:<br />

Morgens und abends herrscht langwelliges<br />

(rotes) Licht vor, mittags dominiert<br />

kurzwelliges (blaues) Licht. Diese<br />

Schwankungen nehmen wir aber nicht<br />

wahr, weil ein Farbkonstanzsystem<br />

eine Farbanpassung der Wahrnehmung<br />

korrigiert. Daher ist der Eindruck<br />

eines Gegenstands, der vom Tageslicht<br />

beleuchtet wird, der gleiche, wenn<br />

er vom grünen Neonlicht oder gelben<br />

Glühlampenlicht beleuchtet wird. Ein<br />

objektiver fotografischer Film zeigt<br />

daher den Gegenstand in vermeintlichen<br />

Falschfarben.<br />

Fazit<br />

Der Mensch ist täglich einer Flut von<br />

optischen Eindrücken ausgesetzt, aus<br />

der Informationen herausgefiltert werden<br />

müssen. Durch optisches Gedächtnis<br />

und Gestaltergänzung kann<br />

das Gehirn die wesentlichen Informationen<br />

aufarbeiten. Der Mensch<br />

sieht daher nur das, was er sehen will,<br />

nicht was ihm tatsächlich als optische<br />

Information angeboten wird.<br />

Informationsbruchstücke reichen, um ein Objekt<br />

zu identifizieren. Das menschliche Gehirn vergleicht<br />

gespeicherte Bilder mit dem betrachteten<br />

Objekt, es werden Linien fortgedacht und zu<br />

einem Ganzen zusammengesetzt. Dies ist in der<br />

Abbildung links an zwei nicht vorhandenen Dreiecken<br />

zu erkennen. Wenige Informationen reichen,<br />

um einen Gegenstand zu charakterisieren.<br />

Dies ist auch der Fall bei dem hier dargestellten<br />

Dromedar: Wenige Punkte markieren den<br />

Umriss des Tieres. Der Mensch zweifelt Gesehenes<br />

selten an, da ihm seine Sichtweise in<br />

der Evolution vor vielen Gefahren bewahrt hat.<br />

Sie ließ ihn Raubtiere erkennen, selbst wenn nur<br />

etwas Fell durch einen Busch schimmerte.<br />

<strong>explore</strong>: 4/2006 - 13


Von Dr. Doris Marszk<br />

Als der Farbfilm aufkam, hielt sich der Jubel in Grenzen.<br />

Beim ersten Farbfilm überhaupt, Rouben Mamoulians Becky<br />

Sharp aus dem Jahr 1935, monierten die Kritiker sogar die<br />

verschwenderischen Farben. Farbe im Film wurde zunächst<br />

nicht wahrgenommen als eine lang erwartete Möglichkeit<br />

der realistischen Darstellung, sondern, im Gegenteil, als<br />

etwas Künstliches. „Farbe wurde zunächst eingesetzt für<br />

das Märchenhafte, das Expressive“, sagt Filmwissenschaftler<br />

Professor Dr. Norbert Grob von der Universität<br />

Mainz. „Schwarzweiß dagegen galt als das Authentische<br />

und Echte.“ Schwarzweiß war nicht nur mit den Anfängen<br />

des Filmschaffens um 1900 verbunden – Filme wurden auch<br />

zunächst fast ausschließlich zur Abbildung realer Vorgänge<br />

eingesetzt. Die Brüder Lumière, die Erfinder des<br />

Cinématographen, dokumentierten die Krönung des Zaren<br />

Nikolaus II., filmten die Fütterung eines Babys oder das<br />

Einfahren eines Zuges. Die große Zeit des erzählenden<br />

Stummfilms begann in den Jahren nach 1910.<br />

14 - <strong>explore</strong>: 4/2006<br />

WISSEN Licht- und Schattenspiele<br />

Licht- Licht-<br />

und Schattenspiele<br />

Schattenspiele<br />

Vor etwa 70 Jahren kam der erste Farbfilm der Welt in die Kinos. Doch der Schwarzweißfilm war<br />

und ist nicht totzukriegen. Wichtige Filme der neueren und neuesten Zeit sind, zumindest teil-<br />

weise, in Schwarzweiß gedreht. Was lässt Filmemacher auch heute noch immer wieder auf<br />

Schwarzweiß zurückgreifen?<br />

Lange Schatten und ein<br />

spärliches Licht können<br />

eine Szene erst so richtig<br />

trostlos erscheinen<br />

lassen. Hier eine Szene<br />

aus dem Film „Die<br />

freudlose Gasse“ von<br />

Georg Wilhelm Pabst<br />

aus dem Jahr 1925.<br />

Schwarzweiß wurde 1960 eine<br />

künstlerische Entscheidung<br />

Erst mit der Zunahme der Farbfilmproduktionen verlor der<br />

Farbfilm sein Image als Material des Unwirklichen.<br />

Gleichzeitig wurde Schwarzweiß zunehmend als das<br />

Künstliche angesehen. „Ab etwa 1960 war die Entscheidung<br />

für Schwarzweiß eine künstlerische Entscheidung“,<br />

sagt Professor Grob. Das lag nicht zuletzt<br />

daran, dass Farbfilme nun nicht mehr teurer waren als<br />

Schwarzweißfilme. Zu den Filmen, die bewusst in<br />

Schwarzweiß gedreht wurden, gehören die frühen Filme der<br />

„Nouvelle Vague“ wie François Truffauts Sie küssten und sie<br />

schlugen ihn (1959), Jules und Jim (1962) und Die süße<br />

Haut (1964) oder Jean-Luc Godards Außer Atem (1960).<br />

Schwarzweiß stand hier zum einen für eine Hommage an<br />

die amerikanischen B-Movies der 30er- und 40er-Jahre.<br />

Zum anderen sollte die Verwendung von Schwarzweiß auch<br />

als Bruch mit dem Selbstverständlichen verstanden werden,<br />

mit den Massenproduktionen in Farbe.


Licht- und Schattenspiele WISSEN<br />

Doch Schwarzweiß hat auch unabhängig von einem künstlerisch-politischen<br />

Credo seine ganz eigene Wirkung.<br />

„Grundsätzlich kann man alles, was man in Schwarzweiß<br />

drehen kann, auch in Farbe drehen“, sagt Medienwissenschaftler<br />

Professor Dr. Knut Hickethier von der Universität<br />

Hamburg. „Aber Schwarzweiß wirkt grafischer und flächiger.<br />

Die Bildkomposition tritt stärker hervor.“ In der Schwarzweißfotografie<br />

und dem Schwarzweißfilm gibt es im<br />

Wesentlichen drei Arten, mit Licht umzugehen: Im Normalstil<br />

wird die Szene so ausgeleuchtet, dass alle Details gut zu<br />

sehen sind. Bei der Low-Key-Beleuchtung bleiben große<br />

Teile des Bildes dunkel, und es entstehen schroffe Hell-<br />

Dunkel-Kontraste. Bei der High-Key-Beleuchtung schließlich<br />

erscheint die ganze Szene gleichmäßig und fast ohne<br />

Schatten (siehe <strong>explore</strong>: 4/2005, „Schwarz auf Weiß –<br />

Faszination Fotografie“).<br />

Licht- und Schatteneffekte betonen das Zwielichtige<br />

Bei der Low-Key-Beleuchtung wird das Unheimliche meist<br />

noch unheimlicher und das Trostlose noch trostloser. So<br />

beschreibt Professor Hickethier in seinem Buch „Film- und<br />

Fernsehanalyse“ Licht und Schatten in dem Film Die freudlose<br />

Gasse von Georg Wilhelm Pabst (1925): „Die Straße ist<br />

in Dunkelheit getaucht. Das Licht ist spärlich, schemenhaft<br />

ist eine Häuserecke zu erkennen. Im Vordergrund Leute, die<br />

auf der Straße gehen. Die Häuser machen zudem einen<br />

altertümlichen, verwahrlosten Eindruck. Die Architektur charakterisiert<br />

das Milieu und die Elendssituation. Eine<br />

Straßenlampe gibt ein schwaches Licht, beleuchtet ein<br />

Plakat, das darunter hängt.“<br />

„Auch der Kriminalfilm neigt vom Genre her zu Schwarzweiß“,<br />

sagt Professor Hickethier. Man denke nur an die Spur<br />

des Falken (1941) von John Huston, der manchen als<br />

Inbegriff des Film Noir gilt. In diesem Film, nach dem Buch<br />

Der Malteser Falke von Dashiell Hammett, wird nach allen<br />

Regeln der Kunst mit Licht und Schatten gespielt. Viele<br />

Szenen sind so ausgeleuchtet, dass hinter den Figuren<br />

überdimensionale Schatten auftauchen, die das Geschehen<br />

unter eine zusätzliche ständige Bedrohung stellen. Mit den<br />

Schatten der Jalousie, die sich auf der Figur der rätselhaften<br />

Brigid O'Shaughnessy abzeichnen, wird ihr zwielichtiger<br />

Charakter unterstrichen.<br />

Licht- und Schatteneffekte, die im Schwarzweißfilm so gut<br />

zur Geltung kommen, machen Schwarzweiß auch beim<br />

Thriller zur ersten Wahl, etwa in dem Film Die Wendeltreppe<br />

(1945) von Robert Siodmak. In diesem Film geht ein Mörder<br />

um, der es auf Frauen abgesehen hat, die irgendein körperliches<br />

Gebrechen haben. Der Mittelpunkt der Geschichte ist<br />

das Haus der Misses Warren, der die stumme Helen Chapel<br />

als Gesellschafterin dient. Neben typischen Horrorelementen<br />

wie Gewitter, klappernden Fensterläden und schlagenden<br />

Gattern entsteht das Grauen auch aus Licht- und<br />

Schatteneffekten. „Bei diesem Film“, so Professor<br />

Hickethier, „wäre es wirklich schwierig, diese unheimliche<br />

Atmosphäre in Farbe rüberzubringen.“<br />

Schwarzweiß-Szenen als Zitat<br />

Schwarzweiß kann auch gleichsam ein Zitat oder ein erzählerisches<br />

Mittel sein. So gibt es Filme, die eigentlich in Farbe sind,<br />

aber bei Rückblenden auf Schwarzweiß zurückgreifen. Gern<br />

wird heute Schwarzweiß auch in Farbfilmen eingesetzt, wenn<br />

an ein nicht-fiktives historisches Ereignis erinnert werden soll.<br />

Der Regisseur Edgar Reitz beispielsweise nutzte dieses<br />

Verfahren in seiner Heimat-Trilogie. Schwarzweiß wird also<br />

auch heute noch manchmal bewusst eingesetzt, um<br />

Authentizität zu vermitteln.<br />

Als typischer Fall von Schwarzweiß als Zitat kann wohl George<br />

Clooneys Film Good Night and Good Luck (2005) gelten, dessen<br />

Held, der Fernsehjournalist Edward A. Murrow, gegen<br />

Senator McCarthy kämpft, der in jedem kritischen Geist gleich<br />

einen Kommunisten wittert. Der Film spielt 1953, als das<br />

Fernsehen nur Schwarzweiß kannte. Der Fernsehjournalist<br />

Edward Murrow konnte von seinen Zeitgenossen nur in<br />

Schwarzweiß gesehen werden, also wird seine Geschichte<br />

eben so präsentiert.<br />

TV-Serien in Schwarzweiß sind heute nicht mehr möglich<br />

„Wenn man Gute Zeiten, schlechte Zeiten den Zuschauern in<br />

Schwarzweiß präsentieren würde, gäbe es wahrscheinlich<br />

Zuschauerproteste“, vermutet Professor Hickethier. Schwarzweiß<br />

als Norm ist tot. Einfach so einen Film oder gar eine<br />

Fernsehserie in Schwarzweiß zu drehen, ist praktisch nicht<br />

mehr möglich. Dennoch: Als Kunstgriff, als künstlerisches<br />

Credo, als Hommage oder als Zitat lebt der Schwarzweißfilm<br />

weiter. Und so lange es ein cineastisch interessiertes Publikum<br />

gibt, wird dies auch so bleiben.<br />

<strong>explore</strong>: INFOBOX<br />

Einige Schwarzweißfilme der jüngsten Zeit:<br />

Schindlers Liste (USA 1993), Regie: Steven Spielberg,<br />

DVD im Handel erhältlich<br />

Kubanisch Rauchen (A / D 1998), Regie: Stephan Wagner<br />

Der vermutlich letzte Schwarzweißfilm weltweit, der auf Orwo-Material<br />

(DDR-Filmmaterial „Original Wolfen“) gedreht wurde.<br />

Coffee and Cigarettes (USA 2003), Regie: Jim Jarmusch,<br />

DVD im Handel erhältlich<br />

Sin City (USA 2005), Regie: Frank Miller / Robert Rodriguez<br />

Von einigen Szenen abgesehen, ist der Film in hochauflösendem<br />

Schwarzweiß gedreht und erinnert so an die gleichnamige Comic-Serie.<br />

Sehr brutal. DVD im Handel erhältlich<br />

Good Night, and Good Luck (USA 2005), Regie: George Clooney,<br />

DVD ab dem 17. November erhältlich<br />

Einige Schwarzweiß-Klassiker:<br />

Die freudlose Gasse (D 1925), Regie: Georg Wilhelm Pabst, Stummfilm<br />

Die Spur des Falken (USA 1941), Regie: John Huston<br />

Film Noir; DVD im Handel erhältlich<br />

Die Wendeltreppe (USA 1946), Regie: Robert Siodmak<br />

Thriller; nur die DVD der englischen Originalfassung<br />

The Spiral Staircase erhältlich<br />

Außer Atem (F 1959), Regie: Jean-Luc Godard<br />

Film der Nouvelle Vague, DVD im Handel erhältlich<br />

<strong>explore</strong>: 4/2006 - 15


16 - <strong>explore</strong>: 4/2006<br />

WISSEN Bunt sind alle meine Farben<br />

Bunt sind alle meine Farben<br />

Von Dr. Heiner Wolfes<br />

„Die Menschen empfinden im Allgemeinen eine große Freude an der Farbe. Das Auge bedarf ihrer, wie es des<br />

Lichtes bedarf“ (Goethe, Zur Farbenlehre).<br />

Es wird geschätzt, dass mehr als die Hälfte aller Informationen, die ein Mensch aufnimmt, Farbinformationen sind.<br />

Farbreize der Medien bestimmen unser Leben und unser Kaufverhalten. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass<br />

schon die Gründungsväter der Fotografie wie Niépce im Jahre 1860 versuchten, farbige Bilder zu erstellen.<br />

Was ist Farbe?<br />

Die Strahlen des „sichtbaren“ elektromagnetischen<br />

Spektrums, die auf das<br />

Auge treffen, werden von den Sehzellen<br />

in Farbvalenz umgewandelt und<br />

erst vom Gehirn in einen Farbeindruck<br />

umgewandelt. Aus den Signalen der<br />

drei Zapfenarten in der menschlichen<br />

Netzhaut für die drei Grundfarben Rot,<br />

Grün und Blau entsteht dann unter<br />

Berücksichtigung der Gesamthelligkeit<br />

die Wahrnehmung der Farbe.<br />

Auf dieser spektralen Empfindlichkeit<br />

der Zapfen basierte auch die erste wissenschaftliche<br />

Dreifarbentheorie, die<br />

maßgeblich von Herrmann von Helmholtz<br />

(1850) entwickelt wurde. Er hatte<br />

beobachtet, dass man aus dem farbigen<br />

Licht dreier Primärfarben jede<br />

beliebige Farbe mischen kann. Zu den<br />

bunten Grundfarben (Orange-)Rot,<br />

Grün und (Violett-)Blau gehört noch<br />

die unbunte Grundfarbe Schwarz. Die<br />

Mischung der drei Farben ergibt Weiß,<br />

die Abwesenheit aller Farben Schwarz.<br />

Dieses Prinzip der additiven Mischung<br />

wird zum Beispiel bei Farbmonitoren<br />

angewandt.<br />

Kalte Farben: Das vorherrschende Blau dieses<br />

Novembermorgens an der Avus in Berlin<br />

erzeugt eine kühle Stimmung.<br />

Dreiklang: Die höchste Stufe der Farbharmonie<br />

ist die Kombination von drei Farben, die sich<br />

im Itten-Farbkreis in einem gleichseitigen<br />

Dreieck gegenüberliegen. Hier wird ein<br />

Farbdreiklang aus den Farben Gelb, Rot und<br />

Blau gezeigt.<br />

Demgegenüber basieren die Wahrnehmung<br />

der Körperfarben und auch<br />

die Farbfotografie auf dem Prinzip der<br />

subtraktiven Mischung. Dies findet<br />

bereits an der Oberfläche der Materialien<br />

statt. Das Licht trifft auf ein Objekt<br />

und wird teilweise absorbiert, das restliche<br />

abgestrahlte Licht ergibt dann<br />

den Farbeindruck. Ein Objekt, das<br />

keine Farbe reflektiert, erscheint daher<br />

schwarz, ein Gegenstand der alle<br />

Farben reflektiert, weiß. Ein rotes<br />

Objekt absorbiert also alle Farben<br />

außer Rot und reflektiert die Farbe Rot.<br />

Solche Farben werden wegen der<br />

Absorption auch als Subtraktionsfarben<br />

bezeichnet. Die meisten kommerziellen<br />

Farbfilme beruhen auf diesem<br />

Prinzip, da sich aus den drei<br />

Primärfarben Gelb, Magentarot und<br />

Cyanblau alle Zwischenfarben mischen<br />

lassen, wobei als Basisfarbe die<br />

unbunte Grundfarbe Weiß benötigt<br />

wird, um die Differenzwerte auszufüllen.<br />

Bei Farbdias liefert der Projektor<br />

das weiße Licht, beim Drucken oder<br />

Malen sind es die weißen Untergründe.<br />

Klassifizierung der Farben<br />

Leonardo da Vinci (1452 bis 1519) versuchte<br />

als einer der ersten, Farben zu<br />

ordnen und zu klassifizieren; auch<br />

Johann Wolfgang von Goethe (1749<br />

bis 1832) beschäftigte sich intensiv mit<br />

der Farbenlehre und mit der sinnlichen<br />

und psychischen Wirkung der Farben.<br />

In der Folgezeit gab es eine Vielzahl<br />

von Systemen und Versuchen, die<br />

Farben zu ordnen und zu systematisieren.<br />

Der Maler Philipp Otto Runge<br />

erkannte die unbunten Grundfarben<br />

Schwarz und Weiß als unverzichtbar<br />

für ein logisches Ordnungssystem für<br />

alle Farben. Farbkreise können diese<br />

Sachverhalte nicht wiedergeben, deshalb<br />

wurden schon sehr früh Farbenkörper<br />

(Kugel, Pyramide, Doppelkegel,<br />

Tetraeder, Würfel) vorgeschlagen, um<br />

die große Palette der Farben zu erfassen.<br />

Das neueste dreidimensionale<br />

Ordnungssystem auf naturwissenschaftlicher<br />

Basis ist der Rhomboeder-<br />

Farbenraum von Küppers. Bekannt<br />

geworden ist auch der Farbkreis von<br />

Johannes Itten (1961), der die subjektiven<br />

Wirkungen von Farben aus der<br />

Sicht eines Malers beschreibt.<br />

Kalt-Warm-Kontrast: Die Kombination des<br />

warmen Gelbs einer Sonnenblume mit dem<br />

kalten Blau des Sommerhimmels führt zu<br />

einem spannungsreichen Farbkontrast.


Bunt sind alle meine Farben WISSEN<br />

Kalt-Warm-Kontrast: Die warme Farbe Rot drängt sich in den Vordergrund, die kalte Farbe Grün<br />

bildet den Hintergrund. Rot und Grün liegen sich im Farbkreis gegenüber und verstärken sich<br />

gegenseitig. Das Bild ist ausgewogen, weil die Signalfarbe Rot die kalte Farbe Grün dominiert.<br />

Farbfotografie<br />

Der wirkliche Durchbruch der Farbfotografie<br />

gelang im Jahre 1936, als<br />

Agfa und Kodak die ersten kommerziellen<br />

Farbdiafilme zum Verkauf anboten,<br />

die in drei Schichten die drei Subtraktionsfarben<br />

enthielten. Nach diesem<br />

Prinzip der damals vorgestellten<br />

Filme funktionieren auch heute noch<br />

fast alle gängigen Farbfilme.<br />

In den 50er-Jahren des vergangenen<br />

Jahrhunderts wurde die Farbfotografie<br />

auch für die Normalbürger verfügbar<br />

und war nicht länger ein Medium der<br />

Mode- und Journalfotografen. Die<br />

ersten Amateurfotografien dieser<br />

Epoche waren vor allem bunt, weil<br />

man zum ersten Mal mit dem Medium<br />

„Farbe“ umgehen konnte. Für die<br />

Ästhetik der professionellen Fotografen<br />

gab es aber neue Herausforderungen,<br />

die sich zunächst an der<br />

klassischen Malerei orientierten.<br />

Die planvolle Wahl der Farben ist für<br />

die Wirkung eines Farbbilds aber von<br />

entscheidender Bedeutung. Dies führte<br />

zu den neuen geisteswissenschaftlichen<br />

Disziplinen des Farbdesigns und<br />

der Farbpsychologie. Farben suggerieren<br />

Ideen und Begriffe, die verwendet<br />

werden können, um dem Farbbild zu-<br />

sätzliche Eindruckskraft und Gewicht<br />

zu geben. Dies ist vor allem kulturell<br />

bedingt, psychologische Empfindungen<br />

sind abhängig von individuellen<br />

Erfahrungen und Überlieferungen<br />

über Jahrhunderte. Menschen eines<br />

gleichen Kulturkreises haben ähnliche<br />

Farbempfindungen. In Deutschland<br />

werden die warmen Farben Gelb und<br />

Rot mit Sonne, Reife, Optimismus<br />

sowie Wärme, Blut und Gefahr assoziiert.<br />

Dagegen symbolisieren die kalten<br />

Farben Grün und Blau Natur, Frische<br />

und Ruhe oder Kälte, Wasser und<br />

Harmonie. Bei uns steht Weiß für<br />

Unschuld, Leichtigkeit und Leere,<br />

Schwarz für Trauer, Macht und<br />

Unglück. In anderen Kulturkreisen<br />

steht die Farbe Weiß für Trauer, die<br />

Farbe Grün für Religion.<br />

Bildelemente in hellen Farben erscheinen<br />

leichter als Objekte, die dunkel<br />

sind. Fotos, die in hellen, gesättigten<br />

Farben gehalten sind, erzeugen mehr<br />

Aufmerksamkeit als Bilder in gedeckten,<br />

dunklen Farbtönen. Diese Erkenntnisse<br />

werden in der Werbebranche<br />

für die Gestaltung von Produkten<br />

ausgenutzt. Häufig werden<br />

Farbkontraste genutzt, um Stimmungen<br />

zu transportieren. Dabei<br />

orientiert man sich am Farbkreis von<br />

Itten. Fotos, in denen warme Farben<br />

vorherrschen, werden als angenehm,<br />

Fotos mit kalten Farben als abweisend<br />

empfunden. Die Kombination von kalten<br />

und warmen Farben (Kalt-Warm-<br />

Kontrast) erzeugt Spannung im Bild.<br />

Häufig werden auch Farbdreiklänge<br />

angewandt, um ein Produkt möglichst<br />

optimal zu präsentieren.<br />

Uns umgeben jeden Tag viele<br />

Farbbilder. Die meisten Werbefotos<br />

sind nach den Regeln der Farbpsychologie<br />

und des Farbdesigns aufgebaut,<br />

um die angepriesenen Produkte<br />

optimal zu präsentieren. Ein<br />

Amateurfotograf kann durch Anwendung<br />

dieser Regeln die Aussage<br />

seiner Bilder deutlich verbessern.<br />

<strong>explore</strong>: INFOBOX<br />

BUCHTIPP:<br />

„Das Foto, Bildaufbau und Farbdesign“ von<br />

Harald Mante, Gitching, 2000 ISBN:<br />

3933131561, 49,45 Euro<br />

LINKS:<br />

http://www.colorsystem.com<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Farbwahrnehmung<br />

Der Farbkreis:<br />

Der Farbkreis wurde von Itten aus den<br />

Erfahrungen der Kunstpädagogik entwickelt.<br />

Ausgehend von den drei Farben erster<br />

Ordnung (Gelb, Rot und Blau) sind die<br />

Mischfarben höherer Ordnung darum angeordnet.<br />

Die Farben sind in einem Kreis angeordnet,<br />

kalte Farben liegen auf der linken,<br />

warme Farben auf der rechten Seite des<br />

Kreises. Farben, die sich gegenüberliegen,<br />

sind Komplementärfarben und verstärken sich<br />

gegenseitig, wenn sie in einem Bild miteinander<br />

kombiniert werden. Dieser Farbkontrast<br />

führt zu dramatischen Bildwirkungen. Farben,<br />

die sich in einem gleichseitigen Dreieck gegenüberliegen,<br />

ergeben einen Farbendreiklang.<br />

Dieser Farbkreis beschreibt subjektive<br />

Wahrnehmungen, gibt aber die physikalischen<br />

Beschreibungen der Farben, wie sie für technische<br />

Anwendungen (Farbfotografie, Farbfernsehen,<br />

Farbdrucke, Farbenindustrie) benötigt<br />

werden, nicht richtig wieder. Zum<br />

Beispiel fehlen die wichtigen Farben Weiß und<br />

Schwarz, und die Farben erster Ordnung sind<br />

keine Primärfarben.<br />

<strong>explore</strong>: 4/2006 - 17


Lichtstrahlen und Sehstrahlen<br />

Von Prof. Dr. Thomas J. Schult<br />

18 - <strong>explore</strong>: 4/2006<br />

WISSEN Lichtstrahlen und Sehstrahlen<br />

Animierte Filme wirken immer realistischer, die Szenen plastischer. Wie schaffen es<br />

Computergrafiker, dreidimensionale Welten so natürlich wirken zu lassen?<br />

Viele Grafiker, viele Computer, viel Zeit:<br />

das sind die Rohstoffe für einen<br />

Animationsfilm. Grafiker entwerfen am<br />

Rechner zunächst dreidimensionale<br />

Figuren und<br />

Objekte, die einmal die<br />

Filmszenen bevölkern sollen.<br />

Texturen verwandeln<br />

die glatten Körper in<br />

Figuren mit Ausdruck – oft<br />

reicht es, ein Foto quasi auf<br />

einen Körper zu tapezieren.<br />

Durch Bump Maps werden<br />

Risse und Dellen erzeugt, die<br />

einen Körper erst lebendig<br />

werden lassen. Transparenz<br />

und Reflexionsverhalten der<br />

Objekte sind schließlich festzulegen,<br />

um im nächsten Schritt<br />

das Rendern zu ermöglichen,<br />

also die Produktion dreidimensional<br />

wirkender „Fotos“ der<br />

Szenerie aus virtuellen Figuren<br />

und Lichtquellen.<br />

Ausgefeilte Beleuchtungsmodelle<br />

suggerieren dabei Räumlichkeit, wo<br />

keine ist: Virtuelles Licht kommt<br />

punktförmig oder diffus, wird von<br />

Oberflächen reflektiert oder gebrochen,<br />

wirft harte oder weiche<br />

Schatten. Spiegelungen kommen<br />

auch ohne Spiegel vor, wenn zum<br />

Beispiel der rote Teppich die angrenzende<br />

weiße Wand rosa färbt.<br />

Doch die Physik der Lichtverhältnisse<br />

ist so komplex, dass sie selbst mit<br />

massivem Computereinsatz nicht in<br />

den Griff zu bekommen ist. 3D-<br />

Software beschränkt sich deshalb darauf,<br />

einen kleinen Ausschnitt der<br />

Beleuchtungssituation zu modellieren.<br />

Wichtigstes Prinzip dabei: nur solche<br />

Lichtstrahlen berechnen, die auch<br />

wirklich zu sehen sind. Alle anderen<br />

vergeuden nur Rechenzeit. Deshalb<br />

verfolgt Software nicht einfach alle<br />

Strahlen, die von Lichtquellen in der<br />

Szenerie ausgesendet werden, weil<br />

die meisten ohnehin nicht die<br />

Augen der Betrachter erreichen.<br />

Stattdessen beachtet sie hauptsächlich<br />

die Sehstrahlen, geht<br />

also rückwärts vom Auge bis<br />

zum Sender des Lichts.<br />

Doch auch mit dieser<br />

Einschränkung wird es auf<br />

absehbare Zeit nicht möglich<br />

sein, wirklich fotorealistische<br />

Animationen in Echtzeit auf<br />

dem Computer laufen zu<br />

lassen, zum Beispiel in<br />

Computerspielen. An die<br />

Bildqualität von Animationsfilmen<br />

im Kino werden<br />

jedoch hohe Anforderungen<br />

gestellt, und<br />

mehrere Jahre Zeit stehen<br />

oft auch zur<br />

Verfügung. Filmstudios<br />

lassen daher ganze<br />

Rechnerparks, so genannteRenderfarmen,<br />

monatelang<br />

die Lichtverhältnisse<br />

in den Szenen berechnen<br />

und die<br />

Ansichten erzeugen, damit sie<br />

wirklich echt aussehen.<br />

„Während ein Realfilm acht bis zwölf<br />

Wochen engster Zusammenarbeit<br />

beim Dreh auf dem Set erfordert,<br />

waren es bei Urmel aus dem Eis zwei<br />

Jahre“, sagt Regisseur Holger Tappe.<br />

„In unserer Art der Filmherstellung gibt<br />

es jede Woche einen aktualisierten<br />

Film, der sich Schritt für Schritt weiter<br />

entwickelt. Wenn er beispielsweise<br />

eine neue Szene enthält, dann existiert<br />

zu dieser möglicherweise erst einmal<br />

eine Zeichnung – und ein paar Tage<br />

später ist diese dann animiert. Die<br />

Figuren bewegen sich dann in einem<br />

Schwarzweißbild. Der nächste Schritt<br />

wäre schließlich die Farbe.“ Der Vorteil:<br />

„Die Szenen können laufend optimiert<br />

werden. Und so arbeitet man dann<br />

auch am Drehbuch, an der Regie, an<br />

der Kamera, also an der ganzen<br />

Struktur laufend weiter.“<br />

<strong>explore</strong>: INFOBOX<br />

Bei der Motion-Capture-Technik kupfern die<br />

Filmemacher natürliche Bewegungen ab,<br />

indem sie Menschen in besonders präparierte<br />

Anzüge stecken und ihre Bewegungen aufzeichnen.<br />

Alternativ kommt die Key-Frame-<br />

Technik zum Einsatz: Am Computer wird nur<br />

ein kleiner Teil der für den Film benötigten<br />

Bilder gezeichnet. Der Computer berechnet<br />

die restlichen Bilder automatisch und sorgt für<br />

flüssige Bewegungen.<br />

Von Gaya nach Titiwu: Animationsfilme<br />

aus Deutschland<br />

Seit fast drei Jahren gibt es Abend füllende<br />

3D-Animationen auch aus Deutschland.<br />

Holger Tappe, Absolvent eines Design-<br />

Studiengangs der Fachhochschule Hannover,<br />

gab mit seiner Firma Ambient Entertainment<br />

sein Kinodebüt mit dem Spielfilm Back to<br />

Gaya, der in Motion-Capture-Technik produziert<br />

wurde. Im vergangenen Sommer folgte<br />

der zweite Streich: Urmel aus dem Eis nach<br />

Max Kruses Kinderbuchklassiker. „Die Bilder<br />

entstanden quasi in kompletter Handarbeit in<br />

der Key-Frame-Technik“, so Trappe. „Wir<br />

wollten bewusst, dass sich die Figuren übertriebener,<br />

also eindeutiger bewegen, weil<br />

Kinder mit solchen optischen Elementen leichter<br />

umgehen können.“<br />

LINKS:<br />

Website zum Urmel-Film<br />

www.urmelausdemeis-derfilm.de<br />

Technik des Gaya-Films<br />

www.heise.de/ct/04/07/088


Unser Netzwerk<br />

Verbindungen, die Kunden nutzen<br />

19 - <strong>explore</strong>: 4/2006


TÜV NORD NETZWERK<br />

Mehr zu den mit � gekennzeichneten<br />

Themen unter:<br />

www.tuev-nord.de/<strong>explore</strong><br />

„Ein Gütezeichen auf<br />

hohem Niveau“<br />

Im Umgang mit Unternehmen wollen<br />

viele Behörden besser werden<br />

als ihr Ruf. Elf Kommunen aus ganz<br />

Deutschland, davon acht aus Nordrhein-Westfalen,<br />

haben deshalb im<br />

April in Düsseldorf die „Gütegemeinschaft<br />

Mittelstandsorientierte<br />

Kommunalverwaltung“ gegründet.<br />

Das Prinzip: Die Gütegemeinschaft<br />

verleiht den Kommunen nach<br />

erfolgreicher Zertifizierung das<br />

Recht, ein entsprechendes Gütesiegel<br />

zu tragen und sich damit als<br />

unternehmerfreundliche Verwaltung<br />

zu präsentieren. Als Zertifizierungsgesellschaft<br />

wurde TÜV NORD<br />

CERT ausgewählt. „Die Zusammenarbeit<br />

soll sicherstellen, dass das<br />

Gütezeichen auf hohem Niveau eine<br />

universelle Bedeutung in Deutschland<br />

erlangt“, sagt Dr. Ortrun<br />

Janson-Mundel, Projektleiterin RAL<br />

Gütezeichen Mittelstandsorientierte<br />

Kommunalverwaltung bei TÜV<br />

NORD CERT. Die Güte- und Prüfbestimmungen<br />

wurden in Zusammenarbeit<br />

mit dem RAL (Deutsches<br />

Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung)<br />

entwickelt. Zusätzlich zu<br />

den elf Kommunen, die seit April<br />

dabei sind, planen zurzeit bereits<br />

mehr als 50 weitere Kommunen<br />

der Gütegemeinschaft beizutreten<br />

und sich zertifizieren zu lassen.<br />

Das erste Zertifizierungsaudit wurde<br />

jetzt erfolgreich im Kreis Dithmarschen<br />

vorgenommen. Die Verleihung<br />

des Gütezeichens ist für<br />

November geplant.<br />

<strong>explore</strong>: 4/2006 - 20<br />

Kontakt:<br />

Dr. Ortrun Janson-<br />

Mundel<br />

ojanson-mundel@<br />

tuev-nord.de<br />

0201 825-3404<br />

Kontakt:<br />

Ulrich Unger<br />

uunger@<br />

tuev-nord.de<br />

0511 986-1971<br />

Kontakt:<br />

Klaus Jahnke<br />

kjahnke@<br />

tuev-nord.de<br />

0511 986-1700<br />

„Die Potenzialanalyse soll bei<br />

der Personalauswahl das<br />

persönliche Gespräch sinnvoll<br />

ergänzen und zu sicheren<br />

Entscheidungen führen“<br />

Bei der Auswahl von Mitarbeitern geht<br />

TÜV NORD Mobilität jetzt neue Wege<br />

– mit der Potenzialanalyse der TÜV<br />

NORD Akademie. Das Analyse-Instrument<br />

wurde ursprünglich durch die<br />

TÜV NORD Akademie zur Suche<br />

nach Vertriebsmitarbeitern und technischen<br />

Führungskräften entwickelt.<br />

Zum Ablauf der Potenzialanalyse:<br />

Dabei steht ein Fragebogen mit mehr<br />

als hundert Fragen im Vordergrund,<br />

den Bewerber online ausfüllen. Dieser<br />

Fragebogen wird anschließend ausgewertet,<br />

das Ergebnisprofil wird grafisch<br />

zusammengefasst: Wo liegen<br />

Stärken und Verbesserungspotenziale<br />

von Bewerbern? „Wir haben die<br />

Potenzialanalyse als neue Dienstleistung<br />

im Januar mit großem Erfolg<br />

eingeführt“, sagt Ulrich Unger, Leiter<br />

der Geschäftsstelle Hannover der<br />

TÜV NORD Akademie. Sie wurde<br />

dann speziell auf die Anforderungen<br />

von TÜV NORD Mobilität an Prüfingenieure<br />

und Sachverständige<br />

zugeschnitten und wird bereits erfolgreich<br />

eingesetzt.<br />

„Mit diesem Verfahren wollen wir erreichen,<br />

dass neu einzustellende Mitarbeiter<br />

weitestgehend unseren<br />

Stellenanforderungen entsprechen“,<br />

sagt Klaus Jahnke, Personalchef<br />

von TÜV NORD Mobilität. „Die Akzeptanz<br />

bei Bewerbern ist hoch, da die<br />

Ergebnisse den Bewerbern im Vorstellungsgespräch<br />

bekannt gegeben<br />

werden und sie ein persönliches<br />

Feedback erhalten“, sagt Klaus<br />

Jahnke. Allerdings könne und solle<br />

die Potenzialanalyse das persönliche<br />

Gespräch nicht ersetzen. Vielmehr<br />

solle das neue Instrument „ein persönliches<br />

Gespräch sinnvoll ergänzen<br />

und zu sicheren Auswahlentscheidungen<br />

führen“, so der Personalchef.<br />

Die Treffsicherheit, mit der Methode<br />

Potenzialanalyse eine gute Personalauswahl<br />

zu treffen, liegt nach Angaben<br />

der TÜV NORD Akademie bei<br />

85 Prozent. �<br />

Kontakt:<br />

Hubert Nowak<br />

hnowak@<br />

tuev-nord.de<br />

0201 825-2683<br />

„Wir wollen den liberalisierten<br />

Markt nutzen“<br />

Nach der langjährigen guten Zusammenarbeit<br />

zwischen TÜV NORD<br />

Systems und der Infracor GmbH<br />

haben die beiden Partner jetzt das<br />

Gemeinschaftsunternehmen TÜV<br />

NORD InfraChem gegründet. An der<br />

neuen Gesellschaft mit Sitz im<br />

Blicken zuversichtlich in die Zukunft (v. l. n. r.):<br />

Klaus-Dieter Kaßmann, Willibrord Lampen, Dr.<br />

Klaus Kleinherbers und Hubert Nowak.<br />

Chemiepark Marl sind TÜV NORD<br />

Systems mit 51 Prozent und Infracor<br />

mit 49 Prozent beteiligt. „Wir bündeln<br />

unsere Stärken und sind so gut gerüstet<br />

für die Herausforderungen des<br />

liberalisierten Marktes der Technischen<br />

Anlagensicherheit“, sagt Hubert<br />

Nowak, Regionalleiter TÜV NORD<br />

Systems Essen. Er führt das neue<br />

Unternehmen gemeinsam mit Dr.<br />

Klaus-Dieter Kaßmann, bei Infracor<br />

verantwortlich für den Bereich<br />

Technische Anlagensicherheit.<br />

Aufgabe von TÜV NORD InfraChem<br />

ist die Prüfung und Inspektion von<br />

Chemieanlagen sowie die Erbringung


von sicherheitstechnischen Dienstleistungen.<br />

Infracor verfügt über<br />

besondere Kompetenzen für die<br />

Prüfung von Anlagen in der chemischen<br />

Industrie und umfassende<br />

Erfahrungen mit den Kunden im Chemiepark<br />

Marl. TÜV NORD Systems<br />

bringt weit reichende Kenntnisse aus<br />

unterschiedlichen Branchen und spezielle<br />

Prüfberechtigungen mit, zum<br />

Beispiel als Zugelassene Überwachungsstelle<br />

für überwachungsbedürftige<br />

Anlagen.<br />

TÜV NORD InfraChem startet mit<br />

acht Mitarbeitern; alle sind bestens mit<br />

den Spezifika chemischer Anlagen<br />

vertraut. An eine Aufstockung des<br />

Personals im Zuge einer Geschäftsausweitung<br />

ist gedacht.<br />

„Selbstverständlich wollen wir die<br />

Dienstleistungen von TÜV NORD<br />

InfraChem auch neuen Kunden, vornehmlich<br />

aus der chemischen Industrie,<br />

anbieten und sehen hierfür beste<br />

Voraussetzungen. Wir wollen den liberalisierten<br />

Markt nutzen, um unser<br />

Geschäft kontinuierlich auszubauen“,<br />

so Hubert Nowak. �<br />

Kontakt:<br />

Jürgen W. Mulisch<br />

jmulisch@tuev-nord.de<br />

040 8557-2348<br />

„Software DIMy weckt<br />

großes Interesse“<br />

Als Partner der nationalen und internationalen<br />

Prozessindustrie hat sich TÜV<br />

NORD Systems während der Achema<br />

2006 in Frankfurt präsentiert.<br />

Branchenmanager Jürgen W. Mulisch<br />

von der TÜV NORD Gruppe war mit<br />

dem Messeverlauf mehr als zufrieden:<br />

„Wir haben viele Unternehmen von<br />

unserer Kompetenzvielfalt überzeugt.“<br />

Das betreffe vor allem die Verbesserung<br />

der Sicherheit und Verfügbarkeit<br />

von Raffinerien und chemischen Anlagen:<br />

„Wir haben hier ein riesiges<br />

Know-how“, bestätigt Mulisch, der<br />

mit seinem Team weltweit Unternehmen<br />

bei der Umsetzung von<br />

Sicherheits- und Verfügbarkeitskonzepten<br />

unterstützt.<br />

DIMy wird weltweit von etwa 400 Unternehmen<br />

an hunderten von Arbeitsplätzen<br />

bei Planung, Bau und Inverkehrbringen von<br />

drucktragenden Bauteilen eingesetzt.<br />

Präsentation von TÜV NORD Systems während der Achema in Frankfurt.<br />

Neben Themen wie Störfall-, Explosions-<br />

und Umweltschutz fand vor<br />

allem die Software DIMy große Aufmerksamkeit.<br />

Die Software, die Unterstützung<br />

bei der Dimensionierung von<br />

druckbeanspruchten Bauteilen bietet,<br />

ist weltweit bei etwa 400 Unternehmen<br />

im Einsatz. Seit 20 Jahren wird<br />

DIMy von den Fachleuten der TÜV<br />

NORD Gruppe ständig weiter entwickelt<br />

und an neueste Regelwerke angepasst.<br />

„DIMy ist ein modulares<br />

Software-System, das individuell und<br />

kosteneffizient nach anwenderspezifischen<br />

Bedürfnissen zusammengestellt<br />

werden kann“, lobt Mulisch<br />

das Produkt.<br />

TÜV NORD NETZWERK<br />

Kontakt:<br />

Olaf Blumenthal<br />

oblumenthal@<br />

tuev-nord.de<br />

0511 986-2670<br />

„Arztpraxen können jetzt<br />

das TÜV-Siegel ,QM geprüft‘<br />

erreichen“<br />

Seit April bietet das Softwareunternehmen<br />

MCS ein neues Qualitätsmanagement-Modul<br />

(QM) für niedergelassene<br />

Ärzte an.<br />

Das Modul ist in die Praxissoftware<br />

MCS-Isynet integriert und stellt eine<br />

sinnvolle Ergänzung oder Alternative<br />

zu den Modellen der Krankenversicherungen<br />

und Kassenärztlichen<br />

Bundesvereinigung dar. Checklisten,<br />

Ablaufbeschreibungen und abrufbare<br />

Gesetzestexte unterstützen den Anwender<br />

beim Aufbau seines QM-<br />

Systems, das vollständig digital<br />

abgebildet werden kann.<br />

TÜV NORD CERT hat das Konzept<br />

überzeugt: Zum 1. Juli ist eine Kooperationsvereinbarung<br />

mit MCS in<br />

Kraft getreten. Die Mediziner können<br />

jetzt das TÜV-Siegel „QM geprüft“ für<br />

ihre Praxis erwerben. Die Überprüfung<br />

erfolgt durch medizinische Fachauditoren<br />

von TÜV NORD CERT.<br />

Damit jede Praxis gut auf die Prüfung<br />

durch TÜV NORD CERT vorbereitet<br />

ist, begleiten speziell ausgebildete<br />

Mitarbeiter von MCS und MCS-<br />

Partnern die Praxen bundesweit bei<br />

der Einführung ihres Qualitätsmanagements.<br />

Mit der Kooperation hat<br />

MCS einen erfahrenen Partner für<br />

ihre Kunden gewonnen: Bereits seit<br />

1996 zertifiziert TÜV NORD CERT<br />

QM-Systeme im Gesundheits- und<br />

Sozialwesen.<br />

21 - <strong>explore</strong>: 4/2006


TÜV NORD NETZWERK<br />

<strong>explore</strong>: 4/2006 - 22<br />

Kontakt:<br />

Stephan Kuß<br />

skuss@tuev-nord.de<br />

0201 825-2412<br />

„TÜV NORD GebäudeCheck<br />

findet Mängel an Sekundärbauteilen“<br />

Um die Sicherheit von Hallen oder<br />

anderen großen Gebäuden mit<br />

Publikumsverkehr zu gewährleisten,<br />

rät TÜV NORD Industrieberatung zu<br />

einer bautechnischen Untersuchung<br />

von Dachtragwerken. Hintergrund<br />

dieser Empfehlung sind Hallendacheinstürze<br />

in der jüngsten Vergangenheit.<br />

Dabei gelten beispielsweise die<br />

auf den Dächern liegenden Schneelasten<br />

als Auslöser, jedoch nicht<br />

allein als Ursache, weil bei solchen<br />

Einstürzen auch Mängel an Sekundärteilen<br />

festgestellt wurden. Diese<br />

entstehen zum Beispiel durch unsachgemäße<br />

Bauausführung bei<br />

der Errichtung oder unzureichend<br />

inspizierte Dachtragwerke.<br />

Um dem entgegen zu wirken, hat<br />

TÜV NORD Industrieberatung den<br />

TÜV NORD GebäudeCheck entwickelt,<br />

er hat zwei Phasen.<br />

Phase 1: kritische Gebäude erkennen.<br />

Die Konstruktionsart des Bauwerks<br />

wird erfasst und erkennbare<br />

Mängel dokumentiert. Dann folgt die<br />

Beurteilung der Tragkonstruktion<br />

und ein Vorschlag für Handlungsempfehlungen<br />

mit dem Ziel, Risiken<br />

zu erkennen und auszuschließen. In<br />

Phase 2 beurteilt ein Bautechnik-<br />

Fachmann von TÜV NORD Industrieberatung<br />

die erkannten Risiken<br />

und fertigt abschließend einen Inspektionsbericht<br />

an. Dieser gibt Aufschluss<br />

über die Stand- und Verkehrssicherheit<br />

und damit Gewissheit<br />

über die tatsächlich vorhandene<br />

Tragfähigkeit des Gebäudes. �<br />

Kontakt:<br />

Dr. Klaus Oberste-<br />

Lehn<br />

koberste-lehn@<br />

tuev-nord.de<br />

0201 825-2207<br />

Kontakt:<br />

Ina Walter<br />

„Ethik wird ein harter<br />

Erfolgsfaktor“<br />

iwalter@tuev-nord.de<br />

0511 986-2650<br />

Scharfer Wettbewerb und hoher Innovationsdruck<br />

prägen heute das<br />

Wirtschaftsleben. Dabei steigt auch<br />

die Gefahr, dass sich Unternehmen<br />

gegenüber Kunden, Lieferanten, Mitarbeitern<br />

und Anteilseignern unlauter<br />

oder skrupellos verhalten. Dem kann<br />

man vorbeugen. Die Einführung eines<br />

Ethik-Managementsystems ist der<br />

erste Schritt. Darin definiert ein Unternehmen<br />

Richtlinien und Werte, die für<br />

den Umgang mit allen unternehmensrelevanten<br />

Zielgruppen ausschlaggebend<br />

sind. Mit der Zertifizierung des<br />

Ethik-Managementsystems durch<br />

eine unabhängige Institution wird<br />

sichergestellt, dass die aufgestellten<br />

Prinzipien und Werte auch gelebt und<br />

umgesetzt werden. Hier bietet sich<br />

TÜV NORD CERT als Partner an. TÜV<br />

Schritte zum Ethik-Zertifikat – alle wichtigen<br />

Infos in der Broschüre „Erfolg durch ein<br />

wert(e)volles Miteinander“ zusammengefasst.<br />

NORD CERT ist das erste Unternehmen<br />

in Deutschland, das eine<br />

Zertifizierung wirtschaftsethischer<br />

Unternehmensführung in Kooperation<br />

mit dem Ethikverband der deutschen<br />

Wirtschaft e.V. anbietet. Das individuell<br />

auf die Belange eines Unternehmens<br />

ausgerichtete Ethik-Managementsystem<br />

bietet Schutz vor einem<br />

nur schwer wieder herstellbaren<br />

Reputationsverlust und stellt sicher,<br />

dass kein Mitarbeiter ungestraft nach<br />

ungesetzlichen und unfairen Praktiken<br />

handelt. Es hilft zudem, die Integrität<br />

und Wettbewerbsfähigkeit des<br />

Unternehmens zu stärken und die<br />

Leistungskultur der Mitarbeiter zu fördern.<br />

Die freiwillige Zertifizierung eines<br />

Ethik-Managementsystems durch<br />

TÜV NORD CERT ist damit eine wichtige<br />

Investition in die Zukunftsfähigkeit<br />

des Unternehmens. �<br />

Kontakt:<br />

Roger Eggers<br />

reggers@tuev-nord.de<br />

0511 986-2167<br />

„Digitales Kontrollgerät löst<br />

Fahrtenschreiber ab“<br />

TÜV NORD Mobilität bietet an allen<br />

TÜV-STATIONEN in Sachsen-Anhalt<br />

Kontrollgerätekarten für Lkw und<br />

Busse an. Hintergrund: Seit Mai müssen<br />

alle erstmals in der EU zugelassenen<br />

Lkw über 3,5 Tonnen und Omnibusse<br />

mit mehr als neun Sitzplätzen<br />

Daten über ein digitales Kontrollgerät<br />

elektronisch speichern. Damit werden<br />

der analoge Fahrtenschreiber und das<br />

bisherige EG-Kontrollgerät ersetzt.<br />

Das digitale Kontrollgerät ist im Armaturenbrett<br />

des Fahrzeugs eingebaut<br />

und zeichnet Zeit, Geschwindigkeit<br />

und Entfernung der Fahrten sowie<br />

Ruhezeiten und weitere Tätigkeiten<br />

des Fahrers auf. Wichtig für Fuhrparks<br />

und Speditionen sind Fahrer- und<br />

Unternehmenskarten. Die Kontrollgerätekarte<br />

kostet 31,50 Euro für<br />

Fahrer und 29 Euro für Unternehmer.<br />

Informationen gibt es bei TÜV NORD<br />

Mobilität unter der Telefonnummer<br />

0800 8070600.


Kontakt:<br />

Joachim Kesting<br />

jkesting@tuev-nord.de<br />

0221 25081980<br />

„Wir geben Fachleuten<br />

für Gebäude interessante<br />

Impulse“<br />

Der „Gebäudetechnik-Nachmittag“<br />

von TÜV NORD Systems war ein<br />

voller Erfolg. Mehr als 50 Entscheider<br />

haben sich im Deutschen Sport &<br />

Olympia Museum in Köln zu unterschiedlichen<br />

Themen informiert: Im<br />

Mittelpunkt standen der Energieausweis<br />

für Gebäude, Kostenoptimierungen<br />

beim Bau und Betrieb von<br />

Aufzugsanlagen sowie bautechnische<br />

Untersuchungen von Dachtrag-<br />

werken. „Ziel war es, Verantwortlichen<br />

und Entscheidern durch fachkundige<br />

Referenten Impulse für ihre tägliche<br />

Arbeit zu geben. Das haben wir erreicht,<br />

wie uns viele Teilnehmer nach<br />

der Veranstaltung bestätigt haben“,<br />

bilanziert Joachim Kesting, Leiter der<br />

Geschäftsstelle Köln von TÜV NORD<br />

Systems. Künftig wolle man mit ähnlichen<br />

Veranstaltungen Entscheider<br />

unterschiedlicher Branchen in Köln<br />

ansprechen.<br />

Die TÜV NORD Gruppe hat breite<br />

Kompetenzen in der Gebäudetechnik,<br />

angefangen von Planung und<br />

Bauausführung über den Betrieb,<br />

Sanierung und Umbau bis hin zum<br />

Rückbau. Dabei unterstützen Bau-<br />

Ingenieure, Architekten sowie<br />

Ingenieure aus Gebäudetechnik und<br />

Umweltschutz mit ihrem Know-how<br />

ihre Kunden bei der Lösung komplexer<br />

Aufgabenstellungen. In Köln ist<br />

die TÜV NORD Gruppe mit mehreren<br />

Geschäftsfeldern vertreten, unter<br />

anderem seit einem Jahr mit der<br />

Geschäftsstelle von TÜV NORD<br />

Systems. Joachim Kesting: „Wir verstehen<br />

uns als regionales Eingangstor<br />

zum gesamten Erfahrungsschatz und<br />

Leistungsvermögen der TÜV NORD<br />

Gruppe, betreuen Kunden zwischen<br />

Krefeld und Bonn, von Aachen bis<br />

Gummersbach.“ �<br />

Energieausweis für Gebäude, Kostenoptimierung bei Bau und Betrieb von Aufzugsanlagen sowie<br />

bautechnische Untersuchungen von Dachtragwerken: Darüber informierten sich im Deutschen<br />

Sport & Olympia Museum in Köln mehr als 50 Entscheider beim „Gebäudetechnik-Nachmittag“<br />

von TÜV NORD Systems in Köln.<br />

Verantwortliche und Entscheider haben<br />

Impulse für ihre tägliche Arbeit erhalten.<br />

TÜV NORD NETZWERK<br />

Kontakt:<br />

Hendrik Schorcht<br />

hschorcht@<br />

tuev-nord.de<br />

030 201774-566<br />

„Das ist ein Meilenstein<br />

und Türöffner“<br />

Das Bundesministerium für Verkehr,<br />

Bau und Stadtentwicklung (BMVBS)<br />

hat TÜV NORD CERT den Auftrag<br />

zur Auditierung der Deutschen Flugsicherung<br />

(DFS) erteilt. Im Rahmen<br />

des Zertifizierungsverfahrens wird<br />

überprüft, ob die DFS neueste europäische<br />

Standards als Flugsicherungsorganisation<br />

erfüllt. Dies wiederum<br />

ist Voraussetzung für den Erhalt<br />

einer europaweit geltenden Zulassung<br />

für die Kontroll- und Sicherungsaufgaben<br />

der DFS. Das von<br />

TÜV NORD CERT geführte internationale<br />

Konsortium (NLR, TU Braunschweig,<br />

AFI) ist die erste so genannte<br />

„Anerkannte Organisation“ in<br />

Europa, die EU-weit im Rahmen der<br />

Zertifizierung von Flugsicherungsorganisationen<br />

tätig werden kann.<br />

Hintergrund der DFS-Auditierung<br />

durch TÜV NORD CERT sind Bestrebungen<br />

der EU, einen einheitlich<br />

geregelten europaweiten Luftraum zu<br />

schaffen und einheitliche Standards<br />

für alle Flugsicherungsorganisationen<br />

durchzusetzen.<br />

Die Auftragsvergabe an TÜV NORD<br />

CERT bewertet Professor Dr. Elmar<br />

Giemulla, Branchenmanager des<br />

Geschäftsfelds Aviation bei der TÜV<br />

NORD Gruppe, als Meilenstein und<br />

Türöffner zugleich. „Wir sind damit<br />

sowohl in Europa aber auch weltweit<br />

in einem der wichtigsten Bereiche<br />

des Luftverkehrs Innovationsführer“,<br />

so Giemulla. Hendrik Schorcht, im<br />

neu gegründeten Geschäftsbereich<br />

Aviation für Projektentwicklung und<br />

Koordination zuständig, bewertet den<br />

Einstieg in europaweite Zertifizierungsprozesse<br />

ebenfalls positiv: „In<br />

einem immer stärker durch internationale<br />

Einflüsse geprägten Luftverkehrsmarkt<br />

können nur international<br />

agierende und kompetente Unternehmen<br />

bestehen. Für die TÜV<br />

NORD Gruppe öffnen sich im Bereich<br />

Flugsicherung neue, interessante und<br />

hochinnovative Märkte.“<br />

23 - <strong>explore</strong>: 4/2006


TÜV NORD NETZWERK<br />

<strong>explore</strong>: 4/2006 - 24<br />

Kontakt:<br />

Dr. Harald Bosse<br />

hbosse@<br />

tuev-nord.de<br />

040 8557-2677<br />

„Personalzertifizierung weist<br />

Kompetenzzuwachs nach“<br />

Aus technischen, wirtschaftlichen<br />

und gesellschaftlichen Entwicklungen<br />

erwachsen stetig neue Anforderungen<br />

an die Unternehmen<br />

und ihre Beschäftigten.<br />

Immer öfter übernehmen Mitarbeiter<br />

und Führungskräfte neue Aufgaben,<br />

für die sie neue Kenntnisse und<br />

Fähigkeiten benötigen. Unternehmen,<br />

die ihren Wert erhalten und<br />

steigern möchten, investieren in die<br />

Bildung ihrer Mitarbeiter. Längst gilt<br />

die Erstausbildung dabei aber nicht<br />

mehr als Messlatte für berufliche<br />

Weiterentwicklungen. Stattdessen<br />

setzen die Anforderungen des Wettbewerbs<br />

einen ständigen Zuwachs<br />

an Kompetenz voraus. Hier setzt<br />

das Instrument der Personalzertifizierung<br />

an, mit dessen Hilfe eine<br />

effiziente und strategische Personalplanung<br />

deutlich erleichtert wird.<br />

Die TÜV NORD Akademie betreibt<br />

eine entsprechende Personalzertifizierungsstelle<br />

und kommt den Bedürfnissen<br />

des Marktes nach qualifizierter,<br />

neutraler Prüfung und Zertifizierung<br />

von Personal entgegen.<br />

Die TÜV NORD Akademie bietet<br />

bundesweit Zertifikats-Lehrgänge<br />

firmenintern oder in offener modularer<br />

Form an.<br />

Durch den praxisnahen Wissenstransfer<br />

erhalten die Verantwortlichen<br />

nicht nur das aktuelle Fachwissen,<br />

sondern auch die erforderliche<br />

Rechts- und Handlungssicherheit.<br />

Im Jahr 2006 haben etwa<br />

1.700 Personen ein Personenzertifikat<br />

erworben. Besonders häufig<br />

wurde die Personenzertifizierung<br />

von Qualitätsmanagement-Personal<br />

in Anspruch genommen. �<br />

Welche Personengruppen zertifiziert<br />

werden, zeigt nebenstehende<br />

Übersicht.<br />

Kontakt:<br />

Kay Jürgensen<br />

kjuergensen@<br />

tuev-nord.de<br />

0511 986-2530<br />

„Wir haben das erste<br />

IRIS-Zertifikat für die<br />

Schienenfahrzeugindustrie<br />

ausgestellt“<br />

Die Schienenverkehrsmärkte sind europaweit<br />

im Wandel. Es gibt Privatisierungen<br />

und Umstrukturierungen, steigende<br />

Qualitätsanforderungen und einen<br />

zunehmenden Wettbewerb. Zugleich<br />

haben sich die größten Bahntechnik-Unternehmen<br />

Europas, hierzu<br />

gehören Siemens, Bombardier und<br />

Alstom, für einen eigenen Qualitätsmanagement-Standard<br />

entschieden,<br />

den International Railway Industry<br />

Standard, kurz: IRIS. TÜV NORD<br />

CERT hat in Europa dabei die Nase<br />

vorn. „Wir haben das erste IRIS-<br />

Zertifikatsübergabe bei Hanning + Kahl:<br />

Unser Bild zeigt (von links) Michael Wix,<br />

General Manager IRIS Management Center<br />

in Brüssel, Wolfgang Helas, Geschäftsführer<br />

Hanning + Kahl und Harald Brandt von<br />

TÜV NORD CERT.<br />

Zertifikat überhaupt ausgestellt“, sagt<br />

Kay Jürgensen, der als Auditleiter für<br />

die Zertifizierung von Hanning & Kahl<br />

nach IRIS zuständig war. Gedacht ist<br />

IRIS für die gesamte Bahnindustrie,<br />

also für Betreiber genauso wie Systemintegratoren<br />

und Zulieferer. Mittler-<br />

Für folgende Personengruppen<br />

werden Zertifizierungen angeboten:<br />

• Arbeitsschutzmanagement-<br />

Beauftragter (TÜV)<br />

• Brandschutzbeauftragter (TÜV)<br />

• Datenschutzbeauftragter (TÜV)<br />

• GmbH-Geschäftsführer (TÜV)<br />

• Projektmanager (TÜV)<br />

• Qualitätsmanagement-Personal<br />

(mit Branchenschwerpunkten)<br />

• Quality Representative (TÜV)<br />

• Risikomanager (TÜV)<br />

weile hat TÜV NORD CERT mit der<br />

Gutehoffnungshütte Radsatz GmbH<br />

(Oberhausen) und der Firma Böllhoff<br />

(Bielefeld) zwei weitere IRIS-Zertifikate<br />

vergeben. Und die Nachfrage national<br />

und international steigt: „Systemintegratoren<br />

wie Bombardier und Alstom<br />

fordern inzwischen von ihren Lieferanten<br />

eine IRIS-Zertifizierung“, weiß<br />

Jürgensen. Auch auf Branchenveranstaltungen<br />

wie beispielsweise der<br />

INNOTRANS habe sich die positive<br />

Nachfrage nach IRIS-Zertifikaten bestätigt.<br />

Bislang ist der neue Standard<br />

nur für den so genannten Rolling<br />

Stock vorgesehen, also für Unternehmen,<br />

die Schienenfahrzeuge oder Teile<br />

dafür produzieren. Ab Mai 2007 wird<br />

auch der Bereich Maintenance und ab<br />

2008 voraussichtlich auch der Bereich<br />

Signaling an einer IRIS-Zertifizierung<br />

teilnehmen können. Mitarbeiter von<br />

TÜV NORD CERT sind an der Weiterentwicklung<br />

des neuen IRIS-Standards<br />

aktiv beteiligt.<br />

Neben TÜV NORD CERT dürfen derzeit<br />

noch sieben andere Zertifiziergesellschaften<br />

nach IRIS zertifizieren. „Zu<br />

Recht ist die Hürde für die Zertifizierungsanbieter<br />

hoch, denn wer nach<br />

einem Branchenstandard zertifizieren<br />

will, benötigt Fachkenntnisse“, sagt<br />

Jürgensen. Ein IRIS-Zertifikat ist drei<br />

Jahre lang gültig, jährliche Überwachungsaudits<br />

sind dabei vorgeschrieben.<br />

„Nur so ist eine hohe Qualität<br />

sichergestellt“, betont Jürgensen. Das<br />

Besondere an IRIS: Für die Auditbewertung<br />

wird ein Scoring-Verfahren<br />

zugrunde gelegt, mit dem ein so genannter<br />

„Reifegrad“ ermittelt wird.<br />

„Durch diese differenzierte Beurteilung<br />

erhalten die Unternehmen Ansätze für<br />

mögliche Verbesserungspotenziale<br />

ihres Systems“, erläutert Jürgensen.<br />

Dazu kommen zehn so genannte<br />

„K.-o.-Kriterien“. „Scheitert ein Unternehmen<br />

an einem dieser K.-o.-Kriterien,<br />

ist das gesamte Audit nicht bestanden“,<br />

warnt Jürgensen. �<br />

• Sicherheitsbeauftragter beim Reglementierten<br />

Beauftragten (gem. Luftsicherheitsgesetz)<br />

• Teamleiter (TÜV)<br />

• Trainer der Erwachsenenbildung<br />

• Umweltmanagement-Personal (TÜV)<br />

Ab 2007 sind weitere Personalzertifizierungen<br />

im Programm:<br />

• Hygienebeauftragter in<br />

Pflegeeinrichtungen (TÜV)<br />

• IT-Sicherheitsbeauftragter (TÜV)<br />

• Six Sigma Projektmanager – Green Belt (TÜV)


Kontakt:<br />

Dr. Klaus Oberste-<br />

Lehn<br />

koberste-lehn@<br />

tuev-nord.de<br />

0201 825-2207<br />

„OK für Kids-Gütesiegel:<br />

Das ist in Deutschland<br />

einzigartig“<br />

Das bundesweit erste Gütesiegel für<br />

einen kinderfreundlichen Freizeitpark<br />

geht nach Nordrhein-Westfalen: Der<br />

Deutsche Kinderschutzbund NRW<br />

(DKSB) hat gemeinsam mit TÜV<br />

NORD CERT die Wonderland Studios<br />

im Movie Park Germany in Bottrop-<br />

Kirchhellen mit dem Zertifikat „OK für<br />

Kids“ ausgezeichnet.<br />

„Mit dem Gütesiegel ,OK für Kids’<br />

geben wir einen Impuls für mehr kinderfreundliche<br />

Dienstleistungen und<br />

Produkte in Deutschland. Damit starten<br />

wir einen Wettbewerb, dessen<br />

Gewinner schon heute feststehen: die<br />

Kinder“, so die Vize-Präsidentin des<br />

Kinderschutzbundes, Marlis Herterich.<br />

NRW-Familienminister Armin Laschet<br />

sprach von einem „wichtigen Schritt<br />

in Richtung einer kinderfreundlichen<br />

Gesellschaft“; denn für die Zertifi-<br />

zierung seien ausschließlich die Bedürfnisse<br />

und Interessen von Kindern<br />

ausschlaggebend. „Das ist in<br />

Deutschland einzigartig“, so Laschet.<br />

Ein Jahr lang hatten der Kinderschutzbund<br />

und TÜV NORD CERT<br />

harte Kriterien für den Freizeitpark-<br />

Check entwickelt – und ein breites<br />

Spektrum beleuchtet: von speziellen<br />

Kindermenüs bis zu kindgerechtem<br />

Spielspaß und Inventar. „Wickel- und<br />

Stillecken, ein Erste-Hilfe-Service mit<br />

optimaler Kinderversorgung, kinderleicht<br />

zu bedienende Toiletten und ein<br />

Kummerkasten für die Kids – die Liste<br />

der Checkpunkte, mit denen wir eine<br />

optimale Kinderfreizeit getestet<br />

haben, ist lang“, versichert der Geschäftsführer<br />

des Deutschen Kinderschutzbundes<br />

NRW, Friedhelm Güthoff.<br />

Auch auf barrierefreie Kinderbereiche<br />

und ein attraktives Spielspaßangebot,<br />

das die Belange behinderter<br />

Kinder berücksichtigt, hatten der<br />

Deutsche Kinderschutzbund und TÜV<br />

NORD CERT großen Wert gelegt. �<br />

Beste Schulnote für den Freizeitspaß: das Prädikat „OK für Kids“. Das bundesweit erste Gütesiegel<br />

für einen kinderfreundlichen Freizeitpark geht nach Nordrhein-Westfalen. Der Deutsche<br />

Kinderschutzbund NRW (DKSB) zeichnete gemeinsam mit TÜV NORD CERT die Wonderland<br />

Studios im Movie Park Germany in Bottrop-Kirchhellen mit dem Zertifikat „OK für Kids“ aus.<br />

TÜV NORD NETZWERK<br />

Kontakt:<br />

Olaf Blumenthal<br />

oblumenthal@<br />

tuev-nord.de<br />

0511-986 2670<br />

„Eltern und Schüler sollen<br />

sich auf die Schülerhilfe<br />

sicher verlassen können“<br />

TÜV NORD CERT hat den Auftrag<br />

erhalten, in den nächsten drei Jahren<br />

alle 1.000 Nachhilfe-Schulen der<br />

Schülerhilfe in Deutschland und<br />

Österreich nach ISO 9001 zu zertifizieren.<br />

Ende September fiel der Startschuss<br />

für das Audit der Zentrale in<br />

Gelsenkirchen. In der ersten Runde<br />

werden etwa 130 Schulen geprüft.<br />

„Anhand eines fest definierten Qualitätskriterien-Katalogs<br />

bewerten wir<br />

unter anderem die fachliche und pädagogische<br />

Eignung der Nachhilfelehrer<br />

sowie die sinnvolle Zusammensetzung<br />

und Größe der Lerngruppen“,<br />

sagt Olaf Blumenthal von TÜV<br />

NORD CERT. „Beleuchtet werden<br />

beispielsweise die gründliche Einarbeitung<br />

der Nachhilfelehrer und die<br />

Orientierung des Unterrichts an den<br />

individuellen Anforderungen der<br />

Schüler.“ Bewertet wird auch eine<br />

schülergerechte Atmosphäre. So sind<br />

Rauchen und Handys tabu. „Basis<br />

der Überprüfung ist die Dokumentation<br />

des Managementsystems, die<br />

von den Auditoren kritisch hinterfragt<br />

wird“, sagt Olaf Blumenthal. „Zur<br />

kontinuierlichen Verbesserung der<br />

Qualität werden regelmäßig Schüler,<br />

Eltern und Mitarbeiter befragt.“<br />

Zum Hintergrund: Die deutschlandweit<br />

vertretene Schülerhilfe unterstützt<br />

Kinder und Jugendliche dabei,<br />

ihre schulischen Fähigkeiten per<br />

Nachhilfe zu verbessern. In der Anfangsphase<br />

der Einführung des Qualitätsmanagementsystems<br />

wurden<br />

bereits die Zentrale und 130 weitere<br />

Schülerhilfen in Deutschland und<br />

Österreich nach DIN EN ISO 9001<br />

zertifiziert.<br />

25 - <strong>explore</strong>: 4/2006


TÜV NORD NETZWERK<br />

<strong>explore</strong>: 4/2006 - 26<br />

Kontakt:<br />

Gerhard Roos<br />

aviation@<br />

tuev-nord.de<br />

030 201774 567<br />

„Ich kann nur empfehlen,<br />

Maßnahmen zu ergreifen“<br />

Die Luftsicherheit wird durch nationale<br />

und internationale Verordnungen<br />

geregelt. Das Aviation<br />

Training Center der TÜV NORD<br />

Akademie leistet dabei einen<br />

wesentlichen Beitrag, indem es<br />

Unternehmen rechtzeitig auf die<br />

Erfüllung neuer gesetzlicher Anforderungen<br />

vorbereitet.<br />

Flugplatzbetreibern und Luftfahrtunternehmen<br />

müssen Sicherheitspersonal<br />

und Luftsicherheitskontrollkräfte<br />

entsprechend der Vorgaben<br />

schulen. Dies gilt auch für<br />

den Reglementierten Beauftragten,<br />

der die Zulassung durch das<br />

Luftfahrtbundesamt (LBA) bereits<br />

erhalten hat. Der Reglementierte<br />

Beauftragte ist ein Rechtssubjekt,<br />

welches für die Sicherheit der<br />

Luftfracht verantwortlich ist. Seine<br />

Zulassung kann nur dann erfolgreich<br />

erhalten bleiben, wenn<br />

Schulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen<br />

eingehalten werden.<br />

Und: Ohne die Zulassung droht ein<br />

erheblicher Wettbewerbsnachteil.<br />

„Ich kann deshalb jedem zugelassenen<br />

Reglementierten Beauftragten<br />

nur dringend empfehlen,<br />

die vom LBA im Internet veröffentlichten<br />

Zulassungsvoraussetzungen<br />

zu studieren und die entsprechenden<br />

Maßnahmen zu ergreifen – am<br />

besten mit Unterstützung durch<br />

das Aviation Training Center“, sagt<br />

Gerhard Roos von TÜV NORD<br />

Aviation.<br />

Kontakt:<br />

Karl-Heinz Schwedt<br />

kschwedt@<br />

tuev-nord.de<br />

0511 986-1455<br />

„TÜV NORD CERT zertifiziert<br />

jetzt auch ‚Unter-Tage-<br />

Geräte‘“<br />

TÜV NORD CERT ist eines der wenigen<br />

Unternehmen in Deutschland, das<br />

für Prüfungen und Zertifizierungen von<br />

explosionsgeschützten Betriebsmitteln<br />

der Gruppe I anerkannt ist. Damit darf<br />

das Unternehmen Geräte zertifizieren,<br />

die unter Tage eingesetzt werden. TÜV<br />

NORD CERT hatte sich einem Re-<br />

Akkreditierungsaudit nach Richtlinie<br />

94/9/EG (ATEX) durch die Zentralstelle<br />

MESSEN 2006 / 2007 – Treffpunkt<br />

(Auszug aus dem Messekalender)<br />

der Länder für Sicherheitstechnik<br />

(ZLS) unterzogen und erfolgreich abgeschlossen.<br />

Zudem wurde die Akkreditierung<br />

erweitert: Das Tätigkeitsfeld<br />

der notifizierten Stelle umfasst<br />

Prüfungen und Zertifizierungen von<br />

elektrischen und nichtelektrischen<br />

Geräten, Komponenten und Sicherheits-,<br />

Kontroll- und Regelvorrichtungen<br />

der Gerätegruppe I und II in<br />

allen Kategorien und Zündschutzarten.<br />

„Darüber hinaus sind wir auch für<br />

Prüfungen und Zertifizierungen nach<br />

vielen weiteren Richtlinien und Standards<br />

akkreditiert, so dass Kunden<br />

von einem breit angelegten Dienstleistungsspektrum<br />

profitieren können“,<br />

so Karl-Heinz Schwedt, Leiter der<br />

Zertifizierungsstelle für explosionsgeschützte<br />

Geräte. �<br />

TÜV NORD Windsymposium 2006<br />

15. November 2006, Cap San Diego, Hamburg<br />

DEWEK 2006<br />

22. und 23. November 2006, Congress Center Bremen, Deutsches<br />

Windenergie-Institut, Stand: C5, Halle: Hanse Saal, 8. Deutsche<br />

Windenergiekonferenz, The Technical Conference<br />

Profi Service Tage 2006<br />

25. und 26. November 2006, Lokhalle Göttingen,<br />

Fachmesse rund ums Automobil, COPARTS<br />

ESSEN MOTOR SHOW 2006<br />

1. bis 10. Dezember 2006, Messe Essen, Halle: 10, Stand: 301/302,<br />

Weltmesse für Automobile, Tuning, Motorsport und Classics<br />

Oldenburger Rohrleitungsforum 2007<br />

8. und 9. Februar 2007, FH-Gebäude des Instituts für<br />

Rohrleitungsbau an der FH Olg., Stand: EG-H-11<br />

E-world energy & water 2007<br />

6. bis 8. Februar 2007, Messe Essen, Halle: 3, Stand: 173<br />

International Fair and Congress<br />

IREE – Railway Equipment, New Delhi, Indien 2007<br />

13. bis 16. Februar 2007, Neu Delhi, Gemeinschaftsstand BmfWT<br />

9. Kraftwerkstechnik-Symposium der<br />

TÜV NORD Gruppe<br />

Februar 2007, Hamburg, TÜV NORD Akademie<br />

enertec 2007<br />

5. bis 8. März 2007, Messe Leipzig, Stand: A31,<br />

internationale Fachmesse für Energie<br />

CeBIT 2007<br />

15. bis 21. März 2007, Messe Hannover, The World’s Leading<br />

Event for Information Technology, Telecommunications, Software &<br />

Services<br />

Altenpflege + Pro Pflege 2007<br />

20. bis 22. März 2007, Messe Nürnberg, Fachmesse und Kongress<br />

für Pflege, Therapie und Betreuung


Biolumineszenz: Wenn Lebewesen leuchten INNOVATION<br />

Biolumineszenz:<br />

Wenn Lebewesen leuchten<br />

Bei den nordamerikanischen Leuchtkäfern der Art Photinus pyralis verständigen sich Weibchen und Männchen durch Blinksignale.<br />

Von Dr. Joachim Czichos<br />

Der Mensch hat die Glühlampe erfunden, um Licht zu erzeugen. Die Natur hat das<br />

Glühwürmchen hervorgebracht – eine wesentlich effizientere Lichtquelle. Es wandelt chemische<br />

Energie nahezu verlustfrei in kaltes Licht um. Bei der Glühlampe dagegen geht 95 Prozent der<br />

zur Lichterzeugung eingesetzten elektrischen Energie als Wärme verloren. Die Glühwürmchen<br />

und einige andere Insekten stellen mit ihrer Fähigkeit zu leuchten eine Besonderheit unter den<br />

an Land lebenden Tieren dar. In der Tiefsee dagegen beherrschen 90 Prozent der Lebewesen<br />

diese Kunst der Biolumineszenz und profitieren auf unterschiedliche Weise davon.<br />

<strong>explore</strong>: 4/2006 - 27


Wie leuchten sie?<br />

Wenn Lebewesen durch chemische Reaktionen sichtbares<br />

Licht erzeugen, erfolgt das einerseits immer nach dem gleichen<br />

Prinzip: Ein Luziferin (Leuchtstoff) wird mithilfe einer<br />

Luziferase (Enzym) oxidiert, wobei Energie in Form von<br />

Licht entsteht. Andererseits hat jeder Organismus seine<br />

eigene Variante der Biolumineszenz entwickelt. Unterschiedliche<br />

Arten von Luziferinen und zahlreiche Varianten<br />

der Luziferase lassen Licht in sämtlichen Farben erstrahlen.<br />

Im Gegensatz zu den gelblich leuchtenden Glühwürmchen<br />

erzeugen Quallen und die meisten anderen Lebewesen der<br />

Tiefsee blaues oder blaugrünes Licht. Strahlung dieser<br />

Wellenlängen durchdringt das Wasser besonders gut.<br />

Wenn einige Organismen Fluoreszenzlicht aussenden,<br />

beruht das auf einem zusätzlich vorhandenen Protein, das<br />

nach Anregung durch die Biolumineszenz-Reaktion fluoresziert.<br />

Ein Beispiel dafür ist das so genannte „Grün fluoreszierende<br />

Protein (GFP)“ der Qualle Aequorea, das inzwi-<br />

28 - <strong>explore</strong>: 4/2006<br />

INNOVATION Biolumineszenz: Wenn Lebewesen leuchten<br />

Die Qualle Aequorea victoria lebt an der<br />

nordamerikanischen Pazifikküste. Sie erreicht<br />

einen Durchmesser von bis zu zehn<br />

Zentimeter. Erst eine Berührung oder andere<br />

Störung löst eine Biolumineszenz-<br />

Reaktion aus, die am Glockenrand des<br />

Quallenkörpers in eine grünliche Fluoreszenz-Strahlung<br />

umgewandelt wird.<br />

schen in der biomedizinischen Forschung für die<br />

Markierung von Zellen eine wichtige Rolle spielt.<br />

Welche Lebewesen können leuchten?<br />

Die Fähigkeit zur Biolumineszenz hat sich im Lauf der<br />

Evolution mehrmals entwickelt. Von Einzellern bis zu<br />

Fischen gibt es in allen Tiergruppen Licht erzeugende<br />

Arten. Bei auf dem Land lebenden Wirbeltieren und den<br />

höheren Pflanzen kommt die Biolumineszenz gar nicht vor.<br />

Einige Pilzarten wie der Hallimasch wiederum können<br />

leuchten und locken dadurch Insekten zur Verbreitung der<br />

Sporen an. Die Licht erzeugende Reaktion diente ursprünglich<br />

wohl nur dazu, aggressive Sauerstoffverbindungen<br />

unschädlich zu machen. Erst später könnten dann neben<br />

einigen Insekten vor allem Meeresorganismen wie<br />

Bakterien, Algen, Quallen, Schnecken, Muscheln, Krebse,<br />

Würmer, Tintenfische und Fische diese Fähigkeit auf unterschiedliche<br />

Weise zu ihrem Vorteil genutzt haben.


Biolumineszenz: Wenn Lebewesen leuchten INNOVATION<br />

Die Wachsrose Anemonia sulcata gehört zu den Korallentieren von<br />

Mittelmeer und Atlantik. Sie ist nicht nur zur Biolumineszenz fähig, sondern<br />

hat auch fluoreszierende Proteine.<br />

Aber nicht jedes biolumineszente Tier leuchtet selbst.<br />

Einige Tiefseefische und Tintenfische setzen dazu<br />

Leuchtbakterien ein. So tragen weibliche Anglerfische ein<br />

Leuchtorgan als Köder an der Angel über dem Maul. Die<br />

darin wachsenden Bakterien schalten alle gleichzeitig ihr<br />

Licht ein, wenn sie eine bestimmte Konzentration erreicht<br />

haben. Frei lebende Leuchtbakterien lassen die Meeresoberfläche<br />

milchig schimmern. Andere Kleinstlebewesen<br />

wie die Dinoflagellaten der Gattung Noctiluca erzeugen das<br />

Meeresleuchten. Diese einzelligen Algen werden durch<br />

mechanische Reize wie Wasserströmungen zum Leuchten<br />

angeregt. Tiere dagegen kontrollieren die Biolumineszenz<br />

über Nervensignale und leuchten entweder kontinuierlich<br />

oder erzeugen Lichtblitze, die zwischen 0,1 und 10<br />

Sekunden andauern.<br />

Warum leuchten sie?<br />

Die Frage nach dem Zweck des Leuchtens ist in einigen<br />

Fällen leicht zu beantworten. Erwachsene Glühwürmchen<br />

nutzen es zur Kommunikation bei der Partnersuche, und<br />

Anglerfische locken damit Beute an. Aber im Meer kann<br />

Licht auch die Funktion haben, abzuschrecken oder sich zu<br />

tarnen. So lassen Ruderfußkrebse, die den größten Teil des<br />

tierischen Planktons ausmachen, die Biolumineszenz<br />

außerhalb des Körpers ablaufen, indem sie bei Gefahr<br />

durch spezielle Drüsen leuchtende Wolken ausstoßen. Das<br />

blendet den Angreifer und ermöglicht die Flucht in die<br />

Dunkelheit. So wie Eidechsen ihren Schwanz abwerfen,<br />

können Haarsterne oder Quallen leuchtende Körperteile<br />

abstoßen, um Feinde zu verwirren. Paradoxerweise kann<br />

eine blinkende Körperbeleuchtung auch zur Tarnung dienen.<br />

Die dunkle Unterseite ist nämlich von unten betrachtet<br />

gegen die helle Wasseroberfläche gut sichtbar. Daher lösen<br />

manche Tiere ihre Silhouette durch zahlreiche Leuchtpunkte<br />

auf der unteren Körperseite auf. In vielen Fällen ist<br />

der Zweck des Leuchtens allerdings noch ungeklärt. Selbst<br />

bei den bereits gut untersuchten Glühwürmchen gibt es<br />

dazu noch offene Fragen.<br />

Der Hallimasch wächst in Büscheln auf Baumstümpfen und totem<br />

Holz. Nur bei völliger Dunkelheit ist die Biolumineszenz seiner<br />

Pilzhyphen sichtbar.<br />

<strong>explore</strong>: INFOBOX<br />

„Glühwürmchen, Glühwürmchen, schimmre…“<br />

Unsere einheimischen Glühwürmchen, offiziell Leuchtkäfer genannt,<br />

leuchten bereits, bevor sie aus dem Ei schlüpfen. Auch wenn dann die<br />

Larven auf Schneckenjagd gehen, leuchten sie schwach. Warum weiß<br />

man nicht. Als Taschenlampe dürfte das Leuchtorgan, weil es sich wie<br />

beim voll entwickelten Leuchtkäfer auf der Unterseite des Hinterleibs<br />

befindet, wenig nützlich sein. Nach mehreren Häutungen verwandeln<br />

sich die Larven über das Puppenstadium in Leuchtkäfer, die keine<br />

Nahrung mehr aufnehmen. Die Bezeichnung „Würmchen“ bezieht sich<br />

übrigens auf das Aussehen der flügellosen oder stummelflügeligen<br />

Weibchen. Diese haben die Leuchtorgane der Larven nicht übernommen,<br />

sondern neue gebildet. Sie bestehen aus einer mittleren Schicht<br />

von Leuchtzellen, in denen das Licht erzeugt wird, einer äußeren durchsichtigen<br />

Haut, durch die das Licht austreten kann und aus einer inneren<br />

Zellschicht, voll gepackt mit Salzkristallen, die das Licht nach außen<br />

reflektieren. In den Sommernächten schaltet das Weibchen bis zu drei<br />

Stunden lang ihre Lampen ein. Es entsteht ein kontinuierlich leuchtendes<br />

Lichtmuster aus Balken und Flecken, das die umher fliegenden<br />

Männchen anlockt. Amerikanische Leuchtkäfer hingegen erkennen sich<br />

an Blinkzeichen, deren Rhythmus von Art zu Art unterschiedlich ist. Das<br />

tägliche Einschalten des Leuchtorgans nach Einbruch der Dunkelheit<br />

steuert in jedem Fall eine innere Uhr.<br />

In Deutschland gibt es drei Arten von Leuchtkäfern<br />

Der einzige Leuchtkäfer, der bei uns gleichzeitig leuchtet und fliegt, ist<br />

das Männchen des Lamprohiza splendidula (Kleiner Leuchtkäfer, Gemeines<br />

Glühwürmchen oder Johanniswürmchen). Alle weiblichen<br />

Leuchtkäfer sind flugunfähig. Beim Lampyris noctiluca (Großer Leuchtkäfer)<br />

zeigten nur die Weibchen ein deutlich erkennbares Leuchten.<br />

Für den kleinsten Vertreter, Phosphaenus hemipterus (Kurzflügel-<br />

Leuchtkäfer), hat das schwache Glühen des Weibchens keine ersichtliche<br />

Funktion mehr: Das ebenfalls flugunfähige Männchen macht sich bei<br />

Tageslicht auf die Partnersuche.<br />

LINKS:<br />

Über Biolumineszenz: http://de.wikipedia.org/wiki/Biolumineszenz<br />

Bilder von leuchtenden Tiefseeorganismen:<br />

www.lifesci.ucsb.edu/~biolum<br />

Infos über Leuchtkäfer: www.chemie.uni-jena.de/<br />

institute/oc/weiss/gloworm.htm, www.lampyridae.de.vu,<br />

www.gluehwuermchen.ch<br />

<strong>explore</strong>: 4/2006 - 29


30 - <strong>explore</strong>: 4/2006<br />

INNOVATION Chemilumineszenz – kaltes Licht aus chemischen Reaktionen<br />

Chemilumineszenz –<br />

kaltes Licht aus chemischen Reaktionen<br />

Von Dr. Klaus-D. Röker<br />

Eine laue Sommernacht: Das Programm des Open-Air-Konzerts ist inzwischen bei sentimen-<br />

talen Balladen angekommen. Tausende von Feuerzeugen werden zum Takt der Musik<br />

geschwenkt. Aber nicht nur Feuerzeuge, einige Besucher haben Plastik-Leuchtstäbe in der<br />

Hand. Das sanfte Licht passt sicherlich gut zur Stimmung der Veranstaltung und fördert die<br />

Emotionen. Für Raucher unter den Zuschauern stellen die Leuchtstäbe allerdings keinen ganz<br />

vollwertigen Ersatz für die Feuerzeuge dar: Zum Anzünden der Zigaretten taugen diese<br />

Leuchtstäbe nicht – sie emittieren kaltes Licht.


Chemilumineszenz – kaltes Licht aus chemischen Reaktionen INNOVATION<br />

Licht und Wärme sind in unserer<br />

Erfahrungswelt eng miteinander verbunden.<br />

Die Sonne, glühende Metalle,<br />

auch unsere Glühlampen strahlen<br />

Wärme und Licht aus. Es gelten hier<br />

die Strahlungsgesetze. Der Leuchtstab<br />

dagegen bezieht seine Leuchtenergie<br />

aus einer chemischen Reaktion,<br />

die bei der Umgebungstemperatur<br />

abläuft: Dieser Prozess wird<br />

allgemein als Chemilumineszenz oder<br />

Chemolumineszenz bezeichnet.<br />

Römpp´s Chemielexikon definiert<br />

Chemilumineszenz als die mit chemischen<br />

Reaktionen verbundene<br />

Lumineszenz, also die Aussendung<br />

von sichtbarem oder ultraviolettem,<br />

gegebenenfalls auch infrarotem Licht<br />

unterhalb der Glühtemperatur der<br />

beteiligten Substanzen.<br />

Die in der belebten Natur bei Insekten<br />

und Meeresorganismen anzutreffende<br />

Biolumineszenz stellt einen Sonderfall<br />

der Chemilumineszenz dar (siehe<br />

„Biolumineszenz: Wenn Lebewesen<br />

leuchten“ in diesem Heft).<br />

Chemilumineszenz<br />

1669 hatte der Hamburger Alchemist<br />

Henning Brandt bei seinen Versuchen,<br />

den Stein der Weisen herzustellen, aus<br />

menschlichem Urin eine geheimnisvolle,<br />

weißliche Substanz erhalten, die im<br />

Dunkeln leuchtete. Er hatte bei seinen<br />

Experimenten Phosphor [von ϕωζ−<br />

ϕροζ (griech.: lichttragend)] hergestellt.<br />

Das faszinierende Leuchten, die<br />

Chemilumineszenz, war seinerzeit eine<br />

echte Alchemistenkuriosität, die zum<br />

Beispiel auch den berühmten Leibniz<br />

im höchsten Maße interessierte.<br />

Das eigentlich gar nicht so seltene<br />

Phänomen der Chemilumineszenz bei<br />

chemischen Reaktionen war bis zu<br />

diesem Zeitpunkt der Aufmerksamkeit<br />

Fachbegriffe der medizinischen Diagnostik<br />

der Naturforscher entgangen. Dieses<br />

ist auch nicht verwunderlich: Bei vielen<br />

Umsetzungen sind die Lichtausbeuten<br />

sehr gering und liegen erheblich niedriger<br />

als bei den biologischen Systemen.<br />

Leuchtphänomene werden<br />

daher mit bloßem Auge kaum wahrgenommen<br />

und bedürfen zum Nachweis<br />

geeigneter Detektion.<br />

Einige Reaktionen zeigen allerdings<br />

bemerkenswerte Lichtausbeuten:<br />

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1928 wurde erstmals das intensive,<br />

strahlende Leuchten bei der alkalischen<br />

Oxidation des Luminols beschrieben.<br />

Eine große Anzahl von<br />

Metallverbindungen, wie beispielsweise<br />

der im Blut enthaltene Eisen-<br />

komplex, katalysieren die Reaktion.<br />

Die Umsetzung führt zu einem elektronisch<br />

angeregten Reaktionsprodukt,<br />

dem 3-Amino-Phthalsäure-Dianion,<br />

dieses geht unter Lichtemission in den<br />

Grundzustand über.<br />

In der forensischen Chemie (Gerichts-<br />

Chemie) wird die Luminol-Reaktion<br />

zum Nachweis von Blut verwendet.<br />

Leuchtstäbe, die auf Chemilumineszenz<br />

basieren, dienen nicht nur als<br />

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Bei den Knickleuchtstäben wird eine im Reaktionsgemisch gelöste Komponente, der Fluorophor, zum<br />

Leuchten angeregt. Die Farbe des Lichts hängt von der chemischen Struktur des Fluorophors ab.<br />

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Stimmungsbeleuchtung, sondern werden<br />

als von jeglicher Elektrizitätsquelle<br />

unabhängige Notbeleuchtung eingesetzt.<br />

Die transparenten, verformbaren<br />

Kunststoffhüllen der so genannten<br />

Leuchtstäbe oder Knicklichter enthal-<br />

Antigen Stoff, der die Bildung von Antikörpern im Organismus bewirkt.<br />

Antikörper Körpereigenes Protein, welches in einer Immunreaktion spezifisch an das Antigen bindet.<br />

Enzym Protein, das eine chemische Reaktion katalysiert.<br />

Biochemische Reaktionen laufen mithilfe von Enzymen ab.<br />

Immunoassay Gruppe von Nachweismethoden in der Bioanalytik, die auf der Grundlage der spezifischen Bindung von<br />

Antikörpern und Antigenen beruhen.<br />

Peroxidasen Gruppe von Enzymen, die eine Oxidation katalysieren, enthalten häufig Eisen, Proteine, Eiweißkörper, aufgebaut aus<br />

Aminosäuren.<br />

<strong>explore</strong>: 4/2006 - 31


ten als chemische Komponenten<br />

einen in einem Lösungsmittel gelösten<br />

Oxalsäureester sowie eine fluoreszenzfähige<br />

chemische Verbindung. In<br />

der Röhre befindet sich weiterhin ein<br />

Glasröhrchen mit dem Oxidationsmittel<br />

Wasserstoffperoxid. Wenn dieses<br />

Röhrchen durch Knicken des<br />

Kunststoffrohrs zerbrochen wird, reagieren<br />

die Komponenten miteinander.<br />

Durch die chemische Reaktion wird ein<br />

Reaktionsprodukt im elektronisch<br />

angeregten Zustand erzeugt. Die<br />

elektronische Energie wird auf die fluoreszenzfähige<br />

Komponente übertragen.<br />

Diese gibt die Energie in Form<br />

von sichtbarem Licht ab. Die fluoreszenzfähige<br />

Verbindung kann variiert<br />

werden, die Farbe des emittierten<br />

Lichts ist somit nahezu frei wählbar.<br />

Die Stäbe haben, allerdings mit abnehmender<br />

Intensität über die Zeit, eine<br />

Leuchtdauer von 8 bis zu 24 Stunden.<br />

Anwendungen<br />

Romantisch leuchtende Dekorationsartikel<br />

wie die eingangs erwähnten<br />

Leuchtstäbe haben ihre Szene und<br />

ihren Markt gefunden. In Überlebens-<br />

Kits findet man die Knicklichter als<br />

Not- und Signalbeleuchtung. Ganz<br />

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32 - <strong>explore</strong>: 4/2006<br />

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INNOVATION Chemilumineszenz – kaltes Licht aus chemischen Reaktionen<br />

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besondere Bedeutung hat die Detektion<br />

chemilumineszenter Reaktionen in<br />

der Analytik erreicht: Mithilfe moderner<br />

Technik lassen sich sehr schwache<br />

Lichtemissionen und damit extrem<br />

geringe Stoffmengen präzise bestimmen.<br />

Von der Vielzahl der wichtigen<br />

Anwendungen seien nur zwei Verfahren<br />

exemplarisch angesprochen.<br />

Bei der quantitativen Bestimmung von<br />

Stickoxiden in Luft oder Abgasen beispielsweise<br />

von Verbrennungsmotoren<br />

hat sich ein Verfahren etabliert, das die<br />

von Chemilumineszenz begleitete<br />

Reaktion von Stickstoff-Monoxid [NO]<br />

mit Ozon [O 3] zu Stickstoffdioxid [NO 2]<br />

benutzt:<br />

NO+O 3<br />

NO 2+O 2+Licht<br />

Hohe Bedeutung hat Chemilumineszenz<br />

im Bereich der medizinischen<br />

Diagnostik: Zum Nachweis von<br />

physiologisch wirksamen Substanzen<br />

in Körperflüssigkeiten werden immunologische<br />

Nachweisverfahren verwendet,<br />

so genannte Immunoassays.<br />

Hierbei können extrem geringe Konzentrationen<br />

zum Beispiel von Antikörpern<br />

im Blut nachgewiesen wer-<br />

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Die Luminol-Reaktion gehört zu den Kabinettstücken der Chemie-Experimentalvorlesungen.<br />

den. Das Verfahren beruht auf der spezifischen<br />

Bindung von Antigen und<br />

Antikörper. Die Detektion des Antigen/Antikörper-Reaktionsprodukts<br />

wird möglich, wenn man Antigen oder<br />

Antikörper zuvor in geeigneter Weise<br />

mit einem Enzym markiert, welches<br />

einer qualitativen und quantitativen<br />

Bestimmung zugänglich ist. Hierbei<br />

haben sich unter anderem Chemilumineszenz-Immunoassays<br />

besonders<br />

bewährt: Ein die Chemilumineszenzreaktion<br />

katalysierendes Enzym<br />

(Peroxidase) wird dabei, entsprechend<br />

dem jeweiligem Verfahren, an Antigen<br />

oder Antikörper gekoppelt. Der Antikörper/Antigen-Komplex<br />

wird nach geeigneter<br />

Isolierung mit einer Luminol/Wasserstoffperoxid-Lösung<br />

in Kontakt<br />

gebracht. Ist die gesuchte Substanz<br />

vorhanden, wird Licht emittiert.<br />

Die Anwendung der Chemilumineszenz<br />

hat wesentlich zum Fortschritt<br />

der Analysetechnik beigetragen:<br />

Darüber hinaus aber hat das „kalte“<br />

Licht nichts an seiner Faszination verloren.<br />

Die Luminol-Reaktion gehört<br />

nach wie vor zu den Glanzlichtern der<br />

Demonstrationsversuche an Schule<br />

und Hochschule.<br />

<strong>explore</strong>: INFOBOX<br />

LINKS:<br />

Chemilumineszenz mit Experimenten:<br />

www.uni-bayreuth.de/departments/<br />

didaktikchemie/umat/chemolumineszenz/<br />

chemolum.htm<br />

Überblick über Chemilumineszenz und<br />

Biolumineszenz:<br />

www2.uni-jena.de/chemie/institute/<br />

oc/weiss/lumineszenz.htm<br />

The Chemiluminescence Homepage:<br />

www.shsu.edu/~chm_tgc/<br />

chemilumdir/chemiluminescence2.html<br />

Allgemeine Informationen zu Lumineszenz,<br />

Antigen, Antikörper, Immunoassay etc.:<br />

http://de.wikipedia.org


Das sensible Glas INNOVATION<br />

Das sensible Glas<br />

Von Hertha Kerz<br />

Phototropes Glas passt sich den Lichtverhältnissen an, indem es sich bei zunehmender Helligkeit<br />

verdunkelt und bei abnehmender Helligkeit wieder aufhellt.<br />

Phototrope Gläser verdunkeln oder hellen sich je nach Strahlungsintensität selbstständig auf, damit man immer den Durchblick behält.<br />

Mineralische phototrope Gläser bestehen aus chemikalienund<br />

temperaturbeständigem Borosilikatglas, dem bei der<br />

Schmelze Silberverbindungen, so genannte Silberhalogenide,<br />

als phototrope Substanz zugegeben werden.<br />

Durch einen weiteren Tempervorgang bei 600 Grad Celsius<br />

entsteht die phototrope Eigenschaft. Dauer und Temperatur<br />

der Wärmebehandlung legen die Reaktionsgeschwindigkeit<br />

und den Grad der Eindunkelung des Glases fest.<br />

Völlige Verdunklung der Gläser<br />

tritt bei hoher Strahlenintensität<br />

ein. Die Farbvariationen der<br />

phototropen Gläser reichen wie<br />

bei herkömmlichen Sonnenbrillen<br />

von Braun über Grau<br />

und Grün bis zu Schwarz.<br />

Bei geringer Strahlung verdunkeln<br />

sich phototrope Gläser nur<br />

gering und passen sich den<br />

Lichtverhältnissen<br />

gebung an.<br />

der Um-<br />

Fehlt die direkte Sonnenlichteinstrahlung,<br />

dann erscheinen<br />

phototrope Gläser<br />

wie durchsichtige Brillengläser.<br />

Organische phototrope Gläser bestehen aus speziellem<br />

Kunststoff. Unter seiner Oberfläche werden bei der<br />

Photochromisation Millionen von Indolino-Spironaphthoxazinen<br />

eingelagert. Wenn diese Moleküle von UV- oder<br />

kurzwelligem blauem Licht getroffen werden, ändert sich<br />

ihre chemische Struktur. Blütenkelchen gleich, öffnen sie<br />

sich und färben das Glas ein. Lässt die Strahlungsintensität<br />

nach, klappen sie wieder zu und das Glas hellt sich auf.<br />

<strong>explore</strong>: INFOBOX<br />

LINKS:<br />

www.tk-online.de/centaurus/generator/tk-online.de/<br />

05__gute__besserung/050__behandeln/09__weitere__behandlungen/<br />

02__augenglaeser/augenglaeser.html<br />

www.perret-optic.ch/Soleil_ozone_yeux/soleil_ozone_yeux_d_3.htm<br />

www.zeiss.de/4125680F0055C122/EmbedTitelIntern/<br />

Kap_E/$File/KAP_E.pdf<br />

BUCHTIPPS:<br />

„Optik und Technik der Brille“ von Heinz Diepes und Ralf Blendowske,<br />

Heidelberg, 2002, ISBN 3922269613, 34,50 Euro<br />

„Lexikon der Optik“ von Harry Paul, 2003, ISBN 3827414229, 49 Euro<br />

„Das Brillen-Buch – Sehen und gesehen werden“ von Beate Ludwig<br />

und Henry Walter; Hamburg, 2000, ISBN 3203840251, 16,90 Euro<br />

<strong>explore</strong>: 4/2006 - 33


34 - <strong>explore</strong>: 4/2006<br />

TECHNIK Intelligente Fenster – komfortable Verdunkelung auf Knopfdruck<br />

Intelligente Fenster – komfortable<br />

Verdunkelung auf Knopfdruck<br />

Von Almut Bruschke-Reimer<br />

So sehr wir die Sonne auch sonst genießen: Sitzt man<br />

hinter Glasscheiben, werden grelles Licht und Hitze<br />

schnell zur Qual. Jalousien und Rollläden sind zwar<br />

eine Lösung, doch sie versperren die Sicht nach draußen<br />

und machen meist sogar den Griff zum<br />

Lichtschalter nötig. Dabei ließe sich durch konsequente<br />

Nutzung von Tageslicht anstelle elektrischer<br />

Beleuchtung in Gebäuden viel Energie sparen.<br />

Wissenschaftler forschen deshalb seit Jahren nach<br />

Alternativen. Ihre Vision: Intelligente Verglasungen, die<br />

den Lichtfluss ganz automatisch ans Wetter anpassen.<br />

Am Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (ISE) in<br />

Freiburg arbeiten Forscher gleich an vier unterschiedlichen<br />

Möglichkeiten, Verglasungen abzudunkeln. „Wir experimentieren<br />

mit so genannten gaschromen, elektrochromen,<br />

photoelektrochromen und photochromen Gläsern“, berichtet<br />

Andreas Georg vom ISE-Marktbereich Fassaden und<br />

Fenster. Die Vielfalt ist sinnvoll, denn je nach Anwendungsbereich<br />

ist eine andere Methode besser geeignet.<br />

Das linke Foto zeigt thermotrope Verglasung einsetzender Schaltung, das Glas verdunkelt sich langsam.<br />

Den vollständig geschalteten Zustand sieht man rechts. Die Besonderheit ist, dass sich die Verglasung<br />

nur im direkt bestrahlten Bereich einschaltet.<br />

Gas färbt Fenster blau<br />

„Die gaschrome Variante hat ihre Stärken beispielsweise bei<br />

großflächigen Anwendungen wie Fassaden, da der<br />

Schichtaufbau sehr einfach ist“, erzählt Georg. Für den<br />

Verdunkelungseffekt überziehen Forscher die Innenseiten<br />

der Scheiben mit transparentem Wolframoxid. Beim<br />

Einleiten von geringen Mengen Wasserstoff in den<br />

Scheibenzwischenraum färbt sich dieser Überzug blau und<br />

sperrt 85 Prozent des Sonnenlichts aus. Die Durchsicht<br />

bleibt jedoch erhalten. Ist wieder Helligkeit erwünscht, wird<br />

auf Knopfdruck einfach Sauerstoff zugeführt, und die blaue<br />

Farbe verflüchtigt sich. Das ganze geschieht in einem<br />

geschlossenen Gaskreislauf mithilfe eines kleinen Elektrolyseurs,<br />

der unsichtbar in der Fensterbrüstung der Fassade<br />

versteckt ist. Gaschrome Fenster haben die Wissenschaftler<br />

bereits im eigenen Institutsgebäude in Betrieb.<br />

Für kleinere Flächen wie abblendbare Innenspiegel nutzen<br />

Autofirmen schon heute mit Strom geschaltete elektrochrome<br />

Systeme. Für größere Anwendungen im Fahrzeug wie<br />

zum Beispiel Sonnendächer sind dagegen eher photoelektrochrome<br />

Gläser interessant.<br />

Sie reagieren nach dem<br />

Einschalten sensibel auf Licht.<br />

„Elektrochrome Systeme, die mit<br />

Spannung arbeiten, könnten bei<br />

längerem Stillstand des Fahrzeugs<br />

die Batterie überstrapazieren“,<br />

sagt Georg. Bei photoelektrochromen<br />

Autogläsern hingegen liefert<br />

die Sonne die Energie fürs<br />

Verfärben selbst.<br />

Photochrome Scheiben funktionieren<br />

ähnlich, jedoch völlig autonom,<br />

und sind für Sonnenbrillen im<br />

Gebrauch. Da sie bei starker<br />

Einstrahlung aber auch in der kalten<br />

Jahrzeit dunkel werden, wenn<br />

solare Wärme höchst erwünscht<br />

ist, sind sie für Gebäude nicht die<br />

erste Wahl. Im Vorteil sind hier<br />

wiederum thermotrope Schreiben,<br />

die das Fraunhofer Institut für<br />

Bauphysik (IBP) in Stuttgart ent-


Intelligente Fenster – komfortable Verdunkelung auf Knopfdruck TECHNIK<br />

wickelt hat. Sie trüben sich nur bei Hitze ein. Da sie dann<br />

nicht mehr durchsichtig sind, eigenen sie sich besonders<br />

gut für Oberlichter oder als transluzente Wärmedämmung.<br />

Markteinführung noch ungewiss<br />

Trotz großer Fortschritte in der Forschung: Noch ist nicht<br />

klar, wann die innovativen Verglasungen einmal großflächig<br />

zum Einsatz kommen werden. Mehrere Firmen, die in den<br />

vergangenen Jahren Pilotversuche gestartet hatten, haben<br />

<strong>explore</strong>: INFOBOX<br />

Schalt- und regelbare Glassysteme<br />

„Symbole. Botschaften für Eingeweihte“<br />

<strong>explore</strong>: NACHTRAG zu Heft 2/2006<br />

Elektrochrom<br />

Meissener Marken<br />

Die Scheiben wechseln durch elektrischen Strom die Farbe.<br />

Als Johann Friedrich Böttger am 28. März 1709 in einem „Memorial“<br />

Gaschrom<br />

seinem König und Kurfürsten meldete, das Porzellan erfunden zu<br />

Das Glas verfärbt sich durch Kontakt mit einem Gas im<br />

haben, wurde damit ein Grundstein für die weltweite Berühmtheit des<br />

Scheibenzwischenraum.<br />

Meissener Porzellans, aber auch für die nicht minder bekannten<br />

Photochrom<br />

Unter Lichteinfluss entsteht eine graue oder braune Einfärbung.<br />

Meissener Marken gelegt.<br />

Photoelektrochrom<br />

Der Steinbrücksche Vorschlag vom 8. November 1722, für Meissener<br />

Photochrome Verglasungen mit blauer Einfärbung und Steuerung<br />

Porzellane „... ein Stückgen aus dem Chur. sächs. Wapen, als etwa<br />

über einen Schalter.<br />

die Chur-Schwerdter ...“ zu nutzen, stellte dabei nur einen vorläufigen<br />

Thermochrom und thermotrop<br />

Höhepunkt in der Markenentwicklung der Manufaktur dar. Mit den<br />

Temperaturabhängige Scheiben, die sich von transparent nach<br />

„Gekreutzen Schwertern“ trat eine Marke den Siegeszug um die Welt<br />

opak eintrüben.<br />

Sonnenbrille für das Flugzeug<br />

an, die noch heute, in Bezug auf ihre historische Entwicklung und<br />

Bekanntheit, ihresgleichen sucht.<br />

Intelligente Fenster haben auch über den Wolken beste Aussichten: Als Das traditionsreichste sächsische Unternehmen, die „Mutter“ der<br />

weltweit erstes Verkehrsflugzeug soll die neue Boeing 787 mit elektro- europäischen Porzellan-Manufakturen, begann bereits kurz nach seinisch<br />

abdunkelbaren Fensterscheiben ausgestattet sein. Die innovatiner Gründung 1710 mit der Einführung und Benutzung von Marken.<br />

ven Gläser werden es Passagieren ermöglichen, ihre Fenster selbst- Damit ist es der älteste bis heute ununterbrochen produzierte<br />

ständig einzustellen.<br />

Markenartikelhersteller.<br />

Impressum:<br />

<strong>explore</strong>:<br />

Kundenmagazin der<br />

TÜV NORD Gruppe<br />

Verlag und Herausgeber:<br />

TÜV NORD AG,<br />

Am TÜV 1, 30519 Hannover<br />

www.tuev-nord.de/<strong>explore</strong><br />

<strong>explore</strong>@tuev-nord.de<br />

Erscheinungsweise:<br />

viermal jährlich<br />

Redaktion:<br />

TÜV NORD AG<br />

Konzern-Kommunikation<br />

Jochen May (V.i.S.d.P.); Tim Kreitlow<br />

Konzeption und Gestaltung:<br />

TÜV NORD Gruppe, 30519 Hannover<br />

Gestaltung:<br />

MPR Dr. Muth Public Relations GmbH,<br />

20354 Hamburg<br />

Satz, Lithographie & Druck:<br />

diaprint KG, 30952 Ronnenberg-Empelde<br />

Wissenschaftlicher Beirat:<br />

Prof. Dr.-Ing. E.h. Dr. h.c. Eike Lehmann<br />

Prof. Dr. Günter Maaß<br />

Prof. Dr. Friedhelm Noack<br />

Fotos:<br />

CINETEXT Bild & Textarchiv GmbH (S. 2, 14)<br />

Corbis (Titel, S. 17, 36, 40)<br />

erdkunde-wissen.de (S. 4)<br />

European Space Agency (S. 5)<br />

Falcom Media Group AG (S. 2, 18)<br />

getty-images (S. 3, 27, 30, 38)<br />

diese wegen technischer oder geschäftlicher Probleme<br />

inzwischen wieder eingestellt. Auch wenn einzelne Systeme<br />

schon im Gebrauch sind, muss es zuerst gelingen, sie noch<br />

kostengünstiger und stabiler herzustellen. Zudem müssen<br />

vor allem interessierte Firmenpartner gefunden werden, die<br />

bereit sind, Kapital zu investieren, so die Einschätzung des<br />

Fachinformationszentrums Karlsruhe. Langfristig ist bei<br />

intelligenten Fenstern nach Ansicht des Forschungszentrums<br />

Jülich aber ein Milliardenmarkt zu erwarten.<br />

KGS (Zeiss) (S. 3, 33)<br />

Nicole Heinzel (S. 2, 8, 31, 32)<br />

Picture Aliance (S. 2, 10, 11, 28, 29)<br />

Rodenstock (S. 33)<br />

Tobias Thies (S. 2, 4, 5, 7, 37)<br />

TÜV NORD Gruppe (S. 2, 3, 19, 20, 21,<br />

22, 23, 24, 25, 26)<br />

TU München, Fakultät für Architektur, Lehrstuhl<br />

für Bioklimatik und Haustechnik (S. 34)<br />

Dr. Heiner Wolfes (S. 12, 13, 16)<br />

www.vollspektrum-licht.ch (S. 6)<br />

Nachdruck, auch auszugsweise, nur<br />

mit schriftlicher Genehmigung des<br />

Herausgebers.<br />

Leserbriefe sind herzlich willkommen.<br />

<strong>explore</strong>: 4/2006 - 35


Wie kommen die<br />

Daten auf die CD?<br />

Von Jan Oliver Löfken<br />

36 - <strong>explore</strong>: 4/2006<br />

TECHNIK Wie kommen die Daten auf die CD?<br />

Ohne Laserlicht kann eine CD oder DVD weder beschrieben noch gelesen wer-<br />

den. <strong>explore</strong>: erklärt, wie es funktioniert, und was in Zukunft noch auf den<br />

Verbraucher zukommt.<br />

Immer kleiner werden die Datenpunkte auf<br />

den silbrig schimmerndern Datenscheiben<br />

und erhöhen so die Speicherkapazität von<br />

etwa 700 Megabytes bei einer CD heute<br />

auf knapp 50.000 Megabytes bei doppelseitigen<br />

DVDs des BluRay-Standards.<br />

Rasante Entwicklung<br />

200 bis 500 Mal pro Minute dreht sich<br />

die schillernde Scheibe im CD-Player.<br />

Ein roter Laserstrahl tastet dabei die<br />

Datenspur auf Erhebungen und<br />

Senken ab. Diese entsprechen jeweils<br />

den digitalen Werten „1“ und „0“. Wie<br />

eine Spirale reihen sich die einzelnen<br />

Datenpunkte auf eine Gesamtlänge<br />

von gut neun Kilometern aneinander.<br />

700 Megabytes Daten oder 80 Minuten<br />

Musik in hoher digitaler Qualität lassen<br />

sich so auf einfachen CDs speichern<br />

und auslesen.


Wie kommen die Daten auf die CD? TECHNIK<br />

Datenpunkte: Gepresst<br />

oder eingebrannt<br />

Anfang der 1980er-Jahre läutete diese<br />

Entwicklung der Elektronikkonzerne<br />

Sony und Philips das Ende der<br />

Vinylplatte ein. Und die Entwicklung<br />

schreitet mit großen Schritten voran.<br />

Längst erreicht die DVD (Digital<br />

Versatile Disc) ebenfalls mit roten<br />

Lasern mit einem Speichervolumen<br />

von 4.700 Megabytes höhere Verkaufszahlen<br />

als die CD und bietet<br />

ganze Spielfilme in gestochen scharfen<br />

Bildern. Kaum hat die DVD die<br />

Marktführerschaft für diese Speicherscheiben<br />

erlangt, drängt bereits die<br />

nächste Generation dieser optischen<br />

Datenträger in den Markt. Unter den<br />

Produktnamen BluRay und HD-DVD<br />

(High Definition Digital Versatile Disc)<br />

merken sie sich auf zwei beschreibbaren<br />

Seiten bis zu 50.000 Megabytes<br />

(siehe auch <strong>explore</strong>: 4/2005 „Gleißendes<br />

Licht statt elektrischer Ladung“).<br />

Ob CD oder BluRay, all diese Scheiben<br />

sind ähnlich aufgebaut und funktionieren<br />

im Grunde nach dem gleichen<br />

Prinzip. Hauptsächlich bestehen die<br />

etwa einen Millimeter dünnen Datenträger<br />

aus dem durchsichtigen Kunststoff<br />

Polycarbonat. Darauf folgt eine<br />

etwa 100 Millionstel Millimeter dicke,<br />

reflektierende Schicht, aus der die einzelnen<br />

Datenpunkte, so genannte Pits,<br />

ausgelesen werden. Bei nicht wieder<br />

beschreibbaren DVDs und CDs pressen<br />

die Hersteller die Datenpunkte<br />

bereits dauerhaft in die Oberfläche des<br />

Polycarbonat-Trägers. Wiederbeschreibbare<br />

Datenträger verfügen<br />

dagegen über eine spezielle Aufzeichnungsschicht.<br />

Dazu dient eine<br />

Legierung aus den Metallen Silber,<br />

Indium, Antimon und Tellurium. Mit<br />

intensivem Laserlicht lassen sich hier<br />

Daten „einbrennen“, wie es im Volksmund<br />

heißt. Dabei heizt der Laser das<br />

Material für winzige Bruchteile einer<br />

Sekunde auf bis zu 700 Grad Celsius<br />

auf. Das Speichermaterial ändert dabei<br />

seine Phase, es wechselt von einer<br />

polykristallinen Struktur in eine ungeordnet<br />

amorphe.<br />

Lesen mit reflektiertem Laserlicht<br />

Diese beiden Zustände unterscheiden<br />

sich grundlegend in ihrem Reflexionsverhalten,<br />

der Grundlage für das<br />

Durch ihren kleineren Fokuspunkt können blaue Laser kleinere Strukturen und somit mehr Daten<br />

ertasten. Von der CD zur DVD: Schrumpfende Pits für mehr Daten.<br />

Auslesen von Daten; denn ganz gleich<br />

ob dauerhaft eingeprägt oder reversibel<br />

eingebrannt, für den Leseprozess<br />

ist das Reflexionsvermögen von zentraler<br />

Bedeutung. In beiden Fällen<br />

tastet der Lesestrahl über die Erhebungen<br />

und Senken einer gepressten<br />

CD oder über die fein strukturierte<br />

Aufreihung von polykristallinen und<br />

amorphen Bereichen in der Aufzeichnungsschicht.<br />

Ein digitaler Datenpunkt<br />

wird dann als solcher erkannt,<br />

wenn sich die Reflexion des Laserlichts<br />

ändert. Eine empfindliche Fotodiode<br />

fängt die sich so rasch ändernden,<br />

zurückgeworfenen Lichtsignale auf und<br />

wandelt diese in einen elektronischen,<br />

digitalen Datensatz um.<br />

10.000 Umdrehungen pro Minute<br />

Für die seit den 1980er-Jahren fast um<br />

die 100fache gesteigerte Kapazität der<br />

glänzenden Scheiben ist die Größe der<br />

einzelnen Datenpunkte verantwortlich.<br />

Dehnte sich ein solcher Pit bei einer CD<br />

noch auf fast einem Millionstel Meter<br />

(Mikrometer, μm) aus, schrumpfte er<br />

bei aktuellen BluRay-Scheiben auf<br />

weniger als die Hälfte. Zugleich konnte<br />

die Spurweite der Pit-Spirale von 1,6<br />

μm auf gut 0,7 μm reduziert werden.<br />

Und mit Rotationsgeschwindigkeiten<br />

von 10.000 Umdrehungen pro Minute<br />

vervielfachte sich die Schreib- und<br />

Lesegeschwindigkeit der Scheiben.<br />

Ultraviolette Laser und Hologramme<br />

Für diese geschrumpften Pits sind rote<br />

Laser jedoch nicht zu gebrauchen. Ihre<br />

Wellenlänge von 780 Nanometern ist<br />

zu groß, um die feinen Strukturen zu<br />

erkennen. Erst mit der Entwicklung von<br />

blau strahlenden Lasern mit einer<br />

Wellenlänge von 405 Nanometern war<br />

dieser Kapazitätssprung möglich.<br />

Trotz dieses Erfolgs ist ein Ende der<br />

Entwicklung noch nicht abzusehen. Mit<br />

weiter geschrumpften Pits haben Entwickler<br />

des japanischen Elektronikkonzerns<br />

Sharp schon eine weitere Verdopplung<br />

der Datendichte auf 100<br />

Gigabytes erreicht, genug für neun<br />

Stunden Video in HDTV-Qualität. Andere<br />

Forscher nutzen statt heute üblichen<br />

zwei Speicherschichten pro<br />

Scheibe sogar vier bis acht davon. Und<br />

erst jüngst bauten Wissenschaftler von<br />

den NTT Basic Research Laboratories<br />

im japanischen Atsugi eine Leuchtdiode<br />

mit der derzeitig kürzesten<br />

Wellenlänge von nur 210 Nanometern.<br />

Entsprechende Laser könnten bald folgen<br />

und mit diesen ultravioletten<br />

Strahlen für das kommende Jahrzehnt<br />

den nächsten Kapazitätssprung auf<br />

mindestens 500.000 Megabytes pro<br />

Scheibe vorbereiten. Parallel arbeiten<br />

Wissenschaftler an mit Lasern in die<br />

Scheiben eingeprägten Minihologrammen,<br />

welche die Pit-Technologie ablösen<br />

könnte. Auch hier lockt ein Vielfaches<br />

an Speicherkapazität bei<br />

schnelleren Zugriffszeiten.<br />

<strong>explore</strong>: INFOBOX<br />

LINKS:<br />

Infodienst rund um CD/DVD:<br />

www.media-infodienst.de/<br />

Das gelüftete DVD-Geheimnis:<br />

www.dvddemystifiziert.de/3.html<br />

HD-DVD-Konsortium: www.hddvdprg.com/<br />

BluRay-Konsortium: www.blu-raydisc.com/<br />

Holographic Versatile Disc-Konsortium:<br />

www.hvd-alliance.org/<br />

<strong>explore</strong>: 4/2006 - 37


38 - <strong>explore</strong>: 4/2006<br />

TECHNIK Unterscheiden wie Tag und Nacht<br />

Unterscheiden<br />

wie Tag und Nacht<br />

Von Dörte Saße<br />

Nachtsicht ist dem menschlichen Auge nicht gegeben, es wird mit fal-<br />

lender Nacht immer blinder. Viele Tiere hingegen haben unterschiedliche<br />

Methoden entwickelt, um auch im Dunkeln „sehen“ zu können – und der<br />

Mensch als Erfinder tut es ihnen mit Technik inzwischen gleich.<br />

Sitzt ein Mensch nachts am Lagerfeuer, sieht er erst einmal<br />

nichts – mit Ausnahme der alles überstrahlenden Flammen,<br />

deren direkter Umgebung, und vielleicht den hellsten Sternen<br />

am Firmament. Nur in einiger Entfernung vom Feuer<br />

gewöhnt sich Auge langsam ans Dunkel und erkennt vielleicht<br />

sogar die Milchstraße. Während die Sterne selbst<br />

leuchten, spiegelt der Mond nur den Schein der Sonne<br />

wider. Und genauso tun es die vielen „leuchtenden“ Augenpaare<br />

im Gebüsch, die den Menschen plötzlich anstarren<br />

und ihn zügig zum Feuer zurücktreiben: Sie reflektieren nur<br />

dessen Licht.<br />

Verantwortlich ist das Tapetum lucidum (auf Deutsch etwa<br />

„lichter Teppich“), eine Membran hinter der Netzhaut, die<br />

wie ein Restlichtverstärker das wenige einfallende Licht<br />

reflektiert. Sie schickt es noch einmal zurück durch die<br />

Netzhaut, so dass die lichtempfindlichen Sinneszellen dort<br />

mindestens die doppelte Lichtmenge auswerten können.<br />

Augen von Katzen und vieler anderer nachtaktiver Tiere<br />

sind auf Helligkeit optimiert, die des Menschen auf Farbe<br />

und Kontrast. Unsere Netzhaut hat viele farbempfindliche<br />

Zapfen, je mehr pro Quadratzentimeter, desto besser lassen<br />

sich farbige Umgebungen im Detail auswerten. Die<br />

Zapfen sind allerdings nicht sehr lichtempfindlich, und das<br />

Farbsehen versagt schon in der Dämmerung – ab dann<br />

sind alle Katzen grau. Die zweite Art der Lichtsinneszellen in<br />

der Netzhaut, die Stäbchen, unterscheiden nur zwischen<br />

hell und dunkel. Sie halten den „Sichtbetrieb“ länger aufrecht,<br />

bis der Mensch in sehr schwachen Lichtverhältnissen<br />

tatsächlich im Dunkeln steht.


Unterscheiden wie Tag und Nacht TECHNIK<br />

Tierische Leistungen<br />

Die Katze hingegen sieht noch ausgezeichnet. Neben dem<br />

Tapetum lucidum hat sie deutlich mehr lichtempfindliche<br />

Stäbchen in ihrer Netzhaut. Und obendrein kann sie ihre Pupille<br />

viel größer und weiter stellen als der Mensch, so dass<br />

größere Lichtmengen bis zur Netzhaut vordringen. Sie ist aktiv,<br />

solange noch schwächster Lichtschein ihr Auge erreicht.<br />

Erst dann schlägt die Stunde der wahren Meister der<br />

Dunkelheit: Fledermäuse arbeiten mit Ultraschall, und der<br />

einzige Höhlen bewohnende Vogel, der südamerikanische<br />

Fettschwalm, verwendet eine hörbare Art des Echolots.<br />

Schlangen und manche Nachtinsekten hingegen nutzen<br />

Wärmestrahlung im Infrarotbereich, das sie mit Spezialorganen<br />

wahrnehmen können. Alle anderen nachtaktiven<br />

oder in ständiger Dunkelheit lebenden Tiere verlassen sich<br />

auf andere Sinnesorgane: auf ihr hochempfindliches Gehör<br />

sowie auf Geruchs- und Tastsinn; denn als Nicht-Jäger<br />

genügt es ihnen, in Deckung zu bleiben und sich langsamer<br />

vorwärtszubewegen.<br />

Der Mensch strebt nach mehr. Und so genügte es nicht, die<br />

Nacht mit Fackeln, Glühlampen und LED zum Tag zu<br />

machen, die Lichtaussendung zu erhöhen. Auch auf der<br />

Empfängerseite, bei der Lichtwahrnehmung, musste<br />

Verbesserung her. So versuchte die Menschheit, alle<br />

Wahrnehmungsmethoden der Natur nachzubauen.<br />

Menschliche Technik<br />

Dem Tapetum lucidum entspricht die Restlichtverstärkung,<br />

die in passiven Nachtsichtgeräten zum Einsatz kommt. Sie<br />

zeigt ein irritierend grünes Bild der Umgebung, ähnlich den<br />

Grautönen, die das Auge sehen könnte, wäre es empfindlicher.<br />

Hoch empfindliche Photozellen intensivieren schwachen<br />

Lichtschein und geben ihn per Bildwandler wieder.<br />

Echte Nachtsichtgeräte für die totale Dunkelheit arbeiten<br />

vor allem mit Infrarotstrahlung: Die aktive Variante enthält<br />

einen Infrarotstrahler, mit dem sie die Umgebung ausleuchtet,<br />

fürs menschliche Auge unsichtbar, und die reflektierten<br />

Strahlen wieder aufnimmt.<br />

Die passive Variante kann nur jene Bereiche ihrer Umgebung<br />

wahrnehmen, die selbst Infrarotstrahlen, also Wärme, senden.<br />

Damit lassen sich also lebende Tiere und Menschen bei<br />

Nacht sehen, ähnlich wie Schlangen ihre Mäusebeute,<br />

solange die Körpertemperatur ungleich der Umgebungstemperatur<br />

ist. Als Thermokamera mit sehr fein abgestufter<br />

Temperaturwahrnehmung kommt das Prinzip auch in<br />

Technik und Medizin zum Einsatz, ob nun Architekten<br />

Kältebrücken in einem Gebäude suchen oder Ärzte berührungslos<br />

einem Fiebernden die Stirn fühlen wollen.<br />

Radar hingegen arbeitet wie Delfin und Fledermaus: Ein<br />

Sendegerät schickt elektromagnetische Wellen in die<br />

Umgebung, und ein Empfangsgerät registriert Richtung und<br />

Intensität der zurückkommenden Welle. So kann man<br />

erkennen, wie weit ein Gegenstand entfernt und wie groß er<br />

ist. Ähnlich funktioniert der Einsatz von Ultraschallsensoren,<br />

mit denen zum Beispiel Autos beim Einparken nie mehr<br />

gegen die Garagenwand fahren, Roboter sich eigenständig<br />

durch die Gegend bewegen und moderne Blindenstöcke<br />

ihre Benutzer vor Hindernissen warnen. Der Unterschied<br />

zwischen Radar und Ultraschall liegt in der Wellenlänge und<br />

in der unterschiedlichen Reichweite. Nach demselben<br />

Grundprinzip funktioniert auch die neueste Entwicklung, das<br />

Millimeterwellen-Sichtgerät, mit dem Militär, Grenzkontrolle<br />

und Polizei sogar durch dünne Wände leuchten können.<br />

Otto und Ottilie Normalverbraucher bemerken die<br />

Nachtsicht-Nachahmung vor allem in Digitalkameras, die<br />

auch bei relativer Dunkelheit noch deutlich mehr Details zeigen<br />

als analoge Kameras mit Silberjodid-Film. Und inzwischen<br />

beginnen Autohersteller mit dem Einbau von<br />

Sichthilfen: Dank eines Ultraschallsystems namens „Park<br />

Mate“ sollen Fahrzeuge künftig ganz eigenständig Parklücken<br />

finden und sich passgenau hineinbegeben können.<br />

Und der Fahrerassistent „Night Vision“ setzt auf eine<br />

Wärmebildkamera, die nachts schwer sichtbare Menschen<br />

und Tiere auf der Fahrbahn erkennen hilft: auch die schwarze<br />

Katze, die von links nach rechts die Straße quert.<br />

Methode Wellenlänge Anwendung in der Natur Anwendung in der Technik<br />

Restlichtverstärkung sichtbares Licht Tapetum lucidum in nachtaktiven Restlichtverstärker in<br />

380 bis 760 Nanometer Tieren Nachtsichtgeräten<br />

Infrarotlicht Wärmestrahlung 780 Grubenorgan bei der Schlangen, Wärmebildkamera<br />

Nano- bis 1 Millimeter Wärmerezeptoren in der Haut<br />

Millimeterwellen 1 bis 10 Millimeter – „Wanddurchleuchter“, Radargeräte,<br />

Bewegungsmelder<br />

Ultraschall auch abhängig vom umgebenden Fledermaus und Delfin arbeiten mit „hörender“ Blindenstock,<br />

Medium, zum Beispiel Luft oder Ultraschall, eine hörbare Art des Fahrzeug-Abstandshalter<br />

Wasser 100 Meter bis 8 Kilometer Echolots<br />

Unterstützung hörbarer Ton von 15 Hz bis Ohr nachtaktiver Tiere, zum Beispiel kombinierte Bewegungsdurch<br />

Gehör 18.000 Hz Eulen (bis hin zum Infraschall) Geräusch-Melder<br />

Unterstützung – Tasthaare und Erschütterungs- Braille-Zeile, Blindenstock<br />

durch Tastsinn rezeptoren blinder Höhlentiere<br />

Von Menschen entwickelte Technik hat meist schon funktionierende Vorbilder in der Natur.<br />

<strong>explore</strong>: 4/2006 - 39


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