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Jahrbuch - Verein für Geschichte und Kultur

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48 <strong>Jahrbuch</strong> 2007<br />

terschied zwischen Rudy Wiebe <strong>und</strong> Al Reimer könnte nicht größer sein, nicht<br />

was die Qualität ihrer Werke betrifft, sondern in dem, wie sie den historischkünstlerischen<br />

Stoff behandeln. Wiebe gibt, wie wir gesehen haben, nur einige<br />

historische Daten an, wogegen Reimer fast wie ein Historiker schreibt, der ausführlich<br />

die geschichtlichen Begebenheiten entwickelt. Nur hin <strong>und</strong> wieder<br />

weicht er von der historischen Wirklichkeit ab wie z.B., als er den Anarchisten<br />

Nestor Machno <strong>und</strong> einen mennonitischen Reiseprediger mit Namen Eerdmann<br />

Lepp in einer Szene gegenüber stellt. Historisch gibt es keinen Beleg <strong>für</strong> dieses<br />

Zusammenkommen, doch im Roman wirkt die Szene recht überzeugend.<br />

Wie der Titel andeutet, war die Zeit zwischen 1905 <strong>und</strong> 1924 <strong>für</strong> die mennonitischen<br />

Kolonien eine Zeit, in der vielfach die Klagesaiten der Harfe ertönten <strong>und</strong><br />

wenig Freude zu finden war. Auch <strong>für</strong> die einzelnen Familien war diese Zeit<br />

mehr Klage als Freude. Wilhelm Fast studiert Kunst in St. Petersburg <strong>und</strong> verliebt<br />

sich dort in Clara Block, die Sängerin werden will. Wilhelms jüngerer Bruder<br />

Nikolai ist das schwarze Schaf der Familie. Wilhelm, der den Glaubensprinzipien<br />

seiner Gemeinschaft treu bleibt, dient als Sanitäter im Ersten Weltkrieg,<br />

wogegen Nikolai seine fromme Familie nicht nur kränkt <strong>und</strong> verachtet, sondern<br />

auch im Militär mit der Waffe dient <strong>und</strong> sich später sogar zu Batjko Machnos<br />

Bande gesellt.<br />

Den Höhepunkt des Romans bildet die fiktive Szene, als Eerdmann Lepp <strong>und</strong><br />

Nestor Machno sich gegenüber stehen. Machno spottet über den mennonitischen<br />

Prediger <strong>und</strong> droht ihn zu erschießen. Lepp zeigt keine Furcht vor dem Bösewicht<br />

<strong>und</strong> stellt seiner Zerstörungsmacht das Friedensreich Christi entgegen.<br />

Zuletzt setzt Machno Lepp auf freien Fuß; symbolisch trägt Eerdmann Lepp den<br />

Sieg havon (My Harp, 390-99). Das Gute siegt über das Böse.<br />

Im Epilog des Romans ist es inzwischen das Jahr 1933 geworden. Wihelm Fast<br />

<strong>und</strong> seine Familie befinden sich in Waldheim, Saskatchewan, <strong>und</strong> schauen einer<br />

besseren Zukunft entgegen; Nestor Machno ist nach Paris geflohen, wo er sein<br />

Ende erwartet; <strong>und</strong> Eerdmann Lepp befindet sich in der sowjetischen Verbannung,<br />

wo er den Mitgefangenen im Lager mit dem Worte Gottes dient.<br />

Rudy Wiebe, Al Reimer <strong>und</strong> einige andere kanadische Schriftsteller sind im<br />

Glauben <strong>und</strong> in der mennonitischen Gemeinde geblieben. Einige der jüngeren<br />

Schriftsteller haben sich vom aktiven Gemeindeleben abgewandt, obwohl sie ihren<br />

künstlerischen Stoff aus dem mennonitischen Leben <strong>und</strong> seiner <strong>Geschichte</strong><br />

schöpfen. Doch wenn es zu persönlichem Glauben kommt, meine ich, darf man<br />

nicht gleich kritische Urteile fällen. Die Tatsache, dass Dichter sich mit religiö-

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