IBS Irritable Bowl Syndrome
IBS Irritable Bowl Syndrome
IBS Irritable Bowl Syndrome
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I R R I T A B L E B O W E L S Y N D R O M E<br />
Überblick
Reizdarmsyndrom (<strong>IBS</strong>, <strong>Irritable</strong> Bowel <strong>Syndrome</strong>)<br />
Eine Übersicht<br />
Inhalt<br />
Kapitel 1 2<br />
Reizdarm (<strong>IBS</strong>) – eine gastrointestinale Funktionsstörung<br />
Kapitel 2 7<br />
Epidemiologie des Reizdarms (<strong>IBS</strong>)<br />
Kapitel 3 11<br />
Soziale und wirtschaftliche Auswirkungen des Reizdarms (<strong>IBS</strong>)<br />
Kapitel 4 13<br />
Pathophysiologie des Reizdarms (<strong>IBS</strong>)<br />
Kapitel 5 21<br />
Klinisches Erscheinungsbild des Reizdarms (<strong>IBS</strong>)<br />
Kapitel 6 24<br />
Diagnose des Reizdarms (<strong>IBS</strong>)<br />
Kapitel 7 31<br />
Aktuelle Behandlung des Reizdarms (<strong>IBS</strong>)<br />
Literatur 39<br />
1
Kapitel 1<br />
Reizdarm (<strong>IBS</strong>) –<br />
eine gastrointestinale Funktionsstörung<br />
2<br />
Der Reizdarm, auch als Reizkolon, irritables Darmsyndrom, irritables Kolon<br />
und Colon irritabile (englisch: irritable bowel syndrome; <strong>IBS</strong>) bekannt, gehört<br />
einer Gruppe von Störungen an, die sich klinisch auf vielfältige Art äussert<br />
und als gastrointestinale (GI) Funktionsstörungen bekannt sind (Abbildung 1).<br />
Sie werden seit jeher als funktionelle Störungen eingestuft, da allgemein die<br />
Ansicht besteht, dass sich ihr Auftreten nicht durch eine zugrunde liegende<br />
strukturelle oder biochemische Normabweichung erklären lässt. 1 Beim<br />
‹klassischen› Reizdarm handelt es sich um eine chronische Erkrankung, die<br />
durch eine Reihe verschiedener Symptome, einschliesslich Bauchschmerzen<br />
oder abdomineller Beschwerden gekennzeichnet ist, die von Obstipation oder<br />
Diarrhöe begleitet einhergehen kann. Die Art und der Schweregrad der<br />
Symptome können zwischen den Patienten sehr erheblich voneinander abweichen<br />
und können sich selbst bei einem einzelnen Patienten im Laufe der<br />
Zeit ändern. Das klinische Erscheinungsbild und die Diagnose des Reizdarms<br />
werden eingehender in den Kapiteln 5 und 6 besprochen.<br />
Zu weiteren funktionellen Störungen des unteren GI-Traktes zählen funktionelle<br />
‹Verdauungsbeschwerden› wie Bauchschmerzen, Blähungen, Obstipation<br />
und Diarrhöe, während zu den Erkrankungen des oberen GI-Traktes<br />
Dysphagie, nichtkardialeThoraxschmerzen, Sodbrennen, funktionelle Dyspepsie<br />
und funktionelle Erkrankungen der Gallenwege gehören. Zwischen den<br />
Symptomen der verschiedenen GI-Funktionsstörungen können erhebliche<br />
Überlappungen vorkommen. Deshalb werden weitere Studien benötigt, zur Bestätigung,<br />
ob es sich bei diesen Störungen um eindeutige klinische Entitäten<br />
oder regionale Manifestationen eines einzelnen pathophysiologischen Vorganges<br />
handelt. In diesem Kapitel werden einige der häufiger vorkommenden<br />
Störungen und ihr möglicher Zusammenhang mit dem Reizdarm besprochen.<br />
1.1 Dysphagie<br />
Bei der Dysphagie liegen Störungen des Schluckaktes und dadurch bedingt<br />
Probleme bei der Beförderung von Nahrung vom Mund in den Magen vor. 2 In<br />
diesem Zusammenhang können Schwierigkeiten bei der Einleitung des<br />
Schluckaktes (obere Dysphagie) oder eine Empfindung vorliegen, dass die<br />
Nahrung nach erfolgreichem Schlucken ‹aufgehalten› wird (untere Dysphagie).<br />
Die letztere Empfindung kann mit Thoraxschmerzen einhergehen. Obwohl
3<br />
Unterer GI-Trakt<br />
Funktionelle Bauchschmerzen/Blähungen<br />
Reizdarm<br />
Funktionelle<br />
Obstipation/Diarrhöe<br />
Patienten mit Dysphagie oft Angst vor einer Malignität haben, ist sie in den<br />
meisten Fällen benigne.<br />
1.2 Nichtkardiale Thoraxschmerzen<br />
Nicht kardiale Thoraxschmerzen lassen sich mit den Schmerzen vergleichen,<br />
die empfindungs- und verteilungsmässig bei Herzerkrankungen auftreten. Es<br />
liegen jedoch keinerlei Hinweise für einen kardialen Ursprung vor. Es besteht<br />
die Annahme, dass die meisten Fälle auf eine primäre ösophageale Erkrankung<br />
zurückzuführen sind. 3<br />
1.3 Sodbrennen<br />
Sodbrennen oder ‹Pyrosis› ist gekennzeichnet durch ein durch saures Aufstossen<br />
bedingtes Gefühl brennender Schmerzen im Thorax, die vom<br />
Sternum bis zum Unterkiefer ausstrahlen und wird durch den Reflux des<br />
sauren Mageninhaltes in den Ösophagus ausgelöst. Sodbrennen ist meist<br />
nach Mahlzeiten schlimmer, besonders aber nach Mahlzeiten, die<br />
Schokolade, Pfefferminze, Kaffee und Alkohol enthalten ebenso wie nach der<br />
Aufnahme fetthaltiger und stark gewürzter Nahrungsmittel. Die Symptome<br />
können auch durch Hinlegen oder Vornüberbeugen ausgelöst werden.<br />
1.4 Funktionelle Dyspepsie<br />
Oberer GI-Trakt<br />
Dysphagie<br />
Nichtkardiale<br />
Thoraxschmerzen<br />
Sodbrennen<br />
Funktionelle<br />
Dyspepsie<br />
Funktionelle Gallengangserkrankungen<br />
Abbildung 1.<br />
Gastrointestinale<br />
Funktionsstörungen<br />
Die funktionelle (oder nicht durch ein Ulkus ausgelöste) Dyspepsie ist ein<br />
allgemeiner, nicht spezifischer Begriff, mit dem eine Reihe verschiedener
… obwohl ein<br />
Zusammenhang<br />
zwischen den<br />
Schmerzen und<br />
eine Störung der<br />
GI-Funktion nur<br />
schwer nachweisbar<br />
ist.<br />
4<br />
Symptome, einschliesslich Blähungen, aufgetriebener Bauch (Trommelbauch),<br />
Aufstossen und gewöhnlich nach den Mahlzeiten auftretende Schmerzen im<br />
Oberbauchbereich beschrieben werden. Bevor eine Diagnose der funktionellen<br />
Dyspepsie gestellt werden kann, müssen zuerst alle anderen nachweisbaren<br />
intestinalen Erkrankungen ausgeschlossen werden.<br />
1.5 Funktionelle Erkrankungen der Gallenwege<br />
Funktionelle Erkrankungen der Gallenwege schliessen die Gallenblasendysfunktion<br />
und eine Dysfunktion des Oddi-Sphinkters (Musculus sphincter<br />
ampullae) ein.<br />
1.6 Funktionelle abdominelle Blähungen<br />
Eine Diagnose funktioneller abdomineller Blähungen erfordert das Vorliegen<br />
von abdominellem Völlegefühl, Blähungen oder einem sichtbar aufgetriebenen<br />
Bauch (Trommelbauch) für die Dauer von mindestens 12 Wochen während<br />
der vorangegangenen 12 Monate. 1 Blähungen sind oft früh morgens nicht vorhanden<br />
und werden im Laufe des Tages zunehmend schlimmer. Diese<br />
Symptome können intermittierend auftreten oder durch bestimmte Nahrungsmittel<br />
ausgelöst werden. Übermässiges Aufstossen und Abgehen von Winden<br />
können auftreten, sie müssen jedoch nicht unbedingt mit den Blähungen<br />
zusammenhängen.<br />
1.7 Funktionelle Bauchschmerzen<br />
Funktionelle Bauchschmerzen werden diagnostiziert, wenn über eine Zeitspanne<br />
von mindestens 6 Monaten häufige, kontinuierliche oder rezidivierende<br />
Bauchschmerzen auftreten. Die Schmerzen dürfen nicht mit Essen,<br />
Defäkation oder Menstruation einhergehen, und es dürfen keine Anzeichen<br />
einer organischen Erkrankung vorliegen. 1 Bei Patienten mit funktionellen<br />
Bauchschmerzen findet sich häufig ein chronisches Krankheitsverhalten und<br />
beeinträchtigte alltägliche Leistungen, obwohl ein Zusammenhang zwischen<br />
den Schmerzen und einer GI-Funktionsstörung unter Umständen nur schwer<br />
nachweisbar ist.<br />
1.8 Funktionelle Obstipation<br />
Funktionelle Obstipation wird basierend auf dem Vorliegen über eine Zeitdauer<br />
von mindestens 12 Wochen während der vorangegangenen 12 Monate<br />
diagnostiziert, wenn zwei oder mehr der folgenden Symptome vorliegen:<br />
● Pressen bei > 1 bis 4 Darmentleerungen<br />
● Harte oder bröcklige Stühle bei > 1 bis 4 Darmentleerungen<br />
● Gefühl der unvollständigen Entleerung bei > 1 bis 4 Darmentleerungen<br />
● Gefühl der anorektalen Obstruktion bei > 1 bis 4 Darmentleerungen
… obwohl in<br />
einigen schwerwiegenden<br />
Fällen<br />
eine zusätzliche<br />
Aufnahme von<br />
Ballaststoffen zu<br />
einer Verschlimmerung<br />
der Symptome<br />
führen kann.<br />
Zwischen den<br />
Symptomen der<br />
verschiedenen<br />
funktionellen abdominellen<br />
Störungen liegt<br />
eine erhebliche<br />
Überlappung vor.<br />
5<br />
● Erforderliche manuelle Manöver zur Erleichterung von > 1 bis 4 Darmentleerungen<br />
● Und/oder wöchentlich weniger als drei Darmentleerungen.<br />
Ungeformte Stühle liegen nicht vor, und es sind ungenügend Kriterien für die<br />
Diagnose eines Reizdarms vorhanden. 1 Die Aufnahme einer grösseren<br />
Ballaststoffmenge mit der Nahrung kann die Defäkation durch Zunahme der<br />
Kotmasse und Erweichung des Stuhls verbessern, obwohl in einigen schwerwiegenden<br />
Fällen eine zusätzliche Aufnahme von Ballaststoffen zu einer Verschlimmerung<br />
der Symptome führen kann. Osmolaxantia, wie zum Beispiel<br />
Lactulose und auch Einläufe werden häufig für Patienten mit schwerwiegender<br />
Obstipation als Behandlung der Wahl eingesetzt.<br />
1.9 Funktionelle Diarrhöe<br />
Funktionelle Diarrhöe wird als die Passage flüssiger oder wässriger Stühle<br />
mindestens 75% der Zeit, jedoch ohne Abdominalschmerzen definiert. 1 Diese<br />
Symptome müssen mindestens 3 Monate lang vorliegen. Bevor die Diagnose<br />
einer funktionellen Diarrhöe gestellt wird, müssen strukturelle oder organische<br />
Störungen der GI-Schleimhaut ausgeschlossen werden. Zu diesen gehören<br />
Malresorptionserkrankungen (wie zum Beispiel Glutenüberempfindlichkeit,<br />
chronische Pankreasinsuffizienz), entzündliche Darmerkrankungen (wie<br />
zum Beispiel Colitis ulcerosa, Morbus Crohn) und Infektionen des GI-Traktes. 4<br />
Eine Umstellung der Ernährungsweise kann sich bei der Behandlung der funktionellen<br />
Diarrhöe als nützlich erweisen. Den Patienten sollte geraten<br />
werden, die Aufnahme von Nahrungsmitteln zu vermeiden oder zu reduzieren,<br />
die bei ihnen in der Vergangenheit zu Symptomen geführt haben. Bei diesen<br />
kann es sich um schwer verdauliche Nahrungsmittel, wie zum Beispiel Bohnen<br />
und Linsen handeln. In schweren Fällen, die nicht auf eine diätetische<br />
Intervention ansprechen, können die Symptome durch Einnahme von Antidiarrhoika,<br />
wie zum Beispiel Loperamid, vor den Mahlzeiten gelindert werden. 1<br />
1.10 Überlappung zwischen Funktionsstörungen<br />
Zwischen den Symptomen der verschiedenen funktionellen abdominellen<br />
Störungen liegt eine erhebliche Überlappung vor (Abbildung 2). Da die<br />
Diagnose der verschiedenen Erkrankungen auf dem Vorliegen bestimmter<br />
Symptome basiert, kann die überlappende Symptomatik zur inkorrekten<br />
Diagnose und der Einleitung einer ungeeigneten Behandlung führen.<br />
Einige mit dem Reizdarm häufig einhergehenden Symptome und weitere GI-<br />
Funktionsstörungen schliessen beispielsweise Obstipation, Diarrhöe, Bauchschmerzen<br />
und Blähungen ein.
6<br />
Funktionelle<br />
Diarrhöe<br />
Funktionelle<br />
abdominelle<br />
Schmerzen<br />
Reizdarm<br />
Funktionelle<br />
abdominelle<br />
Blähungen<br />
Funktionelle<br />
Obstipation<br />
Abbildung 2.<br />
Überlappung der<br />
Symptomatik der<br />
funktionellen<br />
abdominellen<br />
Erkrankungen<br />
● Obstipation kann eines der Symptome des Reizdarms sein. Für die<br />
Diagnose des Reizdarms ist jedoch das Vorliegen von Bauchschmerzen<br />
erforderlich. Schmerzen im Abdominalbereich sind kein diagnostisches<br />
Merkmal der funktionellen Obstipation. 4,5<br />
● Patienten mit Reizdarm leiden häufig auch an Diarrhöe, und diese kann<br />
abwechselnd mit Obstipation einhergehen.<br />
● Funktionelle Bauchschmerzen sind nicht auf das Essen, die Defäkation<br />
oder die Menstruation zurückzuführen. 4,5 Im Vergleich dazu können die<br />
Bauchschmerzen von Patienten mit Reizdarm von jedwedem oder allen<br />
dieser Faktoren begleitet sein.<br />
● Funktionelle abdominelle Blähungen sind als eine Variante des Reizdarms<br />
anzusehen. 5
In der westlichen<br />
Welt scheinen bis<br />
zu 20% der Bevölkerung<br />
zu einem gegebenen<br />
Zeitpunkt<br />
von Reizdarm<br />
betroffen zu sein.<br />
Kapitel 2<br />
Epidemiologie des Reizdarms (<strong>IBS</strong>)<br />
7<br />
Der Reizdarm ist ein weltweites Problem, von dem alle Rassen und Altersgruppen<br />
sowie beide Geschlechter betroffen sind. Die zu der Erkrankung<br />
vorliegenden epidemiologischen Daten sind begrenzt, hauptsächlich aufgrund<br />
des Mangels an einer standardisierten Definition des Reizdarms. In nationalen<br />
Datenbanken wird eine Reihe verschiedener Definitionen verwendet,<br />
welche direkte Vergleiche schwierig oder ungültig machen. In der Gemeinde<br />
durchgeführte Studien können hingegen jedoch eine Vorstellung von der<br />
Grössenordnung des Problems bei individuellen Populationen vermitteln.<br />
2.1 Inzidenz und Prävalenz<br />
Die präzise Inzidenz des Reizdarms ist ungewiss. Schätzungen zufolge sind<br />
es jedoch jährlich zirka 1%. 6 In der westlichen Welt scheinen bis zu 20% der<br />
Bevölkerung zu einem gegebenen Zeitpunkt von Reizdarm betroffen zu sein. 4<br />
Prävalenz (%)<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
GB 5 Frankreich 8 Neu- USA 14 China 17 Nigeria 19 Dänemark 7<br />
seeland 10<br />
Abbildung 3.<br />
Weltweite<br />
Prävalenz des<br />
Reizdarms
Kulturelle und<br />
wirtschaftliche Einflüsse<br />
ebenso wie<br />
die, die sich auf<br />
die Lebensweise<br />
auswirken, können<br />
zu der Schwankung<br />
der berichteten<br />
Prävalenzraten des<br />
Reizdarms beitragen.<br />
8<br />
Publizierten Schätzungen zufolge variieren die Inzidenz und Prävalenz des<br />
Reizdarms sehr erheblich (Abbildung 3), selbst in einem einzelnen Land,<br />
hauptsächlich aufgrund einer fehlenden vereinbarten Definition der Erkrankung.<br />
So wurde zum Beispiel in einer dänischen Studie in Abhängigkeit von<br />
der für den Reizdarm verwendeten Definition eine Prävalenz von 5–65%<br />
mitgeteilt. 7 Die ethnische Mischung in einem Land kann die Befunde beeinflussen,<br />
wie anhand einer Studie nachweislich veranschaulicht wurde, aus<br />
der hervorging, dass das Reizdarm unter weissen Bevölkerungsgruppen in<br />
den USA um das Fünffache häufiger auftrat als unter den schwarzen Bevölkerungsgruppen.<br />
14<br />
Die Prävalenz des Reizdarms in China scheint mit der im Westen beobachteten<br />
vergleichbar zu sein. In einer Studie wurden bei bis zu 22,8% der<br />
Patienten Symptome des Reizdarms festgestellt. 12 In anderen Teilen Südostasiens<br />
und im Nahen Osten scheint die Prävalenz hingegen viel niedriger zu<br />
sein. So wurde zum Beispiel ermittelt, dass in Singapur die Prävalenz des<br />
Reizdarms bei eben 2,3% liegt, 15 wohingegen im Iran unter zwei sich aus<br />
Männern zusammensetzenden Populationen eine Prävalenz von 3,1% und<br />
3,6% mitgeteilt wurde. 16<br />
Epidemiologische Studien können manchmal scheinbar widersprüchliche<br />
Ergebnisse ergeben. Eine von Segal und Walker 17 durchgeführte Studie<br />
deutete darauf hin, dass der Reizdarm unter Afrikanern selten vorkommt,<br />
wohingegen eine neuere Studie mit einem zufälligen Populationssample in<br />
Nigeria berichtete, dass die mit einer Diagnose des Reizdarms übereinstimmenden<br />
Symptome unter einer afrikanischen Population häufig gesehen<br />
werden. 13 Soziale und wirtschaftliche Änderungen, die während der 10 Jahre<br />
auftraten, die zwischen den beiden Studien lagen, können mindestens eine<br />
teilweise Erklärung für die verschiedenen Befunde bereitstellen.<br />
Kulturelle, und wirtschaftliche Einflüsse ebenso wie die, die sich auf die<br />
Lebensweise auswirken, können zu der Schwankung der berichteten Prävalenzraten<br />
des Reizdarms beitragen. Weitere Studien sind zur Bestätigung der<br />
relativen Bedeutung dieser Faktoren erforderlich.<br />
2.2 Einfluss von Alter und Geschlecht<br />
Es ist bekannt, dass Frauen im Westen die Sprechstunde des Arztes mit<br />
Symptomen des Reizdarms häufiger aufsuchen als Männer. In diesem<br />
Zusammenhang wurde ein Verhältnis von Frauen zu Männern von 2,4 zu 1<br />
berichtet. 18 Die scheinbar höhere Prävalenz des Reizdarms bei Frauen zeichnet<br />
sich in allen Altersgruppen ab und kann die Tatsache widerspiegeln, dass<br />
Frauen eher aufgrund von Symptomen den Arzt konsultieren als Männer. In<br />
einer ländlichen Bevölkerung in Zentralindien hingegen wurde berichtet, dass<br />
der Reizdarm bei Männern häufiger vorkam als bei Frauen. 19 Die Autoren
9<br />
schlugen vor, dass dies möglicherweise darauf zurückzuführen war, dass<br />
aufgrund der anders gelagerten Verantwortlichkeiten, gesellschaftlichen<br />
Inhibitionen und kulturellen Tabus weniger Frauen als Männer die Klinik zur<br />
Behandlung aufsuchten.<br />
Vorgeschlagen wurde auch, dass Männer sich schlechter an einige der<br />
feineren Symptome des Reizdarms erinnern können und dass die Manningund<br />
Rom-Kriterien bei der Diagnose des Reizdarms bei Männern folglich<br />
weniger zuverlässig sein können. 20 Männer und Frauen mit Reizdarm berichten<br />
schmerzbezogene Manning-Symptome mit ähnlicher Frequenz, wohingegen<br />
Schleimabgänge, ein aufgetriebener Bauch, eine unvollständige Stuhlentleerung<br />
und schafkotartige Stühle bei Männern weniger häufig berichtet<br />
werden. 20<br />
Einen Peak erreicht die Prävalenz des Reizdarms in der Altersgruppe<br />
zwischen 45 und 65 Jahren, und obwohl es danach wieder abfällt, stellt es<br />
dennoch ein recht häufig vorkommendes Problem bei älteren Menschen dar.<br />
Die in Minnesota, USA, durchgeführte Olmsted County Studie teilte eine<br />
Prävalenz des Reizdarms bei den 30- bis 64-Jährigen von 17% mit, und diese<br />
Zahl sank bei den 65- bis 93-Jährigen auf 10,9% ab. 21 In Abhängigkeit der<br />
verwendeten Definition wies eine unter einer Population 70-jähriger dänischer<br />
Patienten durchgeführte Studie eine Prävalenz des Reizdarms zwischen 6%<br />
und 18% auf. In einer 5 Jahre nach der ersten Studie durchgeführten<br />
Verlaufskontrollstudie wurde ermittelt, dass die Symptome des Reizdarms bei<br />
50–79% der Patienten, die ursprünglich darüber geklagt hatten, verschwunden<br />
waren. 22<br />
Häufig berichtet wird der Reizdarm bei Kindern und Jugendlichen, besonders<br />
aber bei Mädchen mit rezidivierenden Schmerzen im Abdominalbereich in der<br />
Anamnese. In der Gemeinde durchgeführte Studien haben zu erkennen gegeben,<br />
dass bis zu 17% der Jugendlichen an Symptomen des Reizdarms<br />
leiden. 23,24<br />
2.3 Einflüsse des sozioökonomischen Status<br />
Im Vergleich zu vielen anderen Erkrankungen scheint sich abzuzeichnen, dass<br />
die Zugehörigkeit zu einer höheren Gesellschaftsschicht und privilegierte<br />
Lebensbedingungen das Risiko für das Entstehen des Reizdarms faktisch<br />
erhöhen kann. In einer mit 26 nigerianischen Patienten mit Reizdarm durchgeführten<br />
Studie gehörten die meisten (88%) entweder der Mittelschicht oder<br />
den oberen gesellschaftlichen Klassen an. 25 Diese Befunde werden von den<br />
Ergebnissen einer grösseren Studie unterstützt, die in Grossbritannien durchgeführt<br />
wurde, aus welcher hervorging, dass privilegierte Lebensbedingungen<br />
in der Kindheit zu dem Risiko für das Entstehen des Reizdarms beitragen<br />
können. 26 Die möglichen Gründe für diesen Zusammenhang sind unklar.
Die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen des Reizdarms werden im<br />
nächsten Kapital eingehender besprochen.<br />
10
Kapitel 3<br />
Soziale und wirtschaftliche Auswirkung<br />
des Reizdarms (<strong>IBS</strong>)<br />
Der Reizdarm gehört zu den häufig vorkommenden GI-Funktionsstörungen<br />
(Inzidenz und Prävalenz siehe Kapitel 2, das obwohl nicht lebensbedrohlich,<br />
so doch die Lebensqualität (QoL; Quality of Life) eines Patienten erheblich<br />
beeinträchtigen kann. Der Reizdarm stellt überdies für den davon Betroffenen,<br />
das Gesundheitswesen und die Gesellschaft im allgemeinen eine<br />
erhebliche wirtschaftliche Belastung dar.<br />
GI-Funktionsstörungen gehören zu den Erkrankungen des Magen-Darm-<br />
Traktes, denen Gastroenterologen und die Ärzte in der Primärversorgung am<br />
häufigsten begegnen. Anhand einer in Grossbritannien durchgeführten Studie<br />
wurde erhoben, dass zirka 50% der Patienten, die über einen Zeitraum von<br />
5 Jahren an einen Gastroenterologen überwiesen wurden, an einer GI-Funktionsstörung<br />
litten. Bei zirka der Hälfte dieser Patienten war der Reizdarm für<br />
diese Störung verantwortlich. 27 Mitchell und Drossman 28 teilten 1987 ähnliche<br />
Befunde mit. Diese Befunde wurden anhand eines an Gastroenterologen<br />
in den USA verschickten Fragebogens erhoben. Die Ärzte berichteten, dass<br />
insgesamt 41% ihrer Patienten mit an einer GI-Funktionsstörung und 28% mit<br />
an dem Reizdarm leidend diagnostiziert wurden. Schätzungen zufolge trägt<br />
11<br />
Medizinische Kosten ($)<br />
1600<br />
1400<br />
1200<br />
1000<br />
800<br />
600<br />
400<br />
200<br />
Keine Symptome<br />
Einige Symptome<br />
Reizdarm<br />
0<br />
20–29 30–39 40–49 50–59 60–69 70–79 80+<br />
Alter<br />
Abbildung 4.<br />
Medizinische<br />
Kosten in einer<br />
Zufallsstichprobe<br />
unter Einwohnern<br />
des Olmsted<br />
County in<br />
Minnesota in<br />
Abhängigkeit vom<br />
Alter (n = 3022).<br />
Nach Talley et al.,<br />
1995, mit<br />
freundlicher<br />
Genehmigung. 29
… dass an Reizdarm<br />
leidende<br />
Patienten drei- bis<br />
viermal häufiger<br />
wegen Krankheit/<br />
Arbeitsunfähigkeit<br />
der Arbeit fernbleiben<br />
als andere<br />
Berufstätigen.<br />
das Reizdarm in den USA jedes Jahr für zwischen 2,4 und 3,5 Millionen Arztkonsultationen<br />
und die Ausstellung von 2,2 Millionen Rezepten Rechnung. 14<br />
Wie von den oben angegebenen Zahlen erwartet werden könnte, entfallen<br />
auf an Reizdarm leidende Patienten höhere medizinische Kosten als auf die<br />
Kontrollen. Alle Studienteilnehmer wurden alters- und geschlechtsmässig<br />
aufeinander abgestimmt und kamen aus der gleichen Gemeinde<br />
(Abbildung 4). 29<br />
Nur ein kleiner Anteil der von Reizdarm Betroffenen suchen aufgrund ihres<br />
Leidens einen Arzt auf. 30 Dies bedeutet, dass die dem Gesundheitswesen<br />
erwachsenden Kosten, die diesem Krankheitsbild zugeschrieben werden<br />
können, derzeit relativ niedrig sind. Die der Gesellschaft entstehenden indirekten<br />
Kosten aufgrund von Arbeitsausfall müssen jedoch bei der Berechnung<br />
der Gesamtkosten der Erkrankung auch Berücksichtigung finden, und<br />
diese Kosten sind nicht unerheblich. 31 Es wurde berichtet, dass an Reizdarm<br />
leidende Patienten drei- bis viermal häufiger wegen Krankheit/Arbeitsunfähigkeit<br />
der Arbeit fernbleiben als andere Berufstätigen. Die Ergebnisse von einer<br />
vor kurzem durchgeführten Umfrage zeigte, dass in den vergangenen vier<br />
Wochen fast einer von drei an Reizdarm Leidenden aufgrund seiner Symptome<br />
sich mindestens einen Tag krank gemeldet hatte. 32 Eine vergleichbare<br />
Anzahl gab an, dass sie mit ihrer Arbeit und anderen Aktivitäten aufgrund der<br />
Symptome des Reizdarms zurückstecken mussten.<br />
12
Kapitel 4<br />
Pathophysiologie des Reizdarms (<strong>IBS</strong>)<br />
Das Verständnis von der dem Reizdarm zugrunde liegenden Ursache ist<br />
aufgrund der fehlenden strukturellen oder biochemischen Krankheitsmarker<br />
nicht sehr gut. Folglich muss sich die Behandlung traditionell auf die Linderung<br />
der einzelnen Symptome konzentrieren. In den letzten Jahren haben<br />
Verbesserungen der Technologie jedoch dazu beigetragen, dass die Funktion<br />
des Darmes direkt untersucht werden kann. In der Folge wurden eine Reihe<br />
von Mechanismen vorgeschlagen, mit denen die Symptome des Reizdarms<br />
und weiterer GI-Funktionsstörungen erklärt werden könnten. Diese schliessen<br />
die abnorme Perzeption der GI-Ereignisse, die veränderte intestinale Motilität,<br />
verminderte GI-Compliance und Entzündung aufgrund von Infektionen ein.<br />
4.1 Abnorme viszerale Sensitivität/Perzeption<br />
So viele wie Zweidrittel aller an Reizdarm Leidenden scheinen eine erhöhte<br />
viszerale Perzeption/Nozizeption oder viszerale Überempfindlichkeit aufzuweisen,<br />
was bedeutet, dass sie Empfindungen im GI-Trakt, im Thoraxraum,<br />
Abdomen und Rektum wahrzunehmen scheinen, die von gesunden Personen<br />
nicht wahrgenommen werden.<br />
13<br />
Schädliche<br />
Stimuli<br />
Gesunde Kontrolle<br />
Filtermechanismus<br />
Physiologische<br />
Stimuli<br />
Schädliche<br />
Stimuli<br />
Patient mit Reizdarm<br />
GI-Trakt GI-Trakt<br />
Physiologische<br />
Stimuli<br />
Abbildung 5.<br />
Viszerale Überempfindlichkeit<br />
bei Reizdarm.<br />
Angepasst mit<br />
freundlicher<br />
Genehmigung. 33
Es wird angenommen, dass Patienten mit viszeraler Überempfindlichkeit auf<br />
übliche physiologische Stimuli, die während der Verdauung im Darm entstehen,<br />
übermässig empfindlich reagieren. Es hat den Anschein, dass im Gehirn<br />
vorliegende Mechanismen, welche diese Stimuli herausfiltrieren sollen, bei<br />
Patienten mit Reizdarm nicht ordnungsgemäss funktionieren (Abbildung 5). 33<br />
Aufgrund dessen können diese Patienten bei normalen Kolonkontraktionen<br />
an Schmerzen und Blähungen leiden. Diese Patienten können allerdings auch<br />
über eine verminderte Empfindlichkeitsschwelle gegenüber aussergewöhnlichen<br />
Ereignissen verfügen.<br />
Anhand von Ballondistensionsstudien wurde bei an Reizdarm leidenden<br />
Patienten eine erhöhte rektale Empfindlichkeit ermittelt. 34,35 Diese war besonders<br />
ausgeprägt bei Patienten mit Reizdarmsyndrom, das vorwiegend von<br />
Diarrhöe begleitet war. Patienten mit Reizdarm können allerdings auch eine<br />
veränderte Empfindlichkeit in anderen Bereichen des GI-Traktes aufweisen,<br />
einschliesslich Magen, Dünn- und Dickdarm. 36,37 Die erhöhte Empfindlichkeit<br />
bildet jedoch keinen Teil der globalen Herabsetzung der Schmerzschwelle.<br />
Cook et al. (1987) planten eine Studie zur Ermittlung, ob Patienten mit Reizdarm<br />
unabhängig von der GI-Funktion Schmerzen anders als gesunde Probanden<br />
berichteten. Die von dieser Gruppe erfassten Ergebnisse wiesen darauf<br />
hin, dass an Reizdarm leidende Patienten weniger empfindlich auf nicht<br />
schmerzhafte Stimuli von geringer Intensität reagieren und eine höhere<br />
Schwelle für schmerzhafte Stimuli aufweisen als gesunde Probanden. 38<br />
Bei an Reizdarm leidenden Patienten scheint das Kolon auf das während der<br />
Verdauung gebildete Gas (das üblicherweise ohne Schmerzen abgegeben<br />
wird), Stress sowie fett- und ballastreiche Nahrung äusserst empfindlich zu<br />
reagieren. Veränderungen der peripheren Mechanismen, wie zum Beispiel<br />
14<br />
Abnorme<br />
motorische Kontrolle<br />
im ZNS<br />
Abnorme Aktivität<br />
der glatten Muskulatur<br />
im GI-Trakt<br />
Veränderte Empfindung<br />
Abnorme<br />
sensorische Verarbeitung<br />
im ZNS<br />
Abnorme Mechanorezeptor-Empfindlichkeit<br />
im GI-Trakt<br />
Abbildung 6.<br />
Der möglicherweise<br />
bei der<br />
Entwicklung der<br />
viszeralen Überempfindlichkeit<br />
beteiligte<br />
Mechanismus.
Die erhöhte viszeraleEmpfindlichkeit<br />
ist eindeutig<br />
ein wichtiges<br />
Merkmal des<br />
Reizdarms.<br />
Die Störung der<br />
Kolonmotilität ist<br />
vermutlich eine<br />
der wichtigsten<br />
Ursachen des<br />
Reizdarms…<br />
abnorme Ansprechbarkeit von in der Darmwand anwesenden Rezeptoren auf<br />
mechanische Dehnung können zu der viszeralen Überempfindlichkeit beitragen.<br />
Die veränderte Verarbeitung von im Zentralnervensystem ankommenden<br />
sensorischen Reizen kann auch beteiligt sein (Abbildung 6). 39 Anhand eines<br />
dieser Mechanismen könnten sich die intestinalen Symptome erklären lassen,<br />
die von den an Reizdarm Leidenden wahrgenommen werden. Es wird<br />
angenommen, dass Enteroneurotransmitter, besonders Serotonin (5-Hydroxytryptamin,<br />
[5-HT]) eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der viszeralen<br />
Überempfindlichkeit spielen können.<br />
Die erhöhte viszerale Empfindlichkeit ist eindeutig ein wichtiges Merkmal des<br />
Reizdarms. Bei den Empfindungsschwellen zwischen Patienten mit Reizdarm<br />
und gesunden Probanden liegt jedoch eine erhebliche Überlappung vor, was<br />
darauf hindeutet, dass es sich nicht um die einzige Komponente der Störung<br />
handeln kann. Patienten mit Reizdarm und weiteren GI-Funktionsstörungen<br />
scheinen häufig nicht nur an einem ‹reizbaren Darm›, sondern auch an einem<br />
‹reizbaren Körper› zu leiden. 40 Dieses Phänomen ist als ‹Somatisierung› bekannt,<br />
und die Patienten können über ein breitgefächertes Spektrum scheinbar<br />
nicht verwandter Symptome klagen (die sich nicht durch einen spezifischen<br />
Krankheitsvorgang erklären lassen), einschliesslich:<br />
● Schmerzen im Thoraxbereich, Abdomen, Rücken oder Becken<br />
● Müdigkeit und Energiemangel<br />
● Schlaflosigkeit<br />
● Fibromyalgie<br />
● Kopfschmerzen, Schwindelgefühl und Gefühl der Kraftlosigkeit<br />
● Konzentrationsschwäche<br />
● Dysmenorrhöe<br />
● Verminderte Libido<br />
● Harnblasenstörungen.<br />
4.2 Veränderte intestinale Motilität<br />
Die übliche Passage der Nahrung durch den GI-Trakt findet über die Koordination<br />
der peristaltischen Bewegungen der Darmwand statt. Es wurde vorgeschlagen,<br />
dass abnorme Motilitätsmuster und eine erhöhte Peristaltik im<br />
gesamten GI-Trakt im Mittelpunkt der Entwicklung des Reizdarms stehen.<br />
Sowohl Hypermotilität (führt zu Diarrhöe) als auch Hypomotilität (führt zu<br />
Obstipation) wurden vorgeschlagen. Die Störung der Kolonmotilität ist vermutlich<br />
eine der wichtigen Ursachen des Reizdarms, und zwar aufgrund der<br />
Schmerzen, die häufig in Bereichen auftreten, die mit der Kolonmotilität in<br />
Verbindung stehen. Eine Theorie besagt, dass Massenbewegungen (‹riesige›<br />
Kontraktionen, die ein- bis dreimal täglich auftreten, die Faeces durch das<br />
Kolon in das Rektum befördern) Spasmen im Kolon triggern, die zu Bauch-<br />
15
schmerzen, Diarrhöe oder Obstipation führen. Diese Hypothese ist plausibel,<br />
obgleich keine eindeutigen Hinweise vorliegen.<br />
Die meisten Studien zur intestinalen Motilität bei Reizdarm haben sich auf<br />
das Colon sigmoideum konzentriert. Mit wenigen dieser Studien liessen sich<br />
deutliche Unterschiede zwischen Patienten mit Reizdarm und gesunden<br />
Probanden identifizieren, obwohl eine grössere motorische Aktivität im Colon<br />
sigmoideum von Patienten mit Reizdarm als Response auf eine fettreiche<br />
Mahlzeit berichtet wurde. 41 Studien zur Dünndarmmotilität haben auch<br />
inkonsistente Befunde erbracht. 41 Abnorme intensive Aktivitätsausbrüche<br />
(‹diskrete, in Clustern auftretende Kontraktionen›) wurden jedoch im Duodenum<br />
und Ileum von an Reizdarm Leidenden während einer Nahrungskarenz<br />
nachgewiesen. 42 Diese Aktivitätsbursts werden von langen Ruheperioden<br />
unterbrochen. Bei Patienten mit Reizdarm treten diskrete, in Clustern auftretende<br />
Kontraktionen zwar häufiger auf, sie werden aber auch bei Gesunden<br />
beobachtet. 42 Sie sind von Schmerzen und Beschwerden im Abdominalbereich<br />
begleitet, und diese Beschwerden treten häufiger bei Patienten mit<br />
Reizdarm als bei Gesunden auf. 42,43<br />
Einige intestinale Passage-Studien haben im Vergleich zu den Kontrollen bei<br />
Patienten mit Reizdarm mit vorwiegend Diarrhöe eine schnellere Passagezeit<br />
vom Mund bis zum Caecum und eine beschleunigte intestinale Gesamtpassagezeit<br />
nachgewiesen, während für andere Gruppen negative Befunde berichtet<br />
wurden. 41<br />
4.3 Begrenzte intestinale Entzündung<br />
Es wurde vorgeschlagen, dass eine begrenzte intestinale Entzündung als<br />
primäre Ursache des Reizdarms in Frage kommt. Diese Theorie erhält durch<br />
die Observation Unterstützung, dass eine signifikante Anzahl an Patienten mit<br />
Reizdarm früher bereits an Episoden einer infektiösen Enteritis gelitten<br />
haben. Es besteht die Annahme, dass die Inflammation aufgrund einer erhöhten<br />
Anfälligkeit für Lebensmittelallergene auftreten kann. Die Abgrenzung<br />
des Reizdarms von entzündlichen Erkrankungen, die primär auf eine organische<br />
Schädigung des Darms, wie zum Beispiel Morbus Crohn und Colitis<br />
ulcerosa zurückzuführen sind, werden in Abschnitt 6.5 besprochen.<br />
4.4 Reduzierte intestinale Compliance<br />
Die reduzierte intestinale Compliance oder‚ ‹beeinträchtigte Akkomodation›<br />
wurde bei einer weiteren GI-Funktionsstörung, der ‹funktionellen Dyspepsie› 44<br />
festgestellt, und hierbei kann es sich auch um einen Faktor des Reizdarms<br />
handeln. Bestimmte Abschnitte des GI-Traktes können eine verminderte Fähigkeit<br />
zum Anpassen ihres Volumens auf die durch ihren Inhalt auferlegten<br />
Drücke anpassen. Compliance wird durch die tonische Muskelaktivität in der<br />
Wand des GI-Traktes bestimmt.<br />
16
Bei einigen Patienten<br />
mit Reizdarm<br />
kann die Aufnahme<br />
spezifischer NahrungsmittelSymptome<br />
triggern.<br />
Es wurde gezeigt, dass der gastrische Tonus eine wichtige Determinante der<br />
gastrischen Empfindlichkeit gegenüber Blähung ist. 45 Patienten mit funktioneller<br />
Dyspepsie wiesen nachweislich eine beeinträchtigte Compliance<br />
oder Akkomodation des proximalen Magenanteils auf, und dies scheint mit<br />
dem Auftreten dyspeptischer Symptome nach Aufnahme einer Mahlzeit zusammenzuhängen.<br />
44 Es ist möglich, dass eine verminderte Compliance der<br />
Darmwand zu den bei Patienten mit Reizdarm beobachteten Symptomen<br />
beitragen kann.<br />
4.5 Beitragende Faktoren (‹Trigger›)<br />
Bei an Reizdarm leidenden Patienten ist das Potential für eine Fehlfunktion<br />
immer vorhanden. Oft ist jedoch ein ‹Trigger› erforderlich, damit sich die<br />
Symptome entwickeln können. Der Darm von Patienten mit Reizdarm ist empfindlicher<br />
und reaktiver gegenüber einer weiten Reihe verschiedener Faktoren<br />
(Tabelle 1) als ein gesunder Darm, und eine übertriebene Reaktion auf diese<br />
Stimuli triggert Schmerzen oder andere Symptome.<br />
17<br />
Tabelle 1. Faktoren, die bekanntlich die Symptome des Reizdarms<br />
triggern.<br />
Nahrungsmittel und andere Nährstoffe Entzündung und Infektion<br />
Heilmittel und Medikation Hormone (Menstruationszyklus)<br />
Psychologische Störungen/Stress Saisonale Änderungen<br />
Ernährungsbedingte Faktoren<br />
Viele an Reizdarm Leidende berichten, dass ihre Symptome durch die Aufnahme<br />
einer Mahlzeit getriggert oder verschlimmert werden. Essen führt<br />
gewöhnlich zu Darmkontraktionen, die 30 bis 60 Minuten nach einer Mahlzeit<br />
zu Stuhldrang führen können. Bei an Reizdarm leidenden Patienten kann der<br />
Drang viel schneller auftreten und kann von Krämpfen im Abdominalbereich<br />
und von Diarrhöe begleitet sein. Einige Nahrungsmittel können auch intestinale<br />
Spasmen auslösen, die zur verzögerten Defäkation und Obstipation<br />
führen. Der Effekt einer Mahlzeit steht oft mit ihrem Gesamtkalorienwert und<br />
besonders mit der sich von Fett herleitenden Kalorienzahl in Verbindung. Dies<br />
kann darauf zurückzuführen sein, dass von pflanzlichen oder tierischen Quellen<br />
stammendes Fett möglicherweise ein starker Stimulus für die Darmkontraktionen<br />
ist.<br />
Bei einigen Patienten mit Reizdarm kann die Aufnahme spezifischer<br />
Nahrungsmittel Symptome triggern (Abbildung 7). Dies kommt besonders<br />
häufig bei den Patienten mit Reizdarm vor, das vorwiegend mit Diarrhöe,<br />
Blähungen und Schmerzen einhergeht. Molkereiprodukte, Schokolade,<br />
Coffein, Alkohol und Hülsenfrüchte, wie zum Beispiel Linsen und Bohnen (die
als Gasbildner bekannt sind) sind Beispiele spezifischer ernährungsbedingter<br />
Faktoren, die bei einigen Patienten Anlass zu Problemen geben können. Nahrungsmittelallergie<br />
oder Überempfindlichkeit wird manchmal als Reizdarm<br />
fehldiagnostiziert, weil beide Störungen zu Bauchschmerzen und Durchfall<br />
führen können. Eine Lebensmittelallergie kann identifiziert werden, jedoch<br />
anhand der ausserhalb des GI-Traktes vorliegenden Symptome.<br />
Heilmittel und Medikationen<br />
Bestimmte auf Rezept erhältliche und freiverkäufliche Medikationen können<br />
die Symptome des Reizdarms triggern oder verschlimmern. Laxantia können<br />
die normale Darmfunktion stören und abwechselnd zu Durchfall und Obstipation<br />
führen, während Narkotika (wie zum Beispiel Codein, Pholcodin und<br />
Dihydrocodein) Obstipation, Blähungen und Krämpfe im Abdominalbereich<br />
verursachen können. Calciumkanalblocker und Antidepressiva können auch<br />
GI-Symptome, einschliesslich Diarrhöe und Obstipation auslösen.<br />
Hormonelle Faktoren<br />
Es ist bekannt, dass Darmsymptome, ungeachtet des Vorliegens einer GI-<br />
Funktionsstörung, mit dem Menstruationszyklus variieren, obwohl dieser<br />
Effekt häufiger bei Frauen mit Reizdarm als bei den im allgemeinen asymptomatischen<br />
Patientinnen auftritt. 48 Die Symptome können mit einer Reduktion<br />
des kolonischen Muskeltonus einhergehen. Es wurde festgestellt, dass diese<br />
Reduktionen beispielsweise als Response auf Progesteron auftreten. Deshalb<br />
besteht die Möglichkeit, dass Geschlechtshormone eine ätiologische<br />
Rolle beim Reizdarm spielen könnten.<br />
18<br />
Abbildung 7.<br />
Häufige ernährungsbedingte<br />
Trigger des Reizdarms.
Stress kann die<br />
Symptome des<br />
Reizdarms triggern<br />
und exazerbieren.<br />
Psychologische Faktoren<br />
Psychologische oder emotionale Stressfaktoren können selbst bei nicht erkrankten,<br />
gesunden Personen zur Störung der GI-Funktion beitragen, die zu<br />
Symptomen, wie zum Beispiel Schmerzen und Durchfall Anlass geben. Häufig<br />
gebrauchte Aussagen wie ‹mein Magen krampft sich zusammen› oder ‹mir ist<br />
ganz flau im Magen› beschreiben sehr treffend die Empfindungen, die während<br />
Stresssituationen erfahren werden können. Stress wirkt sich auf verschiedene<br />
Menschen auf unterschiedliche Weise aus, und bei einer Person<br />
kann der Response des GI-Traktes auf Stress je nach geistiger Verfassung<br />
von Tag zu Tag variieren.<br />
Stress kann die Symptome des Reizdarms triggern und exazerbieren. Patienten<br />
mit Reizdarm erleiden während Zeiten des Stresses wahrscheinlich häufiger<br />
schwere GI-Symptome als gesunde Menschen. Die für diese erhöhte<br />
Anfälligkeit gegenüber Stress verantwortlichen Mechanismen werden bisher<br />
nicht vollkommen verstanden. Es wird jedoch angenommen, dass die neuronale<br />
Kontrolle des Darmes daran beteiligt ist. Die Neuronenübertragung erfolgt<br />
bidirektional, das heisst, der Darm beeinflusst das Gehirn und das Gehirn<br />
beeinflusst seinerseits den Darm (die sogenannte ‹Gehirn-Darm-Achse›).<br />
Bestimmte psychologische Störungen können auch zu einer Prädisposition für<br />
GI-Symptome führen und können sich auf die Fähigkeit auswirken, wie ein<br />
Patient mit diesen Symptomen fertig wird (Tabelle 2). Es ist in diesem Zusammenhang<br />
interessant, dass die viszerale Überempfindlichkeit, wobei es<br />
sich um ein wichtiges Merkmal des Reizdarms handelt, auch bei einigen<br />
pyschologischen Störungen beobachtet wird.<br />
19<br />
Tabelle 2. Psychologische Störungen, die sich auf die GI-Funktion<br />
auswirken können.<br />
Angst- und Panikstörungen sowie Depressionen<br />
Somatoforme Störungen (unerklärte körperliche Symptome)<br />
Körperlicher, sexueller oder emotionaler Abusus<br />
Alkohol- und Substanzmissbrauch<br />
Essstörungen<br />
Anhand einiger, wenngleich auch nicht aller Studien wurde ermittelt, dass<br />
psychiatrische Erkrankungen und abnormes Krankheitsverhalten häufiger bei<br />
Patienten mit Reizdarm als bei an Reizdarm leidenden Menschen, die sich<br />
nicht in ärztliche Behandlung begeben und Menschen ohne Reizdarm auftreten.<br />
47-49 Bei Patienten, die aufgrund ihrer Reizdarm-Symptome den Arzt konsultieren,<br />
findet sich eine besonders hohe Frequenz psychologischer Probleme,<br />
während an Reizdarm Leidende, die keinen Arzt konsultieren, in psychologi-
scher Hinsicht einen ähnlichen Eindruck wie die gesunden Kontrollen vermitteln.<br />
50 Es besteht die Möglichkeit, dass die bei Patienten mit Reizdarm zum<br />
Ausdruck kommende Depression und Angst mindestens teilweise auf die<br />
negative Auswirkung dieser chronischen Erkrankung auf ihre Lebensqualität<br />
zurückzuführen ist.<br />
Obwohl die Symptome durch psychologische Störungen oder Stress<br />
verschlimmert werden können, hat es den Anschein, dass der Reizdarm<br />
folglich derzeit primär als eine Störung anzusehen ist, die in der Form einer<br />
viszeralen Überempfindlichkeit und abnormer intestinaler Aktivität in Erscheinung<br />
tritt.<br />
20
Kapitel 5<br />
Klinisches Erscheinungsbild des<br />
Reizdarms (<strong>IBS</strong>)<br />
«Der Darm ist bei der gleichen Person einmal verstopft, ein anderes Mal ist<br />
der Stuhl dünn... Wie die Erkrankung zwei so unterschiedliche Symptome<br />
aufweisen kann, sehe ich mich ausser Stande zu erklären…»<br />
W. Cumming, London Medical Gazette, 1849<br />
Der Reizdarm wird als ein Syndrom definiert, ‹bei dem Beschwerden oder<br />
Schmerzen im Abdominalbereich mit der Defäkation oder einer Änderung der<br />
Darmfunktion und mit Merkmalen einer gestörten Defäkation einhergehen.› 1<br />
Es handelt sich um eine chronische Störung, deren Symptome sich zwischen<br />
den Patienten und selbst bei einem einzelnen Patienten im Laufe der Zeit<br />
unterscheiden können. Alle an Reizdarm leidende Patienten werden jedoch<br />
das häufige Wiederauftreten von mindestens einigen der in diesem Kapitel<br />
besprochenen Symptome erfahren.<br />
5.1 Abdominelle Schmerzen oder Beschwerden<br />
Schmerzen im Abdominalbreich sind ein Merkmal, mit dem sich der Reizdarm<br />
definieren lässt und kann für die betroffenen Patienten sehr quälend sein.<br />
Die Schmerzen werden oft als spastisch oder ‹kolikartig› beschrieben, und<br />
obwohl sie überall im Abdomen wahrgenommen werden können, treten sie<br />
häufig im Unterbauchbereich auf der linken Seite auf. Die Patienten berichten<br />
oft, dass sich die Schmerzen verschlimmern, wenn sie verstopft sind und<br />
dass sie durch die Entleerung des Darmes oder das Abgehen von Winden<br />
gelindert werden können. Bei einigen Frauen mit Reizdarm zeigt sich eine<br />
zyklische Erscheinungsform der Bauchschmerzen und Darmfunktion mit einer<br />
Verschlimmerung der Symptome vor und während der Menstruation. 51<br />
Ausser den kolikartigen Bauchschmerzen haben Patienten mit Reizdarm auch<br />
angegeben, dass sie einen scharfen Schmerz im unteren Abdominalbereich<br />
im Inneren des Rektums fühlen (Proctalgia fugax).<br />
Es besteht die Annahme, dass der Reizdarm zumindest teilweise eine<br />
Störung des Darmempfindens (viszerale Überempfindlichkeit) ist. Ob die<br />
Schmerzen und Beschwerden der Patienten mit Reizdarm aufgrund eines<br />
erhöhten Bewusstseins der normalen Physiologie der GI-Ereignisse zurück-<br />
21
Eine ‹normale›<br />
Darmfunktion<br />
variiert von einer<br />
Person zur anderen<br />
sehr weitgehend.<br />
zuführen sind oder ob eine verminderte Empfindungsschwelle für abnorme<br />
Ereignisse vorliegt, ist nicht klar.<br />
5.2 Abdominelles Aufgeblähtsein<br />
An Reizdarm leidende Patienten berichten ein Empfinden des abdominellen<br />
Völlegefühls und Aufgeblähtseins, das mit Unbehagen, Flatulenz und Borborygmus<br />
(Kullergeräuschen) einhergehen kann .<br />
5.3 Veränderte Darmfunktion<br />
Eine ‹normale› Darmfunktion variiert von einer Person zur anderen sehr weitgehend.<br />
Folglich sind alle berichteten Veränderungen mehr in Relation zu dem<br />
üblichen Muster einer Person als eines absoluten Stellenwertes zu betrachten.<br />
Zu den mit dem Reizdarm einhergehenden Veränderungen der Darmfunktion<br />
können folgende zählen:<br />
● Veränderung der Häufigkeit der Darmentleerung (kann erhöht oder<br />
vermindert sein)<br />
● Mit der Entleerung einhergehender Drang<br />
● Veränderungen der Stuhlkonsistenz (der Stuhlgang kann wässrig und<br />
dünn oder hart und bröcklig sein)<br />
● Beschwerden oder Schwierigkeiten bei der Darmentleerung<br />
● Gefühl einer unvollständigen Darmentleerung<br />
● Pressen beim Stuhlgang (Tenesmus)<br />
● Schleimabgang<br />
● Stuhlinkontinenz.<br />
5.4 Symptome im oberen GI-Trakt<br />
Patienten mit Reizdarm teilen ein verstärktes Auftreten von Symptomen im<br />
oberen GI-Trakt mit, einschliesslich Übelkeit, Dysphagie und Globussyndrom,<br />
das heisst ein Engegefühl im Hals, gastroösophagealer Reflux und Sodbrennen<br />
ebenso wie nichtkardiale Thoraxschmerzen. 52,53 Es wurde festgestellt,<br />
dass der untere ösophageale Sphinkterdruck im Vergleich zu den<br />
Kontrollen bei Patienten mit Reizdarm von der Norm abweicht. Hierbei handelt<br />
es sich um die Hauptursache des gastroösophagealen Refluxes und der<br />
ösophagealen Symptome, die bei an Reizdarm leidenden Patienten beobachtet<br />
werden. 52<br />
5.5 Andere als GI-Symptome<br />
Patienten mit Reizdarm können auch andere als GI-Symptome, einschliesslich<br />
Müdigkeit, einen unangenehmen Geschmack im Mund, urologische Dysfunk-<br />
22
tion (Nykturie, Mikturitionshäufigkeit und -drang sowie unvollständige<br />
Harnblasenentleerung) und gynäkologische Symptome (wie zum Beispiel<br />
Dyspareunie) aufweisen. 54<br />
Psychologische Symptome, einschliesslich Angst, Phobien, Somatisierung<br />
und Wahnvorstellungen werden bei an Reizdarm leidenden Patienten, die sich<br />
in der ärztlichen Sprechstunde vorstellen, häufig beobachtet. Eine Besprechung<br />
einer Reihe veröffentlichter klinischer Studien zeigte, dass zirka 50%<br />
der Patienten mit Reizdarm oder weiteren funktionellen Darmstörungen im<br />
Vergleich zu zirka 20% der Patienten mit einer organischen GI-Erkrankung den<br />
Kriterien von DSM III für psychiatrische Diagnosen entsprachen. 6<br />
Es wurde vorgeschlagen, dass Symptome psychologischer Beschwerden nicht<br />
mit dem Reizdarm zusammenhängen, obwohl sie die Entscheidung eines<br />
Patienten beeinflussen, einen Arzt aufzusuchen. 50 Es ist auch möglich, dass<br />
die von Reizdarm-Patienten zum Ausdruck gebrachte Depression und Angst<br />
mehr als eine Folge der Erkrankung anstatt eines beitragenden Faktors zu<br />
sehen ist.<br />
23
Kapitel 6<br />
Diagnose des Reizdarms (<strong>IBS</strong>)<br />
Die Symptome von GI-Funktionsstörungen können chronisch oder rezidivierend<br />
auftreten, und sie können zwischen den Patienten hinsichtlich ihrer Art<br />
und ihres Schweregrades variieren. Ausserdem können bei den Patienten<br />
mehr als nur eine Störung auftreten, und zwischen den Symptomprofilen der<br />
verschiedenen Störungen liegt eine erhebliche Überlappung vor. GI-Funktionsstörungen<br />
lassen sich nicht anhand biochemischer oder struktureller Normabweichungen<br />
erklären und können aufgrund dessen nicht auf der Grundlage<br />
röntgenologischer, endoskopischer oder Laborstudien diagnostiziert werden.<br />
Die Diagnose muss auf dem Vorliegen der wichtigsten Symptome basieren,<br />
und die Überlappung der Symptome zwischen den Störungen bedeutet, dass<br />
umsichtig vorgegangen werden muss, um eine Fehldiagnose und folglich eine<br />
unangemessene Behandlung zu vermeiden.<br />
Eine positive Reizdarm-Diagnose kann auf der Grundlage von Symptomen und<br />
verwandten Befunden gestellt werden, die der Anamnese eines Patienten<br />
entnommen werden können. Eine dominante Symptom-Untergruppe kann auf<br />
dieser Stufe identifiziert werden (wie zum Beispiel Reizdarm mit vorwiegend<br />
Obstipation oder vorwiegend Diarrhöe), obwohl die Fluktuation der Symptome<br />
bei einem einzelnen Patienten bedeutet, dass diese Stufe von begrenztem<br />
Wert ist. Das Vorliegen bestimmter Symptome kann jedoch dem Arzt bei der<br />
Entscheidung helfen, welche Screening-Tests durchgeführt werden müssen.<br />
24<br />
Beurteilung der Symptome<br />
Rom-Kriterien<br />
Begrenztes Screening auf organische Erkrankungen<br />
Hämatologie, klinische Chemie, Blutsenkung (BSG),<br />
(Thyroid-stimulierendes Hormon)<br />
Stuhl auf Ova und Parasiten<br />
Flexible Sigmoidoskopie ± Bariumeinlauf oder<br />
Kolonoskopie bei >50-Jährigen<br />
Behandlungseinleitung<br />
Erneute Beurteilung nach 3 bis 6-wöchiger Behandlung<br />
Abbildung 8.<br />
Wichtigste<br />
Schritte bei der<br />
Diagnose des<br />
Reizdarms. Nach<br />
Drossman et al.,<br />
1997, mit<br />
freundlicher<br />
Genehmigung. 55
Es ist notwendig, dass möglicherweise vorliegende organische, metabolische,<br />
infektiöse oder strukturelle Erkrankungen ausgeschlossen werden.<br />
Dies sollte jedoch nicht beinhalten, dass sich jeder Patient einer Batterie von<br />
Untersuchungen unterziehen muss. Das Alter und die Anamnese eines<br />
Patienten werden die Wahl der eingesetzten Screening-Tests beeinflussen.<br />
Die wichtigsten Schritte auf dem Weg zur Diagnose des Reizdarms werden in<br />
Abbildung 8 zusammengefasst.<br />
6.1 Diagnostische Kriterien<br />
Auf den primären Symptomen des Reizdarms basierende diagnostische Kriterien<br />
wurden zuerst von Manning und Kollegen entwickelt. 56 Es wurden sechs<br />
Symptome identifiziert, die bei Reizdarm häufiger beobachtet wurden als bei<br />
anderen GI-Erkrankungen, die sich auf einen organischen Ursprung zurückführen<br />
lassen (Tabelle 3).<br />
25<br />
Tabelle 3. Manning-Kriterien für den Reizdarm.<br />
● Schmerzlinderung durch Darmentleerung<br />
● Häufigerer Stuhlgang beim Einsetzen von Schmerzen<br />
● Dünne Stühle beim Einsetzen von Schmerzen<br />
● Sichtbare abdominelle Auftreibung (Trommelbauch)<br />
● Schleimabgang<br />
● Gefühl der unvollständigen Darmentleerung<br />
Diese Kriterien wurden später nach einer im Jahr 1990 in Rom veranstalteten<br />
Konsens-Tagung und den resultierenden ‹Rom›-Kriterien verfeinert und<br />
wurden als zulässiger Standard in der klinischen Forschung eingesetzt. 4 Sie<br />
wurden vor kurzem von einer multinationalen Arbeitsgruppe überarbeitet und<br />
erweitert. Die aktualisierten ‹Rom II›-Kriterien spiegeln die neueren Fortschritte<br />
beim Verständnis des Reizdarms und weiterer GI-Funktionsstörungen<br />
wider. Behandlungsempfehlungen werden basierend auf Ergebnissen der<br />
zunehmenden klinischen Forschung gemacht. 1<br />
Abdominelle Schmerzen oder Beschwerden ist das wichtigste Symptom, das<br />
für die Diagnose eines Reizdarms erforderlich ist (Tabelle 4). Es muss in den<br />
vorangegangenen 12 Monaten mindestens 12 Wochen vorgelegen haben,<br />
und es müssen mindestens zwei der folgenden Merkmale vorhanden sein:<br />
● Erleichterung durch Stuhlgang<br />
● Mit einer Änderung der Stuhlhäufigkeit einhergehendes Einsetzen<br />
● Mit einer Änderung von Form und Aussehen des Stuhles einhergehendes<br />
Einsetzen.
Die Rom-Kriterien<br />
finden in der klinischen<br />
Forschung<br />
sehr umfangreich<br />
Verwendung.<br />
Tabelle 4. Rom II-Kriterien für die Diagnose des Reizdarms.<br />
Zwölf Wochen oder mehr in den vergangenen 12 Monaten mit abdominellen<br />
Schmerzen oder Beschwerden, welche zwei der folgenden Merkmale<br />
aufweisen:<br />
● Erleichterung bei der Darmentleerung<br />
● Mit einer Änderung der Stuhlhäufigkeit einhergehend<br />
● Mit einer Änderung der Stuhlkonsistenz einhergehend<br />
Die folgenden Symptome sind nicht wesentlich, aber je mehr von ihnen vorhanden<br />
sind, mit desto grösserer Kompetenz kann die Diagnose gestellt<br />
werden:<br />
● Abnorme Stuhlhäufigkeit (>3/Tag oder 25%<br />
der Defäkationen<br />
● Abnorme Stuhlpassage (Pressen, Drang oder Gefühl der unvollständigen<br />
Entleerung) >25% der Defäkationen<br />
● Schleimabgang >25% der Defäkationen<br />
● Blähungen oder Gefühl des abdominellen Aufgetriebenseins<br />
>25% der Tage.<br />
Eine Reihe weiterer Symptome werden als supportiv für die Diagnose des<br />
Reizdarms, aber nicht als wesentlich gehalten (Tabelle 4). Diese Symptome,<br />
welche Pressen während der Darmentleerung und Drang einschliessen (das<br />
zur Toilette Eilen müssen vor einer Darmentleerung) können auch zur Unterklassifizierung<br />
von Patienten mit Reizdarm verwendet werden, das vorwiegend<br />
mit Obstipation oder vorwiegend mit Diarrhöe einhergeht, bevor sie<br />
in klinische Studien aufgenommen werden.<br />
Die Rom-Kriterien finden in der klinischen Forschung sehr umfangreich Verwendung.<br />
Ihre Anwendung in der klinischen Praxis wird jedoch nicht überall<br />
akzeptiert. Einige Ärzte stellen in Frage, ob Bauchschmerzen und eine<br />
Änderung der Darmfunktion für eine Diagnose des Reizdarms notwendig sind.<br />
So würden zum Beispiel die funktionelle Diarrhöe mit postprandialem Drang,<br />
Borborygmus (Darmkullern) und einem Gefühl der unvollständigen Entleerung<br />
bei Abwesenheit von Schmerzen von einigen Wissenschaftlern als eine Variante<br />
des Reizdarms angesehen. 6<br />
6.2 Dominanz der Symptome<br />
Nach Thompson et al., 1999 1<br />
Patienten mit Reizdarm können basierend auf ihren vorwiegenden Darmsymptomen<br />
folgenden Untergruppen zugeteilt werden: Vorwiegend mit Obstipation,<br />
vorwiegend mit Diarrhöe oder zwischen den beiden abwechselnd (Abbildung<br />
9). Dieser Ansatz wurde in einer grossen epidemiologischen Studie bewertet,<br />
die in Olmsted County in Minnesota, USA, durchgeführt wurde. 57<br />
26
Screening ist<br />
zum Ausschluss<br />
organischer GI-<br />
Erkrankungen als<br />
Ursache der<br />
Symptome unerlässlich.<br />
In dieser Studie trat Reizdarm mit vorwiegend Obstipation, vorwiegend Diarrhöe<br />
und abwechselnd Obstipation und Diarrhöe mit fast gleicher Prävalenz<br />
auf (5,2%, 5,5% bzw. 5,2%). Die Prävalenz des Reizdarms mit vorwiegend<br />
Diarrhöe und abwechselnd Obstipation und Diarrhöe war bei Männern und<br />
Frauen ähnlich, während Reizdarm mit vorwiegend Obstipation häufiger bei<br />
Frauen auftrat. 57<br />
Diese Art der Symptomklassifikation ist für die epidemiologische Forschung<br />
und für die Auswahl von Patienten für klinische Studien nützlich. Bei den<br />
meisten Patienten mit Reizdarm fluktuieren die Symptome jedoch, so dass<br />
diese Klassifikation für Ärzte in der Primärversorgung nur von begrenztem<br />
Wert ist.<br />
6.3 Ausschluss organischer Erkrankungen<br />
Screening ist zum Ausschluss organischer GI-Erkankungen als Ursache der<br />
Symptome unerlässlich. Faktoren, die bei der Entscheidung berücksichtigt<br />
werden sollten, welche Screening-Tests für einen Patienten erforderlich sind,<br />
schliessen die Patientendemographie (Alter, Geschlecht u.a.), Dauer und den<br />
Schweregrad der Symptome, Krankheitsverlauf, psychosoziale Faktoren, die<br />
Familienanamnese in Bezug auf Kolonkarzinome und den Überweisungsstatus<br />
ein. 58 Das initiale Screening eines Patienten mit vermutetem Reizdarm<br />
könnte einschliessen:<br />
● Eine körperliche Untersuchung<br />
● Ein vollständiges Blutbild, biochemische Blutuntersuchung und<br />
Blutsenkung (BSG) zur Bestätigung und zum Ausschluss von Entzündungen<br />
● Schilddrüsenfunktionstests zum Ausschluss von Hyperthyreoidismus<br />
● Psychosoziale Beurteilung zum Identifizieren psychosozialer Faktoren,<br />
27<br />
Reizdarm<br />
mit vorwiegender<br />
Obstipation<br />
Reizdarm<br />
mit<br />
abwechselnd<br />
Obstipation<br />
und<br />
Diarrhöe<br />
Reizdarm<br />
mit vorwiegend<br />
Diarrhöe<br />
Abbildung 9.<br />
Klassifikation des<br />
Reizdarms nach<br />
vorwiegenden<br />
Symptomen.
Die Anwendung der<br />
Rom II-Kriterien<br />
und die Anwendung<br />
geeigneter Screening-Tests<br />
sollten<br />
eine relativ zuverlässige<br />
Diagnose<br />
des Reizdarms<br />
zulassen…<br />
Stressquellen und Anwendung von Medikationen mit gastrointestinalen<br />
Nebenwirkungen<br />
● Stuhluntersuchung auf okkultes Blut, Ova, Parasiten, Leukozyten und<br />
überschüssiges Fett<br />
● Flexible Sigmoidoskopie mit oder ohne röntgenologische Untersuchung<br />
(Bariumeinlauf) oder Kolonoskopie bei über 50-jährigen Patienten.<br />
Die eingesetzten Tests sollten den Arzt in die Lage versetzen, Karzinome<br />
(Sigmoidoskopie, Stuhluntersuchung und Röntgenuntersuchung), entzündliche<br />
Darmerkrankungen (hämatologische und biochemische Tests,<br />
Sigmoidoskopie und Stuhluntersuchung), Infektionen (hämatologische und<br />
biochemische Tests, Sigmoidoskopie und Stuhluntersuchungen) und Heilmittelnebenwirkungen<br />
(psychosoziale Beurteilung) auszuschliessen. Weitere<br />
diagnostische Tests sollten sich in Grenzen halten.<br />
Die Anwendung der Rom II-Kriterien und die Verwendung geeigneter Screening-Tests<br />
sollten eine relativ zuverlässige Diagnose des Reizdarms zulassen,<br />
worauf eine angemessene Behandlung eingeleitet werden kann. Die Patienten<br />
werden nach 3–6 Wochen zur erneuten Beurteilung bestellt. Zu diesem<br />
Zeitpunkt kann der Schweregrad der Symptome erneut beurteilt und die Wirksamkeit<br />
der initialen Behandlungsstrategie bewertet werden. Wenn sich die<br />
Symptome verschlimmert oder nicht gebessert haben, so kann dies ein Anzeichen<br />
dafür sein, dass die anfängliche Diagnose nicht korrekt war und weitere<br />
Tests erforderlich sind (siehe Abschnitt 6.4).<br />
6.4 Weitere Untersuchungen anhand der vorherrschenden Symptome<br />
Ausser dem in Abschnitt 6.3 besprochenen grundlegenden Screening können<br />
abhängig von den vorherrschenden Symptomen und dem Ansprechen auf die<br />
initialen Behandlungsmassnahmen weiterführende Tests durchgeführt werden<br />
(Abbildung 10). 8 So kann zum Beispiel bei einem Patienten mit Diarrhöe<br />
als vorwiegendes Symptom ein Lactose-Wasserstoff-Atemtest zum Ausschluss<br />
von Lactoseintoleranz angemessen sein, während eine einfache<br />
Abdomen-Übersichtsaufnahme die Möglichkeit einer mechanischen Obstruktion<br />
bei einem Patienten mit Schmerzen, Gasbildung und Blähungen ausschliessen<br />
würde.<br />
Wenn sich die Symptome nach 3- bis 6-wöchiger Behandlung nicht zurückgebildet<br />
haben, sind weitere Tests in Betracht zu ziehen, um andere Krankheiten<br />
auszuschliessen. Wenn bei einem Patienten Obstipation symptomatisch<br />
vorherrscht, wären Kolonfunktionstests, wie zum Beispiel<br />
Kolonpassagetests und Tests zur Überprüfung der Beckenbodenfunktion<br />
angemessen.<br />
28
Bei einer Reihe<br />
weiterer Erkrankungen<br />
können ähnliche<br />
Symptome wie<br />
die des Reizdarms<br />
auftreten.<br />
Wenn bei einem Patienten Diarrhöe als Symptom vorherrscht, sollte das<br />
Stuhlvolumen gemessen werden. Wenn dieses erhöht ist, sollten weitere<br />
Tests zum Ausschluss von Sekretions- und Resorptionsstörungen und weitere<br />
diagnostische Untersuchungen durchgeführt werden.<br />
Wenn ein Patient an hartnäckigen Schmerzen, Gasbildung und Blähungen<br />
leidet, sind eine Röntgenuntersuchung des Dünndarms, Kohlenhydrat-Wasserstoff-Atemtests<br />
und die GI-Manometrie zum Ausschluss der Möglichkeit einer<br />
mechanischen Obstruktion, Kohlenhydratmalresorption und bakterielle Überwucherung<br />
des Dünndarms in Betracht zu ziehen.<br />
6.5 Differentialdiagnose<br />
Bei einer Reihe weiterer Erkrankungen können ähnliche Symptome wie die<br />
des Reizdarms auftreten. Sie haben jedoch unterschiedliche Ätiologien, und<br />
die Differenzierung ist auf der Grundlage diagnostischer Tests und einer<br />
gründlichen Beurteilung der Symptome möglich.<br />
Divertikulose<br />
Divertikulose wird durch die Bildung kleiner sackartiger Ausstülpungen (Divertikel)<br />
in der Magen- oder Darmwand verursacht. Diese Ausstülpungen können<br />
sich entzünden und einen Risikofaktor für bestimmte Karzinomtypen darstellen.<br />
Die Symptome können sich als Schmerzen, die entlang dem Verlauf des<br />
Kolons (besonders dem Colon sigmoideum) gefühlt werden können, eine<br />
Veränderung der Darmfunktion und durch das Ausscheiden schafkotartiger<br />
Stühle bei Pressen äussern. Obwohl das Symptomprofil gegebenenfalls nicht<br />
vom Reizdarm abgegrenzt werden kann, lässt sich eine Divertikulose durch<br />
röntgenologische oder endoskopische Untersuchung bestätigen.<br />
29<br />
Vorherrschende Symptome<br />
Obstipation Diarrhöe Schmerzen/Gasbildung/Blähungen<br />
Zusätzliche Tests: Nein Lactose-H2-Atemtest Abdomen-Übersichtsaufnahme<br />
Wenn therapierefraktär, Folgendes in Betracht ziehen:<br />
● Kolonpassagetest ● Stuhl-OSM, ELEK. ● Röntgenuntersuchung<br />
● Anorektale Manometrie + ● Jejunales Aspirat auf Ova des Dünndarmes<br />
Ballonaustreibung und Parasiten<br />
● Versuch mit<br />
● Messung des rektoanalen ● Passagetest: Dünndarm Amitriptylin<br />
Winkels<br />
und Kolon<br />
● Weiterer Kohlen-<br />
● Rektale Empfindung und ● Rektale Empfindung hydrat-H2-Atemtest<br />
Entleerung<br />
75SeHCAT-Test/ ● GI-Manometrie<br />
● Defäkographie<br />
Chlolestyramin<br />
● Ballondistensionstest<br />
Abbildung 10.<br />
Weitere sich<br />
überwiegend auf<br />
die Symptome<br />
stützende Untersuchungen.<br />
Nach<br />
Camilleri und<br />
Choi, 1997, mit<br />
freundlicher<br />
Genehmigung. 6
Entzündliche Darmerkrankung<br />
Entzündliche Darmerkrankung ist eine Bezeichnung, die eine Reihe verschiedener<br />
Erkrankungen einbezieht, einschliesslich Morbus Crohn und<br />
Colitis ulcerosa.<br />
Morbus Crohn ist eine bisher schlecht verstandene entzündliche GI-Erkrankung,<br />
die sowohl genetische als auch umweltbedingte Risikofaktoren aufzuweisen<br />
scheint. Die Peak-Inzidenz für ihr Auftreten wird bei jungen Erwachsenen<br />
(15-25 Jahre) verzeichnet, sie kann aber auch bei älteren Menschen<br />
auftreten. Zu den Symptomen gehören rezidivierende Schmerzen im Abdominalbereich,<br />
Übelkeit, Erbrechen, Fieber, Gewichtsverlust und Diarrhöe, die<br />
mit Blutbeimischungen einhergehen kann. Zu den Komplikationen des<br />
Morbus Crohn zählen gastrointestinale Blutungen, Analfissuren und Fisteln.<br />
Diese Erkrankung kann vom Reizdarm durch endoskopische Untersuchung<br />
und histologischen Nachweis der Darmentzündung differentialdiagnostisch<br />
abgegrenzt werden.<br />
Colitis ulcerosa ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung mit Beteiligung<br />
des Rektums, die sich bis ins Kolon ausbreitet. Ihre Ursache ist unbekannt,<br />
sie kann jedoch mit Infektion, Lebensmittelallergie, Autoimmunaktivität oder<br />
psychologischen Faktoren einhergehen. Zu den Hauptsymptomen der Colitis<br />
ulcerosa gehören Bauchschmerzen, Diarrhöe ebenso wie Blut- und Schleimabgang.<br />
Sie kann vom Reizdarm auf der Grundlage des endoskopischen und<br />
histologischen Nachweises des entzündeten Kolons abgegrenzt werden.<br />
30
Kapitel 7<br />
Aktuelle Behandlung des Reizdarms (<strong>IBS</strong>)<br />
7.1 Interventionen nichtpharmakologischer Art<br />
Die Erziehung des Patienten sollte in jedem Behandlungsprogramm des<br />
Reizdarms den ersten Schritt darstellen. Der Reizdarm ist eine Erkrankung,<br />
die von der allgemeinen Bevölkerung schwer zu verstehen ist, und sie wird<br />
überdies mit einer Reihe irrtümlicher Vorstellungen in Zusammenhang gebracht.<br />
So wird von ihr zum Beispiel häufig als eine psychosomatische Krankheit<br />
gesprochen, was dazu führen kann, dass sich die Patienten wegen ihrer<br />
Erkrankung Selbstvorwürfe machen. Andere Patienten wiederum fürchten,<br />
dass ihre Symptome ein Anzeichen für eine ernsthafte und möglicherweise<br />
lebensbedrohliche Erkrankung, wie zum Beispiel Krebs sind. Alle Patienten<br />
sollten deshalb aufklärende Informationen erhalten und in Bezug auf die<br />
folgenden Punkte beruhigt werden:<br />
● Ursachen und Trigger des Reizdarms<br />
● Symptomatik<br />
● Krankheitsverlauf (einschliesslich Bestätigung, dass der Reizdarm,<br />
wenngleich nicht lebensbedrohlich, so doch eine medizinisch anerkannte<br />
Erkrankung ist)<br />
● Prävalenz des Reizdarms<br />
● Verfügbare Behandlungen (einschliesslich einer realistischen Besprechung<br />
des therapeutischen Nutzens und der möglichen unerwünschten<br />
Wirkungen).<br />
Modifikation von Lebensstilfaktoren können als ein sicherer und nicht kostspieliger<br />
initialer Behandlungsansatz vorgeschlagen werden. Für viele an<br />
Reizdarm Leidende tragen entsprechende Änderungen ihrer Ernährungsweise<br />
zur Reduktion der Frequenz und des Schweregrades ihrer Symptome bei. Das<br />
Vermeiden bekannter ‹Trigger-Nahrungsmittel› ist ein sich anbietender erster<br />
Schritt. Den Patienten kann geraten werden, ein ‹Ernährungstagebuch› zu<br />
führen, in einem Versuch, weitere Lebensmittel zu identifizieren, die möglicherweise<br />
zu Problemen Anlass geben. Zu der Umstellung der Ernährung, die<br />
sich bei der Linderung der Symptome des Reizdarms als hilfreich erwiesen<br />
hat, gehören:<br />
31
Stress-Management<br />
und Relaxationstechniken<br />
sollten auch als<br />
nützliche Möglichkeiten<br />
bei der<br />
Behandlung von<br />
Patienten mit Reizdarm<br />
angesehen<br />
werden.<br />
● Ausschaltung und Reduktion der Aufnahme von Molkereiprodukten<br />
● Vermeiden von Coffein, Alkohol und Sorbitol-enthaltenden künstlichen<br />
Süssstoffen<br />
● Aufrechterhaltung einer angemessenen Zufuhr von Ballaststoffen (Vollkornprodukten,<br />
Obst und Gemüse sind gute Quellen)<br />
● Vermeiden von Hülsenfrüchten, wie zum Beispiel Bohnen und Linsen, die<br />
schwerverdauliche, vergärbare Kohlenhydrate enthalten<br />
● Aufnahme häufiger kleiner Mahlzeiten über den Tag verteilt, anstelle von<br />
einer oder zwei grossen Mahlzeiten<br />
● Aufnahme fettarmer, kohlenhydratreicher Mahlzeiten<br />
● Steigerung der Flüssigkeitszufuhr (besonders wichtig, bei Aufnahme<br />
ergänzender Ballaststoffe).<br />
Stress-Management und Relaxationstechniken sollten auch als nützliche<br />
Möglichkeiten für die Behandlung von Patienten mit Reizdarm in Betracht<br />
gezogen werden. Zweidrittel der Patienten, die an einem Stress-Managementprogramm<br />
teilnahmen, berichteten, dass ihre Symptome gelindert wurden<br />
und dass sie weniger ebenso wie leichtere Attacken erfahren hatten. 59 Die<br />
vorteilhaften Wirkungen wurden mindestens 12 Monate nach Beginn des<br />
Versuches aufrechterhalten.<br />
Es ist bekannt, dass die Symptome des Reizdarms durch psychologische<br />
Probleme getriggert und exazerbiert werden können. Psychotherapie hat sich<br />
bei Patienten mit Reizdarm, die nicht auf die Standardbehandlung ansprechen,<br />
als nützlich erwiesen. 60 Es wurde auch gezeigt, dass eine Hypnotherapie<br />
zur Verbesserung der Lebensqualität der Patienten beitragen und Krankmeldungen<br />
bei der Arbeit reduzieren kann. 61 Eine Psycho- und Hypnotherapie<br />
sind jedoch relativ teuer und zeitaufwendig und werden hauptsächlich für<br />
Patienten empfohlen, die auf medikamentöse Behandlungen nicht ansprechen.<br />
Die mit den üblichen medikamentösen Behandlungen des Reizdarms verzeichneten<br />
begrenzten Erfolge haben viele Patienten bewogen, nach alternativen<br />
Therapien zu suchen. 62 Einige der angebotenen Alternativtherapien sind<br />
Kräuterheilkunde, traditionelle chinesische Medizin (einschliesslich Kräuter<br />
und Akupunktur), Ayurveda, traditionelle japanische Medizin (‹Kampo›) und<br />
Bakterienkulturen.<br />
7.2 Symptomatische medikamentöse Behandlungen<br />
Nur 10% der Patienten mit den Symptomen des Reizdarms konsultieren<br />
einen Arzt. 57 Von diesen sprechen schätzungsweise zirka 25% nicht auf die<br />
Behandlung an oder ihr Zustand kann sich sogar verschlimmern. In einigen<br />
32
Fällen genügt lediglich die Umstellung der Lebensweise zur Besserung der bei<br />
dem Patienten vorliegenden Symptome. Bei vielen Patienten rezidivieren die<br />
Symptome weiterhin, wenn sie mit einem Trigger in Kontakt kommen (den sie<br />
identifizieren oder nicht identifizieren können). Für diese Patienten haben sich<br />
die aktuellen pharmakologischen Möglichkeiten auf das Management der<br />
vorherrschenden Symptome konzentriert (Abbildung 11).<br />
Die Behandlung erfolgt im allgemeinen empirisch. Der Patient muss unter<br />
Umständen mit einer Reihe verschiedener Mittel behandelt werden. So kann<br />
zum Beispiel ein Spasmolytikum gegeben werden, wenn ein Patient an Bauchschmerzen<br />
und aufgetriebenem Bauch (Trommelbauch) leidet, während ein<br />
Patient mit vorwiegend Diarrhöe von einem Antidiarrhoikum, wie zum Beispiel<br />
Loperamid profitieren würde. Einem Patienten mit Obstipation könnte ein<br />
ergänzender Ballaststoff (wie zum Beispiel Isphagula-Samenschalen)<br />
und/oder ein Osmolaxans wie zum Beispiel Lactulose verordnet werden.<br />
Diese Behandlungen, welche auf die spezifischen Symptome ausgerichtet<br />
sind, werden als Endorganbehandlungen klassifiziert. Ein Patient mit psychologischen<br />
Problemen kann gegebenenfalls auch mit zentralnervös wirkenden<br />
Substanzen, wie zum Beispiel Antidepressiva oder Anxiolytika behandelt werden.<br />
Beispiele von Endorganbehandlungen und zentralnervös wirkenden Behandlungen<br />
können Tabelle 5 entnommen werden.<br />
Laxantia/Motilität anregende Substanzen<br />
Laxantia werden häufig bei der Behandlung des Reizdarms mit vorherrschender<br />
Obstipation eingesetzt, wenn sich diätetische Massnahmen, wie zum<br />
Beispiel die Erhöhung der Ballaststoffzufuhr und Flüssigkeitsaufnahme als<br />
unwirksam erweisen. Es werden drei breite Laxans-Klassen angeboten:<br />
● Quellstoff-Laxantia<br />
● Laxantia mit stuhlaufweichender Wirkung<br />
● Stimulierende Laxantia<br />
33<br />
Vorherrschendes<br />
Symptom<br />
Behandlung<br />
Bauchschmerzen/<br />
Auftreibung<br />
(Postprandial/chronisch)<br />
Spasmolytikum<br />
Diarrhöe Obstipation<br />
Loperamid<br />
Veränderte<br />
Darmfunktion<br />
Erhöhte Ballaststoffaufnahme<br />
Osmolaxans<br />
Abbildung 11.<br />
Behandlung der<br />
Untergruppen mit<br />
dem Hauptsymptom<br />
des Reizdarms.
Quellstoff-Laxantia schliessen Substanzen von Pflanzenfaserherkunft, wie<br />
zum Beispiel Weizenkleie, Isphagula-(Psyllium)-Samenschalen und Sterculia<br />
zusammen mit synthetischen Mitteln, wie zum Beispiel Carboxymethylcelluose<br />
und Polycarbophil ein (Tabelle 5). Quellstoffe resorbieren im Darm<br />
vorhandenes Wasser und bilden durch Quellen ein weichmachendes Gel.<br />
Das vergrösserte Volumen des Darminhaltes stimuliert die Peristaltik und<br />
reduziert die Passagezeit durch das Kolon. Eine abführende Wirkung kann<br />
innerhalb von 12–24 Stunden erzielt werden. In einigen Fällen kann das<br />
Einsetzen der Wirkung allerdings 3–4 Tage dauern. Eine erhöhte Flüssigkeitsaufnahme<br />
wird zur Optimierung der Wirksamkeit der Quellstoffe empfohlen<br />
und verhindert das Risiko einer Obstruktion durch das gebildete voluminöse<br />
Material.<br />
Hyperosmotische Substanzen, wie zum Beispiel Lactulose steigern den osmotischen<br />
Druck in dem Darmlumen, was zur Wasserretention und Erweichung<br />
sowie zur Gleitfähigkeit des Stuhles führt. Eine Abführwirkung wird im allgemeinen<br />
1 oder 2 Tage nach der Behandlung erzielt.<br />
Die Dauerverwendung von stimulierenden Laxantia, wie zum Beispiel Anthranoiden<br />
(Tabelle 5) und Polyphenylderivaten kann sich schädigend auswirken<br />
und wird nicht empfohlen. Viele Patienten mit Reizdarm mit vorherrschender<br />
Obstipation wenden diese Mittel regelmässig an. Dies führt jedoch zu einer<br />
potentiell irreversiblen Schädigung des Kolons.<br />
Auf die Motilität des oberen GI-Traktes einwirkende Substanzen<br />
Cisaprid, ein Prokinetikum mit gemischten 5-HT 3-Rezeptorantagonist- und<br />
5-HT 4-Rezeptoragonistaktivitäten wird manchmal ‹Off Label› bei Reizdarm<br />
angewendet, das heisst es wird für einen Anwendungsbereich verordnet,<br />
34<br />
Tabelle 5. Spezifische Medikationen für Endorganbehandlungen, die auf die<br />
vorherrschenden Symptome des Reizdarms abgezielt sind.<br />
Angestrebtes<br />
vorherrschendes<br />
Medikationstyp Beispiele Symptom<br />
Motilität anregende Substanzen Cisaprid Obstipation<br />
Stimulierende Laxantia Anthranoide Obstipation<br />
Quellstoffe Weizenkleie<br />
Ispaghula-(Psyllium)-<br />
Samenschalen<br />
Sterculia<br />
Carboxymethylcellulose<br />
Polycarbophil<br />
Obstipation<br />
Antidiarrhoika Loperamid Diarrhöe
Hypnotherapie,<br />
Psychotherapie und<br />
Antidepressiva<br />
können bei der<br />
Behandlung des<br />
Reizdarms<br />
möglicherweise<br />
eine Rolle spielen,<br />
besonders wenn es<br />
von einer affektiven<br />
Störung begleitet<br />
ist.<br />
der nicht auf dem Etikett angegeben ist. Klinische Studien haben jedoch<br />
gezeigt, dass es nicht wirksamer ist als Placebo. 63,64<br />
Antidiarrhoika<br />
Antidiarrhoika können zur Herabsetzung der Darmmotilität bei Patienten mit<br />
Reizdarm bei vorherrschender Diarrhöe eingesetzt werden. Opiatderivate<br />
wirken auf die Ring- und Längsmuskulatur des Darmes zur Herabsetzung der<br />
GI-Motilität und verlängern die GI-Passagezeit. 65 Sie binden auch an zentralnervöse<br />
Opioidrezeptoren, was zu verminderter Schleimsekretion im GI-Trakt<br />
führt.<br />
Spasmolytika<br />
Spasmolytika lindern Bauchschmerzen durch Herabsetzung exzessiver<br />
Kontraktionen der glatten Muskulatur des Kolons. Zu den verwendeten<br />
Wirkstoffen zählen:<br />
● Anticholinergika<br />
● Auf die glatte Muskulatur einwirkende Muskelrelaxantien<br />
● Calciumkanalblocker<br />
Die Anwendung nichtspezifischer Anticholinergika, wie zum Beispiel Hyoscin,<br />
ist von lästigen Nebenwirkungen, einschliesslich Sehstörungen, Mundtrockenheit<br />
und Tachykardie begleitet, Eine Reihe neuerer Wirkstoffe weist eine<br />
grössere Selektivität für die glatte Muskulatur des GI-Traktes auf (wie beispielsweise<br />
Dicyclomin, Cimetropiumbromid und Propanthelinbromid), und<br />
ihre Anwendung geht mit weniger Nebenwirkungen einher.<br />
Direkt auf die glatte Muskulatur einwirkende Muskelrelaxantien werden zur<br />
Linderung von Muskelspasmen angewendet. Alverin, Mebeverin und Pfefferminzöl<br />
sind Beispiele dieser Wirkstoffe, die gegenwärtig bei Reizdarm eingesetzt<br />
werden.<br />
Calciumkanalblocker mit GI-Selektivität, wie zum Beispiel Pinaveriumbromid<br />
haben sich auch bei der Behandlung der Bauchschmerzen bei Reizkolon als<br />
nützlich erwiesen. Diese Wirkstoffe relaxieren die glatte Muskulatur des GI-<br />
Traktes und können auch die Stuhlkonsistenz bei Patienten mit Reizdarm mit<br />
vorherrschender Diarrhöe durch Stimulation der Wasserresorption aus dem<br />
Kolon verbessern.<br />
Zentralnervös wirkende Mittel<br />
Hypnotherapie, Psychotherapie und Antidepressiva können bei der Behandlung<br />
des Reizdarms möglicherweise eine Rolle spielen, besonders wenn es<br />
von einer affektiven Störung begleitet ist. Bei nichtdepressiven Patienten<br />
wurden überdies niedrige Dosen trizyklischer Antidepressiva bei der Verlang-<br />
35
5-HT ist ein<br />
wichtiger Neurotransmitter<br />
im<br />
Gehirn und auch<br />
im enterischen<br />
Nervensystem.<br />
samung der orocaecalen Passage als vorteilhaft befunden, während selektive<br />
Serotonin-Rückaufnahmehemmer die Passage beschleunigen. 66,67 Die Mechanismen,<br />
über die diese Wirkungen erreicht werden, wurden bisher nicht abgeklärt.<br />
7.3. Neue Therapieansätze<br />
«… nicht eine einzige Studie bietet einschlägige Hinweise, dass irgendein<br />
Therapeutikum bei der Behandlung des Reizkolon-Komplexes wirksam ist.»<br />
36<br />
KB Klein, 1988<br />
Klein veröffentlichte 1988 eine Besprechung der ‹kontrollierten› Studien von<br />
Heilmitteln, die bei der Behandlung des Reizdarms angewendet wurden.<br />
Seine Befunde boten weder den an Reizdarm Leidenden noch ihren Ärzten<br />
viel Trost. 68 Mehr als ein Jahrzehnt später wurden jedoch erhebliche Fortschritte<br />
in unserem Verständnis von der Pathophysiologie des Reizdarms<br />
gemacht. Es werden eine Reihe neuer Wirkstoffe als vielversprechende<br />
Behandlung für diese quälende Erkrankung angeboten oder entwickelt.<br />
Herkömmlich hat sich die Pharmakotherapie des Reizdarms auf die Wiederherstellung<br />
der normalen Motilität konzentriert, für die Substanzen wie in<br />
Abschnitt 7.2 beschrieben angewendet wurden. In jüngster Zeit haben Studien<br />
zu der Rolle von im Darm ausgehenden afferenten, neuralen Bahnen zu<br />
der Entwicklung alternativer Behandlungsansätze geführt.<br />
5-HT-Rezeptoragonisten und -antagonisten<br />
5-HT ist ein wichtiger Neurotransmitter im Gehirn und auch im enterischen<br />
Nervensystem. Intrinsische 5-HT enthaltende Neuronen spielen nachweislich<br />
eine Rolle bei der Kontrolle der GI-Motilität, und es ist möglich, dass sie auch<br />
an der Modulation der viszeralen sensorischen Funktion beteiligt sind. Es<br />
wurde vorgeschlagen, dass eine Modulation der 5-HT-Aktivität bei einer Reihe<br />
von GI-Funktionsstörungen, einschliesslich des Reizdarms von Vorteil wäre.<br />
Es wurden mindestens sechs bedeutende Subtypen des 5-HT-Rezeptors identifiziert.<br />
Im GI-Trakt scheinen die 5-HT 3- und 5-HT 4-Rezeptoren jedoch am wichtigsten<br />
zu sein.<br />
Die funktionellen Rollen der 5-HT 3-Rezeptoren werden nicht gut verstanden,<br />
sie können jedoch an der Modulation der Kolonmotilität und der viszeralen<br />
Nozizeption beteiligt sein. 5-HT 3-Rezeptorantagonistren verursachen Obstipation,<br />
verlangsamen die Kolonpassage und hemmen die gastrokolonische<br />
Response. 69-71 Gegenwärtig wird eine Reihe von 5-HT 3-Rezeptorantagonisten<br />
als Antiemetika auf dem Merkt angeboten. Einige wurden bei Patienten mit<br />
Reizdarm untersucht:
Die Aktivierung von<br />
5-HT 4-Rezeptoren<br />
hat eine ausgeprägte<br />
Wirkung auf<br />
den Tonus der<br />
glatten Muskulatur,<br />
die mukosale<br />
Elektrolytsektretion<br />
und den peristaltischen<br />
Reflex.<br />
Tegaserod ist ein<br />
potenter und<br />
spezifischer 5-HT 4-<br />
Rezeptor-Partialagonist,<br />
der nachweislichBauchschmerzen<br />
lindert<br />
und die Darmfunktion<br />
bei Patienten<br />
mit Reizdarm<br />
bei vorherrschender<br />
Obstipation<br />
bessert.<br />
● Ondasetron, ein 5-HT-Antagonist, der derzeit als ein Antiemetikum auf<br />
dem Markt angeboten wird, wurde im Vergleich zu Placebo mit einem<br />
festeren Stuhlgang und weniger Bauchschmerzen in Verbindung<br />
gebracht. 72<br />
● Alosetron wurde zur Anwendung bei Reizdarm mit vorherrschender Diarrhöe<br />
entwickelt. Es wurde gezeigt, dass es nur die Schmerzen und<br />
Darmfunktion bei weiblichen Patienten bessert. 73<br />
Die Aktivierung von 5-HT 4-Rezeptoren hat eine ausgeprägte Wirkung auf den<br />
Tonus der glatten Muskulatur, die mukosale Elektrolytsekretion und den<br />
peristaltischen Reflex. Es scheint auch die Empfindlichkeit der enterischen<br />
Neuronen zu fördern, die auf die Distension des intestinalen Lumens reagieren.<br />
Es kann deshalb möglich sein, dass eine Normalisierung der GI-Funktion<br />
über die selektive Modulation der 5-HT 3-Bahn stattfindet.<br />
● In einer Pilotstudie zur Untersuchung des 5-HT 4-Rezeptorantagonisten<br />
Piboserod wurde festgestellt, dass es die Symptome des Reizdarms mit<br />
vorherrschender Diarrhöe lindert. 74 Zusätzliche Daten von grösseren<br />
Studien sind jedoch zur Bestätigung der klinischen Wirksamkeit und<br />
Sicherheit von Piboserod erforderlich.<br />
● Prucaloprid (R093877) ist ein 5-HT 4-Rezeptoragonist mit prokinetischen<br />
Eigenschaften, das sich für die Behandlung der chronischen Obstipation<br />
in der Entwicklung befindet. Es wurde gezeigt, das es die Anzahl der<br />
spontanen Darmentleerungen erhöht und andere Symptome der chronischen<br />
Obstipation bessert. 75 Ferner wurde nachgewiesen, dass es in<br />
Tiermodellen ‹riesige›, sich fortpflanzende Muskelkontraktionen bewirkt.<br />
● Tegaserod ist ein potenter und spezifischer 5-HT 4-Rezeptor-Partialagonist,<br />
der nachweislich Bauchschmerzen lindert und die Darmfunktion bei<br />
Patienten mit Reizdarm bei vorherrschender Obstipation bessert. 76<br />
Darüber hinausgehend wurde auch seine Wirksamkeit bei der Verbesserung<br />
der Blähungen und der Stuhlkonsistenz nachgewiesen. 77<br />
37
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Redaktion: Jan Posthumus<br />
Gestaltung: Gardiner-Caldwell, Macclesfield, UK<br />
Druck: Vetsch+Co, Bern<br />
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