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Aktuelle Informationen der LGT Bank (Schweiz) AG Ausgabe April 2012

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10<br />

Emerging Markets<br />

Schwellenlän<strong>der</strong><br />

Schwelle erreicht, was nun?<br />

Die Dominanz <strong>der</strong> US-Wirtschaftsmacht bröckelt, Europa ist in eine Vertrauens- und Verschuldungskrise verstrickt.<br />

Schwellenlän<strong>der</strong> wachsen weiterhin stark. Sind die «Emerging Markets» <strong>der</strong> «Wachstumsmotor <strong>der</strong> Weltwirtschaft»?<br />

Eine Einschätzung von Mikio Kumada, Global Strategist bei <strong>LGT</strong> Capital Management.<br />

Noch vor 30 Jahren galt China wirtschaftspolitisch als hoffnungslos rückständiges<br />

Entwicklungsland. Zu Beginn <strong>der</strong> Reformpolitik von Deng Xiaoping 1978 war die<br />

Gesamtwirtschaftsleistung <strong>der</strong> Volksrepublik mit 1,3 Milliarden Einwohnern nicht<br />

viel höher als jene Griechenlands. Heute ist das «Reich <strong>der</strong> Mitte» gross genug und<br />

wächst so schnell, dass es alle sechs Monate wirtschaftlich ein «neues» Griechenland<br />

schafft. Brasilien, Russland, Indien und China erwirtschaften heute knapp<br />

19 Prozent <strong>der</strong> Weltwirtschaftsleistung. Vor zehn Jahren erwirtschafteten die vier<br />

«BRIC»-Län<strong>der</strong> nur 8,4 Prozent des globalen Bruttosozialprodukts.<br />

China drängt an die Weltspitze<br />

Bricht im 21. Jahrhun<strong>der</strong>t das Zeitalter <strong>der</strong> Schwellenlän<strong>der</strong> an? Manches spricht<br />

dafür. So ist insbeson<strong>der</strong>e die Volksrepublik China in vielen Bereichen bereits ein<br />

mo<strong>der</strong>nes Industrieland. 2011 etwa wurde die Hochgeschwindigkeitsverbindung<br />

von Peking nach Shanghai eröffnet – die längste in einem Stück gebaute Hochgeschwindigkeits-Strecke.<br />

Um die Dimension des Projekts zu erfassen, stelle man<br />

sich den Bau einer Hochgeschwindigkeitstrasse von Berlin nach Sofia vor, samt<br />

Brücken, Tunnels, hochmo<strong>der</strong>nen Bahnhöfen und 140 Zügen – und das alles in<br />

nur drei Jahren. Analysten streiten nicht mehr über das «Ob», son<strong>der</strong>n nur noch<br />

darüber, wann China die USA wirtschaftlich eingeholt haben wird. Auch in Indien,<br />

Brasilien und Russland ging es in den vergangenen Jahren bergauf. Für Exportlän<strong>der</strong><br />

wie Deutschland und die <strong>Schweiz</strong> sind Schwellenlän<strong>der</strong> ein nicht wegzudenken<strong>der</strong><br />

«Wachstumsmotor».<br />

Diese positive Entwicklung vieler Emerging Markets spiegelt sich in <strong>der</strong> Performance<br />

<strong>der</strong> Schwellenlän<strong>der</strong>börsen wi<strong>der</strong> – so ist <strong>der</strong> Aktienindex MSCI Emerging<br />

Markets trotzt Asien-Krise 1997, Russland-Default 1998, Argentinien-Pleite 2001<br />

und <strong>der</strong> jüngsten Finanzkrise je nach Basiswährung mindestens doppelt so stark<br />

gestiegen wie MSCI World Index.<br />

Verlangsamte Wirtschaftsdynamik<br />

Dennoch sollten wir uns vor zu viel Optimismus über die weitere Entwicklung <strong>der</strong><br />

Emerging Markets und vor allem Chinas hüten – sie bleiben stark vom Wohlstand<br />

und Konsum im Westen abhängig. Wenn es in Nordamerika und Europa «kriselt»,<br />

werden ihre Märkte <strong>der</strong>zeit noch viel stärker belastet.<br />

Doch auch ohne eine neue Krise im Westen könnten die nächsten ein bis zwei<br />

Jahrzehnte an<strong>der</strong>s verlaufen. Denn bei je<strong>der</strong> wirtschaftlichen Entwicklung ist die<br />

erste Aufholphase relativ einfach. Unterentwickelte Volkswirtschaften mit halbwegs<br />

vernünftigen politischen Systemen geniessen anfänglich viele Vorteile, die sie in<br />

einem globalisierungsfreundlichen Umfeld für sich nützen können. Nachzügler<br />

können die neuesten Technologien erwerben o<strong>der</strong> auch kopieren und günstig eine<br />

mo<strong>der</strong>ne Infrastruktur aufbauen, während die reichen Län<strong>der</strong> noch auf ihrem alten<br />

Kapitalstock sitzen. Massenmigration von günstigen Arbeitskräften in Städte und<br />

Fabriken bringt weitere Produktivitätsschübe.<br />

Doch je näher diese Län<strong>der</strong> an die Schwelle zum<br />

Industrieland herankommen, desto schwieriger wird<br />

es. In einer bis 1957 zurückreichenden Analyse verschiedenster<br />

Län<strong>der</strong> wurde kürzlich festgestellt, dass<br />

sich das Wachstum nach Erreichen eines mittleren<br />

Einkommensniveaus im Schnitt mehr als halbiert.<br />

Einige grosse Emerging Markets, insbeson<strong>der</strong>e aber<br />

China, sind bereits nahe an dieser Schwelle.<br />

Letztlich geht es auch darum, dass die «alten»<br />

Wirtschaftsmächte sichtlich angeschlagen sind und<br />

zumindest teilweise in einer Strukturkrise stecken.<br />

Können wir unter diesen Umständen auch für die<br />

kommenden Jahre davon ausgehen, dass China so<br />

unbefangen wie bisher als Partner, nicht als Rivale<br />

angesehen wird? Die Wachstumsstrategien Chinas<br />

und an<strong>der</strong>er asiatischer Schwellenlän<strong>der</strong> werden<br />

künftig von zwei Faktoren zunehmend beeinträchtigt<br />

– von <strong>der</strong> wachsenden politischen Reife <strong>der</strong><br />

eigenen Bürger sowie <strong>der</strong> Weigerung <strong>der</strong> Industriestaaten,<br />

aber auch <strong>der</strong> Schwellenlän<strong>der</strong> aus an<strong>der</strong>en<br />

Regionen, stetig wachsende Handelsdefizite<br />

zu akzeptieren.<br />

Emerging Markets sind keine Selbstläufer<br />

Es ist klar, dass Asien und China als dritte wirtschaftliche<br />

Grossregion auch in <strong>der</strong> Zukunft eine<br />

herausgehobene Rolle spielen und Anlegern viele<br />

Chancen bieten wird. Das bedeutet jedoch nicht,<br />

dass sich diese Märkte auch weiterhin mit <strong>der</strong><br />

gleichen ungebrochenen Dynamik entwickeln werden<br />

wie bisher. Politische Rahmenbedingungen<br />

werden nicht immer nur gutartiger Natur sein.<br />

Wirtschaftswachstum geht überdies nicht automatisch<br />

mit guten Aktienmärkten einher. Angesichts<br />

<strong>der</strong> höheren Komplexität wird es auch Phasen<br />

geben, in denen die Schwellenlän<strong>der</strong> Rückwärtsbewegungen<br />

ausgesetzt sein werden. Statt diese<br />

Märkte als Selbstläufer zu betrachten, sollten Anleger<br />

daher stärker differenzieren und nach Opportunitäten<br />

ausserhalb breitgetretener Themen Ausschau<br />

halten.

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