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BIS -Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen

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von e<strong>in</strong>er Funktion des Bibliotheksgebäudes, es war<br />

für den Autor <strong>der</strong> Allgeme<strong>in</strong>en Encyclopädie nur<br />

e<strong>in</strong> Bau, e<strong>in</strong> Raum.<br />

E<strong>in</strong> italienischer Autor hat 1816 zuerst Funktionalität<br />

e<strong>in</strong>gefor<strong>der</strong>t. Leopoldo della Santa be kann te <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er Schrift, die erstmals bibliothekarische Tätigkeiten<br />

als raumgreifend thematisierte, die traditionelle<br />

Bibliothek komme ihm vor wie „e<strong>in</strong> Haus,<br />

welches Menschen den Büchern überlassen haben.“<br />

Was Leopoldo della Santa an den se<strong>in</strong>erzeit existierenden<br />

Büchergebäuden kritisierte, wurde durch<br />

den dänischen Bibliothekar und Literaturwissenschaftler<br />

Christian Molbech <strong>in</strong> Deutschland<br />

bekannt gemacht. Dessen 1833 <strong>in</strong> Leipzig erschienene<br />

Bibliothekswissenschaft stellte fest, es gebe bislang<br />

„we<strong>der</strong> Bequemlichkeit für diejenigen, welche<br />

die Bibliothek gebrauchen wollen, noch für diejenigen,<br />

<strong>der</strong>en Aufsicht sie anvertraut ist.“ Mit della<br />

Santa ist sich Molbech weitgehend e<strong>in</strong>ig und verwirft<br />

„alle Rücksicht auf architektonische Pracht<br />

und Schönheit im Innern des Gebäudes“, for<strong>der</strong>t<br />

„ke<strong>in</strong>e Säle, son<strong>der</strong>n Bücherzimmer“ und will diese<br />

getrennt von den <strong>Magaz<strong>in</strong></strong>en und den Räumen<br />

bibliothekarischer Arbeit haben.<br />

Solche Bücher- o<strong>der</strong> Lesezimmer waren damals<br />

schon vorhanden, allerd<strong>in</strong>gs nachträglich e<strong>in</strong>gebaut.<br />

Beleg dafür ist etwa die Tatsache, daß die 1833<br />

neu erlassene Ordnung <strong>der</strong> Universitätsbibliothek<br />

Leipzig <strong>in</strong> § 7 e<strong>in</strong> „Lesezimmer“ erwähnt. Es gab sie<br />

also schon, auch wenn sie <strong>in</strong> den Bauprogrammen<br />

nicht auftauchten: noch 1780 wurde die königliche<br />

Bibliothek zu Berl<strong>in</strong> ohne Lesezimmer geplant und<br />

so auch errichtet, erst wenige Jahre später damit ausgestattet.<br />

Nur <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bibliothekswissenschaft (1833)<br />

des Stuttgarter Bibliothekars Edmund Zoller wird<br />

e<strong>in</strong> solches Zimmer im obersten Stock se<strong>in</strong>er<br />

(jedoch re<strong>in</strong> idealen) Bibliothek verortet, e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er<br />

Raum neben <strong>der</strong> Ausleihe.<br />

Auch wenn mit den Lesezimmern <strong>in</strong> den <strong>Bibliotheken</strong><br />

<strong>der</strong> Aufklärung und des frühen 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

die Benutzung im eigentlichen und e<strong>in</strong>fachen<br />

Worts<strong>in</strong>ne <strong>in</strong> die Bibliotheksgebäude e<strong>in</strong>zieht, hat<br />

das noch nicht <strong>der</strong>en Architektur verän<strong>der</strong>t. Die allgeme<strong>in</strong>e<br />

Bibliotheksgeschichte belehrt uns übrigens<br />

über den Umstand, daß es damals noch weitgehend<br />

die Privatbibliotheken berühmter Gelehrter waren,<br />

die dem Bedürfnis nach aktueller Literatur abhalfen.<br />

In Leipzig etwa trug man im 18. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

se<strong>in</strong>e Bücherwünsche zu Gottsched o<strong>der</strong> zu<br />

Mencke, nicht aber zur Universitäts bibliothek.<br />

Nachdem diese im frühen 19. Jahrhun<strong>der</strong>t mit Lesezimmer<br />

ausgestattet war, griff auch hier <strong>der</strong> neue<br />

Umgang mit <strong>der</strong> Literatur: Man verschwand nicht<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Bibliothek wie man es noch im 17. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

tat, um sie zu begreifen und so se<strong>in</strong> Wissen zu<br />

mehren, son<strong>der</strong>n man holte sich das Bücherwissen<br />

<strong>in</strong> die eigene Gegenwart. Was für den Bürger selbstverständlich<br />

war, nämlich e<strong>in</strong> geheiztes Zimmer,<br />

<strong>Bibliotheken</strong> <strong>in</strong> <strong>Sachsen</strong> // 45<br />

Der Lesesaal <strong>der</strong> UB Leipzig ca. 1930.

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