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Stellungnahme (PDF, 83 KB) - Diakonie Deutschland

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Diakonisches Werk<br />

der Evangelischen Kirche<br />

in <strong>Deutschland</strong><br />

<strong>Stellungnahme</strong> des Diakonischen Werkes der EKD<br />

zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Qualitätssicherung<br />

und zur Stärkung des Verbraucherschutzes in der Pflege<br />

(Pflege-Qualitätssicherungsgesetz – PQsG)<br />

mit Stand 27. April 2000<br />

5. Gesetz zur Änderung des XI. Buches Sozialgesetzbuch<br />

Mit dem Gesetzentwurf werden zwei zentrale Vorhaben aus der Koalitionsvereinbarung<br />

zwischen SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 8. Oktober 1998 zur Weiterentwicklung<br />

der Pflegeversicherung aufgegriffen:<br />

1. Die Sicherung und Weiterentwicklung der Pflegequalität mit den Schwerpunkten:<br />

- Stärkung der Eigenverantwortung der Pflegeselbstverwaltung<br />

- Sicherung, Weiterentwicklung und Prüfung der Pflegequalität<br />

- Zusammenarbeit mit der Heimaufsicht<br />

2. Die Stärkung der Verbraucherrechte.<br />

Das Diakonische Werk der EKD begrüßt diese Zielsetzungen ausdrücklich. Allerdings halten die<br />

Konkretisierungen in dem vorliegenden Gesetzentwurf den Zielsetzungen nicht stand, sie wirken<br />

teilweise sogar kontraproduktiv. Einige Regelungen werden sich in der Praxis kaum oder<br />

gar nicht umsetzen lassen.<br />

Es besteht die Befürchtung, dass die vorgesehenen Vorschriften anstatt zur Qualitätsentwicklung<br />

und erhöhter Wirtschaftlichkeit zu einem unverhältnismäßig hohen Anstieg an Bürokratie<br />

und Kontrolle führen werden. Schon jetzt fließt ein hoher Anteil der Arbeitszeit der Pflegekräfte<br />

in Verwaltungsarbeiten. Diesen Anteil auszuweiten ist unverantwortlich, denn letztendlich geht<br />

die für Verwaltungstätigkeiten aufgewandte Zeit zu Lasten der Erbringung von Pflege und sozialer<br />

Betreuung.<br />

Die vorgesehenen zusätzlichen Vereinbarungen führen zu einer immer größeren Regelungsdichte<br />

und belasten somit die Selbstverwaltungsebene. Bei gleich bleibenden finanziellen Rahmenbedingungen<br />

wird dadurch keineswegs mehr Innovation und Qualitätsentwicklung im Pflegebereich<br />

gefördert, sondern dieser Ansatz wird eher zum Gegenteil führen.


– 2 –<br />

Bereits in den letzten Jahren sind von den Pflegeeinrichtungen und -diensten der <strong>Diakonie</strong> verstärkt<br />

Anstrengungen zur Entwicklung eines Qualitätsmanagements, dessen Implementation<br />

und Sicherung unternommen worden. So hat das Diakonische Werk der EKD unter erheblichem<br />

Einsatz von Eigenmitteln ein <strong>Diakonie</strong>-Siegel für den Altenpflegebereich entwickelt, das dem<br />

unter 1. genannten Ziel des Gesetzentwurfs, insbesondere der Sicherung, Weiterentwicklung<br />

und Prüfung der Pflegequalität, Rechnung trägt. Nicht zuletzt dient diese Entwicklung unter<br />

anderem einer Stärkung der Position deutscher Altenhilfeeinrichtungen im europäischen Wettbewerb<br />

vor dem Hintergrund zu erwartender europäischer Standards. Der Freien Wohlfahrtspflege,<br />

d.h. auch der <strong>Diakonie</strong>, muss es deshalb auch in Zukunft möglich sein, ihren spezifischen<br />

Gestaltungsauftrag zu erhalten und weiterzuentwickeln. Daher fordert das Diakonische<br />

Werk der EKD, dass bei der Gestaltung der zukünftigen Pflegelandschaft auch weiterhin genügend<br />

Gestaltungsspielraum für die Weiterentwicklung von Qualitätsmanagementsystemen bleibt<br />

und eine solche Entwicklung durch gesetzliche Regelungen nicht behindert wird. Diesem Ziel<br />

widersprechen z.B. Einrichtungsvergleiche unter reinen Kostengesichtspunkten oder einseitige<br />

Vorgaben der Leistungsträger und des MDK für die Prüfung der Pflege-, Betreuungs- und<br />

Versorgungsqualität.<br />

Gefährdung droht einer ganzheitlichen Pflege auch dadurch, dass die Grundpflege, die Behandlungspflege<br />

und die soziale Betreuung nicht mehr – wie bisher – unter den allgemeinen Pflegeleistungen<br />

zusammengefasst, sondern getrennt auszuweisen sind. Insbesondere Grundpflege<br />

und soziale Betreuung sind untrennbar miteinander verbunden.<br />

Im übrigen sollten ähnliche bzw. gleiche Sachverhalte, die sowohl im vorliegenden Gesetzentwurf<br />

als auch in dem zu erwartenden novellierten Heimgesetz geregelt werden sollen, kompatibel<br />

sein und sachgerecht jeweils dem Leistungsrecht oder dem Ordnungsrecht zugeordnet werden.<br />

Dasselbe gilt für die Vereinbarkeit der Regelungen des SGB XI mit denjenigen des Handelsrechts.


– 3 –<br />

Im Einzelnen nimmt das Diakonische Werk der EKD wie folgt Stellung:<br />

Zu § 7: Aufklärung und Beratung<br />

Benennung einer Vertrauensperson durch die Pflegekassen (§ 7 Abs. 3)<br />

Nach § 7 Abs. 2 SGB XI haben die Pflegekassen bereits jetzt den Auftrag, Pflegebedürftige zu<br />

beraten und zu unterstützen. Der in § 7 neu angefügte Abs. 3 sieht zusätzlich vor, dass die zuständige<br />

Pflegekasse jedem Pflegebedürftigen eine sachkundige, ortsnah erreichbare Vertrauensperson<br />

benennt, welche auch in Notfällen sofortige Hilfe vermitteln soll. Nach der Begründung<br />

soll es sich bei dieser Vertrauensperson um eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter der<br />

Pflegekassen handeln.<br />

Das Diakonische Werk der EKD begrüßt vom Grundsatz her das Anliegen, die Verbraucherrechte<br />

der Versicherten zu stärken und sieht die Notwendigkeit Hilfebedürftige und ihre Angehörigen<br />

systematisch über die Möglichkeiten des Hilfesystems zu informieren (Care Management)<br />

sowie die ganzheitliche Versorgung zu koordinieren und zu vernetzen (Case Management).<br />

Diesen Erfordernissen wird die Regelung in § 7 Abs. 3 jedoch nicht gerecht. Es handelt sich<br />

weder um eine unabhängige, nicht von Interessen geleitete Beratungsinstanz, noch um eine<br />

Instanz, welche das gesamte Hilfesystem im Blickfeld hat. Vielmehr ist zu befürchten, dass unter<br />

dem Deckmantel des Verbraucherschutzes vorrangig Kostensteuerungsfunktionen etabliert<br />

werden sollen und damit die Kassenmacht zu Lasten der Versicherten gestärkt wird. Zudem<br />

wird das Wahlrecht der Versicherten eingeschränkt. Darüber hinaus gefährdet die vorgesehene<br />

Regelung auf Landes- oder regionaler Ebene bestehende Beratungs- und Koordinierungsstellen.<br />

Das Diakonische Werk der EKD plädiert statt dessen für einen Ausbau und die entsprechende<br />

Finanzierung unabhängiger Beratungs- und Informationsstellen.<br />

Zu § 69: Sicherstellungsauftrag<br />

Bedingte Einschränkung der betrieblichen und unternehmerischen Gestaltungsfreiheit<br />

(§ 69 Abs. 1 Satz 3)<br />

Die Formulierung in § 69 Abs. 1 Satz 3 soll zum Ausdruck bringen, dass die betriebliche und<br />

unternehmerische Gestaltungsfreiheit der Träger und ihrer Pflegeeinrichtungen zu gewährleisten<br />

ist. Bei der Formulierung „ausreichend Raum zu geben“ besteht die Gefahr eines Eingriffes<br />

in die Berufsfreiheit nach Art. 12 GG sowie bei kirchlichen Einrichtungen zusätzlich in das kirchliche<br />

Selbstbestimmungsrecht gemäß Art. 140 GG i.V.m Art. 137 Abs. 3 WRV. Das Diakonische<br />

Werk der EKD sieht die Gefahr, dass die Leistungsträger aus der jetzigen Formulierung einen<br />

Anspruch ableiten, z.B. von einer Einrichtung aus Kostengründen einen Übergang von der<br />

Selbstversorgung zur Fremdvergabe der Versorgung zu fordern. Ein solcher Eingriff wäre auf<br />

keinen Fall hinnehmbar.


Zu § 71: Pflegeeinrichtungen<br />

– 4 –<br />

Rahmenfristen für die Anerkennung als Pflegefachkraft (§ 71 Abs. 3)<br />

Die Erweiterung der fünfjährigen Rahmenfrist für die Anerkennung als Pflegefachkraft aus<br />

den unter § 71 Abs. 3 Nr. 1 bis Nr. 3 genannten Gründen begrüßt das Diakonische Werk<br />

ausdrücklich.<br />

Zu § 72: Zulassung zur Pflege durch Versorgungsvertrag<br />

Verpflichtung der Pflegeeinrichtung zu einem umfassenden Qualitätsmanagement<br />

(§ 72 Abs. 3 Nr. 3)<br />

Die Zulassung einer Pflegeeinrichtung durch den Versorgungsvertrag wird künftig zusätzlich von<br />

der Verpflichtung zu einem umfassenden Qualitätsmanagement in der Einrichtung (§ 72 Abs. 3<br />

Satz 3) abhängig gemacht. Qualitätsmanagement bezieht sich auf die gesamte Organisationsstruktur<br />

einer Pflegeeinrichtung, d.h. alle Verantwortlichkeiten und Prozesse sowie die dafür<br />

erforderlichen Mittel. Das Diakonische Werk der EKD spricht sich grundsätzlich für ein solches<br />

Qualitätsmanagement in allen diakonischen Einrichtungen aus. Die Verknüpfung eines umfassenden<br />

Qualitätsmanagements mit dem Abschluss eines Versorgungsvertrages könnte allerdings<br />

eine Überprüfung aller Qualitätsmanagementmaßnahmen durch die Pflegekassen nahe<br />

legen. Eine solche eingehende Überprüfung nahezu aller Betriebsdaten, d.h. auch von Betriebsgeheimnissen,<br />

stellt einen ganz erheblichen Eingriff sowohl in die Berufsfreiheit gemäß<br />

Art. 12 GG als auch bei kirchlichen Einrichtungen in das kirchliche Selbstbestimmungsrecht gemäß<br />

Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV dar und wird abgelehnt. Es müsste deshalb im<br />

Gesetz ausdrücklich festgelegt werden, dass sich die Prüfungsmöglichkeiten der Leistungsträger<br />

bzw. des MDK ausschließlich auf vereinbarte Maßnahmen der Qualitätssicherung beziehen.<br />

Eine Bestätigung eines umfassenden Qualitätsmanagements könnte allenfalls durch eine unabhängige<br />

Zertifizierungsstelle erfolgen.<br />

Im Übrigen verursacht ein umfassendes Qualitätsmanagement hohe Kosten (QM-Beauftragter,<br />

Schulung der Moderatoren, Bildung von Verbesserungsteams, Mitarbeiterschulung, externe<br />

Berater etc.). Die Erfahrung zeigt, dass Kosten bis in den 5-stelligen Bereich (ausschließlich<br />

Auditoren) entstehen. Die Finanzierung dieser Kosten muss sichergestellt werden, ohne dass es<br />

zu Leistungsminderungen bei den Pflegebedürftigen kommt.<br />

Zu § 75: Rahmenverträge und Bundesempfehlungen über die pflegerische Versorgung<br />

Streichung der Personalausstattung als Regelung in den Landesrahmenverträgen<br />

(§ 75 Abs. 2 Nr. 3)<br />

Der Referentenentwurf sieht vor, dass die Regelung über „Maßstäbe und Grundsätze für eine<br />

wirtschaftliche und leistungsbezogene, am Versorgungsauftrag orientierte personelle Ausstattung<br />

der Pflegeeinrichtungen“ nicht mehr Vereinbarungsgegenstand nach § 75 sein soll, sondern<br />

Bestandteil der „Grundsätze und Maßstäbe für die Qualität und Qualitätssicherung“ nach §<br />

80. Diesbezüglich ist anzumerken, dass auf der Bundesebene nur allgemeine Kriterien zur Bemessung<br />

der Personalausstattung von Pflegeeinrichtungen vereinbart werden können. Konkre-


– 5 –<br />

te bundeseinheitliche Vorgaben dürften sich als nicht sinnvoll erweisen, weil sich zum einen die<br />

Vorgaben für die Leistungserstellung auf der Basis der Rahmenvereinbarungen nach § 75 in<br />

den Ländern unterscheiden. Zum anderen hat sich die personelle Ausstattung in den einzelnen<br />

Bundesländern sehr unterschiedlich entwickelt.<br />

Auf der Basis der nur allgemeinen bundeseinheitlichen Vorgaben zur personellen Ausstattung<br />

sind künftig landesweit oder regional in Pflegesatzkommissionen Personalrichtwerte (§ 86 Abs.<br />

4 neu) zu verankern. Dies scheint insofern nicht schlüssig, als z.B. der Inhalt der Pflegeleistungen<br />

sowie bei stationären Einrichtungen die Abgrenzung zwischen den allgemeinen Pflegeleistungen,<br />

den Leistungen bei Unterkunft und Verpflegung und den Zusatzleistungen neben den<br />

Bundesempfehlungen in den Rahmenverträgen auf Landesebene vereinbart werden müssen.<br />

Konsequenterweise ergeben sich aus den Beschreibungen und Abgrenzungen der Leistungen<br />

bestimmte landeseinheitliche Kriterien für die Personalausstattung. Diese Kriterien sollten auch<br />

in Zukunft landesweit vereinbart werden. Im Gegensatz zu den Rahmenverträgen nach § 75 auf<br />

der Landesebene haben Vorgaben der Pflegesatzkommissionen nur Empfehlungscharakter.<br />

Verlagerung der Prüfungskosten auf die Einrichtungen bzw. die Pflegebedürftigen<br />

(§ 75 Abs. 2 Nr. 7)<br />

Bisher mussten sich die Vertragspartner bezüglich der Kosten von Wirtschaftlichkeitsprüfungen<br />

einigen. Künftig gehen diese Prüfungskosten ausschließlich zu Lasten der Einrichtungen und<br />

letztlich der Pflegebedürftigen. Diese Regelung wird insofern als problematisch angesehen, als<br />

es für die Leistungsträger mit keinerlei Konsequenzen verbunden ist, aus geringfügigem Anlass<br />

Prüfungen in Auftrag zu geben. Es wird ein im Geschäftsleben allgemein geltender Grundsatz<br />

durchbrochen, wonach der Auftraggeber gleichzeitig die Kosten für seinen Auftrag zu übernehmen<br />

hat.<br />

Erweiterte Zuständigkeit der Schiedsstelle (§ 75 Abs. 3)<br />

Die vorgesehene Regelung bedeutet, dass die Schiedsstelle künftig sowohl über Einzelverträge<br />

zwischen den Einrichtungen und den Leistungsträgern als auch über die Rahmenverträge entscheidet.<br />

Diese Klarstellung ist grundsätzlich positiv zu sehen. Bei der Neuregelung wurde jedoch<br />

das in der Vergangenheit in erheblichem Maße aufgetretene Problem unbeachtet gelassen,<br />

dass Schiedsstellenentscheidungen oftmals einseitig gefällt werden, weil die Besetzung<br />

der Schiedsstelle nicht die gebotene Neutralität garantiert. Dies betrifft zum einen den Fall, dass<br />

auf der Seite der Träger auch kommunale Träger sitzen, welche i.d.R. die Interessen der Leistungsträger<br />

vertreten. Zum anderen sind viele Schiedsstellen-Entscheidungen davon geprägt,<br />

welcher Seite der Vorsitzende der Schiedsstelle nahe steht. Die Stimme des/der Schiedsstellen-<br />

Vorsitzenden gibt jedoch den Ausschlag für eine Entscheidung.<br />

Das Problem einseitiger Entscheidungen von Schiedsstellen ist insbesondere deshalb als<br />

höchst problematisch anzusehen, als Schiedsstellenurteile von Gerichten inhaltlich nicht mehr<br />

überprüfbar sind. Nach der neuen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beschränkt<br />

sich die Überprüfbarkeit von Schiedsstellenurteilen auf Formfehler (AZ.: 5 17.97). Deshalb ist im<br />

Gesetz ausdrücklich festzuhalten, dass eine Schiedsstellenentscheidung nur dann rechtswirksam<br />

werden darf, wenn ihr alle Parteien zustimmen. Möglich wäre zum anderen auch, im Ge-


– 6 –<br />

setz ausdrücklich festzuhalten, dass Schiedsstellenentscheidungen gerichtlich voll überprüfbar<br />

sind.<br />

Schließlich sollte ausdrücklich geregelt werden, dass – ebenso wie in § 80 Abs. 3 (neue Fassung)<br />

– die Vereinbarungen auch nach Kündigung bis zum Abschluss einer neuen Vereinbarung<br />

fortgelten.<br />

Zu § 80: Maßstäbe und Grundsätze zur Sicherstellung und Weiterentwicklung der<br />

Pflegequalität<br />

Vereinbarung einheitlicher Grundsätze und Maßstäbe auf Bundesebene für die Entwicklung<br />

eines umfassenden Qualitätsmanagements (§ 80 Abs. 1 Nr. 2)<br />

§ 80 Abs. 1 Nr. 2 sieht vor, auf Bundesebene einheitliche Grundsätze und Maßstäbe für die<br />

Entwicklung eines umfassenden Qualitätsmanagements zu vereinbaren. Begründet wird dies<br />

damit, dass nach § 72 Abs. 2 Nr. 3 (neu) die Einrichtungen beim Abschluss eines Versorgungsvertrages<br />

zum Nachweis eines einrichtungsindividuellen Qualitätsmanagements verpflichtet<br />

sind.<br />

Ein umfassendes Qualitätsmanagement in Pflegeeinrichtungen halten wir für sinnvoll. Bundeseinheitlich<br />

können dagegen jedoch nur allgemeingültige Kriterien für die Gewährleistung qualitativ<br />

hochwertiger Leistungen vereinbart werden. Hierfür reichen die bisherigen gesetzlichen Regelungen<br />

zur Qualitätsvereinbarung nach § 80 voll aus. Im Übrigen haben sich in Wissenschaft<br />

und Praxis, ausgehend von unterschiedlichen Ansätzen, bereits eine Vielzahl von Qualitätsmanagement-Systemen<br />

entwickelt. Diese Vielfalt muss erhalten bleiben. Zu befürchten ist, dass<br />

selbst wenn nur Grundsätze und Maßstäbe für die Entwicklung eines umfassenden Qualitätsmanagements<br />

bundeseinheitlich festgelegt werden, ein System favorisiert wird. Dies würde zum<br />

einen die Weiterentwicklung verschiedener Qualitätsmanagementsysteme beeinträchtigen. Zum<br />

anderen muss die Trägerautonomie hinsichtlich der Wahl eines bestimmten Qualitätsmanagementsystems<br />

gewahrt bleiben.<br />

Vereinbarung von Verfahren zur Durchführung von Qualitätsprüfungen in § 80 Abs. 1<br />

Nach § 80 Abs. 1 (neu) können Grundsätze und Maßstäbe für das Verfahren zur Durchführung<br />

von Qualitätsprüfungen nicht mehr von den Vereinbarungspartnern im Rahmen der Selbstverwaltung<br />

geregelt werden. Diese sollen künftig einseitig von den Leistungsträgern und dem MDK<br />

durch Beratungs- und Prüfrichtlinien (§ 119 neu) vorgegeben werden. Begründet wird dies damit,<br />

dass eine hinreichende rechtliche Absicherung der Prüfverfahren zu gewährleisten ist. Diese<br />

Begründung betrifft unseres Erachtens nicht zu. Wenn Grundsätze und Maßstäbe für die<br />

Qualität und Qualitätssicherung im Rahmen der Selbstverwaltung vertraglich vereinbart werden<br />

können, muss das in gleicher Weise für die Prüfverfahren dieser Grundsätze und Maßstäbe<br />

möglich sein. Einseitig vorgegebene Prüfverfahren durch die Leistungsträger widersprechen<br />

den Regeln der Selbstverwaltung, wonach die Vertragspartner gleichberechtigt sind. Wir fordern<br />

deshalb nachdrücklich, die Vorgaben zum Verfahren bei Qualitätsprüfungen wieder in § 80 Abs.<br />

1 aufzunehmen und damit die Möglichkeit gemeinsamer Vereinbarungen aller Vertragspartner<br />

beizubehalten.


– 7 –<br />

Kündigungsfrist und Geltungsdauer der Vereinbarungen nach § 80 Abs. 3<br />

Gesetzlich vorgegebene Kündigungsregelungen wie in § 80 Ab. 3 hinsichtlich der Vereinbarungen<br />

nach § 80 sind überflüssig. Solche Bestimmungen können die Vereinbarungspartner – wie<br />

bereits in der Vergangenheit erfolgt – selbst treffen. Dies entspricht dem Prinzip der Selbstverwaltung.<br />

Zu § 80 a: Leistungs- und Qualitätsvereinbarung<br />

Notwendigkeit des Abschlusses einer Leistungs- und Qualitätsvereinbarung<br />

nach § 80 a Abs. 1<br />

Im Rahmen des Sicherstellungsauftrags sollen Pflegekassen künftig neben den Versorgungsverträgen<br />

und Vergütungsvereinbarungen zusätzlich jeweils eine einrichtungsindividuelle<br />

Leistungs- und Qualitätsvereinbarungen (LQV) mit den Pflegeeinrichtungen abschließen. Die<br />

LQV wurde in Anlehnung an das BSHG entwickelt. Dort erweist sie sich im Gegensatz zum SGB<br />

XI aufgrund der großen Spannbreite der abzudeckenden Leistungsbereiche (z.B. Altenhilfe,<br />

Behindertenhilfe, Wohnungslosenhilfe) als sinnvoll. Für den Bereich des SGB XI muss dies bezweifelt<br />

werden. Zudem sind im Rahmen des BSHG nicht wie im SGB XI einrichtungsindividuelle<br />

Versorgungsverträge abzuschließen. Der Nutzen einer LQV dürfte also als relativ gering einzuschätzen<br />

sein. Dies sieht der Gesetzgeber offensichtlich ähnlich, da er eine Übertragung des<br />

LQV auf den ambulanten Bereich nach der Begründung nur dann einführen will, wenn er sich<br />

für den stationären Bereich bewährt. Im übrigen müssen bereits jetzt umfassende Leistungsbeschreibungen<br />

im Zusammenhang mit dem Abschluss einer Vergütungsvereinbarung gemäß §<br />

85 Abs. 3 SGB XI vorgelegt werden.<br />

Anpassung des Versorgungsauftrages nach § 80 a Abs. 2 Nr. 1<br />

Die nach § 80 a Abs. 2 Nr. 1 vorgesehene Variante, wonach der Abschluss einer Leistungs- und<br />

Qualitätsvereinbarung gleichzeitig mit einer Anpassung des Versorgungsvertrages erfolgen<br />

kann, macht keinen Sinn, da sich die Voraussetzungen für eine Anpassung des Versorgungsvertrages<br />

bereits aus § 72 Abs. 1 Satz 3 ergeben und von daher die Anpassung ohnehin automatisch<br />

erfolgen muss.<br />

Nicht nachzuvollziehen ist die Aussage in der Begründung, wonach durch die in § 80 a Abs. 2<br />

dargestellten Varianten „eine flexible, über einen längeren Zeitraum verteilte „Einfädelung“ der<br />

LQV in das bestehende Vertragssystem“ ermöglicht. Da die LQV Voraussetzung für eine Vergütungsvereinbarung<br />

ist, sind alle Pflegeeinrichtungen gezwungen, innerhalb eines relativ kurzen<br />

Zeitraums eine LQV abzuschließen. Wie dies aufgrund des Mengenproblems bewältigt werden<br />

soll, bleibt offen.<br />

Wesentliche Leistungs- und Qualitätsmerkmale nach § 80 a Abs. 3<br />

Das Diakonische Werk der EKD hält die Beschreibung der Leistungen einer Pflegeeinrichtung<br />

im Grundsatz für richtig. Es weist aber ausdrücklich darauf hin, dass die in § 80 a Abs. 3 aufgeführten<br />

Leistungs- und Qualitätsmerkmale nicht geeignet sind, das Leistungsprofil einer


– 8 –<br />

Einrichtung transparent und nachvollziehbar wiederzugeben. Die vorgegebenen Merkmale würden<br />

weder die Konzeption einer Pflegeeinrichtung noch die qualitätsrelevanten Einflussfaktoren<br />

abbilden.<br />

Besonderer Bedarf an Grundpflege (§ 80a Abs. 3 Nr. 1)<br />

Die Differenzierung der Leistungen gem. § 80 a Abs. 3 Nr. 1 a) betreffend, wird offensichtlich<br />

ein standardisierter Grundbedarf für bestimmte Pflegestufen unterstellt, da unter Nr. 1 b) von<br />

einem besonderen Bedarf die Rede ist. Würde in der LQV für die einzelnen Pflegestufen jeweils<br />

ein Grundbedarf definiert, stellt sich die Frage, wie solche Bedarfe – beispielsweise ein durchschnittlicher<br />

Bedarf an Behandlungspflege für alle Pflegebedürftigen jeweils einer Pflegestufe –<br />

zu ermitteln sind. Nur wenn der Grundbedarf feststeht, lässt sich ein besonderer Bedarf gemäß<br />

Nr. 1 b) bestimmen. Dies gilt auch für die besonderen Bedarfe der Unterkunft und Verpflegung.<br />

Zusätzlich sind Probleme hinsichtlich der Unterscheidung zwischen dem besonderen Bedarf<br />

und den Zusatzleistungen nach § 88 SGB XI zu erwarten. Sofern in Bezug auf die genannte<br />

Regelung keine Konkretisierung im Gesetzgebungsverfahren erfolgt, ist diese Vorschrift nicht<br />

umsetzbar. Als problematisch dürfte sich auch aufgrund der teilweise hohen Fluktuation die Angabe<br />

der voraussichtlichen Entwicklung des zu betreuenden Personenkreises erweisen.<br />

Schiedsstellentscheidung (§ 80 a Abs. 4)<br />

In § 80 a Abs. 4 ist erneut die Möglichkeit einer Anrufung der Schiedsstelle vorgesehen.<br />

Diesbezüglich verweisen wir auf unsere bereits zu § 75 Abs. 3 geäußerten Bedenken.<br />

Neuverhandlung der LQV bei einer wesentlichen Veränderung der Belegungs- oder<br />

Leistungsstrukturen (§ 80 a Abs. 5)<br />

Gemäß § 80 a Abs. 5 ist der Träger des Pflegeheimes verpflichtet, mit dem in der Leistungs-<br />

und Qualitätsvereinbarung als notwendig anerkannten Personal die Versorgung der Heimbewohner<br />

jederzeit sicherzustellen. Bei unvorhersehbaren wesentlichen Veränderungen in den<br />

Belegungs- oder Leistungsstrukturen des Pflegeheimes kann jede Vereinbarungspartei eine<br />

neue Verhandlung der Leistungs- und Qualitätsvereinbarung verlangen. Bei Nichteinigung im<br />

Rahmen der Leistungs- und Qualitätsvereinbarung besteht analog § 85 SGB XI die Möglichkeit,<br />

eine Klärung über die Schiedsstelle herbeizuführen. Wir lehnen eine Regelung ab, wonach dem<br />

Träger unter Umständen zugemutet wird, bis zur Entscheidung der Schiedsstelle über die Anpassung<br />

der Leistungs- oder Qualitätsvereinbarung auf eigene Kosten, also in Vorleistung, den<br />

Personalengpass zu überbrücken.<br />

Nachweis eines Personalabgleichs (§ 80 a Abs. 6)<br />

Der vorgesehene Personalabgleich steht nicht im Einklang mit dem Grundsatz der Verhandlung<br />

prospektiver Entgelte nach dem 8. Kapitel SGB XI. Pflegeeinrichtungen werden sanktioniert,<br />

wenn sie das Personal-Soll nicht erfüllen. Liegt dagegen das Ist-Personal über dem Soll-<br />

Personal, müssen Pflegeeinrichtungen infolge der Prospektivität der Pflegesätze für die Mehr-


– 9 –<br />

kosten des Personalüberhangs aufkommen. Pflegeeinrichtungen können demnach nur noch<br />

verlieren und nicht mehr gewinnen.<br />

Laut Begründung soll der Personalabgleich durch Einblick in die Lohnlisten durchgeführt werden.<br />

Hierzu ist anzumerken, dass bezüglich der Überwachung der Pflegeeinrichtungen die allgemeinen<br />

Grundsätze der Geeignetheit, Zumutbarkeit und Verhältnismäßigkeit gelten. Bezüglich<br />

der Offenlegungspflichten betrieblicher Unterlagen wie z.B. der Lohnlisten dürfen diese<br />

Grundsätze nicht übertreten werden.<br />

Leistungs- und Qualitätsvereinbarung auch bei ambulanten Pflegeeinrichtungen<br />

(§ 80 a Abs. 7)<br />

Die Regelung nach § 80 a Abs. 7 überträgt die Vorschriften von § 80 a Abs. 1 bis 6 auf den ambulanten<br />

Bereich. Dies ist angesichts völlig anderer Bedingungen der ambulanten Pflege im<br />

Vergleich zum stationären Bereich nicht möglich bzw. nicht sinnvoll. Deshalb sollte Abs. 7 ersatzlos<br />

gestrichen werden. Das Leistungsgeschehen ist für den ambulanten Bereich in den Vereinbarungen<br />

nach § 80 SGB XI und § 75 SGB XI ausreichend geregelt.<br />

Zu § 81: Verfahrensregelungen<br />

Ausschluss des Rechtswegs (§ 81 Abs. 2)<br />

Der Ausschluss des Rechtsweges hinsichtlich der Entscheidungen der Schiedsstelle gemäß<br />

§ 81 Abs. 2 Satz 4 scheint im Hinblick auf die Rechtsweggarantie des Artikel 19 Abs. 4 GG als<br />

rechtlich ausgesprochen fragwürdig und ist deshalb abzulehnen.<br />

Zu § <strong>83</strong>: Verordnung zur Regelung der Pflegevergütung<br />

Ausweitung der Buchführungsvorschriften auf andere Sozialleistungen (§ <strong>83</strong> Abs. 1 Nr. 3.)<br />

Nach § <strong>83</strong> Abs. 1 Nr. 3 kann sich künftig die Verordnungsermächtigung bezüglich der Rechnungs-<br />

und Buchführungsvorschriften auf alle Einrichtungsteile gemischter Einrichtungen erstrecken.<br />

Auch bisher steht es gemischten Einrichtungen frei, die Vorgaben der Pflege-<br />

Buchführungsverordnung (PBV) auf andere Einrichtungsbereiche als die vom SGB XI erfassten<br />

anzuwenden. Die Ausdehnung der Verordnungsermächtigung auf alle Bereiche gemischter Einrichtungen<br />

ist jedoch abzulehnen. Dies würde bedeuten, dass z.B. Vertreter/-innen der Pflegekassen<br />

Einblick in Unterlagen völlig fachfremder Leistungsbereiche wie z.B. der Wohnungslosenhilfe<br />

erhalten würden. Unbeteiligte erhielten Kenntnis in sie nicht betreffende Betriebsgeheimnisse.<br />

Eine solche Einsichtnahme widerspricht zudem dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.<br />

Als problematisch erweist sich die Ausdehnung des Geltungsbereichs der PBV auch<br />

deshalb, weil sie nicht in allen Teilen mit den Vorschriften des Handelsgesetzbuches (HGB)<br />

kompatibel ist. So wird unter anderem der Gleichwertigkeitsgrundsatz nach § 330 HGB verletzt.<br />

Gem. § 330 Abs. 1 HGB können für Kapitalgesellschaften Formblätter oder andere Vorschriften<br />

zur Gliederung des Jahresabschlusses erlassen werden, wenn eine von den §§ 266 und 275<br />

HGB abweichende Regelung erforderlich ist. Davon hat der Gesetzgeber gemäß § <strong>83</strong> SGB XI


– 10 –<br />

mit der am 01.01. 1996 in Kraft getretenen PBV Gebrauch gemacht. Die PBV geht vorrangig<br />

von der Finanzierung aus und übergeht die grundlegenden einfachgesetzlichen Vorschriften<br />

über die Rechnungslegung im Wege einer untergesetzlichen Verordnung. Aus diesem verfassungswidrigen<br />

Ansatz (Gebot der Widerspruchsfreiheit) resultieren in der Praxis eine Vielzahl<br />

von Problemen, weil der Grundsatz der Gleichwertigkeit nach § 330 HGB missachtet wird. So<br />

werden beispielsweise entgegen des Aufstellungsgrundsatzes des § 243 Abs. 2 HGB die gesetzlichen<br />

Postenbezeichnungen des Jahresabschlusses mit anderen Inhalten gefüllt. Die Zuweisung<br />

der Kapitalrücklage in § 5 Abs. 3 Satz 2 PBV widerspricht § 272 Abs. 2 HGB. Die größenabhängigen<br />

Erleichterungen nach § 724 a HGB bleiben unberücksichtigt. Die Aufstellung<br />

des Inventars steht im Widerspruch zu § 240 HGB. Ferner wird die Gleichwertigkeit bezüglich<br />

der Inhalte bei der Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung missachtet. Im Kontenrahmen<br />

fehlen wichtige Konten. Als Folge ist die Konsolidierung der PBV-Bilanz mit der HGB-Bilanz nur<br />

im Wege der Neuaufstellung möglich. Auf sie kann jedoch nicht verzichtet werden, denn nach<br />

dem Maßgeblichkeitsprinzip ist das Zahlenmaterial der Handelsbilanz maßgebend für weitere<br />

Gesetze und Verordnungen (z.B. Abgabenverordnung). Durch die Ausweitung der Verordnungsermächtigung<br />

wird die Konsolidierungsproblematik nicht erleichtert, sondern durch unnötige<br />

Doppelarbeit nur noch vergrößert.<br />

Zudem wurden durch die Gesetze KonTraG, KapAEG und KapCoRiLi in den letzen beiden Jahren<br />

entscheidende Akzente bezüglich der Internationalisierung handelsrechtlicher Vorschriften<br />

gesetzt. Änderungen in der deutschen Rechnungslegung haben Änderungen in der Verordnungsgebung<br />

zur Folge. Aufgrund des Gleichwertigkeitsprinzips nach § 330 HGB ist zu erwarten,<br />

dass die Abstimmung der PBV mit anderen Rechtsvorschriften oder Standards künftig noch<br />

schwieriger sein wird.<br />

Zu § 86: Pflegesatzkommission<br />

Vorgabe von Personalrichtwerten (§ 86 Abs. 4)<br />

In § 86 Abs. 4 werden die Aufgaben der Pflegesatzkommission erweitert. Dies ist einerseits zu<br />

begrüßen. Andererseits besteht jedoch bereits bisher in einer Reihe von Bundesländern das<br />

Problem, dass die Leistungsträger die Bildung einer Pflegesatzkommission ablehnen. Voraussetzung<br />

zur Umsetzung der alten insbesondere jedoch auch der neuen Aufgaben der Pflegesatzkommissionen<br />

ist deshalb die Aufnahme einer Vorschrift in das SGB XI, aus der eindeutig<br />

die Verpflichtung zur Bildung von Pflegesatzkommissionen hervorgeht.<br />

Zentrale Aufgabe der Pflegesatzkommissionen ist künftig die gemeinsame und einheitliche Bestimmung<br />

landesweiter oder regionaler Richtwerten für eine leistungsgerechte, am Versorgungsauftrag<br />

orientierte personelle Ausstattung der Pflegeheime (Personalrichtwertvereinbarung).<br />

Grundsätzlich müssen allerdings die Vereinbarungen nach § 80 SGB XI und § 75 SGB XI<br />

Vorrang vor den Vereinbarungen der Pflegesatzkommissionen haben. Absatz 4 Satz 2 enthält<br />

jedoch nur die Formulierung, dass die Grundsätze und Maßstäbe zur Personalbemessung in<br />

den Qualitätsvereinbarungen nach § 80 „zu beachten“ sind. Damit ist die Intention des Gesetzgebers<br />

nicht klar genug formuliert. Es muss unbedingt eine bindende Verpflichtung auf die Vereinbarungen<br />

nach § 75 sowie nach § 80 aufgenommen werden. Ergänzend zu unseren Anmerkungen<br />

zu § 75 Abs. 2 Nr. 3 weisen wir darauf hin, dass die bindenden Verpflichtungen auf die<br />

Vereinbarungen der §§ 80 und 75 SGB XI nicht ausgehöhlt werden dürfen.


– 11 –<br />

Entscheidung der Schiedsstelle über Personalrichtwerte (§ 86 Abs. 6)<br />

Die Regelung des Absatzes 6 bedeutet erneut ein verfassungsrechtlich bedenkliches Abschneiden<br />

des Rechtsweges. Auch hier muss zumindest klargestellt werden, dass eine Schiedsstellenentscheidung<br />

nur bei Einverständnis beider Parteien möglich ist und ansonsten der Rechtsweg<br />

offen steht. Zudem bleibt unklar, welcher Stichtag für den Beginn der Sechs-Wochen-Frist<br />

gilt. Hier müsste klargestellt werden, dass die Frist mit dem Antragseingang beginnt.<br />

Zu § 86a: Mitwirkung der Pflegebedürftigen<br />

Die Regelung, wonach die <strong>Stellungnahme</strong> der Pflegebedürftigen bei den Verhandlungen angemessen<br />

zu berücksichtigen ist, dürfte in der Praxis zu erheblichen Problemen führen. Es ist zu<br />

erwarten, dass bei der Anhörung sehr unterschiedliche Interessen aufeinander treffen, das gilt<br />

um so mehr als ein Großteil der Bewohner/-innen, die unter Betreuung stehen oder sich selbst<br />

nicht vertreten können, wahrscheinlich von Betreuern oder Angehörigen vertreten werden. Dies<br />

kann die Verhandlungen mit einem erheblichen Mehraufwand belasten. Darüber hinaus definiert<br />

das Gesetz nicht, was „nachvollziehbare Unterlagen“ sind, anhand derer dem Heimbeirat oder<br />

Heimfürsprecher die wirtschaftliche Notwendigkeit und Angemessenheit der geplanten Erhöhung<br />

der Entgelte - entsprechendes gilt bei der Vorbereitung oder Anpassung von Leistungs-<br />

und Qualitätsvereinbarungen - zu erläutern sind.<br />

Darüber hinaus müsste § 86 a SGB XI Fristen enthalten, innerhalb derer die Anhörung vorzunehmen<br />

und Gelegenheit zu einer schriftlichen <strong>Stellungnahme</strong> zu geben ist. Auch sollte der<br />

Gesetzgeber definieren, was unter einer „angemessenen Berücksichtigung“ bei den Vertragsverhandlungen<br />

zu verstehen ist.<br />

Zu § 86b: Vereinfachtes Vergütungsverfahren<br />

Durchführung des vereinfachten Vergütungsverfahrens (§ 86 b Abs. 1 bis 4)<br />

§ 86 b führt ein vereinfachtes Vergütungsverfahren ein. Dabei ist allerdings zu beachten, dass<br />

das dort beschriebene Verfahren bereits jetzt praktiziert werden kann und eine gesetzliche Regelung<br />

insofern nicht erforderlich ist. Unter Umständen kann sich mit der vorgesehenen Regelung<br />

der Zeitraum bis zum Abschluss einer neuen Vergütungsvereinbarung sogar verlängern,<br />

wenn einer Verhandlung und ggf. einer Schiedsstellenentscheidung zunächst die Frist von vier<br />

Wochen für das vereinfachte Vergütungsverfahren vorangeht. Zudem wird durch ein zumindest<br />

kurzzeitiges Verhandeln eine partnerschaftliche Zusammenarbeit von Leistungsträgern und<br />

Pflegeeinrichtungen überhaupt erst möglich.<br />

Der Gesetzgeber geht als Grundlage für ein vereinfachtes Vergütungsverfahren vom Vorliegen<br />

sehr aussagefähiger, detaillierter Leistungs- und Qualitätsvereinbarungen aus. Zusammen mit<br />

der in diesem Zusammenhang vorgesehenen <strong>Stellungnahme</strong> des Heimbeirates/Heimfürsprechers<br />

kann jedoch von einem vereinfachten Verfahren nicht gesprochen werden.<br />

Insgesamt ist das Postkartenverfahren als untauglich zu bewerten. Es suggeriert die Vorstellung,<br />

dass sich bei Einigung über Leistung und Qualität die Kostenseite quasi automatisch ergibt.<br />

Dies ist eine Illusion.


Ausschluss des Rechtsweges (§ 86 b Abs. 5)<br />

– 12 –<br />

Der Ausschluss des Rechtsweges über Entscheidungen der Schiedsstelle gem. § 86b Abs. 5<br />

begegnet denselben rechtlichen Bedenken wie schon zu § 81 vermerkt.<br />

§ 87a Berechnung und Zahlung des Heimentgelts<br />

Ende der Zahlungspflicht mit Tod des Bewohners bzw. der Bewohnerin<br />

(§ 87a Abs. 1 Satz 2)<br />

Die Regelung über das Ende der Zahlungspflicht mit Tod des Bewohners oder der Bewohnerin<br />

halten wir in der vorgenommen Form nicht für sachgerecht. Bisher sah diesbezüglich das Heimgesetz<br />

vor, dass der Vertrag – falls vorher vereinbart – noch bis zu zwei Monate über den Tod<br />

des Bewohners bzw. einer Bewohnerin hinaus Geltung behielt. Nach unserer Erfahrung ist nach<br />

dem Tode eines Bewohners bzw. einer Bewohnerin ein Übergangszeitraum von mindestens 14<br />

Werktagen erforderlich, um den Nachlass angemessen zu verwahren, das Zimmer zu reinigen<br />

und zu überholen usw. Nur auf diese Weise kann der Menschenwürde – sowohl des Sterbenden/<br />

der Sterbenden als auch des Neubeziehers/ der Neubezieherin des Zimmers – Genüge<br />

getan werden.<br />

Aufforderung zur Änderung der Pflegestufe durch den Träger (§ 87a Abs. 2)<br />

Die vorgeschlagene Regelung, wonach der Heimträger verstärkte Möglichkeiten hat, auf die<br />

Erhöhung der Pflegestufe eines Bewohners/einer Bewohnerin hinzuwirken, ist zu begrüßen.<br />

Hiermit wird einem Missstand in der Praxis abgeholfen, da in der Tat viele Heimbewohner nicht<br />

in die Pflegestufe eingestuft sind, die ihrem Pflegebedarf entspricht. Gleichzeitig wird das<br />

Selbstbestimmungsrecht des Bewohners/einer Bewohnerin und seine/ihre Stellung als alleiniger<br />

Berechtigter einen Höherstufungsantrag zu stellen, erhalten.<br />

Die Regelung ist in dieser Form allerdings noch nicht ausreichend. Ergänzend sollte dem Heimträger<br />

ein Recht eingeräumt werden, seinerseits Widerspruch bei der Pflegekasse gegen die<br />

Entscheidung über die Pflegestufe des Bewohners einzulegen. Dieses Drittwiderspruchsrecht<br />

ist schon jetzt in der einschlägigen Literatur weitgehend anerkannt (vgl. zuletzt Klie/Meysen in<br />

NZS 5/2000 S. 222); daher sollte das Gesetz hier für Rechtsklarheit sorgen.<br />

Zu § 92a: Pflegeheimvergleich<br />

Einseitige Vereinbarung des Pflegeheimvergleichs durch die Leistungsträger<br />

(§ 92 a Abs. 1)<br />

Der ständig fortzuschreibende Pflegeheimvergleich soll einseitig von den Leistungsträgern vereinbart<br />

werden. Es steht zu befürchten, dass dieser von den Leistungsträgern dazu verwandt<br />

wird, Vergleichskriterien für einseitig interessengeleitete Zwecke zu entwickeln und dass die<br />

Ergebnisse von Bundesländern mit relativ niedrigen Preisen unabhängig von den Leistungen<br />

und deren Qualität als Maßstab für alle Bundesländer herangezogen werden.


– 13 –<br />

Problematisch sind auch eine Reihe der mit dem Pflegeheimvergleich verfolgten Zielsetzungen.<br />

So stellt sich die Frage, ob auf der Basis der nach § 92 a Abs. 1 Nr. 1 erhobenen Daten eine<br />

sukzessive Angleichung der Leistungs- und Qualitätsvereinbarungen angestrebt wird. Dies würde<br />

einen Eingriff in die Trägerautonomie bedeuten. Verbindliche Vorgaben bezüglich der Inhalte<br />

der Leistungs- und Qualitätsvereinbarungen können ausschließlich durch die Vertragsparteien<br />

nach § 80 SGB XI bzw. § 75 SGB XI vereinbart werden. Innerhalb dieses Rahmens ist der Träger<br />

frei in der Ausgestaltung seines Angebots. Die „Ermittlung von Vergleichsmaßstäben für den<br />

Abschluss von Leistungs- und Qualitätsvereinbarungen“ kann zum einen nicht bundesweit zum<br />

anderen auch nicht einseitig durch die Leistungsträger erfolgen. Zu hinterfragen ist unter anderem<br />

auch, inwieweit ein auf statistischen Vergleichsdaten beruhender Pflegeheimvergleich Hilfestellung<br />

für Qualitätsprüfungen geben kann.<br />

Inhalte des Pflegeheimvergleichs (§ 92 a Abs. 2)<br />

Nach der Begründung zu § 92 a Abs. 2 soll die Vereinbarung unter den Leistungsträgern insbesondere<br />

rechtsklare Regeln über die Erhebung der vergleichsnotwendigen Daten und ihre Weitergabe<br />

an Dritte unter strikter Beachtung des Datenschutzes gewährleisten. Rechtsklarheit<br />

sollte jedoch unbedingt vom Gesetzgeber und nicht durch Vereinbarungen interessengeleiteter<br />

Leistungsträger geschaffen werden. Als höchst problematisch ist auch die Regelung anzusehen,<br />

wonach die Leistungsträger einseitig bestimmen könne, unter welchen Bedingungen an<br />

wen die Ergebnisse des Pflegeheimvergleichs weitergegeben werden können.<br />

Einbeziehung der Leistungserbringer (§ 92 a Abs. 3)<br />

Mit den Leistungserbringern ist hinsichtlich des Inhalts, der Organisation und der Durchführung<br />

des Pflegeheimvergleichs lediglich Einvernehmen „anzustreben“. Lässt sich ein solches Einvernehmen<br />

nicht erzielen, entscheiden allein die Leistungsträger über den Pflegeheimvergleich.<br />

Letztlich dürfte die im Gesetz vorgesehene Einbeziehung der Leistungserbringer lediglich Alibifunktion<br />

haben. Als Begründung für die alleinige Entscheidungsbefugnis der Leistungsträger<br />

werden die Erfahrungen aus dem Krankenhausbereich herangezogen. Es gibt es jedoch gravierende<br />

Unterschiede zwischen dem Krankenhausbereich und dem Pflegebereich, so dass solche<br />

Erfahrungen nicht ohne weiteres übertragen werden können.<br />

Von den Pflegeheimen zu übermittelnde Daten (§ 92 a Abs. 4)<br />

§ 92 a Abs. 4 Satz 1 enthält die Ermächtigung zu einer umfassenden Erhebung nahezu aller<br />

Daten einer Pflegeeinrichtung. Satz 2 stellt darüber hinaus praktisch eine Generalvollmacht aus,<br />

alle für die Leistungsträger als interessant angesehenen Daten zu erheben, da die Pflegeeinrichtung<br />

auf Verlangen „zusätzliche Unterlagen und Auskünfte zu erteilen“ hat, ohne dass im<br />

Gesetz eine Konkretisierung erfolgt. Ein Bezug zu den in Abs. 1 genannten Zielen ist kaum<br />

mehr erkennbar. Damit wird eindeutig der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das Grundrecht<br />

auf die Wahrung von Betriebsgeheimnissen verletzt. Unabhängig von rechtlichen Bedenken<br />

bringt ein Pflegeheimvergleich, mit dem große Datenmengen erfasst werden müssen, für<br />

die Pflegeeinrichtungen einen erheblichen Verwaltungsaufwand mit sich. Im Übrigen besteht<br />

bereits nach § 109 SGB XI die Verpflichtung für die Träger der Pflegeeinrichtungen, Daten für


– 14 –<br />

die durch Rechtsverordnung bestimmten Bereiche Auskünfte zu erteilen. Unter Umständen<br />

könnte es sogar zu Doppelerhebungen kommen.<br />

Die Pflegeheime sind zwar einerseits verpflichtet, den Leistungsträgern die geforderten Daten<br />

zukommen zu lassen. Andererseits sieht das Gesetz jedoch keinerlei Verpflichtung der Leistungsträger<br />

vor, die Ergebnisse des Pflegeheimvergleichs auch den Leistungserbringern zugänglich<br />

zu machen. Damit wird mit der Implementierung eines Betriebsvergleiches durch die<br />

Kostenträger das Verhandlungsgleichgewicht zu Ungunsten der Leistungserbringer verschoben.<br />

11. Kapitel: Qualitätssicherung, sonstige Regelungen zum Schutz der Pflegebedürftigen<br />

1. Abschnitt: Qualitätssicherung – Grundsätzliches<br />

Das Diakonische Werk der EKD spricht sich nachdrücklich für Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung<br />

in jedem Pflegeheim aus. Eine solche Qualitätsentwicklung und -sicherung kann<br />

jedoch nur einrichtungsindividuell auf der Basis bestimmter vorgegebener Kriterien erfolgen. Es<br />

bedarf deshalb nur der konsequenten Umsetzung der bereits bestehenden Regelungen.<br />

Die Vorgaben des vorliegenden Referentenentwurfs beschränken sich darauf, strukturelle Parameter<br />

abzuprüfen. Eine Definition bzw. entsprechende Parameter für die Beschreibung von<br />

Qualität fehlen im Referentenentwurf. Er rekurriert im Wesentlichen auf Kontrolle und vernachlässigt<br />

die Qualitätsentwicklung.<br />

Ergänzend weisen wir darauf hin, dass die vorgesehenen Regelungen zur Qualitätssicherung<br />

im vorliegenden Referentenentwurf für ein PQsG - genauso wie im Referentenentwurf für ein<br />

Heimbewohnerschutzgesetz - ein enormes Maß an Verwaltungsaufwand mit sich bringen.<br />

Der vorliegende Referentenentwurf beinhaltet eine Vielzahl von Regelungen, die sich inhaltlich<br />

widersprechen und Mehrfachzuständigkeiten für gleiche Sachverhalte vorsehen. Eine dauerhafte<br />

Sicherung der Qualität der Leistungserbringung kann nur durch die unmittelbare Verzahnung<br />

von Qualität mit Vergütungsfragen erreicht werden. Eine Erhöhung der Qualität in der Leistungserbringung<br />

kann nicht über neue gesetzliche Regelungen erreicht werden. So teilt das<br />

Diakonische Werk der EKD grundsätzlich die Auffassung des Gesetzgebers, dass der Träger<br />

einer Pflegeeinrichtung (unbeschadet des Sicherstellungsauftrages der Pflegekassen gemäß §<br />

69 SGB XI) für die Qualität der Leistungen seiner Einrichtung einschließlich der Sicherung und<br />

Weiterentwicklung der Pflegequalität verantwortlich bleibt. Es ist unstrittig, dass die Einrichtungen<br />

über Qualitätsmanagementsysteme verfügen bzw. sie entwickeln, die überprüfbar sein<br />

müssen. Allerdings finden sich im vorliegenden Gesetzentwurf Regelungen zu nicht klar abgegrenzten<br />

parallelen Prüfungsarten.<br />

Das Diakonische Werk der EKD spricht sich für eine Regelung aus, wonach ein verbandsspezifisches<br />

Qualitätsmanagementsystem/-verfahren in den jeweiligen Einrichtungen und Diensten<br />

eingeführt und durch unabhängig akkreditierte Zertifizierungsstellen „abgenommen“ wird. Dies<br />

würde Prüfungen durch den MDK weitgehend überflüssig machen. Statt dessen sieht der Referentenentwurf<br />

die in § 113 Abs. 1 neu eingefügten Prüftestate vor, die wahlweise vom MDK oder<br />

durch die Zertifizierungsstellen erteilt werden. Diese Prüftestate stellen zusätzliche Prüfungen<br />

dar, die die bisherigen MDK-Prüfungen nicht ersetzen. Der Grundsatz Eigenkontrolle vor<br />

Fremdkontrolle wird damit außer Kraft gesetzt.


Zu § 112: Grundsätze<br />

– 15 –<br />

Sicherstellungsauftrag der Pflegekassen (§ 112 Abs. 1)<br />

Die Regelung, wonach die Einrichtungsträger für die Leistungsqualität und Weiterentwicklung<br />

der Qualität verantwortlich bleiben (§ 112 Abs. 1 Satz 1), halten wir für entbehrlich. Schon die<br />

Begründung weist darauf hin, dass mit dieser Formulierung im Wesentlichen sich die aus der<br />

Leistungs- und Vergütungsvereinbarung ergebenden Pflichten der Einrichtung (§ 80 a) gemeint<br />

sind; es ist deshalb überflüssig, diese Verpflichtungen noch einmal zu wiederholen. Vielmehr<br />

steht zu befürchten, dass die Pflegekassen, deren Sicherstellungsauftrag zwar nach dem ausdrücklichen<br />

Wortlaut des Referentenentwurfs nicht berührt wird, die Vorschrift so lesen werden,<br />

dass sie ihren Sicherstellungsauftrag an die Einrichtungen weitergeben können. Eine solche<br />

Auslegung ist auf jeden Fall zu verhindern.<br />

Verpflichtung der Einrichtung zu Qualitätsnachweisen (§ 112 Abs. 2)<br />

Die neue Regelung des Abs. 2 über den Qualitätsnachweis kann das Diakonische Werk der<br />

EKD nicht akzeptieren. Angesichts des völligen Fehlens justiziabler Qualitätskriterien im Gesetz<br />

einerseits und der Definitionsmacht der Pflegekassenverbände im Rahmen des § 53b andererseits,<br />

bleibt offen, welche Nachweise eine Pflegeeinrichtung erbringen soll. Vor dem Hintergrund<br />

der Gewerbefreiheit sowie des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts kann die Definition<br />

von Qualitätsverfahren nicht völlig einseitig den Pflegekassen überlassen werden, solange der<br />

Qualitätsnachweis über den Fortbestand der Einrichtung bestimmt.<br />

Verpflichtung der Einrichtung sich durch Einzelprüfungen, Stichproben oder vergleichende<br />

Prüfungen prüfen zu lassen (§ 112 Abs. 3 und 4)<br />

Völlig widersprüchlich ist auch die Regelung des Abs. 3, die einerseits auf Beratung und freiwillige<br />

Prüfungen setzt aber andererseits einen Anspruch auf Beratung oder Prüfung verneint.<br />

Zu § 113: Qualitätsnachweise<br />

Qualitätsnachweise durch Prüftestate (§ 113 Abs. 1)<br />

Derzeit gibt es keine nach Bundes- oder Landesrecht anerkannte Zertifizierungsstellen. Es<br />

bleibt deshalb unklar, welche Institutionen mit der Formulierung unter § 113 Abs. 1 Nr. 3 gemeint<br />

sind. Dies gilt um so mehr, als nach § 119 SGB XI einheitliche Grundlagen für die Zertifizierung<br />

durch die Leistungsträger geschaffen werden sollen. Andererseits geht die Begründung<br />

zu § 113 Abs. 1 davon aus, dass die Formulierung unter Nr. 3 eingebracht wurde, weil gesetzliche<br />

Zertifizierungsregelungen nicht ausgeschlossen werden sollen.


– 16 –<br />

Zuständigkeit der Bundesverbände der Leistungserbringer für Prüfungen unter Trägerverantwortung<br />

(§ 113 Abs. 3 und 6)<br />

Grundsätzlich stellt die Regelung des Abs. 3 zwar gegenüber den Vorentwürfen eine Verbesserung<br />

dar, ist aber inhaltlich immer noch nicht akzeptabel. Eine Prüfung unter Trägerverantwortung<br />

sollte jedoch nicht zusätzlich zu den Prüfungen durch andere Institutionen, sondern als<br />

Ersatz für solche Prüfungen anerkannt werden. In diesem Zusammenhang wäre klarzustellen,<br />

dass die Trägerverbände nicht selbst prüfen, sondern die von ihnen entwickelten Qualitätsstandards<br />

durch unabhängige Prüfeinrichtungen prüfen lassen. Nicht akzeptabel ist auch die Regelung<br />

des Abs. 3 Satz 2 letzter Halbsatz, wonach kein Anspruch auf Abschluss einer Vereinbarung<br />

besteht. Im Rahmen der Selbstverwaltung und der herrschenden Vertragsfreiheit sollte<br />

eine derartige Regelung ersatzlos gestrichen werden.<br />

Nach § 113 Abs. 4 können die Leistungsträger Vereinigungen der Träger von Pflegeeinrichtungen<br />

auf Bundesebene die Befugnis erteilen, die ihnen zugeordneten Pflegeeinrichtungen in<br />

eigener Verantwortung zu prüfen. Die aus diesen Prüfungen gewonnenen Erkenntnisse sind<br />

wenigstens einmal jährlich in einem Bericht zusammenzufassen und den Landesverbänden der<br />

Pflegekassen zur Verfügung zu stellen. Dies ist in sich unstimmig. Deshalb sollte gesetzlich geregelt<br />

werden, dass auch Vereinigungen der Pflegeeinrichtungen auf Landesebene die ihnen<br />

zugeordneten Pflegeeinrichtungen in eigener Verantwortung prüfen können.<br />

Zu § 114: Örtliche Prüfungen<br />

Beteiligung des Träger der Sozialhilfe an Prüfungen durch den MDK (§ 114 Abs. 1)<br />

Die Regelung des Abs. 1 Satz 2, den Träger der Sozialhilfe an Anlassprüfungen durch den MDK<br />

zu beteiligen, ist nicht akzeptabel. Die Träger der Sozialhilfe sind Leistungsträger und haben<br />

damit eine andere Rolle als der MDK. Unter Umständen würde eine Mängelrüge von den verfügbaren<br />

Mitteln der Sozialhilfeträger abhängig gemacht. Dies wäre auf keinem Fall im Interesse<br />

der Pflegebedürftigen. Im Sinne einer Aufgabenklarstellung ist eine ersatzlose Streichung dieser<br />

Regelung zu fordern, zumal sich eine entsprechende Regelung noch nicht einmal im BSHG<br />

findet und die kommunale Seite mit der Heimaufsicht über ein eigenes Kontrollinstrument verfügt.<br />

Insgesamt entspricht der Duktus der gesamten Regelung eher einer Regelung der staatlichen<br />

Aufsicht und entspricht nicht dem Tätigwerden des MDK sowie der Pflegekassen im Rahmen<br />

der Selbstverwaltung. Ob der Medizinische Dienst tatsächlich einseitig festlegen kann, welche<br />

Maßnahmen zur Beseitigung von Qualitätsmängeln zu treffen sind oder einseitig die weitere<br />

Betreuung von Pflegebedürftigen vorläufig untersagen kann, erscheint zweifelhaft. Ergänzend<br />

ist anzumerken, dass diese Regelung nicht kompatibel zur beabsichtigten Neufassung des<br />

Heimgesetzes ist.


– 17 –<br />

Zu § 115: Verfahren bei Feststellung von Qualitätsmängeln<br />

Rückwirkende Kürzung von Pflegevergütungen (§ 115 Abs. 4)<br />

Neben der Möglichkeit den Versorgungsvertrag zu kündigen, sieht der Referentenentwurf als<br />

alternative Sanktionsmöglichkeit die rückwirkende Kürzung der Vergütungssätze vor. Diese Regelung<br />

des Abs. 4 Satz 1 ist zum einen nicht notwendig, da bereits nach den Regelungen des<br />

BGB Ansprüche wegen Nichtleistung oder Schlechtleistung möglich sind. Möglicherweise wäre<br />

auch hier eine Verweisung auf die entsprechenden Regelungen des BGB sinnvoller. Zum anderen<br />

handelt es sich um eine Ermessensentscheidung der Leistungsträger. Diesbezüglich ist allerdings<br />

zu fordern, dass das Gesetz die Gesichtspunkte normiert, die mindestens bei der Ausübung<br />

des Ermessens durch die Leistungsträger zu berücksichtigen sind.<br />

Sollten die Leistungsträger eine rückwirkende Kürzung der Pflegevergütung fordern, könnte<br />

dies nur im Wege der Neuverhandlung der Vergütungsvereinbarung geltend gemacht werden.<br />

Dies ist insofern problematisch, als das Entgelt vor der Kürzung zunächst prospektiv vereinbart<br />

bzw. festgesetzt wurde. Danach erfolgt dann allerdings eine rückwirkende Kürzung, die jedoch<br />

wieder nur prospektiv bei Neuverhandlungen zu realisieren ist. Dies bedeutet insgesamt betrachtet<br />

zumindest eine Aufweichung des Prospektivitätsgrundsatzes.<br />

Insgesamt bedeuten die rückwirkenden Vergütungskürzungen eine zusätzliche Belastung der<br />

Pflegebedürftigen des nächsten Vergütungszeitraumes. Zu einem wirklichen Interessenausgleich<br />

zwischen der Pflegeeinrichtung und den mangelhaft Gepflegten tragen die rückwirkenden<br />

Kürzungen jedenfalls nicht bei.<br />

Abgesehen davon ist die vorgesehene Regelung auch nicht zu zur beabsichtigten Neufassung<br />

des Heimgesetzes (HeimBSG) kompatibel. Wir sind der Meinung, dass die Regelungen über<br />

Entgeltkürzungen bei Qualitätsmängeln sowohl im HeimBSG als auch hier gestrichen werden<br />

müssen.<br />

Zu § 116: Kostenregelungen<br />

Finanzierung der Qualitätsprüfungen durch Gebühren (§ 116 Abs. 1)<br />

Die Regelung des § 116 Abs. 1 bedeutet, dass der Träger und damit die Pflegebedürftigen alle<br />

Prüfungen des MDK zahlen müssen, auch die Routineprüfungen und Anlassprüfungen, die der<br />

MDK nach eigenem Ermessen festlegt. Das Ausmaß an Qualitätsprüfungen dürfte nach dem<br />

Referentenentwurf erheblich zunehmen. Es ist zu befürchten, dass die Kostenregelungen dem<br />

MDK noch zusätzlich einen monetären Anreiz geben, die Prüfungstätigkeiten zu intensivieren.<br />

Da die Zuschüsse der Pflegekassen für die Pflegebedürftigen nicht erhöht werden, gehen die<br />

Prüfungskosten zu Lasten der Selbstzahler und der Sozialhilfeträger, die für die Prüfkosten aufkommen<br />

müssen. Da wahrscheinlich die Entgelte nicht im gleichen Umfang wie die durch die<br />

Prüfungen verursachten Kosten steigen werden, erfolgen die zusätzlichen Prüfungen letztlich<br />

auf Kosten der Pflegequalität. Dies ist nicht hinnehmbar.<br />

Nicht vertretbar ist auch, dass die Pflegeeinrichtungen für Prüfgebühren, die durch Dritte verursacht<br />

werden, bis zur nächsten Vergütungsvereinbarung in Vorlage treten müssen. Die Realisierung<br />

der Prüfgebühren in der nächsten Vergütungsvereinbarung bedeutet gleichzeitig, dass


– 18 –<br />

unter Umständen Pflegebedürftige Kosten für Prüfungen in einem Zeitraum übernehmen müssen,<br />

in dem sie die Leistungen der Pflegeeinrichtungen überhaupt nicht in Anspruch genommen<br />

haben.<br />

Regelung von Art und Höhe der Gebühren durch die Leistungsträger<br />

(§ 116 Abs. 2, 4 und 5)<br />

Eine einheitliche und einseitige Festlegung der Gebühren durch die Leistungsträger entspricht<br />

in keinster Weise den Gepflogenheiten einer Marktwirtschaft und wird von uns daher abgelehnt.<br />

Dies gilt um so mehr, als die Gebühren für alle zur Prüfung berechtigten Institutionen, also auch<br />

nicht von den Pflegekassen eingesetzte Prüf- und Beratungsstellen, gleichermaßen gelten. In<br />

diesem Zusammenhang stellt sich zum einen die Frage nach einer indirekten Subventionierung<br />

des MDK, da die Pflegekassen 50 % der Kosten des MDK aus der Verwaltungsumlage finanzieren<br />

müssen. Zum anderen dürfte die Prüfungs- und Beratungsqualität bei der Festsetzung zu<br />

niedriger Prüfungsgebühren leiden.<br />

Nicht nachzuvollziehen ist die Regelung in § 116 Abs. 4 in Verbindung mit § 116 Abs. 2. So<br />

werden einerseits die Gebühren einseitig von den Leistungsträgern festgesetzt. Bei Streitigkeiten<br />

soll jedoch die zwischen Leistungsträgern und -erbringern paritätisch besetzte Schiedsstelle<br />

über die Gebühren entscheiden. Vor dem Hintergrund bisheriger Gerichtsentscheidungen könnte<br />

das Sozialgericht dann letztlich nur noch entscheiden, ob die Schiedsstelle formal richtig gehandelt<br />

hat. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, welche Schiedsstelle überhaupt<br />

zuständig ist, da eine solche auf der Bundesebene überhaupt nicht existiert. Des Weiteren<br />

ist unklar, wer die Schiedsstelle anrufen und ggf. vor dem Sozialgericht klagen kann.<br />

Völlig unberücksichtigt bei der Gebührenerhebung bleibt der Aufwand der Pflegeeinrichtungen<br />

selbst, um den Forderungen der Prüfenden gerecht zu werden.<br />

Prüfungskosten bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen (§ 116 Abs. 6)<br />

Bezüglich der Festlegung von Prüfungsgebühren für Wirtschaftlichkeitsprüfungen nach § 116<br />

Abs. 6 wird auf die Anmerkungen zu § 116 Abs. 2, 4 und 5 verwiesen.<br />

Der Gesetzgeber erwartet von der Festlegung von Gebühren für Wirtschaftlichkeitsprüfungen<br />

eine steigende Zahl solcher Prüfungen. Er geht davon aus, dass bisherige Regelungen in den<br />

Vereinbarungen nach § 75 SGB XI, wonach derjenige, der Wirtschaftlichkeitsprüfungen veranlasst<br />

hat, sich zumindest an deren Kosten beteiligen muss, solche Prüfungen in größerem Umfang<br />

verhindert haben. Vor dem Hintergrund der Begründung besteht die Gefahr, dass mit der<br />

Gebührenordnung ein Freibrief auch für nicht unbedingt notwendige Wirtschaftlichkeitsprüfungen<br />

geschaffen wird. So können die Leistungsträger ohne jegliches eigenes Risiko Wirtschaftlichkeitsprüfungen<br />

veranlassen, um Einblicke in die Interna von Pflegeeinrichtungen zu erlangen.<br />

Diese können dann wiederum zum Nachteil der Pflegeeinrichtungen bei Entgeltverhandlungen<br />

genutzt werden. Damit wird das Kräftegleichgewicht einseitig zu Lasten der Pflegeeinrichtungen<br />

verschoben.<br />

Als völlig ungerechtfertigt muss es zudem angesehen werden, dass unter Umständen die Vereinigungen<br />

der Pflegeeinrichtungen auch noch für die einseitig von den Leistungsträgern


– 19 –<br />

erlassene Gebührenordnung die Kosten für die Veröffentlichung im Bundesanzeiger übernehmen<br />

müssen.<br />

Zu § 117: Datenaustausch und Datenschutz bei Qualitätsprüfungen<br />

§ 117 sieht vor, dass bei Qualitätsprüfungen nach Kapitel 11 SGB XI Informationen und Daten,<br />

die in diesem Zusammenhang bekannt geworden sind, den Landesverbänden der Pflegekassen,<br />

den Trägern der Einrichtung sowie den Trägervereinigungen mitzuteilen sind. Dies umfasst<br />

nach § 117 Abs. 2 ggf. auch personenbezogene Daten.<br />

Für sehr bedenklich halten wir in diesem Zusammenhang, dass die Erhebung und Weitergabe<br />

von u.U. sehr sensiblen personenbezogenen Daten zulässig sein soll, „soweit deren Kenntnis<br />

zur Durchführung von Qualitätsprüfungen erforderlich ist.“ Angesichts der vielfältigen Prüfungsmöglichkeiten<br />

(Qualitätsprüfungen in regelmäßigen Abständen oder nach den Erfordernissen<br />

des Einzelfalls, Anlassprüfungen, Referenzprüfungen) ist diese Klausel extrem unbestimmt und<br />

wird den einschlägigen datenschutzrechtlichen Anforderungen in keiner Weise gerecht. Dasselbe<br />

gilt für den Schutz von Betriebsgeheimnissen.<br />

§ 118: Zusammenarbeit zwischen Pflegekassen und Heimaufsicht<br />

Die vorgesehene Zusammenarbeit zwischen Pflegekassen, MDK und Heimaufsicht halten wir<br />

für sehr problematisch. Zwar ist die Vermeidung von Doppelprüfungen im Grundsatz richtig. Die<br />

Ausgestaltung der Vorschrift ist jedoch an vielen Stellen unscharf, was angesichts der Tatsache,<br />

dass es hier auch um einen Austausch von personen- oder betriebsbezogenen Daten geht, die<br />

beide dem Grundrecht auf Datenschutz unterfallen, nicht hinnehmbar ist. So sieht § 112 Abs. 1<br />

Nr. 1 die „gegenseitige Information“ der Instanzen untereinander vor. Hier muss klargestellt werden,<br />

dass dies keine gesetzliche Ermächtigung zum Austausch von personenbezogenen Daten<br />

oder Betriebsgeheimnissen darstellen kann.<br />

Wenn, wie in § 112 Abs. 3 vorgesehen, die Pflegekassen und der MDK berechtigt und ggf. verpflichtet<br />

sind, den Heimaufsichtsbehörden alle ihnen zugänglichen Daten über Pflegeheime<br />

mitzuteilen, so ist auch dieser Begriff “Daten” unscharf. Selbst wenn personenbezogene Daten<br />

zu anonymisieren sind, werden hierunter doch regelmäßig Betriebsgeheimnisse fallen. Dies gilt<br />

in noch schärferem Maße für den Austausch von Prüfungserkenntnissen gemäß § 112 Abs. 3,<br />

der lediglich an die Voraussetzung gebunden ist, dass die Erkenntnisse für die Heimaufsicht<br />

“zur Durchführung des Heimgesetzes erforderlich sind”. In beiden Fällen ist aus datenschutzrechtlicher<br />

Sicht dringend geboten, die auszutauschenden Daten abschließend aufzuzählen,<br />

auch die “insbesondere”-Formulierung gemäß § 112 Abs. 3 S. 1 genügt insoweit nicht. Hierbei<br />

ist die Erfahrung aus der Praxis zu berücksichtigen, dass Heimaufsicht und MDK (bzw. Pflegekassen)<br />

unterschiedliche Aufgabenbereiche und, daraus resultierend, auch unterschiedliche<br />

Blickwinkel bei der Prüfung und Feststellung von Sachverhalten haben. Damit droht die Gefahr,<br />

dass sich künftig die Heimaufsicht bei ihren Entscheidungen von Erkenntnissen leiten lässt, die<br />

sie nur durch Übermittlung über die Pflegekassen erhalten hat, wohingegen sie bei eigener<br />

Überprüfung zu anderen Ergebnissen gelangt wäre. Dem kann nur dadurch Genüge getan werden,<br />

dass der gesamte Informationsaustausch nach § 112 Abs. 1-3 unter den Vorbehalt gestellt<br />

wird, dass, soweit es sich um personenbezogene Daten oder Betriebsgeheimnisse handelt, hier


– 20 –<br />

nur ein eng begrenzter numerus clausus von Daten ausgetauscht werden darf, nämlich nur jene<br />

Daten, welche objektiv feststellbar sind (z. B. Zahl der Pflegeplätze).<br />

Zu § 119: Beratungs- und Prüfrichtlinien zur Qualitätssicherung<br />

Zu beanstanden ist auf den ersten Blick, dass der Bezug zu § 80 entgegen den Vorentwürfen<br />

nunmehr weggefallen ist. Da die Wohlfahrtsverbände in § 80 Vereinbarungspartner sind, während<br />

bei den Beratungs- und Prüfrichtlinien mit ihnen lediglich Einvernehmen anzustreben ist,<br />

sollte unbedingt klargestellt werden, dass die Beratungs- und Prüfrichtlinien nur auf § 80 basieren<br />

können.<br />

Die Ermächtigung für die Regelungsinhalte der Beratungs- und Prüfrichtlinien ist äußerst weit<br />

und umfassend. Der Gesetzgeber drückt sich an dieser Stelle vor der Vorgabe klarer Kriterien.<br />

Diese umfassende Ermächtigungsgrundlage für die Leistungsträger dürfte sowohl in die Gewerbefreiheit<br />

der Pflegeeinrichtungen im Allgemeinen und das Selbstbestimmungsrecht kirchlicher<br />

Einrichtungen im Besonderen in unzulässiger Weise eingreifen.<br />

Nicht nachzuvollziehen ist auch die Bestimmung in Abs. 4, wonach der jährlich zu erstellende<br />

Bericht zur Entwicklung der Pflegequalität und der Qualitätssicherung lediglich den Spitzenverbänden<br />

der Pflegekassen und dem Bundesministerium für Gesundheit nicht jedoch den Leistungserbringern<br />

vorgelegt werden soll.<br />

Zu § 122: Pflegevertrag bei häuslicher Pflege<br />

Soweit in das SGB XI überhaupt Regelungen zum Pflegevertrag aufgenommen werden sollten,<br />

schlagen wir vor, in § 122 Abs. 1 letzter Halbsatz folgende Änderung vorzunehmen:<br />

„..., diesen nach Art und Schwere seiner Pflegebedürftigkeit gem. Pflegevertrag zu pflegen und<br />

hauswirtschaftlich zu versorgen.“<br />

Im Rahmen der ambulanten Pflege bestimmt der Pflegebedürftige über den zwischen ihm und<br />

dem Pflegedienst abgeschlossenen Pflegevertrag und die darin bestimmten Leistungskomplexe,<br />

welche Leistungen er in Anspruch nehmen möchte. Dies muss nicht zwingend alle Leistungen<br />

umfassen, die der Pflegebedürftige „nach Art und Schwere seiner Pflegebedürftigkeit“ notwendig<br />

bräuchte. So kann es sein, dass der Pflegebedürftige auf gewisse Leistungen verzichten<br />

möchte, weil diese Angehörige erbringen, weil er Geld sparen möchte oder aus anderen<br />

Gründen. Ebenso wenig wird jeder Pflegebedürftige hauswirtschaftliche Versorgung in Anspruch<br />

nehmen. Daher wäre es nicht sachgerecht, wenn der Pflegedienst gleichwohl eine Verpflichtung<br />

zur umfassenden Pflege und hauswirtschaftlicher Versorgung des Pflegebedürftigen<br />

hätte.<br />

Zu § 124: Hygiene<br />

Grundsätzlich ist die Einhaltung von Hygienevorschriften wichtig und sinnvoll. Die vorgesehenen<br />

Hygienevorschriften sind jedoch aus dem Krankenhausbereich abgeleitet. Ein Pflegeheim ist<br />

allerdings kein Krankenhaus, sondern Wohn- und Lebensmittelpunkt. Im Gegensatz zu


– 21 –<br />

Krankenhäusern werden in Pflegeeinrichtungen und -diensten auch keine operativen Eingriffe<br />

vorgenommen. Deshalb sind keine Intensiv- und andere Spezialeinheiten vorzuhalten. Die derzeitigen<br />

Regelungen sind vollkommen ausreichend, denn schon jetzt müssen Pflegeeinrichtungen<br />

eine Vielzahl gesetzlicher Vorschriften erfüllen, die nicht explizit im Pflegeversicherungsgesetz<br />

erwähnt werden (z. B. Landesbauordnungen, rechtliche Anforderungen an technische und<br />

med. Geräte, Abfallgesetz, Immissionsschutzgesetze, Lebensmittel- und Bedarfgegenständegesetz,<br />

Lebensmittelhygieneverordnung, Fleischverordnung, Hühnereiverordnung, Arbeitsstättenrichtlinien).<br />

Eine uneingeschränkte Anwendung der RKI in Pflegeeinrichtungen gesetzlich zu fordern, ist<br />

nicht vertretbar. Aus dem Gesetzentwurf geht nicht klar hervor, welche Regelungen der RKI auf<br />

Pflegeeinrichtungen anzuwenden sind. Diesbezüglich sind eine Vielzahl von Abgrenzungsstreitigkeiten<br />

vor Ort vorprogrammiert. Dies betrifft beispielsweise die Frage, ob eine Pflegeeinrichtung<br />

eine Bettenaufbereitungszentrale vorzuhalten hat. Zudem sind die Richtlinien des RKI teilweise<br />

überholt und veraltet und entsprechen nicht mehr dem neuesten Stand der wissenschaftlichen<br />

Erkenntnisse. Sie benötigen der dringenden Überarbeitung.<br />

Zu bedenken ist auch, dass die Vorgaben des RKI kostenwirksam sind sowohl was die Personalkosten<br />

als auch die Baukosten betrifft.<br />

Insbesondere die Bestellung eines Hygienebeauftragen für alle Pflegeeinrichtungen gemäß<br />

Abs. 2 ist vollkommen überzogen, zumal es sich nach den RKI bei einem Hygienebeauftragten<br />

stets um einen erfahrenen Arzt mit entsprechenden Kenntnissen in Hygiene und Mikrobiologie<br />

handeln muss. Altenpflegekräfte und Krankenpflegekräfte werden während ihrer Ausbildung in<br />

Hygienemaßnahmen geschult. Zu befürworten wäre aufgrund der Entwicklung allenfalls eine<br />

kontinuierliche Weiterbildung auf diesem Gebiet.<br />

Die Hygiene betreffend existieren je nach Leistungsbereich (z.B. Pflege oder Hauswirtschaft)<br />

unterschiedliche Anforderungen verbunden mit einschlägigen rechtlichen Vorschriften. Von daher<br />

erscheint es sinnvoller, dass die unterschiedlichen Führungs- und Leitungskräfte für ihre<br />

entsprechenden Leistungsbereiche (z.B. Gebäudebereich, Wäschebereich, Küche, Pflege etc.)<br />

verantwortlich zeichnen. Ein für alle Bereiche der Pflegeeinrichtung für verantwortlicher Hygienebeauftragter<br />

muss sich in komplexe Themen der unterschiedlichsten Hygieneanforderungen<br />

einarbeiten.<br />

Ferner ist zu bedenken, dass die Bereiche Gesundheits- und Verbraucherschutz seit dem Inkrafttreten<br />

des Amsterdamer Vertrags am 1. Mai 1999 künftig auch auf europäischer Ebene zu<br />

regeln sind. Nationale Vorschriften müssen an ihnen gemessen und ggf. geändert werden.<br />

Zu § 125: Arzneimittelsicherheit<br />

Die Vorschrift, wonach der Träger sicherzustellen hat, dass die Bewohner/-innen Zugang zu den<br />

pharmazeutischen Informationen erhalten sollen, wird zum einen dazu führen, dass sich der<br />

Verwaltungsaufwand in den Einrichtungen erheblich erhöht, zum anderen dazu, dass die Verantwortung<br />

des verordnenden Arztes bzw. des Apothekers auf die Einrichtungen abgewälzt<br />

wird, was wir für rechtlich fragwürdig halten.


– 22 –<br />

Artikel 2 - Übergangsregelung zu § 116 des Elften Buches Sozialgesetzbuch<br />

Das Diakonische Werk der EKD lehnt die nach Artikel 2 vorgesehene Übergangsregelung für<br />

den Fall des Nichtzustandekommens einer Vereinbarung (§ 116 Abs. 2) oder Verordnung (§<br />

116 Abs. 7) über die Bemessung von Gebühren sowohl für Qualitätsprüfungen (Abs. 1) als auch<br />

für Wirtschaftlichkeitsprüfungen (Abs. 3) ab. Wie bereits in § 116 kritisiert wurde, sind die Prüfkosten<br />

letztendlich vom Pflegebedürftigen zu tragen.<br />

Die vorgesehene Höhe sowie die Staffelung nach Plätzen oder Vollzeitstellen ist nicht nachvollziehbar<br />

und willkürlich.<br />

Stuttgart, 04. Juli 2000<br />

Jürgen Gohde<br />

Präsident

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