Die Erweiterung der EU
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22 DIE <strong>EU</strong>-ERWEITERUNG Eine historische Gelegenheit<br />
Der <strong>Erweiterung</strong>sprozess:<br />
Von den Verhandlungen zur Ratifizierung<br />
Auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> Empfehlungen <strong>der</strong><br />
Europäischen Kommission beschloss <strong>der</strong> Europäische<br />
Rat von Luxemburg im Dezember 1997, einen<br />
‘allgemeinen <strong>Erweiterung</strong>sprozess’ für alle Län<strong>der</strong><br />
einzuleiten, die <strong>der</strong> <strong>EU</strong> beitreten möchten. Er umfasst:<br />
● die Europa-Konferenz, die die Län<strong>der</strong> vereint, <strong>der</strong>en<br />
Wunsch es ist, <strong>der</strong> <strong>EU</strong> beizutreten, d.h. die zehn<br />
beitrittswilligen Län<strong>der</strong> Mitteleuropas, Zypern, Malta<br />
und die Türkei. <strong>Die</strong> Konferenz ist ein multilaterales<br />
Forum, in dem Themen von gemeinsamem Interesse<br />
diskutiert werden können, wie die Außen- und<br />
Sicherheitspolitik, Justiz und Inneres, regionale<br />
Zusammenarbeit o<strong>der</strong> wirtschaftliche Angelegenheiten.<br />
<strong>Die</strong> Konferenz trat erstmals am 12. März 1998<br />
in London zusammen. Im Dezember 1999 kündigte<br />
<strong>der</strong> Europäische Rat von Helsinki eine Überprüfung<br />
<strong>der</strong> Zukunft <strong>der</strong> Europa-Konferenz an, um <strong>der</strong><br />
Entwicklung <strong>der</strong> Lage Rechnung zu tragen. Der Gipfel<br />
von Nizza beschloss im Dezember 2000, die vom<br />
Assoziations- und Stabilisierungsprozess betroffenen<br />
Balkan-Län<strong>der</strong> und die EFTA - Staaten aufzufor<strong>der</strong>n,<br />
als voraussichtliche Mitglie<strong>der</strong> teilzunehmen.<br />
● den Beitrittsprozess, <strong>der</strong> am 30. März in Brüssel für<br />
alle zehn mittel- und osteuropäischen<br />
Bewerberlän<strong>der</strong>, Malta, die Türkei und Zypern<br />
gestartet wurde. Bei dem Beitrittsprozess handelt<br />
es sich um einen evolutiven und alle Kandidaten<br />
einbeziehenden Prozess, da alle diese Län<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>EU</strong> auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong>selben Kriterien beitreten.<br />
<strong>Die</strong> Prinzipien <strong>der</strong> Beitrittsverhandlungen<br />
Es gibt vier Hauptprinzipien <strong>der</strong> Beitrittsverhandlungen.<br />
Beitrittsverhandlungen richten sich in erster Linie<br />
darauf, dass <strong>der</strong> Acquis Communautaire von den<br />
Beitrittskandidaten umgesetzt und angewandt wird.<br />
Des weiteren sind auch Übergangsregelungen<br />
möglich, müssen aber ihrem Umfang und ihrer Dauer<br />
nach befristet werden und dürfen auch nicht den<br />
Wettbewerb sowie den Binnenmarkt beeinträchtigen.<br />
Zusätzlich sollten solche Regelungen mit einem Plan,<br />
<strong>der</strong> klar definierte Schritten zur Umsetzung des Acquis<br />
Communautaire enthält, versehen werden. Das dritte<br />
grundlegende Prinzip ist das <strong>der</strong> Differenzierung.<br />
<strong>Die</strong> Entscheidung mit einer Gruppe von Staaten<br />
gleichzeitig in Verhandlungen einzutreten bedeutet<br />
nicht, dass diese Verhandlungen zum gleichen<br />
Zeitpunkt abgeschlossen werden. Verhandlungen mit<br />
Beitrittskandidaten werden individuell geführt; die<br />
Geschwindigkeit des Verhandlungsprozesses hängt<br />
von <strong>der</strong> Vorbereitung jedes einzelnen Bewerberlandes<br />
sowie <strong>der</strong> Komplexität einzelner Sachfragen ab.<br />
Schließlich gilt es, das Prinzip des Aufholens zu<br />
berücksichtigen. <strong>Die</strong> auf dem Gipfel von Helsinki im<br />
Dezember 1999 getroffene Entscheidung, Verhandlungen<br />
mit einer zweiten Gruppe von Län<strong>der</strong>n aufzunehmen,<br />
legt fest, dass: “Bewerberlän<strong>der</strong>, die nun<br />
an den Verhandlungen teilnehmen, die Möglichkeit<br />
haben werden, zu den Staaten, welche bereits<br />
in ihrem Beitrittsbegehren weiter vorangeschritten<br />
sind, aufzuholen, wenn sie die notwendigen<br />
Vorbereitungen und Eigenleistungen vornehmen.”<br />
Jedes Bewerberland wird daher nach seinen eigenen<br />
Leistungen begutachtet.<br />
Während des Gipfels in Nizza im Dezember 2002<br />
wurde ein weiteres Element des Verhandlungsprozesses<br />
hinzugefügt: <strong>Die</strong> „Wegskizze“ (roadmap)<br />
<strong>der</strong> Europäischen Kommission. Das Ziel <strong>der</strong> Wegskizze<br />
ist es, den Verhandlungsprozess voranzubringen und<br />
alle Beteiligten zu einem realistischen Zeitplan zu<br />
verpflichten. Des weiteren sollen alle ausstehenden<br />
Fragen in den Verhandlungen zwischen 2001 und 2002<br />
geklärt werden. Konkret bedeutet dies, dass die Union<br />
gemeinsame Verhandlungspositionen einnimmt und<br />
Übergangsfristen mit Bezug auf individuelle<br />
Verhandlungskapitel im Einklang mit dem vereinbarten<br />
Zeitplan ermöglicht. Kapitel können bereits vor dem<br />
vereinbarten Zeitpunkt abgeschlossen werden, je<br />
nachdem, wie weit die Vorbereitungen im betreffenden<br />
Bewerberland vorangeschritten sind.<br />
Auf dem Gipfel in Göteborg im Juni 2001 wurde<br />
„die Wegskizze“ als Rahmen für einen erfolgreichen<br />
Abschluss <strong>der</strong> Beitrittsverhandlungen bestätigt.<br />
Der <strong>Erweiterung</strong>sprozess:<br />
Von den Verhandlungen zur Ratifizierung<br />
Der Prozess <strong>der</strong> Beitrittsverhandlungen<br />
<strong>Die</strong> eigentlichen Verhandlungen finden in Form einer<br />
Reihe bilateraler intergouvernamentaler Konferenzen<br />
zwischen den <strong>EU</strong>-Mitgliedstaaten und jedem<br />
beitrittswilligen Land statt. Nach einer ausführlichen<br />
Prüfung <strong>der</strong> verschiedenen Bereiche des Acquis<br />
Communautaire (‘Screening’), wie beispielsweise<br />
den Gebieten freier Güterverkehr, Landwirtschaft,<br />
Umwelt usw., werden mit den Bewerberlän<strong>der</strong>n<br />
für jeden Bereich Verhandlungen eröffnet (siehe<br />
hierneben die vollständige Liste aller Bereiche).<br />
<strong>Die</strong> Kommission stellt die gemeinsamen<br />
Verhandlungspositionen <strong>der</strong> <strong>EU</strong> vor, die in die<br />
Zuständigkeit <strong>der</strong> Gemeinschaft fallen.<br />
<strong>Die</strong> Verhandlungspositionen werden anschließend<br />
von den Mitgliedstaaten einstimmig angenommen.<br />
Daraufhin finden Verhandlungssitzungen auf<br />
Ministerebene bzw. auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> Stellvertreter<br />
statt, d.h. zwischen den ständigen Vertretern <strong>der</strong><br />
Mitgliedstaaten und den Botschaftern bzw. den<br />
Chefunterhändlern <strong>der</strong> beitrittswilligen Staaten.<br />
Ein Kapitel wird dann vorübergehend mit einem<br />
Bewerberland abgeschlossen, wenn die <strong>EU</strong> feststellt,<br />
dass das Kapitel nicht weiterverhandelt werden muss<br />
und das betreffende Bewerberland keinen weiteren<br />
Verhandlungsbedarf hat. <strong>Die</strong> <strong>EU</strong> kann allerdings<br />
während des Verhandlungsprozesses zu einem<br />
späteren Zeitpunkt das Kapitel erneut auf die<br />
Tagesordnung bringen, falls <strong>der</strong> Acquis Communautaire<br />
mit Bezug auf das abgeschlossene Kapitel erweitert<br />
wurde o<strong>der</strong> auch in dem Fall, dass das Bewerberland<br />
seine Versprechen bezüglich <strong>der</strong> Implementierung des<br />
Acquis Communautaire nicht einhält.<br />
Kapitel des Acquis Communautaire<br />
KAPITEL 1 Freier Warenverkehr<br />
KAPITEL 2 Freizügigkeit<br />
KAPITEL 3 Freier <strong>Die</strong>nstleistungsverkehr<br />
KAPITEL 4 Freier Kapitalverkehr<br />
KAPITEL 5 Gesellschaftsrecht<br />
KAPITEL 6 Wettbewerb<br />
KAPITEL 7 Landwirtschaft<br />
KAPITEL 8 Fischerei<br />
KAPITEL 9 Verkehr<br />
KAPITEL 10 Steuern<br />
KAPITEL 11 Wirtschafts- und Währungsunion<br />
KAPITEL 12 Statistik<br />
KAPITEL 13 Beschäftigung und Soziales<br />
KAPITEL 14 Energie<br />
KAPITEL 15 Industriepolitik<br />
KAPITEL 16 Kleine und mittlere Unternehmen<br />
KAPITEL 17 Wissenschaft und Forschung<br />
KAPITEL 18 Bildung und Ausbildung<br />
KAPITEL 19 Telekommunikation und<br />
Informationstechnologien<br />
KAPITEL 20 Kultur und audiovisuelle Medien<br />
KAPITEL 21 Regionalpolik und Koordinierung<br />
<strong>der</strong> strukturpolitischen Instrumente<br />
KAPITEL 22 Umweltschutz<br />
KAPITEL 23 Verbraucherschutz und<br />
Gesundheitsschutz<br />
KAPITEL 24 Zusammenarbeit im Kapitel Justiz<br />
und Inneres<br />
KAPITEL 25 Zollunion<br />
KAPITEL 26 Auswärtige Beziehungen<br />
KAPITEL 27 Gemeinsame Außen-<br />
und Sicherheitspolitik<br />
KAPITEL 28 Finanzkontrolle<br />
KAPITEL 29 Finanz- und Haushaltsbestimmungen<br />
KAPITEL 30 Institutionen<br />
KAPITEL 31 Sonstige<br />
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