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Kritische Analyse des BaFin-Zinsrisikokoeffizienten - Dr. Sievi

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Bewertung die Swap-Kurve verwendet, sind<br />

vom resultierenden Wert Liquiditäts-, Bonitätsprämien<br />

und Markt-Spreads abzuziehen,<br />

um die Nettoposition und damit die Marktpreise<br />

zu erhalten. Liegen bei bestimmten<br />

Positionen keine Marktpreise vor, sollen sie<br />

bestmöglich geschätzt werden. Bis auf diese<br />

Unsicherheiten liegen bei der Vermögensermittlung<br />

keine Spielräume vor.<br />

Die Differenz zwischen dem Vermögen<br />

und dem Eigenkapital sind stille Reserven<br />

bzw. Verluste, die bilanziell nicht ausgewiesen<br />

werden. Sie können aber gegebenenfalls<br />

am Markt realisiert werden. Eine Ausnahme<br />

bilden variabel verzinsliche Positionen im<br />

Kundengeschäft.<br />

Einen Vergleich <strong>des</strong> Barwerts im Zinsbuch,<br />

der mit der Swap-Kurve bewertet ist,<br />

mit­den­Eigenmitteln­nach­§­10­Absatz 2 KWGbietet<br />

Tabelle 6. Diese Zahlen stellen ohne<br />

Kenntnis weiterer Gegebenheiten kein Qualitätskriterium<br />

dar.<br />

> Die Sparkasse mit dem Faktor 0,36 nutzt<br />

wesentliche Vermögensanteile außerhalb<br />

<strong>des</strong> Zinsbuchs. Das Gesamtvermögen<br />

kann auch hier deutlich über dem bilanziellen<br />

Wert <strong>des</strong> Eigenkapitals liegen.<br />

> Die Sparkasse mit dem Faktor 2,74 kann<br />

möglicherweise <strong>des</strong>halb einen hohen<br />

Barwert im Zinsbuch aufweisen, weil sie<br />

in Kredite und Wertpapiere mit hoher<br />

Rendite, aber ebenso hohem Risiko investiert<br />

hat. Hier kann die Korrektur um die<br />

Bonitätsprämie und sonstige Spreads den<br />

Faktor erheblich reduzieren.<br />

Damit bleibt es bei der Aussage, dass die<br />

sinnvollste Größe zur Beurteilung <strong>des</strong> Zinsänderungsrisikos<br />

zunächst der Barwert <strong>des</strong><br />

Zinsbuchs selbst ist.<br />

Dieses Verfahren weist nur dann Verzerrungen<br />

auf, wenn das Risiko in den verschiedenen<br />

Vermögensklassen ungleich<br />

verteilt ist. So könnte beispielsweise die<br />

Sparkasse mit dem Faktor 0,36 wesentliche<br />

Vermögensanteile in Immobilien angelegt<br />

haben. Maßgeblich ist dann das Gesamtrisiko<br />

der Bank. Der Zinsrisikokoeffizient<br />

der <strong>BaFin</strong>, der sich auf das Eigenkapital<br />

bezieht, informiert hier möglicherweise<br />

falsch, weil angesichts <strong>des</strong> vergleichsweise<br />

kleinen Zinsbuchs das Zinsänderungsrisko<br />

in Relation zum Eigenkapital gering ist,<br />

nicht aber in Relation zum Vermögen.<br />

Umgekehrt kann es sein, dass eine Sparkasse<br />

mit einem hohen Faktor tatsächlich<br />

auch nach Abzug von Korrekturposten sehr<br />

hohe stille Reserven besitzt. In diesem Fall<br />

Betriebswirtschaftliche Blätter 09|2011<br />

Quelle: Archiv<br />

Bei Zinsänderungen spielt nicht nur ihre<br />

Höhe eine wichtige Rolle, sondern auch ihr<br />

zeitlicher Verlauf.<br />

führt ein tolerierbares Zinsänderungsrisiko<br />

zu einem <strong>Zinsrisikokoeffizienten</strong> von mehr<br />

als 20 %. Um einer Beurteilung als „Institut<br />

mit erhöhtem Zinsänderungsrisiko“ zu entgehen,<br />

muss die Sparkasse stille Reserven<br />

auflösen und als Eigenkapital ausweisen.<br />

Dies kann durch Verkauf von Positionen mit<br />

Kurswert über dem Buchwert bei gleichzeitigem<br />

Rückkauf dieser oder ähnlicher<br />

Positionen geschehen, ohne dass das Zinsänderungsrisiko<br />

verändert wird. Die Bezugnahme<br />

auf die Eigenmittel einer Bank führt<br />

damit zu keiner besseren Beurteilung ihrer<br />

Risikosituation als die auf den Barwert <strong>des</strong><br />

Zinsbuchs selbst. Das Gesamtrisiko der<br />

Bank kann nur als gemeinsames Risiko aller<br />

Vermögenspositionen gemessen werden.<br />

Erhöhte Eigenmittelanforderung<br />

Wie wirkt nun das Prüfkriterium für eine<br />

eventuelle Eigenkapitalunterlegung <strong>des</strong><br />

Zinsgeschäfts im Anlagebuch? Ein einfaches<br />

Beispiel (s. Tab. 7) gibt darauf Antwort. Dieses<br />

Kreditinstitut besitzt außer Zinspositionen<br />

keine weiteren Vermögenswerte. Auf der<br />

Aktivseite stehen 100 Euro Kundenkredite,<br />

die ursprünglich langfristig vergeben wurden,<br />

mit nun unterschiedlichen Restlaufzeiten.<br />

Wegen gesunkener Zinsen und der<br />

in den Krediten enthaltenen Marge beträgt<br />

der Kurswert 107 Euro. Auf der Passivseite<br />

stehen 90 Euro Kundeneinlagen mit kürzeren<br />

Fristen als die Aktiva. Ihr Kurswert soll<br />

92 Euro­ sein.­ Das­ Eigenkapital­ der­ Bankbeläuft<br />

sich auf 10 Euro, das Vermögen auf<br />

15 Euro. Dies entspricht in etwa dem Durchschnitt<br />

der Sparkassen in Tabelle 6.<br />

Wird vereinfachend davon ausgegangen,<br />

dass alle Kredite unbesichert sind,<br />

muss das Institut über ein Eigenkapital<br />

von min<strong>des</strong>tens 8 Euro verfügen. Bei einem<br />

Zinsschock von +200 BP sei das barwertige<br />

Risiko dieses Kreditinstituts 3 Euro. Damit<br />

beträgt das Risiko in Prozent <strong>des</strong> Vermögens­20%­und­in­Prozent­<strong>des</strong>­Eigenkapitals­30<br />

%.­Das­Prüfkriterium­ist­verletzt.­<br />

Entsprechend muss das Institut bei viermal<br />

aufeinander folgender Verletzung 11 Euro<br />

Eigenkapital bereitstellen. In Wirklichkeit<br />

CONTROLLING<br />

wird aber das Eigenkapital bei Eintritt<br />

<strong>des</strong> Zinsschocks nicht angegriffen, weil<br />

zunächst stille Reserven verzehrt werden.<br />

Das Beispiel zeigt erneut, dass die Bezugnahme<br />

auf das Eigenkapital zu nicht<br />

trennscharfen Ergebnissen führt. Soll das<br />

Zinsänderungsrisiko limitiert werden, ist<br />

das Zinsvermögen die korrekte Basis.<br />

Besser aber wäre es, wie die <strong>Analyse</strong><br />

zeigt, das Gesamtrisiko zu betrachten.<br />

Dies ist aber nicht Gegenstand dieser<br />

Abhandlungen.<br />

Fazit<br />

Keinen Zweifel lässt die <strong>Analyse</strong> daran,<br />

dass Vermögensveränderungen nur mit<br />

Vermögenswerten und Bilanzveränderungen<br />

nur mit Bilanzwerten verglichen<br />

werden können. Zudem belegt sie, dass<br />

neben den im <strong>BaFin</strong>-Rundschreiben aufgeführten<br />

Berechnungsalgorithmen unbedingt<br />

auch ökonomische Betrachtungsweisen<br />

herangezogen werden müssen. Nur<br />

Risikomess- und -steuerungsmethoden,<br />

die die wertorientierte Messung <strong>des</strong> Risikos<br />

nicht mit bilanzorientierten Kennziffern<br />

vermischen, liefern exakte Ergebnisse<br />

der Gesamtrisikosituation eines Instituts.<br />

Die strikte Trennung zwischen der Vermögens-<br />

und der bilanziellen Betrachtung<br />

muss beibehalten werden.<br />

Die Autoren schlagen vor, dass die<br />

Aufsicht im Fall einer Prüfung ergänzend<br />

zu den Kennziffern und Prüfkriterien die<br />

institutsspezifische Risikosteuerung<br />

einbezieht. Institute, die über bessere<br />

und den Risiken angemessene Methoden<br />

verfügen sowie betriebswirtschaftliche<br />

Grundsätze bei der Bildung von Kennziffern<br />

berücksichtigen, sind von der Aufsicht<br />

differenziert zu behandeln. In bilateralen<br />

Gesprächen mit <strong>BaFin</strong> und Bun<strong>des</strong>bank<br />

müssen die angewandten Methoden vor einer<br />

Festlegung von Maßnahmen gewürdigt<br />

werden. Der von der <strong>BaFin</strong> eingeschlagene<br />

Weg, Methodenfreiheit dort zu gewähren,<br />

wo sie gegenüber Standardverfahren Vorteile<br />

für die exakte Messung und Steuerung<br />

bieten, wird durch diese Vorgehensweise<br />

fortgesetzt. Die Aufsicht hat zugesagt,<br />

dass vor Festsetzung aufsichtrechtlicher<br />

Maßnahmen etwa durch Eigenkapitalunterlegungen<br />

jeder Einzelfall auf seine Gesamtrisikosituation<br />

hin geprüft wird. Das<br />

ist auch essentiell. Für mögliche derartiger<br />

Gespräche mit der Aufsicht eignet sich<br />

dieser Beitrag als Grundlage. ¯<br />

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