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RBW aktuell August 06 - Rinderunion Baden-Württemberg e.V.

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Hinterwälder -<br />

Bonsai der Rinderrassen<br />

Bekanntlich fahren die Hinterwälder<br />

aufgrund der geringen Tierzahlen<br />

kein Testbullenprogramm. Stattdessen<br />

werden in unregelmäßigen Abständen<br />

Zuchtbullen nach ihrem<br />

Deckeinsatz in die Besamung gestellt.<br />

Der Nachteil des etwas längeren<br />

Generationsintervalls wird aufgewogen<br />

durch die Besichtigung der<br />

Entwicklungsphasen der Bullen selbst<br />

und ihrer Nachkommen vom Kalb bis<br />

zum Jährling. Hauptgesichtspunkt<br />

neben der Exterieurentwicklung ist<br />

die Abstammungsleistung und der<br />

Inzuchtgrad. Seit 1994 sind nach diesem<br />

System neun Bullen in die Besamung<br />

gestellt worden. Dieses Jahr<br />

haben wir mit Labflort und Napbär<br />

wieder zwei Vererber, welche die Anforderungen<br />

erfüllen: Labflort war<br />

Siegerbulle der Verbandsschau 2005<br />

und führt die Fablerlinie weiter, die wir<br />

über die GP in den lebenden Bestand genommen<br />

haben. Napbär ersetzt die zu<br />

Ende gehenden Samenvorräte der N-Linie.<br />

Beide zeigen selbst und anhand ihrer<br />

Nachkommen einen sehr guten Fleischansatz.<br />

Napbär<br />

Dass die Fleischqualität der Rasse<br />

Hinterwälder eine sehr feine Faser<br />

aufweist, wurde in einem Mast- und<br />

Fleischqualitätsversuch in Aulendorf<br />

Wälderzucht<br />

und Kulmbach wissenschaftlich belegt:<br />

Der Muskelfaserdurchmesser<br />

war statistisch gesichert 19,9 % kleiner<br />

als beim Fleckvieh, die benötigte<br />

Scherkraft zur Fleischdurchtrennung<br />

lag 25,6 % niedriger und beim Geschmackstest<br />

wurde die Zartheit 14<br />

% besser bewertet. Der Versuch untermauerte<br />

die bekannte Tatsache,<br />

dass man nach der Verkostung von<br />

Hinterwälderfleisch keinen Zahnstocher<br />

braucht oder die Aussage einer<br />

Direktvermarkterin mit älterer Kundschaft:<br />

„Hinterwälderfleisch können<br />

wir problemlos beißen.“<br />

Ein anderer interessanter Aspekt ist,<br />

dass die Hinterwälder einen effizienteren<br />

Verdauungsapparat aufweisen.<br />

Dies zeigte sich in einem Futteraufnahmevergleichsversuch<br />

zwischen<br />

Fleckvieh- und Hinterwäldermutterkühen<br />

in Aulendorf, bei dem die<br />

Hinterwälder bezogen auf das metabolische<br />

Körpergewicht zwischen 7,5<br />

und 17,2 % mehr Futter aufnahmen.<br />

Dies hat zur Folge, dass die Hinterwälder<br />

mit schlechterem Futter gleiche<br />

Absetzerleistungen erzielen als<br />

großrahmige Mutterkühe.<br />

Enorm ist das schnelle Jugendwachstum<br />

der Hinterwälder. So kommen<br />

62 gewogene männliche Hinterwälderabsetzer<br />

mit 216 Tagen auf 237<br />

kg Gewicht, was hervorragenden Zunahmen<br />

von 988 g pro Tag entspricht.<br />

Neben den Absetzern wurden<br />

auch die Mütter mit gewogen<br />

und die Absetzergewichte ins Verhältnis<br />

gesetzt: Dabei erreichten die<br />

Absetzer 55,6 % des Gewichts der<br />

Mütter, was das hervorragende<br />

Jugendwachstum unterstreicht. Bekanntlich<br />

spricht man von einer effizienten<br />

Mutterkuhhaltung, wenn die<br />

Absetzer 50 % des Muttergewichtes<br />

erreichen. Im Aulendorfer Intensivmastversuch<br />

lagen die Zunahmen im<br />

Alter von 385 Tagen bei sagenhaften<br />

1.112 g, die Fleischigkeitsklasse lag<br />

im gewünschten Bereich von U und R.<br />

Die Hinterwälder glänzen, wenn es um<br />

Langlebigkeit und Fruchtbarkeit geht:<br />

Eine Zwischenkalbezeit von 383 Tagen<br />

bedeutet Rekord im Ländle und das<br />

hohe Durchschnittsalter von 7,7 Jahren<br />

reicht mit weitem Abstand zum deutschen<br />

Rekord. Die Abgangsursachen<br />

„zur Zucht verkauft“ und „hohes Alter“<br />

erreichen 65 % der Kühe. Dass eine<br />

Milchleistung von <strong>aktuell</strong> 3.420 kg Milch<br />

bei 3,45 % Eiweiß in Anbetracht der<br />

leichten Kühe und der widrigen Umweltverhältnisse<br />

hoch zu würdigen ist,<br />

ist keine Frage.<br />

Labflort<br />

Zusammengefasst kann gesagt werden,<br />

dass die Hinterwälder durch ihre<br />

Qualitäten bestens für sehr schwierige<br />

topografische Bedingungen und<br />

zum anderen für eine rassespezifische<br />

Vermarktung geeignet sind.<br />

Dr. Franz Maus<br />

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