Frühling/ Sommer 1998 - Filmblatt
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Erkundungeines vergessenenGenres<br />
Puppentrickfilme in Deutschland bis 1945<br />
FilmDokument 5, Kino Arsenal, 2. Januar <strong>1998</strong><br />
In Zusammenarbeit mit dem Bundesarchiv-Filmarchivund<br />
den Freunden der Deutschen Kinemathek<br />
Einführung: Jeanpaul Goergen<br />
Der Puppentrick-bzw. Puppenanimationsfilm wurde bisher, mit Ausnahme<br />
der Arbeiten der Gebrüder Diehl (Ausstellung und Katalog: Deutsches Film¬<br />
museum, 1994), kaum beachtet. Über mögliche Verbindungen zwischen Pup¬<br />
pentrickfilm und Puppenspieltheater ist wenig bekannt und eine Theorie der<br />
Puppenanimation liegt nicht vor. Hilmar HoffmannsVorschlag (in: Johannes<br />
Horstmann: Sprache des Kurzfilms, Paderborn 1981), auf Kleists Gedanken<br />
über das Marionettentheater,in dem er über die erdentrückten schwebenden<br />
Bewegungen der Marionetten schreibt, zurückzugreifen,berührt Puppen¬<br />
trickfilme aber nicht, da die Puppen immer standfest fixiert sein mußten.<br />
Von einer Attraktionim Nummemprogramm des frühen Kinos entwickelte<br />
sich der Puppenanimationsfilm in den zwanziger Jahren zu einer Ergänzung<br />
des Vorprogramms. Er richtete sich an alle Zuschauer; Puppenfilme für Kinder<br />
und Jugendliche gab es noch kaum, auch wenn Motive und Puppen gerne aus<br />
der Spielzeugweltder Kinderwelt entlehnt wurden; auch griff man häufig auf<br />
Märchen- bzw. Traummotive zurück. Erst ab Mitte der 30er Jahre wandte sich<br />
der Puppentrickfilmfast ausschließlich an Kinder und Jugendliche und büßte<br />
so eine wichtigeDimension seiner Ausdrucksmöglichkeiten ein.<br />
Der Puppentrickfilmtauchte in den zwanziger Jahren fast ganz im Werbe¬<br />
film unter und wurde daher von der Filmkritik nur selten beachtet. Puppen¬<br />
trickfilme waren zumeist das Werk von Einzelgängern und Amateuren bzw.<br />
von kleinen, handwerklich organisierten Studios. Puppen von Künstlerper¬<br />
sönlichkeitenwie z.B. Hannah Hoch, Lotte Pritzel oder Otto Griebel fanden<br />
nicht zum Film; auch die Filmavantgarde schuf keine Puppentrickfilme.Um<br />
1930 hatte sich aber eine erstaunliche Vielfalt von Stilen und Techniken her¬<br />
ausgebildet; dieser kreative Höhepunktbrach nach 1933 ab.<br />
Die ersten Puppentrickfilme von Arthur Melbourne Cooper, Emile Cohl und<br />
Ladislaw Starewitchvon Anfang der 10er Jahre waren auch in Deutschland<br />
bekannt. Der frühesteerhaltene deutsche Puppentrickfilm (ca. 1914?), der<br />
möglicherweise von Oskar Messterproduziert wurde, gibt eine grotesk-über¬<br />
mütige Persiflage des lustige Treibens in einer Kaserne und verrät mit seinem<br />
sich überschlagenden Tempo den Einfluß der Puppentrickfilme von Cooper.<br />
1922 setzte der Werbefilmproduzent Julius Pinschewer,ein begnadeter Ta¬<br />
lente-Entdeckermit einer Nase für filmkünstlerische Trends und ästhetische<br />
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