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Frühling/ Sommer 1998 - Filmblatt

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Verbotene Szenen,manipulierte Filme<br />

Das Deutsche Institut für Filmkunde stellt die Zensurgutach¬<br />

ten der Berliner Oberprüfstelle von 1920 bis 1938 ins Internet<br />

Das Deutsche Institut für Filmkunde (DIF) in Frankfurt am Main beginnt im<br />

<strong>Sommer</strong> damit, einen Großteil der Zensurgutachten, die von der Berliner<br />

Film-Oberprüfstelle zwischen 1920 und 1938 erstellt wurden, über Internet<br />

der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Das Projekt wird aus Mitteln der<br />

Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziert und soll in einem Jahr abge¬<br />

schlossen sein.<br />

Seit Inkrafttreten des Reichslichtspielgesetzes am 12.Mai 1920 mußten in<br />

von den amtlichen Prüfstellen in<br />

Deutschland alle Filme vor ihrer Aufführung<br />

Berlin und München zugelassen werden. Bei Einwendungengegen die Ent¬<br />

scheidungen dieser Stellen konnten die Länder oder die Produzenten die Ber¬<br />

liner Oberprüfstelle, eine Einrichtung des Reichsinnenministeriums,anrufen.<br />

Die Prüfverfahrenzogen sich, wie etwa bei Die freudloseGasse (1925), Pan¬<br />

zerkreuzer Potemkin (1926), Asphalt (1929)oder Kuhle Wampe (1932) oft über<br />

ein Jahr hin. Solange das Prüfverfahrenschwebte, konntendie örtlichen Be¬<br />

verfas¬<br />

- hörden die Aufführung eines beanstandeten Films verbieten eine<br />

sungsrechtlich bedenkliche Praxis, die von einer heftigen Debatte um die No¬<br />

vellierung und zunehmende Verschärfung des Lichtspielgesetzes im Lauf der<br />

zwanziger Jahre begleitet war.<br />

Zensurgutachten zu 844 Filmen sind schon sehr früh in die Sammlung des<br />

DIF eingegangen. Dieser einzigartige Bestand vermittelt einen plastischen<br />

Eindruck von den politischen und moralisch geprägten Auseinandersetzungen<br />

in der ersten deutschen Republik. Die Zensurgutachten der Berliner Oberprüf¬<br />

stelle informieren detailliert, warum und an welchen Stellen die Schere ange¬<br />

setzt wurde und wie Verbote begründet wurden. Sie belegen deutlich den zu¬<br />

nehmenden Rechtsruck im Verlauf der Weimarer Republik.<br />

Aufschlußreich sind auch die Verbote ehedem zugelassenerFilme, die nach<br />

der Machtübernahmeder Nationalsozialisten ausgesprochen wurden.<br />

Die Edition der Prüfdokumente unter http://www.filminstitut.dewird durch<br />

Informationen zum künstlerischenStab der zensuriertenFilme, bibliographi¬<br />

sche Hinweise, Fotos und einzelne, der Schere zum Opfer gefallene Filmse¬<br />

quenzen ergänzt. Ein Essay wird die Prüfpraxis in der Weimarer Republik und<br />

den ersten Jahren des Nationalsozialismus erläutern.<br />

Beabsichtigt ist auch, Fremdbestände aus anderen Archiven in die Edition<br />

einzuarbeiten. Leider konnte die absolute Zahl der Oberprüfstellenurteile bis¬<br />

her noch nicht ermittelt werden.<br />

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