Frühling/ Sommer 1998 - Filmblatt
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- stärkt, daß einige ihrer Filme als volksfremd eingestuft wurden die Existenz<br />
des Studios stand auf dem Spiel. In der Folgezeit verlegtensich die Diehls auf<br />
Märchenverfilmungen. 1936 schufen sie mit dem selbstfinanzierten Film Die<br />
sieben Raben den ersten deutschen abendfüllenden Puppentrickfilm.<br />
Ab 1933/34 waren die Diehls fast die einzigen, die außerhalb des Werbe¬<br />
films Puppentrickfilme herstellten. Im Werbefilm dagegen wurde die Puppen¬<br />
animation weiterhin eingesetzt: Kurt Niele, Kurt Wolfes, gelegentlich auch<br />
Wolfgang Kaskeline bei der Ufa, Rudi Klemm bei der Tolirag, unbekannte<br />
Künstlerbei der Berliner Tiller-Film.<br />
Doppelt so teuer in der Herstellungwie ein Zeichentrickfilm, blieb der Pup¬<br />
penanimationsfilm auch in der Werbung die Ausnahme.Während die Ottos<br />
1929 die Indanthren-Farbstoffemit der Moderne verknüpft hatten,band sie<br />
Wolfgang Kaskeline in Der bunte Tag 1936 an eine traditionelle deutsche<br />
Kleinfamilie, wo Zucht und Ordnung herrschen und die traditionellen Rollen<br />
klar verteilt sind. Dieses biederekonservativeAmbientewird allerdings mit<br />
größtem tricktechnischenAufwand dargestellt: eine sehr bewegliche Kamera¬<br />
führung, wunderbare tiefe Hintergründe und zauberhafteNaturszenen: die<br />
Puppen aber wirken holzschnittartig und ungelenk.<br />
Die unwirklichen,versponnen-phantastischen Fabel-Filme des ab 1920 in<br />
Frankreich arbeitenden Ladislaw Starewitchwaren auch in Deutschland sehr<br />
populär; er wurde vor allem als Romantiker rezipiert. 1937 wurde sein bereits<br />
1930 fertiggestellter abendfüllenderPuppenanimationsfilm Le Roman de<br />
Renard von der Ufa vertontund als Reineke Fuchs in Berlin uraufgeführt.<br />
Um 1942 stellte die Tobis mit John Bull in Nöten den Puppentrickfilmin<br />
den Dienst der antienglischenPropaganda, wobei die Argumentation des Zei¬<br />
chentrickfilms Das Saugetieraus dem 1. Weltkriegwieder aufgenommen wur¬<br />
de, der Großbritannien als raffgierigen imperialistischen Ausbeuter der Welt<br />
vorstellt.<br />
Ab 1936 waren es dann die nur abgefilmten und daher preiswert herzustel¬<br />
lenden Handpuppenfilme(Kasperle-Spiele der Hohnsteiner Puppenspiele von<br />
Max Jacob), die die Puppenanimation weitgehend verdrängten und damit<br />
auch das Aufkommenneuer Animationstalente unterbanden. Hohensteiner<br />
Puppen agierten auch in dem Sparkassen-WerbefilmAm richtigen Fleck<br />
(1943).<br />
Neue Akzente in die kreativ ausgetrocknete deutsche Produktion brachten<br />
erst wieder die im Studio Zlin hergestellten und von der Degeto vertriebenen<br />
Puppentrickfilmevon HerminaTyrlova (Der brave Slim. Abenteuer eines nied¬<br />
lichen Käfers, 1943) und Karel Zeman (Weihnachtstraum,1944). Der brave<br />
Slim endet zudem mit dem erstaunlichenSchlußtitel: „Slim lebt in Freiheit<br />
und im Licht, vergeßt den braven Käfer nicht."<br />
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