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wie aus einer anderen Zeit - Druckservice HP Nacke KG

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Gerichtsrat (mit Katharina Kranemann<br />

zeitgemäß weiblich und mit <strong>einer</strong> verständnisvollen<br />

Note besetzt) zur unangemeldeten<br />

Revision eintreffen, <strong>wie</strong> durchgesickert<br />

ist. Und der Fall, der zu Adams Schrecken<br />

just heute vorgetragen wird, ist die Klage<br />

um einen Krug, den ein Spitzbube der<br />

Frau Marthe (resolut: Martina Wortmann)<br />

zerbrach, als er nächtens Hals über Kopf<br />

durchs Fenster <strong>aus</strong> dem Zimmer von deren<br />

Tochter Eve (zerrissen: Elisabeth Wahle)<br />

fl oh. Was in dieser Nacht geschehen ist und<br />

warum, wer welche Rolle in dem dörfl ichen<br />

Drama spielte, <strong>wie</strong>so des Dorfrichters<br />

Perücke sich im Staket vor Eves Zimmer<br />

<strong>wie</strong>derfand und woher seine Scharten<br />

rühren, will die Gerichtsrätin zunehmend<br />

energisch her<strong>aus</strong>fi nden, während Adam<br />

alles tut, um – wir wissen <strong>wie</strong>so – zu<br />

verhindern, daß die Wahrheit ans Licht<br />

kommt und sein Schreiber Licht (süffi sant<br />

intrigant: Alexander Bangen) des Richters<br />

Lügen scheinbar unabsichtlich ad absurdum<br />

führt.<br />

Unter Ingeborg Wolffs Hand (sie hat<br />

im Laufe ihrer Sch<strong>aus</strong>pielkarriere sowohl<br />

die Marthe als auch die Brigitte verkörpert)<br />

ist dem bis in die Haarspitzen motivierten<br />

Ensemble eine hinreißende Aufführung<br />

gelungen, unterstützt von Iljas Enkaschews<br />

bis ins i-Tüpfelchen durchdachtem Bühnenbild.<br />

Die behutsame Anpassung des<br />

Kleistschen Textes istStefan Hüfner ohne<br />

Eingriff in Kleists Intention hervorragend<br />

gelungen, und der Regieeinfall, in Schlüsselmomenten<br />

das Bild anzuhalten, es in<br />

das Licht des Gemäldes eines fl ämischen<br />

Meisters zu tauchen, um der Bedeutung<br />

der folgenden Sätze besonders Gewicht zu<br />

verleihen, ist nachgerade genial. Wie Adam<br />

sich bis zur Entdeckung s<strong>einer</strong> Schande<br />

lügenhaft windet, kann besser als von<br />

Robert Cramer kaum gegeben werden,<br />

Alexander Bangen gibt dessen Widerpart<br />

Licht dezent aufdringlich (doch, das geht),<br />

Eves Seelenqual liest man der bezaubernden<br />

Elisabeth Wahle mitfühlend von den zarten<br />

Zügen ab und Katharina Kranemann läßt<br />

zum guten Schluß augenzwinkernd auch<br />

die Fehlbarkeit der hohen Gerichtsrätin<br />

durchscheinen. Abgesehen davon ist ihr<br />

auch der (zerbrochne) Krug zu verdanken,<br />

den Frau Marthe anklagend schwenkt –<br />

Frau Kranemann ist nämlich auch eine<br />

hervorragende Keramikerin. Vergessen wir<br />

nicht die omnipräsente Ragna Gerhardt als<br />

herumgescheuchte Magd Grete, unauffällig,<br />

doch effektiv.<br />

Wie schon oben gesagt: so muß ein<br />

„Krug“ im Sinne Kleists sein. Theater vom<br />

Feinsten. Lesenswert auch das gut gemachte<br />

Programmheft, das Kleist vorstellt und die<br />

Inszenierung griffi g erklärt. Eine Aufführung,<br />

die ich Ihnen sehr ans Herz legen<br />

möchte.<br />

Frank Becker<br />

Termine unter: www.tic-theater.de<br />

v.l.: Bangen, Cramer, Wortmann, Kolbe,<br />

Berenz, Mit d. Rücken z. Publikum: Wahle<br />

Foto Martin Mazur<br />

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