Kein Geld? - GEW
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GASTKOMMENTAR<br />
Eltern wollen den Ganztag<br />
Während in den Köpfen vieler Deutscher<br />
die Schule auch 2010 noch als Halbtagsschule<br />
fest verankert ist, kennen unsere europäischen<br />
Nachbarn Schule überwiegend<br />
als ganztägig organisierte Institution. Bis<br />
vor etwa acht Jahren waren die Ganztagsschulen<br />
in Deutschland mehr oder weniger<br />
bestaunte Exoten. Heute ist das anders.<br />
PISA-Schock und das Investitionsprogramm<br />
Zukunft, Bildung und Betreuung<br />
(IZBB, s. Seite 19) der letzten rot-grünen<br />
Bundesregierung haben die Bildungslandschaft<br />
verändert. Wirtschaft und Politik, eine<br />
neue Elterngeneration, die Familie, Beruf<br />
und Karriere besser vereinbaren will,<br />
machten Druck, Ganztagsschulen<br />
flächendeckend<br />
einzuführen. Der quantitative<br />
Ausbau des Ganztags<br />
legte so in den vergangenen<br />
Jahren ein imponierendes<br />
Tempo vor. Heute<br />
stehen im Schnitt der Bundesländer<br />
für ein knappes<br />
Viertel der Schülerinnen<br />
und Schüler Ganztagsangebote<br />
bereit. Der tatsächliche<br />
Bedarf an Ganztagsplätzen<br />
ist nach allgemei-<br />
ner Einschätzung aber wesentlich<br />
höher.<br />
In der Lehrerschaft und in<br />
Rolf Richter<br />
pädagogischen Fachkreisen registriert man<br />
zudem eine Renaissance reformpädagogischer<br />
Ideen, die ganztägig arbeitende<br />
Schulen mit ihrem größeren Zeitbudget<br />
eher verwirklichen können. Auch die finanziellen<br />
Anreize des Bulmahn-Programmes<br />
IZBB motivierten zahlreiche Schulen, die<br />
eigene Einrichtung in eine ganztägige umzuwandeln.<br />
Dies geschah häufig genug –<br />
trotz widriger Rahmenbedingungen – mit<br />
viel Elan und kreativem Engagement. Die<br />
Landesregierungen legten – ergänzend<br />
zum IZBB – eigene Programme auf. Doch<br />
bei der Umsetzung stießen sie auf große<br />
Hindernisse. Erstaunt stellte man fest, dass<br />
es mit der zeitlichen Ausdehnung eines<br />
Schultages nicht getan war. Überspitzt gesagt:<br />
Allein die Addition der Suppenausgabe,<br />
Hausaufgabenstunde und einiger Arbeitsgemeinschaften<br />
ergab noch keine<br />
Ganztagsschule!<br />
Aus der Verantwortung für die Kinder rückte<br />
die pädagogische Qualität des Ganztags in<br />
den Fokus öffentlichen Interesses. Unter-<br />
2 Erziehung und Wissenschaft 10/2010<br />
richt, individuelle Förderung und professionelles<br />
Konzept unterrichtlicher und außerunterrichtlicher<br />
Zeit (Rhythmisierung) sollten<br />
in einer Institution, in der die Kinder täglich<br />
mehr als sieben Zeitstunden verbringen,<br />
auch höheren Ansprüchen an Professionalität<br />
genügen. Denn: Eltern wollen, dass<br />
man ihre Kinder mehr und besser individuell<br />
fördert. Die Schulen machten bislang nicht<br />
nur aus Unkenntnis zu wenig Gebrauch von<br />
der Chance, das „Mehr an Zeit und Raum“<br />
flexibler zu handhaben. Ebenso vergaß man<br />
in den Ministerien und Ämtern, nötige Veränderungen<br />
des pädagogischen Berufsbildes<br />
anzustoßen sowie Möglichkeiten zu<br />
schaffen, den Arbeitsplatz von<br />
Lehrkräften sowie Schülerinnen<br />
und Schülern neu zu gestalten.<br />
Anders arbeiten, anders<br />
lernen ist vielerorts noch<br />
Utopie. Auch die G8-Schulen<br />
als quasi „Zwangsganztagsschulen“<br />
sind im Grunde ein<br />
Etikettenschwindel. Damit ist<br />
allerdings noch nicht das<br />
ganze Spektrum pädagogischer<br />
Ansprüche an Ganztagsschulen<br />
umrissen.<br />
Es mangelt im Ganztagsbetrieb<br />
häufig am alles entscheidenden<br />
Faktor Personal.<br />
Doch den Kommunen und den<br />
Ländern fehlt nicht nur das <strong>Geld</strong>. Sondern<br />
häufig auch die Einsicht in den Wert wirklicher<br />
Professionalität. Noch immer wird zu<br />
sehr auf die Kooperation mit Vereinen und<br />
auf freiwillige, ehrenamtliche oder gering<br />
honorierte Mitarbeit – also die Billiglohnvariante<br />
– gesetzt. Unsere Kinder sind aber<br />
ein zu kostbares „Kapital“, um sie auf diese<br />
Weise „abzuspeisen“. Deshalb ist es Zeit,<br />
dass Politik den Ganztag finanziell besser<br />
ausstattet. Und damit zeigt, dass sie zusätzliche<br />
pädagogische Fachkräfte nicht<br />
nur als notwendig ansieht, sondern diese<br />
auch wertschätzt.<br />
Trotz der Mängel: Der Trend und die Motivation<br />
Pro-Ganztagsschule sind ungebrochen.<br />
Mütter und Väter wollen den Ganztag.<br />
Die politisch Verantwortlichen kommen<br />
deshalb nicht umhin, weitere Reformen<br />
umzusetzen und dafür auch das <strong>Geld</strong><br />
bereitzustellen.<br />
Rolf Richter, stellvertretender<br />
Bundesvorsitzender<br />
des Ganztagsschulverbandes GGT e.V.<br />
Foto: Privat<br />
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des Monats<br />
Seite 5<br />
Mitmachen bringt Genuss und „frischen<br />
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Impressum<br />
Erziehung und Wissenschaft<br />
Allgemeine Deutsche Lehrerzeitung · 62. Jg.<br />
Herausgeber: Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft<br />
im Deutschen Gewerkschaftsbund.<br />
Vorsitzender: Ulrich Thöne.<br />
Redaktion: Ulf Rödde (verantwortlich),<br />
Helga Haas-Rietschel.<br />
Redaktionsassistenz: Renate Körner.<br />
Postanschrift der Redaktion:<br />
Reifenberger Straße 21, 60489 Frankfurt a. M.,<br />
Telefon (0 69) 7 89 73-0, Telefax (0 69) 7 89 73-202.<br />
Internet: www.gew.de<br />
Redaktionsschluss ist der 10. eines jeden Monats.<br />
Erziehung und Wissenschaft erscheint elfmal jährlich, jeweils<br />
am 5. des Monats mit Ausnahme der Sommerferien.<br />
Gestaltung: Werbeagentur Zimmermann,<br />
Heddernheimer Landstraße 144, 60439 Frankfurt<br />
Druck: apm AG, Kleyerstraße 3, 64295 Darmstadt.<br />
Für die Mitglieder ist der Bezugspreis im Mitgliedsbeitrag<br />
enthalten. Für Nichtmitglieder beträgt der Bezugspreis<br />
jährlich Euro 7,20 zuzüglich Euro 11,30 Zustellgebühr inkl.<br />
MwSt. Für die Mitglieder der Landesverbände Bayern,<br />
Berlin, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern,<br />
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ISSN 0342-0671