«Wenn Ideen Gestalt annehmen» - Priora Gruppe
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Wie nachhaltig ist der<br />
Nachhaltigkeitstrend?<br />
Das Wort «nachhaltig» hat sich zu einem beliebten Adjektiv entwickelt.<br />
Nachhaltige Landwirtschaft, nachhaltiger Tourismus, nachhaltiges<br />
Bauen, und nicht zuletzt nachhaltiges Wachstum sind zu starken<br />
und lauten Schlagworten geworden. Der Begriff wird geradezu inflationär<br />
und beliebig verwendet. Dabei liegt der Ursprung, zumindest<br />
wird er diesem zugerechnet, einem simplen und logischen Prinzip aus<br />
der Forstwirtschaft zugrunde – dem forstwirtschaftlichen Prinzip,<br />
dass nicht mehr Holz gefällt werden darf als jeweils nachwachsen<br />
kann. Was die Nichtbeachtung dieser einfachen Weisheit zur Folge<br />
hat, ist am Beispiel Island hautnah zu sehen.<br />
Ins breite Bewusstsein der Bevölkerung getreten ist in den vergangenen<br />
50 Jahre die Nachhaltigkeitsdiskussion 1972 mit der Studie «Grenzen des<br />
Wachstums», des Clube of Rome, welche auf das nahe Ende der Ölressourcen<br />
aufmerksam machte. Die Erdölvorräte versiegten nicht im prognostizierten<br />
Ausmass und die Befürchtungen wurden im Zuge des Wachstums<br />
als Panikmache abgetan. Die folgende Wirtschaftskrise liess die Diskussion<br />
rasch verstummen. Wieder aufgeflammt ist die Diskussion 1995 mit dem<br />
Buch «Kurswechsel», welches vom World Business Council for Sustainable<br />
Development und unter massgeblicher Beteiligung von Stephan Schmidheiny<br />
publiziert wurde und für weltweite Aufmerksamkeit sorgte. Klimawandel,<br />
2000-Watt-Gesellschaft sind die jüngsten Schlagworte in der Diskussion.<br />
Und es scheint, dass ein echter Wandel im Klimabewusstsein stattfindet.<br />
Unternehmen versprechen sich handfeste ökonomische Vorteile. Coop wirbt<br />
zum Beispiel als nachhaltigster Detailhändler der Welt. Neue gewerbliche Immobilien<br />
kommen kaum noch ohne entsprechende Nachhaltigkeitslabels auf<br />
den Markt. Es ist Bewegung in die Nachhaltigkeitsbewegung gekommen.<br />
OHNE LABELS GEHT ES NICHT<br />
So wie sich Labels im Qualitätsmanagement durchgesetzt haben, dokumentieren<br />
Umwelt- und Nachhaltigkeitslabels die Einhaltung von Standards.<br />
Ob wir wollen oder nicht, können wir uns dieser Entwicklung nicht<br />
verschliessen – und dies ist auch gut so. Jede Entwicklung benötigt Standards<br />
und Vergleichsmöglichkeiten als Ansporn.<br />
Die Vorreiterrolle in der Schweiz gebührt dem Verein MINERGIE. 1995, im<br />
Gründungsjahr, wurde bereits das erste Bauobjekt in Kölliken AG realisiert.<br />
Anfangs noch stark belächelt und etwas für die sogenannten «Alternativen»<br />
bestimmt, hat sich das Label mittlerweile zu einem nationalen<br />
Standard entwickelt.<br />
Besonders kontroverse Diskussionen löste die für die Zertifizierung geforderte<br />
kontrollierte Wohnraumlüftung auf. Nun, 15 Jahre später und nach<br />
über 25 000 zertifizierten Gebäuden, ist Minergie ein fester Bestandteil der<br />
Schweizer Baukultur. Die Gesetzgebung hat sich in der Zwischenzeit immer<br />
mehr den neuen Standards angepasst und auch wer die Wohneigentumsannoncen<br />
durchschaut, wird kaum noch ein Neubaugebäude ohne<br />
Minergie-Standard finden.<br />
Zunehmende Konkurrenz erwacht dem Label Minergie nun durch ausländische<br />
Labels wie DGNB (Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen) oder<br />
12 <strong>Priora</strong> View | September 2012<br />
LEED (Leadership in Energy and<br />
Environmental Design), BREEAM<br />
(Building Research Establishment<br />
Environmental Assessment Method)<br />
und weitere. Diese sind vor<br />
allem für international operierende<br />
Investoren interessant welche<br />
einen weltweit gültigen Standard<br />
suchen. Im Geschäftsflächenmarkt<br />
dürfte eine Verlagerung<br />
von Minergie hin zu ausländischen<br />
Labels infolge der Globalisierung<br />
unausweichlich sein.<br />
Dabei scheint LEED, eine der am<br />
schnellsten wachsenden Labels<br />
mit weltumspannender Ausstrahlung,<br />
zu den bevorzugten Labels<br />
zu gehören. Im Wohneigentum<br />
dürfte die Marke Minergie nach<br />
wie vor seine führende Stellung in<br />
der Schweiz verteidigen.<br />
WO BLEIBT DIE GANZHEIT-<br />
LICHE BETRACHTUNG?<br />
In der ganzen Nachhaltigkeitsdiskussion<br />
liegt der Fokus<br />
klar auf CO 2 -Reduktion und<br />
Ressourcenschonung. Dies ist<br />
auch, zugegebenermassen, die<br />
effektivste Massnahme, um unseren<br />
Ressourcenverbrauch zu<br />
senken. Zwangsläufig stellen<br />
sich dabei aber auch Fragen<br />
über Kosten, Wirtschaftlichkeit,<br />
Amortisation wie auch<br />
Firmitas<br />
TNT in Holland hat sich zum Ziel gesetzt,<br />
das nachhaltigste Bürogebäude der Welt zu<br />
bauen. Der Fokus liegt einerseits auf einem<br />
hohen Recyclinganteil – 60 Prozent des Gebäudes<br />
war schon einmal in Gebrauch – und<br />
andererseits auf flexiblen, arbeitsfreundlichen<br />
(Grossraum-) Büros.<br />
über Architektur. All diese Themen unter einen Hut zu bringen, bedeutet<br />
nachhaltiges Bauen. Die ökologischen Anforderungen mit den<br />
wirtschaftlichen Anforderungen – Kosten-Nutzen-Erwägungen müssen<br />
erlaubt sein – wie letztendlich auch in Anbetracht der Langlebigkeit von<br />
Gebäuden und deren gesellschaftliche Prägung und Relevanz, sind in<br />
einem Nebeneinander zu berücksichtigen – eine Zielsetzung mit vielen<br />
inneren Widersprüchen. Die Herausforderung besteht nicht in einer Nivellierung<br />
auf Mittelmass zu enden, sondern ein Gesamtpaket zu schnüren,<br />
welches im besten Sinne nachhaltig ist.<br />
DIE ALTEN RÖMER KANNTEN DAS NACHHALTIGE BAUEN<br />
Um eine ganzheitliche Betrachtungsweise haben sich immer wieder Baumeister<br />
in allen Epochen gekümmert. So hat zum Beispiel der berühmte<br />
römische Baumeister Marcus Vitruvius Pollio («Vitruv») eine ganzheitliche<br />
Sichtweise vertreten. Ein Gebäude hat nach den vitruvianischen<br />
Anforderungen drei Maximen zu genügen; der Firmitas (Festigkeit), der