Moxifloxacin - Medahead
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Februar 2006 S u p p l e m e n t u m<br />
Univ.-Prof. Dr. Werner Aberer<br />
Prim. Univ.-Doz. Dr. Rupert Koller<br />
Univ.-Prof. Dr. Robert Krause<br />
Prim. Univ.-Prof. Dr. Helmut Mittermayer<br />
Univ.-Prof. Dr. Franz Trautinger<br />
Prim. Univ.-Prof. Dr. Christoph Wenisch<br />
Vorsitz<br />
Univ.-Prof. Dr. Florian Thalhammer<br />
<strong>Moxifloxacin</strong><br />
Neue Aspekte in der<br />
Therapie schwerer Haut-<br />
& Weichteilinfektionen<br />
Einleitung<br />
Das Viertgenerationschinolon <strong>Moxifloxacin</strong> (Avelox®)<br />
erhielt im Sommer 2005 die Zulassung für die Indikation<br />
schwerer Haut- und Weichteilinfektionen. Ziel dieser<br />
Expertise, basierend auf einem Experten-Meeting<br />
vom 12. Oktober 2005, ist ein kurzer Überblick unter<br />
Bezugnahme der erstmaligen Möglichkeit ein breit<br />
wirksames Chinolon bei Haut- und Weichteilinfektionen<br />
einsetzen zu können.<br />
1. Epidemiologie<br />
Das Spektrum von Haut- und Weichteilinfektionen<br />
umfasst eine große Anzahl unterschiedlicher Infektionen<br />
(Abb.1), deren Verlauf von harmlos bis foudroyant<br />
reicht. Epidemiologische Daten sind nur spärlich vorhanden.<br />
Die Impetigo kommt überwiegend bei Kindern,<br />
das Erysipel bei Erwachsenen vor.<br />
Lediglich für das Diabetische Fußsyndrom (DFS) gibt<br />
es entsprechende Daten: Diabetiker haben ein<br />
50-fach höheres Risiko für Haut- und Weichteilinfektionen.<br />
Bei jedem 10. Diabetiker müssen Extremitäten<br />
amputiert werden, was 70% aller Amputationen ent-
Univ.-Prof.<br />
Dr. Florian Thalhammer<br />
Klin. Abt. für Infektionen und<br />
Chemotherapie, KIM 1, Wien<br />
Abb.1: Anatomie der Haut<br />
Epidermis<br />
Dermis oder<br />
Corium<br />
Subcutis<br />
Fascie<br />
Muskel<br />
Impetigo<br />
Ecthyma<br />
Erysipel<br />
Folliculitis<br />
spricht. Zirka ein Drittel der Therapiekosten bei dieser<br />
Patientengruppe wird für die Behandlung des DFS aufgewendet.<br />
2. Diagnostik<br />
Furunkel, Furunkulose<br />
Karbunkel<br />
Cellulitis<br />
Abszess<br />
Panniculitis<br />
Nekrotisierende<br />
Fasciitis<br />
Nekrotisierende<br />
Fasciitis<br />
Myositis<br />
Univ.-Prof.<br />
Dr. Werner Aberer<br />
Universitätsklinik für Dermatologie<br />
und Venerologie, Graz<br />
In der Diagnostik der Haut- und Weichteilinfektionen<br />
spielen Anamnese, Klinik und Labor eine zentrale Rolle.<br />
Eine Blutkultur ist bei Verdacht auf eine schwere Infektion<br />
und/oder Fieber über 38 Grad Celsius sowie bei Vorliegen<br />
von mindestens zwei SIRS (Systemic Inflammatory<br />
Response Syndrome)-Kriterien obligat. Prinzipiell sollte<br />
bei schweren Infektionen immer der Versuch unternommen<br />
werden, einen Erregernachweis zu führen. Dies<br />
ist besonders beim DFS mit einer Begleitosteomyelitis<br />
wichtig.<br />
Als Goldstandard gilt die Wundbiopsie oder Nadelaspiration<br />
vom Wundrand bzw. Wundgrund. Erforderlich sind<br />
eine semiquantitative oder quantitative Auswertung<br />
(Keimzahlen über 10 5 Bakterien/g Gewebe gehen mit<br />
einer erhöhten Sepsis-Wahrscheinlichkeit einher) sowie<br />
das Antibiogramm der relevanten Keime.<br />
Bei frühen akuten Wunden dominiert die Hautflora mit<br />
überwiegend grampositiven Erregern, bei Auftreten von<br />
Infektionen finden sich überwiegend S. aureus und<br />
beta-hämolysierende Streptokokken. Bei chronischen<br />
Wunden, beginnend nach vier Wochen, kann eine<br />
Seite 2 | Supplementum, Februar 2006<br />
Oberflächliche<br />
Weichteilinfektionen<br />
Tiefe<br />
Weichteilinfektionen<br />
Prim. Univ.-Doz.<br />
Dr. Rupert Koller<br />
Abteilung für Plastische<br />
Chirurgie, Wilhelminenspital,<br />
Wien<br />
Univ.-Prof.<br />
Dr. Robert Krause<br />
Medizinische Universitätsklinik,<br />
Graz<br />
Infektion mit gramnegativen Keimen (Proteus,<br />
E. coli, Klebsiella) auftreten. Bei lokaler Verschlechterung,<br />
Diabetes mellitus oder arterieller Verschlusskrankheit, ist<br />
auch an Anaerobier und eine polymikrobielle Infektion zu<br />
denken. Die zwei wichtigsten Erreger sind somit Streptococcus<br />
pyogenes (beta-hämolysierende Streptokokken<br />
der Gruppe A) und Staphylococcus aureus. Im modernen<br />
Wundmanagement ist die Dokumentation der Wunde mittels<br />
Digitalfotografie Standard. Der Einsatz radiologischer<br />
Verfahren richtet sich nach der Klinik, ist jedoch bei Verdacht<br />
auf Osteomyelitis obligat.<br />
3. Pharmakologie, Pharmakokinetik<br />
und -dynamik von <strong>Moxifloxacin</strong><br />
<strong>Moxifloxacin</strong> verfügt über die für Fluorchinolone charakteristische<br />
Wirkung gegen gramnegative Keime sowie<br />
im Vergleich zu den Fluorchinolonen II/III zusätzlich über<br />
Tab.1: Antimikrobielle Aktivität von<br />
<strong>Moxifloxacin</strong> (MHK90 [mg/l])<br />
S. pneumoniae<br />
S. pyogenes<br />
S. milleri<br />
MSSA<br />
MRSA<br />
S. epidermidis<br />
L. monocytogenes<br />
B. fragilis Gruppe<br />
Fusobacterium spp.<br />
P. magnus<br />
Prevotella spp.<br />
C. perfringens<br />
H. influenzae<br />
M. catarrhalis<br />
B. pertussis<br />
B. parapertussis<br />
E. coli<br />
Klebsiella spp.<br />
Enterobacter spp.<br />
Proteus spp.<br />
Providencia spp.<br />
M. morganii<br />
P. aeruginosa<br />
S. maltophilia<br />
0,10 – 0,25<br />
0,10 – 0,25<br />
0,06 – 0,25<br />
0,06 – 1<br />
1 – 8<br />
0,06 – 2<br />
0,50<br />
0,25 – 4<br />
0,12 – 1<br />
0,25<br />
0,25<br />
0,25 – 0,5<br />
0,03 – 0,06<br />
0,06 – 0,125<br />
0,016 – 0,06<br />
0,03 – 0,06<br />
0,008 – 1<br />
0,06 – 1<br />
0,06 – 2<br />
0,25 – 2<br />
0,50<br />
0,50<br />
2 – >32<br />
0,50 – 4
Prim. Univ.-Prof.<br />
Dr. Helmut Mittermayer<br />
Institut für Hygiene und<br />
Mikrobiologie, KH der Elisabethinen,<br />
Linz<br />
Univ.-Prof.<br />
Dr. Franz Trautinger<br />
Klin. Abt. für Spezielle<br />
Dermatologie, Universitätsklinik<br />
für Dermatologie, Wien<br />
eine verbesserte Aktivität gegen grampositive und<br />
Anaerobier (MHK90 jeweils zwischen 0,125 und<br />
0,25mg/l). Weiters ist <strong>Moxifloxacin</strong> zusätzlich auch<br />
gegen „atypische” Erreger wirksam (Tab.1). Das antibakterielle<br />
Spektrum umfasst somit die wichtigsten<br />
Erreger von Haut- und Weichteilinfektionen.<br />
<strong>Moxifloxacin</strong> zeichnet sich durch eine ausgezeichnete<br />
Bioverfügbarkeit, eine niedrige Proteinbindung, eine<br />
lange Halbwertszeit und eine duale Ausscheidung<br />
über Leber (61%) und Niere (35%) aus, sodass keine<br />
Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz notwendig ist<br />
(Tab.2). Es bestehen keine Wechselwirkungen mit<br />
dem Cytochrom P450.<br />
Tab.2: Pharmakokinetische Kenngrößen<br />
von <strong>Moxifloxacin</strong><br />
- Orale Bioverfügbarkeit: 90%<br />
- Plasmaproteinbindung: ca. 40%<br />
- Halbwertszeit: 10 bis 16 Stunden<br />
- Cmax: 3,1 mg/l nach 400mg p.o.<br />
4,1 mg/l nach 400mg i.v.<br />
- AUIC*: 192-400<br />
- Keine Wirkverluste durch gleichzeitige Nahrungsaufnahme<br />
- Reduzierte Resorption bei gleichzeitiger Gabe<br />
von Antazida und Eisenpräparaten (Zeitabstand von sechs<br />
Stunden erforderlich)<br />
- Keine klinisch relevanten Interaktionen mit<br />
Glibenclamid oder oralen Kontrazeptiva<br />
*Area under the inhibitory time curve<br />
Im Gewebe erzielt <strong>Moxifloxacin</strong> hohe Gewebespiegel<br />
(Knochen 4,6mg/l, subkutanes Gewebe 7,9mg/l und<br />
Muskel 9,0mg/l), wobei kein signifikanter Unterschied<br />
zwischen gesundem und inflammiertem Gewebe<br />
besteht. Aufgrund der rascheren und höheren Anflutung<br />
sollte zumindest die erste Dosis von <strong>Moxifloxacin</strong><br />
intravenös verabreicht werden (Abb.2). Bei entsprechender<br />
Notwendigkeit kann die gesamte Therapie mit<br />
<strong>Moxifloxacin</strong> als ambulante parenterale Antibiotikatherapie<br />
(APAT) erfolgen. In klinischen Studien an Patienten<br />
mit komplizierten Haut- und Weichteilinfektionen<br />
betrug die durchschnittliche Dauer der intravenösen<br />
Behandlung 6 Tage, bei einer gesamten durchschnittlichen<br />
Behandlungsdauer von 13 Tagen. Auf die intravenös<br />
eingeleitete Behandlung folgt eine orale Weiterbehandlung<br />
mit <strong>Moxifloxacin</strong> 400mg Filmtabletten.<br />
Wie bei allen Chinolonen wird das beste Ergebnis<br />
erzielt, wenn die Fläche unter der Hemmkonzentrationszeitkurve<br />
(AUIC = AUC24h/MHK) größer als 125<br />
Prim. Univ.-Prof.<br />
Dr. Christoph Wenisch<br />
4. Med. Abteilung mit Infektions-<br />
und Tropenmedizin<br />
SMZ-Süd, Wien<br />
Abb.2: Anflutung von <strong>Moxifloxacin</strong> i.v.<br />
im Vergleich zu <strong>Moxifloxacin</strong> oral<br />
Plasma-Konzentration in μg/L<br />
<strong>Moxifloxacin</strong> i.v. <strong>Moxifloxacin</strong> oral<br />
5000<br />
4500<br />
4000<br />
3500<br />
3000<br />
2500<br />
2000<br />
1500<br />
1000<br />
500<br />
0<br />
0 0,25 0,5 0,75 1 1,25 1,5 1,75 2<br />
Zeit in Stunden<br />
Quelle: Stass H.; Data on file<br />
(klin. Erfolgsrate 80 – 82%) bzw 175 (klin. Erfolgsrate<br />
98%) ist. In zahlreichen Studien konnte gezeigt werden,<br />
dass dieser Wert ein optimales klinisches Ergebnis<br />
bedeutet und die Resistenzentwicklung minimiert.<br />
Das Nebenwirkungsprofil von <strong>Moxifloxacin</strong> entspricht<br />
weitgehend jenem von Ciprofloxacin mit primär<br />
gastrointestinalen Störungen, wie bei den meisten<br />
Antibiotika, gelegentlichen zentralnervösen Nebenwirkungen<br />
sowie sehr selten QT-Intervallverlängerungen.<br />
Auch nach mehrjährigem Einsatz sind im Gegensatz zu<br />
anderen neuen Chinolonen keine negativen Überraschungen<br />
aufgetreten.<br />
4. Klinik, Diagnose und Therapie<br />
von Haut- und Weichteilinfektionen<br />
Die Einteilung der Haut- und Weichteilinfektionen<br />
(Skin and Skin Structure Infections) kann nach ätiologischen<br />
und morphologischen (Abb.3) Aspekten erfolgen<br />
(Abb.1). Gemäß der FDA-Richtlinie von 1998 sind<br />
schwere Haut- und Weichteilinfektionen wie folgt definiert:<br />
(1) größere chirurgische Intervention wie Débridement,<br />
Abszessdrainage oder Entfernen von Fremdkörpern<br />
sind notwendig, (2) es sind tiefer gelegene<br />
Weichteilgewebe, Faszien und/oder Muskelschichten<br />
betroffen, (3) der Patient leidet an schweren Grundkrankheiten<br />
wie Diabetes mellitus, Alkoholismus,<br />
Krebserkrankung, immunsuppressiver Therapie, Neutropenie<br />
oder Organtransplantation sowie (4) auf-<br />
Supplementum, Februar 2006 | Seite 3
grund des Schweregrades der Infektion.<br />
Schwere, lebensbedrohliche Weichteilinfektionen<br />
kommen selten vor und schreiten meist akut und<br />
destruierend fort. Organversagen droht frühzeitig.<br />
Eintrittspforten sind hämatogen, Bagatelltraumen,<br />
Operationswunden und Injektionsstellen, (selten) entzündete<br />
periurethrale Drüsen und perianale Infektionen.<br />
Meist handelt es sich hier um Mischinfektionen<br />
mit grampositiven Erregern, Anaerobiern und Enterobakterien,<br />
wobei eine synergistische Potenzierung der<br />
Virulenz auftreten kann. Hierbei sind therapeutisch<br />
ein sofortiges radikales Débridement, eine frühzeitige<br />
systemische Antibiotikagabe und intensivmedizinische<br />
Betreuung notwendig.<br />
4.1. Erysipel<br />
Die Klinik des Rotlaufs zeichnet sich durch Fieber und<br />
einen reduzierten Allgemeinzustand aus. Erysipele<br />
können in jeder Lokalisation auftreten, betreffen aber<br />
meist die Unterschenkel. Die Rötung ist meist scharf<br />
begrenzt und die Extremität ist überwärmt. Im Labor<br />
finden sich eine Leukozytose sowie ein erhöhtes Creaktives<br />
Protein (CRP). Für die Diagnose ausschlaggebend<br />
sind die typische Klinik und die Anamnese.<br />
Als prädisponierende Faktoren sind die venöse Insuffizienz,<br />
pAVK, Lymphödeme, Diabetes mellitus, ein<br />
vorangegangenes Erysipel und Paresen zu nennen.<br />
Verursacht wird das Erysipel typischerweise von<br />
Streptococcus pyogenes, selten im Rahmen einer<br />
Mischinfektion mit Staphylococcus aureus.<br />
Die antimikrobielle Therapie der Wahl ist Penicillin<br />
G 3 x 10 Mio. IE i.v. über 10 Tage; bei Progredienz<br />
oder Penicillinallergie ist <strong>Moxifloxacin</strong> über 7 bis 10<br />
Tage eine mögliche Alternative. Bei einem schweren<br />
Erysipel richtet sich die Therapiedauer nach Ansprechen,<br />
Lokalbefund und Grundkrankheit. Neben der<br />
Antibiotikagabe sind die Ruhigstellung und das Hochlagern<br />
der Extremität zum Abfluss des Lymphödems<br />
wichtig.<br />
4.2. Phlegmone<br />
Abb.3: Morphologische Einteilung der Haut- und Weichteilinfektionen<br />
unkomplizierte SSSI*<br />
oberflächliche SSSI<br />
Impetigo<br />
Ecthyma<br />
tiefe SSSI<br />
Erysipel<br />
Cellulitis<br />
Haarfolikel<br />
Follikulitis<br />
Furunkulose<br />
Abszesse<br />
Karbunkel<br />
komplizierte SSSI*<br />
sekundäre Infektionen<br />
akute Wundinfektionen<br />
traumatisch<br />
nach Tierbiß<br />
post-OP<br />
chron. Wundinfektionen<br />
Diabetisches Fußsyndrom<br />
venöser Ulkus<br />
Druckstellen<br />
Perianalabszesse<br />
schwere Grundkrankheit**<br />
Impetigo<br />
Erysipel – Cellulitis<br />
Abszesse<br />
Phlegmone<br />
Die Phlegmone imponiert klinisch durch Fieber, einen<br />
reduzierten Allgemeinzustand, Schmerzen und Überwärmung.<br />
Die Infektion zeichnet sich durch eine<br />
unscharf begrenzte Rötung mit diffuser Schwellung<br />
aus. Eine entsprechende Leukozytose sowie ein<br />
erhöhtes CRP sind zu finden. Gefürchtet sind Komplikationen<br />
wie Sepsis oder nekrotisierende Fasziitis.<br />
Für die Diagnose ausschlaggebend sind die typische<br />
Klinik und die Anamnese. Eine mögliche Operationsindikation<br />
ist mit dem Chirurgen abzuklären. Bei klinischer<br />
Indikation muss inzidiert werden. Die Phlegmone<br />
wird durch Streptokokken und durch Staphylococcus<br />
aureus verursacht.<br />
Die Therapie besteht aus einer chirurgischen Sanierung<br />
sowie einer hochdosierten Antibiotikatherapie<br />
über 7 bis 10 Tage bzw. nach klinischem Ansprechen.<br />
Zum Einsatz kommen Penicillinase-feste Penicilline,<br />
Nekrotisierende Fasziitis<br />
polymikrobielle Fasziitis (Typ I)<br />
Fournier’sche Gangrän<br />
nekrot. Cellulitis & Fasziitis<br />
Streptokokkengangrän (Typ II)<br />
V. vulnificus – Fasziitis<br />
Myonekrose<br />
„knisternde” Myonekrose<br />
Clostridien bed. Myonekrose<br />
(traumatische und atraumatische<br />
Gangrän)<br />
„nicht-knisternde” Myonekrose<br />
Streptokokkengangrän mit<br />
Myonekrose<br />
A. Hydrophila – Myonekrose<br />
* Skin and Skin Structure Infections<br />
** laut Definition wird eine unkomplizierte SSSI<br />
bei schwerer Grundkrankheit zur komplizierten SSSI<br />
Seite 4 | Supplementum, Februar 2006
<strong>Moxifloxacin</strong>: Schwere Haut- & Weichteilinfektionen<br />
Cephalosporin III/IV + Penicillin, Clindamycin, Fusidinsäure,<br />
Linezolid oder <strong>Moxifloxacin</strong>, wobei für letzteres<br />
aufgrund der einmal täglichen Applikation u.U. kein<br />
zentraler Venenkatheter notwendig ist.<br />
4.3. Nekrotisierende Fasziitis und Gasbrand<br />
4.3.1. Nekrotisierende Fasziitis<br />
a) 90% Typ I (Mischinfektionen): Fournier'sche<br />
Gangrän, polymikrobielle Weichteilinfektionen<br />
b) 10% Typ II: beta-hämolysierende Streptokokken<br />
4.3.2. Gasbrand<br />
a) clostridiale („knisternde“) Myonekrose<br />
b) nicht-clostridiale („nicht-knisternde“) Myonekrose<br />
Der Gasbrand zeichnet sich durch heftige Schmerzen,<br />
ein teigiges Ödem, eine livid marmorierte Verfärbung,<br />
ein stinkendes, schaumartiges Sekret, eine Muskulatur,<br />
die brüchig, wie „gekocht” ist, sowie ein septisches<br />
Zustandsbild mit akutem Nierenversagen und<br />
Multiorganversagen aus. Zur Diagnose trägt einerseits<br />
die Klinik (Schmerzen) bei, andererseits sind mikrobiologische<br />
Kulturen, Gramfärbung des Blaseninhaltes,<br />
Histologie von Gewebebiopsien sowie bildgebend<br />
eventuell eine MRT bei unklaren oder verdächtigen<br />
Fällen notwendig. Die kurze Inkubationszeit und der<br />
meist foudroyante Verlauf sind ebenso gefürchtet wie<br />
der septische Schock, das Kompartmentsyndrom, die<br />
Gasbildung und die hohe Mortalität von 10 bis 70%<br />
(100% ohne Therapie!).<br />
Als Haupterreger sind Anaerobier v.a. beim Typ I,<br />
Streptokokken bei Typ II, Clostridien und andere Anaerobier<br />
bei Gasbrand bzw. A. hydrophila bei der Pyomyositis<br />
zu erwarten.<br />
Die sofortige Therapie erfordert ein rasches chirurgisches<br />
Vorgehen (Fasziotomie, Débridement von Nekrosen),<br />
eine breite und hochdosierte Antibiotikagabe<br />
sowie eine intensivmedizinische Versorgung. Die Antiinfektivatherapie<br />
besteht beispielsweise aus einer<br />
Kombination von Penicillin G plus Clindamycin; zusätzlich<br />
ausschließlich in Kombination Fosfomycin, alternativ<br />
Linezolid. <strong>Moxifloxacin</strong> ist eine Alternative zu<br />
Penicillin G. Bei einer nekrotisierenden Fasziitis Typ I<br />
ist <strong>Moxifloxacin</strong> zweite Wahl.<br />
4.4. Diabetisches Fußsyndrom (DFS)<br />
Das Spektrum möglicher Komplikationen beim DFS<br />
sind das Erysipel (akut), das Ulkus (chronisch), der<br />
Abszess (akut), die Osteomyelitis (chronisch) und die<br />
Gangrän (trocken/feucht) (Abb.4). In der Diagnostik<br />
kommt der Mikrobiologie (vor allem bei Osteomyelitis)<br />
eine große Bedeutung zu. Die MRT kann zur Verlaufskontrolle<br />
sinnvoll sein.<br />
Das Erregerspektrum besteht überwiegend aus grampositiven<br />
Keimen, gelegentlich gramnegativen Keimen<br />
(20 bis 30%) und selten Anaerobiern (4 bis 15%).<br />
Die Therapieoptionen sind je nach Schweregrad chirurgisches<br />
Débridement und eine nach Klinik und Antibiogramm<br />
des Erregers entsprechende antimikrobielle<br />
Mono- oder Kombinationstherapie (Tab.4). Ulcus cruris<br />
bei venöser Insuffizienz benötigt im Gegensatz zum<br />
Plantarulkus bei DFS keine Antibiotikatherapie, solange<br />
kein begleitender Weichteilinfekt vorliegt.<br />
Bei der Staphylokokken-Therapie sollten empfindliche<br />
Stämme (Methicillin-sensibler Staphylococcus aureus,<br />
MSSA) in erster Linie mit älteren Antibiotika wie Penicillinen<br />
(penicillinasefeste oder in Kombination mit<br />
beta-Laktamase-Inhibitor), Cephalosporinen oder Clindamycin<br />
behandelt werden. Bei Infektionen mit Methicillin-resistenten<br />
Staphylokokken (MRSA) empfehlen<br />
sich in erster Linie Fusidinsäure, Cotrimoxazol, Linezolid<br />
oder Glykopeptide. Zusätzlich kann in Kombinationstherapien<br />
Rifampicin oder Fosfomycin eingesetzt<br />
werden.<br />
Die Therapiedauer richtet sich bei der chronischen<br />
Abb.4: Diabetisches Fußsyndrom<br />
Enstehung und Prädilektionsstellen<br />
1. Schwielenbildung<br />
2. Subepidermale<br />
Blase<br />
3. Hämatom & Abszess<br />
4. Ulcus<br />
INFEKTION<br />
Supplementum, Februar 2006 | Seite 5
<strong>Moxifloxacin</strong>: Schwere Haut- & Weichteilinfektionen<br />
Tab.4: Therapieoptionen bei DFS im Überblick<br />
Ciprofloxacin<br />
Levofloxacin<br />
<strong>Moxifloxacin</strong><br />
Teicoplanin<br />
Ertapenem<br />
Meropenem<br />
Amoxicillin/<br />
Clavulansäure<br />
Bacampicillin<br />
Linezolid<br />
+<br />
±<br />
+<br />
±<br />
±<br />
±<br />
±<br />
Clindamycin<br />
Fusidinsäure<br />
Fusidinsäure<br />
Cotrimoxazol<br />
Rifampicin<br />
Fusidinsäure<br />
<strong>Moxifloxacin</strong><br />
<strong>Moxifloxacin</strong><br />
Ciprofloxacin<br />
Levofloxacin<br />
Osteomyelitis nach dem klinischen Ansprechen, dauert<br />
jedoch erfahrungsgemäß meistens einige Wochen<br />
bis Monate. Ähnliches gilt auch für Weichteilinfekte<br />
beim diabetischen Fuß.<br />
4.5. Chirurgische Indikationen<br />
?<br />
APAT* möglich<br />
Leberfunktionsparameter<br />
kontrollieren!<br />
APAT* möglich<br />
APAT* möglich<br />
Therapieoption bei<br />
ESBL<br />
Therapie des<br />
schweren DFS<br />
*APAT: Ambulant parenterale Antibiotikatherapie<br />
Im postoperativen Einsatz ist die Wirkung von <strong>Moxifloxacin</strong><br />
im Allgemeinen gleichwertig zu Standardmedikationen.<br />
Ein Hauptindikationsgebiet ist das DFS. Bei<br />
Hidradenitis suppurativa lässt es sich, evt. in Kombination,<br />
gut als überbrückende operationsvorbereitende<br />
und perioperative Therapie einsetzen. Ein spezielles<br />
Indikationsgebiet ist die postoperative Prophylaxe<br />
nach Sekundärverschluss oder Spalthauttransplantation<br />
diabetischer Ulzera.<br />
5. Zusammenfassung<br />
<strong>Moxifloxacin</strong> ist herkömmlichen Standardantibiotika in<br />
der Behandlung von Haut- und Weichteilinfektionen<br />
ebenbürtig. Erste Studien zeigen sogar einen schnelleren<br />
CRP-Rückgang als unter Vergleichssubstanzen.<br />
Als Monotherapie ist <strong>Moxifloxacin</strong> zur Therapie des<br />
Erysipel, von Phlegmonen bzw. des leichten diabetischen<br />
Fußsyndroms (DFS) zugelassen. Bei Erysipel<br />
kann es bei Penicillinallergie oder in Fällen, die nicht<br />
oder verzögert auf die Therapie ansprechen, verabreicht<br />
werden. Bei mittelgradigem bis schwerem DFS<br />
mit Osteomyelitis sollte es mit anderen Antibiotika<br />
kombiniert werden. Weiters kann <strong>Moxifloxacin</strong> bei<br />
postoperativen Wundinfektionen, sowie posttraumatischen<br />
Infektionen eingesetzt werden.<br />
Zumindest die erste Gabe sollte nach Möglichkeit<br />
intravenös erfolgen, um rasch eine hohe Konzentration<br />
zu erzielen. Die weitere Therapie kann oral fortgesetzt<br />
werden. Daher ist <strong>Moxifloxacin</strong> hervorragend für<br />
tagesklinische Therapien, für die APAT (Ambulante<br />
parenterale Antibiotikatherapie) und unter anderem<br />
auch für die Behandlung beispielsweise von Drogenpatienten<br />
mit Armphlegmonen geeignet.<br />
IMPRESSUM: Medieninhaber (Verleger) und Herausgeber: Österreichische Ärztekammer, Verlagshaus der Ärzte GmbH., Nibelungengasse 13, A-1010 Wien,<br />
Mit der Herausgabe betraut: Mag. Martin Stickler, Tel.: 01/5124486, Fax: 01/5124486-24, E-Mail: presse.verlag@oak.at; Chefredaktion: Mag. Reinhard<br />
Hampl, Dr. Agnes M. Mühlgassner; Verlagsleitung ÖÄZ, Anzeigenleitung: Ulrich P. Pachernegg DW 18;<br />
In Kooperation mit: MEDahead Gesellschaft für medizinische Information GmbH. (Redaktionelle Umsetzung), Davidgasse 87-89, A-1100 Wien,<br />
Tel.: 01/6070233, Geschäftsführung: Karl Buresch, Chefredaktion: Dr. Monika Steinmaßl-Wirrer; Für den Inhalt dieser Ausgabe verantwortlich: Univ.-Prof.<br />
Dr. Florian Thalhammer, Univ.-Prof. Dr. Werner Aberer, Prim. Univ.-Doz. Dr. Rupert Koller, Univ.-Prof. Dr. Robert Krause, Prim. Univ.-Prof. Dr. Helmut Mittermayer,<br />
Univ.-Prof. Dr. Franz Trautinger, Prim. Univ.-Prof. Dr. Christoph Wenisch; Layout und DTP: Mag. Nicole Pinteritsch; Fotos: Hans Ringhofer; Auflage: 18.500 Stück;<br />
Nachdruck und Wiedergabe, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlagshauses der Ärzte GmbH oder der MEDahead GmbH;<br />
Mit freundlicher Unterstützung der Firma Bayer.<br />
Seite 6 | Supplementum, Februar 2006