Henn - CallCenterProfi
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Call Center als<br />
Sprungbrett?!<br />
Karriereplanung<br />
Der Werdegang einer klassischen Führungskraft im Call Center fußt<br />
meist nicht auf einer ausgefeilten Karriereplanung – das Gros der Top-<br />
Leute ist eigentlich aus Zufall in die Branche geraten und hat dort sein<br />
Glück gefunden. Von Hängenbleibern und Hocharbeitern.<br />
14 www.callcenterprofi.de 05/2005
05/2005<br />
Foto: Eric Audras/Photo Alto<br />
Mein Gott: Telefonmarketing!<br />
Nicht gerade mein Wunschtraum!“<br />
Das waren die ersten<br />
Gedanken von Kathrin Stapel, als<br />
sie im Jahr 2001 die Nachricht von<br />
ihrem neuen Arbeitgeber Hubert Burda<br />
Media erhielt, dass sie als Stellvertretende<br />
Abteilungsleiterin bei<br />
Burda Direct starten könne. Abteilung:<br />
Telefonmarketing. Dabei hatte<br />
sie sich als Marketing-Fachfrau beworben.<br />
Kathrin Stapel hat in den<br />
vermeintlich sauren Apfel gebissen<br />
– und ist heute die personifizierte<br />
Image-Werbung für die Call Center-<br />
Branche. Fragt man die Leiterin der<br />
elf Burda Direct-Call Center nach ihrer<br />
Arbeit, kommt sie aus dem<br />
Schwärmen gar nicht wieder heraus:<br />
„Sie müssen mit Menschen umgehen<br />
können, Sie müssen schnelle Entscheidungen<br />
treffen, Sie müssen Kunden<br />
zufrieden stellen, Mitarbeiter motivieren,<br />
Sie haben einen großen Gestaltungsspielraum,<br />
Sie müssen jeden<br />
Tag aufs Neue Bestleistung bringen,<br />
Sie können mit einem großen Team<br />
in kürzester Zeit etwas bewegen, und,<br />
was mich besonders froh und stolz<br />
macht: Sie können als Führungskraft<br />
Arbeitsplätze schaffen!“<br />
Führungskraft<br />
mit Leidenschaft<br />
Nur sechs Monate, nachdem die gelernte<br />
Industriekauffrau und Fachkauffrau<br />
für Marketing gestartet war,<br />
übernahm sie die Leitung der Tele-<br />
Sells bei Burda Direct. Die Frau, die<br />
keine spezifische Call Center-Ausbildung<br />
absolviert hat, krempelte die<br />
Burda Direct-Call Center komplett<br />
um: Sie implementierte eine neue Gehaltsstruktur,<br />
neue Controlling-Systeme,<br />
neue Hierarchieebenen, eine<br />
neue Technik, sie baute sechs neue<br />
Standorte im In- und Ausland auf und<br />
schaffte 350 neue Arbeitsplätze: Das<br />
Call Center von Burda Direct wuchs<br />
unter ihrer Leitung von fünf auf elf<br />
Niederlassungen und von 150 auf<br />
heute 500 Mitarbeiter. Aus dem Costwurde<br />
ein Profit Center, das rund<br />
sechs Millionen Nettokontakte im<br />
Jahr abwickelt. Und, nein, Kathrin<br />
Stapel will nicht mehr auf einen Marketingposten.<br />
Sie sagt: „Das, was ich<br />
mache, ist genau das, was ich machen<br />
möchte und nichts anderes. Der<br />
wirklich leidenschaftlich im Call Center<br />
Arbeitende will da gar nicht raus!“<br />
Die Karriere von Kathrin Stapel ist exemplarisch<br />
für die Call Center-Branche:<br />
Führungskräfte geraten oft mehr<br />
oder weniger aus Zufall in die Branche.<br />
Oder sie arbeiten sich vom einfachen<br />
Agent die Karriereleiter hoch:<br />
So hat beispielsweise Irmgard Giordano<br />
1999 in einem Burda Direct-Call<br />
Center als 630-Marks-Kraft angefangen<br />
und avancierte zur Call Center-<br />
Managerin mit einer Personalverantwortung<br />
für rund 100 Agents. Heute<br />
ist sie Leiterin der neuen Consulting-<br />
Abteilung des Unternehmens. Ist das<br />
Call Center ein Karrieresprungbrett,<br />
das auch in andere Marketingdisziplinen<br />
trägt? Wie steigen die Führungskräfte<br />
innerhalb der Branche die Karriereleiter<br />
hoch?<br />
Jutta Hauschke ist Headhunterin bei<br />
der unter anderem auf die Direktmarketing-Branche<br />
spezialisierten<br />
Personalberatung Gramann. Zuallererst,<br />
sagt sie, müsse man bei der Karrierefrage<br />
zwischen Inhouse-Call Centern<br />
und Outsourcern unterscheiden.<br />
Dann müsse differenziert werden, ob<br />
es sich bei dem Inhouse-Call Center<br />
um ein bedeutendes Modul für die<br />
Kundenbetreuung handele oder beispielsweise<br />
nur um ein reines Helpdesk,<br />
das in der IT-Abteilung angesiedelt<br />
ist. Inhouse-Call Center seien<br />
unter Karrieregesichtspunkten nur<br />
dann interessant, wenn sie als strategisches<br />
Bindeglied zwischen Unternehmen<br />
und Kunden betrachtet werden.<br />
Call Center als<br />
Übergangslösung<br />
Generell arbeiten überwiegend Teilzeitkräfte<br />
in der Call Center-Branche<br />
– und die sind zum größten Teil weiblich<br />
und zwischen 20 und 35 Jahre<br />
alt. „Viele sehen ihre Arbeit im Call<br />
Center als Übergangslösung. Die Bezahlung<br />
ist nicht sehr gut, die Bedingungen<br />
sind nicht optimal. Oft handelt<br />
es sich um junge Mütter, die regional<br />
gebunden sind. Oder um Menschen,<br />
die Orchideenfächer studiert<br />
haben und keine Arbeit finden, oder<br />
solche, die ihre Ausbildung oder ihr<br />
Studium abgebrochen haben“, so Jutta<br />
Hauschke.<br />
Wer als Quereinsteiger und ohne Vor-<br />
www.callcenterprofi.de 15<br />
jj
qualifizierung in der Branche arbeitet,<br />
kommt nur schwer wieder heraus,<br />
„kann aber innerhalb der Call<br />
Center eine gewisse Karriere machen“,<br />
so Jutta Hauschke. Grundvoraussetzung<br />
für die Arbeit im Call Center<br />
seien die Kernqualifikationen<br />
Kommunikationsfähigkeit und Dienstleistungsorientierung,<br />
Eigenschaften,<br />
„die man schlecht lernen kann“.<br />
Bringt jemand diese Qualifikationen<br />
mit und ist überdies „pfiffig und engagiert“,<br />
könne er innerhalb des Call<br />
Centers aufsteigen. Mit höherer Vorqualifizierung,<br />
also einer abgeschlossenen<br />
Ausbildung oder einem absolvierten<br />
Studium, steigt laut Jutta<br />
Hauschke die Durchlässigkeit zu den<br />
Marketing- und Vertriebsabteilungen.<br />
Gerade im Vertrieb sind Call Center-<br />
Führungskräfte zunehmend gern gesehen,<br />
bringen sie doch Vertriebsund<br />
Dienstleistungsorientierung mit,<br />
sind zudem stresserprobt und fit in<br />
der Mitarbeiterführung.<br />
Wird ein Inhouse-Call Center neu aufgebaut,<br />
läuft das nach Erfahrungen<br />
von Jutta Hauschke in aller Regel so:<br />
Der Marketing-Verantwortliche erhält<br />
die Aufgabe, das Call Center aufzubauen.<br />
Der braucht dafür Unterstützung<br />
von erfahrenen Leuten und rekrutiert<br />
Profis von den Dienstleistern.<br />
Aber: Weder wird sich der Marketingverantwortliche<br />
selbst in das Call Center<br />
setzen, noch wechselt der rekrutierte<br />
Call Center-Leiter später ins<br />
Marketing.<br />
Drei kurze Fragen an Brancheninsider<br />
Harald <strong>Henn</strong>, Chef von <strong>Henn</strong> Marketing,<br />
zum Thema Karriere im Call Center und<br />
welchen Stellenwert das Call Center<br />
heute bei der Karriereplanung hat:<br />
?<br />
<strong>CallCenterProfi</strong>: Kommt, wer als<br />
Führungskraft einmal<br />
in einem Call Center<br />
gearbeitet hat, dort<br />
auch wieder heraus?<br />
!<br />
<strong>Henn</strong>: Ja: durch Tod,<br />
Rente, Rauswurf oder<br />
hoffentlich irgendwann<br />
auch mal an anderer<br />
Stelle im Unternehmen, wenn man die<br />
Qualitäten der Call Center-Führungs-<br />
Interview<br />
Dienstleistererprobte<br />
Führungskräfte<br />
sind gern gesehen<br />
Call Center-Führungskräfte wechseln<br />
innerhalb der Branche, statt sie zu<br />
wechseln – was, nebenbei bemerkt,<br />
auch in vielen anderen Wirtschaftszweigen<br />
die Regel ist. Die Karriere<br />
entscheidenden Fragen lauten nach<br />
Erfahrung von Tatjana Voß, Beraterin<br />
bei der Hamburger Personalberatung<br />
TGMC: Kommt ein Kandidat aus einem<br />
Inhouse-Call Center oder aus einem<br />
Dienstleistungsunternehmen?<br />
Welche Branchenerfahrung bringt er<br />
mit? Welche Erfahrungen hat er in<br />
der Inbound- oder Outbound-Telefonie?<br />
„Der Wechsel vom Dienstleister<br />
zum Inhouse-Call Center findet sehr<br />
viel häufiger statt als umgekehrt“,<br />
sagt Tatjana Voß. Die dienstleistererprobten<br />
Führungskräfte sind in Konzernen<br />
gern gesehen, weil sie bereits<br />
unter Beweis gestellt haben, dass sie<br />
flexibel, schnell und wirtschaftlich fit<br />
sind. „Sie kennen die Stellschrauben,<br />
an denen man drehen muss, um ein<br />
Call Center profitabel zu führen“, so<br />
Tatjana Voß.<br />
Der Führungskräfte-Wechsel vom Inhouse-Call<br />
Center zum Dienstleister<br />
findet hingegen – wenn überhaupt –<br />
nur dann statt, wenn ein Posten in der<br />
Geschäftsführung lockt. Auch großen<br />
Unternehmensberatungen gelingt es<br />
vereinzelt, einen Call Center-Profi aus<br />
einem Konzern ins Consulting-Gewerbe<br />
zu holen. Ansonsten scheinen<br />
kräfte besser erkennt.<br />
?<br />
<strong>CallCenterProfi</strong>: Existiert eine<br />
Durchlässigkeit zwischen den Abteilungen<br />
Marketing, Vertrieb und Call<br />
Center in Unternehmen?<br />
!<br />
<strong>Henn</strong>: Ins Call Center rein: Ja. Raus<br />
oder wieder zurück klappt bisher<br />
noch nicht so gut.<br />
?<br />
<strong>CallCenterProfi</strong>: Welchen Stellenwert<br />
hat denn das Call Center in<br />
großen Konzernen als Karrierestation?<br />
!<br />
<strong>Henn</strong>: Bisher einen eher untergeordneten.<br />
Man schätzt das Fach-Knowhow,<br />
aber leider noch nicht an anderen<br />
Stellen als im Call Center. Da braucht<br />
es noch Geduld.<br />
sich die Branchenprofis auf Unternehmensseite<br />
aber so wohl zu fühlen,<br />
dass sie ihre meist gut dotierten Jobs<br />
nicht wechseln. Vielleicht liegt es auch<br />
daran, dass die Wahrscheinlichkeit,<br />
über den Call Center-Tellerrand hinausschauen<br />
zu können, in Konzernen<br />
größer ist? Personalberaterin Iris<br />
Gordelik hat die Erfahrung gemacht,<br />
dass es „innerhalb eines Konzerns die<br />
Möglichkeit gibt, in andere Bereiche,<br />
wie etwa das Produktmanagement<br />
oder Marketing, zu wechseln, was bei<br />
einem Outsourcer kaum möglich ist.“<br />
Sie ist davon überzeugt, dass gerade<br />
große Konzerne, die teilweise über<br />
Inhouse-Call Center mit tausenden<br />
Agents verfügen, gute Karrieremöglichkeiten<br />
bieten: „Konzerne wissen<br />
heutzutage um die Notwendigkeit exzellenter<br />
Führungskräfte, die diese<br />
Einheiten kunden- und kostenoptimal<br />
führen können. Sie stellen sehr gerne<br />
Call Center-Manager von Outsourcern<br />
ein, um deren Know-how zu nutzen.<br />
Umgekehrt läuft es oft nicht so bedingungslos.<br />
Aus meiner Sicht ist für eine Call Center-Karriere<br />
der Outsourcer zwar<br />
nicht das einzige, aber meist doch das<br />
bessere Sprungbrett.“ Sollte der Plan<br />
also lauten: Beim Dienstleister starten<br />
und sich dann zu einem Inhouse-<br />
Call Center abwerben lassen? So viel<br />
16 www.callcenterprofi.de 05/2005
Planung ist meist gar nicht im Spiel.<br />
Generell hat der typische Werdegang<br />
einer Call Center-Führungskraft mehr<br />
mit Kismet als mit Kalkül zu tun:<br />
Meist haben sich die heutigen Chefs<br />
und Chefinnen ihre Studienkasse im<br />
Call Center aufgebessert und sind<br />
dann dort hängengeblieben – mit<br />
großem Erfolg.<br />
Zum Beispiel Michael Römer. Der Betriebswirt<br />
ist seit dem 1. Mai dieses<br />
Jahres Call Center-Leiter bei CityCall,<br />
einem Unternehmen der WAZ-Mediengruppe.<br />
Gemeinsam mit einem<br />
Geschäftsführer hat er eine interessante<br />
Aufgabe vor sich: Er soll das vor<br />
fünf Jahren als reines Inhouse-Call<br />
Center gegründete Unternehmen vom<br />
Cost- zum Profit Center wandeln, das<br />
seine Dienste auch externen Kunden<br />
anbietet. Dazu bedarf es verstärkter<br />
Manpower: Noch im Mai zählte City-<br />
Call 40 Agents, im Dezember sollen<br />
es 80 und Ende nächsten Jahres 160<br />
sein. Wie kommt ein studierter<br />
BWLer zu diesem Posten?<br />
Hat er sich schon nach dem Abi fest<br />
vorgenommen, in der Call Center-<br />
Branche Karriere zu machen?<br />
Hängenbleiber &<br />
Hocharbeiter<br />
Der Berufseinstieg von Michael Römer<br />
bestätigt die „Hängenbleiber-<br />
05/2005<br />
jj<br />
Verstärkt setzen Unternehmen im direkten<br />
Kundenkontakt auf professionelle<br />
Communication Center Dienstleistungen.<br />
Nicht selten wird dabei die gesamte<br />
Kundenbetreuung zu spezialisierten<br />
Anbietern ausgelagert.<br />
Die klassische Kundenbetreuung (Inbound-Verkehr)<br />
wird dabei mehr und<br />
mehr um so genannte Outbound-Angebote<br />
ergänzt, d.h. Kunden werden aktiv<br />
angesprochen. „Aktion statt Reaktion“<br />
soll die Kundenbindung erhöhen,<br />
den Absatz steigern und sowohl Marketing-<br />
als auch Verkaufsaktionen einen<br />
zusätzlichen Kommunikationskanal bieten.<br />
Die Herausforderung für viele Call Center:<br />
Der Outbound Service muss mit jedem<br />
Auftraggeber getrennt abgerechnet<br />
werden. Die Zuordnung von Gespräch<br />
zu Auftraggeber ist jedoch nicht oder oftmals<br />
nur mit hohem Aufwand über die<br />
hauseigene TK-Anlage möglich.<br />
Zur Abrechnung jedes einzelnen Auftraggebers<br />
setzen Dienstleister auf eine<br />
effiziente und flexible Lösung über das<br />
Netz und das intelligente Routing von<br />
Arcor. Die TK-Anlage des Call-Centers<br />
ist in diesen Fällen direkt an das bun-<br />
Advertorial<br />
Intelligentes Netz<br />
Einfache Abrechnung<br />
von Outbound Aktionen<br />
Arcor – Ihr Partner<br />
Anja Pillenkamp,<br />
Produktmanagerin Voice<br />
Services der Arcor AG & Co. KG<br />
desweite Festnetz von Arcor angebunden.<br />
Für Outbound-Aktionen wird das<br />
Intelligente Netz von Arcor genutzt über<br />
welches der gesamte Outbound-Verkehr<br />
verursachergerecht erkannt, ausgewiesen<br />
und abgerechnet wird.<br />
Outbound über Arcor:<br />
■ Einfache Abrechnung über getrenntes<br />
Reporting.<br />
■ Neue Auftraggeber können einfach<br />
in vorhandene Strukturen integriert<br />
werden.<br />
Neue Auftraggeber lassen sich über die Arcor-Lösung einfach in die vorhandene<br />
Dienstleister-Struktur einbinden. Sogar einzelne Aktionen und Projekte können problemlos<br />
getrennt werden.<br />
■ Internet Lösungen ■ Service Rufnummern<br />
■ VPN Lösungen ■ Telefonieren mit Arcor<br />
Rufen Sie kostenlos an: 0800 / 20 30 303 NULLTARIF
Theorie“: Während des Studiums hat<br />
der gelernte Bankkaufmann bei Commerz<br />
Service, dem damaligen Call<br />
Center der Commerzbank, gearbeitet<br />
und ist dort nach seinem Abschluss<br />
geblieben, weil seinerzeit der Bereich<br />
der hoch qualifizierten Bankberatung<br />
per Telefon aufgebaut wurde.<br />
TAS Telemarketing hat ihn dann für<br />
ihre neu gegründete Consulting-Abteilung<br />
abgeworben, „die haben mir<br />
eine tolle Perspektive geboten“, sagt<br />
Michael Römer noch heute.<br />
Nachdem TAS an Sykes verkauft worden<br />
war, zählte das Consulting nicht<br />
mehr zur Kernkompetenz des Unternehmens.<br />
Michael Römer wechselte<br />
zum Kabelnetzbetreiber ISH, für den<br />
er als Verantwortlicher für Prozesse<br />
und Qualitätsmanagement das Call<br />
Zitate<br />
Kathrin Stapel, Leiterin der Burda Direct-Call Center.<br />
Center aufbaute. Fazit: Michael Römer<br />
ist einer von den zahlreichen<br />
hoch qualifizierten Führungskräften,<br />
die eigentlich eher aus Zufall in der<br />
Call Center-Branche gelandet sind<br />
und dort eine steile Karriere gemacht<br />
haben.<br />
Hat er je darüber nachgedacht, die<br />
Branche zu wechseln? „Ich habe mich<br />
in den vergangenen elf Jahren sehr<br />
wohl gefühlt und kann mir nicht vorstellen,<br />
die Branche zu wechseln. Ich<br />
habe mir einen roten Faden im Lebenslauf<br />
und Kompetenz erarbeitet<br />
und außerdem ein funktionierendes<br />
Netzwerk aufgebaut, das auch meinem<br />
Arbeitgeber etwas bringt. Warum<br />
sollte ich einen solchen Wissensvorsprung<br />
wieder aufgeben?“, fragt<br />
Michael Römer zurück.<br />
„Das, was ich mache, ist genau das, was ich machen<br />
möchte und nichts anderes. Der wirklich leidenschaftlich<br />
im Call Center Arbeitende will da gar nicht raus!”<br />
Jutta Hauschke, Headhunterin bei Gramann Internationale Personalberatung.<br />
„Kaum jemand wählt für seinen Berufseinstieg bewusst<br />
ein Call Center.”<br />
Tatjana Voß, Beraterin bei Dr. Thieme Gleue und Partner Management<br />
Consulting.<br />
„Ich persönlich würde die Branche nicht wechseln, denn<br />
sie ist immer noch stark expansiv!”<br />
Michael Römer, Call Center-Leiter von CityCall.<br />
„Ich habe mich in den vergangenen elf Jahren sehr wohl<br />
gefühlt und kann mir nicht vorstellen, die Branche zu<br />
wechseln.”<br />
Iris Gordelik, Chefin der Gordelik Contact Consulting Company.<br />
„Aus meiner Sicht ist für eine Call Center-Karriere der<br />
Outsourcer zwar nicht das einzige, aber meist doch das<br />
bessere Sprungbrett.”<br />
„Richtig von unten<br />
angefangen”<br />
Auch Personalberaterin Iris Gordelik<br />
zählt zur Kategorie „Hocharbeiter“:<br />
Sie hat auf verschlungenen Wegen zur<br />
Branche gefunden: Ihre Ausbildung<br />
zur Kürschnerin musste sie wegen einer<br />
Allergie abbrechen, schulte um<br />
zur Industriekauffrau und startete ihre<br />
Karriere bei einem Fachverlag.<br />
Dort kam sie eines schönen Tages auf<br />
die Idee, dass sie die Probe-Abonnenten<br />
ja mal nachtelefonieren könnte.<br />
Der Erfolg war so durchschlagend,<br />
dass sie das Telemarketing für den<br />
Verlag auf- und ausbaute. „Ich habe<br />
richtig von unten angefangen“, sagt<br />
die Autodidaktin heute.<br />
1990 wechselte sie zu TAS Telemarketing<br />
und durchlief in den folgenden<br />
zehn Jahren sämtliche Karrierestufen:<br />
von der Teamleiterin zur Projektleiterin<br />
bis hin zur Call Center-Leiterin.<br />
Ab 1992 war sie in der Geschäftsleitung<br />
verantwortlich für den<br />
TAS Standort in Bochum mit rund<br />
500 Mitarbeitern und wenige Jahre<br />
später dann Director Business Development<br />
bei Sykes Germany. Dann<br />
kam im Jahr 2000 der Wechsel auf<br />
Unternehmensseite: Die Deutsche Telekom<br />
in Bonn holte Iris Gordelik in<br />
die Geschäftsleitung, wo sie das Produktmanagement<br />
für die Datenredaktion<br />
und Operator-Services und somit<br />
rund 5 000 Mitarbeiter und ein Umsatzvolumen<br />
von rund einer halben<br />
Milliarde Euro verantwortete.<br />
Ein zweifellos spannender Job. Aber,<br />
sagt sie, „die Konzernwelt ist eine eigene<br />
Welt. Ich bin froh über diese Erfahrung<br />
und ich brauche sie auch<br />
heute für meine Arbeit. Aber Sie<br />
spüren als Kapitän in einem Konzern<br />
die Lenkbewegungen nicht mehr –<br />
das wollte ich auf Dauer nicht.“ 2004<br />
machte sie sich mit der Gordelik<br />
Contact Consulting Company als Personalberaterin<br />
selbstständig.<br />
Auf die Frage, ob, wer einmal in der<br />
Call Center-Branche Führungskraft<br />
ist, dort je wieder herauskommt, antwortet<br />
Iris Gordelik: „Diese Frage impliziert,<br />
dass er sich verbessern würde,<br />
wenn er rauskommt. Die Frage ist<br />
also falsch gestellt!<br />
Vielleicht würde sich ein Call Center-<br />
Manager ja verschlechtern, wenn er<br />
Marketingleiter würde. Call Center-<br />
18 www.callcenterprofi.de 05/2005
Manager zu sein, ist etwas ganz Besonderes!“<br />
Call Center mit<br />
Image-Problemen<br />
Sie räumt aber ein, dass das Call Center,<br />
insbesondere in großen Konzernen,<br />
früher „Abfallcharakter“ gehabt<br />
habe. „Wer nichts wurde, wurde in<br />
die Auskunft gesteckt“, sagt sie. Dieses<br />
Image hafte der Branche immer<br />
noch an. „Wir arbeiten daran, dieses<br />
Bild zu wandeln. Ins Call Center müssen<br />
die Besten, denn dort besteht der<br />
Kontakt zum Kunden.“<br />
Tatsächlich bewegt sich die Branche<br />
nach wie vor in der Wertschätzungsskala<br />
der öffentlichen Meinung in etwa<br />
dort, wo auch Politiker und Journalisten<br />
zu finden sind: ganz weit unten.<br />
Kathrin Stapel appelliert: „Wir<br />
haben nicht nur die Aufgabe, den Laden<br />
am Laufen zu halten, sondern<br />
auch dafür zu sorgen, dass die Branche<br />
endlich ein anderes Image bekommt.<br />
Sie leidet sehr zu Unrecht un-<br />
ter einem schlechten Ruf!“<br />
Headhunterin Jutta Hauschke findet<br />
klare Worte: „Kaum jemand wählt für<br />
seinen Berufseinsteig bewusst ein Call<br />
Center. Das kann sich ändern, wenn<br />
der Trend weiter in Richtung Qualität<br />
geht und sich das Image ändert. Aktuell<br />
wird zum Beispiel keiner aus<br />
dem Marketing in ein Call Center gehen,<br />
um seine Karriere zu forcieren.<br />
Um als bewusster Berufseinstieg mit<br />
Karrierechancen betrachtet und gewählt<br />
zu werden, müssten sich meiner<br />
Meinung nach die Arbeitsbedingungen,<br />
das Image – Stichworte:<br />
Übergangslösung, Auffangbecken für<br />
Personen ohne Qualifikation – und die<br />
Vergütung ändern.“<br />
Will sich die Branche in Zukunft also<br />
nicht mehr auf „Manager by Zufall“<br />
verlassen, sollte sie jetzt handeln –<br />
und tut es ja auch, wie zahlreiche<br />
Qualitäts- und Zertifizierungsoffensiven<br />
zeigen.<br />
Wer in der Branche arbeitet, sollte<br />
sich gut überlegen, ob er sie tatsäch-<br />
lich wechseln sollte. TGMC-Beraterin<br />
Tatjana Voß sagt mit Nachdruck: „Ich<br />
sage es jedem Kandidaten: Ich persönlich<br />
würde die Branche nicht<br />
wechseln, denn sie ist immer noch<br />
stark expansiv!“<br />
Führungskräfte bekämen gute Gehälter,<br />
und es böten sich immer noch viele<br />
Möglichkeiten zum schnellen Aufstieg.<br />
Wer die ganz schnelle Karriere<br />
machen will, muss nicht nur gut sein,<br />
sondern sollte bei einem Dienstleistungsunternehmen<br />
starten. Dort geht<br />
der Aufstieg in aller Regel immer<br />
noch schneller als in Inhouse-Call<br />
Centern, so die Erfahrung von Tatjana<br />
Voß.<br />
Auch, wenn viele Top-Leute eher aus<br />
Zufall in der Branche gelandet sind –<br />
bereuen tun sie es wohl nicht. Die<br />
Branche sollte allerdings anstreben,<br />
dass sich in nicht allzu ferner Zukunft<br />
exzellente Köpfe bewusst und freiwillig<br />
für eine Karriere in Call Centern<br />
entscheiden. ■<br />
Vera Hermes