zeichen - Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e.V.
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Malen und Gestalten als Projektionsfläche für Gedanken und<br />
Gefühle im Frauenhaus Vrouwenhuis<br />
Der weltweite Rock<br />
Viele der Frauen sind einer Mehrfachbelastung ausgesetzt. Sie<br />
müssen sich um die Erziehung ihrer Kinder, den Haushalt und<br />
um das Einkommen kümmern. Von den Frauen, die sich in einem<br />
Asylverfahren befinden, wird verlangt, die niederländische<br />
Sprache zu lernen und an Bildungsprogrammen teilzunehmen.<br />
Um die erschöpften Frauen zu motivieren, werden im Frauenhaus<br />
Näh- und Malkurse angeboten. Gestaltet werden die Kurse,<br />
meist ehrenamtlich, von Künstlerinnen. Die Leiterin des Frauenhauses,<br />
Marleen, ist ausgebildete ‚kreative Therapeutin‘ und<br />
begleitet die Kurse fachlich. Das Ziel: den direkten Austausch<br />
über das gemeinsame Malen und Gestalten anzuregen. Der Gedanke<br />
dahinter ist, dass den Frauen durch das künstlerische<br />
Lisa Mangold konnte ihren ASF-Friedensdienst hauptsächlich aufgrund von Spenden antreten. Ihre Spende unterstützt <strong>Aktion</strong> Sühne<strong>zeichen</strong><br />
<strong>Friedensdienste</strong>, vielen jungen Frauen und Männern erstmals einen internationalen, interkulturellen Austausch zu ermöglichen.<br />
24 Thema<br />
Arbeiten eine Projektionsfläche für ihre Gefühle und Gedanken<br />
geboten wird, über die sie direkt mit anderen sprechen können.<br />
Aus den kreativen Kursen entstand vor zwei Jahren das Projekt<br />
‚wereldwijde rok‘ (‚weltweiter Rock‘). Die Frauen nähten einen<br />
großen, bunt geschmückten Rock. An den Rock hängten die<br />
Frauen individuell gestaltete Taschen, die mit selbst verfassten<br />
Gedichten und Erzählungen ihrer Lebensgeschichte gefüllt<br />
wurden. Das Besondere: Die Schriftstücke sind mit den Namen<br />
der Frauen unterschrieben – und damit ein Schritt in das öffentliche<br />
Bewusstsein der Gesellschaft. Die Entstehung des Rockes<br />
wurde filmisch begleitet, eine Broschüre erläutert das Projekt<br />
und bildet einige Gemälde der Frauen ab. Ein wichtiger Moment<br />
war die feierliche Vernissage der Ausstellung im Beisein<br />
der Frauen und vieler Gäste. Das Kunstprojekt ermöglichte den<br />
Frauen, sich im kleinen Rahmen mit ihrer Identität, ihrer Vergangenheit<br />
und ihren Wünschen und Zielen auseinanderzusetzen.<br />
Die Ausstellung schuf einen Rahmen für die Präsentation<br />
der Arbeiten, ohne die Frauen unvorbereitet vor ein Publikum<br />
zu stellen. Das kreative Arbeiten, die gemeinsamen Unterhaltungen,<br />
das Befragen, Austauschen und Erzählen schenkte den<br />
Frauen Selbstvertrauen – eine Grundvoraussetzung für diesen<br />
Schritt an die Öffentlichkeit. Die Frauen und ich durften durch<br />
dieses Projekt erleben, dass die eigenen Erfahrungen, seien<br />
sie positiv oder negativ, ein Teil der eigenen Identität sind, der<br />
keiner Rechtfertigung bedarf, aber eine Auseinandersetzung<br />
verlangt.<br />
Dieses Kunstprojekt ist nun ein Jahr her, die kreativen Workshops<br />
werden weiter angeboten. Einige der Frauen konnten<br />
bereits Bilder verkaufen. Ihren Lebensunterhalt können sie<br />
damit nicht verdienen, aber sie erfahren, dass ihre Arbeit wertgeschätzt<br />
wird. Das ASF-Projekt ‚Vrouwenhuis‘ hat mir gezeigt,<br />
dass es sich lohnt, einen wertfreien und selbstbestimmten interkulturellen<br />
Austausch anzustreben und zu fördern.<br />
Lisa Mangold, Jahrgang 1988, war bis August 2009<br />
als ASF-Freiwillige im Frauenhaus Vrouwenhuis in<br />
Antwerpen in Belgien.