Regenbogen-Parade - LAMBDA-Nachrichten
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12<br />
EU-Richtlinien-Umsetzung<br />
Antidiskriminierungsgesetze:<br />
Schwere Geburten<br />
Am 26. Mai 2004 verabschiedete<br />
der Nationalrat<br />
das neue Gleichbehandlungsgesetz<br />
(GlBG) sowie die Novellierung<br />
des Bundesgleichbehandlungsgesetzes,<br />
womit die beiden<br />
EU-Richtlinien 43 und 78 aus<br />
dem Jahr 2000 zur Bekämpfung<br />
von Diskriminierung mit fast einjähriger<br />
Frist überschreitung in österreichisches<br />
Recht umgesetzt<br />
wurden – der Diskriminierungsgrund<br />
„Behinderung“ harrt noch<br />
seiner Behandlung. Nach Zustimmung<br />
des Bundesrats und Veröffentlichung<br />
im Bundesgesetzblatt<br />
(BGBl. I Nr. 65/2004 bzw.<br />
Nr. 66/2004) traten die neuen<br />
Bestimmungen am 1. Juli 2004<br />
in Kraft.<br />
Wie die LN stets ausführlich berichtet<br />
haben, hat sich die Bundesregierung<br />
geweigert, mehr<br />
als die Minimalanforderungen<br />
der EU umzusetzen. Sie wollte<br />
kein umfassendes Antidiskriminierungsgesetz<br />
schaffen, sondern<br />
hat die von den EU-Richtlinien<br />
vorgegebene Hierarchie im<br />
Schutz vor Diskriminierung übernommen<br />
und in Österreich implementiert.<br />
Daher beschränkt sich<br />
dieser für die sexuelle Orientierung<br />
auf die Arbeitswelt und umfasst<br />
– im Gegensatz zur Schutzkategorie<br />
„ethnische Zugehörigkeit“<br />
– z. B. nicht den Zugang zu<br />
Waren und Dienstleistungen.<br />
Trotz der massiven Kritik vieler<br />
NGOs an den Erstentwürfen des<br />
Wirtschafts- und Arbeitsministeriums<br />
– auch die HOSI Wien hatte<br />
im Sommer 2003 entsprechend<br />
kritische Stellungnahmen im Rahmen<br />
des Begutachtungsverfahrens<br />
abgegeben –, hielt die Bundesregierung<br />
im Wesentlichen<br />
an ihrem Ansatz fest. Die überarbeiteten<br />
Regierungsvorlagen,<br />
die dem Gleichbehandlungsausschuss<br />
übermittelt wurden, haben<br />
keinen wesentlichen Kritikpunkt<br />
der NGOs berücksichtigt.<br />
Nachdem die Beschlussfassung<br />
im März im Ausschuss vertagt<br />
wurde, gab es nochmals Versuche<br />
der Opposition und der NGOs, die<br />
Bundesregierung umzustimmen.<br />
Der Umstand, dass im Entwurf<br />
vorgesehen war, die bestehenden<br />
sowie die neu einzurichtendenGleichbehandlungsanwaltschaften<br />
mit Bundesbediensteten<br />
zu besetzen, kam hier der<br />
Opposition gelegen. Denn damit<br />
diese Bundesbediensteten ihre<br />
Aufgabe unabhängig wahrnehmen<br />
können, müssen sie verfassungsrechtlich<br />
weisungsfrei gestellt<br />
werden. Dazu hätte man<br />
die Zustimmung der Opposition<br />
gebraucht, die sich eine solche<br />
natürlich teuer abkaufen lassen<br />
wollte.<br />
Druckmittel der<br />
Opposition<br />
In den Verhandlungen im Parlament<br />
forderten SPÖ und Grüne<br />
daher wesentliche Verbesserungen<br />
der Regierungsvorlagen<br />
ein und unterstützten ihre<br />
Bemühungen auch medial. Am<br />
Die Regierungsparteien beschlossen im Parlament<br />
nur ein bescheidenes Antidiskriminierungsgesetz<br />
22. April nahmen die Abgeordneten<br />
Barbara Prammer und Walter<br />
Posch von der SPÖ und Terezija<br />
Stoisits von den Grünen an einer<br />
gemeinsamen Pressekonferenz<br />
mit NGO-VertreterInnen (darunter<br />
von der HOSI Wien) teil, um<br />
nochmals ihre Standpunkte zu<br />
präsentieren.<br />
Aber es nützte alles nichts: Die<br />
Regierungsparteien setzten sich<br />
einmal mehr über die Rechtsstaatlichkeit<br />
hinweg und beschlossen<br />
schließlich die Weisungsfreistellung<br />
der Gleichbehandlungsanwaltschaften<br />
nur mit<br />
einfacher Mehrheit – wohl wis-<br />
FOTO: CHRISTIAN HÖGL<br />
send, dass eine solche Regelung<br />
verfassungswidrig ist und gegebenenfalls<br />
vom VfGH wieder aufgehoben<br />
wird.<br />
Am 28. Mai 2004 kritisierten<br />
das Ludwig-Boltzmann-Institut<br />
für Menschenrechte (BIM), ZARA<br />
(Zivilcourage und Anti-Rassismus-<br />
Arbeit) und die HOSI Wien in einer<br />
gemeinsamen Medienaussendung<br />
abermals, dass die Regierungsparteien<br />
vielen Einwänden<br />
der NGOs nicht Rechnung getragen<br />
haben: „So werden durch<br />
das Gesetz verschiedene Schutzniveaus<br />
und Opferkategorien eingeführt<br />
... Aus dem Blickwinkel<br />
der Menschenrechte lässt sich<br />
keine nachvollziehbare Begründung<br />
fi nden, warum Menschen<br />
nicht den gleichen Schutz vor Diskriminierungen<br />
wegen ihrer Religion<br />
oder sexuellen Orientierung<br />
fi nden sollen wie wegen ihrer<br />
ethnischen Herkunft“, heißt es<br />
in der Aussendung.<br />
Und weiter: „Auch der Forderung<br />
einer wirklich unabhängigen Ombudsinstitution,<br />
die ausschließlich<br />
dem Parlament verantwortlich<br />
und budgetär ihren Aufgaben<br />
entsprechend ausgestattet<br />
ist, wurde nicht nachgekommen.<br />
Darüber hinaus erscheint die<br />
Durchschlagskraft einer Gleichbehandlungskommission,<br />
deren<br />
Mitglieder intransparent ausgewählt<br />
und für ihre Tätigkeit nicht<br />
entsprechend entlohnt werden,<br />
mehr als fraglich.“<br />
Dennoch fi ndet sich im verabschiedeten<br />
Gesetzestext auch die<br />
eine oder andere Forderung der