13.01.2013 Aufrufe

Vorwort - schule.at

Vorwort - schule.at

Vorwort - schule.at

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

4. Familie in der späten Kaiserzeit bis zur Spätantike<br />

Unsere westliche Gesellschaft ist geprägt vom Begriff „Kernfamilie“, deren Basis ein<br />

liebevolles Paar bildet. Die römische Familie beschränkt sich in der klassischen Zeit nicht auf<br />

die Familie als Ehegemeinschaft, sondern ist auf drei Gener<strong>at</strong>ionen erweitert. Die<br />

Aufspaltung dieser erweiterten Familie erfolgt nicht bei der Heir<strong>at</strong> oder Volljährigkeit der<br />

Söhne, sondern beim Tod des Urgroßv<strong>at</strong>ers. Diese „drei Vorväter“ sind in der Anbetung der<br />

Vorfahren wichtig, aber auch in aristokr<strong>at</strong>ischen Kreisen für den Nachweis von Legitimität.<br />

„Die Ehe ist der V<strong>at</strong>erschaft untergeordnet und die Zirkul<strong>at</strong>ion der Frauen der Perpetuierung<br />

der Rechte der Männer.“ 86 Eine Ehe wurde somit eingegangen, um Nachkommen zu zeugen.<br />

Diese legitimen Kinder tr<strong>at</strong>en das Erbe an und sorgten für den Fortbestand des Sta<strong>at</strong>es, indem<br />

sie die Reihen der Sta<strong>at</strong>sbürger auffüllten. Die Politiker appellierten an die Bürger, ihrer<br />

„sta<strong>at</strong>sbürgerlichen Pflicht“ zu genügen und Kinder in die Welt zu setzen. 87 Hebammen<br />

wurden ausgeschickt, um die Braut zu begutachten und dazu gehörte auch eine<br />

gynäkologische Untersuchung der Scheide, Muttermund und Gebärmutter.<br />

In der Regel sind Zuneigung und eine liebevolle Beziehung in unserem heutigen Sinn in der<br />

römischen Ehe nicht von Bedeutung. Das Ideal dessen, was man in Rom eheliche<br />

Gemeinschaft nennen könnte, war nicht Liebe, sondern concordia – das gegenseitige<br />

Einvernehmen oder besser: das Vermeiden von Zwietracht. Die Ehe war wenig durch eros<br />

angesteckt, sie wurde manchen vorwiegend als Bürgerpflicht auferlegt. 88 Mit der Frau ein<br />

gemeinsames Schlafzimmer zu haben ist unüblich, nur auf Verabredung teilten sich die<br />

Eheg<strong>at</strong>ten einen gemeinsamen Schlafraum.<br />

In der Kaiserzeit ändern sich mit den politischen<br />

Verhältnissen auch die gesellschaftlichen.<br />

Philosophische Einflüsse bestimmen die allgemeinen<br />

Merkmale der römischen Familie. Einige Historiker<br />

gehen davon aus, dass „in der Kaiserzeit die Familie<br />

nicht mehr, wie ursprünglich, p<strong>at</strong>riarchal und autoritär<br />

organisiert gewesen ist, sondern zu einer reinen<br />

Gruppe wurde, die bereits mit der modernen<br />

Kleinfamilie verglichen werden kann“. 89<br />

86<br />

vgl. Burguière, André; Geschichte der Familie, Band1, S. 286-291; S. 320<br />

87<br />

Veyne, Paul, Geschichte des priv<strong>at</strong>en Lebens. 1. Band: Vom römischen Imperium zum Byzantinischen<br />

Reich, S.Fischer, 1989, S. 47<br />

88<br />

vgl. Burguière, André; Geschichte der Familie, Band1, S. 321f.<br />

89<br />

Cantarella, Eva; Pompeij, Liebe und Erotik in einer römischen Stadt, S. 52<br />

30

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!