Vorwort - schule.at
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pädagogischen Zweck erfüllt zu haben. „Calpurnia erfüllte Plinius’ Erwartung nicht nur, weil<br />
sie sich ihm unterordnete, sondern weil sie sich formbar zeigte.“ 101<br />
Diesem Verhältnis entspricht auch der große Altersunterschied zwischen den beiden. Plinius<br />
war zur Zeit der Abfassung dieses Briefes (an die Tante) ca. 36-39 Jahre alt, während<br />
Calpurnia noch keine zwanzig Jahre alt war. Die Gründe, warum Plinius Calpurnia geheir<strong>at</strong>et<br />
h<strong>at</strong>te, waren nicht tiefe Gefühle oder sexuelle Anziehung, sondern gesellschaftliche. Im Brief<br />
I,14 beschreibt Plinius, wie und aus welchen Gründen in der Oberschicht Ehen arrangiert<br />
wurden. Die Befriedigung sexueller Bedürfnisse war kein vorrangiger Ehezweck. Die<br />
Partnerschaften wurden hinsichtlich „spezifischer m<strong>at</strong>erieller Interessen … oder soziopolitischer<br />
und familialer Str<strong>at</strong>egien in Form nützlicher Netzwerke für eine politische Karriere<br />
oder des Bestätigen von Allianzen unter Familien“ 102 geschlossen.<br />
Für mich empfindet Plinius keine tiefen Gefühle zu Calpurnia als Person, sondern er stellt in<br />
seinen Briefen voller Stolz dar, dass er mit Calpurnia das exemplum einer musterhaften Ehe<br />
führt. Dazu gehören auch liebevolle Worte. Denn zur Zeit Trajans und Hadrians forderte die<br />
öffentliche Meinung, dass die gewalttätige Strenge der Vergangenheit angehören sollte und<br />
fromme Zärtlichkeit vorherrschen sollte. 103<br />
101 Späth, Thomas – Wagner, Hasel, B. (Hgg.); Frauenwelten in der Antike, S. 40<br />
102 Späth, Thomas – Wagner, Hasel, B. (Hgg.); Frauenwelten in der Antike, S. 41<br />
103 Carcopino, J., Rom. Leben und Kultur in der Kaiserzeit, S. 122<br />
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