Interview mit Jörg Ehlken zur Wertorientierung in der - CTcon
Interview mit Jörg Ehlken zur Wertorientierung in der - CTcon
Interview mit Jörg Ehlken zur Wertorientierung in der - CTcon
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Praxis | artikel<br />
Vita<br />
Dr. <strong>Jörg</strong> <strong>Ehlken</strong><br />
ist Associate Partner bei <strong>CTcon</strong>. Nach se<strong>in</strong>em<br />
Studium <strong>der</strong> Betriebswirtschaftlehre<br />
an <strong>der</strong> Universität Gött<strong>in</strong>gen promovierte<br />
er <strong>in</strong> Zusammenarbeit <strong>mit</strong> <strong>der</strong><br />
Volkswagen AG über die Bewertung und<br />
Auswahl von Forschungs- und Entwicklungsprojekten.<br />
Seit über 11 Jahren berät<br />
er große <strong>in</strong>ternational tätige Unternehmen<br />
aus verschiedenen Branchen im<br />
Gesamtkontext <strong>der</strong> Unternehmenssteuerung.<br />
Schwerpunkte se<strong>in</strong>er Beratungstätigkeit<br />
s<strong>in</strong>d Performance Management,<br />
Stärken-Schwächen-Analysen,<br />
Prozessoptimierung und Organisation.<br />
tungszeit verständlich. Die Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
an das Management <strong>zur</strong> richtigen<br />
Anwendung <strong>der</strong> vorgeschlagenen und<br />
dann vielfach auf die <strong>in</strong>dividuelle Situation<br />
angepassten Methoden s<strong>in</strong>d jedoch<br />
nicht zu unterschätzen, sie gehen deutlich<br />
über die Steuerung e<strong>in</strong>er P&L o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er<br />
Kostenstelle h<strong>in</strong>aus. Wir können beobachten,<br />
dass selbst <strong>in</strong> Bereichen <strong>mit</strong> eher zahlenaff<strong>in</strong>en<br />
Mitarbeitern wie dem Controll<strong>in</strong>g<br />
o<strong>der</strong> dem Rechnungswesen das Verständnis<br />
und <strong>der</strong> korrekte Umgang <strong>mit</strong><br />
Abb. 1 | <strong>CTcon</strong> Steuerungsrahmen<br />
Strategie<br />
Steuerungsverständnis<br />
den Modellen ke<strong>in</strong>e Selbstverständlichkeit<br />
ist. Notwendig s<strong>in</strong>d hier entsprechende<br />
Qualifikationenmaßnahmen <strong>zur</strong> Erläuterung<br />
<strong>der</strong> Grundidee, <strong>der</strong> Methode und<br />
nach Möglichkeit durch entsprechende<br />
Treiberbäume transparente UrsacheWirkungsbeziehungen.<br />
Die Antwort auf die<br />
Frage „Wie kann ich durch me<strong>in</strong> Handeln<br />
<strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Verantwortungsbereich Wert<br />
schaffen?“ muss den wichtigsten Entscheidungsträgern<br />
klar se<strong>in</strong>.<br />
Malz: Das ist tatsächlich e<strong>in</strong>e Vielzahl von<br />
Elementen, die beachtet werden müssen.<br />
Wobei gibt es denn <strong>in</strong> <strong>der</strong> Unternehmenspraxis<br />
die größten Probleme?<br />
<strong>Ehlken</strong>: Nach me<strong>in</strong>er Erfahrung besteht<br />
die größte Herausfor<strong>der</strong>ung dar<strong>in</strong>, die<br />
Manager und Mitarbeiter dauerhaft <strong>mit</strong>zunehmen<br />
und nicht durch zu komplexe<br />
„Rechenwerke“ als Unterstützer zu verlieren.<br />
Die bereits angesprochenen <strong>in</strong>itialen<br />
Qualifizierungsmaßnahmen s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>eswegs<br />
ausreichend. Der Ansatz muss konsequent<br />
und ausdauernd <strong>in</strong> das Tagesgeschäft,<br />
beispielsweise durch e<strong>in</strong>e entsprechende<br />
Umstellung <strong>der</strong> Beurteilung von<br />
Handlungsoptionen und <strong>der</strong> Berichterstattung<br />
bis h<strong>in</strong> zu den Anreizsystemen,<br />
überführt und gelebt werden.<br />
Malz: Gibt es Unterschiede bei <strong>der</strong> Implementierung<br />
<strong>in</strong> verschiedenen Bereichen<br />
e<strong>in</strong>es Unternehmens?<br />
<strong>Ehlken</strong>: Absolut. In Bereichen wie dem<br />
Vertrieb o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Produktion fällt die Erarbeitung<br />
von UrsacheWirkungsbezie<br />
Ziele Kennzahlen Maßnahmen Verantwortung<br />
Führungskräfte/Mitarbeiter<br />
Instrumente<br />
Systeme<br />
Führungskräfte/Mitarbeiter<br />
Quali�zierung<br />
Anreize<br />
hungen leichter. Allerd<strong>in</strong>gs ist auch hier<br />
das Umschalten auf beispielsweise e<strong>in</strong>e<br />
Cash FlowBetrachtung e<strong>in</strong>e gewisse Hürde.<br />
In an<strong>der</strong>en Bereichen, die weiter vom<br />
grundsätzlichen Denken <strong>in</strong> F<strong>in</strong>anzmodellen<br />
entfernt s<strong>in</strong>d, erhöht sich diese Herausfor<strong>der</strong>ung<br />
noch e<strong>in</strong>mal. So ist die Umsetzung<br />
<strong>der</strong> <strong>Wertorientierung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Forschung<br />
und Entwicklung ist e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e<br />
Herausfor<strong>der</strong>ung.<br />
<strong>Wertorientierung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Forschung und Entwicklung<br />
Weber: Welchen Beson<strong>der</strong>heiten unterliegt<br />
die <strong>Wertorientierung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> F&E?<br />
<strong>Ehlken</strong>: Die Forschung und Entwicklung<br />
ist <strong>in</strong> vielen Branchen e<strong>in</strong> sehr <strong>in</strong>teressanter<br />
Bereich für das Thema <strong>Wertorientierung</strong>.<br />
Nehmen Sie die F&E<strong>in</strong>tensive<br />
Pharma<strong>in</strong>dustrie als prom<strong>in</strong>entes Beispiel.<br />
Die Auswahl <strong>der</strong> richtigen F&EProjekte<br />
legt die Grundlage für die langfristige<br />
Wertentwicklung des Unternehmens. Da<strong>mit</strong><br />
wäre e<strong>in</strong>e wertorientierte Steuerung<br />
<strong>der</strong> F&E bei vielen Pharmaunternehmen<br />
eigentlich e<strong>in</strong> sehr großer Hebel für langfristigen<br />
Erfolg. Vielfach kann sogar beobachtet<br />
werden, dass die Ankündigung<br />
e<strong>in</strong>er Erhöhung des F&EBudgets bereits<br />
e<strong>in</strong>en positiven E<strong>in</strong>fluss auf die Außenwahrnehmung<br />
des Unternehmens hat.<br />
E<strong>in</strong>e str<strong>in</strong>gente Implementierung <strong>der</strong><br />
<strong>Wertorientierung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> F&E ist jedoch enorm<br />
schwierig. Das liegt e<strong>in</strong>erseits an dem<br />
großen Zeitversatz zwischen <strong>der</strong> Arbeit an<br />
den Projekten und <strong>der</strong> Markte<strong>in</strong>führung.<br />
In <strong>der</strong> Pharma<strong>in</strong>dustrie s<strong>in</strong>d Forschungs<br />
und Entwicklungszyklen von zehn Jahren<br />
nicht unüblich und da ist es beson<strong>der</strong>s<br />
schwierig frühzeitig und belastbar die notwendigen<br />
Basis<strong>in</strong>formationen wie Umsätze,<br />
Kosten, Investitionen o<strong>der</strong> Zahlungsströme<br />
e<strong>in</strong>zuschätzen. An<strong>der</strong>erseits bestehen<br />
die Projektteams, die geme<strong>in</strong>sam die<br />
Bewertungen vornehmen, größtenteils aus<br />
Experten <strong>mit</strong> spezifischem Wissen bezüglich<br />
<strong>der</strong> Produkteigenschaften. In <strong>der</strong><br />
Pharma<strong>in</strong>dustrie arbeiten beispielsweise<br />
Mediz<strong>in</strong>er, Pharmakologen und Chemiker<br />
eng <strong>in</strong> den Projektteams zusammen. Ihre<br />
Kenntnisse und die Erfahrungen <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Anwendung von F<strong>in</strong>anzmodellen s<strong>in</strong>d allerd<strong>in</strong>gs<br />
eher schwächer ausgeprägt. Dies<br />
hat <strong>zur</strong> Folge, dass zwar f<strong>in</strong>anzwissenschaftlich<br />
fundierte aber gleichzeitig anspruchsvolle<br />
Modelle aus Akzeptanzgründen<br />
sogar kontraproduktiv für e<strong>in</strong>e <strong>Wertorientierung</strong><br />
se<strong>in</strong> können.<br />
288 ZfCM | Controll<strong>in</strong>g & Management 55. Jg. 2011, H.5