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Stefan Teppert, Genozid in Titos Jugoslawien - Kulturportal West Ost

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Bis dah<strong>in</strong> versuchte Jakonić, se<strong>in</strong> gefährliches Wissen über die Massenmörder der jugoslawischen<br />

Vernichtungslager zu publizieren und gegen die damals Befehlsgewaltigen Strafanzeige<br />

zu erstatten. In den neunziger Jahren konnte er etliche Artikel über das heikle Thema <strong>in</strong><br />

verschiedenen Zeitungen im Lande veröffentlichen. Se<strong>in</strong> am 16. April 1993 <strong>in</strong> dem Sonntagsblatt<br />

„Balkan Ekspres“ veröffentlichter Text „Die Wahrheit über die geheimen Gräber“ war<br />

wohl der erste se<strong>in</strong>er Art schlechth<strong>in</strong> <strong>in</strong> <strong>Jugoslawien</strong>. E<strong>in</strong>en gegen ihn wegen Rufschädigung<br />

angestrengten Prozeß gewann er. In se<strong>in</strong>em 1992 geschriebenen, aber erst zehn Jahre später<br />

erschienenen Buch „Die Verbrechen der Geheimpolizei von Milošević“ schreibt Jakonić auch<br />

über den <strong>Genozid</strong> an den Deutschen, den Juden und Serben, zudem über ungarische Opfer<br />

und bestätigt die Angaben, wie sie von donauschwäbischer Seite im „Leidensweg“ vorgelegt<br />

wurden. Dar<strong>in</strong> offenbart er das Ausmaß der Kriegsverbrechen durch die jugoslawischen<br />

Kommunisten wie auch die Dimension des Lagersystems im Lande, er entwickelt e<strong>in</strong>e überraschend<br />

differenzierte Sicht auf die Donauschwaben mit ihrem Vorbildcharakter und ihrer<br />

weitgehenden Loyalität, er nennt die Gründe ihrer Flucht oder ihres Bleibens, enthüllt die<br />

Verschleierung der Wahrheit über sie und stellt resigniert fest, daß auch nach 55 Jahren viele<br />

Tatsachen immer noch verschleiert werden. Vergeblich bot er das Manuskript 15 Verlagen<br />

zur Veröffentlichung an, unterbreitete es 1997 und 1999 sogar der Deutschen Botschaft –<br />

ohne Erfolg. Als se<strong>in</strong> Buch schließlich im Dezember 2002 erschien, trug es bezeichnenderweise<br />

weder den Namen e<strong>in</strong>es Verlags noch den e<strong>in</strong>er Druckerei. Der Autor mußte auf den<br />

Straßen selbst für den Vertrieb se<strong>in</strong>es Werkes sorgen und machte die Erfahrung, daß die<br />

Leute ihm die Ware buchstäblich aus der Hand rissen.<br />

Jakonić begrüßt übrigens nicht nur die Gedenkstätte <strong>in</strong> Kik<strong>in</strong>da, sondern hat selbst schon <strong>in</strong><br />

den Jahren 1992, 1997 und 1999 der katholischen wie auch orthodoxen Kirche von Kik<strong>in</strong>da<br />

vorgeschlagen, auf den Gräbern Kreuze zu errichten, allerd<strong>in</strong>gs trafen se<strong>in</strong>e Vorstöße auf<br />

wenig Gegenliebe. Dergestalt gehört der streitbare Ex-Polizist neben Nadlački zu den besten<br />

Beispielen für e<strong>in</strong>en von ihm selbst geprägten Satz: „So wie es ke<strong>in</strong>e Kollektivschuld gibt, gibt<br />

es auch bei ke<strong>in</strong>em Volke e<strong>in</strong> völliges Schweigen.“ 89<br />

Der junge, 1971 <strong>in</strong> Zrenjan<strong>in</strong> (früher Großbetschkerek) geborene serbische Schriftsteller<br />

Uglješa Šajt<strong>in</strong>ac hat als erster nach dem Heimatbuch von Kaća Čelan aus dem Jahr 1989 e<strong>in</strong><br />

Schauspiel über das Schicksal der aus <strong>Jugoslawien</strong> verschwundenen Donauschwaben geschrieben:<br />

„Das Banat“. Ebenso wie Čelans Drama durchbricht dieses Bühnenstück die noch<br />

von <strong>Titos</strong> und Milošević’ Zeiten nachwirkende Doktr<strong>in</strong>. Das 2003 <strong>in</strong> Zrenjan<strong>in</strong> fertiggestellte<br />

Stück ist die erste und e<strong>in</strong>zige Arbeit des Autors, die sich mit diesem Thema ause<strong>in</strong>andersetzt.<br />

Ob der Vater des Autors, der Lyriker und Romancier Radivoj Šajt<strong>in</strong>ac, dazu angeregt<br />

hat?<br />

Uglješa Šajt<strong>in</strong>ac diplomierte 1999 an der Fakultät für dramaturgische Künste <strong>in</strong> Belgrad. Neben<br />

Beiträgen <strong>in</strong> verschiedenen serbischen Zeitschriften hat er e<strong>in</strong>en Roman und e<strong>in</strong>en Band<br />

mit Erzählungen veröffentlicht. E<strong>in</strong>e se<strong>in</strong>er Erzählungen ist auch <strong>in</strong> der Anthologie der neueren<br />

serbischen Prosa vertreten. Aufgeführt wurden die Dramen Requisiteur von 1999 im serbischen<br />

Volkstheater <strong>in</strong> Novi Sad, Sprechen Sie australisch? von 2001 im Volkstheater „Toša<br />

Jovanović“ <strong>in</strong> Zrenjan<strong>in</strong> und Huddersfield von 2004 auf der Szene im <strong>West</strong>yorkshire Playhouse<br />

<strong>in</strong> Leeds sowie an der Volksbühne Berl<strong>in</strong>.<br />

Durch Zufall ist der aus Futok stammende und <strong>in</strong> Erlangen lebende Donauschwabe <strong>Stefan</strong><br />

Barth an den serbischen Text des Schauspiels „Das Banat“ herangekommen und hat ihn<br />

89 Vgl. <strong>Stefan</strong> <strong>Teppert</strong>: Stationen e<strong>in</strong>er Annäherung. Serben und Donauschwaben seit dem Ende des Zweiten<br />

Weltkriegs (1. Fortsetzung), <strong>in</strong>: Das Donautal-Magaz<strong>in</strong> Nr. 127 vom 1. März 2004, S. 12-17<br />

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