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8 Ausgabe 6 /Juli 2008 Ein Juwel für die Krone Das Hofbräuhaus hat seine Giebelfi gur wieder Das lässt sich Hofbräu-Direktor Dr. Michael Möller nicht nehmen: Höchstpersönlich kutschiert er den Julius zum Platzl. Wo er nach über 60 Jahren wieder auf dem Dach des Hofbräuhauses steht. Julius heißt er. Benannt nach seinem Schöpfer, dem Bildhauer Julius Jordan (1864-1907). Und rechtzeitig zum 850. Stadtgeburtstag ziert die Statue des Braugehilfen wieder das Dach des Münchner Hofbräuhauses – genau an der Stelle, an der er 1897 das erste Mal errichtet wurde. Kein Geringerer als Prinzregent Luitpold beauftragte damals den Bau des neuen Hofbräuhauses. Und Geburtstagsgeschenk: Im Juni 2007 übergibt Finanzminister Kurt Faltlhauser die Figurine des Julius an Hofbräuhaus Wirt Wolfgang Sperger. ein Sachse, ein Chemnitzer Architekt, sollte es richten. Max Littmann schenkte den Münchnern ihr wahrhaft königliches Hofbräuhaus, einen Bierpalast fürs Großstadtherz. Doch jede Krone braucht ihr Juwel: Littmann engagierte den Künstler Julius Jordan, um eine Figur für den markanten Erker zu gestalten. In Kniebundhosen, in der Rechten eine Bierkanne, die Därrschaufel lässig über der Schulter Auslieferung: Im Juni 2008 übergibt sein Nachfolger im Amt, Finanzminister Erwin Huber, den fertigen Julius zur großen Freude von Hofbräu-Direktor Dr. Michael Möller feierlich an das Hofbräuhaus. – so stand der Brauereigehilfe dort, bis das Hofbräuhaus durch Bombenangriffe am Ende des Zweiten Weltkriegs zerstört wurde. Nach über 60 Jahren ziert nun der Julius wieder in voller Pracht und Schönheit das Hofbräuhaus. Mit seinen 2,50 Metern Höhe und in leuchtendem Bronzeton ist er von weitem gut zu sehen und macht ein Stück Münchner Geschichte wieder lebendig. Präzisionsarbeit: Mit der Ruhe der Kaltblüter br 2,50 Meter hohen und 370 Kilogramm schwere
Ausgabe 6 /Juli 2008 The making of… Ein Blick hinter die Kulissen ingen die Brabanter des Hofbräu Prachtgespanns den n Julius sicher zum Hofbräuhaus. Bildhauerin Waltraud Wittmann Die schöpferische Kraft Waltraud Wittmann ist als Bildhauerin ein echter Autodidakt. Begonnen hat die Karriere der gebürtigen Bayreutherin nämlich in der Mode. Als Absolventin der Deutschen Meisterschule für Mode in München hat sie als Kostümbildnerin fürs Fernsehen und für internationale Filmproduktionen wie Viscontis „Ludwig II“ gearbeitet. 1985 wechselte Waltraud Wittmann zur Bildhauerei. Den Münchnern ist die vielseitige Künstlerin besonders durch ihre lebensnahen Tierskulpturen im Tierpark Hellabrunn gegenwärtig: Odins Raben Hugin und Munin, die Affenskulpturen Lüderitz, Porgy und Toni und das Fabelwesen Tri sind jedem Zoobesucher bekannt. Den Julius modellierte Waltraud Wittmann nach historischen Vorlagen. Kunstgießerei Herbich, Gernlinden Die handwerkliche Umsetzung Seit nahezu 100 Jahren verewigt die Kunstgießerei Herbich schöpferische Ideen in Bronze. In enger Zusammenarbeit mit den Künstlern sind in Gernlinden viele bekannte Münchner Skulpturen entstanden wie der Keiler vor dem Jagdmuseum in der Fußgängerzone oder der Richard- Strauss-Brunnen vor der Alten Akademie. Aber auch über die Grenzen der Landeshauptstadt hinaus, ist die Kunstgießerei gefragt. So wurde erst im letzten Jahr eine Büste von Helmut Kohl gegossen. Der Axel Springer Verlag hatte das Werk beim französischen Bildhauer Serge Mangin in Auftrag gegeben. 13 Skulpturen hatten 2007 einen besonders weiten Weg. Sie stehen im Grohmann Museum an der Milwaukee School of Engineering im US-amerikanischen Bundesstaat Wisconsin. Prosit: Michael und Wolfgang Sperger, Domvikar Engel bert Dirnberger und Finanzminister Erwin Huber. Der Bronzeguss – Von der Idee zur fertigen Skulptur 1. Schritt » Das Künstlermodell Am Anfang steht immer das Modell des Kün stlers, das in Bronze gegossen werden soll. Auf der Basis von historischen Vorlagen hat die Bildhauerin Waltraud Wittmann sechs Monate an der Gipsskulptur des Julius gearbeitet. Dabei mussten die Proportionen des kleinen Entwurfs auf das schlussendlich 2,50 Meter hohe Modell übertragen werden. 2. Schritt » Die Abformung Das Künstlermodell wird mit einer Silikon-Kautschuk-Masse und mit einer Gipsschicht umgeben. Nachdem die Schicht erkaltet ist, wird das Modell entnommen und die sogenannte Negativform entsteht. Da der Julius mit seiner enormen Größe nicht in einem Stück gegossen werden konnte, wurde das Modell in verschiedene Teile zerlegt. 3. Schritt » Das Wachsmodell In den Hohlraum der Negativform wird fl üssiges Wachs eingefüllt. Nach dem Erkalten wird das Wachsmodell entnommen und sorgfältig bearbeitet, da dessen Oberfl äche später der Bronzeskulptur entspricht. Anschließend werden verschiedene Schichten aus Tonschlicker aufgetragen und zuletzt eine massive Packung von Schamotten und Formsand. Im Wachsausschmelzofen fl ießt das fl üssige Wachs aus. So entsteht die Hohlform für den Bronzeguss. 9 Bereits 5000 vor Chr. entwickelte sich der Bronzeguss mit dem Prinzip des „verlorenen Wachses“ – einer Technik, die im Wesentlichen bis heute gleich geblieben ist. Als Legierung aus etwa 90 Prozent Kupfer und 10 Prozent Zinn lässt sich Bronze sehr gut gießen, ist witterungs- und korrosionsbeständig. Von der Antike über Mittelalter, Renaissance, Barock bis heute ist der Bronzeguss aus der Kunst nicht wegzudenken. Sogar Friedrich Schiller hat in seiner Ballade „Das Lied von der Glocke“ 1799 die einzelnen Arbeitsschritte lyrisch verewigt. 4. Schritt » Der Bronzeguss In den Schamottblock mit der Hohlform der Skulptur wird die fl üssige Bronze gegossen. Nach dem Erstarren der Bronze wird der Schamottmantel zerschlagen und die fertige Skulptur noch an der Oberfl äche nachbearbeitet. Im Ofen wird die Bronze auf 1200 ° C erhitzt. Vorsichtig holt der Gießer den glühenden Graphiteimer mit der fl üssigen Bronze aus dem Ofen. Mit äußerster Konzentration füllen die Gießer die fl üssige Bronze in die Hohlform der Skulptur. Hier entsteht gerade der Torso des Julius.
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