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OBERLANDESGERICHT STUTTGART - Vergabesenat ...

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Verkündet am 28.11.2002<br />

pp.<br />

<strong>OBERLANDESGERICHT</strong> <strong>STUTTGART</strong><br />

- <strong>Vergabesenat</strong> -<br />

BESCHLUSS<br />

In dem Vergabenachprüfungsverfahren


hat der <strong>Vergabesenat</strong> des Oberlandesgerichts Stuttgart unter Mitwirkung<br />

des Vors. Richters am Oberlandesgericht Dr. L...,<br />

des Richters am Oberlandesgericht H...,<br />

des Richters am Landgericht K...<br />

auf die mündliche Verhandlung vom 7.11.2002<br />

b e s c h l o s s e n :<br />

2<br />

1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der<br />

Vergabekammer vom 09.09.2002<br />

g e ä n d e r t :<br />

Der Vergabestelle wird untersagt, die Angebote der Bieter im Rahmen der<br />

Ausschreibung der Generalplanerleistungen für den Neubau des Hallenbades<br />

ohne Berücksichtigung des Kriteriums Preis auf der Grundlage der<br />

Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) zu werten.<br />

2. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin sowie die weitergehende sofortige<br />

Beschwerde der Antragstellerin wie auch der weitergehende Antrag der<br />

Antragstellerin werden<br />

z u r ü c k g e w i e s e n .<br />

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die vor der Vergabekammer<br />

erwachsenen Gebühren und Auslagen werden gegeneinander aufgehoben. Die<br />

Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.<br />

Beschwerdewert: bis 65.000,00 €


3<br />

Gründe:<br />

I.<br />

Die sofortigen Beschwerden sind zulässig, nur diejenige der Antragstellerin hat - zum Teil -<br />

Erfolg.<br />

A<br />

Zum Sachverhalt wird auf die Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung der<br />

Vergabekammer verwiesen.<br />

Die Antragstellerin, eine in einer Bietergemeinschaft zusammengeschlossene Bewerberin<br />

um die Vergabe der Generalplanungsleistung für den Neubau eines Hallenbades der<br />

Antragsgegnerin, und letztere greifen mit wechselseitigen Rechtsmitteln die Entscheidung<br />

der Vergabekammer an.<br />

Die Antragsgegnerin hatte das vorbezeichnete Gewerk am 26.01.2002 europaweit als<br />

Verhandlungsverfahren ausgeschrieben. Abgabetermin für die Angebote war bestimmt auf<br />

den 07.03.2002. Bis zum festgesetzten Einsendeschluss gingen 37 Teilnahmeeinträge ein,<br />

darunter derjenige der Antragstellerin und derjenige der Beigeladenen. Am 03.05.2002 teilte<br />

der für die Antragsgegnerin tätige Projektsteuerer, die Firma ... Projektmanagement und<br />

bautechnische Beratung GmbH [im Folgenden kurz: Firma ..., u.a. der Antragstellerin sowie<br />

der Beigeladenen mit, „dass Sie die Präqualifikation des VOF-Verfahrens ... erfolgreich<br />

absolviert" hätten und in der zweiten Stufe die verbleibenden Bewerber anhand von<br />

folgenden Auftragskriterien bewertet würden:<br />

1. fachliche und soziale Kompetenz des vorgesehenen Projektleiters<br />

2. Nachweis der wirtschaftlichen und termingetreuen Abwicklung von Projekten<br />

3. Honorar/Preis<br />

Die Antragstellerin hat auf einem von der Firma ... entworfenen Formblatt ein auf<br />

1.121.738,46 € lautendes Angebot abgegeben und war damit insoweit zweitplatzierte<br />

Bieterin hinter der Beigeladenen. Das Formblatt war so gestaltet, dass es


4<br />

u.a. die „Leistungsphasen nach HOAI aufgelistet und die Rubriken: „Teilleistungspunkte" und<br />

„Honorarzone gemäß HOAI" zweispaltig angelegt hatte. Bei den Teilleistungspunkten war<br />

eine Spalte mit dem Vomhundertsatz der HOAI für das jeweilige Leistungsbild vorgegeben,<br />

die entsprechende andere Spalte war offen für "Bewertung Bieter“. Bei der Rubrik<br />

"Honorarzone" waren die Spalten ausgebildet als einmal - ausgefüllt - „Bewertung ..." und<br />

einmal - noch offen - für die "Bewertung Bieter". Dabei war die Beigeladene anders als die<br />

Antragstellerin zum Teil - wie näher darzustellen sein wird - von der Bewertung der Firma ....<br />

in der Honorarzone und bei Teilleistungspunkten nach unten abgewichen. Am 15.05.2002<br />

wurde den Verfahrensbeteiligten von der Firma .... mitgeteilt, dass sie sich für die auf den<br />

04.06.2002 angesetzte Präsentation qualifiziert hätten. Das Kriterium Preis/Honorar war in<br />

dieser Einladung nicht mehr wiederholt, aber auch nicht als einer Änderung unterliegend<br />

angeführt worden. Unstreitig ist aber, dass die Antragsgegnerin im weiteren Zuge des<br />

Vergabeverfahrens den Preis als Vergabekriterium aus der Wertung herausgenommen hat.<br />

Mit Schreiben vom 25.06.2002 ließ die Antragsgegnerin auch der Antragstellerin mitteilen,<br />

dass beabsichtigt sei, die Generalplanerleistung der Beigeladenen zu übertragen.<br />

Dagegen wandte sich die Antragstellerin mit ihrem Nachprüfungsantrag, der im<br />

Wesentlichen rügte, dass das Honorar als Kriterium fallen gelassen worden ist und dass das<br />

Angebot der Beigeladenen unzulässige Honoraransätze beinhalte.<br />

Die Antragstellerin hat deshalb im Kern beantragt<br />

- Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Neubewertung der Angebote auf der<br />

Grundlage der HOAI<br />

- Ausschluss der Beigeladenen<br />

Die Vergabekammer (Bl. 180 bis 190) sprach u.a. aus:<br />

1. Die Vergabestelle wird verpflichtet, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung<br />

der Vergabekammer, erneut Honorarangebote bei den Bietern einzuholen, über<br />

diese gegebenenfalls zu verhandeln und die Angebotssumme sodann im Rahmen<br />

der Wertung im vorgeschriebenen Rahmen zu berücksichtigen.<br />

...


5<br />

Dabei legte die Vergabekammer zu Grunde, dass der Preis als Kriterium nicht hätte<br />

gestrichen werden dürfen. Die Beigeladene sei aber trotz ihrer Abweichungen gleichwohl<br />

nicht auszuschließen, denn für deren abweichende Ansätze sei die Antragsgegnerin<br />

verantwortlich. Diese hätte keine Wahlmöglichkeiten eröffnen dürfen, sondern zutreffende<br />

und fixe Honorarparameter vorgeben müssen. Um diesen Vergabefehler zu korrigieren und<br />

eine einheitliche Plattform zu schaffen, seien neue Angebote einzuholen und diese dann,<br />

ggf. nach Nachverhandlungen im Rahmen der Spielräume der HOAI, neu zu bewerten.<br />

Dagegen wenden sich sowohl die Antragsgegnerin als auch die Antragstellerin mit ihren<br />

fristgerechten sofortigen Beschwerden.<br />

Die Antragsgegnerin sieht schon nicht dargelegt, dass der Antragstellerin auf der Grundlage<br />

ihres Vorbringens ein Schaden erwachsen würde. Denn würde der Preis wieder als<br />

Vergabekriterium eingeführt, so sei über ihn nachzuverhandeln, was zu einer preislichen<br />

Angleichung aller Bieter führe, weshalb er im praktischen Ergebnis wieder ohne<br />

Maßgeblichkeit sei. Dann aber verbleibe es dabei, dass die Antragstellerin, gemessen an<br />

den übrigen Bewertungsgesichtspunkten, ihren nachrangigen Platz nicht verlasse. Das<br />

Angebot der Beigeladenen sei nicht zu beanstanden, da deren Abweichungen sich im<br />

Rahmen der zulässigen Schwankungsbreiten der HOAI-Tatbestände bewegten.<br />

Die Antragsgegnerin beantragt,<br />

den Beschluss der Vergabekammer vom 09.09.2002 - 1 VK 47/02 aufzuheben<br />

und den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.<br />

Die Antragstellerin beantragt,<br />

1. Der Beschluss der Vergabekammer Baden-Württemberg (AZ: 1 VK 47102)<br />

vom 09.09.2002 wird aufgehoben.<br />

2. Die Vergabestelle wird verpflichtet, die Angebote der Bieter im Rahmen der<br />

Ausschreibung der Generalplanerleistungen für den Neubau des Hallenbades<br />

... unter Berücksichtigung des Kriteriums Preis auf der Grundlage der<br />

Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) neu zu werten.


und:<br />

6<br />

3. Die Vergabestelle wird verpflichtet, das Angebot des Bieters ... im Rahmen<br />

der Ausschreibung der Generalplanerleistungen für den Neubau des<br />

Hallenbades auszuschließen.<br />

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der<br />

Vergabekammer Baden-Württemberg (AZ: 1 VK 47/02) wird zurückgewiesen.<br />

Sie beanstandet schon, dass die Vergabekammer das vom Nachprüfungsantrag<br />

vorgegebene Rechtsschutzziel verlassen habe, indem sie auf eine Neueinholung von<br />

Angeboten erkannt habe: Nur die vorliegenden Angebote seien, soweit sie honorarrechtlich<br />

zulässig seien; zu bewerten. Geschähe dies, so besitze sie sehr wohl eine Chance auf einen<br />

Zuschlag: Denn die Beigeladene sei auszuschließen. Eine Nachverhandlung über Preise<br />

scheide auch im Vorbeifahren aus, damit scheide auch eine nachträgliche Korrektur von<br />

Honorarunterschreitungen aus, welche das Angebot der Beigeladenen kennzeichne und zu<br />

deren Ausschluss führe.<br />

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene beantragen,<br />

die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückzuweisen.<br />

Die Beigeladene pflichtet der Position der Antragsgegnerin bei. Zudem hat sie am Tag der<br />

mündlichen Verhandlung vor dem Senat erstmals vorgebracht; die Antragstellerin sei<br />

ihrerseits ausschließungswürdig, da sie durch wirtschaftliche Verflechtungen die in § 4 Abs.<br />

4 VOF geforderte Unabhängigkeit nicht gewährfeiste.<br />

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf die Schriftsätze sowie die<br />

Verhandlungsniederschriften verwiesen.<br />

B<br />

1.<br />

Der Antrag der Antragstellerin wird § 107 Abs. 2 GWB gerecht.


7<br />

a) Der Antragsteller hatte darzulegen, dass er in einem fehlerfrei durchgeführten<br />

Vergabeverfahren eine konkrete Aussicht auf Zuschlag gehabt hätte (OLG Koblenz<br />

NZBau 00, 445, 446; Bay0bLG NZBau 00, 481, 485; Boesen, VergabeR [2000], § 107,<br />

53, 54; krit. Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 107, 19 m.w.N.).<br />

b) Diese Voraussetzungen sind erfüllt.<br />

2.<br />

Die Antragstellerin ist Zweitplatzierte hinsichtlich der Angebotshöhe (Antragstellerin:<br />

1.121.738,46 € [von Projektleitung... korrigiert auf: 1.122.060,50 Euro]; Erstplatzierte<br />

Beigeladene: 1.095.533,00 €). Die Differenz liegt bei 26.205,46 € nach Lesart der<br />

Antragstellerin. Wird, was die Antragstellerin mit - wie zu zeigen sein wird -<br />

durchgreifenden Gründen verfolgt, das Honorar wieder zum Vergabekriterium, so<br />

verbessern sich die Aussichten der Antragstellerin auf einen Zuschlag nachhaltig. Noch<br />

mehr wäre dies der Fall, wenn die Antragstellerin mit ihrem Anliegen durchdringen<br />

würde, die Beigeladene auszuschließen. Danach ist dieses Zulässigkeitsmerkmal<br />

(Rechtsschutzbedürfnis; BayObLG NZBau 00, 481, 485; Dreher a.a.O. § 107, 16;<br />

Korbion, VergabeRÄndG [1999], § 107, 4) erfüllt.<br />

Die Rüge, die Vergabekammer habe durch ihren Ausspruch die ihr gemäß § 114 Abs.<br />

1 S, 2 GWB eingeräumten Befugnisse verletzt, da sie das von der Antragsgegnerin<br />

vorgegebene Rechtsschutzziel verlassen habe, wird in aller Regel im Ergebnis nur<br />

gemessen werden können am tatsächlichen materiellen Erfolg des Begehrens, da sich<br />

vielfach erst aus der Gegenüberstellung von Rechtsschutzziel und begründetem<br />

Rechtsschutzbegehren die Art der Gestaltung der Entscheidung gemäß § 114 Abs. 1<br />

S. 2 GWB mit ihrem weitreichenden Spielraum (Boesen a.a.O. § 114, 13; Kus in<br />

Niebuhr/Kulartz/Kus/Portz, VergabeR [2000], § 114, 34) ergeben wird. Da dieses<br />

Gestaltungsmittel nicht nur dem Interesse des Bieters an der Rechtmäßigkeit des<br />

Verfahrens dient, sondern auch dem öffentlichen Interesse an einer zügigen<br />

Auftragsvergabe (Boesen a.a.O. 14; Korbion a.a.O. § 114, 4; Kus a.a.O


3.<br />

8<br />

40), ist die Vergabekammer an Anträge nicht gebunden (Korbion a.a.O. 5; Kus a.a.O.<br />

34; Reidt in Reidt/Stickler/Glahs, VergabeR [2000], § 114, 12). Sie ist aber an die<br />

Rechtsverletzung des Antragstellers gebunden. Sie kann die diesbezüglichen<br />

Feststellungen nicht zum Anlass nehmen, um Maßnahmen zu treffen, die keinen Bezug<br />

zu dieser Verletzung haben, also nur abstrakt die Rechtmäßigkeit des<br />

Vergabeverfahrens sichern (Reidt a.a.O. § 114, 11). Bei der Auswahl der Maßnahmen<br />

ist die Vergabekammer an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden (Dreher<br />

a.a.O. § 114, 16).<br />

Die Änderung des Vergabekriteriums (Unbeachtlichkeit des Honorars) ist<br />

vergaberechtswidrig.<br />

a) Der für eine Leistung geforderte Preis ist allgemein und nachvollziehbar ein<br />

maßgebliches (§ 16 Abs. 2 S. 1 VOF, § 25 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A; § 25 Nr. 3 VOL/A),<br />

teilweise im praktischen Ergebnis oft das maßgebliche Vergabekriterium (BGH NJW<br />

00, 661, 662 [„ausschlaggebende Bedeutung"); krit. zu dieser Dominanz dieses<br />

Merkmals: Brinker/Ohler in Motzke/Pietzcker/Prieß, VOB/A [2001], § 25, 104; vgl. zur<br />

nur eingeschränkten Bedeutung des Preis/Honorarkriteriums im Rahmen der VOF:<br />

Müller-Wrede, VOF, § 16, 11, insbesondere Rdn. 7; Kaufhold/Mayerhofer/Reichl, VOF<br />

(1999); § 16, 13). Dies umso mehr, wenn - wie hier - offensichtlich Mittel Verwendung<br />

finden, bei deren Einsatz der Ausschreibende dis haushaltsrechtliche Pflicht zu<br />

höchstmöglich sparsamer und effektiver Verwendung der Gelder zu beachten hat (BGH<br />

a.a.O. 662 [II 2]).<br />

b) § 16 Abs. 2 S. 2 VOF stellt davon nicht frei. Er gibt nur vor, dass, ist die zu erbringende<br />

Leistung nach einer gesetzlichen Gebühren- oder Honorarordnung zu vergüten, der<br />

Preis nur im dort vorgeschriebenen Rahmen zu berücksichtigen ist. Ist aber innerhalb<br />

dieses Rahmens eine - zulässige - Schwankungsbreite der Angebote denkbar und<br />

gegeben, so gewinnt der


9<br />

Preis wieder seine zumindest mitentscheidende Bedeutung (so auch<br />

Voppel/Osenbrück/Bubert, VOF [2001], § 16, 17 [aE]; Müller-Wrede, VOF; § 16, 14;<br />

vgl. allgemein Alvermann, VOF; 2. Aufl., Einführung S. 31). Danach bleibt der Preis in<br />

der VOF grundsätzlich ein Vergabekriterium und kann deshalb nicht als<br />

Zuschlagsmerkmal von vornherein oder, da ohnehin inhaltlich leer laufend, als<br />

vorgegebenes Vergabekriterium schadlos wieder zurückgenommen werden.<br />

c) Dabei scheitert das Argument der Antragsgegnerin, sie habe von der Beachtlichkeit<br />

des Preises/Honorares absehen dürfen, weil insoweit Nachverhandlungen geführt<br />

worden wären und sich dann ohnehin eine Annäherung bis hin zur Honoraridentität<br />

eingestellt hätte, nicht schon an einem Nachverhandlungsverbot, auf welches die<br />

Antragstellerin verweist.<br />

aa) Allerdings bestimmt das Nachverhandlungsverbot die VOB/A (vgl. Jasper in<br />

Motzke/Pietzcker/Prieß a.a.O. § 24, 47). Es ist eine "Grundstruktur" des<br />

wettbewerblichen Charakters aller nach der VOB/A durchzuführenden Verfahren<br />

(Prieß a.a.O. § 2, 48 und 86, 87).<br />

bb) Die VOF kennt ein Nachverhandlungsverbot nicht. Der Kern dieses Verfahrens<br />

liegt darin, über die Einzelheiten des zu vergebenden Vertrages Verhandlungen<br />

zu führen (Voppel/Osenbrück/Bubert a.a.O. § 5, 6; Kaufhold/Mayerhofer/Reichl,<br />

VOF [1999], .§ 16, 2 und 3; derselbe a.a.O. § 24, 2; Müller-Wrede, VOL/A [2001],<br />

§ 24, 5; Rusam in Heiermann/Riedl/Rusam, VOB, 9. Aufl., A § 3 a, 8 [letztere<br />

jeweils zu den Verhandlungsverfahren in den genannten Regelwerken]). Die<br />

Verhandelbarkeit erstreckt sich auch auf den Preis (Voppel/Osenbrück/Bubert<br />

a.a.O. § 5, 6; Rusam a.a.O. 8; Jasper a.a.O. § 3 a, 19; Marx in<br />

Motzke/Pietzcker/Prieß a.a.O. § 101 GWB, 7).<br />

cc) Das Verhandlungsverfahren darf aber nicht für unzulässige Preisverhandlungen<br />

ausgenutzt werden (Voppel/Osenbrück/Bubert a.a.O. § 5, 6


10<br />

und 7; Müller-Wrede a.a.O. § 16 VOF, 20; Müller-Wrede a.a.O. VOL/A § 3 a, 8;<br />

vgl. ferner zu den Schranken insoweit Rusam a.a.O. § 3 a, 8 i.V.m. § 24, 30).<br />

Dabei sind im Zuge der Nachverhandlungen wiederum Grundsätze eines fairen<br />

Verfahrens auch gegenüber den anderen Bietern zu beachten (vgl. hierzu etwa<br />

Kaufhold/Mayerhofer/Reichl a.a.O. § 16, 2 bis 5).<br />

d) Die Ausscheidung des Preises/Honorarkriteriums stellt aber schon deshalb einen<br />

Vergabefehler dar, da die Äderung dieses Vergabemerkmales vergabewidrig war.<br />

aa) Gemäß § 16 Abs. 3 VOF sind sämtliche Auftragskriterien anzugeben. Es ist nicht<br />

zulässig, bei der Entscheidung andere als die bekannt gegebenen Kriterien zu<br />

Grunde zu legen (BGHZ 139, 273 = NJW 98, 3644, 3646; BauR 99, 736, 739;<br />

Voppel/Osenbrück/Bubert a.a.O. § 16, 19; Rusam a.a.O. A § 25 a, 2; Zdzieblo in<br />

Daub/Eberstein, VOL/A zur § 16 Abs. 2 VOF parallelen Vorschrift des § 9 a<br />

VOL/A dort Rdn. 10). Könnte der Auftraggeber nachträglich den Kriterienkatalog<br />

beliebig ändern, wäre die zu fordernde Überprüfbarkeit der Vergabeentscheidung<br />

nach objektiven Kriterien nicht mehr gewährleistet (BGH a.a.O. 739; Rusam<br />

a.a.O. 2). Damit tritt zugleich eine Selbstbindung des Auftraggebers ein (von<br />

Baum in Müller-Wrede a.a.O. § 9 a VOL/A, 4 und 12). Danach ist es auch<br />

vergabewidrig, ein als Auftragskriterium angekündigtes Merkmal nachträglich<br />

wieder fallen zu lassen (vgl. auch Thür. OLG BauR 00, 388, 393 zu § 25 VOL/A).<br />

Denn auch damit würden Veränderungen. im Anforderungsprofil ermöglicht,<br />

wodurch der Anbieter in unvereinbarer Weise der Willkür der Vergabestelle<br />

ausgeliefert wäre (vgl. allgemein hierzu BGH BauR 99, 736, 739; Rusam a.a.O.<br />

2).<br />

bb) Danach stellt sich die unstreitige Ankündigung des Preises/Honorars als<br />

Auftragskriterium und sein unstreitiges Fallenlassen durch die Antragsgegnerin im<br />

weiteren Zuge des Vergabeverfahrens als Vergabefehler dar.


11<br />

cc) Ein solches Abrücken war auch nicht deshalb zulässig, weil sich im Zuge der -<br />

grundsätzlich zulässigen - Nachverhandlungen gerade auch über den Preis<br />

Angleichungen bis hin zur Honoraridentität ergeben hätten. Dieses Vorbringen<br />

erschöpft sich in einer durch nichts nachvollziehbar gemachten Behauptung und<br />

ist bloße Spekulation. lm Übrigen wären auch geringe Abweichungen<br />

Abweichungen, die im Rahmen der geboten Bewertung dann entsprechend, aber<br />

immerhin zu gewichten wären. Diesem Akt der: Entscheidungsfindung hat sich<br />

die Antragsgegnerin aber vergaberechtswidrig verschlossen.<br />

Schon dies führt dazu, dass - entsprechend dem Ausspruchsteil in Ziff. 1 des<br />

Tenors der angefochtenen Endscheidung - über die Angebote unter Einschluss<br />

der Preise/Honorare erneut zu befinden ist.<br />

e) Um den festgestellten Vergabefehler zu beseitigen und eine Schädigung der<br />

betroffenen Interessen zu verhindern, ist es nicht erforderlich, neue Angebote<br />

einzuholen. Es genügt, die - ohne Vergabeverstoß - in die engere Auswahl<br />

gekommenen, vorhandenen Angebote unter Berücksichtigung des Preises neu zu<br />

werten und wenn erforderlich oder wünschenswert, darüber neu zu verhandeln.<br />

Deshalb war der angefochtene Beschluss insoweit aufzuheben, als er die<br />

Antragsgegnerin verpflichtet, erneut Honorarangebote einzuholen. In diesem<br />

Verfahrensverhältnis war der Antragsgegnerin nur aufzuerlegen, die Angebote der<br />

Bieter unter Berücksichtigung des Kriteriums Preis auf der Grundlage der<br />

Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) zu bewerten. Ob sich aus<br />

einem anderen Streitverhältnis weitergehende Folgen ergeben, welche die<br />

vorliegenden Vorgaben im praktischen Ergebnis überholen, ändert nichts daran, dass<br />

die Verstöße in diesem Verfahren isoliert zu behandeln und aufzuzeigen sind.<br />

4.<br />

In diese Neubewertung ist das Angebot der Beigeladenen mit einzubeziehen. Sie ist nicht<br />

entsprechend dem Antrag der Antragstellerin auszuschließen.


12<br />

a) Ist - wie hier - nach einer gesetzlichen Gebühren- oder Honorarordnung zu vergüten<br />

und ist darin ein zwingender Rahmen vorgesehen, darf der Preis nur innerhalb dieses<br />

Rahmens Berücksichtigung finden (§ 16 Abs. 2 S. 2 VOF). Das wird regelmäßig nur an<br />

der jeweiligen Untergrenze relevant werden. Das bedeutet, dass ein Angebot, dessen<br />

Preis sich nicht im durch die Gebühren- oder Honorarordnung vorgegebenen Rahmen<br />

hält, insbesondere unterhalb der vorgeschriebenen Mindestsätze liegt, nicht zum Zuge<br />

kommen darf, auch wenn es im Übrigen die Zuschlagskriterien erfüllt.<br />

b) Dabei herrscht in der Literatur Streit; wie mit einem solchen Angebot zu verfahren ist,<br />

insbesondere ob es allein wegen dieses Verstoßes ohne weiteres auszuschließen ist.<br />

Voppel/Osenbrück/Bubert a.a.O. § 16, 16 meinen, dass in dieser Situation es auch<br />

grundsätzlich keiner Aufklärung bedürfe, weil ein solches Angebot außerhalb des<br />

zwingenden Gebühren- oder Honorarrahmens allein wegen dieses Verstoßes<br />

ausscheide. Müller-Wrede a.a.O. § 16 VOF, 11 lässt in seiner Kommentierung einen<br />

solchen Automatismus nicht zwingend erkennen, wenn er ausführt: Dies führt dazu,<br />

dass Bewerber, die ihre Leistungen zu einem Preis außerhalb der Parameter einer<br />

Gebühren oder Honorarordnung anbieten, auch bei Erfüllung sämtlicher anderen<br />

auftragsbezogenen Kriterien für die Auftragserteilung nicht in Frage kommen. Denn<br />

diese Stelle kann unschwer auch einem Verständnis dahin zugeführt werden, dass der<br />

Ausschluss erst nach dem Scheitern von Nachverhandlungen darüber zu geschehen<br />

hat. So folgern denn auch Kaufhold/Mayerhofer/Reichl a.a.O. § 16, 13, dass der<br />

Auftraggeber „gesetzes-/verordnungswidrige Angebote im Rahmen der Verhandlungen<br />

mit den Bewerbern korrigieren muss oder nicht annehmen darf".<br />

c) Der Senat folgt der Ansicht, dass ein Ausschluss in der Regel nur nach Scheitern von<br />

Nachverhandlungen über verordnungswidrige Angebotsteile zu geschehen hat. Denn<br />

nur diese Wertung wird Wortlaut und Interessenlage gerecht. § 16 Abs. 2 S. 2 VOF gibt<br />

(bloß) vor, dass, ist die zu erbringende Leistung nach einer gesetzlichen Gebühren-<br />

oder Honorarordnung zu vergüten,


13<br />

der Preis nur im dort vorgeschriebenen Rahmen zu berücksichtigen ist. Damit ist der<br />

nahe liegende Grundsatz ausgesprochen, dass honorarwidrigen Angeboten im<br />

Ergebnis der Zuschlag nicht erteilt werden darf. Der Wortlaut enthält aber gerade kein<br />

„ist auszuschließen" oder gar „ist von vornherein auszuschließen". Die Wendung stellt<br />

selbst nur auf eine Berücksichtigungsfähigkeit ab, die auch dynamische Elemente nicht<br />

ausschließt, sodass sich die Berücksichtigungsfähigkeit auch erst als Folge von<br />

Nachverhandlungen einstellen kann. Aber nicht nur die weiche Formulierung selbst,<br />

sondern auch die Interessenlage gebietet ein solches Verständnis. Es widerspräche<br />

nämlich dem Sinn des Vergaberechtes, ein faires Verfahren für einen Wettbewerb zu<br />

schaffen, der auch der Erzielung günstiger Preise für die öffentliche Hand dient. Bieter<br />

a priori auszuschließen, die - in einem Beispielsfall - leistungsfähig und signifikant<br />

günstiger sind, nur weil sie in einem marginalen Randbereich Mindestsätze einer<br />

Gebührenordnung unterschritten haben, liefe diesem Sinn zuwider. Dies umso mehr<br />

als gerade die vorliegende Vergabeart - wie dargestellt - Nachverhandlungen auch<br />

über den Preis eröffnet. Da auch der Wortlaut diese Sicht eher begünstigt, ist dort, wo<br />

ein Angebot Verstöße gegen die Honorarordnung aufweist, zuerst in<br />

Nachverhandlungen darüber einzutreten. Erst wenn sich dieser Bieter einer gebotenen<br />

Korrektur verschließen würde, wäre sein Angebot endgültig auszuschließen.<br />

d) Ob ein Bieter nicht aber dann von vornherein auszuschließen ist, wenn sein Angebot<br />

etwa angesichts der Fülle der Verstöße gegen die Honorarordnung einen<br />

systematischen Verletzungswillen und damit zugleich auch eine mangelnde fachliche<br />

oder persönliche Eignung erkennen lässt, bedarf vorliegend keiner Entscheidung, da<br />

auch die Antragsgegnerin einen solchen Tatbestand nicht aufgezeigt hat und er im<br />

Übrigen auch sonst nicht ersichtlich ist.


14<br />

Danach ist mit der Beigeladenen dort, wo ihr Angebot im Einzelfall eine Unterschreitung der<br />

HOAI durch einen fehlsamen Ansatz von Parametern erkennen lässt, einzutreten.<br />

5.<br />

Soweit die Antragstellerin hinsichtlich einzelner Teile des Angebots der Beigeladenen solche<br />

Verletzungstatbestände behauptet hat, haben sich nach dem Sach- und Streitstand nur ganz<br />

wenige erwiesen (Grundlagenermittlung, vgl. Ziff. b); Genehmigungsplanung, vgl. Ziff: c), ee,<br />

ff und d)), was ungeachtet der Möglichkeit von Gesamtnachverhandlungen jedenfalls eine<br />

Nachverhandlungspflicht in Bezug auf die Beigeladene auslöst.<br />

a) Honorarzone.<br />

aa) Die Antragsgegnerin hat über ihren Projektsteuerer ... hinsichtlich des einzig<br />

zwischen den Beteiligten insoweit im Streit stehenden Unterschiedes Technische<br />

Ausrüstung Aufzug-, Förder- und Lagertechnik gemäß § 73 HOAI eine Bewertung<br />

„II unten" vorgegeben, was die Antragstellerin gelten ließ, wo die Beigeladene<br />

aber abweichend entsprechend der Bewertungsaufforderung mit „I unten"<br />

ansetzte.<br />

bb) Vorliegend kann auf sich beruhen, ob Honorarzonen generell disponibel und<br />

verhandelbar sind (verneinend VK/Bund nach Weyand IBR 02, 38, der fordert,<br />

dass der Auftraggeber vor Einleitung eines Verhandlungsverfahrens nach der<br />

VOF die Honorarzone nach objektiven Kriterien festzulegen habe; ebenso<br />

Kaufhold/Mayerhofer/Reichl, VOF [1999], § 8, 5; vgl. ferner Pott/Dahlhoff/Kniffka,<br />

HOAI, 7. Aufl., § 10, 5: Die Bestimmung der Honorarzonen unterliege nicht dem<br />

[freien] Belieben der Parteien; preisrechtlich zulässig sei nur die Honorarzone, die<br />

unter Berücksichtigung der jeweiligen maßgeblichen Merkmale ermittelt


15<br />

werde; vgl. auch Koeble in Locher/Koeble/Frik, HOAI, 8. Aufl. [2002], § 4, 107).<br />

cc) In Grenzfällen, insbesondere wenn das Leistungsbild nach der Vergabeart wie<br />

hier in Einzelaspekten noch vollkommen offen ist (Unklarheit über Anforderung an<br />

spätere Aufzugstechnik), kann ein abweichender Ansatz in der Bewertung der in<br />

Frage kommenden Honorarzone zwischen unterschiedlichen Bietern Platz greifen<br />

und ist dann, erweist sich der Ansatz des einen Bieters seinerseits nicht als<br />

unvertretbar fehlsam, nicht (verdeckte) Mindestsatzunterschreitung und damit<br />

honorarordnungswidrig.<br />

dd) Ein solcher Ausnahmefall liegt hier vor. Die Antragstellerin hat selbst in diesem<br />

randständigen Honorarbereich in der mündlichen Verhandlung die gegenwärtige<br />

Offenheit des Planungskonzeptes veranschaulicht und damit die Schwierigkeit,<br />

schon jetzt dieses Segment der Aufgabenstellung endgültig einzuordnen. Da die<br />

Aufgabenbeschreibung selbst ein einfaches Anforderungsprofil ausweist, was<br />

unstreitig ist, kann vorliegend die Bewertung durch die Beigeladene nicht als<br />

Unterschreitung des Mindesthonorars eingestuft und damit einer zwingenden<br />

Nachverhandlungspflicht unterworfen werden.<br />

b) Leistungsphase 1 Grundlagenermittlung (§ 73 Abs. 1 Nr. 1 HOAI).<br />

aa) Die Parteien legen einvernehmlich und zutreffend zu Grunde, dass nach § 5 Abs.<br />

2 HOAI wenn nicht alle Grundleistungen einer Leistungsphase übertragen<br />

werden, eine anteilsmäßige Honorarminderung Platz greift. Das Gleiche gilt,<br />

wenn wesentliche Teile von Grundleistungen dem Auftraggeber nicht übertragen<br />

werden (§ 5 Abs. 2 S. 2 HOAI). Erfordert die Aufgabenstellung im Einzelfall<br />

gewisse Klärungen und damit Grundleistungselemente gar nicht, so liegt<br />

angesichts der Erfolgsbezogenheit des Vergütungsrechtes dann keine<br />

Nichtübertragung vor, vielmehr bleibt es


16<br />

beim ungeschmälerten Honoraransatz (Koeble in Locher/Koeble/Frik a.a.O. § 5,<br />

5; Vygen a.a.O. § 5, 17). Zudem stellt S. 3 des genannten Absatzes klar; dass ein<br />

zusätzlicher Koordinierungs- und Einarbeitungsaufwand zu berücksichtigen ist.<br />

Darunter ist ein zusätzlicher Aufwand oder eine Erschwernis bei der Erbringung<br />

von Teilleistungen zu verstehen, die wegen der Herausnahme einzelner<br />

Grundleistungen auftreten. Ein auch nur kleinerer zusätzlicher Arbeitsaufwand ist<br />

dabei zu berücksichtigen und vergütungsfähig und -pflichtig (Koeble a.a.O. 7;<br />

Vygen a.a.O. § 5, 9 und 33; Pott/Dahlhoff/Kniffka a.a.O. § 5, 9 a und 10;<br />

Löffelmann/Fleischmann, ArchitektenR, 4. Aufl., Rdn. 782). § 5 Abs. 1 und 2<br />

meint die Fälle bewusster Auftragsbeschränkung. Hieran fehlt es, wenn die<br />

Aufgabe durch Vorleistungen des Auftraggebers erleichtert wurde, ohne dass die<br />

Vertragsparteien eine teilweise Nichtübertragung ausdrücklich vereinbart haben<br />

(Hartmann a.a.O. § 5, 3). Ähnliches muss gelten, wenn zwar nicht die originäre<br />

Erbringung eines Leistungsbildes, aber die Kontrolle eines fremderbrachten und<br />

vorgegebenen Leistungsbildes übertragen ist. Dabei kann der Beigeladenen nicht<br />

darin gefolgt werden, dem Leistungsbild in Leistungsphase 2 entspräche ohnehin,<br />

noch einmal alles zu erbringen, was in Leistungsphase 1 bereits vom<br />

Beauftragten zu erstellen war. Gerade die Entstehungsgeschichte der HOAI<br />

bezüglich dieser beiden Leistungsphasen widerlegt dies. Die<br />

Grundlagenermittlung war dem Leistungskatalog des § 19 GOA fremd, da man<br />

davon ausging, dass die vor der Vorplanung liegende Aufgabe vom Bauherrn<br />

erbracht werde, was sich aber oft als unzutreffend herausgestellt hatte und vom<br />

Architekten nachgeholt werden musste mit im Übrigen beachtlichen<br />

Haftungsfolgen (vgl. hierzu ausführlich Korbion in<br />

Hesse/Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 5. Aufl., § 15, 31; vgl. ferner Koeble<br />

a.a.O. § 15, 15; ferner Pott/Dahlhoff/Kniffka a.a.O. § 15, 7 a), zumal wenn man<br />

bedenkt, dass in die Leistungsphase 1 auch die Klärung der rechtlichen<br />

Rahmenbedingungen fällt, also etwa der bauplanungs- und<br />

bauordnungsrechtlichen Gegebenheiten (Löffelmann/Fleischmann, ArchitektenR,<br />

4. Aufl., Rdn. 61 bis 65;


17<br />

Pott/Dahlhoff/Kniffka a.a.O. § 15, 7 a). Dagegen wiederholt der Architekt in der<br />

Leistungsphase 2 nicht - ohnehin - die vorangegangene, sie ist vielmehr dadurch<br />

gekennzeichnet, die in der Leistungsphase 1 ermittelten Grundlagen für die zu<br />

lösende Bauaufgabe in ihre wesentlichen Bestandteile aufzugliedern und in einer<br />

den Planungsbedürfnissen entsprechenden Weise zu ordnen<br />

(Pott/Dahlhoff/Kniffka a.a.O. § 15, 9; Korbion a.a.O. §.15, 45). Die Vorplanung ist<br />

die Planungsstufe, in der die mit der Grundlagenermittlung gewonnenen<br />

Ergebnisse erstmals vom Architekten zeichnerisch umgesetzt werden. Die im<br />

Zuge der Leistungsphase 1 gewonnenen Ergebnisse müssen so aufbereitet<br />

werden, dass sie Grundlage des Vorplanungskonzeptes sein können<br />

(Löffelmann/Fleischmann a.a.O. 100 bis 102). Ist danach die Leistungsphase 1,<br />

und sei es nur in Teilen und damit haftungsauslösend im Sinne einer Kontrolle<br />

überantwortet, fällt ein Leistungsteil dort an, der dann nicht nur mit "Null" bewertet<br />

werden darf. Geschieht dies gleichwohl, liegt eine Unterschreitung des<br />

Mindesthonorars vor und leitet jedenfalls vor der Phase eines Ausschlusses des<br />

Gesamtangebotes in Nachverhandlungen über.<br />

bb) So liegt es hier. Vorliegend hat die Beigeladene jeweils in der<br />

Leistungsphase 1 Grundlagenermittlung bei<br />

Technische Ausstattung Ausrüstung<br />

GWA<br />

WBR<br />

Badewassertechnik<br />

Elektrotechnik<br />

Aufzug-, Förder- und Lagertechnik<br />

einen Strich gemacht und das Honorar insoweit mit Null bewertet, im Gegensatz<br />

etwa zur Antragstellerin, die dort einen Honorarsatz von 1 bis 1,5 % angesetzt<br />

hat.<br />

Die Ausschreibung gab insoweit aber jeweils vor<br />

1 Grundlagenermittlung<br />

(1) Grundleistungen, wie in der HOAI beschrieben.<br />

Andererseits hatte der Projektsteuerer insoweit schon Vorarbeit geleistet, wie<br />

auch die Antragstellerin mit ihrem gekürzten Honoraransatz anerkennt. Danach<br />

war dem späteren Auftragnehmer zumindest die Kontrolle


18<br />

der vorgegebenen Grundlagenermittlung übertragen und zwang ihn, wollte er den<br />

Rahmen der HOAI nicht verlassen, zumindest in Teilen eine Honorarforderung<br />

anzusetzen.<br />

c) Ein Verstoß gegen die Honorarordnung ist hinsichtlich<br />

Leistungsphase 4 Genehmigungsplanung<br />

in der Kürzung der Honoraransätze auf die Hälfte oder gar auf Null bei<br />

Freianlagen<br />

GWA<br />

Badewassertechnik<br />

Aufzug-, Förder- und Lagertechnik<br />

nur im Punkt Badewassertechnik und Aufzugstechnik hinreichend aufgezeigt.<br />

aa) Auch hierbei gilt im Ansatz, dass im Hinblick auf teilweise Vorleistungen des<br />

Projektsteuerers - wie auch von der Antragstellerin in ihrem Angebot selbst<br />

umgesetzt - gewisse Honorarminderungen in Einzelpunkten angezeigt sind. Vor<br />

diesem Hintergrund ist dann dem jeweiligen Bieter ein eigener<br />

Bemessungsspielraum eröffnet, der nur dort, wo er unvertretbar ausgeübt wird,<br />

eine honorarordnungswidrige Handhabung darstellen kann.<br />

bb) Freianlagen.<br />

Zwar kann der Ansicht nicht beigetreten werden, dass die Leistungsphase 4<br />

schon durch Planleistungen in Leistungsphase 3 abgegolten sei. Auch steht § 18<br />

S. 1 HOAI dem Ansatz entgegen, Planleistungen bezüglich eines Gebäudes,<br />

welche sich zwangsläufig auch auf die es umgebende Fläche erstreckten,<br />

rechtfertigten für die Planung der Freifläche kein eigenes, zusätzliches Honorar.<br />

Die Antragstellerin vermochte aber keine Tatsachen aufzuzeigen, aufgrund deren<br />

eine Genehmigungspflicht vorliegend für die Freianlage bestünde. Die<br />

Genehmigungsfreiheit ist denn auch der insoweit häufiger vorkommende Fall<br />

(Korbion a.a.O. § 15, 103). Darauf hat aber die 4. ÄndVO reagiert, indem sie dem<br />

Architekten auch bei Freianlagen einen Honoraranteil zusprach, wenn zwar keine<br />

Genehmigung nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften einzuholen, aber


19<br />

die Genehmigungspflicht oder eine Zustimmung überhaupt zu prüfen war<br />

(Löffelmann/Fleischmann a.a.O. Rdn. 210; Korbion a.a.O. 103;<br />

Pott/Dahlhoff/Kniffka a.a.O. § 15, 15 a). Diese Regel löst vorliegend allemal einen<br />

Anspruch auf ein entsprechendes Honorar und damit eine Pflicht aus, ein solches<br />

im Angebot anzusetzen. Dass der von der Beigeladenen dabei gewählte<br />

Honoraransatz fehlsam sei, ist aber nicht zu erkennen.<br />

cc) Gas-, Wasser-, Abwasser- und Feuerlöschtechnik (GWA).<br />

Die Antragstellerin hat nicht aufzuzeigen vermocht, dass die Darlegungen der<br />

Beigeladenen zum Genehmigungsumfang nach den tatsächlichen Gegebenheiten<br />

(vgl. Bl. 58. bis 59) unzutreffend seien (vgl. ferner Bl. 140 bis 141).<br />

dd) Wärmeversorgungs-, Brauchwassererwärmungs- und Raumlufttechnik (WBR).<br />

Insoweit haben die Antragstellerin wie die Beigeladene abweichend vom<br />

Honorarsatz der HOAI übereinstimmend „einen Strich" eingetragen. Dies<br />

veranschaulicht flankierend, dass auch die Antragstellerin den generellen<br />

Wertungsansatz der Beigeladenen gelten lässt, dass, obwohl nur ein Leistungsteil<br />

oder tatsächlich nichts zu erbringen ist, eine Honorarminderung ggf. bis auf Null<br />

gerechtfertigt ist.<br />

ee) Badewassertechnik.<br />

Die Antragstellerin räumt zwar ein, dass in diesem Bereich keine<br />

Genehmigungsvorlagen einzureichen seien. Ihr Vorbringen, eine Genehmigung<br />

für die Badewasseraufbereitung und ein Genehmigungsverfahren gemäß § 45 e<br />

LWG seien geboten (Bl. 142), ist allgemeine Rechtsbehauptung geblieben. Der<br />

Vortrag der Beklagten, wonach Schwellenwerte, welche die Wasseranlage erst<br />

zur Abwasserbehandlungsanlage machen (vgl. hierzu allgemein etwa<br />

Czychowski, WHG, 7. Aufl., § 18 c, 17),


20<br />

vorliegend gar nicht erreicht wären, hat keinen Widerspruch gefunden. Allerdings<br />

gilt auch hier - wie bereits oben bei bb) dargestellt -, dass allein für die Prüfurig<br />

der Genehmigungspflichtigkeit, für die, wie gerade der sehr differenzierte Vortrag<br />

der Beigeladenen zeigt, allemal Anlass bestanden hat, ein Honoraransatz<br />

vorzunehmen ist. Ihn völlig zu verneinen, wie von der Beigeladenen geschehen,<br />

stellt eine Honorarunterschreitung dar und führt, korrigiert die Beigeladene diese<br />

Unterschreitung im Zuge von Nachverhandlungen nicht, zu deren<br />

Gesamtausschluss.<br />

ff) Aufzugstechnik.<br />

d) Nebenkosten.<br />

6.<br />

Insoweit gilt das schon zu ee) gefundene Ergebnis wertungsgleich.<br />

Die Rüge der Antragstellerin, die Pauschalierung sei nicht kostendeckend (Bl. 143), hat<br />

keine schriftsätzliche Entsprechung gefunden und ist deshalb zu Grunde zu legen.<br />

Diese Angebotsposition der Beigeladenen unterfällt danach ebenfalls der<br />

Nachverhandlungspflicht.<br />

Soweit die Beigeladene in ihrem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erstmals<br />

überreichten Schriftsatz entgegen ihrem begleitenden Bemerken sehr .wohl neues<br />

Vorbringen gehalten hat, ist der darin neu angesprochene Gesichtspunkt (§ 4 Abs. 4 VOF),<br />

seine grundsätzliche Beachtlichkeit auch bei dieser Beteiligtenkonstellation unterstellt, nicht<br />

in rechtserheblicher Weise dargetan.<br />

a) Dabei kann offen bleiben, ob die Beigeladene im Rahmen des durch die<br />

Beschwerdeführer vorgegebenen Streitgegenstandes auf einen Ausschluss der<br />

Antragstellerin aus dem Vergabeverfahren überhaupt hinwirken kann. Dies sei aber<br />

unterstellt. Die Soll-Regelung des § 4 Abs. 4 VOF will die Unabhängigkeit von Bietern<br />

von ausführenden Unternehmen sicherstellen und so etwa ei-


21<br />

ner produktspezifischen Ausrichtung des generalplanenden Bieters entgegenwirken.<br />

Dabei entscheiden die Umstände des Einzelfalls. Ein genereller Ausschluss<br />

gesellschaftsrechtlich verbundener Bewerber ist nicht zulässig; ggf. sind andere<br />

Möglichkeiten der. Sicherung der Unabhängigkeit in Betracht zu ziehen (vgl.<br />

Voppel/Osenbrück/Bubert a.a.O. § 4, 30 m.N.).<br />

b) Nach dem erstmals gehaltenen Vortrag der Beigeladenen ist schon nicht ersichtlich<br />

gemacht, inwieweit eine Nähe des Bieters zu einer Makler- oder zu einer<br />

Immobilienverwaltungsgesellschaft einen Interessenkonflikt heraufzubeschwören<br />

vermögen bei der Planung und dem Bau eines Hallenbades. Hinsichtlich der<br />

angeblichen Nähe zu einer Bauträgergesellschaft beließ es die Beklagte bei dem<br />

bloßen Verweis auf deren Existenz und die Vertretungsverhältnisse in dieser Firma.<br />

II.<br />

Die Nebenentscheidungen folgen §§ 97, 92 ZPO entsprechend hinsichtlich des<br />

Beschwerderechtszuges und § 128 Abs. 3 und 4 GWB bezüglich des Verfahrens vor der<br />

Vergabekammer. Der Senat gewichtet die Obsiegens- und Unterliegensanteile in den<br />

Beteiligungsverhältnissen annähernd gleichgewichtig.<br />

Die Festsetzung des Streitwertes des Beschwerdeverfahrens richtet sich nach § 12 a Abs. 2<br />

GKG.

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