Ausgabe 27: "Arbeitswelt", November 2003 - Die andere Seite des ...
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8 die <strong>andere</strong> seite<br />
Käthi Furrer:<br />
«Wenn der Staat seine <strong>Ausgabe</strong>n zurückfährt,<br />
verschärft sich das Problem auf<br />
dem Arbeitsmarkt zusätzlich.»<br />
noch am Anfang. Zum Beispiel im Gesundheitswesen,<br />
in den Spitälern ist die<br />
EDV nicht sehr weit entwickelt und verursacht<br />
eher Mehrarbeit als Arbeitsersparnis.<br />
Es kommen noch grosse Veränderungen<br />
auf uns zu.<br />
Langhard: Alleine im Finanzdienstleistungssektor<br />
werden weitere Rationalisierungen<br />
angekündigt. Im Grossraum<br />
Zürich steht uns der Abbau von gegen<br />
30000 Stellen bevor. Ob unser Wirtschaftssystem<br />
weiter so funktionieren<br />
kann? Wird uns hier nicht die ethische<br />
Grundlage langsam zerstört? Das kommunistische<br />
System <strong>des</strong> Ostblocks, das<br />
eigentlich ein diktatorisches war, ist genau<br />
daran gescheitert. Und nun scheint<br />
die Basis unserer Marktwirtschaft denselben<br />
Wurm der Unmoral in den Eingeweiden<br />
zu haben! Längerfristig kann das<br />
nicht gut gehen.<br />
Weidmann: Der krasse Egoismus,<br />
wie er von Ebner vorgeführt wird, bestimmt<br />
stark unsere Wirtschaft.<br />
Furrer: Gewinnmaximierung um jeden<br />
Preis, möglichst hoher Gewinn bei<br />
möglichst wenig Aufwand: Das wird in<br />
der Wirtschaft praktiziert.<br />
Langhard: <strong>Die</strong> Schwachen kommen<br />
dabei unter die Räder. <strong>Die</strong> Welt geht<br />
aber nicht an den Schwachen, sondern<br />
an den Starken zugrunde.<br />
Furrer: <strong>Die</strong> Selbstregulierung <strong>des</strong><br />
freien Marktes funktioniert nicht. Mit<br />
jeder Baisse produziert er Tausende von<br />
Arbeitslosen. <strong>Die</strong>se Kosten werden dem<br />
Staat zugewiesen. Deshalb muss der<br />
Staat in die Wirtschaftspolitik eingreifen<br />
können. Das ist ein langer Streit zwischen<br />
Links und Rechts.<br />
Weidmann: Neue Ethikregeln, die<br />
das Gemeinwohl beachten, müssen in<br />
der Wirtschaft Eingang finden. Anders<br />
geht es nicht.<br />
Ita-Graf: <strong>Die</strong> ethischen Rahmenbedingungen<br />
müssen gesetzt werden. Nur,<br />
wo könnte der Staat diese setzen?<br />
Weidmann: Der Markt ist fähig, viele<br />
Güter möglichst effizient zu produzieren.<br />
Regionale und soziale Unterschiede<br />
ausgleichen oder Umweltprobleme lösen,<br />
all das kann er nicht.<br />
Kann der Staat durch Änderungen in der<br />
Steuerpolitik eingreifen?<br />
Weidmann: Im politischen Alltagsgeschäft<br />
werden innovative Ideen kaum<br />
vorangetrieben. Sie finden keine Mehrheiten.<br />
<strong>Die</strong> ökologische Steuerreform<br />
zum Beispiel wird von vielen als gute<br />
Idee anerkannt. Sie könnte mit Hilfe einer<br />
Energiesteuer den ökologischen Umbau<br />
unseres Lan<strong>des</strong> in Gang setzen und<br />
damit einen gewaltigen Schub für unsere<br />
Wirtschaft bewirken. Durch eine gezielte<br />
Steuerpolitik könnte der Staat einiges erreichen.<br />
Ita-Graf: Freiwilligenarbeit erfüllt in<br />
unserer Gesellschaft eine wichtige Funktion.<br />
Menschen die sich in der Freiwilligenarbeit<br />
engagieren, sollten steuerliche<br />
Vergünstigungen erhalten.<br />
Langhard: Darum müssen wir die<br />
Arbeit neu definieren. Heute kennen wir<br />
nur die Zweiteilung <strong>des</strong> Lebens in Arbeit<br />
und Freizeit. Solange aber die Arbeit als<br />
einzige Quelle dient, damit überlebt werden<br />
kann, müssten alle Menschen an der<br />
Arbeit teilhaben können. Und wenn dies<br />
nicht mehr möglich ist, dann muss die<br />
heutige Zweiteilung produktiv erweitert<br />
werden.<br />
Ita-Graf: Ein Min<strong>des</strong>tlohn muss garantiert<br />
sein.<br />
Furrer: SP und Gewerkschaften fordern<br />
schon lange einen gesetzlich festgelegten<br />
Min<strong>des</strong>tlohn. Wer mit einem<br />
100%-Job 3000 Franken oder weniger<br />
verdient, kann sich Freiwilligenarbeit<br />
nicht leisten. Das gibt's leider immer<br />
noch zuhauf. Das ist ein Skandal.<br />
Heizt die Sparwut der öffentlichen Hand<br />
die Arbeitslosigkeit zusätzlich an?<br />
Furrer: Wenn der Staat seine <strong>Ausgabe</strong>n<br />
zurückfährt, verschärft sich das Problem<br />
auf dem Arbeitsmarkt zusätzlich.<br />
Das ist ein Kreislauf. <strong>Die</strong> Privatwirtschaft<br />
verzeichnet einen Einbruch. <strong>Die</strong><br />
Arbeitslosigkeit nimmt zu. Das wiederum<br />
hat einen Einfluss auf das Konsumverhalten.<br />
Es wird weniger Geld ausgegeben.<br />
<strong>Die</strong>jenigen, die Geld haben, sind<br />
verunsichert und behalten es zurück. <strong>Die</strong><br />
SP fordert <strong>des</strong>halb vom Staat, dass er sich