Zwischen den Fronten – Entscheidungen unter Druck - VR Bank ...
Zwischen den Fronten – Entscheidungen unter Druck - VR Bank ...
Zwischen den Fronten – Entscheidungen unter Druck - VR Bank ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Mit 14 deutscher Meister <strong>–</strong><br />
die Olympiade im Visier<br />
Hallo, ich bin Armin Uhl und bin sehr<br />
begeisterter Leistungssportler. Ich<br />
wurde 1991 in Kitzingen geboren<br />
und wuchs in Albertshofen bei meiner<br />
Familie auf. Mein Stiefvater hat<br />
schon immer Gewichte gestemmt.<br />
Als ich 9 war, hat er mich einmal mit<br />
zum Training genommen und ich<br />
habe mich dort umgeschaut. Mir<br />
haben der Verein und die Sportart<br />
sofort gut gefallen. Deshalb ging ich<br />
ab diesem Tag regelmäßig zum Training<br />
und konnte meine Leistung stetig<br />
verbessern.<br />
Allerdings änderte sich mit ca. 11<br />
Jahren meine Einstellung. Sport<br />
stand nun nicht mehr an oberster<br />
Stelle, sondern Freunde und Freizeit<br />
waren mir wichtiger. Daher habe ich<br />
mit dem Training aufgehört und meine<br />
Jugend genossen.<br />
Aber mein Schicksal wollte wohl,<br />
dass ich Gewichtheber werde: Zwei<br />
Jahre später, als ich 13 war, wur<strong>den</strong><br />
die deutschen Meisterschaften im<br />
Gewichtheben in Kitzingen ausgetragen.<br />
Da mich die Sportart aufgrund<br />
des familiären Bezuges und<br />
meiner eigenen Erfahrung immer<br />
noch interessierte, bin ich als Zu <br />
schauer zu <strong>den</strong> deutschen Meisterschaften.<br />
Mein ehemaliger Trainer<br />
nutzte die Gelegenheit sofort und<br />
fragte mich, ob ich nicht Lust hätte,<br />
wieder in <strong>den</strong> Verein einzutreten.<br />
Unser stärkstes Mitglied: Armin Uhl aus Albertshofen.<br />
4 <strong>VR</strong> News 1/2010<br />
Ich hatte! Und das Training fiel mir<br />
trotz der 2jährigen Pause sehr leicht.<br />
Ich hatte die Technik noch nicht verlernt,<br />
vielleicht besitze ich auch einfach<br />
die richtigen Gene. Ein Jahr später,<br />
mit 14, gewann ich bereits die<br />
deutschen Juniorenmeisterschaften.<br />
Damals wog ich ca. 70 kg. Ich habe<br />
75 kg gerissen und 95 kg gestoßen.<br />
Stoßen und Reissen <strong>–</strong> was ist das<br />
überhaupt? Jeder Wettkampf be <br />
steht aus 2 Disziplinen, dem Stoßen<br />
und dem Reissen. Alle Teilnehmer<br />
müssen beide Disziplinen bestreiten.<br />
Man kann sich nicht für eine Disziplin<br />
entschei<strong>den</strong>. Beim Reißen nimmt<br />
man die Hantel in <strong>den</strong> breiten Griff<br />
und reißt sie direkt vom Bo<strong>den</strong> über<br />
<strong>den</strong> Kopf. Beim Stoßen hingegen<br />
kann man das Gewicht auf <strong>den</strong><br />
Oberschenkeln ablegen, die Kraft<br />
sammeln und dann die Hantel über<br />
<strong>den</strong> Kopf stemmen. Mir persönlich<br />
macht das Stoßen mehr Spaß.<br />
Nachdem ich deutscher Meister der<br />
Jugend war, wollte ich mein Training<br />
erweitern und meine Leistung verbessern.<br />
Daher habe ich mich nach<br />
ge eigneten Internaten umgesehen<br />
und eines in Frankfurt/Oder gefun<strong>den</strong>.<br />
An meinen ersten Tag kann ich mich<br />
noch genau erinnern. Als meine<br />
Mutter im Dezember mit mir zu dem<br />
<strong>VR</strong> News<br />
Internat fuhr, wollten wir uns lediglich<br />
dort umsehen, ob mir das Internat<br />
gefällt. Auf dem Weg nach<br />
Frankfurt bekam ich von der Schulleitung<br />
einen Anruf, dass bereits ein<br />
Zimmer für mich frei wäre. Meine<br />
Mutter und ich waren überrumpelt,<br />
<strong>den</strong>n ich wollte ursprünglich noch<br />
nicht sofort in ein Internat ziehen.<br />
Trotzdem bin ich gleich im Osten<br />
Deutschlands geblieben, mehr als<br />
500 km von meiner Heimat entfernt,<br />
ganz nahe an der Grenze zu Polen.<br />
Von diesem Tag an hat sich mein<br />
Leben komplett verändert. Mein Tag<br />
beginnt nun morgens um 6:55 Uhr.<br />
Der Wecker klingelt und ich hetze<br />
ohne Frühstück zum Unterricht. Der<br />
beginnt hier nämlich schon um 7:00<br />
Uhr. Direkt im Anschluss beginnt um<br />
9:30 Uhr das erste Training des<br />
Tages. Zwei Stun<strong>den</strong> später, um<br />
11:30 Uhr habe ich dann kurz Zeit<br />
zum Essen und <strong>unter</strong> die Dusche<br />
hüpfen, <strong>den</strong>n von 12:35 Uhr bis<br />
16:00 Uhr folgt die nächste Unterrichtseinheit.<br />
Anschließend trainiere<br />
ich wieder bis um 18:00 Uhr oder um<br />
19:00. Uhr. Am Abend bin ich froh,<br />
wenn ich meine Ruhe habe und mich<br />
in meinem Zimmer ausruhen kann.<br />
Im Internat teile ich mir ein Zimmer<br />
mit 3 weiteren Schülern. Zusammen<br />
bil<strong>den</strong> wir das „BayernTeam“.<br />
Eigentlich müsste man am Abend<br />
noch lernen, aber oft bin ich dazu zu<br />
müde. Zum Lernen habe ich am<br />
Wochenende genügend Zeit, <strong>den</strong>n<br />
ich bleibe meistens in Frankfurt.<br />
Wenn ich mit dem Zug nach Hause<br />
fahre, bin ich einfach 6 bis 8 Stun<strong>den</strong><br />
<strong>unter</strong>wegs, je nachdem , was für<br />
Verspätungen die Bahn mal wieder<br />
hat. Für ein Wochenende lohnt sich<br />
das kaum. So komme ich nur noch in<br />
<strong>den</strong> Ferien nach Albertshofen und<br />
sehe meine Familie und Freunde. Am<br />
Anfang war das für mich nicht immer<br />
leicht, aber ich habe mich daran<br />
gewöhnt.<br />
Heute bin ich 18, wiege knapp 90 kg,<br />
reiße 126 kg und stoße 155 kg. Um<br />
mein Gewicht zu halten, muss ich<br />
zusätzlich zu dem normalen Training<br />
auch Krafttraining machen. Eine<br />
bestimmte Diät gibt es zum Glück<br />
nicht, wenn ich Lust habe, esse ich<br />
auch ab und zu Fast Food.<br />
Gast<br />
beitrag<br />
Armin Uhl ist in Albertshofen aufgewachsen<br />
und hat mit 9 Jahren durch seine Familie die<br />
Begeisterung fürs Gewichtheben entdeckt.<br />
Bereits im Alter von 14 Jahren hat er sein<br />
Elternhaus und seine Familie verlassen, um<br />
sich in Frankfurt/Oder auf dem Internat<br />
dem Sport zu widmen und seine Karriere als<br />
Gewichtheber zu beginnen.<br />
Wichtig ist vor allem, dass ich am<br />
Wettkampftag das Gewicht meiner<br />
Klasse einhalte. Denn wenn ich das<br />
Gewicht übertreffe, sogar wenn es<br />
nur wenige Gramm sind, darf ich<br />
nicht in meiner eigentlichen Ge <br />
wichtsklasse starten, sondern muss<br />
gegen Teilnehmer der nächsthöheren<br />
Gewichtsklasse antreten. Die<br />
Chancen auf einen Medaillenplatz<br />
wären dann sehr gering.<br />
Die nächsten 1 ½ Jahre werde ich<br />
noch in Frankfurt/Oder verbringen.<br />
Solange dauert es, bis ich das Abitur<br />
habe. Was ich danach beruflich<br />
machen möchte, weiß ich noch<br />
nicht, eventuell werde ich studieren.<br />
Vielleicht verschlägt es mich auch zu<br />
einer Sportförderkompanie der<br />
Bundeswehr. Mein Schicksal wird<br />
mir sicher <strong>den</strong> Weg weisen. Ein Ziel<br />
habe ich allerdings sicher: Olympia<br />
2016 in Rio de Janeiro!<br />
Wenn ich auf die letzten Jahre<br />
zurückblicke, bin ich froh, dass ich<br />
nach Frankfurt/Oder bin. Dort habe<br />
ich bessere sportliche und aufgrund<br />
des anderen Schulsystems auch<br />
bessere schulische Möglichkeiten,<br />
selbst wenn ich ab und zu lieber in<br />
meiner Heimat wäre.<br />
Albertshofen wird immer mein<br />
Zuhause bleiben.