Der Anspruch auf Folge-Courtage - Dr. Johannes Fiala
Der Anspruch auf Folge-Courtage - Dr. Johannes Fiala
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Recht<br />
Kurzprofil<br />
Wo sich komplexe, fachliche und<br />
schwierige rechtliche Fragen bei der<br />
Beratung von Vertrieben, Vermittlern,<br />
Maklern, Versicherern, oder<br />
Kreditwirtschaft bedingen, müssen<br />
fachlicher Sachverstand und juristisches<br />
Spezialwissen berücksichtigt<br />
werden. Wirkliche Transparenz kann<br />
nur durch unabhängige Beratung<br />
hergestellt werden.<br />
Personen<br />
geb. 08.05.1959<br />
Rechtsanwalt<br />
<strong>Johannes</strong> <strong>Fiala</strong><br />
fiala@fiala.de<br />
geb. 13.08.1956<br />
Aktuar<br />
Peter A. Schramm<br />
Tel.: 0170 9620608<br />
info@pkv-gutachter.de<br />
Kontakt<br />
Kanzlei <strong>Fiala</strong>, Freiesleben & Weber –<br />
RA, PA, StB & WP<br />
De-la-Paz-Str. 37<br />
D-80639 München<br />
Tel.: 089 179090-0<br />
Fax: 089 179090-70<br />
info@fiala.de<br />
www.fiala.de<br />
Peter A. Schramm<br />
Am Rauschenberg 7<br />
D-56355 Diethardt<br />
Tel.: 06772 9625 68<br />
Fax: 06772 9625 69<br />
info@pkv-gutachter.de<br />
www.pkv-gutachter.de<br />
44<br />
Vermittler-Irrtümer:<br />
<strong>Der</strong> <strong>Anspruch</strong> <strong>auf</strong><br />
<strong>Folge</strong>-<strong>Courtage</strong><br />
von Peter Schramm und <strong>Johannes</strong><br />
<strong>Fiala</strong><br />
<strong>Der</strong> Fall:<br />
Versicherungsmakler M betreute seinen<br />
Kunden, bis dem Makler sein<br />
Vertrag gekündigt wurde. Seither<br />
bekam er keine <strong>Courtage</strong> mehr vom<br />
Versicherer – und verlor seine Klage<br />
vor dem BGH mit Urteil vom<br />
13.01.2005.<br />
Provision und <strong>Courtage</strong>:<br />
Die Vermittlerschaft wird in zwei<br />
Gruppen unterteilt. Einerseits den<br />
(Mehrfach-) Agenten, § 84 HGB. Dieser<br />
erhält eine Provison für Vermittlung<br />
und Betreuung als Erfüllungsgehilfe<br />
des Versicherers.<br />
Andererseits gibt es den Versicherungsmakler,<br />
§ 93 HGB. Er erhält für<br />
den Abschluss, also die Vermittlung,<br />
eine Erst-<strong>Courtage</strong>. In den <strong>Folge</strong>jahren<br />
kann eine <strong>Folge</strong>-<strong>Courtage</strong> entstehen.<br />
Üblicherweise ist dies ein Entgelt, das<br />
sich aus einem Vermittlungsentgelt (für<br />
den Erstvertrag und/oder die Nichtkün-<br />
digung des bestehenden Vertrages)<br />
und einem Betreuungsentgelt (für Verwaltung<br />
und Bestandspflege) zusammensetzt.<br />
Nach herrschender Ansicht und (echten)<br />
Versicherungsmaklern und gemäß<br />
namhafter Kommentatoren sind Erst-<br />
<strong>Courtage</strong> und <strong>Folge</strong>-<strong>Courtage</strong> ein einheitlicher<br />
<strong>Anspruch</strong>. Beides rührt aus<br />
der erfolgreichen Vermittlung des Versicherungsvertrages<br />
(dem Abschluß)<br />
her.<br />
Dies schränkt der BGH nunmehr ein,<br />
allerdings könnten Zweifel angebracht<br />
sein, denn der BGH verwendet in seiner<br />
Entscheidung offenbar die Worte<br />
„Provision“ und „<strong>Courtage</strong>“, ohne<br />
genau zu differenzieren. Eine Provision<br />
gibt es begrifflich nur beim Agenten.<br />
<strong>Der</strong> Versicherungsmakler erhält eine<br />
<strong>Courtage</strong>, auch wenn diese (wie bei<br />
Lebens- und Krankenversicherungen<br />
teilweise anzutreffen) <strong>auf</strong> einen Schlag<br />
ausbezahlt wird.<br />
Vermutlich wird bald wieder ein<br />
Versicherungsmakler gegen seinen<br />
Versicherer klagen – entscheidend wird<br />
es dann auch dar<strong>auf</strong> ankommen, die<br />
Begrifflichkeiten und Besonderheiten<br />
der Vermittlerberufe für das Gericht<br />
verständlich herauszuarbeiten. Im vom<br />
BGH entschiedenen Fall, hatte in erster<br />
Instanz ein Sachverständiger keinen<br />
Handelsbrauch feststellen können –<br />
ein Defizit, das sich bis in die letzte<br />
Instanz fortgesetzt hat. Somit wäre<br />
eine Reparatur dieser Einzelfallentscheidung<br />
möglich. Wohl dem Makler,<br />
dem die Erfahrung zur Verfügung steht,<br />
ein Sachverständigengutachten mit<br />
Erfolg zu „zerlegen“, denn „Gründe,<br />
die Zweifel an der Richtigkeit der gutachterlichen<br />
Feststellungen begründen<br />
konnten, hat der klagende Makler (oder<br />
seine Anwälte?) nicht <strong>auf</strong>zeigen können“.<br />
experten report · 02/2005
Verk<strong>auf</strong> und Vererbbarkeit der Agentur:<br />
<strong>Der</strong> Agent weiß, dass sein(e) Versicherer<br />
das letzte Wort haben – ein<br />
Agenturvertrag kann jederzeit gekündigt<br />
werden. Vor allem für die Erben<br />
kann dies bitter sein, denn oftmals<br />
werden die Bestände des verstorbenen<br />
Agenten einem anderen zugeführt<br />
– damit endet der Geldsegen aus den<br />
Beständen.<br />
Für den Versicherungsmakler war dies<br />
bisher anders. Die meisten Makler<br />
haben sich dar<strong>auf</strong> verlassen, dass dem<br />
Versicherungsmakler und auch seinen<br />
Erben, niemand die <strong>Folge</strong>courtage<br />
(durch die Hintertür z.B.) wegnehmen<br />
könne.<br />
Grundsatz:<br />
In seinen Urteilen vom 27.11.1985 und<br />
13.06.1990 hatte der BGH klargestellt,<br />
dass für die <strong>Folge</strong>-<strong>Courtage</strong> ausreichend<br />
ist, wenn der Versicherungsmakler<br />
mitursächlich tätig war.<br />
Ausreichend ist, dass der Makler einen<br />
(stillschweigenden bzw. indirekten)<br />
Auftrag besitzt, auch die <strong>Folge</strong>verträge<br />
zustande zu bringen (beim Agenten<br />
spricht man hier von einer „Nichtkündigungsprovision“).<br />
Vertragsauslegung und<br />
Maklerabsicherung:<br />
Auf die Vertragsauslegung kommt es<br />
an, meint der BGH nunmehr: Vor allem,<br />
wenn der Kunde dem Makler kündigt –<br />
und dann ein anderer Makler die<br />
Betreuung übernimmt, oder – wie hier<br />
– ein Agent des Versicherers. Wer als<br />
Makler seine <strong>Folge</strong>-<strong>Courtage</strong> sichern<br />
möchte, hat zwei Wege:<br />
1. Es bedarf klarer, kaum mehr anders<br />
auslegbarer Vereinbarungen (Vertragslösung<br />
durch individuelle<br />
Abreden).<br />
2. Alternativ kann der Makler klagen,<br />
und hoffen, dass ein Sachverständigengutachten<br />
einen für ihn<br />
günstigen Handelsbrauch feststellt<br />
– denn hierzu gibt es gewichtige<br />
Stimmen in der Maklerschaft.<br />
Zweifelhafte Feststellungen<br />
zum Handelsbrauch:<br />
<strong>Der</strong> Sachverständige konnte feststellen,<br />
dass bei mehrjährigen Versicherungsverträgen<br />
im Sachversicherungsbereich,<br />
die <strong>Courtage</strong> der Restl<strong>auf</strong>zeit<br />
<strong>auf</strong>zuteilen ist – der bisherige/alte<br />
Versicherungsmakler geht also nicht<br />
leer aus.<br />
Wenn jedoch eine einjährige L<strong>auf</strong>zeit<br />
mit Verlängerungsklausel vorliegt –<br />
experten report · 02/2005<br />
und dies dürfte die überwiegende Zahl<br />
von Verträgen betreffen – verliert der<br />
Makler seinen vollen <strong>Anspruch</strong> zum<br />
nächstfolgenden Verlängerungstermin<br />
des Versicherungsvertrages; bis dahin<br />
behält er seine Vergütung vollständig.<br />
<strong>Folge</strong>fehler des BGH?<br />
<strong>Der</strong> BGH erkennt zutreffend, dass in<br />
der <strong>Folge</strong>-<strong>Courtage</strong> wirtschaftlich zwei<br />
Komponenten enthalten sind – eine<br />
(weitere) Vergütung für die (ursprüngliche)<br />
Vermittlung und eine Vergütung<br />
für die Betreuung des Versicherungsnehmers.<br />
Dann folgert der BGH, dass bei einjährigen<br />
Verträgen mit Verlängerungsoption,<br />
im Sachversicherungsbereich,<br />
der Makler ab der Kündigung seine<br />
Vermittlungs-<strong>Folge</strong>-<strong>Courtage</strong> komplett<br />
verliert; dabei stützt sich der BGH <strong>auf</strong><br />
einen angeblich nicht feststellbaren<br />
Handelsbrauch einer <strong>Folge</strong>-<strong>Courtage</strong>:<br />
<strong>Der</strong> BGH meint pauschalierend „sobald<br />
der Makler seine Leistung nicht<br />
mehr erbringt, entfällt jedoch grundsätzlich<br />
sein <strong>Anspruch</strong>“ <strong>auf</strong> seine<br />
<strong>Folge</strong>-<strong>Courtage</strong>. Geht man jedoch<br />
rechtlich von einem einheitlichen<br />
<strong>Courtage</strong>-<strong>Anspruch</strong> des Versicherungsmaklers<br />
aus, kommt es gar nicht<br />
<strong>auf</strong> einen Handelsbrauch an:<br />
Schließlich mag ja der Betreuungs<strong>auf</strong>wand<br />
entfallen, wenn der VN dem<br />
Makler kündigt: Dann gilt ständig der<br />
Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“.<br />
Jedoch dürfte diese Entscheidung vor<br />
dem Verfassungsgericht keinen Bestand<br />
haben – denn die <strong>Folge</strong>-Vermittlungs-<strong>Courtage</strong><br />
würde gleichsam<br />
vom BGH „enteignet“: <strong>Der</strong> BGH<br />
begründet dies damit, dass „die Ver-<br />
mittlung des Vertragsabschlusses<br />
durch den Makler mit fortschreitender<br />
Zeit, alsbald in den Hintergrund“ tritt.<br />
Bei einem einheitlichen <strong>Courtage</strong>-<br />
<strong>Anspruch</strong> wäre dies ein Verstoß gegen<br />
die Denkgesetze, mithin ebenfalls verfassungsrechtlich<br />
angreifbar.<br />
Weiter führt der BGH an, dass die<br />
<strong>Folge</strong>-<strong>Courtage</strong> eine Vergütung für die<br />
Aufrechterhaltung des Versicherungsvertrages<br />
durch den Makler sei, eine<br />
„Nichtkündigungsprovision“: <strong>Der</strong> Schönheitsfehler<br />
dieser Argumentation liegt<br />
bereits darin, dass Makler keine „Provisionen“<br />
erhalten.<br />
Die Entscheidung macht auch deutlich,<br />
wie groß der Nachholbedarf an<br />
effizienter Lobbyarbeit für manchen<br />
Verband ist, der sich das Maklerrecht<br />
<strong>auf</strong> die Fahnen geschrieben hat. Ob<br />
sie dies aber möchten, ist fraglich.<br />
Denn sicher muss der Versicherer<br />
keine doppelte <strong>Folge</strong>courtage beim<br />
Maklerwechsel zahlen. Wenn sich Verbände<br />
also <strong>auf</strong> den Standpunkt stellen,<br />
dass dem übernehmenden Makler<br />
die <strong>Folge</strong>courtage nicht oder nur teilweise<br />
zusteht, so entsteht eben diesem<br />
ein Nachteil. Wenn ein Maklerverband<br />
nicht in der Lage ist, hier eine<br />
klare Position zu beziehen und diese<br />
zu vertreten, so darf man sich als<br />
Makler nicht wundern, wenn seine<br />
eigenen berufsständischen Interessen<br />
auch sonst nicht ausreichend vertreten<br />
werden. Dass diese Schwäche der<br />
Makler dann auch von Versicherern zu<br />
ihrem Vorteil ausgenutzt wird, ist nur<br />
eine zu erwartende <strong>Folge</strong>.<br />
Über die Autoren:<br />
Recht<br />
Dipl.-Math. (Univ.) Peter Schramm<br />
Aktuar DAV, Versicherungsmathematischer<br />
Sachverständiger<br />
Öffentlich bestellt und vereidigt von<br />
der IHK Frankfurt am Main für Versicherungsmathematik<br />
in der privaten<br />
Krankenversicherung<br />
56355 Diethardt,<br />
Tel. 0 67 72 - 96 25 68<br />
<strong>Johannes</strong> <strong>Fiala</strong><br />
Rechtsanwalt, Master of Businessadministration<br />
(Univ. Wales),<br />
Master of Mediation (Univ.), Bankk<strong>auf</strong>mann<br />
(IHK),<br />
Geprüfter Finanz- und Anlageberater<br />
(A.F.A.)<br />
80639 München,<br />
Tel. 0 89 – 17 90 90-0<br />
Stand: 13.06.2005<br />
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