Oktober 2010 inpunkto Gesundheitsmagazin
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e r nä h r u ng & go u r m e t<br />
„Slow Food vs. Fast Food!“<br />
Slow Food ist mehr als nur langsames Essen – Slow Food ist<br />
bewusstes Genießen.<br />
Wenn es darum geht, schlechtes, ungesundes Essen zu charakterisieren,<br />
fällt mit hoher Wahrscheinlichkeit der Begriff „Fast Food“. Hamburger,<br />
Currywurst, Fritten oder TK-Pizza haftet der Ruch des Ungesunden an. Um<br />
in der Logik zu bleiben, müsste demnach „Slow Food“ als Gegenteil davon<br />
besonders gesund sein. Slow Food – sind damit also zeitaufwendige Schmorbraten,<br />
handgemachte Klöße und üppige Torten gemeint? Das diese simple<br />
Logik – fast = ungesund, slow = gesund – nicht stimmen kann, dürfte jedem<br />
einleuchten Aber wie dann geht „gesund ernähren“ wenn „slow“ und „fast“<br />
keine brauchbaren Kriterien bilden?<br />
Und um die Verwirrung perfekt zu machen: Wenn ich ein Bäckerbrötchen<br />
nehme, eine aus frischem Hackfleisch zubereitete Frikadelle hineinlege, knackigen<br />
Salat und vielleicht noch ein Scheibe vollreife Tomate – kann dieser<br />
„slow“ hergestellte Hamburger wirklich Schuld am Übergewicht sein? Oder<br />
ist es nicht doch eher sein industriell zusammengepappter Bruder, der das<br />
Hüftgold sprießen lässt? Ist also die Frage nach dem Wie nicht viel relevanter<br />
als die Frage nach dem Was wir essen?<br />
Es gibt wenige Forschungszweige, die so widersprüchliche Ratschläge liefern,<br />
wie die Ernährungswissenschaften. Provokativ bringt das Ernährungswissenschaftler<br />
Uwe Knop aus Frankfurt auf den Punkt. „Am besten, Sie<br />
vergessen alle gängigen Ernährungsratschläge“, sagt er. Er stellt in seinem<br />
Buch „Kulinarische Körperintelligenz“ die These auf, dass die Einteilung in<br />
gesunde und ungesunde Lebensmittel Blödsinn sei. Denn jeder Mensch habe<br />
unterschiedliche Bedürfnisse. Und nur der Körper kenne den eigenen Nährstoffbedarf.<br />
Knops provokantes Fazit: Jeder soll das essen, was er will.<br />
Eine zumindest gewagte These, angesichts der statistischen Übergewichtigkeit<br />
jedes zweiten Bundesbürgers. Der Körper wusste vor Jahrtausenden<br />
ganz sicher, was gut für ihn ist – aber dieses Wissen ist verloren gegangen.<br />
Vor allem kannte der Körper damals keine Chips und Hamburger und keine<br />
unbegrenzte Verfügbarkeit jedes Nahrungsmittels. Der Hunger wird heute<br />
höchstens noch durch das eigene Portemonnaie reguliert. Aber – zumindest<br />
in den Industrienationen – nicht mehr durch Mangel. Der Körper sagt vielleicht<br />
wirklich, was er braucht. Nur können wir ihn im Gebrüll des Lebensmittelmarketings<br />
nicht mehr hören.<br />
<strong>inpunkto</strong> Buchtipp:<br />
HUNGER & LUST<br />
Das erste Buch zur<br />
Kulinarischen Körperintelligenz<br />
ISBN: 978-3-8370-5296-1<br />
Gesundheit und Geschmack gehören zusammen!<br />
Neben der selbstverständlichen Grundvoraussetzung, dass es unverdorben<br />
sein sollte, ist ein gutes und letztlich auch gesundes Lebensmittel in erster<br />
Linie ein Lebensmittel, das schmeckt, das einen unverwechselbaren,<br />
eigenständigen Geschmack hat und das deshalb zunächst einmal saisonal ist.<br />
Denn nur so kann es wirklich Geschmack entwickeln. Was aber noch keinerlei<br />
Aussage über den gesundheitlichen Mehrwert ist. Unstrittig aber ist:<br />
Voll ausgereiftes Gemüse hat auch den höchst möglichen Vitamingehalt. Hier<br />
treffen sich also Geschmack und Gesundheit. Ein gutes und schmackhaftes<br />
Lebensmittel braucht Zeit. Zeit zum Reifen, Zeit zum Wachsen. Das gilt für<br />
Gemüse und Getreide, für Käse und Fleisch gleichermaßen.<br />
Was für den menschlichen Organismus ebenso wichtig ist: Vielfalt. Das beste<br />
Nahrungsmittel hat keinen gesundheitlichen Mehrwert, wenn es allein und<br />
immer wieder gegessen wird. Diese Vielfalt findet sich im Begriff Nachhaltigkeit.<br />
Nachhaltig heißt: traditionelle Obst- und Gemüsesorten sowie<br />
Nutztierarten schützen. In Deutschland sind das Produkte wie Alblinse,<br />
Bamberger Hörnla, buntes Bentheimer Schwein, Filder Spitzkraut, Musmehl,<br />
Rhönschaf oder Würchwitzer Milbenkäse, um nur einige zu nennen. Alles<br />
Qualitätsprodukte mit Geschichte, für deren nachhaltige Produktion und<br />
Erhalt Slow Food kämpft.<br />
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