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Spurensuche - Bernd Bräuer

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ich Lebe jetzt WirkLich recht schön<br />

Während seiner Studienzeit in Freiberg (Ende 1797 bis Mai 1799) reist<br />

Novalis per Kutsche oder reitend auf dem Pferd oft in die nahe gelegene<br />

sächsische Residenzstadt Dresden mit ihrer bedeutenden Gemäldegalerie, ihren<br />

imposanten Kirchen und prachtvollen Bauten, um dies alles voll Neugier und voll<br />

Anteilnahme zu besichtigen. Er besucht hier befreundete Familien, in denen er<br />

auf Grund seiner Lebhaftigkeit, seiner vorzüglichen Manieren, seiner Offenheit,<br />

seiner Gelehrsamkeit, seiner feinen Urteile etc. begeistert aufgenommen wird.<br />

Beziehungen pflegt Novalis in dieser Zeit beispielsweise zu Hans Georg von<br />

Carlowitz (1772 bis 1840), den er vom Studium in Leipzig her kennt und der<br />

als Amtshauptmann auf seinem Gut in Oberschöna in der Nähe von Freiberg<br />

lebt. Oft ist der Dichter zu Gast bei seinem Freund Dietrich von Miltitz (1769<br />

bis 1853), Herr auf Schloss Siebeneichen (Kalenderblatt September), das hoch<br />

oben auf einem Bergsporn des südlichen Elbhanges in der Nähe von Meißen<br />

steht, so auch Weihnachten 1797 – direkt von Freiberg kommend. Beider<br />

Lebenswege sind auf besondere Weise verschlungen. Dietrich von Miltitz´ Vater,<br />

der für die Ausbildung des späteren Philosophen Johann Gottlieb Fichte (1762<br />

bis 1841) sorgte, stirbt als sein Sohn kaum fünf Jahre alt ist. Novalis´ Vater,<br />

Erasmus von Hardenberg, wird daraufhin sein Vormund und befördert dessen<br />

Erziehung bei den Herrnhutern. Dietrich Freiherr von Miltitz hat wie Novalis<br />

Jurisprudenz in Leipzig und Wittenberg studiert. Er dient beim sächsischen<br />

Militär, reist durch die Schweiz, Frankreich und England. Seine Heirat mit<br />

einer bürgerlichen Engländerin 1796 verursacht kräftigen gesellschaftlichen<br />

Wirbel. Gemeinsam mit anderen Adligen aus Sachsen versucht er, die sächsische<br />

Ständeverfassung zu reformieren – dabei auch auf die geistige Unterstützung<br />

durch Novalis bauend. Anregende Gespräche bis zur Erschöpfung werden dazu<br />

auch Weihnachten 1797 auf Schloss Siebeneichen geführt worden sein, aber<br />

auch über Literatur, Poesie, Philosophie, Naturwissenschaften und Bergbau.<br />

Novalis schreibt von hier an Friedrich Schlegel: Ich lebe jetzt wirklich recht schön<br />

– heiter – unaufhörlich beschäftigt. Die Freunde sind in diesen Weihnachtstagen<br />

vielleicht zur Elbe nach Meißen hinunter geritten, haben den spätgotischen<br />

Meißner Dom besucht und die Architektur der Albrechtsburg in Augenschein<br />

genommen. Vom Elbufer bei Meißen eröffnet sich ihnen bei klarem Wetter<br />

ein malerischer Blick auf Schloss Siebeneichen (Kalenderblatt September,<br />

Rückseite), das – auf den Grundfesten einer mittelalterlichen Burg stehend<br />

– im 16. Jahrhundert zu einem Schloss im Renaissancestil umgebaut worden<br />

ist; sein barockes Aussehen hat es Mitte des 18. Jahrhunderts erhalten. Heute<br />

beherbergt das Schloss das Fortbildungs- und Tagungszentrum des Sächsischen<br />

Bildungsinstituts.<br />

Schloss Siebeneichen – Detail Schloss Siebeneichen im Herbstdunst – von der Elbe in Meißen aus gesehen Albrechtsburg und Dom – Meißen an der Elbe<br />

Novalis <strong>Spurensuche</strong> Orte und Städte<br />

Distichen 1798<br />

I.<br />

Freunde, der Boden ist arm, wir müßen reichlichen Samen<br />

Ausstreun, daß uns doch nur mäßige Erndten gedeihn.<br />

2.<br />

Welten bauen genügt nicht dem tiefer dringenden Sinne,<br />

Aber ein liebendes Herz sättigt den strebenden Geist.<br />

4.<br />

Einem gelang es – er hob den Schleyer der Göttin zu Saïs –<br />

Aber was sah er? Er sah – Wunder des Wunders – Sich Selbst.<br />

2011

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