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Birgit Schäfer - Das Programm "Schule - Wirtschaft/ Arbeitsleben"

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<strong>Birgit</strong> <strong>Schäfer</strong><br />

„Stellung des Projekts 'Sozial Handeln' im Rahmen des <strong>Programm</strong>s<br />

'<strong>Schule</strong> – <strong>Wirtschaft</strong>/ Arbeitsleben'“<br />

anlässlich der Abschlusstagung des Projekts „Sozial Handeln – Sozial<br />

tätig sein – Sich engagieren“<br />

am 17. November 2003 in Bautzen<br />

Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

Frau Scholz, die Schülerinnen und Schüler sowie Frau Rost haben uns ihre Erfahrungen und<br />

die Perspektiven des Projekts „Sozial Handeln – Sozial tätig sein – Sich engagieren“ bereits<br />

geschildert. Meine Aufgabe ist es nun, vor diesem Hintergrund noch auf die Stellung des<br />

Projekts im Kontext des <strong>Programm</strong>s „<strong>Schule</strong> – <strong>Wirtschaft</strong>/ Arbeitsleben“ (kurz: SWA-<br />

<strong>Programm</strong>) einzugehen.<br />

Dazu möchte ich zunächst kurz etwas zum SWA-<strong>Programm</strong> ganz allgemein sagen.<br />

Übergeordnetes Ziel des SWA-<strong>Programm</strong>s ist die Entwicklung innovativer und nachhaltig<br />

wirksamer Maßnahmen zur Förderung und Verbesserung der Berufsorientierung von<br />

Jugendlichen. Vor allem sollen Antworten auf die Frage gegeben werden, wie den<br />

Jugendlichen ein für ihre weitere Berufs- und Lebensplanung erfolgreicher Berufsstart<br />

ermöglicht werden kann. Wenn beispielsweise heute jeder vierte neu abgeschlossene<br />

Ausbildungsvertrag vorzeitig gelöst wird, signalisiert das im Bereich der Berufsorientierung<br />

bildungspolitischen Handlungs- und Kooperationsbedarf. <strong>Das</strong> SWA-<strong>Programm</strong> kann insofern<br />

als Anstoß für eine schulform- und länderübergreifende Suche und Förderung nach neuen<br />

Wegen des Übergangs von der <strong>Schule</strong> in das Arbeits- und Berufsleben verstanden werden.<br />

<strong>Das</strong> <strong>Programm</strong> wurde im Herbst 1999 gestartet. Seit 2001 wird es mit Mitteln aus dem<br />

Europäischen Sozialfonds kofinanziert. Insgesamt haben das Bundesministerium für Bildung<br />

und Forschung und der Europäische Sozialfonds bislang 36 Projekte im Rahmen des SWA-<br />

<strong>Programm</strong>s (Stand November 2003) in allen Bundesländern sowie bei den Sozialpartnern<br />

gefördert.<br />

An der Verwirklichung der Ziele des SWA-<strong>Programm</strong>s arbeiten Bund, Länder, <strong>Wirtschaft</strong>,<br />

Gewerkschaften und die Bundesanstalt für Arbeit gemeinsam. <strong>Das</strong> Bundesministerium für<br />

Bildung und Forschung hat einen Lenkungsausschuss eingerichtet, der sich über die<br />

<strong>Programm</strong>ziele und Schwerpunkte verständigt und über die Förderung der Projekte<br />

entscheidet. Ihm gehören Vertreterinnen und Vertreter des BMBF, der zuständigen<br />

Kultusministerien der Länder, der Arbeitgeberverbände, der Gewerkschaften, der<br />

Bundesanstalt für Arbeit, des Bundesinstituts für Berufsbildung, der<br />

1


BundesschülerInnenvertretung, des Bundeselternrats sowie der wissenschaftlichen Begleitung<br />

an.<br />

Die übergeordnete Zielsetzung des SWA-<strong>Programm</strong>s findet in einer Vielfalt von<br />

Projektgegenständen ihren Niederschlag. In Hinsicht auf gemeinsame Themen und<br />

Zusammenhänge können die Projekte in fünf grobe „Cluster“ eingeordnet werden: (1)<br />

Förderung vorberuflicher Handlungskompetenz, (2) neue Kooperationsformen zwischen<br />

<strong>Schule</strong> und Arbeitswelt, (3) Förderung besonderer Gruppen an der „ersten Schwelle“, (4)<br />

innovative Berufsvorbildung unter Nutzung des Internet sowie (5) systematische Entwicklung<br />

und Organisation von Berufsorientierung im Schulalltag.<br />

(1) Zu den Projekten bzw. Maßnahmen, die unmittelbar auf die Förderung der<br />

vorberuflichen Handlungskompetenz bei Schülerinnen und Schülern zielen, gehören:<br />

• die Einführung eines „Berufswahlpasses“ (z.B. „Flexibilisierung der Übergangsphase<br />

und Berufswahlpass“/ Nordverbund), mit dem – neben der Dokumentation<br />

unterschiedlicher Aktivitäten in einem weit verstandenen Rahmen von Berufsorientierung<br />

– Selbstständigkeit und Eigenverantwortung bei der Organisation von Tätigkeiten bei der<br />

Berufswahl sowie der späteren Aus- und Weiterbildung gefördert werden sollen;<br />

• die Durchführung von sozialen und pflegerischen Aktivitäten innerhalb und außerhalb<br />

der <strong>Schule</strong> zur Entwicklung von Selbst- und Sozialkompetenz und zur<br />

Auseinandersetzung mit sozialen Berufen, zivilgesellschaftlichen Ansätzen und<br />

Ehrenamtlichkeit (z.B. „Soziale Berufe und Ehrenamtlichkeit“/ Sachsen);<br />

• die Erprobung neuer Konzepte zum Betriebspraktikum (z.B. „Praxistage“/ Hessen), bei<br />

denen zusätzlich zu den bisher zwei bis drei Wochen in einem Betrieb die kontinuierliche<br />

Durchführung von einem oder zwei Praktikumstagen in der Woche für die Dauer von<br />

einem halben Jahr bis zu zwei Jahren bei verschiedenen Betrieben oder Unternehmen im<br />

Mittelpunkt steht;<br />

• „Schülerfirmen“ (z.B. „TRANS-JOB“/ Stiftung der Deutschen <strong>Wirtschaft</strong>), die als<br />

Projekte organisiert und durchgeführt werden und bei Schülerinnen und Schülern nicht<br />

nur Eigenverantwortung und Eigeninitiative stärken, sondern auch den Gedanken der<br />

Selbstständigkeit und Existenzgründung näher bringen;<br />

(2) Die neuen Herausforderungen beim Übergang von der <strong>Schule</strong> in den Beruf erfordern<br />

Maßnahmen zur frühzeitigen Vermittlung betriebspraktischer Erfahrungen und zur<br />

verstärkten Integration des Arbeitslebens in den schulischen Alltag. Diese Maßnahmen<br />

können auf breiter Basis nur realisiert werden, wenn Berufsorientierung stärker als eine von<br />

<strong>Schule</strong> und Arbeitswelt gemeinsam zu organisierende Aufgabe begriffen wird und hierfür<br />

neue Kooperationsformen zwischen <strong>Schule</strong>n, Unternehmen, Gewerkschaften,<br />

Arbeitsämtern, Kammern und anderen Institutionen entwickelt oder gestärkt werden.<br />

In Projekten des SWA-<strong>Programm</strong>s finden sich hierzu eine Reihe innovativer Ansätze, wie<br />

zum Beispiel:<br />

2


• die praxisbezogene Orientierung über betriebliche und akademische Berufe in einem<br />

Projekt, das durch institutionalisierte „Beiräte <strong>Schule</strong> und Beruf“ (z.B. „SchuB“/<br />

Bielefeld) unterstützt wird;<br />

• die Organisation gemeinsamer Projektwochen zur Berufsorientierung mit Schülerinnen<br />

und Schülern auf der einen und Auszubildenden auf der anderen Seite (z.B.<br />

„Perspektive.Plus“/ Ver.di);<br />

• die Schaffung „regionaler Kooperationsverbünde“ von <strong>Schule</strong>n mit Betrieben und<br />

anderen Akteuren der beruflichen und vorberuflichen Bildung mit dem Ziel,<br />

praxisbezogene Berufsorientierungskonzepte zu entwickeln und zu erproben (z.B.<br />

„TRANS-JOB“/ Stiftung der Deutschen <strong>Wirtschaft</strong>);<br />

(3) Die Ausgangsbedingungen und Chancen beim Übergang von der <strong>Schule</strong> in die<br />

Arbeitswelt sind für die Schülerinnen und Schüler je nach besuchter Schulform, Geschlecht,<br />

nationaler Herkunft oder körperlicher Beeinträchtigung höchst unterschiedlich. Eine ganze<br />

Reihe von Projekten hat sich die Förderung besonderer Gruppen an der „ersten<br />

Schwelle“ zur Aufgabe gemacht.<br />

U.a. handelt es sich um folgende Maßnahmen:<br />

• Entwicklung spezifischer Bildungs- und Erziehungsangebote für besonders<br />

benachteiligte Jugendliche der Klassen 7 bis 9 in den Bereichen Lernen und Verhalten,<br />

um auf dem Weg über die Persönlichkeitsstärkung Interessen und Fähigkeiten für Arbeit<br />

und Ausbildung zu wecken und zu fördern (z.B. „SUCCESS“/ Baden-Württemberg);<br />

• Durchführung sozialpädagogisch betreuter Förderpraktika für Schülerinnen und<br />

Schüler (z.B. „BiZEbS“/ Bielefeld und „Förderpraktika“/ Duisburg);<br />

• Vermittlung praktisch-anschaulicher Erfahrungen, insbesondere im Bereich naturwissenschaftlich-technischer<br />

Berufe zum Abbau geschlechtsspezifischer Berufswahlorientierung<br />

(z.B. „MINT“/ Stiftung der Deutschen <strong>Wirtschaft</strong>);<br />

(4) Die Nutzung des Internet spielt für das innovative Potential des SWA-<strong>Programm</strong>s in<br />

mehrerer Hinsicht eine herausragende Rolle: Alle am <strong>Programm</strong> beteiligten Projekte<br />

dokumentieren ihre Arbeit, Erkenntnisse und Maßnahmen im Internet, so dass diese nicht nur<br />

den übrigen am <strong>Programm</strong> beteiligten Projekten, sondern einer breiten Öffentlichkeit<br />

zugänglich sind. Innovative Problemlösungen können so eine große Zahl von Interessierten<br />

erreichen.<br />

Einige Projekte versuchen gezielt, die neuen Möglichkeiten des interaktiven<br />

„Multimediums“ Internet zur Verbesserung des Übergangs an der „ersten Schwelle“<br />

auszuloten. Dabei ist das Spektrum der Maßnahmen breit gestreut. So werden<br />

• virtuelle Erkundungen des Arbeitslebens (z.B. „Workshop Zukunft“/ Deutscher<br />

Gewerkschaftsbund),<br />

3


• Angebote zur Lehrerfortbildung per Internet (z.B. „Internetgestützte<br />

Lehrerfortbildung“/ Hessen),<br />

• Internetplattform zu Berufsorientierung (z.B. „Berufswahlentscheidung“/ Thüringen)<br />

oder<br />

• vernetzte Wissens- und Praktikumsbörsen (z.B. „SchuB“/ Duisburg) erprobt und auf<br />

ihre allgemeine Übertragbarkeit hin reflektiert.<br />

(5) Um die Effektivität und Dauerhaftigkeit berufsorientierender Maßnahmen zu sichern,<br />

beschäftigen sich mehrere Projekte mit Fragen der <strong>Schule</strong>ntwicklung, Qualitätssicherung<br />

sowie der Vernetzung auf Landesebene:<br />

• Bei der <strong>Schule</strong>ntwicklung werden die Maßnahmen durch die Aufnahme in das<br />

Schulprofil (z.B. „BORIS“/ Rheinland-Pfalz) in ihrer Dauerhaftigkeit abgesichert.<br />

• Für die Qualitätssicherung werden mit Mitteln des Qualitätsmanagements (z.B.<br />

„Herausforderung Hauptschule“/ Rheinland-Pfalz) und unter Nutzung schulischer und<br />

außerschulischer Kompetenzen systemisch und dynamisch angelegte Konzeptionen zur<br />

Verbesserung der Berufsorientierung entwickelt, welche die Elemente von Personal-,<br />

Organisations- und Unterrichtsentwicklung als Einheit sehen (z.B. „EBISS“/ Schleswig-<br />

Holstein/ Hamburg).<br />

• Durch die Einrichtung von zentralen Service- und Vermittlungsagenturen (z.B. „P:S–<br />

W“/ Berlin, „Netzwerk Zukunft“/ Brandenburg, „Bremer Agentur <strong>Schule</strong> <strong>Wirtschaft</strong>“/<br />

Bremen und „Zentrum <strong>Schule</strong> & <strong>Wirtschaft</strong>“/ Hamburg) werden <strong>Schule</strong>n bei der<br />

Projektentwicklung und der Bildung von regionalen Netzwerken unterstützt, um den<br />

Informationsfluss zwischen den verschiedenen Akteuren im Bereich der<br />

Berufsorientierung zu verbessern, Doppelarbeiten vermeiden zu helfen und so die<br />

Effektivität und Effizienz schulischen Handelns auf Landesebene und darüber hinaus zu<br />

erhöhen.<br />

So viel nur zum SWA-<strong>Programm</strong> ganz allgemein.<br />

Ich möchte nun wieder zurück kommen zu einem der 36 geförderten Projekte im Rahmen des<br />

SWA-<strong>Programm</strong>s, dem Projekt „Sozial Handeln – Sozial tätig sein – Sich engagieren“.<br />

Werfen wir zunächst einen Blick zurück auf die Projektantragstellung im Jahr 1999.<br />

Vorbehalte gegenüber der Erstfassung des Projektantrags „Sozial Handeln“ im August 1999<br />

bestanden zum einen in der zu starken Fokussierung auf die Ausbildung zum Schulsanitäter<br />

und zum anderen in einem nicht hinreichend auf die Ausbildungs- und Berufsbezüge hin<br />

verstandenen sozialen Bereich. In einem überarbeiteten Projektantrag wurde eine<br />

Kurskorrektur vorgenommen, die in dem vorgelegten Zwischenbericht der<br />

Projektverantwortlichen im November 2000 auch ausdrücklich bestätigt wurde.<br />

In der gutachterlichen Stellungnahme zum Projektantrag „Sozial Handeln“ hat die zentrale<br />

wissenschaftliche Begleitung im Juli 2000 vermerkt, dass in Hinsicht auf die Verbesserung<br />

4


der Arbeits- und Berufsfähigkeit der Jugendlichen eine „erhebliche Verbesserung und<br />

Erweiterung von Kompetenzen zu erwarten (ist) durch systematische Praxiserfahrungen im<br />

Bereich sozialer Dienstleistungen“ (SWA-Materialien Nr. 1, 2. erweiterte Auflage, Juli 2000,<br />

S. 43).<br />

Heute, nach etwa 3 1/2 Jahren Projektlaufzeit (das Projekt läuft seit dem 1. März 2000), bleibt<br />

nur zu sagen, dass sich nach allen uns vorliegenden Indikatoren die Erwartungen an das<br />

Projekt in erkennbarer Weise erfüllt haben. Insbesondere die systematische Verknüpfung von<br />

schulischem Lernen mit praktischen Erfahrungen hat sich bewährt. Diese führt nicht nur zu<br />

einer Verbesserung der sozialen und methodischen Kompetenzen, sondern auch zu positiven<br />

Effekten hinsichtlich der Motivation. Durch die Projektarbeit „Sozial Handeln“ werden<br />

Selbstständigkeit und Eigenverantwortung als die heute vielleicht wichtigsten Kompetenzen<br />

im Arbeitsleben bei den Schülerinnen und Schülern bereits in der allgemein bildenden <strong>Schule</strong><br />

gefördert.<br />

Als Stärken des Projekts sind der außerordentlich hohe Praxisbezug – sowohl auf<br />

unterrichtlicher Ebene (z.B. durch Betriebspraktika und Projekttage) wie auch auf<br />

außerunterrichtlicher Ebene (z.B. durch Schülerinitiativen und Vereinsarbeit) – sowie die<br />

bereits deutlich sich abzeichnende Motivation zum ehrenamtlichen Engagement der<br />

Schülerinnen und Schüler zu nennen. Ehrenamtliches Engagement stärkt nicht nur<br />

individuelle Fähigkeiten und Kompetenzen bei den Schülerinnen und Schülern, sondern kann<br />

durchaus auch eine „Brücke“ in den Arbeitsmarkt sein. Mit dem Projekt „Sozial Handeln“<br />

konnte sehr schön gezeigt werden, dass sich Schülerinnen und Schüler von heute in ihrer<br />

Freizeit nicht nur mit den No Angels, Fernsehen, Volleyball oder der Love Parade<br />

beschäftigen, sondern dass sie die Freizeit durchaus auch uneigennützig für soziales<br />

Engagement nutzen.<br />

<strong>Das</strong> Projekt wirkt traditionellem Rollenverhalten insofern entgegen, als dass es den Sozial-<br />

und Gesundheitsbereich auch für Jungen als potentiellen Tätigkeitsbereich erschließt.<br />

Positiv ist außerdem zu erwähnen, dass sich sechs Projektschulen dazu bereit erklärt haben,<br />

den Berufswahlpass zu testen und dies seit einem Jahr auch tun.<br />

Wenn von Stärken gesprochen wird, dann sollte auch ein Blick auf die Schwäche gerichtet<br />

werden, die jedoch gegenüber dem positiven Gesamteindruck des Projekts eher von geringem<br />

Gewicht ist. Als Schwäche macht sich – dem Zwischenbericht der Projektverantwortlichen<br />

vom April 2003 zufolge – ein noch zu geringer Erfolg bemerkbar, größere Lehrergruppen in<br />

die Projektarbeit einzubinden. In dem Bericht heißt es, die Projektarbeit von „Sozial Handeln“<br />

in ein schuleigenes Konzept zur Berufsorientierung einzubinden, sei zwar wiederholt angeregt<br />

und von den <strong>Schule</strong>n als wichtig erachtet worden, aber noch nicht endgültig erreicht. Ich<br />

betone dies auch deshalb, weil uns allen klar ist, wie schwierig die Einbindung des gesamten<br />

Schulkollegiums in die fächerübergreifende und kooperative Aufgabe der Berufsorientierung<br />

ist.<br />

Nun zur Stellung des Projekts im Kontext des SWA-<strong>Programm</strong>s:<br />

5


<strong>Das</strong> Projekt reagiert auf die seit einigen Jahren in der Bundesrepublik zu beobachtenden<br />

Tendenzen, die unter dem Begriff der „Modernisierung“ zusammengefasst werden. Dazu<br />

gehören die Alterung der Bevölkerung und der Geburtenrückgang genauso wie die<br />

Verschiebung der Beschäftigung vom primären und sekundären auf den tertiären<br />

Produktionssektor. <strong>Schule</strong>n stehen damit vor neuen – oft nur wenig beachteten – Aufgaben<br />

der Stärkung von Berufsorientierung im sozialen Bereich sowie der Förderung<br />

zivilgesellschaftlichen Handelns und bürgerlicher Selbstorganisation. <strong>Das</strong> Projekt reagiert auf<br />

die zu beobachtenden Tendenzen und stärkt sowohl die Arbeits- und Ausbildungsfähigkeit<br />

der Schülerinnen und Schüler im sozialen Bereich wie auch das Bewusstsein für die<br />

Bedeutung öffentlicher ehrenamtlicher Aufgaben.<br />

Damit kommt das Projekt der in den letzten Jahren häufig geäußerten Forderung der Stärkung<br />

von ehrenamtlichem Engagement nach. Die Ende 1999 eingesetzte Enquete-Kommission<br />

„Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements“ unterstreicht die Frage nach dem Verhältnis<br />

zwischen bürgerschaftlichem Engagement und Erwerbsarbeit. Der Deutsche Bundestag sieht<br />

in der häufig geforderten Stärkung des ehrenamtlichen Engagements eine „unverzichtbare<br />

Bedingung für den Zusammenhalt der Gesellschaft“ (Deutscher Bundestag 1999, S. 1).<br />

Bei der Vielfalt der SWA-Projekte unterscheidet sich das Projekt „Sozial Handeln“ durch die<br />

frühzeitige Kooperation von <strong>Schule</strong>n mit Einrichtungen für soziale Dienste und der<br />

Auseinandersetzung mit zivilgesellschaftlichen Ansätzen und Ehrenamtlichkeit von den<br />

anderen am <strong>Programm</strong> beteiligten Projekten deutlich. Vor dem Hintergrund der aktuellen<br />

Arbeitsmarktentwicklungen, verbunden mit einer deutlichen Ausweitung des Bereichs<br />

sozialer Dienstleistungen, stellt sich das Projekt zugleich einer wichtigen bildungspolitischen<br />

Herausforderung an der Schnittstelle vom Bildungs- und Beschäftigungssystem.<br />

Die Frage, die sich jetzt stellt: Wie geht es weiter mit dem Projekt „Sozial Handeln“?<br />

Um zu verhindern, dass die Projektaktivitäten in dem Augenblick enden, in dem die<br />

Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter ihre Tätigkeit einstellen, d.h. voraussichtlich im<br />

Frühjahr nächsten Jahres, musste und muss dafür gesorgt werden, dass weitere Personen<br />

Interesse an der Arbeit gewinnen und die notwendigen Ressourcen zur Verfügung stellen.<br />

Letzteres bezieht sich vor allem auf die Finanzen, aber auch auf die Organisationsstruktur und<br />

Qualifikation. Für eine handlungsinduzierende Verbreitung der Projektinhalte wird eine<br />

Dokumentation benötigt, die Klippen und Rahmenbedingungen für das Gelingen klar benennt<br />

und den Projektprozess nachvollziehbar beschreibt.<br />

Hinsichtlich der Rahmenbedingungen ist das Projekt „Sozial Handeln“ eher als leicht<br />

transferierbar einzustufen. Die Projektvoraussetzungen dürften an vielen Orten gegeben oder<br />

verhältnismäßig leicht zu schaffen sein. Entscheidend für den Erfolg der Maßnahmen zur<br />

Verstetigung und zum Transfer ist ihre Einbindung in ein zielorientiertes strategisches<br />

Konzept. Es lag und liegt auch weiterhin an den Projektverantwortlichen, die Ergebnisse und<br />

Erfahrungen des Projekts „Sozial Handeln“ glaubwürdig und nachvollziehbar zu vermitteln.<br />

6


<strong>Das</strong>s den Projektverantwortlichen an einer öffentlichen positiven Selbstdarstellung liegt und<br />

sie an einem aktiven Weitertragen ihrer Projektergebnisse interessiert sind, zeigen sie u.a. in<br />

der aus Eigeninitiative entstandenen Kooperation mit dem SWA-Projekt „Bremer Agentur<br />

'<strong>Schule</strong> <strong>Wirtschaft</strong>'“, aus der heraus bereits ein Wochenendworkshop im Schulzentrum<br />

Habenhausen/ Bremen mit Schülerinnen und Schülern sowie Lehrerinnen und Lehrern aus<br />

Sachsen und Bremen hervor gegangen ist.<br />

Nun, meine Damen und Herren, möchte ich zum Schluss kommen:<br />

Man kann vielleicht äußerlich durch sein Handeln den Schein von sozialem Handeln und<br />

sozialem Engagement erwecken, es hat aber mit sozialem Handeln nicht viel zu tun, wenn es<br />

in der eigenen Absicht nicht wirklich um den Menschen geht. Ich möchte damit zum<br />

Ausdruck bringen, dass nicht alle Schülerinnen und Schüler zum sozialen Handeln berufen<br />

sind. Aber das Interesse an und Kenntnis über soziales Handeln zu entwickeln, das sollte im<br />

Lehrangebot der <strong>Schule</strong>n zumindest berücksichtigt sein. Insofern gilt das Projekt „Sozial<br />

Handeln“ durchaus als beispielhaft.<br />

7

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