Der chronische Leistenschmerz - ORTHOpress
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Bei der Abklärung von <strong>Leistenschmerz</strong>en<br />
können sich vielfach<br />
schon durch die Beantwortung von<br />
einigen wenigen Fragen Hinweise auf die<br />
Ursachen ergeben.<br />
Wie haben sich die Schmerzen entwickelt?<br />
• Plötzlich innerhalb von Minuten oder<br />
wenigen Stunden (z.B. bei Muskelfaserrissen<br />
oder einem akuten Leistenbruch)?<br />
• Zunehmend innerhalb weniger Tage<br />
(z.B. bei einer Hüftentzündung durch<br />
Überlastung oder bei Muskeltonusstörungen)?<br />
• Ganz allmählich über Wochen und Monate<br />
hinweg (z.B. <strong>chronische</strong>r Leistenbruch,<br />
Hüftarthrose)?<br />
Wo sind die Schmerzen lokalisiert?<br />
• Einseitig oder beidseitig?<br />
• Entlang des Leistenbandes mehr Richtung<br />
Unterbauch (typisch für eine „weiche“<br />
Leiste)?<br />
• Mehr zum Oberschenkel zu (typisch für<br />
Muskel- oder Sehnenverletzungen)?<br />
• Sind die Muskelansätze druckschmerzhaft?<br />
• Sind Symphyse oder Dammbereich<br />
(häufig bei Hüfterkrankungen) mit einbezogen?<br />
• Strahlen die Schmerzen aus (z.B. ins Gesäß<br />
oder die Hüfte)?<br />
Wann treten die Schmerzen auf?<br />
• Werden sie durch Provokationen wie<br />
z.B. Husten, Niesen und Pressen verstärkt<br />
(spricht für einen Leistenbruch)?<br />
• Sind sie auch nachts vorhanden (spricht<br />
für Entzündungen der Symphyse<br />
(Schambeinfuge), des Schambeins<br />
oder für eine Hüftarthrose)?<br />
Hat es in der Vergangenheit Verletzungen<br />
gegeben?<br />
• Dabei können auch Verletzungen fern<br />
der Leiste (z.B. am Fuß) durch kompensierende<br />
Bewegungsmuster als<br />
Diagnose & Therapie<br />
<strong>Der</strong> <strong>chronische</strong><br />
<strong>Leistenschmerz</strong><br />
Schmerzen in der Leistengegend sind –<br />
vor allem bei Sportlern – ein sehr häufiges,<br />
aber durchaus kein einheitliches Krankheitsbild.<br />
Viele verschieden Ursachen, sowohl<br />
äußere wie auch innere, können sich mit<br />
Schmerzen im Leistenbereich bemerkbar machen.<br />
Akut auftretende <strong>Leistenschmerz</strong>en<br />
werden dabei im Allgemeinen recht<br />
schnell diagnostiziert und können<br />
gezielt behandelt werden. Bei<br />
<strong>chronische</strong>n <strong>Leistenschmerz</strong>en<br />
dagegen gibt es oft erhebliche<br />
Schwierigkeiten,<br />
die Auslöser zu finden.<br />
schmerzauslösende Ursachen in Frage<br />
kommen.<br />
Sorgfältige Diagnostik<br />
erforderlich<br />
Aus den obigen Fragen ergibt sich schon,<br />
dass sich bei der Abklärung von <strong>chronische</strong>n<br />
<strong>Leistenschmerz</strong>en die Untersuchung<br />
nicht nur auf die direkte Umgebung<br />
der Schmerzlokalisation beschränken<br />
darf. Vielmehr sollten neben dem unmittelbaren<br />
Umfeld der Leiste inklusive<br />
Genitalorgane auch Fuß-, Knie- und Hüftgelenke,<br />
Wirbelsäule und Iliosakralgelenke<br />
sowie Bein- und Beckenstatik funktionell<br />
beurteilt werden. Vor allem das<br />
Hüftgelenk ist bei der Abklärung von <strong>Leistenschmerz</strong>en<br />
immer mit einzubeziehen,<br />
denn oft macht sich eine Hüftarthrose als<br />
erstes durch <strong>Leistenschmerz</strong>en bemerkbar,<br />
auch schon bei jüngeren Patienten.<br />
Ergänzend zur klinischen Untersuchung<br />
gewinnt heute die Ultraschalluntersu-<br />
<strong>ORTHOpress</strong> 4/2005 23
Diagnose & Therapiee<br />
chung immer mehr an Bedeutung. In der<br />
Hand des Erfahrenen ist sie eine wenig<br />
belastende, effiziente Methode, unklare<br />
Schmerzen in der Leistengegend zu differenzieren.<br />
So lassen sich mit ihrer Hilfe<br />
z.B. auch beginnende Leistenbrüche<br />
nachweisen, auch wenn sie noch nicht<br />
tastbar sind. Beim Leistenbruch handelt<br />
es sich ja nicht um einen Bruch im engeren<br />
Sinne wie bei einem Knochenbruch,<br />
sondern ein Bruchsack aus Bauchfell,<br />
der unter Umständen auch Darmschlingen<br />
enthält, wölbt sich durch eine angeborene<br />
oder erworbene Schwachstelle<br />
in der Bauchwand vor. Er kann auf Grund<br />
einer Nervenreizung schon in sehr frühen<br />
Stadien Schmerzen verursachen.<br />
Auch Muskel- und Sehnenläsionen lassen<br />
sich sehr gut mit Hilfe von Ultraschall<br />
darstellen.<br />
Therapie je nach Ursache<br />
Die Therapie des <strong>Leistenschmerz</strong>es richtet<br />
sich logischerweise nach den Beschwerdeursachen,<br />
wobei konservative<br />
Maßnahmen in der Regel bevorzugt werden.<br />
Muskuläre Überlastungen vermeidet<br />
man durch Schonung und anschließendes<br />
sorgsames Aufbautraining mit<br />
steigender Intensität, eventuell unterstützt<br />
durch eine Physiotherapie. Meistens<br />
ist vor allem eine Stärkung der<br />
Bauchmuskulatur ratsam. Allerdings ist<br />
die so genannte „Klappmesserübung“<br />
eher die Ursache für <strong>Leistenschmerz</strong>en<br />
als dass sie ihrer Linderung dient. Funktionelle<br />
Störungen, Blockierungen und<br />
Asymmetrien müssen natürlich korrigiert<br />
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Leistenbruch<br />
<strong>ORTHOpress</strong> 4/2005<br />
Adduktoren<br />
werden und auch die Schuhe sollten, falls<br />
erforderlich, z.B. durch individuelle Einlagen<br />
angepasst werden.<br />
Bei Leistenbrüchen und „weichen“ Leisten<br />
bringt nur eine operative Korrektur<br />
Beschwerdelinderung. Kleine Brüche<br />
werden in der Regel durch eine Naht versorgt.<br />
Bei größeren Brüchen dagegen<br />
muss die Bruchpforte mit einem Netz verschlossen<br />
werden. Neben den früher<br />
ausschließlich üblichen offenen Verfahren<br />
kommen heute immer mehr laparoskopische<br />
Techniken zur Anwendung. Sie<br />
haben den Vorteil, dass kaum Narben<br />
zurückbleiben und die Erholungszeit<br />
meistens wesentlich kürzer ist.<br />
Werden <strong>Leistenschmerz</strong>en durch Erkrankungen<br />
der Hüfte verursacht, haben therapeutische<br />
Maßnahmen natürlich dort<br />
Mögliche Ursachen des <strong>Leistenschmerz</strong>es<br />
anzusetzen. Überlastungsbedingte entzündliche<br />
Veränderungen erfordern eine<br />
Entlastung für kurze Zeit, eventuell in<br />
Kombination mit einem nicht steroidalen<br />
Antirheumatikum. Bei arthrotischen Veränderungen<br />
der Hüfte kann die therapeutische<br />
Palette vom Wechsel der Sportart<br />
bis hin zum künstlichen Gelenkersatz<br />
reichen.<br />
Auch wenn die Ursachensuche beim<br />
<strong>chronische</strong>n <strong>Leistenschmerz</strong> manchmal<br />
nahezu kriminalistischen Spürsinn erfordert,<br />
lohnt sich der zeitliche und diagnostische<br />
Aufwand in jedem Fall. Ungezielte<br />
Therapieversuche bringen nichts, kosten<br />
Zeit und richten unter Umständen nur<br />
noch mehr Schaden an.<br />
von Sigrid Eberle<br />
• Überlastung der am Schambein ansetzenden Muskeln (Adduktoren) durch:<br />
• zu viel oder falsches Training<br />
• ungeeignete Böden<br />
• falsche Schuhe<br />
• zu schwache Bauch- und Rückenmuskeln<br />
• Bewegungseinschränkungen oder funktionelle Störungen benachbarter Organe<br />
und Gelenke (Hüfte, Knie, Fuß, Iliosakralgelenk, Wirbelgelenke, Beckenring)<br />
• alte nicht ausgeheilte Muskelabrisse mit und ohne Verknöcherungen<br />
• Leistenbrüche, „weiche Leiste“, verdeckte Brüche<br />
• Urologische Veränderungen<br />
• Entzündungen der Samenstränge oder der Prostata<br />
• Harnleiterkoliken<br />
• Hydrozele (Wasserbruch des Hoden)<br />
• Nebenhodentumore<br />
• Erkrankungen der Hüfte und des Beckenrings<br />
• Hüftarthrose<br />
• Entzündungen der Hüfte z.B. durch Überlastung<br />
• Entzündungen der Symphyse oder des Schambeins<br />
• Neurogene Ursachen<br />
• Wurzelreizsyndrome<br />
• Nervenkompression der Leistennerven, z.B. bei beginnendem Leistenbruch<br />
• Seltene Ursachen<br />
• Tumore, z.B. Lipom (Fettgeschwulst), entzündliche oder tumoröse Lymphknotenvergrößerungen<br />
• Krampfaderknoten, Gefäßaussackungen<br />
• atypische Verknöcherungen