FAZ Projektarbeit LK Scheld, Quint 27.10.2012.docx - Stadt Bitterfeld ...
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Beitrag der Q3 Leistungskurse Politik und<br />
Wirtschaft <strong>Scheld</strong>/<strong>Quint</strong> der<br />
Wilhelm-von-Oranien-Schule in Dillenburg<br />
zum Thema: Entwicklungsland Deutschland?!<br />
Jugend liest 2012 - Leseförderprojekt der Frankfurter Allgemeinen<br />
Zeitung in Kooperation mit der Stiftung Lesen
Inhalt<br />
Vorwort ...............................................................................................4<br />
Der Entwicklungsbegriff .......................................................................6<br />
Die Entwicklungen in <strong>Bitterfeld</strong> von 1945 bis 1993 .............................8<br />
Das Wirtschaftssystem der „Deutschen Demokratischen Republik“ .................................... 9<br />
Theoretisches Konzept .................................................................................................... 9<br />
Umsetzung des Sozialismus in der DDR ......................................................................... 12<br />
Die Bedeutung der Wirtschaftsregion um <strong>Bitterfeld</strong> für die Wirtschaft der DDR ............... 16<br />
Frühe Warnungen vor ökologischen Schäden im Roman „Flugasche“ ............................... 19<br />
Biografie von Monika Maron ......................................................................................... 19<br />
Inhaltsangabe des Romans Flugasche ............................................................................ 20<br />
Monika Maron und die Stasi.......................................................................................... 22<br />
Nachwort ...................................................................................................................... 23<br />
Das war Bitteres aus <strong>Bitterfeld</strong>.......................................................................................... 24<br />
Entstehung einer Idee ................................................................................................... 24<br />
Inhalt............................................................................................................................. 25<br />
Bestandsaufnahme der DDR und <strong>Bitterfeld</strong>s um 1989 ...................................................... 28<br />
Pläne für eine bessere Zukunft.......................................................................................... 32<br />
<strong>Bitterfeld</strong> 2000 .............................................................................................................. 32<br />
Erste Veränderungen ab 1993........................................................................................... 34<br />
Der Wandel von <strong>Bitterfeld</strong> Betrachtung am Beispiel der Filme „Go Trabi Go I+II“ ............. 37<br />
Go Trabi Go Teil 1 (Die Sachsen kommen) ..................................................................... 37<br />
Inhalt............................................................................................................................. 37<br />
Go Trabi Go Teil 2 (Das war der wilde Osten) .................................................................... 38<br />
Inhalt............................................................................................................................. 38<br />
„Go Trabi Go I+II“: <strong>Bitterfeld</strong> etwas anders betrachtet .................................................. 39<br />
Fazit .............................................................................................................................. 42<br />
Tourismus in <strong>Bitterfeld</strong> ..................................................................................................... 43<br />
2
Genese der Region <strong>Bitterfeld</strong> .............................................................47<br />
Der „<strong>Bitterfeld</strong>er Bogen“ ................................................................................................... 48<br />
Aktuelle Situation in der Region <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen ........................................................... 51<br />
Interview mit Oberbürgermeisterin Petra Wust ................................................................ 54<br />
Standortentwicklung in der Region <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen ....................................................... 57<br />
Standortfaktoren ........................................................................................................... 57<br />
Regionale Solarfirmen ................................................................................................... 58<br />
Entwicklung (1990-2000) ............................................................................................... 59<br />
Wege in die Krise .............................................................................................................. 62<br />
Globalisierung ............................................................................................................... 62<br />
Globale Faktoren ........................................................................................................... 63<br />
Fazit .............................................................................................................................. 64<br />
Symbiose von Ökologie und Ökonomie ............................................................................. 65<br />
Ökologische Beeinflussung der Wirtschaft..................................................................... 65<br />
Knappheit der Ressourcen(Globale Auswirkung) ........................................................... 67<br />
Zukunftsperspektiven ....................................................................................................... 69<br />
Die Energiewende in Deutschland ................................................................................. 69<br />
Das Erneuerbare Energien Gesetz ................................................................................. 71<br />
Fazit zum EEG ................................................................................................................ 72<br />
Auswirkung auf die Solarindustrie ................................................................................. 72<br />
Bezug <strong>Bitterfeld</strong>............................................................................................................. 74<br />
Schlusswort .......................................................................................77<br />
Quellenverzeichnis ............................................................................79<br />
Dokumente ........................................................................................89<br />
3
Vorwort<br />
Anfang 2012 erhielten wir die Zusage, am Leseförderprojekt „Jugend liest 2012“ der Frankfurter<br />
Allgemeinen Zeitung in Kooperation mit der Stiftung Lesen zum Thema „Entwicklungsland<br />
Deutschland?!“ teilnehmen zu dürfen. Nun waren wir also eine von hundert Klassen in<br />
ganz Deutschland, die im Rahmen dieses Projektes ein Jahr lang jeden Tag die <strong>FAZ</strong> kostenlos<br />
nach Hause geliefert bekamen.<br />
Vor der eigentlichen Arbeit stand natürlich eine Aufgabenstellung.<br />
Wir überlegten lange: „Deutschland ein Entwicklungsland?! – Wie soll das aussehen, gibt es<br />
so etwas überhaupt?“ Wir stellten uns die Frage, ob wir eine fiktive Situation, in der aus dem<br />
hoch entwickelten Deutschland plötzlich ein Entwicklungsland wird, kreieren sollten. Ob wir<br />
ein Deutschland, in dem Zustände wie beispielsweise in Syrien, Libyen oder Somalia an der<br />
Tagesordnung sind, mit Gewalt, Armut und politischer Ohnmacht, darstellen sollten.<br />
Doch dann fiel die Wahl auf einen besonderen Ort in Deutschland, der im Laufe seiner<br />
Geschichte sehr spannende und einzigartige Entwicklungen durchlebt hat: <strong>Bitterfeld</strong>, die<br />
ehemals schmutzigste <strong>Stadt</strong> Europas und heute ein beliebter Wirtschafts- & Tourismusstandort;<br />
ein Paradebeispiel, wie aus einer vom Sozialismus völlig heruntergewirtschafteten<br />
und ökologisch kurz vor dem Kollaps stehenden Region doch noch eine „blühende Landschaft“<br />
wurde, die sich im internationalen Wettbewerb mit Städten wie Singapur behaupten<br />
kann; eine <strong>Stadt</strong>, in der schon seit langem die erneuerbaren Energien eine derartig wichtige<br />
Rolle spielen wie in kaum einer anderen Region in Deutschland.<br />
Sinnbild für diesen Wandel ist der <strong>Bitterfeld</strong>er Bogen, das Wahrzeichen und offizielle Logo<br />
der <strong>Stadt</strong>, der <strong>Bitterfeld</strong> eine neue Identität und Perspektive gibt.<br />
Nach dem Studium zahlreicher Filme, die sich mit der <strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong> und der Region darum<br />
beschäftigen, sowie umfangreicher Literatur, die die Umstände, unter denen die Menschen<br />
in <strong>Bitterfeld</strong> vor nicht allzu langer Zeit zu leben hatten, deutlich machte, war uns schnell klar,<br />
<strong>Bitterfeld</strong> zum Thema unseres Beitrages zum Projekt zu machen.<br />
Ein Flyer des 4. <strong>Bitterfeld</strong>er Kirchenkreisfestes vom 16.9.12 brachte es auf den Nenner:<br />
„<strong>Bitterfeld</strong> wurde gewählt, weil der Ort mit seiner Geschichte und Gegenwart gleichermaßen<br />
vom Raubbau an der Natur und ihrem Wiederaufbau erzählt. Es ist die <strong>Stadt</strong>, in der viele<br />
nach 1989 über Nacht arbeitslos wurden und der Ort, an dem aus dem Nichts heraus neue<br />
Landschaften entstanden sind."<br />
Die Politik & Wirtschaft-Leistungskurse von Eckhard <strong>Scheld</strong> und Markus <strong>Quint</strong> der Wilhelmvon-Oranien-Schule,<br />
die gemeinsam das Projektteam bilden, entschlossen sich gemeinsam,<br />
eine Unterteilung des Beitrags in zwei Teile vorzunehmen. So befasst sich der erste Teil vorwiegend<br />
mit den Entwicklungen in <strong>Bitterfeld</strong> von 1945 bis kurz nach der Wiedervereinigung<br />
und gibt erste Ausblicke auf die weiteren Entwicklungen. Der zweite Teil konzentriert sich<br />
auf die Zeit danach, nimmt aber auch Bezug auf den ersten Teil.<br />
4
Wir möchten uns an dieser Stelle ganz herzlich bei der <strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen, insbesondere<br />
der Oberbürgermeisterin Petra Wust für ihre Unterstützung, die sie uns bei diesem Projekt<br />
entgegengebracht hat, bedanken. Es ist nicht selbstverständlich, dass sich die Oberbürgermeisterin<br />
einer <strong>Stadt</strong> derartig viel Zeit für die Fragen und Anliegen einer Gruppe angehender<br />
Abiturienten nimmt. Ohne das Interview mit Frau Wust wären uns viele Dinge nicht so klar<br />
und verständlich geworden.<br />
Vielen Dank auch dafür, dass uns durch die Pressereferentin der <strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen<br />
Katrin Kuhnt kurzfristig gestattet wurde, Bilder von <strong>Bitterfeld</strong> und das Wappen der <strong>Stadt</strong><br />
<strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen für unsere <strong>Projektarbeit</strong> benutzen zu dürfen und an Marion Schöne vom<br />
Amt für Kultur und Tourismus, die uns kurzfristig mit Informationsmaterial versorgte.<br />
5
Der Entwicklungsbegriff<br />
Bevor wir über das „Entwicklungsland Deutschland“ sprechen, sollte erst einmal der Entwicklungsbegriff<br />
und der Begriff Entwicklungsland näher definiert werden. Diese<br />
Definitionen sind sehr umfangreich. Es gibt viele, teils sehr unterschiedliche Entwicklungstheorien<br />
& -begriffe.<br />
Das „Handbuch der Dritten Welt“ (Hrsg.: Nohlen/Nuschler) unterteilt allein die ökonomischen<br />
Entwicklungstheorien in zwei große Gruppen: die Theorie des sozioökonomischen,<br />
technologischen & regionalen Dualismus sowie die Strategietheorien.<br />
Die Theorie des Dualismus geht von einer Heterogenität der Wirtschafts- und Sozialstrukturen<br />
aus. Danach existiert ein Nebeneinander von einem traditionellen und statischen<br />
Selbstständigensektor mit arbeitsintensiver Technik und eines kapitalintensiven, meist exportorientierten<br />
und dynamisch modernen Sektors. Weiter gibt es einen regionalen Dualismus<br />
zwischen den industrialisierten Zentren und dem abgeschnittenen Hinterland, der zugleich<br />
einen sozialen Dualismus begründet.<br />
Die Strategietheorien beschreiben unterschiedliche (ökonomische) Wachstumsstrategien. So<br />
wird dort vor ungleichmäßigem Wachstum gewarnt. Dieser Warnung schließt sich die<br />
Empfehlung nach punktueller Förderung zur Erzielung von positiven Multiplikatoreffekten /<br />
Effekten produktionstechnischer wie einkommens- und nachfrageorientierter Art an. Weiter<br />
werden sogenannte Entwicklungspole beschrieben. Diese begründen sich auf einer<br />
regionalen Konzentration der Investitionen. Daraus ergeben sich Wachstumseffekte. Es<br />
kommt zu einer Gegenüberstellung von angenommenen positiven Expansionseffekten und<br />
negativen Entzugseffekten, die zur weiteren Verarmung der armen Regionen führen. Eine<br />
dritte Wachstumsstrategie beschreibt das gleichgewichtige Wachstum. Es wird davon ausgegangen,<br />
dass zum Ausbruch aus dem „Teufelskreis der Armut“ (niedriges Einkommen =><br />
geringe Sparfähigkeit => Kapitalmangel => geringe Arbeitsproduktivität => niedriges Einkommen)<br />
ein Bündel ergänzender Investitionen in allen Sektoren notwendig ist.<br />
Natürlich finden sich noch eine Reihe weiterer Entwicklungstheorien, die auch den Begriff<br />
„Entwicklungsland“ näher definieren. Bei der Betrachtung des Falles <strong>Bitterfeld</strong> spielen diese<br />
jedoch keine große Rolle, da man hier nicht nur die ökonomische, sondern auch die ökologische<br />
& gesellschaftliche Entwicklung betrachten sollte.<br />
Auch der Entwicklungsbegriff an sich verlangt nach einer Definition. Auch hier haben Nohlen<br />
und Nuscheler ein Modell entwickelt. Das „magische Fünfeck der Entwicklung“ fasst die<br />
Definition verschiedener Autoren zusammen und beinhaltet die Grundziele, die in der Entwicklungspolitik<br />
gelten sollten. Diese Ziele sind Wachstum, Gleichheit, Arbeit, Partizipation<br />
und wirtschaftliche Unabhängigkeit. Die einzelnen Ziele werden im Folgenden ausführlicher<br />
erläutert.<br />
6
Wachstum ist als angemessenes und stetiges Wirtschaftswachstum zu verstehen. Hier<br />
kommt es vor allem darauf an, dass die Wirtschaft nicht zu schnell wächst, da sonst leicht<br />
eine Überproduktion und daraus entstehend eine Rezession resultieren kann.<br />
Außerdem muss auf eine gerechte Lohnverteilung geachtet werden, da sonst Wachstum<br />
keinen Einfluss auf den Lebensstandard in der betroffenen Region hat.<br />
Gleichheit bedeutet die Teilhabe der ganzen Bevölkerung am Wachstum, beinhaltet also<br />
auch die gerechte Einkommensverteilung. Zudem sind hier einige andere Aspekte enthalten,<br />
die für <strong>Bitterfeld</strong> aber keine große Rolle spielen, z. B. die Gleichberechtigung der Frau und<br />
eine gerechte Verteilung im räumlichen Sinne.<br />
Ein weiteres Ziel ist die Überwindung von Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung. In der<br />
Arbeit liegt neben dem wichtigen Effekt auf die Wirtschaft auch ein psychologischer Effekt<br />
vor, da hier eine Entwicklung aus eigener Kraft vorliegt und somit die Arbeitsmoral und das<br />
Selbstwertgefühl enorm gesteigert werden. Dieser Aspekt trifft auch auf <strong>Bitterfeld</strong> zu, da<br />
hier die Arbeitslosigkeit aufgrund des Zusammenbruchs der Wirtschaft in der DDR nach der<br />
Wende stark anstieg und massive Subventionen nötig wurden, um die Arbeitslosenrate<br />
gering zu halten.<br />
Die Aspekte der Partizipation und der wirtschaftlichen Unabhängigkeit spielen in der Betrachtung<br />
des Falls <strong>Bitterfeld</strong> eine untergeordnete Rolle, weswegen hierauf nicht genauer<br />
eingegangen wird.<br />
Mit dieser Mehrdimensionalität des Entwicklungsbegriffs entstehen Probleme, sogenannte<br />
Zielkonflikte. Es können nicht alle Ziele im gleichen Maße erreicht werden, somit müssen<br />
Prioritäten gesetzt werden. Außerdem kann es sein, dass ein Ziel Voraussetzung eines<br />
anderen Ziels ist. So ist die Voraussetzung für ein angemessenes Wirtschaftswachstum eine<br />
niedrige Arbeitslosigkeit.<br />
7
Die Entwicklungen in <strong>Bitterfeld</strong><br />
von 1945 bis 1993<br />
http://www.mz-web.de/ks/images/mdsBild/1237373675647l.jpg<br />
8
Das Wirtschaftssystem der<br />
„Deutschen Demokratischen Republik“<br />
Der nachfolgende Abschnitt befasst sich mit dem Wirtschaftssystem der DDR im Allgemeinen.<br />
Dabei ist zuerst zu beachten, dass die DDR kein kommunistisches, wie häufig angenommen,<br />
sondern ein sozialistisches Wirtschaftssystem besaß. Ebenso war sie kein<br />
kommunistischer, sondern ein sozialistischer Staat.<br />
Der Sozialismus ist nämlich nach der Lehre von<br />
Marx und Engels nur eine Vorstufe des<br />
Kommunismus, in welchem jeder Bürger, die<br />
von ihm benötigten Güter erhält und die<br />
weniger leistungsfähigen von der Gemeinschaft<br />
unterstützt werden. Im Kommunismus gibt es<br />
weder Geld, noch eine übergeordnete Führung,<br />
da alle Macht vom Volk ausgehen soll.<br />
Im Sozialismus ist Geld und eine politische<br />
Führung somit durchaus vorhanden und er beschäftigt<br />
sich mit der Frage, wie die im<br />
Kommunismus beinhaltete Versorgung aller,<br />
bewerkstelligt werden kann. Dieses Versorgungsproblem<br />
finden wir auch 1945 in der<br />
Sowjetischen Besatzungszone, der späteren<br />
Deutschen Demokratischen Republik, wieder,<br />
in der die Wirtschaft zum einen durch die<br />
Zukunftssicher?<br />
Quelle: http://www.deramateur.de/blog/wpcontent/50jahre_ddr3.jpg<br />
Theoretisches Konzept<br />
kriegsbedingten Verwüstungen sowie durch<br />
die Reparationen an die Sowjetunion weitgehend<br />
brach lag.<br />
Das Wirtschaftssystem der Deutschen Demokratischen Republik war eine staatssozialistische<br />
Zentralverwaltungswirtschaft nach dem Vorbild des sowjetischen Wirtschaftssystems. Die<br />
Einführung erfolgte schon 1945 in der damaligen Besatzungszone der Sowjetunion mit dem<br />
Ziel, eine sozialistische Planwirtschaft nach den marxistisch-leninistischen Lehren zu errichten.<br />
Die Maßnahmen zur Einführung und Planung der Wirtschaft erfolgten zu Beginn in einem<br />
Zweijahresplan, 1949 bis 1950 sowie in den darauffolgenden Fünfjahrplänen, die, wie der<br />
Name schon sagt, für fünf Jahre gültig waren. Diese wurden von der Staatlichen Plankommission<br />
aufgestellt und enthielten Zuteilungen von Geld und Ressourcen und die Vor-<br />
9
gaben für die zu erreichenden Produktionen und Dienstleistungen, die nicht auf Nachfrage,<br />
sondern auf Mengenvorgaben basierten. Des Weiteren wurden in diesen Plänen auch Investitionen,<br />
Preise und Löhne festgelegt, was zu einer günstigen Verteilung der Ressourcen<br />
unter der Bevölkerung führen<br />
sollte.<br />
Die gesamte Wirtschaft war also<br />
an die Fünfjahrpläne gebunden<br />
und unterstand somit der<br />
politischen Führung. Genauso wie<br />
der Staatsapparat in der DDR<br />
hierarchisch aufgebaut war,<br />
basierte auch der Wirtschaftsapparat<br />
auf einer Hierarchie. Zu<br />
diesem Wirtschaftsapparat gehörten<br />
neben elf Industrieministerien<br />
wie die Ministerien für<br />
Bauwesen, Schwerindustrie und<br />
das Ministerium für Erzbergbau,<br />
Metallurgie und Kali, auch die<br />
Ministerien für Wissenschaft und<br />
Technik, Finanzen, das Amt für<br />
Preise und weitere, welche gemeinsam<br />
für die wirtschaftliche<br />
Entwicklung und die gesamtwirtschaftliche<br />
Situation zuständig<br />
waren und Teilpläne aus-<br />
Ein Dokument über die Bereitstellung von Baukapazitäten für<br />
Grenzsicherungsmaßnahmen für VEB Bergmann-Borsig<br />
Quelle: http://www.bundesarchiv.de<br />
/imperia/md/images/abteilungen/<br />
abtddr/galeriemauerbau/<br />
24_501x0_0_61._de_1_-_61508.png<br />
arbeiteten. Diese aus den Teilplänen<br />
resultierenden Planauflagen wurden<br />
an die untergeordneten Kombinate<br />
und die örtlichen Organe weitergeleitet,<br />
die diese wiederum an die<br />
Betriebe weiterreichten. Die Be-<br />
triebe erarbeiteten auf dieser Basis nun Planentwürfe und schlossen Vorverträge mit<br />
anderen Betrieben bezüglich benötigter Leistungen und Ressourcen ab. Die Entwürfe<br />
wurden in der Hierarchie nun wieder nach oben durchgereicht und von den jeweils übergeordneten<br />
Organen kontrolliert und zusammengefasst. Die aus diesem Vorgang<br />
resultierenden Teilpläne wurden nun von der Staatlichen Plankommission zu einem Volkswirtschaftsplan<br />
gebündelt und von der Volkskammer als Gesetz beschlossen.<br />
10
Ein Volkswirtschaftsplan erstreckte sich nicht nur über alle Bereiche der Wirtschaft, sondern<br />
auch auf Bildung, das Gesundheitswesen, Sport und Kultur. Der wichtigste Wirtschaftsbereich<br />
der DDR war die Industrie, im Besondern die Schwerindustrie. Der Anteil der<br />
Industrie an der Wirtschaft war fast zehnmal höher als der der Agrarindustrie. In der Planung<br />
der Wirtschaft hatte die Produktion von industriellen Gütern Vorrang vor der Produktion von<br />
Konsumgütern.<br />
Im Rahmen des "Neuen Ökonomischen Systems der Planung und Leitung der Volkswirtschaft",<br />
unter der Führung des damaligen SED-Vorsitzenden Walter Ulbricht, welches das<br />
Wirtschaftssystem der DDR reformieren sollte und ihm marktwirtschaftliche Züge verlieh,<br />
wurden Ende der 60er Jahre alle Industrie- und Baubetriebe in sogenannten Kombinaten<br />
zusammengefasst, um die Wirtschaft zentralistischer zu verwalten. Kombinate waren entweder<br />
nach Branchen, z. B. das Chemiekombinat <strong>Bitterfeld</strong>, oder nach Produktionsstufe, z. B.<br />
das Kombinat Elektronische Bauelemente, organisiert. 98 % aller Beschäftigten der Industrie<br />
arbeiteten in Kombinaten, die restlichen in den wenigen Privatbetrieben. Jedes Kombinat<br />
unterstand einem Generaldirektor, welcher wiederum dem jeweiligen Industrieministerium<br />
unterstand. Die Generaldirektoren sollten die Planziele an die Betriebe des Kombinats<br />
weitergeben und für einen Ausgleich zwischen Leistungsmöglichkeiten und Leistungserwartungen<br />
sorgen, allerdings im Rahmen der Plankennziffern, welche in den Volkswirtschaftspläne<br />
festgelegt wurden.<br />
Diese Planwirtschaft wies allerdings in ihrem theoretischen Konzepte zahlreiche Fehlerquellen<br />
auf. Eine war das Prämiensystem, welches Prämien für die Erfüllung oder sogar<br />
Übererfüllung der Plankennziffern verteilte. Das hatte aber zur Folge, dass sich Betriebe auf<br />
leicht erreichbare Plankennziffern fixierten, was wiederum zu einer unzureichenden Arbeitsproduktivität<br />
und Innovationsträgheit führte. Dies wurde noch durch das Fehlen geeigneter<br />
Plankennziffern für Leistungsbewertung- und Kontrolle verschlimmert. Eine Behebung der<br />
Probleme durch Reformen des Plansystems, z. B. durch Ulbrichts "Neues Ökonomisches<br />
Systems der Planung und Leitung der Volkswirtschaft" oder auch durch Veränderungen der<br />
Leistungs- und Betriebsstrukturen scheiterte ebenfalls. Durch die Pläne gab es ebenfalls<br />
keinen Konkurrenzdruck, was den Betrieben keinen Anreiz zum Fortschritt gab. Als äußerst<br />
problematisch erwies sich auch die Annahme der DDR, dass sie die Komplexität einer Volkswirtschaft<br />
in ihren Fünfjahrplänen erfassen könne. Außerdem war das Wirtschaftssystem<br />
durch die Fünfjahrpläne zu unflexibel, um auf innere und äußere Probleme wie Nichterfüllung<br />
der Plankennziffern oder auch Schwankungen auf dem Weltmarkt reagieren zu<br />
können.<br />
11
Umsetzung des Sozialismus in der DDR<br />
Die Umsetzung des Sozialismus begann gleich nach Gründung der DDR 1949. Ziel war es, alle<br />
vorhandenen Betriebe im Land zu verstaatlichen und sie so weit auszubauen, dass die DDR<br />
sich weitgehend autark versorgen konnte, dass also möglichst wenige Güter importiert<br />
werden mussten. Dies gelang jedoch nicht wirklich, denn von 1970 bis 1981 gab es ein<br />
kumuliertes Importdefizit von 38 Milliarden Mark. Man importierte nahezu doppelt so viel,<br />
wie man exportierte.<br />
Um die Lebensmittelversorgung der DDR-Bürger zu sichern, wurde die Landwirtschaft<br />
zwangskollektiviert. Das bedeutet, dass private Bauern ihren Besitz und ihre Produktion an<br />
den Staat abgeben mussten und sie dann Landwirtschaftsgenossenschaften zugeteilt<br />
wurden. Wer sich weigerte, den Befehl der Regierung auszuführen, wurde gezwungen, eine<br />
genau festgelegte Menge an Erzeugnissen zu unrentablen Preisen zu verkaufen. Es war völlig<br />
gleichgültig, ob die einzelnen Bauern in der Lage waren, den Plan zu erfüllen oder nicht. Wer<br />
ihn nicht erfüllen konnte, wurde mit hohen Geldstrafen sanktioniert und in den örtlichen<br />
Medien namentlich erwähnt, als „Schädling des Sozialismus“ bezeichnet und erhielt im<br />
Folgejahr keine Subventionen vom Staat.<br />
Ein weiterer Schritt war die Zusammenfassung sämtlicher Industrien zu Kombinaten, die als<br />
„Volkseigene Betriebe“, kurz VEB, bezeichnet wurden. Das führte auch dazu, dass sich immer<br />
mehr Großbetriebe bildeten und es kaum noch kleinere Unternehmen gab.<br />
Die staatliche Verwaltungsarbeit wurde von insgesamt elf Industrieministerien mit bis zu<br />
2500 Mitarbeitern durchgeführt, die von weiteren Ministerien unterstützt wurden. Dieser<br />
Apparat erwies sich als völlig überdimensioniert und in sich schon nicht wirtschaftlich.<br />
Dennoch gaben sie den einzelnen Betrieben die Anweisungen, was sie zu produzieren<br />
hatten. Der Staat übernahm die Funktion als Geldgeber. Somit war es unmöglich, dass ein<br />
Unternehmen pleitegehen konnte. Die Summe aller Förderungen für die Herstellung lebensnotwendiger<br />
Güter wie Nahrung, Kleidung und Energie betrug 1970 11,4 Milliarden, 1988<br />
gar 61,6 Milliarden Mark. Auf diese Weise gelang es der DDR, das zehntgrößte Industrieland<br />
der Erde zu werden.<br />
Die größten Industriezweige waren Maschinen und Fahrzeugbau, insbesondere der VEB<br />
Automobilwerke Zwickau, der den Trabant 601, das in der DDR meistgebaute Fahrzeug<br />
produzierte, die Braunkohleförderung, insbesondere auch durch den VEB Tagebauausrüstungen,<br />
Krane und Förderanlagen Leipzig, kurz TAKRAF, welche zum Fundament der<br />
Energieproduktion wurde, sowie die chemische Industrie. Der Braunkohleförderung wurde<br />
dabei eine besondere Stellung in der Wirtschaft zuteil. Die Energieversorgung der DDR<br />
wurde zum größten Teil durch Braunkohle gedeckt, somit war es wichtig, dass sie immer<br />
reibungslos funktionierte. Es wurden Großkraftwerke errichtet, die zum Teil bis zu 3000<br />
Megawatt Energie produzieren konnten, wie zum Beispiel das Kraftwerk Boxberg. Zum Vergleich:<br />
Ein durchschnittlicher Kernreaktor heutiger Bauart leistet maximal 1500 Megawatt.<br />
Auch musste die Braunkohleabbau massiv gefördert werden, damit die Unternehmen über-<br />
12
leben konnten. So musste die DDR-Regierung für die Förderung einer Tonne Rohbraunkohle<br />
im Jahre 1980 7,7 Millionen Mark zahlen, 1988 gar 13,2 Millionen Mark. Zum Vergleich:<br />
Einen Trabant 601 konnte man für 8.000 bis 10.000 Mark käuflich erwerben. Das zeigt eines<br />
der Probleme der DDR-Wirtschaft: Sie musste mit großen Mengen an Förderung aufrechterhalten<br />
werden.<br />
Ein weiteres Ziel der DDR war es, die chemische Industrie derart auszubauen, dass diese, zu<br />
einem Standbein der Wirtschaft wurde und dann auch die Versorgung der DDR mit<br />
chemischen Produkten vollkommen autark geschehen konnte. Die DDR förderte die Schwerindustrie<br />
und die chemische Industrie daher besonders, sodass sie sich zum zweitwichtigsten<br />
Industriezweig der DDR entwickelte. Die bedeutendsten Kombinate der Chemie waren VEB<br />
Chemische Werke BUNA in Schkopau, die in der Kunststoffherstellung tätig waren, VEB<br />
Petrochemisches Kombinat Schwedt und VEB Chemiekombinat <strong>Bitterfeld</strong>. Um die chemische<br />
Industrie mit möglichst wenig Aufwand betreiben zu können, entschied man sich, keine<br />
Neuanlagen zu bauen, sondern die zum Teil noch aus der Vorkriegszeit stammenden Anlagen<br />
zu reaktivieren und sie mit erhöhtem Reparatur- und Personalaufwand zu betreiben.<br />
Da ein DDR-Betrieb seinen gesamten Ertrag an den Staatshaushalt abtreten musste, konnte<br />
man keine Investitionen tätigen, somit wurden auch kaum Neuanlagen gebaut. Dadurch kam<br />
es zu hoher Umweltverschmutzung und schlechten Arbeitsbedingungen.<br />
Die Bevorzugung der Industrie hatte jedoch zur Folge, dass andere Bereiche vernachlässigt<br />
wurden. So hatte man kaum in Infrastruktur investiert. Ein Großteil des Straßen- und<br />
Schienennetzes war in einem derart schlechten Zustand, dass man weite Teile nur noch mit<br />
Schrittgeschwindigkeit befahren konnte. Außerdem war das Stromleitungsnetz veraltet,<br />
sodass ein beachtlicher Teil der Energie ungenutzt verschwand. Allein die Einsparpotenziale<br />
bei der Energie waren so groß, dass man damit ein Land wie Dänemark mit Strom hätte versorgen<br />
können.<br />
Die Förderung der Schwerindustrie hatte eine weitere Folge: schwere Umweltschäden in der<br />
gesamten DDR. Die Umweltdaten waren für das sozialistische Regime derart belastend, dass<br />
sie 1970 als „Vertrauliche Verschlusssache“, ab 1980 sogar als „Geheime Verschlusssache“<br />
behandelt wurden und man sie so der Bevölkerung vorenthielt. Nach der Wende 1990<br />
wurden die Umweltschäden als eine ökologische Katastrophe bezeichnet. 1,2 Millionen<br />
Bürger hatten keinen Zugang zu unbelastetem Trinkwasser. Nur drei Prozent aller Seen und<br />
Flüsse besaßen noch Trinkwasserqualität, alle anderen waren vergiftet. Nur 58 Prozent der<br />
DDR-Bevölkerung war mit Kläranlagen versorgt, die jedoch unwirtschaftlich arbeiteten. Das<br />
hatte zur Folge, dass auf einem Drittel der Flusskilometer (ca. 10 000 km), kein Leben mehr<br />
vorhanden war. Des Weiteren wurden 40 Prozent des Mülls nicht fachgerecht entsorgt und<br />
die Verfeuerung von Rohbraunkohle in den Kraftwerken führte zur höchsten Staub- und<br />
Schwefeldioxidbelastung in ganz Europa. Dadurch lag die Sterblichkeitsrate bei Männern<br />
durch Atemwegserkrankungen doppelt so hoch wie der europäische Durchschnitt. Die Luftverschmutzung<br />
schädigte 52 Prozent der Waldfläche dauerhaft.<br />
13
Wie aus der Statistik zu entnehmen ist, war der Schadstoffausstoß in der DDR<br />
um ein Vielfaches höher als in der BRD.<br />
Die Folgen des Sozialismus<br />
waren ohne jeden<br />
Zweifel tiefgreifend. So<br />
war es unmöglich, dass<br />
ein Betrieb in der DDR<br />
pleitegehen konnte, denn<br />
er wurde vom Staat subventioniert.<br />
Des Weiteren<br />
gab es unter den Unternehmen<br />
keine<br />
Konkurrenz, denn ein<br />
Produkt wurde meist<br />
immer nur von einem<br />
bestimmten Unter-<br />
nehmen produziert, dem<br />
die Aufgabe vom zuständigen<br />
Ministerium<br />
zugeteilt wurde. Das führte zwar dazu, dass es das Produkt in ausreichender Menge gab,<br />
allerdings nur von einem Hersteller, was die Auswahl massiv einschränkte. Dadurch war die<br />
Bevölkerung grundsätzlich nie unterversorgt mit lebensnotwendigen Gütern. Es gab immer<br />
genügend Lebensmittel, genug Kleidung und genug Wohnraum für die Bürger. Eine Ausnahme<br />
bildete der Maschinenbau, es gab nämlich ein Produktionsdefizit in der Automobilindustrie.<br />
Man musste zeitweise bis zu 10 Jahre auf einen Trabant warten. Außerdem<br />
wurden keine Südfrüchte und kein Kaffee angeboten, denn diese Lebensmittel konnten in<br />
der DDR, die eine autarke Wirtschaft anstrebte, nicht angebaut werden und in anderen<br />
sozialistischen Ländern war der Anbau auch nur beschränkt möglich oder wurde als nicht<br />
notwendig betrachtet. Von nicht marginaler Bedeutung war auch, dass infolge der Arbeitszuteilung<br />
immer Arbeit vorhanden war, es eine geringe Arbeitslosenquote gab und man als<br />
Arbeiter mit 2000 bis 3000 Mark verhältnismäßig gut verdiente und dieser Verdienst immer<br />
gesichert war, da er vom Staat bereitgestellt wurde.<br />
Die massiven Subventionen einzelner Wirtschaftszweige führten jedoch auch zu paradoxen<br />
Sachverhalten: So hatte Erich Honeckers Forderung nach billigem Brot für die Arbeiter die<br />
Folge, dass das Brot weniger kostete, als das Getreide, aus dem es hergestellt wurde.<br />
Außerdem konnte ein Bauer ein Kaninchen für 60 Mark an eine Handelsorganisation verkaufen,<br />
und konnte es küchenfertig verarbeitet für 15 Mark zurückkaufen. Ein weiteres Beispiel<br />
ist die Mikrochipherstellung: Ein 256-KB-Speicherchip aus eigener Produktion kostete<br />
534 Mark und wurde mit 517 Mark vom Staat subventioniert, erzielte auf dem Weltmarkt<br />
jedoch nur Preise von vier bis fünf D-Mark. Hier zeigt sich ein massives Defizit des Wirtschaftssystems<br />
der DDR: Durch den fehlenden Mechanismus der Preisbildung konnte man<br />
nie wissen, welche Güter knapp waren und wo sich Investitionen rentierten.<br />
14
Hier zeigt sich die Misswirtschaft und die daraus resultierende Unproduktivität<br />
der DDR im Vergleich zur BRD.<br />
Aus diesem Grund sind sich Wirtschaftswissenschaftler heutzutage einig, dass man eine<br />
Volkswirtschaft niemals vollständig durchplanen könne, auch nicht mit den heutigen<br />
Rechenmethoden und Erfahrungen. Um dies noch einmal zu veranschaulichen: Der Wirtschaft<br />
der Bundesrepublik Deutschland liegt die Soziale Marktwirtschaft zugrunde, eine<br />
selbstregulierende Marktwirtschaft, in die der Staat lediglich bei Ungleichmäßigkeiten<br />
regulierend eingreift. Dieses Wirtschaftssystem bescherte der BRD seinen Wohlstand, den es<br />
heute besitzt. Die „Deutsche Demokratische Republik“ war hingegen eine „Staatssozialistische<br />
Zentralverwaltungswirtschaft“, bei dem versucht wurde, eine Wirtschaft vollständig<br />
durchzuplanen. Das System funktioniert jedoch nur solange, wie die DDR Kredite aus<br />
dem Westen aufnehmen konnte. Bei der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 zeigte sich,<br />
dass die DDR vollkommen heruntergewirtschaftet war. Man hatte zehn Prozent des<br />
gesamten Staatshaushaltes nur für die Polizei und das Militär ausgegeben. Des Weiteren<br />
waren ihre Betriebe nach der Wende international nicht konkurrenzfähig, viele meldeten<br />
Insolvenz an. Bis 2004 kostete der Aufbau Ost bereits 250 bis 300 Milliarden Euro und er ist<br />
bis heute nicht abgeschlossen.<br />
15
Die Bedeutung der Wirtschaftsregion um <strong>Bitterfeld</strong><br />
für die Wirtschaft der DDR<br />
Die Wirtschaftsregion um <strong>Bitterfeld</strong> war einer der bedeutendsten Industriestandorte für die<br />
DDR zum einen wegen der dort ansässigen Chemieindustrie und zum anderen wegen des<br />
Abbaus von Braunkohle, dem Hauptenergieträger und fundamentalen Grundstoff der<br />
Chemieindustrie in der DDR. Das sogenannte Chemiedreieck im Bereich Halle-Merseburg-<br />
Saale, mit Wurzeln schon im 19. Jahrhundert,<br />
stellte 1989 für etwa 160 000<br />
Menschen Arbeitsplätze, was 5% der<br />
gesamten Arbeitsplätze der DDR entsprach.<br />
Das Chemiedreieck der DDR mit den Hauptstandorten in Halle,<br />
Merseburg und <strong>Bitterfeld</strong>.<br />
Quelle: http://maps.google.de/<br />
Der VEB (Volkseigener Betrieb) Chemiekombinat<br />
<strong>Bitterfeld</strong> hatte ca. 30 000<br />
Angestellte und war damit ungefähr so<br />
groß wie die beiden anderen großen<br />
Chemieproduzenten der Region: der VEB<br />
Buna Schkopau und der VEB Leunawerke,<br />
die ebenfalls etwas über 30 000<br />
Mitarbeiter hatten. Weitere 50 000<br />
Arbeiter waren im Braunkohletagebau<br />
tätig und in dem VEB Fotochemie<br />
Kombinat Wolfen mit noch einmal 16 000<br />
Mitarbeitern. Im VEB Buna-Schopkau wurden Lösungsmittel, synthetischer Kautschuk, PVC,<br />
Grundchemikalien und Kunststoffprodukte wie Fußbodenbeläge, Profile und Schläuche hergestellt.<br />
Im VEB Leuna-Werke wurden Mineralölprodukte, Methanol, Kunststoffe und Kunstharze,<br />
Leime und Katalysatoren produziert, während im VEB Fotochemie Kombinat Wolfen<br />
Fotomaterialien und -chemikalien sowie Magnetbänder gefertigt wurden.<br />
Der VEB Chemiekombinat <strong>Bitterfeld</strong>, kurz CKB, entstand 1969 aus dem VEB Elektrochemischen<br />
Kombinat <strong>Bitterfeld</strong> und der Farbenfabrik Wolfen sowie sechs weiteren<br />
Kombinaten. Man erhoffte sich durch die Zusammenlegung, die in Folge der neuen Wirtschaftspolitik<br />
Walter Ulbrichts durchgeführt wurde, eine strukturell und wirtschaftliche Verbesserung<br />
durch eine effektivere und zentrale Verwaltung. Im CKB wurden hauptsächlich<br />
anorganische Grundchemikalien wie Chlor, Schwefelsäure, Magnesium, Wasserstoff und<br />
Salpetersäure (allein davon 370.000 t jährlich) hergestellt. Weiterhin war hier der einzige Ort<br />
in der DDR, in der Aluminium hergestellt und verarbeitet wurde. Daher wurden im CKB auch<br />
16
viel Leichtmetallkonstruktionen hergestellt. Bekannt war das Kombinat auch für seine<br />
pharmazeutischen Produkte, welche ihm den Beinamen "Apotheke der DDR" verliehen.<br />
Auch wurden in <strong>Bitterfeld</strong> viel Düngemittel und Schädlingsbekämpfungsmittel produziert,<br />
genauso wie das DDR-Pendant zu Maggi: Bino. Trotz der gigantischen Zahl an Zwischen- und<br />
Endprodukten gab es, bedingt durch die sozialistische Marktwirtschaft nur eine geringe<br />
Auswahl von Produkten. Man muss aber auch bedenken, dass alle hier aufgeführten<br />
Produkte die Aufgabe hatten, den planwirtschaftlichen Bedarf in der gesamten DDR zu<br />
decken.<br />
Die Personalproduktivität des gigantischen Betriebes lag allerdings im Vergleich zur BRD bei<br />
nur 30%. Diese geringe Produktivität lässt sich zum einen auf das schlechte Management<br />
zurückführen zum anderen auf die fehlende staatliche Förderung. Die Maschinen stammten<br />
noch aus zum Teil noch aus der Vorkriegszeit und waren spätestens in den 60ern technisch<br />
schon so überholt, sodass sie hätten ausgetauscht werden müssen. Diese Mängel waren der<br />
sozialistischen Führung in Berlin zwar bewusst, trotzdem blieben die dringend benötigten<br />
Förderungen auf einige wenige Projekt beschränkt, da zum einen nicht ausreichend<br />
finanzielle Mittel zur Verfügung standen und die Politik auf die kurzfristige Haltung von<br />
Arbeitsplätzen setzte und nicht auf einen langfristigen, wirtschaftlichen Nutzen. So liefen<br />
viele Maschinen auf Verschleiß und mussten durch immensen Leistungs- und Energieaufwand<br />
am Laufen erhalten werden. Ein weiteres politisch bedingtes Problem war, dass zu<br />
ihrer Veröffentlichungszeit gute Produkte zwar oft weiter entwickelt wurden, aber die Entwicklungen<br />
wurden nicht produziert und waren daher auf dem internationalem Markt nicht<br />
konkurrenzfähig. Ein prominentes Beispiel dafür ist der Trabant, welcher über die Jahrzehnte<br />
fast unverändert weiter produziert wurde, obwohl das Modell nun vollkommen veraltet war<br />
und nicht mit den Modellen anderer Hersteller hätte mithalten können. Die Produkte waren<br />
wegen zu schlechter Qualität und zu hohem Preis auf dem internationalen Markt nicht<br />
konkurrenzfähig. Das galt auch für die Produkte der Carbochemie, deren Verkauf auf dem<br />
Weltmarkt nicht annähernd die anfallenden Herstellungskosten decken konnte. Ursache<br />
dafür war, dass viele chemische Produkte in der DDR auf Braunkohle basierten, da andere<br />
Grundstoffe wie z.B. Erdöl wegen<br />
der lokalen Gegebenheiten oder<br />
fehlender finanzieller Mittel nicht<br />
zur Verfügung standen und Braunkohle<br />
eher ungeeignet für eine<br />
wirtschaftliche Weiterverarbeitung<br />
ist. Daraus folgt, dass die Chemie-<br />
und Braunkohleindustrie in der DDR<br />
eng miteinander verbunden waren.<br />
Die Tabelle zeigt die steigende Bedeutung von Braunkohle für die<br />
Stromversorgung der DDR<br />
Quelle: http://epub.ub.unimuenchen.de/2197/1/Kahlert_2197.pdf<br />
Dies erklärt auch den Standort des<br />
CKB, in dessen Nähe sich gewaltige<br />
17
Vorkommen an Braunkohle befanden und auch noch befinden.<br />
Doch Braunkohle war nicht nur für die Chemieindustrie von existenzieller Bedeutung,<br />
sondern auch für die Energieversorgung. Denn die DDR deckte 1986 83% ihrer Stromversorgung<br />
mit Braunkohle, außerdem wurden 40% des <strong>Stadt</strong>gases aus Braunkohle hergestellt.<br />
Dazu wurden im Jahre 1985 in der DDR 312 Millionen Tonnen Braunkohle gefördert, davon<br />
wurden zwei Drittel in Heiz- und Kraftwerken verarbeitet. Damit war die DDR der größte<br />
Braunkohleförderer der Welt und konnte ein Viertel der weltweiten Förderung auf ihr Konto<br />
verbuchen. Sie produzierte damit doppelt so viel wie der zweitgrößte Förderer: die Sowjetunion.<br />
In der DDR gab es<br />
Schätzungen zur Folge ein Gesamtvorkommen<br />
von 45 Milliarden<br />
Tonnen Braunkohle, von denen aber<br />
nur die Hälfte aus wirtschaftlichen<br />
und technologischen Gründen hätte<br />
gefördert werden können. Das<br />
Braunkohlekombinat <strong>Bitterfeld</strong> war<br />
Die immense Förderung von Braunkohle in der DDR<br />
Quelle: http://epub.ub.uni-muenchen.de/2197/1/Kahlert_2197.pdf<br />
mit einer Gesamtförderung von 315<br />
Millionen Tonnen Braunkohle be-<br />
teiligt. Diese wurde in 18 Tagebauen abgebaut und in 23 Brikettfabriken weiterverarbeitet,<br />
in denen insgesamt 50.000 Menschen arbeiteten. Allerdings musste für eine Tonne Braunkohle<br />
1986 4,6 Kubikmeter Abraum bewegt werden, was über die Jahre zu einer Verschiebung<br />
von 850 Millionen Kubikmetern Erde führte. Dem Abbau der Braunkohle mussten<br />
sechs Dörfer und ein Fluss weichen.<br />
18
Frühe Warnungen vor ökologischen Schäden im<br />
Roman „Flugasche“<br />
Biografie von Monika Maron<br />
Monika Maron wurde 1941 in Berlin geboren. Sie ist die Stieftochter des ehemaligen<br />
Innenministers (1955-1963) der DDR, Karl Maron. Monika Maron ging in Ost-Berlin auf ein<br />
Gymnasium und legte dort auch ihr Abitur ab. Nach dem Abitur zog sie zu Hause aus und<br />
arbeitete ein Jahr lang als Fräserin. Anschließend arbeitete sie zwei Jahre lang als Regieassistentin<br />
beim DDR-Fernsehen. Danach begann sie ein Studium der Theaterwissenschaft<br />
und Kunstgeschichte. Anschließend arbeitete sie drei Jahre lang als wissenschaftliche<br />
Aspirantin an der Schauspielschule in Ost-Berlin. Danach wurde sie Reporterin der Zeitung<br />
„Wochenpost“. 1976 jedoch gab sie den Beruf auf, da ihr das Erbe ihres Stiefvaters ein freiberufliches<br />
Leben ermöglichte.<br />
Monika Maron erhielt 1988 ein Drei-Jahresvisum für die einmalige Ein- und Ausreise in die<br />
BRD. Sie lebte zunächst in Hamburg und nach Angaben des Fischer-Verlages seit 1993 wieder<br />
in Berlin.<br />
1981 schrieb sie ihren<br />
berühmten Ökoroman<br />
„Flugasche“, der aber in<br />
der DDR nicht gedruckt<br />
werden durfte. Er erschien<br />
genauso wie die Erzählung<br />
„Das Missverständnis“<br />
(1982) und ihr Roman „Die<br />
Überläuferin“ (1986) im<br />
Fischer-Verlag nur in der<br />
Bundesrepublik und<br />
wurde in der DDR bis zum<br />
Jahre 1989 nicht verlegt.<br />
In: <strong>FAZ</strong> vom 04.04.2012, Monika Maron und der Fall Q-Cells<br />
Weiterhin veröffentlichte<br />
sie u. a. „Die Überläuferin“ und „Stille Zeile sechs“. 2009 erschien ihre Reportage „<strong>Bitterfeld</strong>er<br />
Bogen“. Den Lessing-Preis des Freistaats Sachsen bekam sie im Jahre 2011.<br />
19
Inhaltsangabe des Romans Flugasche<br />
Im ersten Kapitel des Romans beschreibt Josefa Nadler, die die Hauptfigur des Romans<br />
„Flugasche“ darstellt, ihre Großeltern. Sie berichtet viel aus Erzählungen von dem gesamten<br />
Leben der Großeltern. Nebenbei wird angedeutet, dass Josefa in Scheidung lebt und einen<br />
fünfjährigen Sohn hat. Erst im 2. Kapitel kommt die eigentliche Handlung zum Tragen.<br />
Josefa Nadler arbeitet in der Zeit als Journalistin und soll eine Reportage über ein überaltertes<br />
Kraftwerk in „B“ machen. Mit „B“ ist die <strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong> bei Halle gemeint. Das<br />
Kraftwerk wurde bereits 1890 gebaut. Als sie nach „B“ fährt, um sich das Kraftwerk anzusehen,<br />
ist sie geschockt über die Zustände die in „B“ und in dem Kraftwerk herrschen. Josefa<br />
ist der Meinung, dass das Kraftwerk stark umweltgefährdend ist. Sie reagiert erschrocken auf<br />
die schmutzigen Häuser und den Dreck, der von den Kraftwerken ausgeht. Auch das<br />
Schicksal der Arbeiter berührt sie.<br />
Auszüge aus der Beschreibung über die Zustände in <strong>Bitterfeld</strong>)<br />
1. Aus: Monika Maron, Flugasche (S. 16f)<br />
„[...]Diese Schornsteine, die wie Kanonenrohre in den Himmel zielen und ihre Dreckladung<br />
Tag für Tag und Nacht für Nacht auf die <strong>Stadt</strong> schießen, nicht mit Gedröhn, nein, sachte wie<br />
Schnee, der langsam und sanft fällt, der die Regenrinnen verstopft, die Dächer bedeckt, in<br />
den der Wind kleine Wellen weht. Im Sommer wirbelt er durch die Luft, trockener,<br />
schwarzer Staub, der dir in die Augen fliegt, denn auch du bist fremd hier, Luise, wie ich. Nur<br />
die Fremden bleiben stehen und reiben sich den Ruß aus den Augen. Die Einwohner von B.<br />
laufen mit zusammengekniffenen Lidern durch ihre <strong>Stadt</strong>; du könntest denken, die lächeln.<br />
Und diese Dünste, die als Wegweiser dienen könnten. Bitte gehen Sie geradeaus bis zum<br />
Ammoniak, dann links bis zur Salpetersäure. Wenn Sie einen stechenden Schmerz in Hals<br />
und Bronchien verspüren, kehren Sie um und rufen Sie den Arzt, das war dann Schwefeldioxid.<br />
Und wie die Leute ihre Fenster putzen. Jede Woche, jeden Tag am besten. Überall<br />
saubere Fenster bei diesem gotteserbärmlichen Dreck. Sie tragen weiße Hemden, weiße<br />
Strümpfe die Kinder. Das musst du dir vorstellen, mit weißen Strümpfen durch schwarzes,<br />
schmieriges Regenwasser. Weiße Pullover werden hier am liebsten gekauft, hat die Verkäuferin<br />
gesagt. Fahr mal, guck mal- ich gucke mir die Augen aus dem Kopf, überall dieser<br />
Dreck. Wenn du die Zwerge aus dem Kindergarten in Reih und Glied auf der Straße triffst,<br />
musst du daran denken, wie viele von ihren wohl Bronchitis haben. Du wunderst dich über<br />
jeden Baum, der nicht eingegangen ist. Was soll ich hier, Luise, wenn ich nichts ändern kann.<br />
Jedes Wort, das ich höre, jedes Gesicht, das ich sehe, verwandelt sich in mein Mitleid. Und in<br />
meine Scham. Ich schäme mich, weil ich gewusst habe, dass es diese <strong>Stadt</strong> gibt, und gegeizt<br />
habe mit meiner Phantasie, auf die ich so stolz bin.[...]“<br />
20
2. Aus: Monika Maron, Flugasche (S. 32)<br />
„[...]„B. Ist die schmutzigste <strong>Stadt</strong> Europas.“ Das wäre der erste Satz, so müsste ich anfangen.<br />
Aber das würde selbst Luise streichen. Die dreckigste europäische <strong>Stadt</strong> ausgerechnet in<br />
einem sozialistischem Land. Wenn wir uns schon die traurige Tatsache leisten, so wenigstens<br />
nicht ihre öffentliche Bekanntmachung. Mögliche Variante: B. Ist eine schmutzige <strong>Stadt</strong>.<br />
Quatsch, das ist nichts, das weiß jeder.<br />
Wenn schon nicht die ganze Wahrheit, dann wenigstens einen schönen Satz. Also: In B.<br />
steigt nur aus, wer hier aussteigen muss, wer hier wohnt oder arbeitet oder sonst hier zu tun<br />
hat. -Das ist mein erster Satz. Ich bin zufrieden.<br />
Der Himmel. Welches Gefühl war das, als ich ihn auf mich niedersinken ließ, den gelbgrauen<br />
giftigen Nebel in mein Bewusstsein aufnahm, die hochgemauerten Öffnungen abzählte, aus<br />
denen er zusammenfloss, um dann wie ein Dach über der <strong>Stadt</strong> zu hängen? Bestürzt war ich<br />
oder entsetzt, Angst hatte ich bei dem Gedanken an das viele Gift. In B. Habe ich weniger<br />
geraucht. Angst scheidet aus. Wir schreiben nicht, um die Leute zu ängstigen, auch nicht, um<br />
sie zu entsetzten.<br />
Bestürzung-noch zu viel. Betroffen, das geht. „Fremde sehen betroffen in den Himmel über<br />
der <strong>Stadt</strong>...“usw.[...]“<br />
Nach ihrer Rückkehr aus „B“ ist sie so beeindruckt von den Zuständen, dass sie zu ihrem<br />
ehemaligen Schulfreund Christian Grellmann fährt, um mit ihm über „B“ zu reden.<br />
Josefa befindet sich in einem inneren Konflikt. Sie möchte gerne über das schreiben, was sie<br />
in „B“ gesehen hat. Über die katastrophalen Zustände, die in „B“ herrschen, denn sie ist der<br />
Meinung, dass „B“ die dreckigste <strong>Stadt</strong> Europas ist. Jedoch weiß sie, dass eine solche Version<br />
niemals gedruckt werden wird. Christian rät ihr, zwei Versionen zu schreiben. Eine, die veröffentlicht<br />
werden kann und eine, in der Josefa die wahren Zustände „B“s beschreibt.<br />
Nach reiflicher Überlegung ist sich Josefa jedoch sicher, dass sie nur die Wahrheit schreiben<br />
will. Am nächsten Tag wird Josefa in einer Redaktionssitzung nahe gelegt, nichts über „B“ zu<br />
schreiben, was man nicht verantworten könne. Ihr wird nun bewusst, dass sie nichts über<br />
das Gespräch mit dem Heizer Hodriwitzka schreiben kann. Er hatte mit Josefa über die<br />
schlechten Arbeitsbedingungen eines Heizers gesprochen. Zudem hatte sie Hodriwitzka geraten,<br />
einen Brief an die Regierung zu schreiben. Nachdem Josefa eine Zeit lang an der<br />
Reportage gearbeitet hatte, war sie sich sicher, es würde nur eine Version geben. Sie wird<br />
die Wahrheit schreiben.<br />
Als sie der Abteilungsleiterin Luise ihre Arbeit vorlegt, befürwortet Luise die Veröffentlichung<br />
des Artikels. Jedoch ist der Kollege Siegfried Stutzer gegen die Veröffentlichung der<br />
Reportage und informiert die Parteileitung der Redaktion darüber.<br />
Danach besucht Josefa erneut Christian. Dieser schlägt ihr vor erneut nach „B“ zu fahren, um<br />
von dort aus eine Genehmigung zum Druck zu erhalten.<br />
21
Als sie dort mit dem Kraftwerksleiter Alfred Thal spricht, sagt der ihr, sie könne schreiben,<br />
was sie wolle (S.139). Sie erfährt auch, dass der Heizer Hodriwitzka von einem Bus überfahren<br />
wurde. Seine Beschwerde an die Regierung konnte er nicht mehr einreichen. Sie lernt<br />
dann einen anderen Heizer kennen, mit dem sie über die Gefahren der Fluorose, einem<br />
Elektrolyseverfahren, redet. Ob die Reportage gedruckt werden soll oder nicht, soll in einer<br />
Verhandlung entschieden werden, an der Josefa Nadler auch teilnehmen soll.<br />
In der Verhandlung spricht der Genosse sich grundsätzlich für den Bericht aus, da er gut geschrieben<br />
ist, jedoch könne man diesen Bericht nicht drucken, „da er gegen die Ordnung des<br />
Sozialistischen Rechtsstaates verstößt“. Nun gibt es keine Möglichkeit mehr, die Reportage<br />
zu veröffentlichen.<br />
Sie ist bestürzt über das Urteil und beschließt selbst einen Brief an die Regierung zu<br />
schreiben, damit die Leute über die Zustände in <strong>Bitterfeld</strong> informiert werden können.<br />
Nachdem sie den Brief verfasst und eingeworfen hat, dämmert es ihr, dass es ein Fehler<br />
gewesen sein könnte, da ihr eventuell nun der Job gekündigt werden könnte. Wie schon geahnt,<br />
muss sie sich vor der Parteileitung verantworten. Ihren Job kann sie gerade so behalten.<br />
In den nächsten Wochen zieht sie mit ihrem Sohn zu Christian. Sie ist müde und schlapp.<br />
Zum Einschlafen muss sie Medikamente nehmen. Sie hat große psychische Probleme aufgrund<br />
ihrer beruflichen Situation. Christian rät ihr, einen Psychiater aufzusuchen. Darauf<br />
reagiert Josefa sehr gereizt und sie meint, sie brauche keinen Psychiater. Als sie eines<br />
Morgens erneut zu spät in der Redaktion auftaucht, erfährt sie, dass sie sich erneut vor der<br />
Parteiversammlung verantworten soll. Nun ist sie sehr niedergeschlagen und teilt Luise mit,<br />
dass sie nicht zu der Versammlung kommen wird und wahrscheinlich nie mehr in die<br />
Redaktion kommen wird. An dem Tag, an dem entschieden werden sollte, ob Josefa noch<br />
Mitglied in der Partei sein kann, entschied sich der höchste Rat dazu, das alte Kraftwerk in<br />
„B“ zu schließen.<br />
Monika Maron und die Stasi<br />
Nach der Stasiakte von Monika Maron war sie zwei Jahre lang ein sogenannter IM (inoffizieller<br />
Mitarbeiter). Sie habe Bekannte, Journalisten und sonstige Personen bespitzelt.<br />
Jedoch habe sie nie über enge Freunde gesprochen, so der „Spiegel“.<br />
Sie selbst sagt im „Spiegel“, sie fühle sich nicht schuldig und die Sache wäre „bekloppt“ gewesen<br />
und sie sagt „jeder hat bekloppte Sachen gemacht in dieser DDR“. Später stand sie<br />
jedoch selbst unter Beobachtung der Stasi, als sie an dem Buch „Flugasche“ arbeitete. In<br />
ihrer Stasiakte war zu lesen, dass sie die Parteiführung verteidigte, jedoch kritisierte sie die<br />
schlechte Wirtschaftsführung und forderte Meinungsfreiheit.<br />
Sie selbst äußerte sich zu diesem Sachverhalt in einem Artikel der <strong>FAZ</strong> vom 14.Oktober<br />
1995. Sie habe nie jemanden bespitzelt oder gar verraten. So könne sie sich auch nicht entschuldigen<br />
oder Reue zeigen, denn sie habe nichts gemacht.<br />
22
Zu fragen ist jedoch, ob die Stasi Einfluss auf das Buch „Flugasche“ genommen hat. Denn<br />
immerhin gab es die Operation „Wildsau“, die sich mit dem Buch beschäftigt hat. Da in dem<br />
Buch die <strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong> nicht namentlich genannt wird, kann es natürlich sein, dass die Stasi<br />
dies gefordert hat, damit die DDR nicht in die Kritik kommt, zudem wurde das Buch in der<br />
DDR nicht veröffentlicht. Doch da die Ausführungen über die katastrophalen Zustände der<br />
Umwelt in der DDR und die Probleme der Meinungsfreiheit wirklich sehr eindrucksvoll geschildert<br />
wurden, glaube ich nicht, dass die Stasi großen Einfluss auf das Buch genommen<br />
hat. Ich denke, lediglich der Umstand, dass die <strong>Stadt</strong> nicht namentlich genannt wird, weist<br />
darauf hin. Aber wahrscheinlich wollte sich Monika Maron dadurch selbst schützen und die<br />
Chancen erhöhen, dass das Buch veröffentlicht wird.<br />
Nachwort<br />
Monika Maron schildert in dem Roman „Flugasche“ die Problematik der Umweltverschmutzung<br />
und Meinungsfreiheit auf eindrucksvolle Art und Weise. Durch ihre<br />
Schilderungen zu den Problemen in <strong>Bitterfeld</strong> wurde auch die Problematik der DDR Wirtschaftsführung<br />
an sich sehr deutlich. Ökonomie ohne jegliche Rücksicht auf Ökologie hat sich<br />
gerächt. Die <strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong> war vollkommen kaputt und dreckig. Auch die Menschen, die<br />
dort lebten und arbeiteten, hatten große Probleme und kein lebenswertes Leben. Monika<br />
Maron zeigt diese Probleme eindrucksvoll auf.<br />
Auch wenn man die Zeit der DDR, so wie ich, nicht miterlebt hat, kann man sich aufgrund<br />
des Romans einen guten Eindruck darüber verschaffen, wie die Zustände damals waren.<br />
Auch das Problem, dass es in dem sozialistischen Staat keine Meinungsfreiheit gab, spricht<br />
sie in dem Roman an. Die Hauptfigur, Josefa Nadler, durfte ihren Roman nicht veröffentlichen,<br />
da er der Parteispitze nicht passte. Man kann den Roman auch als autobiografisches<br />
Werk deuten, da es zwischen Josefa und Monika viele Parallelen gibt. Auch Monika Maron<br />
durfte ihren Roman in der DDR nicht veröffentlichen und beide waren Journalistinnen.<br />
Abschließend ist zu sagen, dass mich der Roman sehr berührt hat und mir gezeigt hat, dass<br />
man ohne Rücksicht auf die Umwelt keine positive Entwicklung und auf Dauer keine gute<br />
Wirtschaft haben kann. Die Umwelt wird sich irgendwann dafür rächen. Dann gibt es keine<br />
Entwicklung und Wachstum mehr, wie man am Beispiel <strong>Bitterfeld</strong>s sehen kann.<br />
Ich finde, dass der Roman absolut lesenswert ist, da er einem einen guten Einblick in die<br />
Situation <strong>Bitterfeld</strong>s gibt. Zudem ist er auch mahnend. Denn Monika Maron zeigt in dem<br />
Roman auf, wie gefährlich ein sozialistischer Staat ist und das man immer Rücksicht auf die<br />
Umwelt nehmen muss und nicht einfach wirtschaften kann, wie es einem gerade passt.<br />
23
Das war Bitteres aus <strong>Bitterfeld</strong><br />
Ein Film und seine Wirkung<br />
Entstehung einer Idee<br />
Als wir uns während des Unterrichtes mit der wirtschaftlichen<br />
Lage <strong>Bitterfeld</strong>s beschäftigten, verglichen wir die<br />
momentane wirtschaftliche Entwicklung <strong>Bitterfeld</strong>s mit<br />
dem Zustand in den 90er Jahren in der DDR. In diese erhielten<br />
wir Einblicke anhand des Films „Das war Bitteres aus <strong>Bitterfeld</strong>“ der Bundesstiftung<br />
zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Der Film von Rainer Hällfritzsch, Ulrike Hemberger und<br />
Margit Miosga dokumentiert den damals illegalen Dreh des Films „Bitteres aus <strong>Bitterfeld</strong>“<br />
einer Gruppe von Umweltaktivisten, die auf die schockierenden Zustände in <strong>Bitterfeld</strong> hinweisen<br />
wollten. Wir waren erschrocken. Die Bilder der zerstörten Natur prägten sich in unser<br />
Gedächtnis ein. Wir konnten außerdem durch den Film erfahren, wie solche Bilder zu Zeiten<br />
der Stasi in die Öffentlichkeit kommen konnten und wer so mutig gewesen war, die Behörden<br />
so direkt mit dem ernsten Thema der Umweltverschmutzung vor Ort zu<br />
konfrontieren.<br />
Die Aufnahmen liefen öffentlich erstmals im September 1988 im Westfernsehen. Die Lage<br />
dieser Region, welche verstärkt der Verseuchung von Chemiegiftmüllabfällen und von<br />
weiteren gebrochenen Entsorgungsvorschriften betroffen war, löste eine Welle der Bestürzung<br />
und der Forderungen in der Bevölkerung aus. Ein gut behütetes Geheimnis des<br />
Staates, welche über Jahre streng vertrauliche behandelt worden war, kam ohne Vorwarnung<br />
in die Hände der Öffentlichkeit und erregte vor allem bei den in den letzten Jahren<br />
entstandenen Gruppen von Umweltaktivisten größtes Aufsehen.<br />
Doch wie kamen diese Bilder ins Fernsehen? Wie war es möglich diese Aufnahmen zu tätigen<br />
und wer fühlte sich dazu aufgerufen? Die Dokumentation soll sich mit genau diesen<br />
Aspekten beschäftigen. Sie soll die neueren Generationen mit dem Thema der SED-Diktatur<br />
und ihren weitreichenden Folgen konfrontieren und die Lage möglichst wirkungsvoll und<br />
ehrlich beschreiben.<br />
24
Inhalt<br />
Der Film „Das war Bitteres aus <strong>Bitterfeld</strong>“ fängt mit einigen Berichten von Zeitzeugen an,<br />
welche zur damaligen Zeit direkt am Ort des Geschehens anwesend waren und den Anweisungen<br />
ihrer Arbeitgeber gerecht werden mussten. Einer der Zeugen, Siegfried Burschitz,<br />
war damaliger Projektleiter im Chemiekombinat <strong>Bitterfeld</strong>, kurz CKB, und erzählt, dass Lacke,<br />
Nylon und Unkrautvernichtungsmittel einiges der wichtigsten Produktionen im Chemiestandort<br />
waren. Doch die Sicherheitsanlagen waren marode und längst überaltert und<br />
hielten den damaligen Anforderungen nicht stand oder wurden aus Kostengründen umgangen.<br />
Nur der wirtschaftliche Nutzen dieser Güter war für die Verwaltung der DDR von<br />
Bedeutung.<br />
Den ersten Schritt in Richtung der fertigen Aufnahmen aus „Bitteres aus <strong>Bitterfeld</strong>“ macht<br />
Hans Zimmermann, welcher in seinen frühen Jahren als Chemiefacharbeiter tätig war,<br />
jedoch später die Arbeit als Leiter eines Bautrupps übernimmt. Durch seinen Arbeitswechsel<br />
kommt er mit vielen Leuten in Kontakt, die ihm seine Annahmen bestätigen, dass in <strong>Bitterfeld</strong><br />
Giftstoffe in undichten Sickergruben gelagert<br />
oder durch Wasserleitungen unsachgemäß<br />
entsorgt werden. Anfangs zwar<br />
nur aufgebracht, sieht sich Hans Zimmermann<br />
dann schließlich bei der Geburt seines Kindes,<br />
welches an Atemnot leidet, in der Verantwortung,<br />
die Behörden auf die laufenden<br />
Missstände hinzuweisen und sich dem<br />
weiterem verschlimmern der Situation entgegenzusetzen,<br />
anstatt alles auf sich beruhen<br />
zu lassen. Diese Behörden geben jedoch unzulängliche<br />
Erklärungen und Ausreden über<br />
die Zustände und geben nicht die kleinste<br />
Aussicht auf Besserung. In <strong>Bitterfeld</strong> lernt Hans Zimmermann dann während einer Umweltveranstaltung<br />
Ulrich Neumann kennen, welcher<br />
einer der Mitbegründer der Arche ist. Eine<br />
Organisation, welche versucht die einzelnen<br />
Umweltaktivisten und ihre Ziele zu vereinen und<br />
gemeinsame Ideen umzusetzen. Anfangs aus Angst,<br />
denunziert zu werden, zögernd tauschen die<br />
Männer schließlich ihre Erfahrung über die<br />
schlimmen Zustände aus und bleiben in Kontakt.<br />
Die eigentliche Idee zum Filmen der Situation<br />
bringt Ulrich Neumann ins Spiel und überredet dazu<br />
Margret Miosga eine Westlerin, Journalistin und<br />
25
Freundin, welche auch der Meinung ist, dass sich mit Bildern die Lage am besten darstellen<br />
lasse. Sie möchte der Situation entgegenwirken. So soll Hans Zimmermann als Datenlieferant<br />
dienen und vor Ort die vielsagendsten Schauplätze heraussuchen. Dabei ist allen sehr<br />
bewusst, dass sie mit ihrer Idee eine schwere Straftat begehen würden, welche sie auch ihre<br />
Freiheit kosten könnte. So mussten sie einen geheimen Plan aufstellen um nicht ins Visier<br />
der Stasi zu kommen oder von Spitzel entlarvt zu werden. So wird noch der Kameramann<br />
Rainer Hallfritsch gefragt, ob er sich dieser Aktion gewachsen sieht und der Termin für die<br />
Aufnahmen auf den 25. Juli 1988, den Tag des Finales der Fußballeuropameisterschaft gelegt.<br />
Letze Vorbereitungen werden am Tag vorher im einem Leipziger Restaurant getroffen<br />
und auch der ausgewählte Fahrer Edgar Wallisch wird nun über alles aufgeklärt. Die möglichen<br />
Konsequenzen und Alibis werden noch bis lange in die Nacht besprochen.<br />
Nachdem die Gruppe danach in einer Privatwohnung übernachtet hatte, geht es am<br />
nächsten dann nach <strong>Bitterfeld</strong>. Um sich anfangs einen Überblick vom Muldensteiner Berg zu<br />
machen. Dort fallen schon direkt die ersten Umstände der Umweltverschmutzung auf.<br />
Dichter weißer, gelblicher oder sogar rötlicher Qualm steigt aus den Brikettfabriken und<br />
anderen Energieversorgern auf und Asche bedeckt die sonst so ruhige Landschaft. Das<br />
Wasser der Mulde ist verdreckt und an manchen Stellen steigen Dämpfe auf. An der Grube<br />
Johannis, im Volksmund Silbersee genannt, werden dann aus der stinkenden Flüssigkeit<br />
Proben entnommen. Weitere Abfälle der Fotoindustrie werden dort erwartet.<br />
Der nächste Punkt war dann die Innenstadt, die alle nur befahren konnten, da ein Auto mit<br />
<strong>Bitterfeld</strong>er Kennzeichen zur Verfügung stand. Zuletzt fuhr die Gruppe am späten Abend<br />
noch zum Giftmüllkombinat. Da die Tore der Deponie „Freiheit III“ unachtsamerweise sperrangelweit<br />
offen standen, konnten auch dort Bilder und Aufnahmen von den Tausenden<br />
Fässern gemacht werden. Unter Entsetzen wurde festgestellt, dass diese des Öfteren sogar<br />
noch bis zur Hälfte mit gefährlichem, teilweise sogar genveränderbaren Materialien gefüllt<br />
waren. Nach diesem gefährlichen Projekt geht die Gruppe getrennte Wege und versucht<br />
auch nach dem Filmen keine Aufmerksamkeit zu erregen und dreht sogar zusätzliche Aufnahmen,<br />
um für die Handhabung einer Kamera eine plausible Erklärung zu haben.<br />
Auch die echten Aufnahmen gelangten schließlich unentdeckt in den Westen und wurden<br />
dort geschnitten. Zwar gelangten die Aufnahmen als offizielle Arbeit der Arche schließlich in<br />
den Osten zurück, konnten jedoch erstmals nicht gezeigt werden, weil die Stasi die geplanten<br />
Vorführungen zu verhindern wusste.<br />
Fazit und Rezeption des Films<br />
So dient der Film „Das war Bitteres aus <strong>Bitterfeld</strong>“ letzten Endes nicht nur der Aufklärung<br />
über die Verhältnisse, sondern auch, um dank Zeitzeugenberichte, ein Bild von der<br />
systematischen Unterdrückung der Bürger durch die Stasi zu vermitteln. So wird man im Film<br />
auf bedauerliche Missstände hingewiesen, die nicht nur wirtschaftlicher Natur sind, sondern<br />
auch gesellschaftlich viele Fragen aufwerfen. Tatsachen, wie das Verbot einer Kamera beim<br />
Einreisen in die DDR, ungewünschtes Auffallen bei einem ortsungebundenen Kennzeichen<br />
oder auch das Festhalten eines Hotelaufenthalts in den Staatsakten geben den enormen<br />
26
Druck der fünf Aktivisten wieder und lassen den Zuschauer auch die Angst möglicher<br />
Konsequenzen gut nachzuvollziehen.<br />
Auch die Reaktion der DDR auf den Film ist wirklich gut wiedergegeben. Es wird beschrieben,<br />
dass „Bitteres aus <strong>Bitterfeld</strong>“ überraschend kam und alle überrumpelt hat. Selbst das Fernsehen<br />
im Westen war sich anfangs nicht sicher, ob es wirklich angebracht wäre diesen Film<br />
zu zeigen, weil dies möglicherweise die Beziehungen zwischen Ost- und West verschlechtern<br />
könne. Im weiteren hatte der Film tatsächlich einige Reaktionen zur Folge. Nicht nur, dass z.<br />
B. die Deponie „Freiheit III“ zugeschüttet worden ist, auch die Stasi gibt die Missstände zu<br />
und versucht nach allen Mitteln den Schaden in Grenzen zu halten. So wird auch die unangefochtene<br />
Macht der Parteiführung infrage gestellt. Dass man Angst vor den möglichen<br />
noch kommenden Reaktionen hat, sieht man daran, dass die DDR sogar einen Film herausbringen<br />
wollte, der die gute Entwicklung <strong>Bitterfeld</strong> darstellen sollte. Weiterhin wurden bald<br />
Aufnahmen weiterverkauft, auch ans Ausland, welche Interesse an der Situation <strong>Bitterfeld</strong>s<br />
zeigen ließen. Dann konnten die Einnahmen der Arbeit der Arche zur Hilfe kommen und<br />
Aktivisten unterstützten, die sich nach der Veröffentlichung des Films auf einem guten Weg<br />
sahen.<br />
Erst ein Jahr später, nach dem Fall der DDR, konnte vor Ort richtig gehandelt werden. Viele<br />
Journalisten machten sich vor Ort einen Überblick über die Lage und stellten mit Entsetzen<br />
fest, dass die Lage vor Ort eigentlich noch schlimmer ist, als vom Film schon erwartet. Es gibt<br />
sogar eine Regierungskommission, die sich um die Chemieregion in <strong>Bitterfeld</strong> kümmert, was<br />
einen Sonderfall darstellt. So wurde <strong>Bitterfeld</strong> ein besonders starkes Interesse einer großen<br />
Öffentlichkeit zu Teil, was zusätzlich dafür gesorgt hat, dass <strong>Bitterfeld</strong> die ökologische Genesung<br />
und eine große wirtschaftliche Zukunft ermöglich wurde.<br />
27
Bestandsaufnahme der DDR und <strong>Bitterfeld</strong>s um 1989<br />
<strong>Bitterfeld</strong> kurz vor der Maueröffnung: Die Ökologie ist stark geschädigt, die Menschen haben<br />
keine saubere Luft zum Atmen, kurz um: <strong>Bitterfeld</strong> ist die „dreckigste <strong>Stadt</strong> Europas", wobei<br />
<strong>Bitterfeld</strong> bei weitem keinen Einzelfall darstellt. In der gesamten DDR wurden Waren und<br />
Güter für 40 Milliarden DDR-Mark hergestellt, deren Herstellung nicht den gesetzlichen<br />
Umweltschutzbestimmungen entsprach. Trotzdem war es an keinem anderen Standort in<br />
der DDR so extrem ausgeprägt wie in <strong>Bitterfeld</strong>. Nach Schätzungen aus dem Jahr 1990<br />
hätten über 500 Milliarden Mark in die maroden und umweltschädlichen Standorte der DDR<br />
investiert werden müssen, um den damals geltenden Umweltbestimmungen gerecht zu<br />
werden. Da dieser Betrag eine deutlich zu hohe Investition gewesen wäre, wurde von einer<br />
Regierungskommission beschlossen, dass besonders im Umfeld von <strong>Bitterfeld</strong> 10% der Chemie-<br />
und Energiewerke geschlossen werden sollten, um der Umwelt in dieser besonders<br />
verseuchten Region die Möglichkeit zu geben, sich generieren zu können. Die verminderten<br />
Wirtschafts- und Energieleistungen sollten durch Importe aus anderen Ländern, besonders<br />
der BRD, ersetzt werden.<br />
DDR-Städte wie <strong>Bitterfeld</strong> hatten um 1990 durch die dort ansässigen Industriekombinate mit<br />
ihren umweltzerstörenden Produktionen im Auftrag einer verfehlten DDR-Industrie- und<br />
Umweltpolitik einen unrühmlichen internationalen Bekanntheitsgrad erreicht.<br />
Nach dem Krieg wurden in der hoch verschuldeten DDR Umweltschutzaspekte hinter die<br />
Wirtschaftsinteressen wie Stahlproduktion, Braunkohleförderung und Chemiefabrikate gestellt.<br />
Dies sollte sich in der Folgezeit ebenfalls kaum ändern.<br />
Die Bevölkerung engagierte sich erst ab 1990 an der Verbesserung der maroden Umweltsituation.<br />
Vorher war dies der Bevölkerung nicht möglich, da es an Informationen mangelte<br />
und das Interesse an Umweltpolitik fehlte. Die Umweltbelastung in Gegenden wie <strong>Bitterfeld</strong><br />
war sehr hoch, deshalb fand man dort oftmals eine unzufriedene Bevölkerung vor, die teilweise<br />
auch wegen der hohen Umweltbelastung in andere Regionen abwanderte. Die Menschen<br />
nahmen dabei sogar größere Gehalts- und Lohneinbußen in Kauf.<br />
Ein weiterer negativer Aspekt dieser Zeit war die Tatsache, dass der Anteil der Umweltinvestitionen<br />
am Bruttoinlandsprodukt der DDR im Jahr 1988 lediglich bei 0,4 Prozent lag. Vergleichsweise<br />
lag dieser Wert in der BRD bei 1,07 Prozent relativ hoch, was von einem umweltbewussten<br />
Wirtschaften der BRD bürgt.<br />
Die Umweltschädigung in der DDR entstand neben der Chemieindustrie auch erheblich<br />
durch die Energieerzeugung, da 83 Prozent der Elektroenergie aus Braunkohlekraftwerken,<br />
wie beispielsweise in <strong>Bitterfeld</strong> stammten. Am Gefährlichsten waren Schwefeldioxid und<br />
Staubemittenten. Der Ausstoß von Schwefeldioxid betrug 1988 in der DDR 5,2 Millionen<br />
Tonnen, womit die Gesamtemission pro Einwohner im Jahr bei 310 Kilogramm lag. Durch<br />
diese Emissionen hatte die DDR die Spitzenposition in Europa bezüglich des Schwefeldioxid-<br />
28
ausstoßes eingenommen, wenn man betrachtet, dass der europäische Durchschnitt bei<br />
unter 100 Kilogramm pro Einwohner lag.<br />
So lebten 1988 36,8 Prozent der DDR-Bevölkerung unter zu hohen Schwefeldioxidbelastungen.<br />
Einen ernst zu nehmenden Risikofaktor stellte diese zu hohe Smogsituation für Kinder,<br />
ältere Menschen und Personen mit Herz-Kreislauf-Krankheiten da. Durch Untersuchungen<br />
wurde ebenfalls belegt, dass der Wert der Schwefeldioxidkonzentration Auswirkungen auf<br />
die Lebensdauer hatte.<br />
Die Staubbelastung in der DDR mit ca. 140 Kilogramm pro Einwohner im Jahr stellte ebenfalls<br />
den negativen europäischen Spitzenwert dar. Es gab jedoch auch noch weit reichende<br />
Gefährdungen durch eine Vielzahl von gefährlichen Stoffen, wie zum Beispiel Schwefelwasserstoff<br />
und Cäsium, die in der Viskoseindustrie austreten. Auch die Verwendung von<br />
Asbestprodukten wie beispielsweise die ungeschützten Asbestzement-Welltafeln stellten<br />
eine Gefährdung für die Bevölkerung dar.<br />
Diese Umweltverschmutzungen haben unter anderem die Waldbestände in der DDR, die zunächst<br />
27 Prozent der Fläche betrugen, nachhaltig beschädigt. So ist die Größe der Grünfläche<br />
seit den 70ern wegen Luftverschmutzung, Wohnungsneubau, Verkehrs- und Gesellschaftsbauten<br />
und vor allem durch Braunkohlebergbau, der jährlich 2000 bis 3000 Hektar<br />
Bodenfläche der DDR beanspruchte, zurückgegangen. Diesen Bodenverlust kompensierte<br />
man zunächst durch Intensivierungsmaßnahmen in der Landwirtschaft, was jedoch nach<br />
deren Überlastung mit Gülle, sowie Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmitteln<br />
ebenfalls nicht mehr möglich war.<br />
Ein weiteres gravierendes Problem in der DDR war die Verschmutzung der natürlichen Gewässer.<br />
Der Wasserhaushalt der DDR war mit 1085 Kubikmeter Wasser je Einwohner bereits<br />
begrenzt, wenn man den Weltdurchschnitt mit 11000 Kubikmeter je Einwohner im Jahr vergleicht.<br />
Dies bedeutet, dass jeder Liter Wasser in der DDR zwei- bis dreimal so oft genutzt<br />
wurde, im Vergleich zum üblichen Wasserverbrauch.<br />
Die Verschmutzung des Wassers verschlimmerte sich ebenfalls durch den schlechten bauhygienischen<br />
Zustand der kleineren Wasserversorgungsanlagen und dem maroden Zustand der<br />
Rohrnetze, die nur sporadisch gereinigt wurden. Durch diese Missstände entstanden im<br />
Wasser, die auch nicht durch einen hohen Chlorgehalt verhindert werden konnte. So war es<br />
beispielsweise möglich, dass sich im Jahr 1980 in Jena eine Typhusepidemie durch das<br />
Trinkwasser ausbreiten konnte.<br />
Eine weitere potenzielle Gefährdung für die Umwelt stellte die Beseitigung von industriellen<br />
Abfällen und Hausmüll dar. So fielen in der DDR 1988 91,3 Millionen Tonnen Industrieabfälle<br />
an, von denen ganze 60 Prozent nicht mehr in den volkswirtschaftlichen Kreislauf zurückgeführt<br />
werden konnten, sondern direkt oder über Zwischenstufen in die Umwelt gelangten.<br />
Außerdem kam es laut der DDR-Regierung durch ungünstige Standortbedingungen, fehlende<br />
materialtechnische Voraussetzungen sowie mangelhafte Eigenkontrolle durch die Betreiber<br />
der Schadstoffdeponien zu erheblichen Umweltbelastungen im gesamten Raum der<br />
29
DDR. Lediglich auf 54 Prozent der berichtspflichtigen Deponien sei eine Kontrolle des<br />
Grundwassers erfolgt.<br />
Es gab ebenfalls Probleme bei der Beseitigung von Siedlungsabfällen. Hier wurde wegen<br />
minderwertiger Abfuhrtechnik der Siedlungsmüll nicht zu den angeordneten Deponien gebracht,<br />
sondern ebenfalls auf ortsnahe, kleine Müllplätze verfrachtet, wodurch man keine<br />
Übersicht mehr über den Verbleib der beseitigten Siedlungsabfälle hatte.<br />
Zudem hatte die DDR ein Problem mit Altlasten und musste bereits 1988 mit 15 000 bis 20<br />
000 altlastverdächtigen Standorten rechnen. Prof. Karl-Hermann Steinberg, stellvertretender<br />
Minister für Schwerindustrie in der DDR zu dieser Zeit, ist der Meinung, dass das schlechte<br />
Umweltverhalten von chemischen Großbetrieben, die aus Kostengründen auf den Einsatz<br />
von Erdöl verzichtet hätten und stattdessen auf Kohle gesetzt hätten, zurückzuführen sei. Es<br />
sei weiter auf Braunkohle gesetzt worden, da diese in der DDR habe abgebaut werden<br />
können. Importe wie z. B. bei Erdöl seien somit nicht nötig gewesen. Direkte Folgen daraus<br />
seien eine geringere Lebenserwartung, gehäufte Atemwegserkrankungen wie zum Beispiel<br />
Asthma, chronische Vergiftungen mit Schwermetallen, Schwefelwasserstoff sowie<br />
karzinogenen Substanzen gewesen. Die Belastungsgrenzen für gasförmige Stoffe seien an<br />
einigen Arbeitsplätzen sogar um das 500fache im Vergleich zu den Normen der BRD überschritten<br />
worden. Das zuständige Ministerium habe pro Tag an die 50 Hinweise und<br />
Forderungskataloge von der Bevölkerung bekommen, in welchen die katastrophalen<br />
Umweltbedingungen und miserablen Arbeitsbedingungen in der Industrie beanstandet<br />
worden seien. Bis zu 17.000 Unterschriften hätte die Stilllegung von Industrieanlagen verlangt.<br />
Nach dem Sturz der Diktatur in der DDR seien an die Stelle von höflichen Forderungen<br />
Streikandrohungen getreten.<br />
Durch Fabrikschließungen hoffte man insbesondere in der Umgebung von <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen<br />
eine Verminderung der Luftbelastung um 25% (Konkret: 1.000 Tonnen weniger Salze in den<br />
Gewässern & 13.000 Tonnen weniger Luftschadstoffe).<br />
Um die Umwelt weiter zu schonen und den in der Region um <strong>Bitterfeld</strong> lebenden Menschen<br />
das Leben zu vereinfachen und einen höheren Lebensstandard zu gewährleisten, sollte eine<br />
Sondermüllverbrennungsanlage erbaut werden, die den damaligen Richtlinien der BRD und<br />
der EG entsprachen. Da eingesehen wurde, dass eine weitere Herstellung von Waschmitteln,<br />
Lacken und anderen Chemikalien mit der extrem schwefelhaltigen Braunkohle zu umweltverseuchend<br />
gewesen wäre, musste als neuer Ausgangsstoff auf Erdöl gesetzt werden. Um<br />
aber allein den Rohstoffbedarf abzudecken, mussten laut Karl-Hermann Steinberger, dem<br />
damaligen DDR-Minister für Schwerindustrie, Importe in Höhe von 250 Millionen DM eingeführt<br />
werden. Durch die Umweltverschmutzung in der DDR war sogar ein ganz neuer<br />
Industriezweig geschaffen worden, da unzählige Fabriken überprüft werden mussten, ob sie<br />
rentabel gegenüber der Umwelt waren oder nicht. Falls die Fabriken nicht mehr umweltrentabel<br />
waren, mussten diese zurückgebaut werden.<br />
Innerhalb von etwas mehr als zwei Jahren konnte die Luftbelastung rund um <strong>Bitterfeld</strong> um<br />
ca. 75% verringert werden, da zum einen vierzig der neunzig Produktionsanlage in <strong>Bitterfeld</strong><br />
30
und zum anderen auch die meisten Fabriken der benachbarten Filmfabrik Wolfen in diesem<br />
Zeitraum stillgelegt worden waren. Es wurde ein neues Erdgaskraftwerk gebaut, in dessen<br />
Folge das alte Braunkohlekraftwerk, welches jährlich fast 35.000 Tonnen Schwefeldioxid und<br />
ca. 17.000 Tonnen Staub in die Luft schleuderte, stillgelegt werden konnte. Auch die<br />
Wasserqualität konnte allein schon nur durch die Stilllegung der schmutzigsten Fabriken erheblich<br />
gesteigert werden. Aber das rücksichtslose und nur auf Profit ausgelegte Wirtschaften,<br />
hat dennoch bis heute sichtbare Spuren hinterlassen. So ist der sogenannte "Silbersee"<br />
immer noch ein ökologisches Risiko, denn unter der Wasseroberfläche gibt es bis in<br />
eine Tiefe von 12 m dicken, giftigen Schlamm. Es wurde zwar versucht, den See in den<br />
Jahren nach der Wiedervereinigung zu reinigen, aber vollständig konnte dies nicht gelingen,<br />
da zum einen die finanziellen Mittel fehlten und zum anderen ungefähr 60 Jahre lang gefährliche,<br />
hochgiftige Chemikalien in das ehemalige Loch der Grube Johannes eingeleitet<br />
wurden.<br />
„Im Namen von Fortschritt und Zivilisation vergiften wir die Natur. Im Namen des Volkes<br />
opfern Regierende das Volk einem erstarrten Prinzip. Ein nahezu unlösbarer Widerspruch.<br />
Es wird einem angst, fängt man erst an, über diese Apokalypse nachzudenken. Die Zeit ist<br />
endgültig vorbei, wo wir am warmen Ofen sitzend darüber plaudern konnten,<br />
was weitab in der Türkei geschieht.“<br />
Statement des Schriftstellers Werner Heiduczek auf dem Kirchentag im Sommer 1988 in<br />
Rostock.<br />
Heiduczek, Werner, Im gewöhnlichen Stalinismus, Kiepenheuer Verlag, Weimar 1991<br />
31
Pläne für eine bessere Zukunft<br />
Ökonomische und ökologische Handlungsszenarien für <strong>Bitterfeld</strong><br />
"Der Name <strong>Bitterfeld</strong> fiel in<br />
einem Atemzug mit Seveso<br />
oder Tschernobyl."<br />
Fred Walkow<br />
Um nach der langen ökologisch und ökonomisch<br />
verheerenden Regierung der SED<br />
die Lage <strong>Bitterfeld</strong>s zu verbessern, wurde<br />
bereits in den ersten Jahren nach dem Ende<br />
der DDR einiges in Gang gesetzt. Allerdings<br />
war weder die Umwelt, noch die Wirtschaft<br />
<strong>Bitterfeld</strong>s zu dieser Zeit auf einem<br />
akzeptablen Niveau, das eine positive Ent-<br />
wicklung für die Zukunft zuließe. Ein wirtschaftlicher Strukturwandel sowie eine ökologische<br />
Sanierung waren also notwendig. In der Bevölkerung rund um <strong>Bitterfeld</strong> gab es im Allgemeinen<br />
zwei grundsätzliche Wünsche:<br />
Ein Teil der Bevölkerung legte großen Wert auf die Renaturierung und die ökologische<br />
Sanierung des Gebiets und die Schaffung einer dem Ursprung nahen Umwelt. Für einen<br />
anderen Teil war allerdings das Schaffen einer Erholungslandschaft wichtig, was sich<br />
insbesondere durch die sich in der Entstehung befindende <strong>Bitterfeld</strong>er Seenplatte anbot,<br />
sowie das Wecken von Interesse für Reisende außerhalb des <strong>Bitterfeld</strong>er Raums.<br />
Innerhalb der 1. <strong>Bitterfeld</strong>er Umweltkonferenz stellten die Redner bereits mögliche Handlungsszenarien<br />
für die Region auf. Darunter fielen sieben Ziele, die <strong>Bitterfeld</strong> bis zum Jahr<br />
2000 erreichen sollte, um eine Basis für eine gute Zukunft zu schaffen.<br />
<strong>Bitterfeld</strong> 2000<br />
In dem Buch zur ersten <strong>Bitterfeld</strong>er Umweltkonferenz formuliert Markus Powell eine Vision<br />
von <strong>Bitterfeld</strong> im Jahre 2000, die sich unter anderem durch die Texte von Klaus-Dieter<br />
Bilkenroth und Eberhard Plaßmann sehr gut ergänzen lässt. Herr Powell beschreibt die Ziele,<br />
die für <strong>Bitterfeld</strong> bis zum Jahr 2000 erreicht werden sollten, damit sich <strong>Bitterfeld</strong> in Zukunft<br />
positiv weiter entwickle.<br />
Wichtig werde für <strong>Bitterfeld</strong> eine stabile wirtschaftliche Basis sein, um eine positive ökologische<br />
Entwicklung zu erreichen. Dieser Zusammenhang ergebe sich daraus, dass Unternehmen<br />
und Investoren attraktive Standorte suchen. Ein Faktor für einen solchen Standort<br />
sei ebenfalls eine gesunde Umwelt. Da diese Renaturierung, die für <strong>Bitterfeld</strong> notwendig sei,<br />
um die Unversehrtheit der Umwelt wiederherzustellen, jedoch eine wirtschaftliche Kraft<br />
erfordere, die die <strong>Bitterfeld</strong>er Region nicht aufbringen könne, sei <strong>Bitterfeld</strong> auf Hilfe von<br />
Bund, Ländern sowie auf den Transfer von Technologie von West nach Ost angewiesen.<br />
Diese Hilfen schafften wiederum die nötigen Standortfaktoren, um eine positive Entwicklung<br />
der Wirtschaft in <strong>Bitterfeld</strong> zu bewirken.<br />
32
Außerdem solle <strong>Bitterfeld</strong> Arbeitsplätze schaffen, die auch in Zukunft bestand haben. Dies<br />
solle unter anderem durch die Anpassung an die Bedürfnisse von Unternehmen und Investoren<br />
sowie eine qualifizierte Arbeiterschaft umgesetzt werden. Der Fokus der Ansiedelung<br />
von Industrie in <strong>Bitterfeld</strong> solle auf den Wirtschaftszweigen Chemie, Umwelttechnik,<br />
Baustoffproduktion und Maschinenbau gelegt werden. Die bereits in <strong>Bitterfeld</strong> entstandenen<br />
Flächen, die zur Nutzung von Industrie stünden, dienten der Industrie zur verbesserten<br />
Produktion durch bspw. Verkettung von Prozessen. Darüber hinaus besteht in<br />
<strong>Bitterfeld</strong> ein direkter Zusammenhang mit dem Naturschutz, was es ermöglicht dort<br />
eventuell neue Technologien in der Umwelttechnik zu entwickeln und <strong>Bitterfeld</strong> somit zu<br />
einem Vorreiter der Umwelttechnik oder der Erzeugung von erneuerbaren Energien zu<br />
machen. Des Weiteren solle <strong>Bitterfeld</strong> Chancen am überregionalen Markt haben.<br />
Der Umweltschutz solle in <strong>Bitterfeld</strong> eine große Rolle spielen und somit solle sich das <strong>Bitterfeld</strong>er<br />
Zentrum für Umwelt und Sanierung durch die Aktivitäten in <strong>Bitterfeld</strong> und das erworbene<br />
Wissen auf der europäischen Ebene etabliert haben. Als weiterer wichtiger Faktor<br />
solle sich ein Imagewechsel vollzogen haben, in der <strong>Bitterfeld</strong> das Image von der dreckigsten<br />
<strong>Stadt</strong> Europas ablege und das Image der Industrie und Umwelt verbindenden <strong>Stadt</strong> annehme.<br />
Eines der wichtigsten Ziele sei jedoch die Verbesserung des Kultur- und Freizeitangebotes,<br />
die zu einer wesentlichen Verbesserung der Lebensqualität führe und darüber hinaus das<br />
Gebiet mithilfe der ehemaligen Braunkohlelandschaft für überregionale Touristen<br />
interessant mache.<br />
33
Erste Veränderungen ab 1993<br />
Was wurde erreicht?<br />
Die Industrieregion um <strong>Bitterfeld</strong> war nach der Wende nicht nur bekannt als „dreckigste<br />
<strong>Stadt</strong> Europas“, sondern auch Symbol für Misswirtschaft und Raubbau in der DDR.<br />
Wie hat sich die Region ökologisch und ökonomisch erholt? Die <strong>FAZ</strong> analysiert drei Jahre<br />
nach der Wiedervereinigung am 6.4.1993 im Artikel „Schon weniger Schmutz in Luft und<br />
Wasser von <strong>Bitterfeld</strong>“ was bis dahin getan wurde und nennt die Probleme, die einer Erholung<br />
noch im Weg stehen.<br />
Zunächst wird berichtet, dass die Umweltverschmutzung nicht in dem Ausmaß verheerend<br />
sei, wie zunächst angenommen. Die Zeitung zitiert einige Umweltschutzbeauftragte aus<br />
Industrie und Politik, die darin übereinstimmen, dass Luftschadstoffemissionen und Abwasserschadstofflast<br />
seit 1989 in einer Größenordnung von ca. 90% gesunken seien, wie<br />
auch Abwassermenge und Menge an Sonderabfällen um zwei Drittel, bzw. um drei Viertel<br />
verringert worden seien.<br />
Diese Entlastung wird aber nicht auf Verbesserung der Anlagen, sondern auf die Stilllegung<br />
der maroden Werke zurückgeführt. So habe die <strong>Bitterfeld</strong>er Chemie AG, die 1992 noch Erlöse<br />
von 400 Millionen DM erzielt habe, die Hälfte der Anlagen stillgelegt und die Produktion<br />
um drei Viertel reduziert. Nach diesem radikalen Produktionseinbruch sei es nun Ziel der<br />
Chemiebetriebe der Region bundesdeutsche Umweltnormen zu erreichen, wofür Bund,<br />
Länder und EG Fördermittel in Milliardenhöhe bereitstellten. Mithilfe dieser Mittel werde<br />
34
auf eine Reduktion der Belastung durch Braunkohleenergie, eine Verbesserung der Abwasserklärung<br />
sowie Müllentsorgung abgezielt. Diese Ziele würden verfolgt, indem die ansässigen<br />
Betriebe mehrere Hundert Millionen DM in neue Kraftwerke, Umweltschutzanlagen<br />
sowie eine neue Ver- und Entsorgungsinfrastruktur investierten. Dieser Prozess kam aber<br />
erst dann in Gang – so schreibt später die Zeit-online – „als [der marode Industriekomplex]<br />
in seine Teile zerlegt wurde“ und „die Industrieruinen abgeräumt wurden“.<br />
Außerdem stehe neuen Investoren, wie die <strong>FAZ</strong> analysiert, vor allem die Angst vor den Altlasten<br />
aus über 100 Jahren Bergbau und Chemieproduktion im Weg, deren Ausmaß nicht<br />
genau vorausgesagt werden könne. Niemand wolle abwarten, bis die aufwendige Altlastensanierung<br />
abgeschlossen wäre und das Risiko eingehen, für Folgeschäden haftbar gemacht<br />
zu werden.<br />
An dieser Stelle erwähnt die <strong>FAZ</strong> das Modell des Chemie Parks. Dieser – so verrät uns Zeitonline<br />
– sollte die Abwasser- und Müllentsorgung sowie das Anwerben neuer Investoren in<br />
einem Betrieb zentralisieren, während die Bundesrepublik, als rechtlicher Nachfolger der<br />
DDR, die Altlastensanierung übernehme. Nachdem diese Probleme aus dem Verantwortungsbereich<br />
der ansiedelnden Betrieben genommen worden seien, hätten sich derer<br />
allein bis zum Jahr 2000 gleich 300 in <strong>Bitterfeld</strong> niedergelassen, unter denen sich große<br />
Namen wie Bayer, Akzo Nobel, Linde und Degussa befänden und die rund zehn Milliarden<br />
Euro in Fabriken investiert hätten.<br />
So entstand im Zuge der Privatisierung der Chemie AG die „Chemiepark <strong>Bitterfeld</strong> Wolfen<br />
GmbH“. Diese sei zunächst durch konzeptloses, schlecht kalkuliertes Wirtschaften pleite gegangen,<br />
wurde dann aber im Jahr 2000 vom Unternehmer Jürgen Preiss-Daimler übernommen.<br />
Preiss-Daimler investierte 230 Millionen Euro in eine Erneuerung der Infrastruktur<br />
des zwölf quadratkilometergroßen Chemieparks und schuf so unter anderem den „Stoffverbund“,<br />
der es über unterirdische Rohrbrücken ermöglicht, dass die ansässigen Betriebe ihre<br />
Abfallstoffe austauschen, die andere als Ausgangsstoff für ihre eigene Produktion benötigen,<br />
wodurch der Anfall von giftigen Abfällen enorm minimiert wird.<br />
Mit Anwerbung und Betreuung von Investoren, Verkauf von Grundstücken, Vermietung von<br />
Immobilien, Bereitstellung von Infrastruktur, Wasser und Strom, Entsorgung von Abwasser<br />
und diversen Dienstleistungen machte die P-D Chemiepark GmbH laut Zeit-online mit 87<br />
Mitarbeitern einen Umsatz von gut 60 Millionen Euro (2005). Aus alledem lässt sich<br />
schließen, dass eine soziale Marktwirtschaft durchaus in höherem Maße in der Lage ist, auch<br />
ökologische Belange zu berücksichtigen, als es die Planwirtschaft der DDR war.<br />
Das wurde sie aber erst, als durch die Bundesrepublik die Altlastenbeseitigung übernommen<br />
wurde, ein unnatürlicher Faktor, dessen Kosten- und Zeitaufwand kein im Markt<br />
konkurrierender Betrieb hätte tragen können und so ein Ausgleich durch staatliche Gewalt<br />
nötig machte. Des weiteren zeigt sich, dass ökonomische Anreize zu ökologischem Handeln,<br />
wie Umweltnormen und Umweltschutzbestimmungen, deren Bruch mit finanziellen<br />
Sanktionen belegt wird, der Entwicklung nicht im Weg stehen, sondern helfen, diese<br />
qualitativer und nachhaltiger zu gestalten.<br />
35
Das Modell des Chemieparks <strong>Bitterfeld</strong> Wolfen zeigt, wie ein ökologisch und ökonomisch<br />
sinnvolles Konzept aussehen kann und dass der Umweltschutz selbst neue Möglichkeiten der<br />
Wertschöpfung eröffnet, die letztlich der Gesamtwirtschaft zugutekommen.<br />
36
Der Wandel von <strong>Bitterfeld</strong> Betrachtung am Beispiel<br />
der Filme „Go Trabi Go I+II“<br />
Go Trabi Go Teil 1 (Die Sachsen kommen)<br />
Fakten<br />
Erscheinungsdatum: 17.01.1991<br />
Laufzeit: 92 Minuten<br />
Genre: Komödie<br />
Regie: Peter Tim<br />
Cast: Wolfgang Stumph, Claudia Schmutzler,<br />
Marie Gruber, Dieter Hildebrandt,<br />
Ottfried Fischer, Diether Krebs,<br />
Konstantin Wecker<br />
Musik: Ekki Stein<br />
Inhalt<br />
Schon seit Jahren ist der kleine Trabant namens „Schorsch“ mehr als nur ein Auto für Familie<br />
Struutz. Nun haben sich Udo, seine Ehefrau Rita und Tochter Jacqueline das Ziel gesetzt, mit<br />
dem kleinen „Schorsch“ auf große Reise zu gehen. Ziel dabei soll für die dreiköpfige Familie,<br />
aus dem dreckigen und in Verruf geratenen <strong>Bitterfeld</strong>, Neapel - als Ort der Ruhe, Entspannung<br />
und Sauberkeit - sein. Doch auf ihrem Weg ins ferne Italien haben die Drei mit<br />
allerlei Problemen zu kämpfen. Mal ist es eine kaputte Zündvorrichtung, die „Schorsch“<br />
außer Gefecht setzt und ein andermal werden sie durch fehlende Reifen an der Weiterfahrt<br />
gehindert. Doch auch innerfamiliäre Probleme bleiben nicht aus und so geht Tochter Rita<br />
schon bald ihre eigenen Wege und wünscht sich zwischenzeitlich nichts sehnlicher, als<br />
wieder in ihre verdreckte Heimatstadt zurückkehren zu können. Doch letztlich gelingt es der<br />
aus ärmlichen Verhältnissen stammenden Familie, sich wieder zusammenzuraffen und sich<br />
ihren Traum vom Urlaub in einer <strong>Stadt</strong> ohne Qualm und Schmutz zu erfüllen.<br />
37
Go Trabi Go Teil 2 (Das war der wilde Osten)<br />
Fakten<br />
Erscheinungsdatum: 20.08.1992<br />
Laufzeit: 98 Minuten<br />
Genre: Komödie<br />
Regie: Wolfgang Büld, Reinhard Klooss<br />
Cast: Wolfgang Stumph, Marie Gruber,<br />
Claudia Schmutzler, Rolf Zacher,<br />
Uwe Friedrichsen, Dietmar Schönherr,<br />
Jochen Busse<br />
Musik: Ekki Stein<br />
Inhalt<br />
Zwei Wochen hat der Urlaub im fernen Italien für die Familie aus <strong>Bitterfeld</strong> gedauert. Zurück<br />
in der einst „dreckigsten <strong>Stadt</strong> Europas“ erleben die Drei samt Familienauto „Schorsch“ ihr<br />
„blaues Wunder“. Kein Dreck mehr und sogar frische Luft. Blauer Himmel über <strong>Bitterfeld</strong>,<br />
das haben Rita, Udo und Tochter Jacqueline schon ewig nicht mehr zu sehen bekommen.<br />
Doch allein diese Veränderung ist längst nicht die größte Aufgabe, der sich Familie Struutz<br />
nun stellen muss. Vater Udo hat unglücklicherweise eine schwer verschuldete Gartenzwergfirma<br />
in der Nähe von Dresden geerbt und setzt nun alles daran, seinen Sinn für den<br />
Kapitalismus zu schärfen und der Firma wieder zu ihrem alten Glanz zu verhelfen. Fernab<br />
von seiner - nun endlich vom Schmutz befreiten - Heimat versucht er Karriere zu machen<br />
und schließlich gelingt es ihm sogar, auch die Gartenzwergfirma in eine vom Schmutz befreite<br />
Einrichtung zu verwandeln, die in diesem Kontext wohl symbolisch für den Wandel<br />
<strong>Bitterfeld</strong>s stehen dürfte.<br />
38
„Go Trabi Go I+II“: <strong>Bitterfeld</strong> etwas anders betrachtet<br />
„Ins Grüne fährt er am liebsten“ mit dieser Aufschrift auf einem Werbeposter für den<br />
Trabant im Zimmer von Jacqueline wird dem Betrachter ein erster Eindruck der „dreckigsten<br />
<strong>Stadt</strong> Europas“ vermittelt. Einfach nur raus aus dem Schmutz und weg von all den lauten<br />
Industriegeräuschen, die sich bei einem kurzen Kameraschwenk aus dem Fenster des Hauses<br />
der Familie Struutz bereits erahnen lassen. Besagter Ersteindruck verstärkt sich bei<br />
genauerem Blick auf die Hintergrundkulisse von „Go Trabi Go I“, in der sich Chemieparks und<br />
gigantische Braunkohlebagger erheben. Neben dem Qualm, der nur wenige Meter von den<br />
Wohnvierteln <strong>Bitterfeld</strong>s entfernt aus den riesigen Industrieschloten emporsteigt, sind es<br />
hier nicht zuletzt auch die von Braunkohleförderschluchten mit Kratern übersäte und zerstörte<br />
Landschaft, die den Betrachter auf dramatische Weise auf die Missstände in <strong>Bitterfeld</strong><br />
hinweisen. Der katastrophale Zustand <strong>Bitterfeld</strong>s lässt sich bereits bei der Fahrt des kleinen<br />
Trabanten „Schorsch“ an maroden Häusern, vom Ruß schwarz gefärbten Wänden und dem<br />
alles einschließenden Rauch der Industrieschlote erblicken. Der starke Kontrast <strong>Bitterfeld</strong>s<br />
im Vergleich zur umliegenden Umgebung wird hier bereits nach wenigen Minuten in „Go<br />
Trabi Go I“ verdeutlicht. Blauer Himmel und Vergleichsweise wenig belastete Umwelt und<br />
renommiertere Wohngegenden werden der einst „dreckigsten <strong>Stadt</strong> Europas“ kontrastiv<br />
gegenübergestellt. Ein weiterer Beweis für die verkommene Gestalt <strong>Bitterfeld</strong>s zeichnet sich<br />
auch bei einem Zitat gegen Ende von „Go Trabi Go I“ ab, indem es heißt: „Keine Kohle, kein<br />
Staub, kein Dreck…Nichts…überhaupt Nichts“. Während dieses Zitats wird die grüne und<br />
saubere Umgebung des Gardasees gezeigt und wieder ein Kontrastpunkt, zu den erschreckenden<br />
Bildern <strong>Bitterfeld</strong>s, die der Betrachter am Anfang des Filmes gesehen hat,<br />
gesetzt.<br />
Industrieschlote verpesten die<br />
Luft in <strong>Bitterfeld</strong> mit Abgasen<br />
und Ruß und legen die <strong>Stadt</strong><br />
unter einen Schleier aus<br />
stinkendem Qualm.<br />
(„Go Trabi Go I“ bei 04:50 Min.)<br />
39
Die Aufschrift „wählt GRÜN“<br />
dürfte wohl klar und verständlich<br />
genug sein und<br />
richtet sich offensichtlich<br />
gegen die mangelnde<br />
Umweltpolitik, die man in<br />
<strong>Bitterfeld</strong> in den letzten<br />
Jahren betrieben hat.<br />
(„Go Trabi Go“ bei 02.28<br />
Min.)<br />
Die belebte Industriestadt <strong>Bitterfeld</strong><br />
arbeitet auf Hochtouren. Zu sehen<br />
sind Dampflokomotiven, das<br />
Chemiekombinat und die großen<br />
Schlote, die ohne Unterlass Schmutzpartikel<br />
absondern.<br />
(„Go Trabi Go I“ bei 00:12 Min.)<br />
40
Der Himmel ist zwar blau, aber die<br />
<strong>Stadt</strong> menschenleer. <strong>Bitterfeld</strong> zeigt<br />
sich von einer neuen Seite. Fast schon<br />
wie eine „Geisterstadt“. Alles wirkt<br />
ausgestorben und unbehaglich.<br />
(„Go Trabi Go II“ bei 03:46 Min.)<br />
Die großen Dampflokomotiven sind verschwunden,<br />
<strong>Bitterfeld</strong> ist nicht wiederzuerkennen;<br />
die Schlote blasen keine Abgase<br />
mehr in die Luft.<br />
Zitat:<br />
„Riechst du was?“<br />
„Ich rieche nichts.“<br />
„Stimmt, ich werd‘ irre…blauer Himmel<br />
über <strong>Bitterfeld</strong>!“<br />
41
Der zweite Teil von „Go Trabi Go“ bezieht sich nur anfänglich auf <strong>Bitterfeld</strong>. Hier erkennt der<br />
Betrachter den massiven Umschwung, der in <strong>Bitterfeld</strong> herrschenden Verhältnisse, insbesondere<br />
in Bezug auf die Umweltverschmutzung. Der in Teil eins angesprochene Kontrastpunkt<br />
lässt sich hier besonders an dem aufklarenden Himmel über <strong>Bitterfeld</strong> erkennen. Die<br />
jetzt als „Geisterstadt“ zu bezeichnende Industriemetropole erscheint in einem völlig neuen<br />
Licht. Die Abgase der Schlote, die Abwässer und der Zustand der Umwelt wirken wesentlich<br />
ansprechender und bewohnbarer.<br />
Fazit<br />
Man kann durchaus sagen, dass sich <strong>Bitterfeld</strong> zum Guten hin gewandelt hat. Viele der<br />
damals noch vorhandenen Umweltbelastungen wurden behoben und man hat ein relativ<br />
sauberes Umfeld geschaffen. <strong>Bitterfeld</strong> präsentiert sich heute in einem völlig neuen Licht<br />
und besonders das Klischee von der „dreckigsten <strong>Stadt</strong> Europas“ ist längst nicht mehr zeitgemäß.<br />
42
Tourismus in <strong>Bitterfeld</strong><br />
Die „dreckigste <strong>Stadt</strong> Europas“ hat es geschafft. Obwohl es jahrelang nicht so aussah, floriert<br />
nun auch in der seit 2007 zusammengeschlossenen <strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen der Tourismus.<br />
Tourismus in <strong>Bitterfeld</strong>, das war früher, gerade in DDR-Zeiten unvorstellbar, Tonnen an Flugasche<br />
verdunkelten den Himmel und stellten die Bewohner <strong>Bitterfeld</strong>s auf eine unvorstellbar<br />
harte Probe. Die Industrie- und Chemiestadt war vollkommen von schwarzem Ruß bedeckt,<br />
der gesundheitliche Druck kaum vorstellbar. Aus welchem Grund also sollten sich Touristen<br />
in die <strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong> oder in die nahe Umgebung verirren?<br />
Es gab kein großes Angebot an Kultur, Sehenswürdigkeiten, Einkaufsmöglichkeiten oder<br />
kulturellen Einrichtungen, <strong>Bitterfeld</strong> war schlichtweg nicht einladend und somit für Touristen<br />
völlig unattraktiv, wenn nicht sogar gefährlich für die Gesundheit. Einzig der „<strong>Bitterfeld</strong>er<br />
Weg“, war ein Versuch, der Arbeiterklasse <strong>Bitterfeld</strong>s einen Zugang zu Kultur und Kunst zu<br />
legen und somit der DDR den Weg zu einer eigenständigen “sozialistischen Nationalkultur“<br />
zu weisen. Ein weiterer Ausbau des kulturellen Wesens fand in <strong>Bitterfeld</strong> jedoch nicht statt.<br />
Auch der Roman „Flugasche“ von Monika Maron aus dem Jahre 1981 im Fischerverlag erschienen,<br />
trug mit seinen Ausführungen bezüglich der Verschmutzung keinesfalls zu einer<br />
Verbesserung des Images <strong>Bitterfeld</strong>s bei. Im Gegenteil, vielen <strong>Bitterfeld</strong>ern war sie, die mit<br />
rein objektivem Blick ihre <strong>Stadt</strong> zu beurteilen<br />
und sogar zu verurteilen versuchte,<br />
verhasst. Ihr Roman trug jedoch auch dazu<br />
bei, die Augen zu öffnen und somit einen<br />
Weg für eine Entwicklung <strong>Bitterfeld</strong>s zu eröffnen.<br />
Eine wirklich nennenswerte Entwicklung des<br />
Tourismus war in <strong>Bitterfeld</strong> nicht zu er-<br />
Bild 1<br />
kennen, die <strong>Stadt</strong> schaffte es nicht, für<br />
Touristen attraktiv zu werden. Bis zur<br />
Wiedervereinigung Deutschlands bestimmte das Bild der zerstörten Landschaft die Region<br />
um <strong>Bitterfeld</strong> (Bild 1). Dieses Phänomen war vermutlich ausschlaggebend dafür, dass sich<br />
niemand in die „dreckige, brachliegende Umgebung“ <strong>Bitterfeld</strong>s wagte oder sie aufsuchte.<br />
Anhand dieser Fakten wird es wohl kaum weiter wundern, dass es für <strong>Bitterfeld</strong> zur DDR-Zeit<br />
keine Aufzeichnungen oder Statistiken über die Besucherzahlen in <strong>Bitterfeld</strong> gibt. In der<br />
heutigen <strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen liegen der <strong>Stadt</strong>verwaltung, genauer der Verwaltung für<br />
Statistiken, erste Zahlen über Besucher der Region erst ab 2007, dem Jahr des Zusammenschlusses<br />
vor. Die Bemühungen einer <strong>Stadt</strong>, mit einem Image wie dem <strong>Bitterfeld</strong>s, touristisch<br />
attraktiv zu werden, sind mit enormen Engagement seitens der Bevölkerung sowie<br />
immensem Durchhaltevermögen der politisch Verantwortlichen verbunden. Einer <strong>Stadt</strong> wie<br />
<strong>Bitterfeld</strong> reicht es nicht, nur durch Sehenswürdigkeiten wie dem <strong>Bitterfeld</strong>er Bogen ein<br />
43
Zeichen zu setzen, sie muss auch durch eine gesunde Natur und eine engagierte Bevölkerung<br />
glänzen. <strong>Bitterfeld</strong> würde wohl kaum eine <strong>Stadt</strong> ohne Chemie- Industrie- und Solarpark<br />
werden, somit musste sich die touristische Attraktivität der <strong>Stadt</strong> um diese wirtschaftlich<br />
notwendigen Einrichtungen herum bilden.<br />
Die Geschichte der <strong>Stadt</strong> ist bereits seit Urzeiten mit den verschiedenen wirtschaftlichen<br />
Zweigen verbunden. Viele Ereignisse aus der Historie sind noch heute Anlass für die <strong>Bitterfeld</strong>er<br />
stolz auf sich und ihre <strong>Stadt</strong> zu sein wie zum Beispiel die Erfindung des Farbfilms. Die<br />
Wirtschaft spielte in der Geschichte <strong>Bitterfeld</strong>s eine ausschlaggebende Rolle, sodass sich der<br />
Tourismus zunächst nicht entwickeln konnte. Erst in den letzten 20 Jahren hat eine grundlegende<br />
Änderung stattgefunden. Den Bemühungen der <strong>Stadt</strong> spielten dabei zwei Ereignisse<br />
in die Hände.<br />
Eines dieser Ereignisse war die Zerstörung<br />
einer liebliche Auenlandschaft, welche ab<br />
dem Jahr 1908 der Förderung von Braunkohle<br />
weichen musste, somit verschwanden<br />
Wälder und Wiesen, sogar der Lauf der<br />
Mulde wurde verlegt. Die Braunkohleförderungsstandorte<br />
hinterließen riesige<br />
Löcher und Flächen der Zerstörung in der<br />
Bild 2<br />
Natur; das Land lag brach. Der Plan zur<br />
Flutung dieser Gräben sollte bis ins Jahr<br />
2006 vollendet werden. Dem künstlich angelegten See kam im Jahr 2002 jedoch die Natur<br />
zur Hilfe. Die Jahrhundertflut der Mulde flutete den zukünftigen „großen Goitzschesee“(Bild<br />
2) innerhalb von zwei Tagen und eröffnete so den größten künstlich angelegten See<br />
Deutschlands, mit einer Größe von ca. 69 km². Der Landschaftspark Goitzsche ist heute ein<br />
beliebtes Ziel für Einheimische, aber auf für Touristen auf der Suche nach Außergewöhnlichem,<br />
als was die Goitzsche beschrieben werden kann. Sie bietet einen schönen Erholungsort,<br />
an dem kein Wunsch für kleine und große Wasserliebhaber ungestillt bleibt. Segler,<br />
Surfer, Angler und Schwimmer finden sich hier in ihrem Element wieder und haben die<br />
Möglichkeit, die vielfältigen Möglichkeiten des Naturparks Goitzsche zu nutzen. Der Naturpark<br />
verfügt über ein verzweigtes Wegenetz mit einer Gesamtlänge von 108 km. Jogger,<br />
Wanderer und Radler kommen hier voll auf ihre Kosten. Weitere Highlights des Naturparks<br />
Goitzsche bieten der Hafen und das Strandbad, was das Gefühl eines Meeres, deshalb auch<br />
oftmals <strong>Bitterfeld</strong>er Meer genannt, aufkommen lässt. In unmittelbarer Nähe steht am<br />
Goitzschesee der Pegelturm, welcher 48 Meter tief im See steht und somit einen Blick „ins<br />
Wasser“ ermöglicht. Die Kosten, allein für die „<strong>Bitterfeld</strong>er Wasserfront“, beliefen sich auf<br />
rund 17 Millionen Euro an Fördermitteln, wovon etwa 2 Millionen Euro durch Sponsoren wie<br />
die Sparkasse getragen wurden. Die übrigen Kosten teilten sich EU, Bund und Land, wodurch<br />
es dem hoch verschuldeten <strong>Bitterfeld</strong> ermöglicht wurde, seinen Seeblick zu erlangen, ohne<br />
44
einen eigenen Cent auszugeben. Auch die Fluthilfe, nach dem Elbe-Hochwasser des Jahres<br />
2002 brachte Geld nach <strong>Bitterfeld</strong>, sodass ein neues Sportbad eingerichtet werden konnte.<br />
Die Region rund um die Goitzsche, welche vollkommen von Menschenhand geschaffen<br />
wurde, ist ein einzigartiges Symbol eines bislang einzigartigen Wandels einer gesamten<br />
Region.<br />
Doch die <strong>Stadt</strong> lockt heute noch mit vielen weiteren Angeboten Besuchern an. Die<br />
gesundete Natur mit ihrer eindrucksvollen<br />
Seenlandschaft bildet dabei nur einen Teil<br />
der sehenswerten Region <strong>Bitterfeld</strong>. Allein<br />
die Vielfalt der Sehenswürdigkeiten der<br />
<strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen ist enorm, im<br />
Folgenden sollen die wichtigsten aufgeführt<br />
und erläutert werden.<br />
Das Rathaus (Bild 3) der <strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong>-<br />
Bild 3<br />
Wolfen bietet die Möglichkeit, in vergangene<br />
Tage der <strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong> einzutauchen,<br />
da es zwischen 1936 bis 1939 als<br />
„Wissenschaftliches Zentrallaboratorium“ der photographischen Abteilung der Agfa diente,<br />
bis 1954 stand das Gebäude jedoch unter sowjetischem Eigentum und diente ihrem volkseigenen<br />
Betrieb.<br />
Später wurde es wieder durch die „Orwo“ genutzt und ist seit 2010 im Besitz der <strong>Stadt</strong><br />
<strong>Bitterfeld</strong>. Das Haus erzählt somit viele Geschichten und ist eine beliebte Attraktion. Zu<br />
Ehren der Historie wurden im Jahr 1909 die Dükertürme erbaut; sie zeugen von der<br />
Industrie- und Handwerksgeschichte <strong>Bitterfeld</strong>s. Weitere Einblicke in die Geschichte <strong>Bitterfeld</strong>s<br />
erhält man in den vielen ansässigen Museen wie dem Kreismuseum, dem Industrieund<br />
Filmmuseum, der Galerie am Ratswall sowie den Kellergewölben und dem historischen<br />
Rathaus.<br />
Das Industrie- und Filmmuseum ist für die Geschichte <strong>Bitterfeld</strong>s von enormer Bedeutung,<br />
als weltweit einzige Einrichtung, welche die Geschichte der Forschung und Technologie der<br />
Herstellung von modernen Foto- und Kinofilmen<br />
dokumentiert. Es erzählt auch einen wichtigen Bild 4<br />
Teil der Geschichte <strong>Bitterfeld</strong>s, in welche die<br />
Filmindustrie stark verwickelt ist. Das historische<br />
Rathaus ist heute der Ort, an dem Touristen alle<br />
notwendigen Informationen zur Umgebung<br />
<strong>Bitterfeld</strong>s erhalten können, des Weiteren finden<br />
hier häufig Ausstellungen statt.<br />
Die Einrichtung „Wasserzentrum“ ermöglicht<br />
spielerisch die Auseinandersetzung mit dem Element Wasser und ist besonders bei Kindern<br />
sehr beliebt.<br />
45
Das besondere Wahrzeichen <strong>Bitterfeld</strong>s, der <strong>Bitterfeld</strong>er Bogen (Bild 4), welcher von Oberbürgermeisterin<br />
Petra Wust während eines von uns geführten Skype-Interviews, als „der<br />
kleine Bruder des Eiffelturms“ bezeichnet wurde, ist eine 28 m hohe, 81 m lange und 14 m<br />
breite Aussichtsplattform. Der <strong>Bitterfeld</strong>er Bogen entstand im Jahre 2006, wurde jedoch<br />
zuvor bereits vertraglich mit dem Frankfurter Bildhauer Claus Bury bereits im Jahr 2004 entworfen.<br />
Heute ist er das Wahrzeichen der <strong>Stadt</strong> und im Logo vertreten. Er soll an eine große<br />
Baggerschaufel aus dem Braunkohlbergbau erinnern und somit die Vergangenheit der <strong>Stadt</strong><br />
widerspiegeln. Das Logo „Wir haben den Bogen raus“ unter der Skizze des <strong>Bitterfeld</strong>er<br />
Bogens ist bewusst gewählt und zeigt vom strukturellen Wandel einer gesamten Region.<br />
Besonders intensiv hat sich das Vereinswesen der <strong>Stadt</strong> „<strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen“ entwickelt,<br />
sodass bereits das Gründungsfest der zusammengeschlossenen <strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen vom<br />
30. Juni bis zum 1. Juli des Jahres 2007 zahlreiche Besucher anlockte. Das rege Vereinswesen<br />
und somit bestätigte Engagement der Region <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen ermöglichte es der Region,<br />
an Charme dazuzugewinnen, da verschiedene Festakte, Veranstaltungen und Feiern ohne<br />
die Mithilfe und das Engagement der Bevölkerung kaum oder gar nicht möglich gewesen<br />
wären. Die <strong>Stadt</strong> glänzt vor allem durch ihr Sozialwesen, Kindertagesstätten Spielplätze und<br />
diverse Institute, Vereine und Stiftungen.<br />
Die Bevölkerung ist aktiv in <strong>Bitterfeld</strong> und trägt somit enorm dazu bei, ihre <strong>Stadt</strong> für<br />
Touristen attraktiver zu machen. In <strong>Bitterfeld</strong> wurden enorme Summen aufgebracht, um ihre<br />
Flora und Fauna aber auch das gesamte <strong>Stadt</strong>bild zu sanieren und somit ein neues Image zu<br />
erlangen. Es bedarf nicht bloß der Einrichtungen von diversen kulturellen Einrichtungen<br />
sowie verschiedener Sehenswürdigkeiten, sondern auch des Engagements einer gesamten<br />
Bevölkerungsgruppe, um eine so marode <strong>Stadt</strong>, wie es <strong>Bitterfeld</strong> einst war, aufzupolieren<br />
und strukturell umzugestalten. Die erholte Natur, der Optimismus und die Bemühungen der<br />
Bevölkerung, aber auch das Engagement der politisch Verantwortlichen hat aus <strong>Bitterfeld</strong><br />
heute einen touristisch attraktiven Standort gemacht, welcher durch seine zentrale Lage und<br />
gute Infrastruktur den Weg für erholungsbedürftige, wissbegierige und neugierige Touristen<br />
ebnet.<br />
In ihrem zweiten Roman zum Thema <strong>Bitterfeld</strong> fällt Marons Fazit deutlich positiver aus. In<br />
einem Interview erzählt sie, wie sie sich neu in die Gegend rund um B. verliebt habe: „Aus<br />
der Region ist keine entindustrialisierte Zone geworden", erklärt Maron, „aber außer der<br />
Hoffnung, mit der Photovoltaik eine neue Identität als Wirtschaftsstandort zu gewinnen, hat<br />
<strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen, so ungewohnt die Vorstellung auch ist, eine Zukunft als Erholungsgebiet<br />
für die umliegenden Großstädte." (vgl. FAS vom 21.06.2009)<br />
Heute hat die Region rund um den Naturpark Goitzsche alles, was eine Region für Touristen<br />
attraktiv macht.<br />
46
Genese der Region <strong>Bitterfeld</strong><br />
http://p4.focus.de/img/gen/L/g/HBLg9tO2_Pxgen_r_964x541.jpg<br />
47
Der „<strong>Bitterfeld</strong>er Bogen“<br />
Monika Maron arbeitet in ihrem Bericht ,, <strong>Bitterfeld</strong>er<br />
Bogen'' auch die erneute Begegnung mit<br />
<strong>Bitterfeld</strong> auf. Der <strong>Bitterfeld</strong>er Bogen ist heute<br />
das Wahrzeichen der seit ca.5 Jahren vereinigten<br />
<strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen. Der Bericht erschien<br />
2009 im Fischer Verlag in Frankfurt.<br />
<strong>Bitterfeld</strong> war schon 1981 der Protagonist in<br />
ihrem Buch ,,Flugasche'', welches sich mit der<br />
Umweltproblematik der DDR beschäftigte (siehe:<br />
„Frühe Warnungen vor ökologischen Schäden…“).<br />
Das erste, was beim Lesen des Buches auffällt, ist die Widmung Marons an den 2006 an<br />
einem Hirntumor verstorbenen Reiner Lemoine, einen deutschen Unternehmer und Gründer<br />
der Solon AG bzw. Q-Cells und der Reiner Lemoine Stiftung, welche Stipendien an<br />
Doktoranden im Bereich der erneuerbaren Energien ausstellt. Von ihm erzählt Maron auch<br />
gleich zu Beginn ihres Berichtes. Lemoine scharrte in den 1970er Jahren viele Gleichdenkende<br />
um sich, um ein ,,sozialistisches Ingenieurskollektiv'' zusammenzustellen und um<br />
im Bereich der erneuerbaren Energien zu forschen. Bekannt wurde das Team unter dem<br />
Namen ,,Wuseltronik''.<br />
Q-Cells und andere Unternehmen aus dem Bereich der erneuerbaren Energien haben sich im<br />
Raum <strong>Bitterfeld</strong> angesiedelt, was ihm den Beinamen ,,Solar Valley'' einbrachte. Dieser Name<br />
fällt jedem sofort auf, der <strong>Bitterfeld</strong> von der Autobahnausfahrt <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen aus erreicht.<br />
In großen Lettern steht es am Ortseingang geschrieben.<br />
<strong>Bitterfeld</strong> war nicht immer ein Mekka für Solarenergie. Im oben erwähnten Roman<br />
,,Flugasche'' wurde <strong>Bitterfeld</strong> damals als die ,,schmutzigste <strong>Stadt</strong> Europas'' beschrieben, wie<br />
es der Titel der Reportage der fiktiven Journalistin Josefa Nadler dem Leser offenbart. Die<br />
<strong>Stadt</strong> litt damals unter den Folgen der jahrelang dort ansässigen Chemieindustrie. Doch<br />
<strong>Bitterfeld</strong> hat den Wandel von der dreckigen Industriestadt zum sauberen ,,Solar Valley''<br />
geschafft.<br />
Zunächst beschreibt Maron in ihrem Roman die Geschichte <strong>Bitterfeld</strong>s, welche als Industriestandort<br />
schon 1893 beginnt. Damals befand sich in <strong>Bitterfeld</strong> ein elektrochemisches Werk<br />
der AEG. Auch der Standort Wolfen, so erzählt Maron, wurde ein paar Jahre später, 1895,<br />
zum Standort einer Anilin-Fabrikation. Als Gründe dafür werden die billigen Bodenpreise und<br />
die bestehende Infrastruktur genannt. Sogar den Krieg überstanden die Werke fast komplett<br />
unbeschadet. Durch die Besatzungsmacht der Sowjetunion wurden circa 60% der <strong>Bitterfeld</strong>er<br />
und 50% der Wolfener Werke demontiert und in die Sowjetunion abtransportiert,<br />
dort jedoch nur z.T. wieder aufgebaut.<br />
48
Zentrales Thema in Marons Bericht ist die ,,Wiederauferstehung'' <strong>Bitterfeld</strong>s. Sie habe, wie<br />
sie zur Veröffentlichung des Buches im Spiegel-Interview verriet, eine starke Verbindung zu<br />
dieser Region, seit sie 1974 eine Reportage in der DDR-Wochenzeitung ,,Wochenpost'' über<br />
<strong>Bitterfeld</strong> veröffentlichte. Die dort vorgefundenen Arbeitsbedingungen und der, wie sie sagt,<br />
,,chemievernebelte Himmel'' haben sie schockiert. Ihre Prophezeiung in ihrem Buch, dass es<br />
der DDR einst gelingen werde "auch aus einer Chemiestadt eine saubere <strong>Stadt</strong> zu machen",<br />
bewahrheitete sich also im Nachhinein, auch wenn nicht durch die Mithilfe der DDR.<br />
Dennoch ist <strong>Bitterfeld</strong> für Monika Maron heute noch immer ,,keine schöne <strong>Stadt</strong>'', jedoch<br />
habe sich das ,,Dunkle'' und ,,Unfreundliche'' aus ihr entfernt.<br />
Besonders beeindruckend fiel die Beschreibung<br />
Marons auf Seite 43 auf. Direktzitat:<br />
,,Die Befreiung vom Gift in ihrer Atemluft<br />
bezahlten die <strong>Bitterfeld</strong>er, Wolfener,<br />
Thalheimer und Greppiner mit ihren Arbeitsplätzen,<br />
wie sie zuvor die sicheren Arbeitsplätze<br />
mit ihrer Gesundheit bezahlt hatten''<br />
(<strong>Bitterfeld</strong>er Bogen, S.43).<br />
Nach dem Zusammenbruch der <strong>Bitterfeld</strong>er<br />
Das Relief in der Marktstr. aus dem Jahre 1977 zeigt<br />
eine Szene aus dem Chemiekombinat <strong>Bitterfeld</strong>.<br />
Wirtschaft schaffte es die Natur dort, sich<br />
selbst zu regenerieren und die alten Fabrikhallen<br />
wurden umsäumt von wuchernder Natur.<br />
Als Lemoine und Co damals nach einem geeigneten Standort für ihre Solarproduktion<br />
suchten (Startkapital 60.000 DM), hatte <strong>Bitterfeld</strong> mit Hilfe von 150 Millionen Euro viele<br />
Sanierungs- und Abrissarbeiten geleistet.<br />
Q-Cells, der 1999 von Lemoine mitbegründete Solarhersteller, erreichte eine Verdopplung<br />
seiner Mitarbeiter in nahezu jedem Jahr (<strong>Bitterfeld</strong>er Bogen, S. 59). Alternative Energien sind<br />
aus einer ,,sauberen'' Energiezukunft nicht mehr wegzudenken und gerade das schien den<br />
Erfolg der Solarindustrie auszumachen. Maron erläutert in ihrem Buch, dass Deutschland<br />
auch durch seine Gesetzeslage zur ,,Förderung regenerativer Energien'' den ansässigen<br />
Solarfirmen günstige Startbedingungen gab. Dies gilt natürlich auch für ausländische Firmen.<br />
Die <strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong> kämpft seit der Wende gegen das negative Image, welches längst nicht<br />
mehr der Realität entspricht. Petra Wust, die <strong>Bitterfeld</strong>er Oberbürgermeisterin wird auch<br />
bereits in dem Buch von M. Maron zu <strong>Bitterfeld</strong> interviewt und äußert da, dass sie es nicht<br />
verstehe, warum es für Menschen eine Zumutung sei, in <strong>Bitterfeld</strong> zu wohnen. Die <strong>Stadt</strong> und<br />
ihre Umgebung seien nun sauber und auch die touristische Komponente der <strong>Stadt</strong> sei nun<br />
eine andere; diese Meinung vertrat sie auch im Interview mit uns.<br />
Was ist nun <strong>Bitterfeld</strong>s Aufgabe für die Zukunft? Die depressive Grundstimmung ist nicht nur<br />
dort ein Problem. Laut Maron und einer Studie zufolge seien die Hälfte aller Ostdeutschen<br />
skeptisch, dass die Demokratie die bestehenden Probleme lösen kann.<br />
49
<strong>Bitterfeld</strong> ist zum Synonym des Wandels geworden und oftmals muss dies den Menschen<br />
erst vermittelt werden. Denn vielen ist das Negativbild noch allgegenwärtig. Marons Bericht<br />
wird durch eine aktuelle Bilanz abgeschlossen. Sie erzählt von der Q-Cells Aktie, die seit der<br />
Krise zwischen einem Wert von 20 und 100 Euro hin und her pendelt. Maron prognostiziert,<br />
dass die Zeiten zurzeit schlecht sind und wie schlecht sie geworden seien, wenn ihr Werk<br />
erscheine, könne niemand sagen (<strong>Bitterfeld</strong>er Bogen S.158).<br />
Einen aktuellen Bericht abliefern, über <strong>Bitterfeld</strong> informieren. Das ist die Absicht dieses Teils<br />
unseres Berichtes. Im Gegenteil zu Günter Grass, der am 2.Oktober 1991 eine Rede in <strong>Bitterfeld</strong><br />
hielt, wollen wir nicht unser ,,Unbehagen'' ausdrücken, als ,,Wessi'' über ,,Verhältnisse<br />
zu reden, in denen er nicht leben musste'' (Direktzitat S. 160 <strong>Bitterfeld</strong>er Bogen), sondern<br />
wir wollen informieren, anregen, aber auch kritisieren. Es geht uns um das Zeichnen eines<br />
unverfälschten Bildes. Monika Maron erwähnt die angespannte Beziehung zwischen Ost und<br />
Westdeutschland in ihrem Bericht. Die Unterschiede zwischen den beiden ehemals getrennten<br />
Gebieten sind gerade wirtschaftlich immer noch spürbar.<br />
Mit unserem Bericht wollen wir dazu beitragen, einander besser zu verstehen. West und<br />
Ost? Hoffentlich differenzieren diese Begriffe bald nur noch die geografische Einteilung<br />
unserer Republik und sind nicht weiterhin negativ behaftet mit der Gewissheit, dass es<br />
immer noch gravierende Unterschiede gibt.<br />
50
Aktuelle Situation in der Region<br />
<strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen<br />
Frau Petra Wust, Oberbürgermeisterin von <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen, beschreibt Bittfeld-Wolfen zu<br />
Recht als eine „Problemlöseregion.“ Eine Region also, die sich enorm entwickelt hat und sich<br />
heute wirklich sehen lassen kann.<br />
Aus <strong>Bitterfeld</strong> wurde am 1. Juli 2007,<br />
durch einen Zusammenschluss der<br />
Gemeinden <strong>Bitterfeld</strong>, Wolfen,<br />
Greppin, Holzweisig und Thalheim die<br />
Großgemeinde <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen.<br />
2009 schloss sich zusätzlich noch der<br />
Ort Bobbau an. Nach diesen Zusammenschlüssen<br />
kann sich <strong>Bitterfeld</strong>-<br />
Wolfen nun die viertgrößte <strong>Stadt</strong><br />
Sachsen Anhalts nennen.<br />
Der neu zusammengeschlossenen<br />
Die Fa. Q-Cells in <strong>Bitterfeld</strong>-Thalheim<br />
Region fehlte es jedoch an einem<br />
Zentrum- einem gemeinsamen Mittelpunkt. Nach einer Beratungsphase wurde der<br />
historische <strong>Stadt</strong>kern von <strong>Bitterfeld</strong> zum Kern der Region ernannt. Schnell entwickelte sich<br />
die Region zu einem modernen Wirtschaftsraum und einem attraktiven Lebens-, Arbeitsund<br />
Wohnraum. Heute machen zahlreiche harte und weiche Standortfaktoren die Region für<br />
zuziehende Unternehmen und Unternehmensgründer attraktiv. Die regionalen Unternehmen<br />
im Bereich der Solarindustrie und Chemie haben sich stark weiterentwickelt. So<br />
konnte sich das Solar Valley in <strong>Bitterfeld</strong>-Thalheim 2009 sogar weltweit größter Standort für<br />
Solarindustrie nennen.<br />
Neben der Solarbranche sind in <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen immer noch viele Chemieunternehmen<br />
beheimatet. Das Chemiezentrum in <strong>Bitterfeld</strong> umfasst heute 1 200 ha mit insgesamt 360<br />
Chemieunternehmen, unter ihnen große Namen wie Bayer, Linde und Guardian. Auch wenn<br />
der Standort <strong>Bitterfeld</strong> für die Solarbranche zukünftig wohl an Bedeutung verlieren wird,<br />
lässt sich anhand der Solarindustrie besonders gut erkennen, dass die Region im Umgang mit<br />
Natur und Ressourcen einen deutlichen Wandel durchlebt hat.<br />
Trotz des Wandels hat die Region noch heute mit Schadstoffen und kontaminiertem Grundwasser<br />
zu kämpfen. Messungen zeigen noch immer kontaminiertes Grundwasser mit erhöhten<br />
Konzentrationen von verschiedenen chemischen Substanzen und Schadstoffen<br />
(Messungen 2006). Aus diesem Grund besteht bereits seit 1995 eine Nutzungsbeschränkung<br />
für Brauchwasser, beispielsweise aus privaten Brunnen.<br />
51
Im Zuge des wirtschaftlichen Wandels der Region muss auch auf die Infrastruktur und die<br />
günstige Lage des Standortes <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen hingewiesen werden.<br />
<strong>Bitterfeld</strong> liegt mitten in dem Städtedreieck der Städte Halle, Leipzig und Dessau. Die Autobahnanbindung<br />
ist durch die Nähe zur A9 gesichert, der Flughafen Halle/Leipzig ist in kurzer<br />
Zeit erreicht und der Nahverkehr ist gut ausgebaut. Zudem ist <strong>Bitterfeld</strong> dank eines ICE<br />
Haltepunktes auch mit der Bahn sehr gut zu erreichen.<br />
Nicht umsonst gibt es den Spruch:<br />
„Und sehen wir uns nicht in dieser Welt, dann sehen wir uns in <strong>Bitterfeld</strong>.“<br />
Die Region <strong>Bitterfeld</strong> hatte nach der Wende stark mit einer Abwanderungswelle der Bevölkerung<br />
zu kämpfen. Von damals über 70.000 Einwohnern sank die Bevölkerungszahl auf<br />
heute ca. 45.000 Einwohner. Aus diesem Bevölkerungsrückgang ergab sich das primäre Ziel,<br />
die Region für Anwohner aber auch Touristen und Zuwanderer attraktiv zu gestalten. Dazu<br />
dienten bereits mehrere Modernisierungsprogramme und Verschönerungsmaßnahmen.<br />
Ein besonderes Augenmerk liegt darin, die Familienfreundlichkeit der Region zu verbessern.<br />
Dazu ist eine große Zahl an Kindertagesstätten ebenso wie ein reichhaltiges schulisches Angebot<br />
vorhanden. Die Kindertagesstätten sind auf die einzelnen Ortsteile aufgeteilt, sodass<br />
eine geringe Entfernung zwischen<br />
Wohnort und Kindertagesstätte<br />
garantiert ist. Für Schüler sind<br />
sowohl Gymnasien als auch eine<br />
Sonder- und Förderschule und<br />
alle weiteren bestehenden Schulformen<br />
vorhanden.<br />
Daneben gibt es in <strong>Bitterfeld</strong> zahlreiche<br />
Freizeit- und Sportangebote<br />
und mit 250 Vereinen und<br />
Interessengruppen ein reges Vereinsleben<br />
für Jung und Alt.<br />
Museen, Bibliotheken und<br />
Der Goitzsche See mit Blick auf die einladende Promenade<br />
Stadien runden das kulturelle Angebot<br />
<strong>Bitterfeld</strong>s ab.<br />
Besonders stolz sind die <strong>Bitterfeld</strong>er auf den 25 qkm großen Goitzsche See, der von Anwohnern<br />
auch gerne „<strong>Bitterfeld</strong>er Meer“ genannt wird. Dieser See, der durch die Flutung<br />
eines Tagebaulochs entstand, symbolisiert vor allem den Wandel vom Braunkohleabbau und<br />
der zerstörten Natur hin zur Solarindustrie und dem Tourismusgebiet <strong>Bitterfeld</strong>.<br />
An den Ufern des Goitzsche Sees wurden zahlreiche Wanderwege und Bademöglichkeiten<br />
geschaffen, ebenso wie das Naturschutzgebiet Goitzsche See, in dessen einzigartigem<br />
Lebensraum zahlreiche Tierarten angesiedelt sind.<br />
52
Das Gesamtprojekt Goitzsche See wurde so zum beliebten Naherholungsgebiet und gleichzeitig<br />
zum weltgrößten Landschaftskunstobjekt. Die <strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong> trägt den Namen „<br />
Grüne Industriestadt“ also nicht ohne Grund.<br />
53
Interview mit Oberbürgermeisterin Petra Wust<br />
Die <strong>Bitterfeld</strong>er Oberbürgermeisterin Petra<br />
Wust gab uns die Möglichkeit am Freitag den<br />
1.10.12 ein Interview für unser Projekt zu<br />
führen.<br />
Zunächst begrüßte der Kursleiter des 13PW<br />
<strong>LK</strong> QUINT die Oberbürgermeisterin und gab<br />
ihr eine kurze Einführung in unser Projekt.<br />
Dabei sprach er über unsere Intention und<br />
das Projekt im Rahmen des Wettbewerbes<br />
der <strong>FAZ</strong>. Er berichtete auch über den Besuch<br />
unseres Teams in <strong>Bitterfeld</strong>, um die Fotos für<br />
unseren Wettbewerb zu schießen.<br />
Wir baten zunächst Frau Wust um eine Einschätzung<br />
der <strong>Bitterfeld</strong>er Region. Sie erklärte,<br />
dass sie <strong>Bitterfeld</strong> als Synonym für<br />
den Wandel nach der Deutschen Einheit<br />
sehe. Darüber hinaus sei die Region ein<br />
attraktiver Industriestandort und es gebe<br />
Oberbürgermeisterin Petra Wust<br />
jedes Jahr circa eine halbe Million Touristen.<br />
Auf die Frage, was sie an ihrem Amt begeisterte, antwortete sie, dass sie ein Kind der Region<br />
sei und dort etwas bewegen wollte. Ihre regionale Verwurzelung gab ihr den Anstoß, etwas<br />
verändern zu wollen.<br />
Danach ging es um die Markenzeichen der Region. Frau Wust kam dann auf den zunehmenden<br />
Tourismus zu sprechen. Der Goitzsche See, welcher als Folge der Sturmflut volllief,<br />
der <strong>Bitterfeld</strong>er Bogen (der, wie sie uns verriet, der ,,Bruder des Eiffelturms'' ist, da<br />
beide im Rahmen einer EXPO gebaut wurden), die Tatsache das <strong>Bitterfeld</strong> nun einer der<br />
wichtigsten Wirtschaftsstandorte Mitteldeutschlands sei und die Kulturgüter der Umgebung<br />
seien maßgeblich prägend für das Bild der Region.<br />
Der <strong>Bitterfeld</strong>er Bogen ist dabei unserer Meinung nach sehr interessant, denn er prägt das<br />
Motto der <strong>Stadt</strong>: ,,<strong>Bitterfeld</strong> – Wir haben den Bogen raus''. Dabei sprach unser Tutor an, dass<br />
das Gebiet um den Bogen derzeit saniert wird. Wust erzählte, dass geplant sei, den<br />
Goitzsche See und den Bogen zu verbinden.<br />
Auf die Frage, welcher Schwerpunkt nun in <strong>Bitterfeld</strong> gesetzt werden sollte (Industrie oder<br />
Tourismus), antwortete die Oberbürgermeisterin, dass <strong>Bitterfeld</strong> und seine Region ein Wirtschaftsstandort<br />
sei und immer bleiben werde. 350 Firmen seien dort ansässig und dies verschaffe<br />
der Region 15.000 Arbeitsplätze. Der große Teil davon seien auch Pendler, da das<br />
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Arbeitsplatzkontingent gar nicht durch die ortsansässigen Bürger erfüllt werden könnte. Der<br />
Tourismus sei, laut Wust, nur das zweite Standbein der Region.<br />
Ein weiterer zentraler Punkt, der auch in unserem Bericht ausführlich besprochen wird, ist<br />
die Lage der Solarindustrie. Wust betonte dabei, dass sie nicht sagen könne, ob in der Vergangenheit<br />
Fehler gemacht wurden, dennoch treffe die Krise ja ganz Deutschland. Die Solarindustrie<br />
sei jedoch sehr wichtig für die Entwicklung der Region gewesen. Solar und Wind<br />
seien gerade für die angestrebte Energiewende in Deutschland die maßgeblichen Technologien.<br />
Problematisch sei dabei der Strompreis, die Forschungen an der Vorspeicherung des<br />
Stroms würden weiter vorangetrieben. Frau Wust sieht darüber hinaus eine Zukunft für die<br />
Solarindustrie, da sie sich etablieren werden (Bezug->Energiewende). Ob dabei ein Dialog<br />
mit der Bundesregierung stattfinde, beantwortete uns Frau Wust mit Nein. Dennoch habe<br />
sie gute Kontakte zur Landesregierung. Sie freue sich darüber, dass aber ein Denkansatz vorhanden<br />
sei.<br />
Eine direkte Unterstützung der Solarindustrie durch die <strong>Stadt</strong> sei aber nicht möglich, da der<br />
<strong>Stadt</strong>haushalt die entstehenden Finanzprobleme mit dem vorhandenen Haushalt gar nicht<br />
lösen könnte (zu hohe Summen). Die <strong>Stadt</strong> stehe dabei aber den Firmen mit Rat und Tat zur<br />
Seite.<br />
Warum sich gerade die Solarindustrie in <strong>Bitterfeld</strong> angesiedelt hatte, interessierte uns natürlich<br />
brennend. Frau Wust erklärte, dass in dieser Region das wirtschaftliche Aufstreben sehr<br />
schnell vorangetrieben wurde. Nach der Ansiedlung von Q-Cells zog dies weitere Firmen<br />
nach <strong>Bitterfeld</strong>. Die Problematik, die durch die aufkommende Präsenz asiatischer Firmen in<br />
der Solarindustrie entsteht, kommentierte Frau Wust mit einer vorhandenen Zusammenarbeit<br />
mit Korea (verursacht durch den Aufkauf der Firma Q-Cells durch Hanwha). Des<br />
Weiteren verriet sie uns, dass die Mitarbeiter von Q-Cells wohl eher positiv eingestellt<br />
gegenüber der Übernahme durch die Koreaner seien, da es ihre Arbeitsplätze gesichert<br />
hätte.<br />
Die politischen Beziehungen zu China oder generell dem asiatischen Raum sei auch durch<br />
diese Entwicklung vorhanden (Handelspartner). Wichtig für sie sei auch die Attraktivität<br />
<strong>Bitterfeld</strong>s für die junge Generation. Wir fragten Frau Wust, was gerade für Menschen in<br />
unserem Alter an <strong>Bitterfeld</strong> attraktiv sein könnte. Sie nannte die vielen Ausbildungsmöglichkeiten<br />
und das Vorhandensein von KITA-Plätzen. Die besondere Vereinslandschaft <strong>Bitterfeld</strong>s<br />
sei dabei auch zu nennen, ebenso wie die vielen Bildungsmöglichkeiten, obwohl <strong>Bitterfeld</strong><br />
keine Hochschule besitze. Wir betonten, um diesen Punkt noch einmal zu unterstreichen,<br />
dass es viele Abwanderung von Fachkräften in Ostdeutschland gebe. Frau Wust zeige auf,<br />
dass es in ihrer Region nur eine geringe Negativtendenz gebe, dennoch sei der demografische<br />
Wandel auch in <strong>Bitterfeld</strong> und Umgebung spürbar.<br />
Der aufkommende Rechtsextremismus in Ostdeutschland, der oftmals viele Leute abschreckt,<br />
sei laut Frau Wust in der Region nicht vorhanden, d.h., es gebe keine offene Szene.<br />
Sie informierte uns aber darüber, dass sich viele Bürger der Region auch mit tatkräftigen<br />
Aktionen offen gegen diese Problematik aussprächen. Auch die <strong>Bitterfeld</strong>er Vergangenheit,<br />
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welche ein zentraler Punkt unseres Projektes ist, wurde in dem Interview angesprochen. Wie<br />
kam es zu dem Wandel? Frau Wust erklärte uns, dass ohne externe Hilfe gar kein Umbruch<br />
möglich gewesen wäre. Der aufkommende Umweltschutz half dabei, den Wandel von der<br />
,,dreckigen'' Industriestadt zum ,,sauberen'' Solar-Valley zu vollziehen. Ziel sei es auch, den in<br />
jüngster Zeit (2007) vollzogenen Zusammenschluss mit der <strong>Stadt</strong> Wolfen noch weiter zu vervollkommnen.<br />
Negativ behaftet sei der Ruf der Region auch durch die Ausstrahlung des berühmten Berichtes<br />
,,Bitteres aus <strong>Bitterfeld</strong>'', welcher im deutschen Fernsehen vor nicht allzu langer Zeit<br />
gesendet worden sei. Wust kritisierte, dass dabei aber nicht auf die aktuelle Situation eingegangen<br />
worden sei. Gerade die Einstellungsänderung sei dabei nicht gut benannt worden<br />
und gerade das mache das moderne <strong>Bitterfeld</strong> aus.<br />
Dennoch wollten wir wissen, welche Folgen aus den Problemen, die damals in dem Film beschrieben<br />
wurden, noch heute spürbar seien. Sie erklärte, dass es immer noch ein Grundwasserproblem<br />
gebe und das die Tierpopulation noch Zeit benötigte sich wieder zu regenerieren.<br />
Abschließend baten wir sie um eine kurze Stellungnahme zu unserem Projekt. Sie freue sich,<br />
dass wir uns mit einer positiven Bilanz der Region beschäftigen würden. Sie stehe uns auch<br />
für weitere Fragen jederzeit zur Verfügung. Dieses Interview hat einen maßgeblichen Beitrag<br />
zur Entwicklung unseres Projektes geleistet. Wir danken an dieser Stelle auch noch einmal<br />
Frau Petra Wust für ihr Engagement.<br />
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Standortentwicklung in der Region <strong>Bitterfeld</strong>-<br />
Wolfen<br />
Standortfaktoren<br />
Nach der Betrachtung der Region <strong>Bitterfeld</strong> in der Zeit vor und nach der Wende und der<br />
damaligen Entwicklung vor Ort stellt sich die Frage, wie Weltunternehmen wie beispielsweise<br />
Q-Cells einen solchen Standort wie <strong>Bitterfeld</strong> wahrnehmen. <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen war<br />
nach der Wende eine der verseuchtesten Regionen Deutschlands, besonders durch die<br />
damalige Kohle- sowie Chemieindustrie und ist, auf den ersten Blick gesehen, keinesfalls ein<br />
ansprechender Standort für die Ansiedlung eines Solarkonzerns.<br />
Als einen möglichen Grund ist zunächst einmal ganz klar die Integration in das bestehende<br />
Solar Valley mit 35 weltweit agierenden<br />
Konzernen, neun renommierten<br />
Forschungseinrichtungen, fünf Universitäten<br />
und fünf Hochschulen zu<br />
sehen, welches sich über drei verschiedene<br />
Bundesländer erstreckt.<br />
Weitere Standortfaktoren bestehen in<br />
ausreichenden Kindergartenplätzen,<br />
sowie einer ausgebauten Schullandschaft<br />
in der Region. Ebenfalls besteht<br />
eine gute Kulturlandschaft, vor allem in<br />
der Hinsicht auf Vereine, was in Kombination mit den Kindergartenplätzen, sowie der ausgebauten<br />
Schullandschaft eine sehr gute Grundlage für alle Arbeitnehmer gewährleistet.<br />
Arbeitsplätze im Unternehmen werden also sehr attraktiv, besonders aufgrund der bestehenden<br />
Sicherheit und Zukunftsfähigkeit.<br />
Hinzu kommen außerdem Joint Ventures mit diversen asiatischen Konzernen, die immer<br />
neue Arbeitsplätze schaffen. Aus einem Interview mit der derzeitigen Oberbürgermeisterin<br />
Petra Wust geht als vorherrschender Grund der Ansiedlung die besonders enge Zusammenarbeit<br />
von Bundesland, Landkreis und der <strong>Stadt</strong> hervor. Dies ermöglicht die schnelle Findung<br />
von Entscheidungen, primär in der Umsetzung von Plänen in Kooperation mit den Unternehmen.<br />
Diese Umsetzungen werden ebenfalls von Fördermitteln begleitet, welche aus beispielsweise<br />
Sachspenden bestehen. Eine finanzielle Unterstützung seitens der Gemeinde sei<br />
allerdings zurzeit, aufgrund der misslichen Haushaltslage keineswegs möglich.<br />
<strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen wurde durch die Ansiedlung solcher Konzerne wie Q-Cells, aber auch<br />
durch Finanzhilfen wie den Solidarpakt oder den Länderfinanzausgleich in eine wirtschaftlich<br />
sowie infrastrukturtechnisch anständige Lage geleitet, allerdings sind auch Städte wie <strong>Bitterfeld</strong>s<br />
Partnerstadt Marl in Nordrhein-Westfalen zu beachten, welche aufgrund ihrer geo-<br />
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grafischen Lage nicht berechtigt sind, finanzielle Unterstützungen in Anspruch zu nehmen,<br />
allerdings wirtschaftlich deutlich schlechter dastehen als beispielsweise <strong>Bitterfeld</strong>. Hier ist,<br />
auch in einer solchen Republik wie Deutschland, Kritik zu üben, denn man sollte beispielsweise<br />
einen Solidarpakt nicht an der geografischen Lage der Städte bemessen, denn auch<br />
Menschen im Westen können, wie in Marl, am Existenzminimum leben. Somit würden sich<br />
dort niemals Konzerne ansässig machen und eine wirtschaftlich gesehen Besserung ist in<br />
einer solchen Region somit nicht zu erwarten.<br />
Regionale Solarfirmen<br />
Die Sovello GmbH ist ein Hersteller von Solarwafern, Solarzellen und Solarmodulen mit Sitz<br />
in <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen, Sachsen-Anhalt. Das Unternehmen, dessen patentrechtlich geschützten<br />
STRING RIBBON Wafer mit bis zu 50 Prozent weniger Silizium und 50 Prozent weniger<br />
Energieverbrauch verglichen mit traditionellen Wafersägeverfahren hergestellt werden, befindet<br />
sich derzeit in einem Insolvenzverfahren unter der Leitung des Insolvenzverwalters<br />
Prof. Dr. Lucas F. Flöther.<br />
Bei Sovello können am Standort <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen mit dem Herstellungsverfahren alle<br />
Komponenten von Photovoltaik-Modulen hergestellt werden. Das Ausgangsmaterial für die<br />
STRING RIBBON Solarzellen bilden die aus ca. 0,2 Millimeter dicken Siliziumscheiben bestehenden<br />
Solarwafer, welche mit einer Waferdicke von 135 Mikrometer die weltweit<br />
dünnsten kristallinen Wafer der Photovoltaik-Industrie sind. In mehreren Arbeitsschritten<br />
werden die Solarwafer gereinigt und chemisch behandelt. Die dadurch entstandenen Solarbatterien<br />
werden mit Stromleitungen versehen. Die aus den Solarwafern hergestellten<br />
Solarzellen sind die technisch kleinsten Einheiten zur Umwandlung von Sonnenlicht in<br />
elektrischen Strom.<br />
Der letzte Arbeitsschritt ist die Verbindung der Solarzellen mittels elektrischer Leitungen zu<br />
einem fertigen Solarmodul. Dieses besteht aus einer Rückwand aus Kunststoff, einer Oberseite<br />
aus Anti-Reflex beschichtetem Sicherheitsglas und einem Aluminiumrahmen.<br />
Das Unternehmen stellt zwei verschiedene Solarmodule her. Zum einen die Pure Power<br />
Solarmodule (T-Serie), welche mit Spannungen zwischen 26,7V und 27,9V für den Hochvoltbereich<br />
kleinerer Anlagen ausgelegt sind und zum anderen die Pure Power Solarmodule (L-<br />
Serie), welche aufgrund ihrer Niedrigvoltauslegung von 20,2V bis 20,6V für größere Anlagen<br />
geeignet sind.<br />
Im Jahr 2005 wurde das Unternehmen als Joint Venture von Evergreen Solar Inc. (Marlboro,<br />
USA), Q-Cells SE (Thalheim, Deutschland) und REC ASA (Hovic, Norwegen), unter dem sich<br />
aus den beiden Gesellschaftern Evergreen und Q-Cells zusammensetzenden Namen EverQ,<br />
gegründet. Gründungszweck war eine Machbarkeitsprüfung des von Evergreen patentierten<br />
Produktionsverfahrens der Solarwafer. EverQ fungierte zunächst als reiner Produktionsbetrieb,<br />
so wurden die bei EverQ hergestellten Produkte nicht unter dem EverQ Label vertrieben,<br />
sondern unter dem von Evergreen. In den Jahren 2006 und 2007 wurden die ersten<br />
beiden Werke im Solar Valley in Thalheim, einem Ortsteil von <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen, fertig-<br />
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gestellt. Aufgrund des schnellen Wachstums und der Größe die EverQ erreichte, entschieden<br />
die Gesellschafter des Joint Ventures, das Unternehmen künftig selbstständig am Markt auftreten<br />
zu lassen. So firmiert seit dem 24. November 2008 die EverQ GmbH als Sovello AG.<br />
Der Name lässt sich aus den beiden Worten „Sonne“ und „Well“ (englisch für „gut“) ableiten.<br />
Seit Anfang 2009 vermarktet die Sovello AG ihre Produkte eigenständig am Markt. Im<br />
gleichen Jahr wurde das dritte und letzte Werk, ebenfalls in Thalheim, errichtet. Seit April<br />
2010 befindet sich die Sovello AG im Besitz des Ventizz Capital Fund IV L.P. Im Dezember<br />
folgte eine Umfirmierung in die Sovello GmbH.<br />
Am 14. Mai 2012 hat die Geschäftsführung, aufgrund von Zahlungsunfähigkeit, einen Antrag<br />
auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverantwortung beim Amtsgericht Dessau-<br />
Roßlau gestellt. Bernd Depping wurde als vorläufiger Sachverwalter bestimmt. Das Amtsgericht<br />
Dessau-Roßlau eröffnete am 1. August 2012 das Insolvenzverfahren, nachdem der<br />
Antrag des Unternehmens auf Anordnung der Eigenverantwortung aufgrund des einstimmigen<br />
Votums des Gläubigerausschusses abgelehnt wurde. Mit Beginn des Insolvenzverfahrens<br />
ging zum einen die Leitung des Unternehmens auf Prof. Dr. Lucas F. Flöther über und<br />
zum anderen lief das Insolvenzgeld aus, weshalb das Unternehmen die Löhne und Gehälter<br />
der Mitarbeiter wieder selbst bezahlen musste. Da die Suche nach einem Investor erfolglos<br />
war, wurde am 27. August 2012 die Produktion eingestellt, weshalb die verbliebenen 1000<br />
Mitarbeiter gekündigt wurden.<br />
Der Insolvenzverwalter Lucas Flöther kündigte jüngst an, einen Inverstor bis Ende Oktober<br />
finden zu wollen. Zwar sagte das spanische Solarunternehmen Isofton zuletzt einer Übernahme<br />
ab, jedoch befinde sich Flöther zurzeit in Verhandlungen mit mehreren<br />
Interessenten.<br />
Entwicklung (1990-2000)<br />
Die Region <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen war zu DDR Zeiten und bis in die frühen 90er Jahre ein<br />
Synonym für die am stärksten kontaminierte Region Deutschlands. Kein Wunder galt die<br />
Region nahe dem Goitzsche-See doch als einer der bedeutendsten Braunkohle- und Chemiestandorte<br />
der DDR. Dies hatte natürlich entsprechend negative Folgen für Umwelt und<br />
Natur:<br />
So schleuderten beispielsweise das Chemiekombinat <strong>Bitterfeld</strong> und das Photochemische<br />
Kombinat ORWO (ORiginal WOlfen) jährlich bis zu 58 000 t Staub und mehr als die doppelte<br />
Menge Schwefeldioxid in die Umgebung. Ganz zu schweigen von der Ableitung unzähliger<br />
Kubikmeter chemischer Abwässer, in den dadurch silbrig glänzenden „Silbersee“, dessen<br />
Wasser mehr der Konsistenz eines Gels entsprach.<br />
Mit der Wende 1889 war die Zeit gekommen, eine Lösung für eine Neuordnung der bis dahin<br />
noch 21 betriebenen Tagebauen in der Region <strong>Bitterfeld</strong> zu finden:<br />
Neben zahlreichen Fördermaßnahmen und Subventionen der Bundesregierung war ein entscheidender<br />
Schritt die Privatisierung an die Preiss-Daimler-Firmengruppe der ehemaligen<br />
Chemiekombinate, um die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Rationalisierungsmaßnahmen<br />
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und mehr Umweltbewusstsein der Unternehmen hatten den Verlust vieler Arbeitsplätze zur<br />
Folge. Durch Kurzarbeit, Weiterqualifizierungsmaßnahmen und staatliche Subventionen<br />
konnte die Arbeitslosenquote zwar bis 1992 bei ca. 10% gehalten werden, allerdings stieg<br />
diese während der 90er Jahre auf bis zu 20% an, was wenig verwunderlich war, bot die ehemalige<br />
„dreckige Industrie“doch rund 45 000 Menschen eine sichere Beschäftigung.<br />
Der Wandel zum heutigen preisgekrönten, sauberen Wirtschaftsstandort vollzog sich hauptsächlich<br />
durch die Gründung des Chemie- und Industrieparks <strong>Bitterfeld</strong>-Thalheim im Jahre<br />
2001.<br />
Mit der Ansiedlung erster Unternehmen, darunter bekannte Namen wie „Guardian Flachglas“,<br />
„Q-Cells AG“ oder „Bayer AG“ wurde die Grundlage für das heutige Solar Valley gelegt:<br />
Die angesiedelten Unternehmen und die reibungslose und schnelle Zusammenarbeit mit<br />
städtischen Behörden lockten immer mehr auf innovative Technologien ausgerichtete<br />
Unternehmen in die Region in Sachsen-Anhalt. Mittlerweile sind dort rund 360 Unternehmen<br />
sesshaft geworden, inklusive Solar Valley. Damit wurden neue Arbeitsplätze in<br />
einem Gesamtvolumen von ca. 14000 Stellen, allein 5000 davon im Solar Valley geschaffen.<br />
Dies entspricht zwar nicht den ursprünglichen Beschäftigungszahlen von 45000 Arbeitsplätzen,<br />
jedoch ist die Region damit gut ausgelastet und sogar auf Fachkräfte der weiteren<br />
Umgebung angewiesen. Um den Mangel zu decken, pendeln mittlerweile ca. 1400 Arbeiter<br />
zwischen ihrem Arbeitsplatz im Industriepark und ihrem Heimatort in näherer Umgebung.<br />
Und diese Erfolge sollen nicht die einzigen bleiben; die Pläne der <strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen,<br />
welche eng mit den Unternehmen kooperiert, sind ambitioniert:<br />
Der Chemie- und Technologiepark soll zum Hochtechnologiezentrum ausgebaut werden,<br />
wobei der Fokus vor allem in die Forschung und Weiterentwicklung innovativer Technologien<br />
gelegt werden soll. So hofft das <strong>Stadt</strong>parlament um Oberbürgermeisterin Wust, der<br />
aktuellen Krise in der Solarbranche entgegenzuwirken zu können.<br />
Neben den wirtschaftlichen Erfolgen, dem Rückgang der Arbeitslosenquote von 20% auf<br />
mittlerweile 13.4% (Stand Februar 2010), damit lag die Region unter dem Landesdurchschnitt<br />
Sachsen-Anhalts (14.3%, Februar 2010), hat sich der Wandel zum sauberen Industriestandort<br />
vor allem positiv auf das Image der Region ausgewirkt:<br />
<strong>Bitterfeld</strong> hat sich inzwischen zu einem zum attraktiven Erholungsziel entwickelt. Dies ist<br />
nicht nur angenehm für die Anwohner, welche stolz auf den „<strong>Bitterfeld</strong>er Bogen“, das Wahrzeichen<br />
der <strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen, die 2007 aus der Fusion der einzelnen Kleinstädten<br />
<strong>Bitterfeld</strong> und Wolfen resultierte, sind. Das Ansehen und die Popularität der <strong>Stadt</strong> und der<br />
damit einhergehende Tourismuszweig als Einnahmequelle sind zum „zweiten Standbein“ der<br />
Region geworden. Die <strong>Stadt</strong> ist weiterhin bemüht, den Tourismus weiter auszubauen, beispielsweise<br />
durch den Bau einer direkten Verbindung des <strong>Bitterfeld</strong>er Bogens mit dem nahegelegenen<br />
Goitzsche-See.<br />
Somit lässt sich also konstatieren, dass durch den Wandel der Chemieindustrie der Region<br />
zunächst zwar viele Arbeitsplätze verloren gegangen sind. Diese, Im Rahmen der Neu-<br />
60
esiedelung des Chemieparks wurden aber neue Arbeitsplätzegeschaffen, sodass die<br />
Arbeitslosenquote auf fast die Hälfte reduziert werden konnte.<br />
Vor allem die Umwelt und damit die Attraktivität der Region konnte dank des Solar Valleys<br />
enorm verbessert werden, wodurch <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen nicht nur eines der angesehensten<br />
Hightechzentren Deutschlands ist, sondern darüber hinaus ein anziehendes Reise- und Erholungsziel<br />
geworden ist.<br />
Diese positive Tendenz kann allerdings nur gefestigt werden, wenn auch in Zukunft mit viel<br />
Engagement daran gearbeitet wird, das Image der Region zu stärken.<br />
Dazu ist es notwendig, die Entwicklung<br />
der Solar- und Innovationstechnologiebranche<br />
zu fördern, um<br />
weiterhin wirtschaftlich interessant<br />
zu bleiben und regionale Arbeitsplätze<br />
zu sichern. Zudem hat auch die<br />
<strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen mit einer<br />
immer größer werdenden älteren<br />
Bevölkerung und einer demgegenüber<br />
schrumpfenden jungen<br />
Generation zu kämpfen.<br />
Entscheidend wird also, neben der<br />
Noch immer sind Überreste der einstigen Vergangenheit sichtbar.<br />
wirtschaftlichen Stabilität der Region<br />
sein, ob es gelingt, <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen zu einer für junge Menschen und Familien attraktiven<br />
<strong>Stadt</strong> zu formen.<br />
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Wege in die Krise<br />
Globalisierung<br />
Um Erfolg, Wachstum und Profit der Unternehmen zu gewährleisten und für die Zukunft<br />
sicher zu stellen, beschlossen Q-Cells und Solarworld früh in ihrer Firmengeschichte durch<br />
Joint Ventures und Handelsvertretung global Fuß zu fassen. Sovello hingegen, welches 2005<br />
aus einem Joint Venture zwischen dem US-Unternehmen Evergreen Solar Inc., Q-Cells und<br />
dem norwegischem Unternehmen REC ASA hervor ging, produziert bis jetzt nur im Stammwerk<br />
in Thalheim. Trotzdem wird das Produktportfolio weltweit angeboten und vertrieben.<br />
Den ersten Schritt zur globalen Präsenz tat Q-Cells 2004, indem die Firma 2004 bei der<br />
australischen CSG Solar einstieg. 2008 startet das Unternehmen mit dem Bau eines Werkes<br />
in Malaysia. Des Weiteren werden die ersten Auslandsniederlassungen eröffnet. 2009 wird<br />
der erste Teil der Produktionskapazität von 300 MWp in Betrieb genommen und die Herstellung<br />
von kristallinen Solarzellen beginnt. Mit dem Anfang der Solarkrise fängt auch die<br />
Debatte über Kosteneinsparung an, sodass Ende Juni 2012 die Solibro GmbH an das größte,<br />
private, chinesische Energieunternehmen Hanergy Holding Group verkaufte wurde. Durch<br />
diese Maßnahme konnten sämtliche 400 Arbeitsplätze am Standort <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen gesichert<br />
werden. Zuvor hatte Q-Cells am 03.04.2012 den Insolvenzantrag gestellt. Drei<br />
Monate später ging der Insolvenzverwalter Henning Schorisch auf Investorensuche und<br />
wurde mit dem südkoreanischen Konglomerat Hanwha fündig. Dieses konnte sich gegen das<br />
spanische Unternehmen Isofoton durchsetzen und erhielt am 29.08.2012 den Zuschlag für<br />
das Kerngeschäft von Q-Cells. Durch die Übernahme konnten 1250 der 1550 Arbeitsplätze,<br />
davon 750 in Deutschland, weltweit gesichert werden. Hier sieht man, dass das Unternehmen<br />
durch die globale Präsenz, die zuvor aufgebaut wurde, am Ende gerettet wurde. Im<br />
Gegensatz zu Q-Cells fokussierte sich Solar World zunächst auf das Europa und Nordamerika<br />
Geschäft. Erst im Nachhinein nahm man den asiatischen Markt in Blick.<br />
Um die globalen Investitionen zu ermöglichen, wurde 2006 erst einmal Fremdkapital in<br />
Höhe von 306,5 Mio. Dollar eingeworben. Dieses Kapital wurde direkt in das geplante Werk<br />
in Hilsboro, Ohio, USA weiter investiert. Das Gesamtvolumen betrug 500 Mio. US-Dollar.<br />
Dort wurde die Produktion im Sommer 2007 mit einer Kapazität von 100 MW in Betrieb genommen<br />
und sollte bis 2009 die Kapazität von 500 MW erreichen und bis 2011 1000 neue<br />
Arbeitsplätze ermöglichen. Somit ist diese Fabrik das größte Werk für Solarzellen und<br />
Solarsiliziumwafer des amerikanischen Kontinents und soll den stark wachsenden US Markt<br />
versorgen. Im folgenden Jahr gründete man mit dem südkoreanischem Unternehmen Solar<br />
Park Engineering Co. Ltd. Das Joint Venture SolarWorld Korea Ltd.. Zu diesem Zweck wurde<br />
eine Fabrik mit dem Volumen von 120 MW mit Vergrößerungsoption in Süd Korea errichtet.<br />
Die Anteile an diesem Projekt wurden jedoch 2011 gewinnbringend verkauft. Im gleichen<br />
Jahr gelang ein 750 Mio. Euro Deal mit dem indischen Auftraggeber Solar Semiconductor<br />
Pvt. Ltd., dies hatte zu Folge, dass das Stammwerk mit dem Investitionsvolumen von 350<br />
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Mio. Euro in Freiberg auf die Kapazität von 1000 MW bis 2010 erhöht wurde, sodass 500<br />
neue Arbeitsplätze geschaffen wurden. Im Jahr 2010 schließt das Unternehmen das nächste<br />
Joint Venture mit der Qatar Foundation, um die Qatar Solar Technologies zu gründen und<br />
eine Fabrik für Polysilizium für den Investitionswert von 500 Mio. US-Dollar zu errichten.<br />
Durch diese Maßnahmen konnte SolarWorld stetig wachsen, sodass der Umsatz sich zwar<br />
von 509 Mio. Euro im Jahr 2006 auf 1304,7 Mio. Euro im Jahr 2010 mehr als verdoppeln<br />
konnte. Jedoch fiel der Gewinn in der gleichen Zeit von 131 Mio. auf 87,3 Mio. Durch die<br />
Solarkrise im Jahr 2011 brach der Gewinn ein und SolarWorld verbuchte einen Verlust von<br />
fast 300 Mio. Euro. Zur Ursache dieser Krise gehören auch die Billigimporte aus China, sodass<br />
SolarWorld Industries America Inc. 2011 zusammen mit anderen US Solarunternehmen eine<br />
Klage dagegen einreichte.<br />
Globale Faktoren<br />
Momentan drohen chinesische Solarunternehmen Europa wegen angekündigten Anti-<br />
Dumping-Zöllen mit einem allumfassenden Handelskrieg. Die chinesischen Konzerne wenden<br />
sich Hilfe suchend an ihren Staat und versuchen gemeinsam mit der chinesischen Regierung<br />
die Einführung von Anti-Dumping-Zöllen in Europa zu verhindern, da, sollte sich die USA<br />
ebenfalls dazu entscheiden Anti-Dumping-Zölle einzuführen, die chinesische Solarbranche<br />
mit dem Rücken zur Wand stünde.<br />
Die Klage wurde von der Europäischen Kommission angenommen. Sie hat 15 Monate Zeit,<br />
um ein vorläufiges Urteil zu fällen. Sollte sich die EU-Kommission für Strafzölle entscheiden,<br />
könnte dies ein lebensbedrohlicher Schlag für die chinesische Solarindustrie sein. Die EU-<br />
Kommission hat nach Eingang der Klage 45 Tage Bedenkzeit. Kritiker sagen, dass dies zu<br />
einem allumfassenden Handelskrieg zwischen Europa und China führen könnte, welcher<br />
riesige Verluste für beide Parteien bedeuten würde. Andere sind allerdings der Meinung,<br />
dass der Solarmarkt nur ca. 1% des Handels zwischen Europa und China ausmache, und<br />
damit die wirtschaftlichen und Politischen Beziehungen kaum beeinträchtigen würde. Bisher<br />
ist bei der EU-Kommission eine Sammelklage von 25 europäischen Unternehmen eingegangen,<br />
welche sich überrollt und zu einer Rabattschlacht gezwungen fühlen. Dies ist<br />
darauf zurückzuführen, das die chinesischen Unternehmen durch staatliche Subventionierung<br />
Wettbewerbsvorteile haben.<br />
Das US-Handelsministerium hat teilweise schon Dumpingvorwürfe bestätigt und betroffene<br />
Chinaimporte mit Strafzöllen von bis zu 250% belegt. Als Gegenreaktion hat Peking eine Anti-<br />
Dumpingkampagne gegen die USA, Südkorea etc. gestartet und sich an die Welthandelsorganisation<br />
WTO zur Vermittlung gewendet. Diese Streitigkeit umfasst jetzt schon<br />
Milliardenumsätze und hunderttausende Arbeitsplätze. Weltweit stehen dreiviertel der<br />
Solaranlagen in Europa, das damit der größte Abnehmer von chinesischen Solaranlagen ist.<br />
Nur 20% der chinesischen Produktion bleiben im eigenen Binnenmarkt, der Rest wird exportiert.<br />
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Auch wenn China ein Massenhersteller ist, ändert das nichts daran, dass die Effizienz der<br />
chinesischen Anlagen technologisch schwächer als die der europäischen Anlagen ist. 2011<br />
machte die chinesische Solarindustrie einen Umsatz von 35,8 Mrd. Dollar.<br />
Deutsche Politiker wie zum Beispiel Peter Altmaier wollen der deutschen Solarindustrie den<br />
Rücken stärken. Der Minister würde bei Hinweisen auf Wettbewerbsverzerrung ein Anti-<br />
Dumpingverfahren unterstützen, doch es wäre nicht allein Deutschlands Entscheidung, ob<br />
ein Verfahren eingeleitet wird. Zusätzlich wolle Altmaier die chinesische Regierung bei einem<br />
Auslandsbesuch mit Frau Merkel auf, die zu hohen Subventionen anzusprechen und diese<br />
von einem Nachlass zu überzeugen, um den Wettbewerb im Allgemeinen fairer zu gestalten.<br />
Dass mindestens 25% der europäischen Solarbranche Klage einreichen müssen, könnte sich<br />
allerdings als Problem erweisen, da viele europäische Unternehmen eine Kooperation mit<br />
chinesischen Firmen eingegangen sind, um sich selbst vor der Insolvenz zu retten.<br />
Momentan arbeitet das deutsche Unternehmen „Solarworld“ an einer Vorlage zur Anti-<br />
Dumping-Klage, hinter der letztendlich 25% der europäischen Solarbranche stehen.<br />
Fazit<br />
Eine derartige Wettbewerbsverzerrung wie sie China in einer größtenteils demokratisierten<br />
Welt betreibt, ist für den Weltmarkt nicht tragbar. Mich hat vor allem interessiert, wie China<br />
es schafft, Produkte unter den Produktionspreisen zu verkaufen. Es hat nicht viel an<br />
Recherchearbeit gebraucht, um in Erfahrung zu bringen, wie Chinas Taktik aussieht. Die<br />
Regierung gibt Subventionen, die die Firmen so unterstützen, sodass man sogar unter<br />
Produktionskosten verkaufen kann. Das kann sich Deutschland einfach nicht leisten. Dies hat<br />
zur Folge, dass beispielsweise europäische Firmen Insolvenz anmelden müssen. Jegliche<br />
Konkurrenzfähigkeit wird damit durch China ausgeschlossen.<br />
Interessant ist auch, dass die europäischen Staaten und auch Amerika quasi machtlos sind,<br />
da sich China mit seinen Handelsbeziehungen in der gesamten Welt ausgebreitet hat. Als<br />
Eigentümer von diversen Staatsanleihen und potenzieller Käufer von weiteren Staatsanleihen<br />
kann man einfach nicht auf China verzichten. Auch als Rohstofflieferant ist China unverzichtbar.<br />
China würde auf jeden Fall aber auch herbe Verluste im Falle eines Wirtschaftskrieges,<br />
der sich entwickeln könnte, hinnehmen müssen. Chinas Macht ist unbestritten und<br />
umso verblüffender ist es, dass Europa China noch mit Entwicklungsgeldern fördert, obwohl<br />
sich China längst zur Supermacht entwickelt hat, wobei China dies niemals von sich selbst<br />
behaupten würde. Diese Entwicklungsgelder werden in China größtenteils in Forschung und<br />
Bildung investiert, was auf lange Sicht wieder kontraproduktiv ist.<br />
Im Prinzip bezahlen wir dafür, dass uns China in Sachen Forschung bald einholt, und uns<br />
nicht mehr nur noch in der Produktionsgeschwindigkeit, sondern auch in der Rentabilität<br />
und Qualität ebenbürtig oder sogar voraus ist.<br />
64
Symbiose von Ökologie und Ökonomie<br />
Ökologische Beeinflussung der Wirtschaft<br />
Das größte Problem der Zusammenarbeit gesunder Ökologie und starker Ökonomie sind ihre<br />
unterschiedlichen Voraussetzungen und Ausrichtungen. Die Ökonomie, die wettbewerbsfähig<br />
sein muss, benötigt die Massenproduktion zur Herstellungskostensenkung, die<br />
logischerweise mit einem sehr hohen Ressourcenverbrauch in Verbindung steht. Für die<br />
Produktion selbst werden Rohstoffe und Energien gebraucht. Diese sind jedoch sehr begrenzt<br />
und ihre Gewinnung stört den eigentlichen Naturhaushalt. Die aus der Produktion<br />
resultierenden Emissionen und Reststoffe belasten unsere Umwelt. Die entstandenen Reststoffe<br />
müssen recycelt werden. Dies fordert von uns eine große Verantwortung gegenüber<br />
unserer Natur, die nicht endlos ausgebeutet werden kann, da wir uns Wohlstand als Ziel<br />
setzen. Das Problem der Endsorgung ist zum Beispiel an der Problematik nach der Suche<br />
eines geeigneten Atomabfallendlagers deutlich zu sehen. Damit steht eine „ewige“ Diskussion<br />
in Verbindung, wo man denn nun das Endlager für diese unter Umständen schädlichen<br />
Reste finden kann. Des Weiteren muss bedacht werden, dass diese durch die Massenproduktion<br />
entstandenen Güter über lange Transportwege zu den eigentlichen Verkaufsstellen<br />
und Märkten befördert werden müssen. Dies führt zwangsweise zu weiteren<br />
Emissionen. Die Produkte müssen verpackt werden, damit ihr Wert nach dem Transport<br />
nicht sinkt. Diese Verpackungen müssen am Ende entsorgt werden. Für diese ökologischökonomischen<br />
Probleme gibt es mehrere Lösungsansätze. Zuerst sind Einsparungen von<br />
vielen Herstellern schon in der Entwicklungs- und Produktionsphase vorgenommen worden,<br />
denn dies hält ja die Produktionskosten niedriger und somit den erwirtschafteten Gewinn<br />
höher. Zudem werden neue Techniken eingesetzt, um die Verluste der Energien bei<br />
Maschinen, Anlagen oder Fahrzeugen gering zu halten. Generell werden auch regenerative,<br />
umweltfreundliche Energien wie Wasser, Sonne, Wind und Erdwärme eingesetzt. Des<br />
Weiteren werden Umweltschutzinvestitionen durch Subventionierung gefördert und das<br />
Umweltbewusstsein durch Verbraucherinformation gestärkt.<br />
Am Beispiel China sieht man, wie drastisch die Co2-Emissionen eines wirtschaftlich aufstrebenden<br />
Landes steigen. Die Zahlen kann man dieser Tabelle entnehmen; die Tendenz ist<br />
weiter steigend.<br />
65
Tab.: Die Entwicklung des CO2-Ausstoßes 2001-2007 [in Mio. t]<br />
2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />
Weltweit 24.918 25.874 27.020 28.424 29.430 30.047 30.892<br />
USA 6.279 6.377 6.400 6.528 6.558 6.461 6.575<br />
frühere SU 2.366 2.391 2.448 2.488 2.514 2.542 2.553<br />
China 2.800 3.532 4.146 4.881 5.380 5.944 6.389<br />
Japan 1.341 1.328 1.376 1.391 1.401 1.381 1.393<br />
Deutschland 917 901 911 901 884 895 861<br />
Mittlerer Osten 1.100 1.150 1.258 1.362 1.466 1.529 1.573<br />
Südamerika 966 967 945 990 1.041 1.108 1.159<br />
Afrika 849 855 895 932 942 974 1.020<br />
GB 602 588 600 608 615 611 590<br />
Italien 478 484 497 502 503 501 493<br />
Frankreich 432 426 433 438 439 430 421<br />
Spanien 342 360 366 382 397 387 398<br />
Niederlande 253 256 258 267 272 267 265<br />
Man sieht einen riesigen Anstieg von 2800 Mio. t auf 6.389 Mio. t innerhalb von nur 7<br />
Jahren!<br />
Die steigende Tendenz sowohl in China als auch in anderen Entwicklungsländern zeugt nicht<br />
gerade von einem großen Umweltbewusstsein, denn die Industrieländer verkaufen<br />
Produktionsverfahren an die Entwicklungsländer, die mit großen ökologischen Problemen zu<br />
tun haben. Eine wirkliche Lösung dafür hat aber bisher kein Industrie- und auch kein<br />
Schwellenland gefunden.<br />
Was man durchaus als nicht verständlich empfinden kann, ist warum man in den Entwicklungsländern<br />
mit hoher Sonneneinstrahlung wie zum Beispiel in Afrika, Indien oder<br />
Asien diese Sonne als Energieträger nicht nutzt und immer noch Holz zum Kochen verwendet.<br />
Andere Alternativen als die erneuerbaren Energien sind bei solch einem hohen<br />
Emissionsanstieg nicht vorhanden. Leider bleibt aber der Zugang zu diesen nötigen Technologien<br />
den Entwicklungsländern verwehrt. Dort fehlt einfach Kapital für Investitionen und die<br />
Fachkräfte sind in diesem Bereich teuer. Damit geraten die Entwicklungsländer in ein fast<br />
unlösbares Problem. Damit ihre wirtschaftliche Lage sich verbessern kann, muss die Nachfrage<br />
der Industrieländer an ihre Produkte steigen. Um aber diesen Markt auszubauen,<br />
müssen Massenproduktionen getätigt worden, damit sich das Geschäft lohnt. Das wiederum<br />
würde bedeuten, dass ein hoher Rohstoffverbrauch und Schadstoffausstoß stattfindet. Aus<br />
diesem Blickwinkel gesehen, müsste man den Ausbau der Wirtschaft der Entwicklungsländer<br />
verhindern, was man natürlich nicht tun kann. Die Menschen haben dort ja auch ihr gutes<br />
Recht auf Wohlstand und Verbesserung der Ökonomie.<br />
Meiner Meinung nach muss der Aufstieg der Ökonomie nicht gleich den Niedergang der<br />
Ökologie bedeuten. Man sollte versuchen, dort auf neue Energiearten zu setzten, um neue<br />
66
Strukturen zu schaffen, die nicht so schädlich für die Umwelt wären. Das Engagement muss<br />
meiner Meinung nach von den Industrieländern kommen, da sie ja die Verantwortung<br />
tragen und den Ton angeben. Man muss den Entwicklungsländern einfach unter die Arme<br />
greifen, weil sie es sonst allein nicht schaffen werden.<br />
Das passiert aber wahrscheinlich nur dann, wenn die Ausbeutung der Natur so groß ist, dass<br />
man es auch in den Industrieländern zu spüren bekommt, denn solange die Industrieländer<br />
nicht selbst betroffen sind, ist eine Veränderung nicht in Sicht.<br />
Knappheit der Ressourcen(Globale Auswirkung)<br />
Wachstum, Wirtschaft und Wohlstand waren lange Zeit Schlüsselwörter für Entwicklung.<br />
Doch die Folgen für Mensch und Umwelt sind heute unübersehbar: Umweltzerstörung,<br />
soziale Ungleichheit, Klimawandel und Ressourcenknappheit.<br />
Frage: Was ist eine Ressource?<br />
Eine Ressource nutzt ein Individuum, um persönliche Ziele zu erreichen. In diesem Fall<br />
sprechen wir von Rohstoffen, Energie oder Werkzeugen.<br />
Frage: Was ist Knappheit?<br />
Wenn eine Ressource nicht in ausreichenden Mengen verfügbar ist, dann ist diese Ressource<br />
knapp. Knappheit bedeutet, dass es einen Mangel gibt. Es ist nicht genügend da. Die heutige<br />
Energie, die in nutzbarer Form als Wärme, Elektrizität oder auch als Kraftstoff benötigt wird,<br />
wird aus sogenannten Primärenergieträgern erzeugt. Diese stehen als fossile, nukleare und<br />
erneuerbare Energiequellen zur Verfügung. Primäre Energieträger stellen dabei naturbelassene<br />
Energierohstoffe dar, die in ihrer natürlichen Form ohne jegliche Umwandlung in<br />
der Natur oder deren Umgebung vorliegen. Das bedeutet, dass man Energie ohne zusätzlichen<br />
Energieeinsatz liefern kann. Sekundäre Energien repräsentieren aus Primärenergieträgern<br />
transformierte Materien wie z. B. Strom, Dampf oder Benzin.<br />
Die Weltwirtschaft stützt sich dabei nach wie vor insbesondere auf fossile Energieformen,<br />
die mit Erdöl (34%), Kohle (23%) und Erdgas (21%) gemäß dem weltweiten Primärenergiemix<br />
78% und damit über drei Viertel des gesamten Primärenergiebedarfs der Erde decken.<br />
Es folgen Biomasse mit rund 10% sowie Kern- und Wasserkraft mit jeweils 6%. Betrachtet<br />
man die prozentuale Verteilung der einzelnen Primärenergieträger, so ist zu vermuten, dass<br />
die globalen Reserven an fossilen Brennstoffen relativ zeitnah erschöpft sind, insofern ist es<br />
unumgänglich, auf regenerative Energieformen umzusteigen.<br />
Die zentralen Ursachen für diese Entwicklung sind in erster Linie im exponentiellen Bevölkerungswachstum<br />
zu suchen sowie, daraus folgend, aus der ebenso rapide anwachsenden<br />
Nahrungs- bzw. Futtermittelproduktion; zudem steigt in den Entwicklungsländern<br />
der stetig ansteigende Energieverbrauch pro Kopf.<br />
In Anbetracht der begrenzten Vorräte an Erdöl, Erdgas und Kohle könnte es noch in diesem<br />
Jahrhundert erhebliche Probleme in der Energieversorgung geben. Ein vor allem wirtschaft-<br />
67
lich tragfähiges Lösungsverfahren fossile Brennstoffe durch regenerative Energiequellen zu<br />
ersetzten, erscheint wegen der bestehenden Ressourcenknappheit und den Folgen der<br />
globalen Erderwärmung dringend notwendig.<br />
Die Frage, die sich uns stellt: „Ist die drohende Katastrophe noch zu stoppen?“<br />
Meiner Meinung nach muss sich bei jedem Bürger auf dieser Welt ein Schalter umlegen,<br />
nachhaltig zu denken, damit der Plan, die Erde zu retten auch funktioniert. Denn schon bei<br />
dem Einzelnen fängt es an. Dennoch muss man auf erneuerbare Energien umsteigen.<br />
Zu viel wird noch mit nicht mit erneuerbaren Energieformen gearbeitet. Problemländer<br />
werden meiner Ansicht nach zum Beispiel Russland und Brasilien sein.<br />
Diese Länder sind große Rohstofflieferanten und müssen sich darum zurzeit keine Sorge<br />
machen und solange diese Industrieländer nicht betroffen sind und weiterhin Ressourcen<br />
ausbeuten können, wird sich an der Lage nicht sehr viel verbessern.<br />
Des Weiteren ist der wachsende Energieverbrauch in den Entwicklungsländern zu groß.<br />
Nur durch Hilfen durch Länder des G8 Gipfels wird es möglich sein, ein Lösungsverfahren<br />
auszuarbeiten, welches dann auch umgesetzt werden muss. Jedoch bin ich mir sicher, dass<br />
Deutschland zu den Ländern gehört, die diese Herausforderung gut meistern wird. Nur wenn<br />
sich die Einsicht von Land zu Land vergrößert und erweitert, wird es gelingen, die Natur<br />
sowie den Menschen zu retten.<br />
68
Zukunftsperspektiven<br />
Die Energiewende in Deutschland<br />
Als Energiewende bezeichnet man die Realisierung einer Energieversorgung, die nachhaltig<br />
ist und auf der Verwendung von erneuerbaren Energien wie Wasserkraft, Sonnen-und<br />
Windenergie beruht. Aktives Handeln im Sinne einer Energiewende fand erstmals im Jahr<br />
2000 statt, als der zeitlich gestaffelte Atomausstieg eine parlamentarische Mehrheit in der<br />
Großen Koalition (rot/grün) erlangte.<br />
Fast 10 Jahre rückte dieses brisante und zukunftsbestimmende Thema „Energiewende“ in<br />
den Hintergrund, bis schließlich im Herbst 2010 unter der schwarz-gelben Koalition für eine<br />
enorme Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke um jeweils 8-oder 14 Jahre gestimmt<br />
wurde. Dieser Beschluss bedeutet aber ein Schritt in der Energiewende der nahen Zukunft<br />
Deutschlands zurück, zugleich wurden dadurch aber auch (scheinbar) stabile Strompreise für<br />
die Bevölkerung gesichert, da es billiger ist, Strom aus den fossilen Brennstoffen wie Erdöl<br />
oder Kohle zu gewinnen. Dieses Urteil stieß auf erheblichen Unmut in der Bevölkerung, da<br />
die Atomkraft in den letzten Jahren an Beliebtheit verloren hat und auch bei den Bürgern der<br />
Trend mehr und mehr in Richtung erneuerbare Energien geht.<br />
Ein enormer Einschnitt bei der Energiewende speziell in Deutschland, aber auch rund um<br />
den Globus war die Nuklearkatastrophe von Fukushima in Japan im März 2011. Durch ein<br />
Erdbeben wurde ein sehr starker Tsunami ausgelöst, durch den eine Vielzahl von Kühlsystemen<br />
in den Kernreaktoren des Atomkraftwerks außer Kraft gesetzt wurden und es so zu<br />
drei Kernschmelzen kam, bei denen große Mengen an radioaktiven Stoffen in die Umwelt<br />
gelangen konnten.<br />
Diese weltweit für Aufsehen sorgende Naturkatastrophe zwang Angela Merkel, Bundeskanzlerin<br />
seit 2005, und die Bundesregierung zum aktiven Handeln. Die Bundesregierung<br />
musste umdenken und auch die Ansprüche und den Willen der Bevölkerung beachten, um<br />
nicht in Ungnade zu verfallen. So verkündet die Bundesregierung nur 3 Tage nach der<br />
Katastrophe ein dreimonatiges Atommoratorium, was bedeutet, dass alle 17 Kernreaktoren<br />
Deutschlands auf deren Sicherheit überprüft und die sieben ältesten für diesen Zeitraum<br />
abgeschaltet werden mussten.<br />
Auch durch die immer lauter werdenden Rufe aus der Bevölkerung wurde die zuvor beschlossene<br />
Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke größtenteils rückgängig gemacht und<br />
beschlossen, die ältesten früher als im Atomkonsens von 2000 abzuschalten. Deshalb verabschiedete<br />
der Bundestag am 30.06.2011 das „13.Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes“,<br />
das die Beschleunigung der Energiewende und die Beendigung der Kernenergienutzung<br />
regeln sollen. Somit wurden im Sommer 2011 acht Kraftwerke abgeschaltet und die verbliebenen<br />
neun werden zeitlich gestaffelt bis 2022 vom Netz genommen und der Atomausstieg<br />
ist heute auch noch beschlossene Sache.<br />
69
Die ersten Schritte bei der Energiewende sind von der Bundesregierung gemacht, jetzt<br />
müssen diese ausgebaut werden, um in naher Zukunft auf fossile Brennstoffe verzichten zu<br />
können.<br />
Seit dem Sommer 2011 sind diese Probleme zu wenig behandelt worden und auch bei der<br />
Bevölkerung in Vergessenheit geraten. Dabei ist die Energiewende ein langwieriger Prozess,<br />
der immer wieder neue Lösungsansätze fordert und auch immer wieder neue Probleme auftauchen.<br />
Deutschland muss auch international und auf der europäischen Ebene agieren, um<br />
die Wende hin zu erneuerbaren Energien im eigenen Land voranzutreiben und weiterhin<br />
Vorbild sein zu können. Hierbei kann Deutschland vor allem auf die Hilfe Österreichs bei<br />
Stromengpässen im Winter zählen und auch ab 2016 auf die Hilfe Russlands durch über<br />
Polen geleiteten Strom.<br />
Obwohl die erneuerbaren Energien wie die Solar- oder Windenergie im Moment noch<br />
keinen erheblichen Teil der deutschen Stromversorgung ausmachen, können sie bei richtiger<br />
Förderung durch den Staat und Subventionen in naher Zukunft einen größeren Teil bei der<br />
Stromversorgung ausmachen. Um dieses Ziel zu erreichen, gilt aber auch, dass Energiepolitik<br />
gleichzeitig auch Energiesparpolitik sein muss, da mit den Jahren und der Steigerung erneuerbarer<br />
Energien, die fossilen Brennstoffe reduziert werden und die Gewinnung von<br />
Strom aus Windenergie kostenaufwendiger ist. Deshalb darf der Energieverbrauch nicht<br />
übermäßig weiter steigen, sondern als Ziel sollte eine Senkung des allgemeinen Energieverbrauchs<br />
angestrebt werden, denn es muss sichergestellt sein, dass die Steuerzahler nicht für<br />
die Energiewende bezahlen, sondern entlastet werden und auch Unternehmen davon<br />
profitieren, umweltfreundlich zu produzieren. Es ist außerdem wichtig, dass sich die Umsetzung<br />
der Energiewende besser und schneller gestaltet als in den letzten Jahren, denn die<br />
Energiewende ist seit dem Atomausstieg unumkehrbar und eine schnellstmögliche Umsetzung<br />
ist wünschenswert.<br />
Außer Acht gelassen werden darf nicht die Wirtschaft und deren Entwicklung, da diese auch<br />
auf die Energiewende abgestimmt werden muss, um bei der Umsetzung schneller voranzukommen<br />
und möglichst effektiv erneuerbare Energien in die Wirtschaft einsetzen. So kann<br />
man an fossilen Brennstoffen sparen und dennoch die wirtschaftliche Lage vorantreiben.<br />
Somit greift eine Thematik in die andere über, die Energiewende betrifft Deutschland nicht<br />
nur aus ökologischer, sondern auch aus ökonomischer Sicht, denn es ist nur ökonomisch<br />
sinnvoll, was ökologisch auch zu verantworten ist, vor allem auch für nachfolgende<br />
Generationen, die nicht unter den Kosten der heutigen Umweltpolitik leiden sollen.<br />
70
Das Erneuerbare Energien Gesetz<br />
Das EEG- was steckt hinter diesem Begriff, was bedeutet es für die Entwicklung Deutschlands,<br />
wie beeinflusst es andere Länder…?<br />
Um all das zu erklären, muss zunächst geklärt werden, was das EEG überhaupt ist. Hinter<br />
dem Begriff steckt bekanntlich das „Erneuerbare- Energien- Gesetz“ oder mit vollen Titel<br />
„Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien“. Es ist ein Gesetz, welches auf Bundesebene<br />
gilt. Das erste Mal trat es am 1. April 2000 in Kraft, wurde seit dem aber mehrere Male verändert.<br />
Eingeführt wurde das Erneuerbare-Energien-Gesetz, um im Interesse des Klima- und<br />
Umweltschutzes eine Entwicklung der Energieversorgung zu gewährleisten. Dadurch sollen<br />
endliche Ressourcen geschont und erneuerbare Energien weiter optimiert werden. Dies geschieht<br />
insbesondere auch im Hinblick auf die Kostenverringerung der Energieversorgung.<br />
Es wurden stufenweise Deadlines festgelegt, um die Einhaltung der obengenannten Ziele zu<br />
gewährleisten. Bis 2020 sollen 35% der Stromversorgung durch erneuerbare Energien<br />
erfolgen. Bis 2050 soll diese Stromversorgung dann alle 10 Jahre bis auf schließlich 80% gesteigert<br />
werden.<br />
Grob gesagt dient das EEG also dazu, die erneuerbaren Energien durch Subventionen und<br />
andere Vorteile für den Einzelnen attraktiver zu machen und so auf lange Sicht die weniger<br />
umweltfreundlichen, aber immer noch weitaus kosteneffizienteren konventionellen<br />
Energiealternativen aus dem Markt weitestgehend zu streichen und somit eine umweltfreundliche<br />
Energiewende schonend herbeizuführen.<br />
Kommen wir jetzt zu der Frage, was dieses Gesetz für den Einzelnen bedeutet!<br />
Im Grunde genommen ist das Prinzip einfach: Eine Person, die sich dazu entscheidet, Strom<br />
aus erneuerbaren Energien zu beziehen, kann 20 Jahre lang einen festen Vergütungssatz<br />
(welcher standortabhängig und technologiespezifisch ist) beziehen. Damit die Installation<br />
solcher Energieerzeuger z. B.<br />
Photovoltaik) möglichst schnell in<br />
den Markt integriert wird, werden<br />
die Vergütungssätze jährlich gekürzt.<br />
Das bedeutet nicht, dass ein<br />
Betreiber einer solchen Anlage<br />
jedes Jahr weniger bekommt,<br />
sondern dass jedes Jahr, das verstreicht,<br />
bevor eine Anlage<br />
installiert wird, weniger Einspeisevergütung<br />
bedeuten.<br />
Durch das EEG wird außerdem, wie der Name schon sagt, die vorrangige Abnahme von Ökostrom<br />
gegenüber kommerziellem Strom geregelt. Durch das Gesetz sind Stromnetzbetreiber<br />
dazu verpflichtet ihre Netzkapazitäten an die Energiealternativen anzupassen und den er-<br />
71
neuerbaren Strom unverzüglich in deren Stromnetze zu integrieren und diesen auch vorrangig<br />
zu übertragen und zu verteilen.<br />
Das EEG erweist sich schon heute als umweltfreundlich. Allein im Jahre 2009 konnten 74<br />
Millionen Tonnen CO2 eingespart werden. Durch die hohe CO2 Erzeugung wird der natürliche<br />
Treibhauseffekt verstärkt und die Erderwärmung schneller vorangetrieben. Diese verursacht<br />
ein überdurchschnittliches Ansteigen der allgemeinen Erdtemperatur und ist deshalb<br />
schädigend für alle lebenden Organismen. Das Einsparen von CO2 kann dem entgegenwirken.<br />
Auch wirtschaftlich erweist sich das Gesetz für den Vorrang erneuerbarer Energien<br />
als effizient. Seit der Einführung des EEG wurden knapp 190 000 neue Arbeitsplätze geschaffen,<br />
die allein darauf zurückzuführen sind. 2011 waren 382 000 Menschen in der erneuerbaren<br />
Energien Branche beschäftigt. Das ist ein Anstieg von 137% gegenüber 2004. In<br />
der folgenden Grafik zeigt sich die Entwicklung der Beschäftigten in den verschiedenen<br />
Sparten der Branche. Die meisten Beschäftigten befinden sich in der Solarindustrie. In der EU<br />
sind bis heute 21 Mitgliedstaaten dem deutschen Beispiel gefolgt und haben ähnliche<br />
Gesetze verabschiedet. Weltweit sind es sogar insgesamt 50 Länder und 25 Staaten und<br />
Provinzen. Alles in allem erweist sich das Erneuerbare-Energien-Gesetz als hilfreiches<br />
Instrument in der Verbreitung des Ökostroms.<br />
Fazit zum EEG<br />
Ich persönlich empfinde das EEG als ein sehr nützliches und vor allen Dingen fortschrittliches<br />
Gesetz. Wenn die Umsetzung dieses Gesetzes wirklich so erfolgt wie geplant, dann sehe ich<br />
dies als eine der letzten Instanzen zu einem vollkommen modernen Staat. Damit meine ich<br />
einen Staat, der bei all seiner Industrie und vor allen Dingen seinem hohen Stromverbrauch,<br />
die Natur nicht weiter zerstört, sie sogar weitestgehend in den Prozess einbindet. Man<br />
arbeitet dann nicht mehr gegen, sondern mit der Natur selbst. Allerdings und auch dies ist<br />
eine persönliche Prognose wird es noch sehr lange dauern, bis dieser Vorteil der erneuerbaren<br />
Energien sich fest im Bewusstsein der Weltbevölkerung verankert hat und vollständig<br />
verstanden wurde.<br />
Auswirkung auf die Solarindustrie<br />
„Was hier geplant ist, ist ein Solarausstiegsgesetz”, sagt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer<br />
des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW). Durchgesetzt hätten sich die Interessen<br />
der großen Energiekonzerne, jetzt solle “dem Solarstrom der Stecker gezogen werden”. Die<br />
Firma Juwi aus Wörrstadt, einer der großen Projektierer von Solaranlagen, warnt, die Pläne<br />
hätten “unweigerlich einen Markteinbruch zur Folge”, die Politik zerstöre einen Großteil der<br />
deutschen Solarwirtschaft. (TAZ Online)<br />
Diese genannten Reaktionen wurden kurz nach dem am 9.03.2012 getroffenen Beschluss<br />
von Wirtschaftsminister Rösler und dem ehemaligen Umweltminister Röttgen zur Kürzung<br />
der Subventionen für die Solarindustrie vernommen. Die Subventionen für die deutsche<br />
Solarbranche sollen um etwa 30% geringer ausfallen als zuvor. Als Begründung nennen beide<br />
72
Minister den zu schnellen Ausbau der Solarindustrie in Deutschland sowie den drastischen<br />
Anstieg der Strompreise durch die erneuerbaren Energien. Rösler möchte keine Steuergelder<br />
für die Förderungen nutzen und fordert eine wirtschaftliche Marktregulierung ohne staatliche<br />
Unterstützung. Außerdem sieht er Photovoltaik nicht als effizient genug an.<br />
Doch diese Kürzungsvorschläge stellen sich als große Gefahr für die deutsche Solarbranche<br />
dar. Es werden ein Markteinbruch von etwa 75 % und eine Insolvenzwelle von etwa 100.000<br />
Arbeitsplätzen erwartet.<br />
Wie sich die Kürzungen auf die Endnutzer einwirken, erkennt man an den folgenden<br />
Grafiken:<br />
Gewerbeobjekte & Konversionsfläche<br />
Gewerbegebiete und Solarparks müssen mit rund 48% Einbußen rechnen. Das bedeutet<br />
Solarparks erhalten nur noch 11 Cent, statt der üblichen 22 Cent und Gewerbeobjekte nur<br />
noch 14 Cent, statt der üblichen 28 Cent.<br />
73
Eigenheime<br />
Die Kürzungen für private Nutzer (Eigenheime) belaufen sich auf rund 37% im Zeitraum von<br />
Ende 2011 bis zum 1. Januar 2013. Die Besitzer von Solaranlagen auf ihren Eigenheimen<br />
müssen somit 11 Cent verschmerzen, und erhalten pro Kilowattstunde nur noch knapp 19<br />
Cent.<br />
<strong>Bitterfeld</strong>er Beigeschmack<br />
Die Region <strong>Bitterfeld</strong> vergab Investitionsförderungen bis zu 50 % der förderfähigen Investitionskosten.<br />
Es wurden Infrastrukturfonds in Höhe von 170 Millionen Euro vergeben.<br />
Sogar die Investitionsbank Sachsen-Anhalt bewilligte Förderprogramme in Höhe von 35<br />
Millionen Euro unter dem Titel „Perspektive“, um den Standort <strong>Bitterfeld</strong> zu sichern und<br />
attraktiv zu gestalten. Seit 1991 sind Förderungen von etwa 9 Milliarden Euro von EU, Bund<br />
und Länder in diese Region geflossen. Doch diese Förderungen für Solarfirmen in der Region<br />
<strong>Bitterfeld</strong> werden aufgrund der fehlenden staatlichen Unterstützung gekürzt und die Solarbranche<br />
in die Krise gestürzt. Das Solar Valley hat mit großen Existenzängsten der verschiedenen<br />
Solarfirmen zu kämpfen und ringt ums Überleben. Die Nachfrage nach Photovoltaik<br />
sank bei Solarworld in den vergangenen 12 Monaten um etwa 42%. Gründe für die<br />
sinkende Nachfrage seien die zahlreichen Auflösungen von Kundenverträgen aufgrund der<br />
schlechten Rahmenbedingungen (geringe Subventionen, hohe Selbstbeteiligung an den<br />
Kosten).<br />
Diese drastischen Kürzungen haben zur Folge, dass der Weltmarktanteil der deutschen Solarfirmen<br />
von etwa 20% auf 6% sinkt. Die deutsche Branche steht vor großen Finanzierungslücken<br />
ihrer neuen Technologien und hat mit einer immer geringeren Nachfrage im Inland zu<br />
kämpfen. Sogar der Konkurrenzdruck aus China wird immer größer. Chinesische Solarfirmen<br />
können mit ihren geringen Preisen glänzen und auf staatliche Unterstützung gerade in der<br />
Entwicklung setzen.<br />
Bezug <strong>Bitterfeld</strong><br />
Die Ressourcen der Erde neigen sich dem Ende zu, aber die Menschheit wächst und mir ihr<br />
das Verlangen nach mehr. Schwellenländer wie China oder Brasilien wachsen wirtschaftlich<br />
rasend schnell und erschweren die Energiewende zusätzlich. Daher muss weltweit zusammengearbeitet<br />
und auf erneuerbare Energien umgerüstet werden.<br />
Diese Idee wurde schon nach der Wende 1989/1990 in dem in Sachsen-Anhalt liegenden<br />
Chemiestandort <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen realisiert. Jahrzehntelang war <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen einer der<br />
größten und wichtigsten Chemiestandorte Europas, bis nach der Wende umfassende<br />
Sanierungen rund um dieses Gebiet vorgenommen wurden, denn die Region rund um diesen<br />
Chemiestandort war komplett chemisch versucht und die Flora und Fauna zerstört. Durch<br />
die Sanierungen wurde Platz für neue Unternehmen gemacht, die überwiegend aus Solarfirmen<br />
bestanden und die günstigen Standortfaktoren nutzen wollten.<br />
74
So nennt man <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen heute auch „Solar Valley“, welches lange Zeit von der angehenden<br />
Energiewende profitierte und die Nachfrage nach Photovoltaik immer größer<br />
wurde, bis einer der weltweit größten Photovoltaik-Anlagenhersteller mit Sitz im „Solar<br />
Valley“, Q-Cells SE, im April 2012 Insolvenz anmelden musste. Generell ging der Solarenergietrend<br />
nach unten und die Nachfrage in Deutschland zurück.<br />
Wie im Juni 2012 bekannt wurde, wird Q-CELLS SE von einem asiatischen Interessenten<br />
übernommen, und es wollen sich auch andere asiatische Solarfirmen in <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen<br />
ansiedeln. Dennoch gehen immer mehr deutsche Solarfirmen pleite, weil sie mit dem Angebot<br />
vom asiatischen Markt nicht mithalten können, da dort die Produktionskosten und<br />
günstiger sind und sie die Photovoltaikanlagen usw. daher nicht so preisgünstig anbieten<br />
können wie die asiatischen Firmen. Durch den Kauf eines so großen Unternehmens im „Solar<br />
Valley“, wird das Interesse anderer asiatischer Firmen geweckt, um weitere angeschlagene<br />
Solarfirmen zu kaufen und sich in <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen niederzulassen.<br />
Obwohl der Markt in Deutschland angeschlagen ist und diese „Ausverkäufe“ etablierter<br />
deutscher Unternehmen sicher nicht das ursprüngliche Ziel waren, sind diese Verbindungen<br />
zu Asien wichtig, um weltweit die Energiewende voranzutreiben. Speziell China gehört zu<br />
den an immer mehr Beachtung gewinnenden BRICS-Staaten, die es ebenfalls davon zu überzeugen<br />
gilt, mehr in erneuerbare Energien zu investieren. Dies können sie unter anderem an<br />
einem Standort wie <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen gut, denn dort sind die Grundvoraussetzungen gegeben,<br />
um den Markt der erneuerbaren Energien auszubreiten. Außerdem wird dem Spruch<br />
„Made in Germany“ noch überall auf der Welt Anerkennung zugesprochen und Deutschland<br />
ist besonders für die BRICS-Staaten ein Vorbild in der Realisierung der Energiewende.<br />
Die Energiewende muss zum zentralen Thema der Politik und Wirtschaft in den nächsten<br />
Jahren werden, um richtig und zeitnah realisiert werden zu können. Es ist wichtig, dass besonders<br />
Peter Altmaier, Bundesumweltminister seit 2012, mehr auf diese Thematik eingeht<br />
und auch Taten vorweist, anstatt Versprechungen zu machen. Des Weiteren muss auch der<br />
Bevölkerung klar gemacht werden, dass es um die Zukunft der Weltwirtschaft und nachfolgender<br />
Generationen geht, und nicht egoistisch gedacht werden darf. Dieser Wandel betrifft<br />
jeden, denn die Ressourcen sind endlich und wir wollen auch in mehreren Jahrzehnten<br />
noch genug und vor allem bezahlbaren Strom haben, der nicht bezahlbar wird, wenn man<br />
sich jetzt nicht schon mit der Energiewende auseinandersetzt. Meiner Meinung nach ist es<br />
ebenfalls wichtig, dass nicht nur auf Bundesebene, sondern auf internationaler Basis nach<br />
Lösungen gesucht wird. Nur so profitieren überall auf der Welt die Menschen und die Natur<br />
von einem Wechsel hin zu erneuerbaren Energien. Für dieses Thema muss sensibilisiert<br />
werden, auch in Nationen, in denen die Energiewende heute noch keine Rolle spielt.<br />
Außerdem darf man die BRICS-Staaten nicht außer Acht lassen, welche sehr im wirtschaftlichen<br />
Aufschwung und bedeutend für eine Revolution der erneuerbaren Energien sind.<br />
Deutschland muss mit ihnen kooperieren und deren Vorteile für sich nutzen, um die<br />
Energiewende im eigenen Land voranzutreiben. Es darf diese Staaten daher nicht als<br />
Konkurrenz ansehen.<br />
75
Für <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen sehe ich als „Solar Valley“ nur eine erfolgreiche und weiter bestehende<br />
Zukunft, wenn sich noch weitere ausländische Firmen ansiedeln, die bereit sind, Geld in erneuerbare<br />
Energien und deren Nutzung zu investieren. Wenn sich keine Investoren oder<br />
neue, meinetwegen auch deutsche Firmen finden, sehe ich schwarz für das „Solar Valley“,<br />
denn günstige Standortfaktoren gibt es auch woanders und es ließe sich sicher auch sehr<br />
preiswert in China, Brasilien oder Afrika produzieren. Der Vorteil liegt aber darin, dass<br />
Deutschland ein weit entwickeltes Land im Gegensatz zu diesen Staaten ist und auch selbst<br />
dabei ist, die Energiewende zu realisieren, als sie nur ausnutzen, um eigenen Profit zu<br />
machen.<br />
In <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen gibt es genug Kompetenz und Forschung und das reizt ausländische<br />
Firmen, genau dort zu investieren. Solange das so bleibt, kann das „Solar Valley“ bestehen<br />
bleiben und das Potenzial erweitert werden, zum Beispiel im Hinblick auf Windenergie oder<br />
ähnliches. Man darf sich nicht zu sehr auf eine Sache spezialisieren, wie das zu DDR-Zeiten<br />
der Fall war, denn das hat sich am Ende weder für den Chemiesektor noch für die <strong>Stadt</strong> ausgezahlt<br />
und die Solarbranche darf nicht verschwinden, sondern muss wachsen.<br />
76
Schlusswort<br />
Am Ende unserer <strong>Projektarbeit</strong> stellt sich uns schließlich die Aufgabe, unsere Arbeit zu<br />
evaluieren. Dabei steht natürlich die Frage im Fokus, welche Vorteile wir durch die Arbeit an<br />
diesem Projekt haben und welche neuen Erkenntnisse wir schließlich gewinnen konnten.<br />
Die Aufzählung der Vorteile beginnt zunächst mit der Möglichkeit, ein Jahr lang kostenlos die<br />
Frankfurter Allgemeine Zeitung zu beziehen, die wir als objektive, hochwertige Zeitung<br />
kennenlernen durften, deren ausführliche Berichterstattung und anregende Kommentare<br />
unseren Unterricht stets mit Praxisbezügen bereicherten.<br />
Dass es den Schülern/innen des <strong>Scheld</strong>-Kurses im Rahmen einer Kursfahrt möglich war, die<br />
<strong>FAZ</strong>-Redaktion in Berlin zu besuchen, war ein besonderes Highlight. In Berlin haben wir auch<br />
die Gedenkstätte im ehemaligen Staatssicherheitsgefängnis Hohenschönhausen besucht und<br />
mit einem ehemaligen politischen Häftling sprechen können, was unser Bewusstsein für die<br />
Vergangenheit der DDR schärfte. Diese Einblicke in die der Repressionsmaßnahmen der Stasi<br />
wurden dann im Laufe der <strong>Projektarbeit</strong> durch Einblicke in Wirtschafts- und Regierungssystem<br />
der DDR erweitert. Das hat auch unser Verständnis für die Menschen in den neuen<br />
Bundesländern nachhaltig verbessert. Unsere Hochachtung gehört den Menschen, die einen<br />
politischen Wandel herbeiführten.<br />
Weiterhin konnten wir verschiedene Kompetenzen trainieren, die uns sowohl beim bevorstehenden<br />
Abitur als auch im späteren Berufsleben von großem Nutzen sein werden. So<br />
konnten wir wertvolle Einblicke in abiturrelevante Themen wie Wirtschaftsmodelle,<br />
Umweltpolitik und Globalisierung erhalten sowie wertvolle Erfahrungen in den Bereichen<br />
Recherche, Teamarbeit, Projektkoordination und der Arbeit eines Redakteurs sammeln.<br />
Dann kommen wir zu den Erkenntnissen, die wir über wirtschaftliche Entwicklungsprozesse<br />
gewonnen haben. Ein zentraler Punkt, der bei uns der Betrachtung <strong>Bitterfeld</strong>s auffiel, ist,<br />
dass wirtschaftlicher Erfolg immer auch an ökologischen Aspekten gemessen werden sollte.<br />
Dabei stehen gerade die großen Industrieländer wie Deutschland in der Verantwortung,<br />
global auf ökologischen Fortschritt hinzuwirken und unsere Erfahrungen an Entwicklungsländer<br />
weiterzugeben und diese zu unterstützen, schon bevor die Auswirkungen von deren<br />
Entwicklungspolitik, über die Zerstörung der eigenen Natur hinaus, das globale Ökosystem<br />
betreffen und somit tatsächlich zu unserem Problem werden würden. Dazu muss die Einsicht<br />
für die Begrenztheit der Ressourcen und Naturschutz global vorangebracht werden.<br />
Aber auch hierzulande darf man sich nicht auf dem bereits Erreichten ausruhen. Auf dem<br />
Weg zum modernen Staat ist eine Harmonisierung der Interessen von Wirtschaft und der<br />
Natur gesetzlich zu forcieren, wie es z. B. durch das „Erneuerbare Energien Gesetz“ geschieht.<br />
So muss auch eine Energiewende, wie sie derzeit in Deutschland angestrebt wird, ökonomisch<br />
genauso sinnvoll gestaltet werden wie ökologisch, um sie nachhaltig durchzusetzen.<br />
Bei einer solchen Beeinflussung durch den Staat ist aber zu beachten, dass Subventionen<br />
77
nicht den Markt schädigen dürfen. So müssen Subventionen für neue Technologien so bemessen<br />
werden, dass sie sich gegenüber den alten Technologien als ökonomisch vorteilhaft<br />
behaupten können, aber nicht in einem Maße, die es deren Produzenten erlaubt, den Markt<br />
neuer Technologien mit Dumpingpreisen zu untergraben und so schließlich die Weiterentwicklung<br />
zu behindern, wie es das Beispiel der chinesischen Solarzellen zeigt.<br />
Außerdem sollte der Staat dort Unterstützung leisten, wo Umweltschäden aus der Vergangenheit<br />
saniert werden können, damit demjenigen, der sie beseitigen will, kein ökonomischer<br />
Nachteil entsteht und er mit seinen ökologischen Bemühungen auf dem Markt<br />
bestehen kann.<br />
Zuletzt sind die Ergebnisse unserer Nachforschungen über <strong>Bitterfeld</strong> im Rahmen des Projekts<br />
zu nennen. Dabei beginnen wir bei den Faktoren, die für die Entwicklung einer Region im<br />
Allgemeinen von Bedeutung sind. Hierbei ist es primär wichtig, die nötigen Standortfaktoren<br />
zu bieten, um für Unternehmen Attraktivität zu schaffen, in einen Standort in der Region zu<br />
investieren, genauso wie für die Ansiedlung junger Menschen attraktiv zu sein, um dem<br />
gerade in den neuen Bundesländern vertretenen Problem des Bevölkerungsschwunds entgegenzuwirken.<br />
Während für die Unternehmen eine gute Infrastruktur, angemessene Gewerbesteuer und<br />
eine gut funktionierende Bürokratie wichtig sind, sind für Anwohner eher das vorhandene<br />
Bildungsnetz, soziale Einrichtungen, niedrige Wohnkosten, ein idyllisches Naturbild und eben<br />
die durch ansässige Unternehmen gegebenen Arbeitsplätze von Relevanz. Hier zeigt sich<br />
bereits der Konflikt, dass die Anwesenheit von Wirtschaft und Industrie mit dem Anspruch<br />
an ein attraktives Landschaftsbild in Einklang gebracht werden muss. Als Beispiel, wie auch<br />
die Wirtschaft von einer attraktiven Umwelt profitieren kann, sei hier der Tourismus genannt.<br />
Alle Bemühungen in diese Richtungen werden allerdings vergeblich sein, wenn Verbesserungen<br />
nicht auch mit dem Aufpolieren des Images einhergehen, weswegen dessen<br />
Relevanz hier auch betont werden soll. Wenn wir das heutige <strong>Bitterfeld</strong> mit dem von<br />
1989/1990 vergleichen, können wir feststellen, dass die Region eine Kehrtwende vollzogen<br />
hat. Die Krater des Braunkohletagebaus sind zu einer gepflegten Seenlandschaft geworden,<br />
die veralteten Kohlekraftwerke sind größtenteils neuen Technologien gewichen, die<br />
maroden, veralteten Chemieanlagen sind einem modernen Chemiepark gewichen und eine<br />
vom Sozialismus durch Zwang aufrechterhaltene Produktionsstätte ist schließlich zu einem<br />
global konkurrenzfähigen Produktions- und Entwicklungsstandort avanciert. Dabei ist auch<br />
der Raubbau von einer nachhaltigen, ökologisch sinnvollen Entwicklung abgelöst worden,<br />
sodass für Mensch und Natur keine Gesundheitsgefährdung mehr ausgeht, sondern, dank<br />
zusätzlicher Bemühungen der Kommune und ihrer charismatischen Oberbürgermeisterin<br />
Petra Wust, ein Erholungsgebiet entstanden ist, in dem Touristen etwas für ihre Gesundheit<br />
tun können. Dadurch ist der Traum einer symbiotischen Koexistenz von Mensch und Natur<br />
verwirklicht und der <strong>Bitterfeld</strong>er Bogen geschaffen und erreicht worden.<br />
78
Quellenverzeichnis<br />
Titelblatt<br />
Früher:<br />
æ http://www.hdg.de/lemo/objekte/pict/NeueHerausforderungen_photoAbwas<br />
sereinleitung/index.jpg<br />
æ http://www.mz-web.de/ks/images/mdsBild/1246046590476l.jpg<br />
æ http://www.schoenerreisen.at/Bildergalerie/data/media/152/goitzsche_alt_3.jpg<br />
æ http://www.lehrfilme.eu/wahl/bilder/chemiekombinat-bitterfeld_kl.jpg<br />
Heute:<br />
æ http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/c/c4/<strong>Bitterfeld</strong>.jpg/<br />
250px-<strong>Bitterfeld</strong>.jpg<br />
æ http://www.bitterfeldonline.de/media/bilder/artikelbilder/visitenkarte/marina_6.jpg<br />
æ http://img.fotocommunity.com/images/Architektur-<br />
Fotografie/Stahlbau/<strong>Bitterfeld</strong>er-Bogen-a24459522.jpg<br />
æ http://www.photovoltaik.eu/fileadmin/uploads/bilder/News/il_headquarter7<br />
2.jpg<br />
Entwicklungsbegriff<br />
æ http://www.students.unimarburg.de/~Nauj/downloads/03.%20Semester/ewp2/ewp-1.pdf<br />
(Stand: 8.10.2012<br />
18:31 Uhr)<br />
æ Nohlen, Dieter / Nuschler, Franz (Hrsg.), Das Handbuch der Dritten Welt, Hamburg<br />
1974<br />
æ Martin Kaiser/Norbert Wagner: Entwicklungspolitik-Grundlagen, Probleme,<br />
Aufgaben; Bonn 1986<br />
79
<strong>Bitterfeld</strong> und die gescheiterte Umweltpolitik<br />
der DDR<br />
a)Die Wirtschaftsregion um <strong>Bitterfeld</strong><br />
æ Quellen:<br />
æ http://de.wikipedia.org/wiki/Chemiekombinat_<strong>Bitterfeld</strong> 20.10.12 13.05Uhr<br />
æ https://www.wuppertal.bayer.de/html/documents/downloads/bitterfeld.pdf<br />
20.10.12 14.45Uhr<br />
æ http://de.wikipedia.org/wiki/Elektrochemisches_Kombinat_<strong>Bitterfeld</strong> 20.10.12<br />
14.49Uhr<br />
æ http://www.deutsches-chemie-museum.de/index.php?id=35 20.10.12 14.51Uhr<br />
æ http://sundoc.bibliothek.uni-halle.de/diss-online/06/06H152/t5.pdf 20.10.12<br />
14.54Uhr<br />
æ http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Markennamen_und_Produkten_in_der_DDR<br />
20.10.12 15.30Uhr<br />
æ http://library.fes.de/fulltext/fo-wirtschaft/00288002.htm 20.10.12 15.37Uhr<br />
æ http://epub.ub.uni-muenchen.de/2197/1/Kahlert_2197.pdf 20.10.12 15.42Uhr<br />
æ http://www.ms-vineta.de/die_goitzsche/ms-vineta_goitzsche_bitterfeld.html<br />
21.10.12 16.58Uhr<br />
æ http://www.wirtschaftslexikon24.com/d/ddr-wirtschaftssystem/ddrwirtschaftssystem.htm<br />
17.10.12 11.59Uhr<br />
æ http://de.wikipedia.org/wiki/DDR#Umweltpolitik 17.10.12 12.00Uhr<br />
æ http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/politiklexikon/17727/kommunismus<br />
17.10.12 12.02Uhr<br />
æ http://www.marxistische-bibliothek.de/unterschied-zwischen-sozialismus-undkommunismus/<br />
17.10.12 12.16Uhr<br />
æ http://www.uni-protokolle.de/foren/viewt/4083,0.html 17.10.12 12.29Uhr<br />
æ Gutmann, G. (Hrsg.), Das Wirtschaftssystem der DDR, Stuttgart, New York 1983.<br />
æ http://de.wikipedia.org/wiki/F%C3%BCnfjahresplan 17.10.12 14.15Uhr<br />
æ http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/UlbrichtWalter/index.html 17.10.12<br />
15.12Uhr<br />
æ http://de.wikipedia.org/wiki/Staatliche_Plankommission 17.10.12 15.44Uhr<br />
æ http://www.bpb.de/geschichte/deutsche-einheit/lange-wege-der-deutscheneinheit/47076/ddr-wirtschaft?p=all<br />
17.10.12 16.32Uhr<br />
æ http://upr.database-lab.de/veranstalt/ss97/wipol/projekt/pro31.htm 17.10.12<br />
16.44Uhr<br />
æ http://www.radio.cz/de/rubrik/geschichte/die-kollektivierung-der-landwirtschafteines-der-schwersten-verbrechen-des-kommunistischen-regimes<br />
(17.10.2012 13.21<br />
80
Uhr)<br />
æ http://www.stiftung-aufarbeitung.de/uploads/pdf/schoene.pdf (17.10.2012 13.28<br />
Uhr)<br />
æ http://www.bpb.de/geschichte/deutsche-einheit/lange-wege-der-deutscheneinheit/47157/landwirtschaft?p=all<br />
(17.10.2012 13.41)<br />
æ http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/handwoerterbuch-politischessystem/40259/ddr-geschichte?p=all<br />
(17.10.2012 14.03)<br />
æ http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/ddr-mit-dem-plan-in-diepleite/1628954.html<br />
(17.10.2012 14.25)<br />
æ http://de.wikipedia.org/wiki/Kosten_der_deutschen_Einheit (17.10.2012 17.00 Uhr)<br />
æ „<strong>Bitterfeld</strong>-Halle-Leipzig - Strukturwandel des Industriegebietes – Textsammlung für<br />
den Unterricht“, Jürgen Koch, Dr. Eckhard Freiwald, TORO-Verlag, Hamburg, 1994<br />
æ http://de.wikipedia.org/wiki/Chemiekombinat_<strong>Bitterfeld</strong> 20.10.12 13.05Uhr<br />
æ https://www.wuppertal.bayer.de/html/documents/downloads/bitterfeld.pdf<br />
20.10.12 14.45Uhr<br />
æ http://de.wikipedia.org/wiki/Elektrochemisches_Kombinat_<strong>Bitterfeld</strong> 20.10.12<br />
14.49Uhr<br />
æ http://www.deutsches-chemie-museum.de/index.php?id=35 20.10.12 14.51Uhr<br />
æ http://sundoc.bibliothek.uni-halle.de/diss-online/06/06H152/t5.pdf 20.10.12<br />
14.54Uhr<br />
æ http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Markennamen_und_Produkten_in_der_DDR<br />
20.10.12 15.30Uhr<br />
æ http://library.fes.de/fulltext/fo-wirtschaft/00288002.htm 20.10.12 15.37Uhr<br />
æ http://epub.ub.uni-muenchen.de/2197/1/Kahlert_2197.pdf 20.10.12 15.42Uhr<br />
æ http://www.ms-vineta.de/die_goitzsche/ms-vineta_goitzsche_bitterfeld.html<br />
21.10.12 16.58Uhr<br />
b) Flugasche<br />
æ Maron, Monika, Flugasche, Frankfurt Main 1989<br />
æ Der Spiegel 32/1995, „Stasi Deckname ‚Mitsu‘“<br />
æ Maron, Monika, Heuchelei und Niedertracht, In: <strong>FAZ</strong> vom 14.Oktober 1995<br />
c) Bitteres aus <strong>Bitterfeld</strong><br />
æ http://www.mdr.de/damals/archiv/artikel95380.html<br />
Letzter Zugriff: 19.10.2012<br />
æ http://www.stiftung-aufarbeitung.de/ddr-geschichte-und-deutsche-teilung-imueberblick-2466.html?PAGE=artikel_detail&artikel_id=1<br />
Letzter Zugriff: 19.10.2012<br />
Bilderquellen:<br />
æ Bilder aus dem Film „Das war Bitteres aus <strong>Bitterfeld</strong>“ der Bundesstiftung zur<br />
Aufarbeitung der SED-Diktatur von Rainer Hällfritzsch, Ulrike Hemberger und Margit<br />
81
Miosga „Bitteres aus <strong>Bitterfeld</strong>“ 2009<br />
d) Bestandsaufnahme der DDR<br />
æ "Chemie und Braunkohle prägten Jahrzehnte das Land", in: Sonderbeilage zur<br />
Leipziger Buchmesse 2005<br />
æ "Raubbau nach Plan", in: Die Zeit Nr. 47 vom 17. Oktober 1989<br />
æ "Gefährliche Stoffe", in: Die Zeit Nr. 47 vom 17. Oktober 1989<br />
æ "Eine bittere Gegend soll lebenswert werden", in: Freiheit- Sozialistische Tageszeitung<br />
für den Bezirk Halle vom 29. Dezember 1989<br />
æ "Die Umwelt schlägt Brutal zurück", in: Die Welt Nr. 114 vom 17. Mai 1990<br />
æ "Das neue Gift der lähmenden Angst", in: Süddeutsche Zeitung Nr. 180 vom 7. August<br />
1990<br />
Pläne für eine bessere Zukunft<br />
æ Hille, Josef, Ralf Rucke, Roland W. Scholz U. Fred Walkow (Hg.): <strong>Bitterfeld</strong>.<br />
Modellhafte ökologische Bestandsaufnahme einer kontaminierten<br />
lndustrieregion - Beiträge der 1. <strong>Bitterfeld</strong>er Umweltkonferenz. Reihe:<br />
Schadstoffe und Umwelt, Band 10. Berlin 1992.<br />
Erste Veränderungen 1993-2000<br />
Bildquellen:<br />
æ Artikel „Schon weniger Schmutz in Luft und Wasser von <strong>Bitterfeld</strong>“ , <strong>FAZ</strong> vom 6.4.1993<br />
Textquellen:<br />
æ Artikel „Die Chemie stimmt“ von Heinrich Thies - Zeit-Online am 2.7.2007<br />
http://www.zeit.de/2007/27/LS_<strong>Bitterfeld</strong> Zugriff: 15.10.2012<br />
æ Artikel „Rudern für <strong>Bitterfeld</strong>“ von Klaus-Peter Schmidt - Zeit-Online am 23.3.2006<br />
http://www.zeit.de/2006/13/<strong>Bitterfeld</strong> Zugriff: 15.10.2012<br />
æ Artikel „<strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen – einer der ältesten komplexen Chemiestandorte in Europa“<br />
http://www.cp-news.de/wirtschaftsstandort/geschichte.html Zugriff: 17.10.2012<br />
æ Grafik: Stoffverbund http://www.chemiepark.de/index.php?cid=115<br />
Der Wandel von <strong>Bitterfeld</strong> am Film Go Trabi Go<br />
æ http://www.imdb.com/title/tt0101960/<br />
æ http://www.imdb.com/title/tt0104349/<br />
82
æ http://www.moviejones.de/filme-3964/go-trabi-go/go-trabi-go.html<br />
æ http://www.moviejones.de/filme-3965/go-trabi-go/go-trabi-go-2-das-war-der-wildeosten.html<br />
(Letzter Zugriff 17.10.2012 um 23:34)<br />
Bildquellen:<br />
æ http://upload.wikimedia.org/wikipedia/en/2/26/Go_Trabi_Go_VHS_cover.jpg<br />
æ http://www.nox.to/static/covers/0-5191.jpg<br />
æ http://www.filmtube.eu/files/photos/6ea3f1874b18855L.jpg<br />
æ Screenshots aus den Filmen „Go Trabi Go I+II“<br />
(Letzter Zugriff: 18.10.2012 um 21:17)<br />
Tourismus in <strong>Bitterfeld</strong><br />
Bildquellen:<br />
Viele Bilder wurde uns von Kursleiter Eckhard <strong>Scheld</strong> zur Verfügung gestellt, die er während<br />
einer Reise nach <strong>Bitterfeld</strong> zusammen mit Markus <strong>Quint</strong> in der Zeit vom 14. und 15.<br />
September 2012 aufgenommen hat.<br />
Auch die <strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen hat uns Bilder von der <strong>Stadt</strong>, der Oberbürgermeisterin, dem<br />
<strong>Bitterfeld</strong>er Bogen und auch das Logo der <strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen freundlicherweise zur Verfügung<br />
gestellt.<br />
æ Bild 1: http://www.mz-web.de/ks/images/mdsBild/1237373675643l.jpg<br />
æ Bild 2: http://www.yachtclub-bitterfeld.de/bilder/see/2007_goitzsche-see-1.jpg<br />
æ Bild 3: http://www.mdm-online.de/fileadmin/_locationguide/bv23/i23195.jpg<br />
æ Bild 4: http://www.familieplusunternehmen.de/typo3temp/pics/e79ab033af.jpg<br />
Interviews<br />
Telefoninterview über Skype mit Oberbürgermeisterin Petra Wust vom 14.10.12<br />
Telefonat mit Frau Voigt, <strong>Stadt</strong>verwaltung <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen vom 22.10.12<br />
æ Flyer der <strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen:<br />
æ „Wasserwelt“, Informationsflyer<br />
æ „<strong>Bitterfeld</strong>er Bernstein“ Informationsflyer<br />
æ „Landschaftspark Goitzsche“ Werbeflyer<br />
æ „<strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen Zahlen, Daten, Fakten“ Informationsflyer<br />
æ „<strong>Bitterfeld</strong>- Wolfen. Ein Kurzporträt“ Werbeflyer<br />
æ „5 Jahre <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen“ Informationsbroschüre<br />
æ „<strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen“ Informationsbroschüre<br />
æ http://www.bitterfeld-wolfen.de/ Letzter Zugriff: 18.10.2012<br />
83
æ http://www.goitzsche.eu/ Letzter Zugriff: 18.10.2012<br />
æ http://www.bitterfeld-online.de/ Letzter Zugriff: 18.10.2012<br />
æ http://de.wikipedia.org/wiki/<strong>Bitterfeld</strong> Letzter Zugriff: 18.10.2012<br />
æ http://de.wikipedia/wiki/Goitzsche Letzter Zugriff: 18.10.2012<br />
æ „Schon weniger Schmutz in Luft und Wasser von <strong>Bitterfeld</strong>“ , <strong>FAZ</strong> vom 6.4.93<br />
84
Region <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen<br />
a) <strong>Bitterfeld</strong>er Bogen<br />
æ Monika, Maron, <strong>Bitterfeld</strong>er Bogen, Frankfurt/Main 2009<br />
b) Aktuelle Situation in der Region <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen<br />
æ http://www.seen.de/seebi/seedetails/Goitzsche.html<br />
æ http://www.anhalt-bitterfeld.de/de/tourismus-kultur.html<br />
æ http://www.chemiepark.de/index.php?cid=102<br />
Standortentwicklung in der Region <strong>Bitterfeld</strong>-<br />
Wolfen<br />
a) Standortfaktoren<br />
æ http://www.solarvalley.org/projekte<br />
æ http://de.wikipedia.org/wiki/Solar_Valley<br />
æ http://www.bitterfeld-wolfen.de/de/wisl_scms/_redaktionell/46/Der_Standort_location_.html<br />
æ -http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Standardartikel/BODL/soliII.html?nn=790654<br />
æ http://www.focus.de/fotos/nach-zahlreichen-pleiten-im-solar-valley-in-bitterfeldwolfen-hat-es_mid_1078219.html&docid=Le26NZ5kLucmWM&imgurl<br />
æ http://www.solarvalley.org<br />
æ http://www.q-cells.com<br />
b) Ansiedlung der Solarindustrie<br />
1) Regionale Solarfirmen<br />
æ http://www.solarworld.de/konzern/globale-staerke/standorte-weltweit/<br />
æ http://www.q-cells.com/unternehmen.html<br />
æ http://www.sovello.com/unternehmen/historie/<br />
æ http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/q-cells-will-insolvenz-beantragen-a-<br />
825284.html<br />
æ http://www.itwissen.info/definition/lexikon/Wafer-wafer.html<br />
85
2) Entwicklung (1990-2000)<br />
æ http://www.redserve.at/index.php?aid=328<br />
æ http://www.iwconsult.de/imperia/md/images/iwconsult/pdf/download/studien/end<br />
bericht_ anhalt-bitterfeld-wittenberg.pdf<br />
æ https://www.wuppertal.bayer.de/html/documents/downloads/bitterfeld.pdf<br />
æ http://www.news.de/politik/855049661/von-der-dreckschleuder-zum-sonnental/1/<br />
æ http://www.anhalt-bitterfeld.de/de/tourismus-kultur.html<br />
Wege in die Krise<br />
a) Globalisierung<br />
æ http://www.deraktionaer.de/aktien-deutschland/solarworld-kaempft--expansionnach-england-18763039.htm<br />
æ http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/q-cells-will-insolvenz-beantragen-a-<br />
825284.html<br />
æ http://www.produktion.de/clean-tech/solarbranche-befuerchtet-insolvenzwelle/<br />
æ http://germany.pv.tv/Firmenverzeichnis/111-Keine-Auswahl/Globalisierung-wichtigf%C3%BCr-deutsche-Hersteller-in-der-Photovolta<br />
1) Globale Faktoren (Dumpingpolitik Chinas)<br />
æ http://www.welt.de/wirtschaft/energie/article108702066/Deutschen-Solarfirmendroht-Handelskrieg-mit-China.html<br />
æ http://www.ftd.de/politik/international/:anti-dumping-klage-eu-geht-gegen-chinassolarbranche-vor/70086650.html<br />
æ http://www.stern.de/politik/ausland/billigkonkurrenz-eu-leitet-antidumpingverfahren-gegen-chinas-solarbranche-ein-1890442.html<br />
Symbiose von Ökologie und Ökonomie<br />
a) Ökologische Beeinflussung der Wirtschaft<br />
æ http://greenbuilding-planning.schieleschoen.de/a16627/Symbiose_von_Oekologie_Oekonomie_und_Architektur_Autark_<br />
arbeitende_Energiezentrale_fuer_den_Bonner_Bogen.html<br />
æ http://www.iwr.de/klima/ausstoss_welt.html<br />
æ http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%96kologische_%C3%96konomie<br />
æ http://www.wirtschaftundschule.de/unterrichtsmaterialien/staatwirtschaftspolitik/unterrichtsentwuerfe/spannungsverhaeltnis-oekologieoekonomie/<br />
æ http://co2-tipps.blogspot.de/2011/03/globale-erwaermung-die-folgen.html<br />
86
1) Knappheit der Ressourcen (Globale Auswirkung)<br />
æ http://www.sueddeutsche.de/thema/Ressourcenknappheit<br />
æ http://www.greengear.de/notwendigkeit-oelknappheit/<br />
æ http://www.zeit.de/2012/01/Oekologie-Ressourcen<br />
æ http://www.swpberlin.org/fileadmin/contents/products/studien/2011_S05_mdn_ks.pdf<br />
Zukunftsperspektiven<br />
a) Energiewende in Deutschland<br />
æ http://de.wikipedia.org/wiki/Energiewende<br />
æ http://www.bmwi.de/Dateien/BMWi/PDF/energiewende-indeutschland,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf<br />
æ http://www.google.de/#q=energiewende+in+deutschland&hl=de&prmd=imvnsu&so<br />
urce=<br />
univ&tbm=nws&tbo=u&sa=X&ei=DCuFUJzkM8n0sgb0hIGYAw&ved=0CEUQqAI&bav=<br />
on.2,or.r_gc.r_pw.r_qf.&fp=463a72f188e57c58&bpcl=35466521&biw=1024&bih=60<br />
1<br />
æ http://www.wiwo.de/themen/Energiewende<br />
æ http://www.stern.de/wirtschaft/news/serie-zur-energiewende-deutschland-steigtum-1713697.html<br />
1) Erneuerbare Energiengesetz<br />
æ http://www.erneuerbareenergien.de/erneuerbare_energien/gesetze/eeg/doc/47585.php<br />
æ http://www.eeg-aktuell.de/das-eeg/<br />
æ http://www.bmu.de/energiewende_aktuell/content/48530.php<br />
2) Auswirkung auf Solarindustrie<br />
æ http://www.handelsblatt.com/finanzen/recht-steuern/steuern/gekuerztefoerderung-warum-sich-die-photovoltaikanlage-trotzdem-lohnt/6798912.html<br />
æ http://www.foerderung-photovoltaik.eu/<br />
æ http://www.solaranlagen-portal.de/photovoltaik/photovoltaik-foerderung.html<br />
æ http://www.solarportal24.de/nachrichten_49596_solarbranche_befuerchtet_insolve<br />
nzwelle _und_den_verlust_zehnt.html<br />
87
Dokumente im Anhang:<br />
Auszüge aus: Nikita Sergejewitsch Chruschtschow in Halle und <strong>Bitterfeld</strong>, hrsg. vom Zentralkomitee<br />
der SED; Halle 1958;<br />
Aus dem <strong>Bitterfeld</strong>er <strong>Stadt</strong>archiv: Archivalie des Monats Juli 2012 /Das Explosionsunglück<br />
vom 11.Juli 1968<br />
Wahrzeichen für die Region <strong>Bitterfeld</strong>. In: Mitteldeutsche Zeitung vom 5.8.2006<br />
Schreiben der Oberbürgermeisterin Petra Wust vom 20.10.12<br />
88
Auszug aus der Rede von Nikita Sergejewitsch<br />
Chruschtschow, in „CHRUSCHTSCHOW IN HALLE<br />
UND BITTERFELD“, Seite 8:<br />
„[…]Doch diese Stärke besteht nur in seiner Einbildung. Wir erkennen keine Stärke an, das<br />
Recht der Völker, ihr Leben so zu gestalten, wie sie es wollen. Wer Werte schafft, wer<br />
arbeitet, soll auch über die Früchte seiner Arbeit verfügen.[…]“<br />
Rede von Nikita Sergejewitsch Chruschtschow aus „CHRUSCHTSCHOW IN HALLE UND<br />
BITTERFELD“, Halle 1958, Seite 8:<br />
„[…]Wenn man einem Blinden, der niemals die Sonne gesehen hat, vom Sonnenschein<br />
erzählt, wird er das trotzdem nicht begreifen und sagen, es gäbe kein Sonnenlicht. So wollen<br />
auch die Diener des Kapitals nicht anerkennen, daß der Sozialismus den Kapitalismus ablöst.<br />
Sie weigern sich hartnäckig, dies einzugestehen. Doch fällt es ihnen immer schwerer, die<br />
Leistungen des Sozialismus in Abrede zu stellen: die sozialistischen Länder entwickeln ihre<br />
Wirtschaft mit jedem Tag immer weiter.[..]“<br />
Rede von CHRUSCHTSCHOW aus „CHRUSCHTSCHOW IN HALLE UND BITTERFELD“, verfasst<br />
von Nikita Sergejewitsch, Seite 9:<br />
„[…]<br />
Es lebe die Arbeiterklasse Deutschlands!<br />
Es lebe das werktätige Volk Deutschlands!<br />
Es lebe die Freundschaft zwischen den Völkern der Sowjetunion und dem deutschen Volk!<br />
Es lebe der Frieden in der ganzen Welt!<br />
Ich wünsche Ihnen Erfolg, teure Freunde!<br />
(Stürmischer, lang anhaltender Beifall – Ovationen, Freundschaftsrufe, Hurrarufe.)“<br />
90