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FAZ Projektarbeit LK Scheld, Quint 27.10.2012.docx - Stadt Bitterfeld ...

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Beitrag der Q3 Leistungskurse Politik und<br />

Wirtschaft <strong>Scheld</strong>/<strong>Quint</strong> der<br />

Wilhelm-von-Oranien-Schule in Dillenburg<br />

zum Thema: Entwicklungsland Deutschland?!<br />

Jugend liest 2012 - Leseförderprojekt der Frankfurter Allgemeinen<br />

Zeitung in Kooperation mit der Stiftung Lesen


Inhalt<br />

Vorwort ...............................................................................................4<br />

Der Entwicklungsbegriff .......................................................................6<br />

Die Entwicklungen in <strong>Bitterfeld</strong> von 1945 bis 1993 .............................8<br />

Das Wirtschaftssystem der „Deutschen Demokratischen Republik“ .................................... 9<br />

Theoretisches Konzept .................................................................................................... 9<br />

Umsetzung des Sozialismus in der DDR ......................................................................... 12<br />

Die Bedeutung der Wirtschaftsregion um <strong>Bitterfeld</strong> für die Wirtschaft der DDR ............... 16<br />

Frühe Warnungen vor ökologischen Schäden im Roman „Flugasche“ ............................... 19<br />

Biografie von Monika Maron ......................................................................................... 19<br />

Inhaltsangabe des Romans Flugasche ............................................................................ 20<br />

Monika Maron und die Stasi.......................................................................................... 22<br />

Nachwort ...................................................................................................................... 23<br />

Das war Bitteres aus <strong>Bitterfeld</strong>.......................................................................................... 24<br />

Entstehung einer Idee ................................................................................................... 24<br />

Inhalt............................................................................................................................. 25<br />

Bestandsaufnahme der DDR und <strong>Bitterfeld</strong>s um 1989 ...................................................... 28<br />

Pläne für eine bessere Zukunft.......................................................................................... 32<br />

<strong>Bitterfeld</strong> 2000 .............................................................................................................. 32<br />

Erste Veränderungen ab 1993........................................................................................... 34<br />

Der Wandel von <strong>Bitterfeld</strong> Betrachtung am Beispiel der Filme „Go Trabi Go I+II“ ............. 37<br />

Go Trabi Go Teil 1 (Die Sachsen kommen) ..................................................................... 37<br />

Inhalt............................................................................................................................. 37<br />

Go Trabi Go Teil 2 (Das war der wilde Osten) .................................................................... 38<br />

Inhalt............................................................................................................................. 38<br />

„Go Trabi Go I+II“: <strong>Bitterfeld</strong> etwas anders betrachtet .................................................. 39<br />

Fazit .............................................................................................................................. 42<br />

Tourismus in <strong>Bitterfeld</strong> ..................................................................................................... 43<br />

2


Genese der Region <strong>Bitterfeld</strong> .............................................................47<br />

Der „<strong>Bitterfeld</strong>er Bogen“ ................................................................................................... 48<br />

Aktuelle Situation in der Region <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen ........................................................... 51<br />

Interview mit Oberbürgermeisterin Petra Wust ................................................................ 54<br />

Standortentwicklung in der Region <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen ....................................................... 57<br />

Standortfaktoren ........................................................................................................... 57<br />

Regionale Solarfirmen ................................................................................................... 58<br />

Entwicklung (1990-2000) ............................................................................................... 59<br />

Wege in die Krise .............................................................................................................. 62<br />

Globalisierung ............................................................................................................... 62<br />

Globale Faktoren ........................................................................................................... 63<br />

Fazit .............................................................................................................................. 64<br />

Symbiose von Ökologie und Ökonomie ............................................................................. 65<br />

Ökologische Beeinflussung der Wirtschaft..................................................................... 65<br />

Knappheit der Ressourcen(Globale Auswirkung) ........................................................... 67<br />

Zukunftsperspektiven ....................................................................................................... 69<br />

Die Energiewende in Deutschland ................................................................................. 69<br />

Das Erneuerbare Energien Gesetz ................................................................................. 71<br />

Fazit zum EEG ................................................................................................................ 72<br />

Auswirkung auf die Solarindustrie ................................................................................. 72<br />

Bezug <strong>Bitterfeld</strong>............................................................................................................. 74<br />

Schlusswort .......................................................................................77<br />

Quellenverzeichnis ............................................................................79<br />

Dokumente ........................................................................................89<br />

3


Vorwort<br />

Anfang 2012 erhielten wir die Zusage, am Leseförderprojekt „Jugend liest 2012“ der Frankfurter<br />

Allgemeinen Zeitung in Kooperation mit der Stiftung Lesen zum Thema „Entwicklungsland<br />

Deutschland?!“ teilnehmen zu dürfen. Nun waren wir also eine von hundert Klassen in<br />

ganz Deutschland, die im Rahmen dieses Projektes ein Jahr lang jeden Tag die <strong>FAZ</strong> kostenlos<br />

nach Hause geliefert bekamen.<br />

Vor der eigentlichen Arbeit stand natürlich eine Aufgabenstellung.<br />

Wir überlegten lange: „Deutschland ein Entwicklungsland?! – Wie soll das aussehen, gibt es<br />

so etwas überhaupt?“ Wir stellten uns die Frage, ob wir eine fiktive Situation, in der aus dem<br />

hoch entwickelten Deutschland plötzlich ein Entwicklungsland wird, kreieren sollten. Ob wir<br />

ein Deutschland, in dem Zustände wie beispielsweise in Syrien, Libyen oder Somalia an der<br />

Tagesordnung sind, mit Gewalt, Armut und politischer Ohnmacht, darstellen sollten.<br />

Doch dann fiel die Wahl auf einen besonderen Ort in Deutschland, der im Laufe seiner<br />

Geschichte sehr spannende und einzigartige Entwicklungen durchlebt hat: <strong>Bitterfeld</strong>, die<br />

ehemals schmutzigste <strong>Stadt</strong> Europas und heute ein beliebter Wirtschafts- & Tourismusstandort;<br />

ein Paradebeispiel, wie aus einer vom Sozialismus völlig heruntergewirtschafteten<br />

und ökologisch kurz vor dem Kollaps stehenden Region doch noch eine „blühende Landschaft“<br />

wurde, die sich im internationalen Wettbewerb mit Städten wie Singapur behaupten<br />

kann; eine <strong>Stadt</strong>, in der schon seit langem die erneuerbaren Energien eine derartig wichtige<br />

Rolle spielen wie in kaum einer anderen Region in Deutschland.<br />

Sinnbild für diesen Wandel ist der <strong>Bitterfeld</strong>er Bogen, das Wahrzeichen und offizielle Logo<br />

der <strong>Stadt</strong>, der <strong>Bitterfeld</strong> eine neue Identität und Perspektive gibt.<br />

Nach dem Studium zahlreicher Filme, die sich mit der <strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong> und der Region darum<br />

beschäftigen, sowie umfangreicher Literatur, die die Umstände, unter denen die Menschen<br />

in <strong>Bitterfeld</strong> vor nicht allzu langer Zeit zu leben hatten, deutlich machte, war uns schnell klar,<br />

<strong>Bitterfeld</strong> zum Thema unseres Beitrages zum Projekt zu machen.<br />

Ein Flyer des 4. <strong>Bitterfeld</strong>er Kirchenkreisfestes vom 16.9.12 brachte es auf den Nenner:<br />

„<strong>Bitterfeld</strong> wurde gewählt, weil der Ort mit seiner Geschichte und Gegenwart gleichermaßen<br />

vom Raubbau an der Natur und ihrem Wiederaufbau erzählt. Es ist die <strong>Stadt</strong>, in der viele<br />

nach 1989 über Nacht arbeitslos wurden und der Ort, an dem aus dem Nichts heraus neue<br />

Landschaften entstanden sind."<br />

Die Politik & Wirtschaft-Leistungskurse von Eckhard <strong>Scheld</strong> und Markus <strong>Quint</strong> der Wilhelmvon-Oranien-Schule,<br />

die gemeinsam das Projektteam bilden, entschlossen sich gemeinsam,<br />

eine Unterteilung des Beitrags in zwei Teile vorzunehmen. So befasst sich der erste Teil vorwiegend<br />

mit den Entwicklungen in <strong>Bitterfeld</strong> von 1945 bis kurz nach der Wiedervereinigung<br />

und gibt erste Ausblicke auf die weiteren Entwicklungen. Der zweite Teil konzentriert sich<br />

auf die Zeit danach, nimmt aber auch Bezug auf den ersten Teil.<br />

4


Wir möchten uns an dieser Stelle ganz herzlich bei der <strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen, insbesondere<br />

der Oberbürgermeisterin Petra Wust für ihre Unterstützung, die sie uns bei diesem Projekt<br />

entgegengebracht hat, bedanken. Es ist nicht selbstverständlich, dass sich die Oberbürgermeisterin<br />

einer <strong>Stadt</strong> derartig viel Zeit für die Fragen und Anliegen einer Gruppe angehender<br />

Abiturienten nimmt. Ohne das Interview mit Frau Wust wären uns viele Dinge nicht so klar<br />

und verständlich geworden.<br />

Vielen Dank auch dafür, dass uns durch die Pressereferentin der <strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen<br />

Katrin Kuhnt kurzfristig gestattet wurde, Bilder von <strong>Bitterfeld</strong> und das Wappen der <strong>Stadt</strong><br />

<strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen für unsere <strong>Projektarbeit</strong> benutzen zu dürfen und an Marion Schöne vom<br />

Amt für Kultur und Tourismus, die uns kurzfristig mit Informationsmaterial versorgte.<br />

5


Der Entwicklungsbegriff<br />

Bevor wir über das „Entwicklungsland Deutschland“ sprechen, sollte erst einmal der Entwicklungsbegriff<br />

und der Begriff Entwicklungsland näher definiert werden. Diese<br />

Definitionen sind sehr umfangreich. Es gibt viele, teils sehr unterschiedliche Entwicklungstheorien<br />

& -begriffe.<br />

Das „Handbuch der Dritten Welt“ (Hrsg.: Nohlen/Nuschler) unterteilt allein die ökonomischen<br />

Entwicklungstheorien in zwei große Gruppen: die Theorie des sozioökonomischen,<br />

technologischen & regionalen Dualismus sowie die Strategietheorien.<br />

Die Theorie des Dualismus geht von einer Heterogenität der Wirtschafts- und Sozialstrukturen<br />

aus. Danach existiert ein Nebeneinander von einem traditionellen und statischen<br />

Selbstständigensektor mit arbeitsintensiver Technik und eines kapitalintensiven, meist exportorientierten<br />

und dynamisch modernen Sektors. Weiter gibt es einen regionalen Dualismus<br />

zwischen den industrialisierten Zentren und dem abgeschnittenen Hinterland, der zugleich<br />

einen sozialen Dualismus begründet.<br />

Die Strategietheorien beschreiben unterschiedliche (ökonomische) Wachstumsstrategien. So<br />

wird dort vor ungleichmäßigem Wachstum gewarnt. Dieser Warnung schließt sich die<br />

Empfehlung nach punktueller Förderung zur Erzielung von positiven Multiplikatoreffekten /<br />

Effekten produktionstechnischer wie einkommens- und nachfrageorientierter Art an. Weiter<br />

werden sogenannte Entwicklungspole beschrieben. Diese begründen sich auf einer<br />

regionalen Konzentration der Investitionen. Daraus ergeben sich Wachstumseffekte. Es<br />

kommt zu einer Gegenüberstellung von angenommenen positiven Expansionseffekten und<br />

negativen Entzugseffekten, die zur weiteren Verarmung der armen Regionen führen. Eine<br />

dritte Wachstumsstrategie beschreibt das gleichgewichtige Wachstum. Es wird davon ausgegangen,<br />

dass zum Ausbruch aus dem „Teufelskreis der Armut“ (niedriges Einkommen =><br />

geringe Sparfähigkeit => Kapitalmangel => geringe Arbeitsproduktivität => niedriges Einkommen)<br />

ein Bündel ergänzender Investitionen in allen Sektoren notwendig ist.<br />

Natürlich finden sich noch eine Reihe weiterer Entwicklungstheorien, die auch den Begriff<br />

„Entwicklungsland“ näher definieren. Bei der Betrachtung des Falles <strong>Bitterfeld</strong> spielen diese<br />

jedoch keine große Rolle, da man hier nicht nur die ökonomische, sondern auch die ökologische<br />

& gesellschaftliche Entwicklung betrachten sollte.<br />

Auch der Entwicklungsbegriff an sich verlangt nach einer Definition. Auch hier haben Nohlen<br />

und Nuscheler ein Modell entwickelt. Das „magische Fünfeck der Entwicklung“ fasst die<br />

Definition verschiedener Autoren zusammen und beinhaltet die Grundziele, die in der Entwicklungspolitik<br />

gelten sollten. Diese Ziele sind Wachstum, Gleichheit, Arbeit, Partizipation<br />

und wirtschaftliche Unabhängigkeit. Die einzelnen Ziele werden im Folgenden ausführlicher<br />

erläutert.<br />

6


Wachstum ist als angemessenes und stetiges Wirtschaftswachstum zu verstehen. Hier<br />

kommt es vor allem darauf an, dass die Wirtschaft nicht zu schnell wächst, da sonst leicht<br />

eine Überproduktion und daraus entstehend eine Rezession resultieren kann.<br />

Außerdem muss auf eine gerechte Lohnverteilung geachtet werden, da sonst Wachstum<br />

keinen Einfluss auf den Lebensstandard in der betroffenen Region hat.<br />

Gleichheit bedeutet die Teilhabe der ganzen Bevölkerung am Wachstum, beinhaltet also<br />

auch die gerechte Einkommensverteilung. Zudem sind hier einige andere Aspekte enthalten,<br />

die für <strong>Bitterfeld</strong> aber keine große Rolle spielen, z. B. die Gleichberechtigung der Frau und<br />

eine gerechte Verteilung im räumlichen Sinne.<br />

Ein weiteres Ziel ist die Überwindung von Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung. In der<br />

Arbeit liegt neben dem wichtigen Effekt auf die Wirtschaft auch ein psychologischer Effekt<br />

vor, da hier eine Entwicklung aus eigener Kraft vorliegt und somit die Arbeitsmoral und das<br />

Selbstwertgefühl enorm gesteigert werden. Dieser Aspekt trifft auch auf <strong>Bitterfeld</strong> zu, da<br />

hier die Arbeitslosigkeit aufgrund des Zusammenbruchs der Wirtschaft in der DDR nach der<br />

Wende stark anstieg und massive Subventionen nötig wurden, um die Arbeitslosenrate<br />

gering zu halten.<br />

Die Aspekte der Partizipation und der wirtschaftlichen Unabhängigkeit spielen in der Betrachtung<br />

des Falls <strong>Bitterfeld</strong> eine untergeordnete Rolle, weswegen hierauf nicht genauer<br />

eingegangen wird.<br />

Mit dieser Mehrdimensionalität des Entwicklungsbegriffs entstehen Probleme, sogenannte<br />

Zielkonflikte. Es können nicht alle Ziele im gleichen Maße erreicht werden, somit müssen<br />

Prioritäten gesetzt werden. Außerdem kann es sein, dass ein Ziel Voraussetzung eines<br />

anderen Ziels ist. So ist die Voraussetzung für ein angemessenes Wirtschaftswachstum eine<br />

niedrige Arbeitslosigkeit.<br />

7


Die Entwicklungen in <strong>Bitterfeld</strong><br />

von 1945 bis 1993<br />

http://www.mz-web.de/ks/images/mdsBild/1237373675647l.jpg<br />

8


Das Wirtschaftssystem der<br />

„Deutschen Demokratischen Republik“<br />

Der nachfolgende Abschnitt befasst sich mit dem Wirtschaftssystem der DDR im Allgemeinen.<br />

Dabei ist zuerst zu beachten, dass die DDR kein kommunistisches, wie häufig angenommen,<br />

sondern ein sozialistisches Wirtschaftssystem besaß. Ebenso war sie kein<br />

kommunistischer, sondern ein sozialistischer Staat.<br />

Der Sozialismus ist nämlich nach der Lehre von<br />

Marx und Engels nur eine Vorstufe des<br />

Kommunismus, in welchem jeder Bürger, die<br />

von ihm benötigten Güter erhält und die<br />

weniger leistungsfähigen von der Gemeinschaft<br />

unterstützt werden. Im Kommunismus gibt es<br />

weder Geld, noch eine übergeordnete Führung,<br />

da alle Macht vom Volk ausgehen soll.<br />

Im Sozialismus ist Geld und eine politische<br />

Führung somit durchaus vorhanden und er beschäftigt<br />

sich mit der Frage, wie die im<br />

Kommunismus beinhaltete Versorgung aller,<br />

bewerkstelligt werden kann. Dieses Versorgungsproblem<br />

finden wir auch 1945 in der<br />

Sowjetischen Besatzungszone, der späteren<br />

Deutschen Demokratischen Republik, wieder,<br />

in der die Wirtschaft zum einen durch die<br />

Zukunftssicher?<br />

Quelle: http://www.deramateur.de/blog/wpcontent/50jahre_ddr3.jpg<br />

Theoretisches Konzept<br />

kriegsbedingten Verwüstungen sowie durch<br />

die Reparationen an die Sowjetunion weitgehend<br />

brach lag.<br />

Das Wirtschaftssystem der Deutschen Demokratischen Republik war eine staatssozialistische<br />

Zentralverwaltungswirtschaft nach dem Vorbild des sowjetischen Wirtschaftssystems. Die<br />

Einführung erfolgte schon 1945 in der damaligen Besatzungszone der Sowjetunion mit dem<br />

Ziel, eine sozialistische Planwirtschaft nach den marxistisch-leninistischen Lehren zu errichten.<br />

Die Maßnahmen zur Einführung und Planung der Wirtschaft erfolgten zu Beginn in einem<br />

Zweijahresplan, 1949 bis 1950 sowie in den darauffolgenden Fünfjahrplänen, die, wie der<br />

Name schon sagt, für fünf Jahre gültig waren. Diese wurden von der Staatlichen Plankommission<br />

aufgestellt und enthielten Zuteilungen von Geld und Ressourcen und die Vor-<br />

9


gaben für die zu erreichenden Produktionen und Dienstleistungen, die nicht auf Nachfrage,<br />

sondern auf Mengenvorgaben basierten. Des Weiteren wurden in diesen Plänen auch Investitionen,<br />

Preise und Löhne festgelegt, was zu einer günstigen Verteilung der Ressourcen<br />

unter der Bevölkerung führen<br />

sollte.<br />

Die gesamte Wirtschaft war also<br />

an die Fünfjahrpläne gebunden<br />

und unterstand somit der<br />

politischen Führung. Genauso wie<br />

der Staatsapparat in der DDR<br />

hierarchisch aufgebaut war,<br />

basierte auch der Wirtschaftsapparat<br />

auf einer Hierarchie. Zu<br />

diesem Wirtschaftsapparat gehörten<br />

neben elf Industrieministerien<br />

wie die Ministerien für<br />

Bauwesen, Schwerindustrie und<br />

das Ministerium für Erzbergbau,<br />

Metallurgie und Kali, auch die<br />

Ministerien für Wissenschaft und<br />

Technik, Finanzen, das Amt für<br />

Preise und weitere, welche gemeinsam<br />

für die wirtschaftliche<br />

Entwicklung und die gesamtwirtschaftliche<br />

Situation zuständig<br />

waren und Teilpläne aus-<br />

Ein Dokument über die Bereitstellung von Baukapazitäten für<br />

Grenzsicherungsmaßnahmen für VEB Bergmann-Borsig<br />

Quelle: http://www.bundesarchiv.de<br />

/imperia/md/images/abteilungen/<br />

abtddr/galeriemauerbau/<br />

24_501x0_0_61._de_1_-_61508.png<br />

arbeiteten. Diese aus den Teilplänen<br />

resultierenden Planauflagen wurden<br />

an die untergeordneten Kombinate<br />

und die örtlichen Organe weitergeleitet,<br />

die diese wiederum an die<br />

Betriebe weiterreichten. Die Be-<br />

triebe erarbeiteten auf dieser Basis nun Planentwürfe und schlossen Vorverträge mit<br />

anderen Betrieben bezüglich benötigter Leistungen und Ressourcen ab. Die Entwürfe<br />

wurden in der Hierarchie nun wieder nach oben durchgereicht und von den jeweils übergeordneten<br />

Organen kontrolliert und zusammengefasst. Die aus diesem Vorgang<br />

resultierenden Teilpläne wurden nun von der Staatlichen Plankommission zu einem Volkswirtschaftsplan<br />

gebündelt und von der Volkskammer als Gesetz beschlossen.<br />

10


Ein Volkswirtschaftsplan erstreckte sich nicht nur über alle Bereiche der Wirtschaft, sondern<br />

auch auf Bildung, das Gesundheitswesen, Sport und Kultur. Der wichtigste Wirtschaftsbereich<br />

der DDR war die Industrie, im Besondern die Schwerindustrie. Der Anteil der<br />

Industrie an der Wirtschaft war fast zehnmal höher als der der Agrarindustrie. In der Planung<br />

der Wirtschaft hatte die Produktion von industriellen Gütern Vorrang vor der Produktion von<br />

Konsumgütern.<br />

Im Rahmen des "Neuen Ökonomischen Systems der Planung und Leitung der Volkswirtschaft",<br />

unter der Führung des damaligen SED-Vorsitzenden Walter Ulbricht, welches das<br />

Wirtschaftssystem der DDR reformieren sollte und ihm marktwirtschaftliche Züge verlieh,<br />

wurden Ende der 60er Jahre alle Industrie- und Baubetriebe in sogenannten Kombinaten<br />

zusammengefasst, um die Wirtschaft zentralistischer zu verwalten. Kombinate waren entweder<br />

nach Branchen, z. B. das Chemiekombinat <strong>Bitterfeld</strong>, oder nach Produktionsstufe, z. B.<br />

das Kombinat Elektronische Bauelemente, organisiert. 98 % aller Beschäftigten der Industrie<br />

arbeiteten in Kombinaten, die restlichen in den wenigen Privatbetrieben. Jedes Kombinat<br />

unterstand einem Generaldirektor, welcher wiederum dem jeweiligen Industrieministerium<br />

unterstand. Die Generaldirektoren sollten die Planziele an die Betriebe des Kombinats<br />

weitergeben und für einen Ausgleich zwischen Leistungsmöglichkeiten und Leistungserwartungen<br />

sorgen, allerdings im Rahmen der Plankennziffern, welche in den Volkswirtschaftspläne<br />

festgelegt wurden.<br />

Diese Planwirtschaft wies allerdings in ihrem theoretischen Konzepte zahlreiche Fehlerquellen<br />

auf. Eine war das Prämiensystem, welches Prämien für die Erfüllung oder sogar<br />

Übererfüllung der Plankennziffern verteilte. Das hatte aber zur Folge, dass sich Betriebe auf<br />

leicht erreichbare Plankennziffern fixierten, was wiederum zu einer unzureichenden Arbeitsproduktivität<br />

und Innovationsträgheit führte. Dies wurde noch durch das Fehlen geeigneter<br />

Plankennziffern für Leistungsbewertung- und Kontrolle verschlimmert. Eine Behebung der<br />

Probleme durch Reformen des Plansystems, z. B. durch Ulbrichts "Neues Ökonomisches<br />

Systems der Planung und Leitung der Volkswirtschaft" oder auch durch Veränderungen der<br />

Leistungs- und Betriebsstrukturen scheiterte ebenfalls. Durch die Pläne gab es ebenfalls<br />

keinen Konkurrenzdruck, was den Betrieben keinen Anreiz zum Fortschritt gab. Als äußerst<br />

problematisch erwies sich auch die Annahme der DDR, dass sie die Komplexität einer Volkswirtschaft<br />

in ihren Fünfjahrplänen erfassen könne. Außerdem war das Wirtschaftssystem<br />

durch die Fünfjahrpläne zu unflexibel, um auf innere und äußere Probleme wie Nichterfüllung<br />

der Plankennziffern oder auch Schwankungen auf dem Weltmarkt reagieren zu<br />

können.<br />

11


Umsetzung des Sozialismus in der DDR<br />

Die Umsetzung des Sozialismus begann gleich nach Gründung der DDR 1949. Ziel war es, alle<br />

vorhandenen Betriebe im Land zu verstaatlichen und sie so weit auszubauen, dass die DDR<br />

sich weitgehend autark versorgen konnte, dass also möglichst wenige Güter importiert<br />

werden mussten. Dies gelang jedoch nicht wirklich, denn von 1970 bis 1981 gab es ein<br />

kumuliertes Importdefizit von 38 Milliarden Mark. Man importierte nahezu doppelt so viel,<br />

wie man exportierte.<br />

Um die Lebensmittelversorgung der DDR-Bürger zu sichern, wurde die Landwirtschaft<br />

zwangskollektiviert. Das bedeutet, dass private Bauern ihren Besitz und ihre Produktion an<br />

den Staat abgeben mussten und sie dann Landwirtschaftsgenossenschaften zugeteilt<br />

wurden. Wer sich weigerte, den Befehl der Regierung auszuführen, wurde gezwungen, eine<br />

genau festgelegte Menge an Erzeugnissen zu unrentablen Preisen zu verkaufen. Es war völlig<br />

gleichgültig, ob die einzelnen Bauern in der Lage waren, den Plan zu erfüllen oder nicht. Wer<br />

ihn nicht erfüllen konnte, wurde mit hohen Geldstrafen sanktioniert und in den örtlichen<br />

Medien namentlich erwähnt, als „Schädling des Sozialismus“ bezeichnet und erhielt im<br />

Folgejahr keine Subventionen vom Staat.<br />

Ein weiterer Schritt war die Zusammenfassung sämtlicher Industrien zu Kombinaten, die als<br />

„Volkseigene Betriebe“, kurz VEB, bezeichnet wurden. Das führte auch dazu, dass sich immer<br />

mehr Großbetriebe bildeten und es kaum noch kleinere Unternehmen gab.<br />

Die staatliche Verwaltungsarbeit wurde von insgesamt elf Industrieministerien mit bis zu<br />

2500 Mitarbeitern durchgeführt, die von weiteren Ministerien unterstützt wurden. Dieser<br />

Apparat erwies sich als völlig überdimensioniert und in sich schon nicht wirtschaftlich.<br />

Dennoch gaben sie den einzelnen Betrieben die Anweisungen, was sie zu produzieren<br />

hatten. Der Staat übernahm die Funktion als Geldgeber. Somit war es unmöglich, dass ein<br />

Unternehmen pleitegehen konnte. Die Summe aller Förderungen für die Herstellung lebensnotwendiger<br />

Güter wie Nahrung, Kleidung und Energie betrug 1970 11,4 Milliarden, 1988<br />

gar 61,6 Milliarden Mark. Auf diese Weise gelang es der DDR, das zehntgrößte Industrieland<br />

der Erde zu werden.<br />

Die größten Industriezweige waren Maschinen und Fahrzeugbau, insbesondere der VEB<br />

Automobilwerke Zwickau, der den Trabant 601, das in der DDR meistgebaute Fahrzeug<br />

produzierte, die Braunkohleförderung, insbesondere auch durch den VEB Tagebauausrüstungen,<br />

Krane und Förderanlagen Leipzig, kurz TAKRAF, welche zum Fundament der<br />

Energieproduktion wurde, sowie die chemische Industrie. Der Braunkohleförderung wurde<br />

dabei eine besondere Stellung in der Wirtschaft zuteil. Die Energieversorgung der DDR<br />

wurde zum größten Teil durch Braunkohle gedeckt, somit war es wichtig, dass sie immer<br />

reibungslos funktionierte. Es wurden Großkraftwerke errichtet, die zum Teil bis zu 3000<br />

Megawatt Energie produzieren konnten, wie zum Beispiel das Kraftwerk Boxberg. Zum Vergleich:<br />

Ein durchschnittlicher Kernreaktor heutiger Bauart leistet maximal 1500 Megawatt.<br />

Auch musste die Braunkohleabbau massiv gefördert werden, damit die Unternehmen über-<br />

12


leben konnten. So musste die DDR-Regierung für die Förderung einer Tonne Rohbraunkohle<br />

im Jahre 1980 7,7 Millionen Mark zahlen, 1988 gar 13,2 Millionen Mark. Zum Vergleich:<br />

Einen Trabant 601 konnte man für 8.000 bis 10.000 Mark käuflich erwerben. Das zeigt eines<br />

der Probleme der DDR-Wirtschaft: Sie musste mit großen Mengen an Förderung aufrechterhalten<br />

werden.<br />

Ein weiteres Ziel der DDR war es, die chemische Industrie derart auszubauen, dass diese, zu<br />

einem Standbein der Wirtschaft wurde und dann auch die Versorgung der DDR mit<br />

chemischen Produkten vollkommen autark geschehen konnte. Die DDR förderte die Schwerindustrie<br />

und die chemische Industrie daher besonders, sodass sie sich zum zweitwichtigsten<br />

Industriezweig der DDR entwickelte. Die bedeutendsten Kombinate der Chemie waren VEB<br />

Chemische Werke BUNA in Schkopau, die in der Kunststoffherstellung tätig waren, VEB<br />

Petrochemisches Kombinat Schwedt und VEB Chemiekombinat <strong>Bitterfeld</strong>. Um die chemische<br />

Industrie mit möglichst wenig Aufwand betreiben zu können, entschied man sich, keine<br />

Neuanlagen zu bauen, sondern die zum Teil noch aus der Vorkriegszeit stammenden Anlagen<br />

zu reaktivieren und sie mit erhöhtem Reparatur- und Personalaufwand zu betreiben.<br />

Da ein DDR-Betrieb seinen gesamten Ertrag an den Staatshaushalt abtreten musste, konnte<br />

man keine Investitionen tätigen, somit wurden auch kaum Neuanlagen gebaut. Dadurch kam<br />

es zu hoher Umweltverschmutzung und schlechten Arbeitsbedingungen.<br />

Die Bevorzugung der Industrie hatte jedoch zur Folge, dass andere Bereiche vernachlässigt<br />

wurden. So hatte man kaum in Infrastruktur investiert. Ein Großteil des Straßen- und<br />

Schienennetzes war in einem derart schlechten Zustand, dass man weite Teile nur noch mit<br />

Schrittgeschwindigkeit befahren konnte. Außerdem war das Stromleitungsnetz veraltet,<br />

sodass ein beachtlicher Teil der Energie ungenutzt verschwand. Allein die Einsparpotenziale<br />

bei der Energie waren so groß, dass man damit ein Land wie Dänemark mit Strom hätte versorgen<br />

können.<br />

Die Förderung der Schwerindustrie hatte eine weitere Folge: schwere Umweltschäden in der<br />

gesamten DDR. Die Umweltdaten waren für das sozialistische Regime derart belastend, dass<br />

sie 1970 als „Vertrauliche Verschlusssache“, ab 1980 sogar als „Geheime Verschlusssache“<br />

behandelt wurden und man sie so der Bevölkerung vorenthielt. Nach der Wende 1990<br />

wurden die Umweltschäden als eine ökologische Katastrophe bezeichnet. 1,2 Millionen<br />

Bürger hatten keinen Zugang zu unbelastetem Trinkwasser. Nur drei Prozent aller Seen und<br />

Flüsse besaßen noch Trinkwasserqualität, alle anderen waren vergiftet. Nur 58 Prozent der<br />

DDR-Bevölkerung war mit Kläranlagen versorgt, die jedoch unwirtschaftlich arbeiteten. Das<br />

hatte zur Folge, dass auf einem Drittel der Flusskilometer (ca. 10 000 km), kein Leben mehr<br />

vorhanden war. Des Weiteren wurden 40 Prozent des Mülls nicht fachgerecht entsorgt und<br />

die Verfeuerung von Rohbraunkohle in den Kraftwerken führte zur höchsten Staub- und<br />

Schwefeldioxidbelastung in ganz Europa. Dadurch lag die Sterblichkeitsrate bei Männern<br />

durch Atemwegserkrankungen doppelt so hoch wie der europäische Durchschnitt. Die Luftverschmutzung<br />

schädigte 52 Prozent der Waldfläche dauerhaft.<br />

13


Wie aus der Statistik zu entnehmen ist, war der Schadstoffausstoß in der DDR<br />

um ein Vielfaches höher als in der BRD.<br />

Die Folgen des Sozialismus<br />

waren ohne jeden<br />

Zweifel tiefgreifend. So<br />

war es unmöglich, dass<br />

ein Betrieb in der DDR<br />

pleitegehen konnte, denn<br />

er wurde vom Staat subventioniert.<br />

Des Weiteren<br />

gab es unter den Unternehmen<br />

keine<br />

Konkurrenz, denn ein<br />

Produkt wurde meist<br />

immer nur von einem<br />

bestimmten Unter-<br />

nehmen produziert, dem<br />

die Aufgabe vom zuständigen<br />

Ministerium<br />

zugeteilt wurde. Das führte zwar dazu, dass es das Produkt in ausreichender Menge gab,<br />

allerdings nur von einem Hersteller, was die Auswahl massiv einschränkte. Dadurch war die<br />

Bevölkerung grundsätzlich nie unterversorgt mit lebensnotwendigen Gütern. Es gab immer<br />

genügend Lebensmittel, genug Kleidung und genug Wohnraum für die Bürger. Eine Ausnahme<br />

bildete der Maschinenbau, es gab nämlich ein Produktionsdefizit in der Automobilindustrie.<br />

Man musste zeitweise bis zu 10 Jahre auf einen Trabant warten. Außerdem<br />

wurden keine Südfrüchte und kein Kaffee angeboten, denn diese Lebensmittel konnten in<br />

der DDR, die eine autarke Wirtschaft anstrebte, nicht angebaut werden und in anderen<br />

sozialistischen Ländern war der Anbau auch nur beschränkt möglich oder wurde als nicht<br />

notwendig betrachtet. Von nicht marginaler Bedeutung war auch, dass infolge der Arbeitszuteilung<br />

immer Arbeit vorhanden war, es eine geringe Arbeitslosenquote gab und man als<br />

Arbeiter mit 2000 bis 3000 Mark verhältnismäßig gut verdiente und dieser Verdienst immer<br />

gesichert war, da er vom Staat bereitgestellt wurde.<br />

Die massiven Subventionen einzelner Wirtschaftszweige führten jedoch auch zu paradoxen<br />

Sachverhalten: So hatte Erich Honeckers Forderung nach billigem Brot für die Arbeiter die<br />

Folge, dass das Brot weniger kostete, als das Getreide, aus dem es hergestellt wurde.<br />

Außerdem konnte ein Bauer ein Kaninchen für 60 Mark an eine Handelsorganisation verkaufen,<br />

und konnte es küchenfertig verarbeitet für 15 Mark zurückkaufen. Ein weiteres Beispiel<br />

ist die Mikrochipherstellung: Ein 256-KB-Speicherchip aus eigener Produktion kostete<br />

534 Mark und wurde mit 517 Mark vom Staat subventioniert, erzielte auf dem Weltmarkt<br />

jedoch nur Preise von vier bis fünf D-Mark. Hier zeigt sich ein massives Defizit des Wirtschaftssystems<br />

der DDR: Durch den fehlenden Mechanismus der Preisbildung konnte man<br />

nie wissen, welche Güter knapp waren und wo sich Investitionen rentierten.<br />

14


Hier zeigt sich die Misswirtschaft und die daraus resultierende Unproduktivität<br />

der DDR im Vergleich zur BRD.<br />

Aus diesem Grund sind sich Wirtschaftswissenschaftler heutzutage einig, dass man eine<br />

Volkswirtschaft niemals vollständig durchplanen könne, auch nicht mit den heutigen<br />

Rechenmethoden und Erfahrungen. Um dies noch einmal zu veranschaulichen: Der Wirtschaft<br />

der Bundesrepublik Deutschland liegt die Soziale Marktwirtschaft zugrunde, eine<br />

selbstregulierende Marktwirtschaft, in die der Staat lediglich bei Ungleichmäßigkeiten<br />

regulierend eingreift. Dieses Wirtschaftssystem bescherte der BRD seinen Wohlstand, den es<br />

heute besitzt. Die „Deutsche Demokratische Republik“ war hingegen eine „Staatssozialistische<br />

Zentralverwaltungswirtschaft“, bei dem versucht wurde, eine Wirtschaft vollständig<br />

durchzuplanen. Das System funktioniert jedoch nur solange, wie die DDR Kredite aus<br />

dem Westen aufnehmen konnte. Bei der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 zeigte sich,<br />

dass die DDR vollkommen heruntergewirtschaftet war. Man hatte zehn Prozent des<br />

gesamten Staatshaushaltes nur für die Polizei und das Militär ausgegeben. Des Weiteren<br />

waren ihre Betriebe nach der Wende international nicht konkurrenzfähig, viele meldeten<br />

Insolvenz an. Bis 2004 kostete der Aufbau Ost bereits 250 bis 300 Milliarden Euro und er ist<br />

bis heute nicht abgeschlossen.<br />

15


Die Bedeutung der Wirtschaftsregion um <strong>Bitterfeld</strong><br />

für die Wirtschaft der DDR<br />

Die Wirtschaftsregion um <strong>Bitterfeld</strong> war einer der bedeutendsten Industriestandorte für die<br />

DDR zum einen wegen der dort ansässigen Chemieindustrie und zum anderen wegen des<br />

Abbaus von Braunkohle, dem Hauptenergieträger und fundamentalen Grundstoff der<br />

Chemieindustrie in der DDR. Das sogenannte Chemiedreieck im Bereich Halle-Merseburg-<br />

Saale, mit Wurzeln schon im 19. Jahrhundert,<br />

stellte 1989 für etwa 160 000<br />

Menschen Arbeitsplätze, was 5% der<br />

gesamten Arbeitsplätze der DDR entsprach.<br />

Das Chemiedreieck der DDR mit den Hauptstandorten in Halle,<br />

Merseburg und <strong>Bitterfeld</strong>.<br />

Quelle: http://maps.google.de/<br />

Der VEB (Volkseigener Betrieb) Chemiekombinat<br />

<strong>Bitterfeld</strong> hatte ca. 30 000<br />

Angestellte und war damit ungefähr so<br />

groß wie die beiden anderen großen<br />

Chemieproduzenten der Region: der VEB<br />

Buna Schkopau und der VEB Leunawerke,<br />

die ebenfalls etwas über 30 000<br />

Mitarbeiter hatten. Weitere 50 000<br />

Arbeiter waren im Braunkohletagebau<br />

tätig und in dem VEB Fotochemie<br />

Kombinat Wolfen mit noch einmal 16 000<br />

Mitarbeitern. Im VEB Buna-Schopkau wurden Lösungsmittel, synthetischer Kautschuk, PVC,<br />

Grundchemikalien und Kunststoffprodukte wie Fußbodenbeläge, Profile und Schläuche hergestellt.<br />

Im VEB Leuna-Werke wurden Mineralölprodukte, Methanol, Kunststoffe und Kunstharze,<br />

Leime und Katalysatoren produziert, während im VEB Fotochemie Kombinat Wolfen<br />

Fotomaterialien und -chemikalien sowie Magnetbänder gefertigt wurden.<br />

Der VEB Chemiekombinat <strong>Bitterfeld</strong>, kurz CKB, entstand 1969 aus dem VEB Elektrochemischen<br />

Kombinat <strong>Bitterfeld</strong> und der Farbenfabrik Wolfen sowie sechs weiteren<br />

Kombinaten. Man erhoffte sich durch die Zusammenlegung, die in Folge der neuen Wirtschaftspolitik<br />

Walter Ulbrichts durchgeführt wurde, eine strukturell und wirtschaftliche Verbesserung<br />

durch eine effektivere und zentrale Verwaltung. Im CKB wurden hauptsächlich<br />

anorganische Grundchemikalien wie Chlor, Schwefelsäure, Magnesium, Wasserstoff und<br />

Salpetersäure (allein davon 370.000 t jährlich) hergestellt. Weiterhin war hier der einzige Ort<br />

in der DDR, in der Aluminium hergestellt und verarbeitet wurde. Daher wurden im CKB auch<br />

16


viel Leichtmetallkonstruktionen hergestellt. Bekannt war das Kombinat auch für seine<br />

pharmazeutischen Produkte, welche ihm den Beinamen "Apotheke der DDR" verliehen.<br />

Auch wurden in <strong>Bitterfeld</strong> viel Düngemittel und Schädlingsbekämpfungsmittel produziert,<br />

genauso wie das DDR-Pendant zu Maggi: Bino. Trotz der gigantischen Zahl an Zwischen- und<br />

Endprodukten gab es, bedingt durch die sozialistische Marktwirtschaft nur eine geringe<br />

Auswahl von Produkten. Man muss aber auch bedenken, dass alle hier aufgeführten<br />

Produkte die Aufgabe hatten, den planwirtschaftlichen Bedarf in der gesamten DDR zu<br />

decken.<br />

Die Personalproduktivität des gigantischen Betriebes lag allerdings im Vergleich zur BRD bei<br />

nur 30%. Diese geringe Produktivität lässt sich zum einen auf das schlechte Management<br />

zurückführen zum anderen auf die fehlende staatliche Förderung. Die Maschinen stammten<br />

noch aus zum Teil noch aus der Vorkriegszeit und waren spätestens in den 60ern technisch<br />

schon so überholt, sodass sie hätten ausgetauscht werden müssen. Diese Mängel waren der<br />

sozialistischen Führung in Berlin zwar bewusst, trotzdem blieben die dringend benötigten<br />

Förderungen auf einige wenige Projekt beschränkt, da zum einen nicht ausreichend<br />

finanzielle Mittel zur Verfügung standen und die Politik auf die kurzfristige Haltung von<br />

Arbeitsplätzen setzte und nicht auf einen langfristigen, wirtschaftlichen Nutzen. So liefen<br />

viele Maschinen auf Verschleiß und mussten durch immensen Leistungs- und Energieaufwand<br />

am Laufen erhalten werden. Ein weiteres politisch bedingtes Problem war, dass zu<br />

ihrer Veröffentlichungszeit gute Produkte zwar oft weiter entwickelt wurden, aber die Entwicklungen<br />

wurden nicht produziert und waren daher auf dem internationalem Markt nicht<br />

konkurrenzfähig. Ein prominentes Beispiel dafür ist der Trabant, welcher über die Jahrzehnte<br />

fast unverändert weiter produziert wurde, obwohl das Modell nun vollkommen veraltet war<br />

und nicht mit den Modellen anderer Hersteller hätte mithalten können. Die Produkte waren<br />

wegen zu schlechter Qualität und zu hohem Preis auf dem internationalen Markt nicht<br />

konkurrenzfähig. Das galt auch für die Produkte der Carbochemie, deren Verkauf auf dem<br />

Weltmarkt nicht annähernd die anfallenden Herstellungskosten decken konnte. Ursache<br />

dafür war, dass viele chemische Produkte in der DDR auf Braunkohle basierten, da andere<br />

Grundstoffe wie z.B. Erdöl wegen<br />

der lokalen Gegebenheiten oder<br />

fehlender finanzieller Mittel nicht<br />

zur Verfügung standen und Braunkohle<br />

eher ungeeignet für eine<br />

wirtschaftliche Weiterverarbeitung<br />

ist. Daraus folgt, dass die Chemie-<br />

und Braunkohleindustrie in der DDR<br />

eng miteinander verbunden waren.<br />

Die Tabelle zeigt die steigende Bedeutung von Braunkohle für die<br />

Stromversorgung der DDR<br />

Quelle: http://epub.ub.unimuenchen.de/2197/1/Kahlert_2197.pdf<br />

Dies erklärt auch den Standort des<br />

CKB, in dessen Nähe sich gewaltige<br />

17


Vorkommen an Braunkohle befanden und auch noch befinden.<br />

Doch Braunkohle war nicht nur für die Chemieindustrie von existenzieller Bedeutung,<br />

sondern auch für die Energieversorgung. Denn die DDR deckte 1986 83% ihrer Stromversorgung<br />

mit Braunkohle, außerdem wurden 40% des <strong>Stadt</strong>gases aus Braunkohle hergestellt.<br />

Dazu wurden im Jahre 1985 in der DDR 312 Millionen Tonnen Braunkohle gefördert, davon<br />

wurden zwei Drittel in Heiz- und Kraftwerken verarbeitet. Damit war die DDR der größte<br />

Braunkohleförderer der Welt und konnte ein Viertel der weltweiten Förderung auf ihr Konto<br />

verbuchen. Sie produzierte damit doppelt so viel wie der zweitgrößte Förderer: die Sowjetunion.<br />

In der DDR gab es<br />

Schätzungen zur Folge ein Gesamtvorkommen<br />

von 45 Milliarden<br />

Tonnen Braunkohle, von denen aber<br />

nur die Hälfte aus wirtschaftlichen<br />

und technologischen Gründen hätte<br />

gefördert werden können. Das<br />

Braunkohlekombinat <strong>Bitterfeld</strong> war<br />

Die immense Förderung von Braunkohle in der DDR<br />

Quelle: http://epub.ub.uni-muenchen.de/2197/1/Kahlert_2197.pdf<br />

mit einer Gesamtförderung von 315<br />

Millionen Tonnen Braunkohle be-<br />

teiligt. Diese wurde in 18 Tagebauen abgebaut und in 23 Brikettfabriken weiterverarbeitet,<br />

in denen insgesamt 50.000 Menschen arbeiteten. Allerdings musste für eine Tonne Braunkohle<br />

1986 4,6 Kubikmeter Abraum bewegt werden, was über die Jahre zu einer Verschiebung<br />

von 850 Millionen Kubikmetern Erde führte. Dem Abbau der Braunkohle mussten<br />

sechs Dörfer und ein Fluss weichen.<br />

18


Frühe Warnungen vor ökologischen Schäden im<br />

Roman „Flugasche“<br />

Biografie von Monika Maron<br />

Monika Maron wurde 1941 in Berlin geboren. Sie ist die Stieftochter des ehemaligen<br />

Innenministers (1955-1963) der DDR, Karl Maron. Monika Maron ging in Ost-Berlin auf ein<br />

Gymnasium und legte dort auch ihr Abitur ab. Nach dem Abitur zog sie zu Hause aus und<br />

arbeitete ein Jahr lang als Fräserin. Anschließend arbeitete sie zwei Jahre lang als Regieassistentin<br />

beim DDR-Fernsehen. Danach begann sie ein Studium der Theaterwissenschaft<br />

und Kunstgeschichte. Anschließend arbeitete sie drei Jahre lang als wissenschaftliche<br />

Aspirantin an der Schauspielschule in Ost-Berlin. Danach wurde sie Reporterin der Zeitung<br />

„Wochenpost“. 1976 jedoch gab sie den Beruf auf, da ihr das Erbe ihres Stiefvaters ein freiberufliches<br />

Leben ermöglichte.<br />

Monika Maron erhielt 1988 ein Drei-Jahresvisum für die einmalige Ein- und Ausreise in die<br />

BRD. Sie lebte zunächst in Hamburg und nach Angaben des Fischer-Verlages seit 1993 wieder<br />

in Berlin.<br />

1981 schrieb sie ihren<br />

berühmten Ökoroman<br />

„Flugasche“, der aber in<br />

der DDR nicht gedruckt<br />

werden durfte. Er erschien<br />

genauso wie die Erzählung<br />

„Das Missverständnis“<br />

(1982) und ihr Roman „Die<br />

Überläuferin“ (1986) im<br />

Fischer-Verlag nur in der<br />

Bundesrepublik und<br />

wurde in der DDR bis zum<br />

Jahre 1989 nicht verlegt.<br />

In: <strong>FAZ</strong> vom 04.04.2012, Monika Maron und der Fall Q-Cells<br />

Weiterhin veröffentlichte<br />

sie u. a. „Die Überläuferin“ und „Stille Zeile sechs“. 2009 erschien ihre Reportage „<strong>Bitterfeld</strong>er<br />

Bogen“. Den Lessing-Preis des Freistaats Sachsen bekam sie im Jahre 2011.<br />

19


Inhaltsangabe des Romans Flugasche<br />

Im ersten Kapitel des Romans beschreibt Josefa Nadler, die die Hauptfigur des Romans<br />

„Flugasche“ darstellt, ihre Großeltern. Sie berichtet viel aus Erzählungen von dem gesamten<br />

Leben der Großeltern. Nebenbei wird angedeutet, dass Josefa in Scheidung lebt und einen<br />

fünfjährigen Sohn hat. Erst im 2. Kapitel kommt die eigentliche Handlung zum Tragen.<br />

Josefa Nadler arbeitet in der Zeit als Journalistin und soll eine Reportage über ein überaltertes<br />

Kraftwerk in „B“ machen. Mit „B“ ist die <strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong> bei Halle gemeint. Das<br />

Kraftwerk wurde bereits 1890 gebaut. Als sie nach „B“ fährt, um sich das Kraftwerk anzusehen,<br />

ist sie geschockt über die Zustände die in „B“ und in dem Kraftwerk herrschen. Josefa<br />

ist der Meinung, dass das Kraftwerk stark umweltgefährdend ist. Sie reagiert erschrocken auf<br />

die schmutzigen Häuser und den Dreck, der von den Kraftwerken ausgeht. Auch das<br />

Schicksal der Arbeiter berührt sie.<br />

Auszüge aus der Beschreibung über die Zustände in <strong>Bitterfeld</strong>)<br />

1. Aus: Monika Maron, Flugasche (S. 16f)<br />

„[...]Diese Schornsteine, die wie Kanonenrohre in den Himmel zielen und ihre Dreckladung<br />

Tag für Tag und Nacht für Nacht auf die <strong>Stadt</strong> schießen, nicht mit Gedröhn, nein, sachte wie<br />

Schnee, der langsam und sanft fällt, der die Regenrinnen verstopft, die Dächer bedeckt, in<br />

den der Wind kleine Wellen weht. Im Sommer wirbelt er durch die Luft, trockener,<br />

schwarzer Staub, der dir in die Augen fliegt, denn auch du bist fremd hier, Luise, wie ich. Nur<br />

die Fremden bleiben stehen und reiben sich den Ruß aus den Augen. Die Einwohner von B.<br />

laufen mit zusammengekniffenen Lidern durch ihre <strong>Stadt</strong>; du könntest denken, die lächeln.<br />

Und diese Dünste, die als Wegweiser dienen könnten. Bitte gehen Sie geradeaus bis zum<br />

Ammoniak, dann links bis zur Salpetersäure. Wenn Sie einen stechenden Schmerz in Hals<br />

und Bronchien verspüren, kehren Sie um und rufen Sie den Arzt, das war dann Schwefeldioxid.<br />

Und wie die Leute ihre Fenster putzen. Jede Woche, jeden Tag am besten. Überall<br />

saubere Fenster bei diesem gotteserbärmlichen Dreck. Sie tragen weiße Hemden, weiße<br />

Strümpfe die Kinder. Das musst du dir vorstellen, mit weißen Strümpfen durch schwarzes,<br />

schmieriges Regenwasser. Weiße Pullover werden hier am liebsten gekauft, hat die Verkäuferin<br />

gesagt. Fahr mal, guck mal- ich gucke mir die Augen aus dem Kopf, überall dieser<br />

Dreck. Wenn du die Zwerge aus dem Kindergarten in Reih und Glied auf der Straße triffst,<br />

musst du daran denken, wie viele von ihren wohl Bronchitis haben. Du wunderst dich über<br />

jeden Baum, der nicht eingegangen ist. Was soll ich hier, Luise, wenn ich nichts ändern kann.<br />

Jedes Wort, das ich höre, jedes Gesicht, das ich sehe, verwandelt sich in mein Mitleid. Und in<br />

meine Scham. Ich schäme mich, weil ich gewusst habe, dass es diese <strong>Stadt</strong> gibt, und gegeizt<br />

habe mit meiner Phantasie, auf die ich so stolz bin.[...]“<br />

20


2. Aus: Monika Maron, Flugasche (S. 32)<br />

„[...]„B. Ist die schmutzigste <strong>Stadt</strong> Europas.“ Das wäre der erste Satz, so müsste ich anfangen.<br />

Aber das würde selbst Luise streichen. Die dreckigste europäische <strong>Stadt</strong> ausgerechnet in<br />

einem sozialistischem Land. Wenn wir uns schon die traurige Tatsache leisten, so wenigstens<br />

nicht ihre öffentliche Bekanntmachung. Mögliche Variante: B. Ist eine schmutzige <strong>Stadt</strong>.<br />

Quatsch, das ist nichts, das weiß jeder.<br />

Wenn schon nicht die ganze Wahrheit, dann wenigstens einen schönen Satz. Also: In B.<br />

steigt nur aus, wer hier aussteigen muss, wer hier wohnt oder arbeitet oder sonst hier zu tun<br />

hat. -Das ist mein erster Satz. Ich bin zufrieden.<br />

Der Himmel. Welches Gefühl war das, als ich ihn auf mich niedersinken ließ, den gelbgrauen<br />

giftigen Nebel in mein Bewusstsein aufnahm, die hochgemauerten Öffnungen abzählte, aus<br />

denen er zusammenfloss, um dann wie ein Dach über der <strong>Stadt</strong> zu hängen? Bestürzt war ich<br />

oder entsetzt, Angst hatte ich bei dem Gedanken an das viele Gift. In B. Habe ich weniger<br />

geraucht. Angst scheidet aus. Wir schreiben nicht, um die Leute zu ängstigen, auch nicht, um<br />

sie zu entsetzten.<br />

Bestürzung-noch zu viel. Betroffen, das geht. „Fremde sehen betroffen in den Himmel über<br />

der <strong>Stadt</strong>...“usw.[...]“<br />

Nach ihrer Rückkehr aus „B“ ist sie so beeindruckt von den Zuständen, dass sie zu ihrem<br />

ehemaligen Schulfreund Christian Grellmann fährt, um mit ihm über „B“ zu reden.<br />

Josefa befindet sich in einem inneren Konflikt. Sie möchte gerne über das schreiben, was sie<br />

in „B“ gesehen hat. Über die katastrophalen Zustände, die in „B“ herrschen, denn sie ist der<br />

Meinung, dass „B“ die dreckigste <strong>Stadt</strong> Europas ist. Jedoch weiß sie, dass eine solche Version<br />

niemals gedruckt werden wird. Christian rät ihr, zwei Versionen zu schreiben. Eine, die veröffentlicht<br />

werden kann und eine, in der Josefa die wahren Zustände „B“s beschreibt.<br />

Nach reiflicher Überlegung ist sich Josefa jedoch sicher, dass sie nur die Wahrheit schreiben<br />

will. Am nächsten Tag wird Josefa in einer Redaktionssitzung nahe gelegt, nichts über „B“ zu<br />

schreiben, was man nicht verantworten könne. Ihr wird nun bewusst, dass sie nichts über<br />

das Gespräch mit dem Heizer Hodriwitzka schreiben kann. Er hatte mit Josefa über die<br />

schlechten Arbeitsbedingungen eines Heizers gesprochen. Zudem hatte sie Hodriwitzka geraten,<br />

einen Brief an die Regierung zu schreiben. Nachdem Josefa eine Zeit lang an der<br />

Reportage gearbeitet hatte, war sie sich sicher, es würde nur eine Version geben. Sie wird<br />

die Wahrheit schreiben.<br />

Als sie der Abteilungsleiterin Luise ihre Arbeit vorlegt, befürwortet Luise die Veröffentlichung<br />

des Artikels. Jedoch ist der Kollege Siegfried Stutzer gegen die Veröffentlichung der<br />

Reportage und informiert die Parteileitung der Redaktion darüber.<br />

Danach besucht Josefa erneut Christian. Dieser schlägt ihr vor erneut nach „B“ zu fahren, um<br />

von dort aus eine Genehmigung zum Druck zu erhalten.<br />

21


Als sie dort mit dem Kraftwerksleiter Alfred Thal spricht, sagt der ihr, sie könne schreiben,<br />

was sie wolle (S.139). Sie erfährt auch, dass der Heizer Hodriwitzka von einem Bus überfahren<br />

wurde. Seine Beschwerde an die Regierung konnte er nicht mehr einreichen. Sie lernt<br />

dann einen anderen Heizer kennen, mit dem sie über die Gefahren der Fluorose, einem<br />

Elektrolyseverfahren, redet. Ob die Reportage gedruckt werden soll oder nicht, soll in einer<br />

Verhandlung entschieden werden, an der Josefa Nadler auch teilnehmen soll.<br />

In der Verhandlung spricht der Genosse sich grundsätzlich für den Bericht aus, da er gut geschrieben<br />

ist, jedoch könne man diesen Bericht nicht drucken, „da er gegen die Ordnung des<br />

Sozialistischen Rechtsstaates verstößt“. Nun gibt es keine Möglichkeit mehr, die Reportage<br />

zu veröffentlichen.<br />

Sie ist bestürzt über das Urteil und beschließt selbst einen Brief an die Regierung zu<br />

schreiben, damit die Leute über die Zustände in <strong>Bitterfeld</strong> informiert werden können.<br />

Nachdem sie den Brief verfasst und eingeworfen hat, dämmert es ihr, dass es ein Fehler<br />

gewesen sein könnte, da ihr eventuell nun der Job gekündigt werden könnte. Wie schon geahnt,<br />

muss sie sich vor der Parteileitung verantworten. Ihren Job kann sie gerade so behalten.<br />

In den nächsten Wochen zieht sie mit ihrem Sohn zu Christian. Sie ist müde und schlapp.<br />

Zum Einschlafen muss sie Medikamente nehmen. Sie hat große psychische Probleme aufgrund<br />

ihrer beruflichen Situation. Christian rät ihr, einen Psychiater aufzusuchen. Darauf<br />

reagiert Josefa sehr gereizt und sie meint, sie brauche keinen Psychiater. Als sie eines<br />

Morgens erneut zu spät in der Redaktion auftaucht, erfährt sie, dass sie sich erneut vor der<br />

Parteiversammlung verantworten soll. Nun ist sie sehr niedergeschlagen und teilt Luise mit,<br />

dass sie nicht zu der Versammlung kommen wird und wahrscheinlich nie mehr in die<br />

Redaktion kommen wird. An dem Tag, an dem entschieden werden sollte, ob Josefa noch<br />

Mitglied in der Partei sein kann, entschied sich der höchste Rat dazu, das alte Kraftwerk in<br />

„B“ zu schließen.<br />

Monika Maron und die Stasi<br />

Nach der Stasiakte von Monika Maron war sie zwei Jahre lang ein sogenannter IM (inoffizieller<br />

Mitarbeiter). Sie habe Bekannte, Journalisten und sonstige Personen bespitzelt.<br />

Jedoch habe sie nie über enge Freunde gesprochen, so der „Spiegel“.<br />

Sie selbst sagt im „Spiegel“, sie fühle sich nicht schuldig und die Sache wäre „bekloppt“ gewesen<br />

und sie sagt „jeder hat bekloppte Sachen gemacht in dieser DDR“. Später stand sie<br />

jedoch selbst unter Beobachtung der Stasi, als sie an dem Buch „Flugasche“ arbeitete. In<br />

ihrer Stasiakte war zu lesen, dass sie die Parteiführung verteidigte, jedoch kritisierte sie die<br />

schlechte Wirtschaftsführung und forderte Meinungsfreiheit.<br />

Sie selbst äußerte sich zu diesem Sachverhalt in einem Artikel der <strong>FAZ</strong> vom 14.Oktober<br />

1995. Sie habe nie jemanden bespitzelt oder gar verraten. So könne sie sich auch nicht entschuldigen<br />

oder Reue zeigen, denn sie habe nichts gemacht.<br />

22


Zu fragen ist jedoch, ob die Stasi Einfluss auf das Buch „Flugasche“ genommen hat. Denn<br />

immerhin gab es die Operation „Wildsau“, die sich mit dem Buch beschäftigt hat. Da in dem<br />

Buch die <strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong> nicht namentlich genannt wird, kann es natürlich sein, dass die Stasi<br />

dies gefordert hat, damit die DDR nicht in die Kritik kommt, zudem wurde das Buch in der<br />

DDR nicht veröffentlicht. Doch da die Ausführungen über die katastrophalen Zustände der<br />

Umwelt in der DDR und die Probleme der Meinungsfreiheit wirklich sehr eindrucksvoll geschildert<br />

wurden, glaube ich nicht, dass die Stasi großen Einfluss auf das Buch genommen<br />

hat. Ich denke, lediglich der Umstand, dass die <strong>Stadt</strong> nicht namentlich genannt wird, weist<br />

darauf hin. Aber wahrscheinlich wollte sich Monika Maron dadurch selbst schützen und die<br />

Chancen erhöhen, dass das Buch veröffentlicht wird.<br />

Nachwort<br />

Monika Maron schildert in dem Roman „Flugasche“ die Problematik der Umweltverschmutzung<br />

und Meinungsfreiheit auf eindrucksvolle Art und Weise. Durch ihre<br />

Schilderungen zu den Problemen in <strong>Bitterfeld</strong> wurde auch die Problematik der DDR Wirtschaftsführung<br />

an sich sehr deutlich. Ökonomie ohne jegliche Rücksicht auf Ökologie hat sich<br />

gerächt. Die <strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong> war vollkommen kaputt und dreckig. Auch die Menschen, die<br />

dort lebten und arbeiteten, hatten große Probleme und kein lebenswertes Leben. Monika<br />

Maron zeigt diese Probleme eindrucksvoll auf.<br />

Auch wenn man die Zeit der DDR, so wie ich, nicht miterlebt hat, kann man sich aufgrund<br />

des Romans einen guten Eindruck darüber verschaffen, wie die Zustände damals waren.<br />

Auch das Problem, dass es in dem sozialistischen Staat keine Meinungsfreiheit gab, spricht<br />

sie in dem Roman an. Die Hauptfigur, Josefa Nadler, durfte ihren Roman nicht veröffentlichen,<br />

da er der Parteispitze nicht passte. Man kann den Roman auch als autobiografisches<br />

Werk deuten, da es zwischen Josefa und Monika viele Parallelen gibt. Auch Monika Maron<br />

durfte ihren Roman in der DDR nicht veröffentlichen und beide waren Journalistinnen.<br />

Abschließend ist zu sagen, dass mich der Roman sehr berührt hat und mir gezeigt hat, dass<br />

man ohne Rücksicht auf die Umwelt keine positive Entwicklung und auf Dauer keine gute<br />

Wirtschaft haben kann. Die Umwelt wird sich irgendwann dafür rächen. Dann gibt es keine<br />

Entwicklung und Wachstum mehr, wie man am Beispiel <strong>Bitterfeld</strong>s sehen kann.<br />

Ich finde, dass der Roman absolut lesenswert ist, da er einem einen guten Einblick in die<br />

Situation <strong>Bitterfeld</strong>s gibt. Zudem ist er auch mahnend. Denn Monika Maron zeigt in dem<br />

Roman auf, wie gefährlich ein sozialistischer Staat ist und das man immer Rücksicht auf die<br />

Umwelt nehmen muss und nicht einfach wirtschaften kann, wie es einem gerade passt.<br />

23


Das war Bitteres aus <strong>Bitterfeld</strong><br />

Ein Film und seine Wirkung<br />

Entstehung einer Idee<br />

Als wir uns während des Unterrichtes mit der wirtschaftlichen<br />

Lage <strong>Bitterfeld</strong>s beschäftigten, verglichen wir die<br />

momentane wirtschaftliche Entwicklung <strong>Bitterfeld</strong>s mit<br />

dem Zustand in den 90er Jahren in der DDR. In diese erhielten<br />

wir Einblicke anhand des Films „Das war Bitteres aus <strong>Bitterfeld</strong>“ der Bundesstiftung<br />

zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Der Film von Rainer Hällfritzsch, Ulrike Hemberger und<br />

Margit Miosga dokumentiert den damals illegalen Dreh des Films „Bitteres aus <strong>Bitterfeld</strong>“<br />

einer Gruppe von Umweltaktivisten, die auf die schockierenden Zustände in <strong>Bitterfeld</strong> hinweisen<br />

wollten. Wir waren erschrocken. Die Bilder der zerstörten Natur prägten sich in unser<br />

Gedächtnis ein. Wir konnten außerdem durch den Film erfahren, wie solche Bilder zu Zeiten<br />

der Stasi in die Öffentlichkeit kommen konnten und wer so mutig gewesen war, die Behörden<br />

so direkt mit dem ernsten Thema der Umweltverschmutzung vor Ort zu<br />

konfrontieren.<br />

Die Aufnahmen liefen öffentlich erstmals im September 1988 im Westfernsehen. Die Lage<br />

dieser Region, welche verstärkt der Verseuchung von Chemiegiftmüllabfällen und von<br />

weiteren gebrochenen Entsorgungsvorschriften betroffen war, löste eine Welle der Bestürzung<br />

und der Forderungen in der Bevölkerung aus. Ein gut behütetes Geheimnis des<br />

Staates, welche über Jahre streng vertrauliche behandelt worden war, kam ohne Vorwarnung<br />

in die Hände der Öffentlichkeit und erregte vor allem bei den in den letzten Jahren<br />

entstandenen Gruppen von Umweltaktivisten größtes Aufsehen.<br />

Doch wie kamen diese Bilder ins Fernsehen? Wie war es möglich diese Aufnahmen zu tätigen<br />

und wer fühlte sich dazu aufgerufen? Die Dokumentation soll sich mit genau diesen<br />

Aspekten beschäftigen. Sie soll die neueren Generationen mit dem Thema der SED-Diktatur<br />

und ihren weitreichenden Folgen konfrontieren und die Lage möglichst wirkungsvoll und<br />

ehrlich beschreiben.<br />

24


Inhalt<br />

Der Film „Das war Bitteres aus <strong>Bitterfeld</strong>“ fängt mit einigen Berichten von Zeitzeugen an,<br />

welche zur damaligen Zeit direkt am Ort des Geschehens anwesend waren und den Anweisungen<br />

ihrer Arbeitgeber gerecht werden mussten. Einer der Zeugen, Siegfried Burschitz,<br />

war damaliger Projektleiter im Chemiekombinat <strong>Bitterfeld</strong>, kurz CKB, und erzählt, dass Lacke,<br />

Nylon und Unkrautvernichtungsmittel einiges der wichtigsten Produktionen im Chemiestandort<br />

waren. Doch die Sicherheitsanlagen waren marode und längst überaltert und<br />

hielten den damaligen Anforderungen nicht stand oder wurden aus Kostengründen umgangen.<br />

Nur der wirtschaftliche Nutzen dieser Güter war für die Verwaltung der DDR von<br />

Bedeutung.<br />

Den ersten Schritt in Richtung der fertigen Aufnahmen aus „Bitteres aus <strong>Bitterfeld</strong>“ macht<br />

Hans Zimmermann, welcher in seinen frühen Jahren als Chemiefacharbeiter tätig war,<br />

jedoch später die Arbeit als Leiter eines Bautrupps übernimmt. Durch seinen Arbeitswechsel<br />

kommt er mit vielen Leuten in Kontakt, die ihm seine Annahmen bestätigen, dass in <strong>Bitterfeld</strong><br />

Giftstoffe in undichten Sickergruben gelagert<br />

oder durch Wasserleitungen unsachgemäß<br />

entsorgt werden. Anfangs zwar<br />

nur aufgebracht, sieht sich Hans Zimmermann<br />

dann schließlich bei der Geburt seines Kindes,<br />

welches an Atemnot leidet, in der Verantwortung,<br />

die Behörden auf die laufenden<br />

Missstände hinzuweisen und sich dem<br />

weiterem verschlimmern der Situation entgegenzusetzen,<br />

anstatt alles auf sich beruhen<br />

zu lassen. Diese Behörden geben jedoch unzulängliche<br />

Erklärungen und Ausreden über<br />

die Zustände und geben nicht die kleinste<br />

Aussicht auf Besserung. In <strong>Bitterfeld</strong> lernt Hans Zimmermann dann während einer Umweltveranstaltung<br />

Ulrich Neumann kennen, welcher<br />

einer der Mitbegründer der Arche ist. Eine<br />

Organisation, welche versucht die einzelnen<br />

Umweltaktivisten und ihre Ziele zu vereinen und<br />

gemeinsame Ideen umzusetzen. Anfangs aus Angst,<br />

denunziert zu werden, zögernd tauschen die<br />

Männer schließlich ihre Erfahrung über die<br />

schlimmen Zustände aus und bleiben in Kontakt.<br />

Die eigentliche Idee zum Filmen der Situation<br />

bringt Ulrich Neumann ins Spiel und überredet dazu<br />

Margret Miosga eine Westlerin, Journalistin und<br />

25


Freundin, welche auch der Meinung ist, dass sich mit Bildern die Lage am besten darstellen<br />

lasse. Sie möchte der Situation entgegenwirken. So soll Hans Zimmermann als Datenlieferant<br />

dienen und vor Ort die vielsagendsten Schauplätze heraussuchen. Dabei ist allen sehr<br />

bewusst, dass sie mit ihrer Idee eine schwere Straftat begehen würden, welche sie auch ihre<br />

Freiheit kosten könnte. So mussten sie einen geheimen Plan aufstellen um nicht ins Visier<br />

der Stasi zu kommen oder von Spitzel entlarvt zu werden. So wird noch der Kameramann<br />

Rainer Hallfritsch gefragt, ob er sich dieser Aktion gewachsen sieht und der Termin für die<br />

Aufnahmen auf den 25. Juli 1988, den Tag des Finales der Fußballeuropameisterschaft gelegt.<br />

Letze Vorbereitungen werden am Tag vorher im einem Leipziger Restaurant getroffen<br />

und auch der ausgewählte Fahrer Edgar Wallisch wird nun über alles aufgeklärt. Die möglichen<br />

Konsequenzen und Alibis werden noch bis lange in die Nacht besprochen.<br />

Nachdem die Gruppe danach in einer Privatwohnung übernachtet hatte, geht es am<br />

nächsten dann nach <strong>Bitterfeld</strong>. Um sich anfangs einen Überblick vom Muldensteiner Berg zu<br />

machen. Dort fallen schon direkt die ersten Umstände der Umweltverschmutzung auf.<br />

Dichter weißer, gelblicher oder sogar rötlicher Qualm steigt aus den Brikettfabriken und<br />

anderen Energieversorgern auf und Asche bedeckt die sonst so ruhige Landschaft. Das<br />

Wasser der Mulde ist verdreckt und an manchen Stellen steigen Dämpfe auf. An der Grube<br />

Johannis, im Volksmund Silbersee genannt, werden dann aus der stinkenden Flüssigkeit<br />

Proben entnommen. Weitere Abfälle der Fotoindustrie werden dort erwartet.<br />

Der nächste Punkt war dann die Innenstadt, die alle nur befahren konnten, da ein Auto mit<br />

<strong>Bitterfeld</strong>er Kennzeichen zur Verfügung stand. Zuletzt fuhr die Gruppe am späten Abend<br />

noch zum Giftmüllkombinat. Da die Tore der Deponie „Freiheit III“ unachtsamerweise sperrangelweit<br />

offen standen, konnten auch dort Bilder und Aufnahmen von den Tausenden<br />

Fässern gemacht werden. Unter Entsetzen wurde festgestellt, dass diese des Öfteren sogar<br />

noch bis zur Hälfte mit gefährlichem, teilweise sogar genveränderbaren Materialien gefüllt<br />

waren. Nach diesem gefährlichen Projekt geht die Gruppe getrennte Wege und versucht<br />

auch nach dem Filmen keine Aufmerksamkeit zu erregen und dreht sogar zusätzliche Aufnahmen,<br />

um für die Handhabung einer Kamera eine plausible Erklärung zu haben.<br />

Auch die echten Aufnahmen gelangten schließlich unentdeckt in den Westen und wurden<br />

dort geschnitten. Zwar gelangten die Aufnahmen als offizielle Arbeit der Arche schließlich in<br />

den Osten zurück, konnten jedoch erstmals nicht gezeigt werden, weil die Stasi die geplanten<br />

Vorführungen zu verhindern wusste.<br />

Fazit und Rezeption des Films<br />

So dient der Film „Das war Bitteres aus <strong>Bitterfeld</strong>“ letzten Endes nicht nur der Aufklärung<br />

über die Verhältnisse, sondern auch, um dank Zeitzeugenberichte, ein Bild von der<br />

systematischen Unterdrückung der Bürger durch die Stasi zu vermitteln. So wird man im Film<br />

auf bedauerliche Missstände hingewiesen, die nicht nur wirtschaftlicher Natur sind, sondern<br />

auch gesellschaftlich viele Fragen aufwerfen. Tatsachen, wie das Verbot einer Kamera beim<br />

Einreisen in die DDR, ungewünschtes Auffallen bei einem ortsungebundenen Kennzeichen<br />

oder auch das Festhalten eines Hotelaufenthalts in den Staatsakten geben den enormen<br />

26


Druck der fünf Aktivisten wieder und lassen den Zuschauer auch die Angst möglicher<br />

Konsequenzen gut nachzuvollziehen.<br />

Auch die Reaktion der DDR auf den Film ist wirklich gut wiedergegeben. Es wird beschrieben,<br />

dass „Bitteres aus <strong>Bitterfeld</strong>“ überraschend kam und alle überrumpelt hat. Selbst das Fernsehen<br />

im Westen war sich anfangs nicht sicher, ob es wirklich angebracht wäre diesen Film<br />

zu zeigen, weil dies möglicherweise die Beziehungen zwischen Ost- und West verschlechtern<br />

könne. Im weiteren hatte der Film tatsächlich einige Reaktionen zur Folge. Nicht nur, dass z.<br />

B. die Deponie „Freiheit III“ zugeschüttet worden ist, auch die Stasi gibt die Missstände zu<br />

und versucht nach allen Mitteln den Schaden in Grenzen zu halten. So wird auch die unangefochtene<br />

Macht der Parteiführung infrage gestellt. Dass man Angst vor den möglichen<br />

noch kommenden Reaktionen hat, sieht man daran, dass die DDR sogar einen Film herausbringen<br />

wollte, der die gute Entwicklung <strong>Bitterfeld</strong> darstellen sollte. Weiterhin wurden bald<br />

Aufnahmen weiterverkauft, auch ans Ausland, welche Interesse an der Situation <strong>Bitterfeld</strong>s<br />

zeigen ließen. Dann konnten die Einnahmen der Arbeit der Arche zur Hilfe kommen und<br />

Aktivisten unterstützten, die sich nach der Veröffentlichung des Films auf einem guten Weg<br />

sahen.<br />

Erst ein Jahr später, nach dem Fall der DDR, konnte vor Ort richtig gehandelt werden. Viele<br />

Journalisten machten sich vor Ort einen Überblick über die Lage und stellten mit Entsetzen<br />

fest, dass die Lage vor Ort eigentlich noch schlimmer ist, als vom Film schon erwartet. Es gibt<br />

sogar eine Regierungskommission, die sich um die Chemieregion in <strong>Bitterfeld</strong> kümmert, was<br />

einen Sonderfall darstellt. So wurde <strong>Bitterfeld</strong> ein besonders starkes Interesse einer großen<br />

Öffentlichkeit zu Teil, was zusätzlich dafür gesorgt hat, dass <strong>Bitterfeld</strong> die ökologische Genesung<br />

und eine große wirtschaftliche Zukunft ermöglich wurde.<br />

27


Bestandsaufnahme der DDR und <strong>Bitterfeld</strong>s um 1989<br />

<strong>Bitterfeld</strong> kurz vor der Maueröffnung: Die Ökologie ist stark geschädigt, die Menschen haben<br />

keine saubere Luft zum Atmen, kurz um: <strong>Bitterfeld</strong> ist die „dreckigste <strong>Stadt</strong> Europas", wobei<br />

<strong>Bitterfeld</strong> bei weitem keinen Einzelfall darstellt. In der gesamten DDR wurden Waren und<br />

Güter für 40 Milliarden DDR-Mark hergestellt, deren Herstellung nicht den gesetzlichen<br />

Umweltschutzbestimmungen entsprach. Trotzdem war es an keinem anderen Standort in<br />

der DDR so extrem ausgeprägt wie in <strong>Bitterfeld</strong>. Nach Schätzungen aus dem Jahr 1990<br />

hätten über 500 Milliarden Mark in die maroden und umweltschädlichen Standorte der DDR<br />

investiert werden müssen, um den damals geltenden Umweltbestimmungen gerecht zu<br />

werden. Da dieser Betrag eine deutlich zu hohe Investition gewesen wäre, wurde von einer<br />

Regierungskommission beschlossen, dass besonders im Umfeld von <strong>Bitterfeld</strong> 10% der Chemie-<br />

und Energiewerke geschlossen werden sollten, um der Umwelt in dieser besonders<br />

verseuchten Region die Möglichkeit zu geben, sich generieren zu können. Die verminderten<br />

Wirtschafts- und Energieleistungen sollten durch Importe aus anderen Ländern, besonders<br />

der BRD, ersetzt werden.<br />

DDR-Städte wie <strong>Bitterfeld</strong> hatten um 1990 durch die dort ansässigen Industriekombinate mit<br />

ihren umweltzerstörenden Produktionen im Auftrag einer verfehlten DDR-Industrie- und<br />

Umweltpolitik einen unrühmlichen internationalen Bekanntheitsgrad erreicht.<br />

Nach dem Krieg wurden in der hoch verschuldeten DDR Umweltschutzaspekte hinter die<br />

Wirtschaftsinteressen wie Stahlproduktion, Braunkohleförderung und Chemiefabrikate gestellt.<br />

Dies sollte sich in der Folgezeit ebenfalls kaum ändern.<br />

Die Bevölkerung engagierte sich erst ab 1990 an der Verbesserung der maroden Umweltsituation.<br />

Vorher war dies der Bevölkerung nicht möglich, da es an Informationen mangelte<br />

und das Interesse an Umweltpolitik fehlte. Die Umweltbelastung in Gegenden wie <strong>Bitterfeld</strong><br />

war sehr hoch, deshalb fand man dort oftmals eine unzufriedene Bevölkerung vor, die teilweise<br />

auch wegen der hohen Umweltbelastung in andere Regionen abwanderte. Die Menschen<br />

nahmen dabei sogar größere Gehalts- und Lohneinbußen in Kauf.<br />

Ein weiterer negativer Aspekt dieser Zeit war die Tatsache, dass der Anteil der Umweltinvestitionen<br />

am Bruttoinlandsprodukt der DDR im Jahr 1988 lediglich bei 0,4 Prozent lag. Vergleichsweise<br />

lag dieser Wert in der BRD bei 1,07 Prozent relativ hoch, was von einem umweltbewussten<br />

Wirtschaften der BRD bürgt.<br />

Die Umweltschädigung in der DDR entstand neben der Chemieindustrie auch erheblich<br />

durch die Energieerzeugung, da 83 Prozent der Elektroenergie aus Braunkohlekraftwerken,<br />

wie beispielsweise in <strong>Bitterfeld</strong> stammten. Am Gefährlichsten waren Schwefeldioxid und<br />

Staubemittenten. Der Ausstoß von Schwefeldioxid betrug 1988 in der DDR 5,2 Millionen<br />

Tonnen, womit die Gesamtemission pro Einwohner im Jahr bei 310 Kilogramm lag. Durch<br />

diese Emissionen hatte die DDR die Spitzenposition in Europa bezüglich des Schwefeldioxid-<br />

28


ausstoßes eingenommen, wenn man betrachtet, dass der europäische Durchschnitt bei<br />

unter 100 Kilogramm pro Einwohner lag.<br />

So lebten 1988 36,8 Prozent der DDR-Bevölkerung unter zu hohen Schwefeldioxidbelastungen.<br />

Einen ernst zu nehmenden Risikofaktor stellte diese zu hohe Smogsituation für Kinder,<br />

ältere Menschen und Personen mit Herz-Kreislauf-Krankheiten da. Durch Untersuchungen<br />

wurde ebenfalls belegt, dass der Wert der Schwefeldioxidkonzentration Auswirkungen auf<br />

die Lebensdauer hatte.<br />

Die Staubbelastung in der DDR mit ca. 140 Kilogramm pro Einwohner im Jahr stellte ebenfalls<br />

den negativen europäischen Spitzenwert dar. Es gab jedoch auch noch weit reichende<br />

Gefährdungen durch eine Vielzahl von gefährlichen Stoffen, wie zum Beispiel Schwefelwasserstoff<br />

und Cäsium, die in der Viskoseindustrie austreten. Auch die Verwendung von<br />

Asbestprodukten wie beispielsweise die ungeschützten Asbestzement-Welltafeln stellten<br />

eine Gefährdung für die Bevölkerung dar.<br />

Diese Umweltverschmutzungen haben unter anderem die Waldbestände in der DDR, die zunächst<br />

27 Prozent der Fläche betrugen, nachhaltig beschädigt. So ist die Größe der Grünfläche<br />

seit den 70ern wegen Luftverschmutzung, Wohnungsneubau, Verkehrs- und Gesellschaftsbauten<br />

und vor allem durch Braunkohlebergbau, der jährlich 2000 bis 3000 Hektar<br />

Bodenfläche der DDR beanspruchte, zurückgegangen. Diesen Bodenverlust kompensierte<br />

man zunächst durch Intensivierungsmaßnahmen in der Landwirtschaft, was jedoch nach<br />

deren Überlastung mit Gülle, sowie Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmitteln<br />

ebenfalls nicht mehr möglich war.<br />

Ein weiteres gravierendes Problem in der DDR war die Verschmutzung der natürlichen Gewässer.<br />

Der Wasserhaushalt der DDR war mit 1085 Kubikmeter Wasser je Einwohner bereits<br />

begrenzt, wenn man den Weltdurchschnitt mit 11000 Kubikmeter je Einwohner im Jahr vergleicht.<br />

Dies bedeutet, dass jeder Liter Wasser in der DDR zwei- bis dreimal so oft genutzt<br />

wurde, im Vergleich zum üblichen Wasserverbrauch.<br />

Die Verschmutzung des Wassers verschlimmerte sich ebenfalls durch den schlechten bauhygienischen<br />

Zustand der kleineren Wasserversorgungsanlagen und dem maroden Zustand der<br />

Rohrnetze, die nur sporadisch gereinigt wurden. Durch diese Missstände entstanden im<br />

Wasser, die auch nicht durch einen hohen Chlorgehalt verhindert werden konnte. So war es<br />

beispielsweise möglich, dass sich im Jahr 1980 in Jena eine Typhusepidemie durch das<br />

Trinkwasser ausbreiten konnte.<br />

Eine weitere potenzielle Gefährdung für die Umwelt stellte die Beseitigung von industriellen<br />

Abfällen und Hausmüll dar. So fielen in der DDR 1988 91,3 Millionen Tonnen Industrieabfälle<br />

an, von denen ganze 60 Prozent nicht mehr in den volkswirtschaftlichen Kreislauf zurückgeführt<br />

werden konnten, sondern direkt oder über Zwischenstufen in die Umwelt gelangten.<br />

Außerdem kam es laut der DDR-Regierung durch ungünstige Standortbedingungen, fehlende<br />

materialtechnische Voraussetzungen sowie mangelhafte Eigenkontrolle durch die Betreiber<br />

der Schadstoffdeponien zu erheblichen Umweltbelastungen im gesamten Raum der<br />

29


DDR. Lediglich auf 54 Prozent der berichtspflichtigen Deponien sei eine Kontrolle des<br />

Grundwassers erfolgt.<br />

Es gab ebenfalls Probleme bei der Beseitigung von Siedlungsabfällen. Hier wurde wegen<br />

minderwertiger Abfuhrtechnik der Siedlungsmüll nicht zu den angeordneten Deponien gebracht,<br />

sondern ebenfalls auf ortsnahe, kleine Müllplätze verfrachtet, wodurch man keine<br />

Übersicht mehr über den Verbleib der beseitigten Siedlungsabfälle hatte.<br />

Zudem hatte die DDR ein Problem mit Altlasten und musste bereits 1988 mit 15 000 bis 20<br />

000 altlastverdächtigen Standorten rechnen. Prof. Karl-Hermann Steinberg, stellvertretender<br />

Minister für Schwerindustrie in der DDR zu dieser Zeit, ist der Meinung, dass das schlechte<br />

Umweltverhalten von chemischen Großbetrieben, die aus Kostengründen auf den Einsatz<br />

von Erdöl verzichtet hätten und stattdessen auf Kohle gesetzt hätten, zurückzuführen sei. Es<br />

sei weiter auf Braunkohle gesetzt worden, da diese in der DDR habe abgebaut werden<br />

können. Importe wie z. B. bei Erdöl seien somit nicht nötig gewesen. Direkte Folgen daraus<br />

seien eine geringere Lebenserwartung, gehäufte Atemwegserkrankungen wie zum Beispiel<br />

Asthma, chronische Vergiftungen mit Schwermetallen, Schwefelwasserstoff sowie<br />

karzinogenen Substanzen gewesen. Die Belastungsgrenzen für gasförmige Stoffe seien an<br />

einigen Arbeitsplätzen sogar um das 500fache im Vergleich zu den Normen der BRD überschritten<br />

worden. Das zuständige Ministerium habe pro Tag an die 50 Hinweise und<br />

Forderungskataloge von der Bevölkerung bekommen, in welchen die katastrophalen<br />

Umweltbedingungen und miserablen Arbeitsbedingungen in der Industrie beanstandet<br />

worden seien. Bis zu 17.000 Unterschriften hätte die Stilllegung von Industrieanlagen verlangt.<br />

Nach dem Sturz der Diktatur in der DDR seien an die Stelle von höflichen Forderungen<br />

Streikandrohungen getreten.<br />

Durch Fabrikschließungen hoffte man insbesondere in der Umgebung von <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen<br />

eine Verminderung der Luftbelastung um 25% (Konkret: 1.000 Tonnen weniger Salze in den<br />

Gewässern & 13.000 Tonnen weniger Luftschadstoffe).<br />

Um die Umwelt weiter zu schonen und den in der Region um <strong>Bitterfeld</strong> lebenden Menschen<br />

das Leben zu vereinfachen und einen höheren Lebensstandard zu gewährleisten, sollte eine<br />

Sondermüllverbrennungsanlage erbaut werden, die den damaligen Richtlinien der BRD und<br />

der EG entsprachen. Da eingesehen wurde, dass eine weitere Herstellung von Waschmitteln,<br />

Lacken und anderen Chemikalien mit der extrem schwefelhaltigen Braunkohle zu umweltverseuchend<br />

gewesen wäre, musste als neuer Ausgangsstoff auf Erdöl gesetzt werden. Um<br />

aber allein den Rohstoffbedarf abzudecken, mussten laut Karl-Hermann Steinberger, dem<br />

damaligen DDR-Minister für Schwerindustrie, Importe in Höhe von 250 Millionen DM eingeführt<br />

werden. Durch die Umweltverschmutzung in der DDR war sogar ein ganz neuer<br />

Industriezweig geschaffen worden, da unzählige Fabriken überprüft werden mussten, ob sie<br />

rentabel gegenüber der Umwelt waren oder nicht. Falls die Fabriken nicht mehr umweltrentabel<br />

waren, mussten diese zurückgebaut werden.<br />

Innerhalb von etwas mehr als zwei Jahren konnte die Luftbelastung rund um <strong>Bitterfeld</strong> um<br />

ca. 75% verringert werden, da zum einen vierzig der neunzig Produktionsanlage in <strong>Bitterfeld</strong><br />

30


und zum anderen auch die meisten Fabriken der benachbarten Filmfabrik Wolfen in diesem<br />

Zeitraum stillgelegt worden waren. Es wurde ein neues Erdgaskraftwerk gebaut, in dessen<br />

Folge das alte Braunkohlekraftwerk, welches jährlich fast 35.000 Tonnen Schwefeldioxid und<br />

ca. 17.000 Tonnen Staub in die Luft schleuderte, stillgelegt werden konnte. Auch die<br />

Wasserqualität konnte allein schon nur durch die Stilllegung der schmutzigsten Fabriken erheblich<br />

gesteigert werden. Aber das rücksichtslose und nur auf Profit ausgelegte Wirtschaften,<br />

hat dennoch bis heute sichtbare Spuren hinterlassen. So ist der sogenannte "Silbersee"<br />

immer noch ein ökologisches Risiko, denn unter der Wasseroberfläche gibt es bis in<br />

eine Tiefe von 12 m dicken, giftigen Schlamm. Es wurde zwar versucht, den See in den<br />

Jahren nach der Wiedervereinigung zu reinigen, aber vollständig konnte dies nicht gelingen,<br />

da zum einen die finanziellen Mittel fehlten und zum anderen ungefähr 60 Jahre lang gefährliche,<br />

hochgiftige Chemikalien in das ehemalige Loch der Grube Johannes eingeleitet<br />

wurden.<br />

„Im Namen von Fortschritt und Zivilisation vergiften wir die Natur. Im Namen des Volkes<br />

opfern Regierende das Volk einem erstarrten Prinzip. Ein nahezu unlösbarer Widerspruch.<br />

Es wird einem angst, fängt man erst an, über diese Apokalypse nachzudenken. Die Zeit ist<br />

endgültig vorbei, wo wir am warmen Ofen sitzend darüber plaudern konnten,<br />

was weitab in der Türkei geschieht.“<br />

Statement des Schriftstellers Werner Heiduczek auf dem Kirchentag im Sommer 1988 in<br />

Rostock.<br />

Heiduczek, Werner, Im gewöhnlichen Stalinismus, Kiepenheuer Verlag, Weimar 1991<br />

31


Pläne für eine bessere Zukunft<br />

Ökonomische und ökologische Handlungsszenarien für <strong>Bitterfeld</strong><br />

"Der Name <strong>Bitterfeld</strong> fiel in<br />

einem Atemzug mit Seveso<br />

oder Tschernobyl."<br />

Fred Walkow<br />

Um nach der langen ökologisch und ökonomisch<br />

verheerenden Regierung der SED<br />

die Lage <strong>Bitterfeld</strong>s zu verbessern, wurde<br />

bereits in den ersten Jahren nach dem Ende<br />

der DDR einiges in Gang gesetzt. Allerdings<br />

war weder die Umwelt, noch die Wirtschaft<br />

<strong>Bitterfeld</strong>s zu dieser Zeit auf einem<br />

akzeptablen Niveau, das eine positive Ent-<br />

wicklung für die Zukunft zuließe. Ein wirtschaftlicher Strukturwandel sowie eine ökologische<br />

Sanierung waren also notwendig. In der Bevölkerung rund um <strong>Bitterfeld</strong> gab es im Allgemeinen<br />

zwei grundsätzliche Wünsche:<br />

Ein Teil der Bevölkerung legte großen Wert auf die Renaturierung und die ökologische<br />

Sanierung des Gebiets und die Schaffung einer dem Ursprung nahen Umwelt. Für einen<br />

anderen Teil war allerdings das Schaffen einer Erholungslandschaft wichtig, was sich<br />

insbesondere durch die sich in der Entstehung befindende <strong>Bitterfeld</strong>er Seenplatte anbot,<br />

sowie das Wecken von Interesse für Reisende außerhalb des <strong>Bitterfeld</strong>er Raums.<br />

Innerhalb der 1. <strong>Bitterfeld</strong>er Umweltkonferenz stellten die Redner bereits mögliche Handlungsszenarien<br />

für die Region auf. Darunter fielen sieben Ziele, die <strong>Bitterfeld</strong> bis zum Jahr<br />

2000 erreichen sollte, um eine Basis für eine gute Zukunft zu schaffen.<br />

<strong>Bitterfeld</strong> 2000<br />

In dem Buch zur ersten <strong>Bitterfeld</strong>er Umweltkonferenz formuliert Markus Powell eine Vision<br />

von <strong>Bitterfeld</strong> im Jahre 2000, die sich unter anderem durch die Texte von Klaus-Dieter<br />

Bilkenroth und Eberhard Plaßmann sehr gut ergänzen lässt. Herr Powell beschreibt die Ziele,<br />

die für <strong>Bitterfeld</strong> bis zum Jahr 2000 erreicht werden sollten, damit sich <strong>Bitterfeld</strong> in Zukunft<br />

positiv weiter entwickle.<br />

Wichtig werde für <strong>Bitterfeld</strong> eine stabile wirtschaftliche Basis sein, um eine positive ökologische<br />

Entwicklung zu erreichen. Dieser Zusammenhang ergebe sich daraus, dass Unternehmen<br />

und Investoren attraktive Standorte suchen. Ein Faktor für einen solchen Standort<br />

sei ebenfalls eine gesunde Umwelt. Da diese Renaturierung, die für <strong>Bitterfeld</strong> notwendig sei,<br />

um die Unversehrtheit der Umwelt wiederherzustellen, jedoch eine wirtschaftliche Kraft<br />

erfordere, die die <strong>Bitterfeld</strong>er Region nicht aufbringen könne, sei <strong>Bitterfeld</strong> auf Hilfe von<br />

Bund, Ländern sowie auf den Transfer von Technologie von West nach Ost angewiesen.<br />

Diese Hilfen schafften wiederum die nötigen Standortfaktoren, um eine positive Entwicklung<br />

der Wirtschaft in <strong>Bitterfeld</strong> zu bewirken.<br />

32


Außerdem solle <strong>Bitterfeld</strong> Arbeitsplätze schaffen, die auch in Zukunft bestand haben. Dies<br />

solle unter anderem durch die Anpassung an die Bedürfnisse von Unternehmen und Investoren<br />

sowie eine qualifizierte Arbeiterschaft umgesetzt werden. Der Fokus der Ansiedelung<br />

von Industrie in <strong>Bitterfeld</strong> solle auf den Wirtschaftszweigen Chemie, Umwelttechnik,<br />

Baustoffproduktion und Maschinenbau gelegt werden. Die bereits in <strong>Bitterfeld</strong> entstandenen<br />

Flächen, die zur Nutzung von Industrie stünden, dienten der Industrie zur verbesserten<br />

Produktion durch bspw. Verkettung von Prozessen. Darüber hinaus besteht in<br />

<strong>Bitterfeld</strong> ein direkter Zusammenhang mit dem Naturschutz, was es ermöglicht dort<br />

eventuell neue Technologien in der Umwelttechnik zu entwickeln und <strong>Bitterfeld</strong> somit zu<br />

einem Vorreiter der Umwelttechnik oder der Erzeugung von erneuerbaren Energien zu<br />

machen. Des Weiteren solle <strong>Bitterfeld</strong> Chancen am überregionalen Markt haben.<br />

Der Umweltschutz solle in <strong>Bitterfeld</strong> eine große Rolle spielen und somit solle sich das <strong>Bitterfeld</strong>er<br />

Zentrum für Umwelt und Sanierung durch die Aktivitäten in <strong>Bitterfeld</strong> und das erworbene<br />

Wissen auf der europäischen Ebene etabliert haben. Als weiterer wichtiger Faktor<br />

solle sich ein Imagewechsel vollzogen haben, in der <strong>Bitterfeld</strong> das Image von der dreckigsten<br />

<strong>Stadt</strong> Europas ablege und das Image der Industrie und Umwelt verbindenden <strong>Stadt</strong> annehme.<br />

Eines der wichtigsten Ziele sei jedoch die Verbesserung des Kultur- und Freizeitangebotes,<br />

die zu einer wesentlichen Verbesserung der Lebensqualität führe und darüber hinaus das<br />

Gebiet mithilfe der ehemaligen Braunkohlelandschaft für überregionale Touristen<br />

interessant mache.<br />

33


Erste Veränderungen ab 1993<br />

Was wurde erreicht?<br />

Die Industrieregion um <strong>Bitterfeld</strong> war nach der Wende nicht nur bekannt als „dreckigste<br />

<strong>Stadt</strong> Europas“, sondern auch Symbol für Misswirtschaft und Raubbau in der DDR.<br />

Wie hat sich die Region ökologisch und ökonomisch erholt? Die <strong>FAZ</strong> analysiert drei Jahre<br />

nach der Wiedervereinigung am 6.4.1993 im Artikel „Schon weniger Schmutz in Luft und<br />

Wasser von <strong>Bitterfeld</strong>“ was bis dahin getan wurde und nennt die Probleme, die einer Erholung<br />

noch im Weg stehen.<br />

Zunächst wird berichtet, dass die Umweltverschmutzung nicht in dem Ausmaß verheerend<br />

sei, wie zunächst angenommen. Die Zeitung zitiert einige Umweltschutzbeauftragte aus<br />

Industrie und Politik, die darin übereinstimmen, dass Luftschadstoffemissionen und Abwasserschadstofflast<br />

seit 1989 in einer Größenordnung von ca. 90% gesunken seien, wie<br />

auch Abwassermenge und Menge an Sonderabfällen um zwei Drittel, bzw. um drei Viertel<br />

verringert worden seien.<br />

Diese Entlastung wird aber nicht auf Verbesserung der Anlagen, sondern auf die Stilllegung<br />

der maroden Werke zurückgeführt. So habe die <strong>Bitterfeld</strong>er Chemie AG, die 1992 noch Erlöse<br />

von 400 Millionen DM erzielt habe, die Hälfte der Anlagen stillgelegt und die Produktion<br />

um drei Viertel reduziert. Nach diesem radikalen Produktionseinbruch sei es nun Ziel der<br />

Chemiebetriebe der Region bundesdeutsche Umweltnormen zu erreichen, wofür Bund,<br />

Länder und EG Fördermittel in Milliardenhöhe bereitstellten. Mithilfe dieser Mittel werde<br />

34


auf eine Reduktion der Belastung durch Braunkohleenergie, eine Verbesserung der Abwasserklärung<br />

sowie Müllentsorgung abgezielt. Diese Ziele würden verfolgt, indem die ansässigen<br />

Betriebe mehrere Hundert Millionen DM in neue Kraftwerke, Umweltschutzanlagen<br />

sowie eine neue Ver- und Entsorgungsinfrastruktur investierten. Dieser Prozess kam aber<br />

erst dann in Gang – so schreibt später die Zeit-online – „als [der marode Industriekomplex]<br />

in seine Teile zerlegt wurde“ und „die Industrieruinen abgeräumt wurden“.<br />

Außerdem stehe neuen Investoren, wie die <strong>FAZ</strong> analysiert, vor allem die Angst vor den Altlasten<br />

aus über 100 Jahren Bergbau und Chemieproduktion im Weg, deren Ausmaß nicht<br />

genau vorausgesagt werden könne. Niemand wolle abwarten, bis die aufwendige Altlastensanierung<br />

abgeschlossen wäre und das Risiko eingehen, für Folgeschäden haftbar gemacht<br />

zu werden.<br />

An dieser Stelle erwähnt die <strong>FAZ</strong> das Modell des Chemie Parks. Dieser – so verrät uns Zeitonline<br />

– sollte die Abwasser- und Müllentsorgung sowie das Anwerben neuer Investoren in<br />

einem Betrieb zentralisieren, während die Bundesrepublik, als rechtlicher Nachfolger der<br />

DDR, die Altlastensanierung übernehme. Nachdem diese Probleme aus dem Verantwortungsbereich<br />

der ansiedelnden Betrieben genommen worden seien, hätten sich derer<br />

allein bis zum Jahr 2000 gleich 300 in <strong>Bitterfeld</strong> niedergelassen, unter denen sich große<br />

Namen wie Bayer, Akzo Nobel, Linde und Degussa befänden und die rund zehn Milliarden<br />

Euro in Fabriken investiert hätten.<br />

So entstand im Zuge der Privatisierung der Chemie AG die „Chemiepark <strong>Bitterfeld</strong> Wolfen<br />

GmbH“. Diese sei zunächst durch konzeptloses, schlecht kalkuliertes Wirtschaften pleite gegangen,<br />

wurde dann aber im Jahr 2000 vom Unternehmer Jürgen Preiss-Daimler übernommen.<br />

Preiss-Daimler investierte 230 Millionen Euro in eine Erneuerung der Infrastruktur<br />

des zwölf quadratkilometergroßen Chemieparks und schuf so unter anderem den „Stoffverbund“,<br />

der es über unterirdische Rohrbrücken ermöglicht, dass die ansässigen Betriebe ihre<br />

Abfallstoffe austauschen, die andere als Ausgangsstoff für ihre eigene Produktion benötigen,<br />

wodurch der Anfall von giftigen Abfällen enorm minimiert wird.<br />

Mit Anwerbung und Betreuung von Investoren, Verkauf von Grundstücken, Vermietung von<br />

Immobilien, Bereitstellung von Infrastruktur, Wasser und Strom, Entsorgung von Abwasser<br />

und diversen Dienstleistungen machte die P-D Chemiepark GmbH laut Zeit-online mit 87<br />

Mitarbeitern einen Umsatz von gut 60 Millionen Euro (2005). Aus alledem lässt sich<br />

schließen, dass eine soziale Marktwirtschaft durchaus in höherem Maße in der Lage ist, auch<br />

ökologische Belange zu berücksichtigen, als es die Planwirtschaft der DDR war.<br />

Das wurde sie aber erst, als durch die Bundesrepublik die Altlastenbeseitigung übernommen<br />

wurde, ein unnatürlicher Faktor, dessen Kosten- und Zeitaufwand kein im Markt<br />

konkurrierender Betrieb hätte tragen können und so ein Ausgleich durch staatliche Gewalt<br />

nötig machte. Des weiteren zeigt sich, dass ökonomische Anreize zu ökologischem Handeln,<br />

wie Umweltnormen und Umweltschutzbestimmungen, deren Bruch mit finanziellen<br />

Sanktionen belegt wird, der Entwicklung nicht im Weg stehen, sondern helfen, diese<br />

qualitativer und nachhaltiger zu gestalten.<br />

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Das Modell des Chemieparks <strong>Bitterfeld</strong> Wolfen zeigt, wie ein ökologisch und ökonomisch<br />

sinnvolles Konzept aussehen kann und dass der Umweltschutz selbst neue Möglichkeiten der<br />

Wertschöpfung eröffnet, die letztlich der Gesamtwirtschaft zugutekommen.<br />

36


Der Wandel von <strong>Bitterfeld</strong> Betrachtung am Beispiel<br />

der Filme „Go Trabi Go I+II“<br />

Go Trabi Go Teil 1 (Die Sachsen kommen)<br />

Fakten<br />

Erscheinungsdatum: 17.01.1991<br />

Laufzeit: 92 Minuten<br />

Genre: Komödie<br />

Regie: Peter Tim<br />

Cast: Wolfgang Stumph, Claudia Schmutzler,<br />

Marie Gruber, Dieter Hildebrandt,<br />

Ottfried Fischer, Diether Krebs,<br />

Konstantin Wecker<br />

Musik: Ekki Stein<br />

Inhalt<br />

Schon seit Jahren ist der kleine Trabant namens „Schorsch“ mehr als nur ein Auto für Familie<br />

Struutz. Nun haben sich Udo, seine Ehefrau Rita und Tochter Jacqueline das Ziel gesetzt, mit<br />

dem kleinen „Schorsch“ auf große Reise zu gehen. Ziel dabei soll für die dreiköpfige Familie,<br />

aus dem dreckigen und in Verruf geratenen <strong>Bitterfeld</strong>, Neapel - als Ort der Ruhe, Entspannung<br />

und Sauberkeit - sein. Doch auf ihrem Weg ins ferne Italien haben die Drei mit<br />

allerlei Problemen zu kämpfen. Mal ist es eine kaputte Zündvorrichtung, die „Schorsch“<br />

außer Gefecht setzt und ein andermal werden sie durch fehlende Reifen an der Weiterfahrt<br />

gehindert. Doch auch innerfamiliäre Probleme bleiben nicht aus und so geht Tochter Rita<br />

schon bald ihre eigenen Wege und wünscht sich zwischenzeitlich nichts sehnlicher, als<br />

wieder in ihre verdreckte Heimatstadt zurückkehren zu können. Doch letztlich gelingt es der<br />

aus ärmlichen Verhältnissen stammenden Familie, sich wieder zusammenzuraffen und sich<br />

ihren Traum vom Urlaub in einer <strong>Stadt</strong> ohne Qualm und Schmutz zu erfüllen.<br />

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Go Trabi Go Teil 2 (Das war der wilde Osten)<br />

Fakten<br />

Erscheinungsdatum: 20.08.1992<br />

Laufzeit: 98 Minuten<br />

Genre: Komödie<br />

Regie: Wolfgang Büld, Reinhard Klooss<br />

Cast: Wolfgang Stumph, Marie Gruber,<br />

Claudia Schmutzler, Rolf Zacher,<br />

Uwe Friedrichsen, Dietmar Schönherr,<br />

Jochen Busse<br />

Musik: Ekki Stein<br />

Inhalt<br />

Zwei Wochen hat der Urlaub im fernen Italien für die Familie aus <strong>Bitterfeld</strong> gedauert. Zurück<br />

in der einst „dreckigsten <strong>Stadt</strong> Europas“ erleben die Drei samt Familienauto „Schorsch“ ihr<br />

„blaues Wunder“. Kein Dreck mehr und sogar frische Luft. Blauer Himmel über <strong>Bitterfeld</strong>,<br />

das haben Rita, Udo und Tochter Jacqueline schon ewig nicht mehr zu sehen bekommen.<br />

Doch allein diese Veränderung ist längst nicht die größte Aufgabe, der sich Familie Struutz<br />

nun stellen muss. Vater Udo hat unglücklicherweise eine schwer verschuldete Gartenzwergfirma<br />

in der Nähe von Dresden geerbt und setzt nun alles daran, seinen Sinn für den<br />

Kapitalismus zu schärfen und der Firma wieder zu ihrem alten Glanz zu verhelfen. Fernab<br />

von seiner - nun endlich vom Schmutz befreiten - Heimat versucht er Karriere zu machen<br />

und schließlich gelingt es ihm sogar, auch die Gartenzwergfirma in eine vom Schmutz befreite<br />

Einrichtung zu verwandeln, die in diesem Kontext wohl symbolisch für den Wandel<br />

<strong>Bitterfeld</strong>s stehen dürfte.<br />

38


„Go Trabi Go I+II“: <strong>Bitterfeld</strong> etwas anders betrachtet<br />

„Ins Grüne fährt er am liebsten“ mit dieser Aufschrift auf einem Werbeposter für den<br />

Trabant im Zimmer von Jacqueline wird dem Betrachter ein erster Eindruck der „dreckigsten<br />

<strong>Stadt</strong> Europas“ vermittelt. Einfach nur raus aus dem Schmutz und weg von all den lauten<br />

Industriegeräuschen, die sich bei einem kurzen Kameraschwenk aus dem Fenster des Hauses<br />

der Familie Struutz bereits erahnen lassen. Besagter Ersteindruck verstärkt sich bei<br />

genauerem Blick auf die Hintergrundkulisse von „Go Trabi Go I“, in der sich Chemieparks und<br />

gigantische Braunkohlebagger erheben. Neben dem Qualm, der nur wenige Meter von den<br />

Wohnvierteln <strong>Bitterfeld</strong>s entfernt aus den riesigen Industrieschloten emporsteigt, sind es<br />

hier nicht zuletzt auch die von Braunkohleförderschluchten mit Kratern übersäte und zerstörte<br />

Landschaft, die den Betrachter auf dramatische Weise auf die Missstände in <strong>Bitterfeld</strong><br />

hinweisen. Der katastrophale Zustand <strong>Bitterfeld</strong>s lässt sich bereits bei der Fahrt des kleinen<br />

Trabanten „Schorsch“ an maroden Häusern, vom Ruß schwarz gefärbten Wänden und dem<br />

alles einschließenden Rauch der Industrieschlote erblicken. Der starke Kontrast <strong>Bitterfeld</strong>s<br />

im Vergleich zur umliegenden Umgebung wird hier bereits nach wenigen Minuten in „Go<br />

Trabi Go I“ verdeutlicht. Blauer Himmel und Vergleichsweise wenig belastete Umwelt und<br />

renommiertere Wohngegenden werden der einst „dreckigsten <strong>Stadt</strong> Europas“ kontrastiv<br />

gegenübergestellt. Ein weiterer Beweis für die verkommene Gestalt <strong>Bitterfeld</strong>s zeichnet sich<br />

auch bei einem Zitat gegen Ende von „Go Trabi Go I“ ab, indem es heißt: „Keine Kohle, kein<br />

Staub, kein Dreck…Nichts…überhaupt Nichts“. Während dieses Zitats wird die grüne und<br />

saubere Umgebung des Gardasees gezeigt und wieder ein Kontrastpunkt, zu den erschreckenden<br />

Bildern <strong>Bitterfeld</strong>s, die der Betrachter am Anfang des Filmes gesehen hat,<br />

gesetzt.<br />

Industrieschlote verpesten die<br />

Luft in <strong>Bitterfeld</strong> mit Abgasen<br />

und Ruß und legen die <strong>Stadt</strong><br />

unter einen Schleier aus<br />

stinkendem Qualm.<br />

(„Go Trabi Go I“ bei 04:50 Min.)<br />

39


Die Aufschrift „wählt GRÜN“<br />

dürfte wohl klar und verständlich<br />

genug sein und<br />

richtet sich offensichtlich<br />

gegen die mangelnde<br />

Umweltpolitik, die man in<br />

<strong>Bitterfeld</strong> in den letzten<br />

Jahren betrieben hat.<br />

(„Go Trabi Go“ bei 02.28<br />

Min.)<br />

Die belebte Industriestadt <strong>Bitterfeld</strong><br />

arbeitet auf Hochtouren. Zu sehen<br />

sind Dampflokomotiven, das<br />

Chemiekombinat und die großen<br />

Schlote, die ohne Unterlass Schmutzpartikel<br />

absondern.<br />

(„Go Trabi Go I“ bei 00:12 Min.)<br />

40


Der Himmel ist zwar blau, aber die<br />

<strong>Stadt</strong> menschenleer. <strong>Bitterfeld</strong> zeigt<br />

sich von einer neuen Seite. Fast schon<br />

wie eine „Geisterstadt“. Alles wirkt<br />

ausgestorben und unbehaglich.<br />

(„Go Trabi Go II“ bei 03:46 Min.)<br />

Die großen Dampflokomotiven sind verschwunden,<br />

<strong>Bitterfeld</strong> ist nicht wiederzuerkennen;<br />

die Schlote blasen keine Abgase<br />

mehr in die Luft.<br />

Zitat:<br />

„Riechst du was?“<br />

„Ich rieche nichts.“<br />

„Stimmt, ich werd‘ irre…blauer Himmel<br />

über <strong>Bitterfeld</strong>!“<br />

41


Der zweite Teil von „Go Trabi Go“ bezieht sich nur anfänglich auf <strong>Bitterfeld</strong>. Hier erkennt der<br />

Betrachter den massiven Umschwung, der in <strong>Bitterfeld</strong> herrschenden Verhältnisse, insbesondere<br />

in Bezug auf die Umweltverschmutzung. Der in Teil eins angesprochene Kontrastpunkt<br />

lässt sich hier besonders an dem aufklarenden Himmel über <strong>Bitterfeld</strong> erkennen. Die<br />

jetzt als „Geisterstadt“ zu bezeichnende Industriemetropole erscheint in einem völlig neuen<br />

Licht. Die Abgase der Schlote, die Abwässer und der Zustand der Umwelt wirken wesentlich<br />

ansprechender und bewohnbarer.<br />

Fazit<br />

Man kann durchaus sagen, dass sich <strong>Bitterfeld</strong> zum Guten hin gewandelt hat. Viele der<br />

damals noch vorhandenen Umweltbelastungen wurden behoben und man hat ein relativ<br />

sauberes Umfeld geschaffen. <strong>Bitterfeld</strong> präsentiert sich heute in einem völlig neuen Licht<br />

und besonders das Klischee von der „dreckigsten <strong>Stadt</strong> Europas“ ist längst nicht mehr zeitgemäß.<br />

42


Tourismus in <strong>Bitterfeld</strong><br />

Die „dreckigste <strong>Stadt</strong> Europas“ hat es geschafft. Obwohl es jahrelang nicht so aussah, floriert<br />

nun auch in der seit 2007 zusammengeschlossenen <strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen der Tourismus.<br />

Tourismus in <strong>Bitterfeld</strong>, das war früher, gerade in DDR-Zeiten unvorstellbar, Tonnen an Flugasche<br />

verdunkelten den Himmel und stellten die Bewohner <strong>Bitterfeld</strong>s auf eine unvorstellbar<br />

harte Probe. Die Industrie- und Chemiestadt war vollkommen von schwarzem Ruß bedeckt,<br />

der gesundheitliche Druck kaum vorstellbar. Aus welchem Grund also sollten sich Touristen<br />

in die <strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong> oder in die nahe Umgebung verirren?<br />

Es gab kein großes Angebot an Kultur, Sehenswürdigkeiten, Einkaufsmöglichkeiten oder<br />

kulturellen Einrichtungen, <strong>Bitterfeld</strong> war schlichtweg nicht einladend und somit für Touristen<br />

völlig unattraktiv, wenn nicht sogar gefährlich für die Gesundheit. Einzig der „<strong>Bitterfeld</strong>er<br />

Weg“, war ein Versuch, der Arbeiterklasse <strong>Bitterfeld</strong>s einen Zugang zu Kultur und Kunst zu<br />

legen und somit der DDR den Weg zu einer eigenständigen “sozialistischen Nationalkultur“<br />

zu weisen. Ein weiterer Ausbau des kulturellen Wesens fand in <strong>Bitterfeld</strong> jedoch nicht statt.<br />

Auch der Roman „Flugasche“ von Monika Maron aus dem Jahre 1981 im Fischerverlag erschienen,<br />

trug mit seinen Ausführungen bezüglich der Verschmutzung keinesfalls zu einer<br />

Verbesserung des Images <strong>Bitterfeld</strong>s bei. Im Gegenteil, vielen <strong>Bitterfeld</strong>ern war sie, die mit<br />

rein objektivem Blick ihre <strong>Stadt</strong> zu beurteilen<br />

und sogar zu verurteilen versuchte,<br />

verhasst. Ihr Roman trug jedoch auch dazu<br />

bei, die Augen zu öffnen und somit einen<br />

Weg für eine Entwicklung <strong>Bitterfeld</strong>s zu eröffnen.<br />

Eine wirklich nennenswerte Entwicklung des<br />

Tourismus war in <strong>Bitterfeld</strong> nicht zu er-<br />

Bild 1<br />

kennen, die <strong>Stadt</strong> schaffte es nicht, für<br />

Touristen attraktiv zu werden. Bis zur<br />

Wiedervereinigung Deutschlands bestimmte das Bild der zerstörten Landschaft die Region<br />

um <strong>Bitterfeld</strong> (Bild 1). Dieses Phänomen war vermutlich ausschlaggebend dafür, dass sich<br />

niemand in die „dreckige, brachliegende Umgebung“ <strong>Bitterfeld</strong>s wagte oder sie aufsuchte.<br />

Anhand dieser Fakten wird es wohl kaum weiter wundern, dass es für <strong>Bitterfeld</strong> zur DDR-Zeit<br />

keine Aufzeichnungen oder Statistiken über die Besucherzahlen in <strong>Bitterfeld</strong> gibt. In der<br />

heutigen <strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen liegen der <strong>Stadt</strong>verwaltung, genauer der Verwaltung für<br />

Statistiken, erste Zahlen über Besucher der Region erst ab 2007, dem Jahr des Zusammenschlusses<br />

vor. Die Bemühungen einer <strong>Stadt</strong>, mit einem Image wie dem <strong>Bitterfeld</strong>s, touristisch<br />

attraktiv zu werden, sind mit enormen Engagement seitens der Bevölkerung sowie<br />

immensem Durchhaltevermögen der politisch Verantwortlichen verbunden. Einer <strong>Stadt</strong> wie<br />

<strong>Bitterfeld</strong> reicht es nicht, nur durch Sehenswürdigkeiten wie dem <strong>Bitterfeld</strong>er Bogen ein<br />

43


Zeichen zu setzen, sie muss auch durch eine gesunde Natur und eine engagierte Bevölkerung<br />

glänzen. <strong>Bitterfeld</strong> würde wohl kaum eine <strong>Stadt</strong> ohne Chemie- Industrie- und Solarpark<br />

werden, somit musste sich die touristische Attraktivität der <strong>Stadt</strong> um diese wirtschaftlich<br />

notwendigen Einrichtungen herum bilden.<br />

Die Geschichte der <strong>Stadt</strong> ist bereits seit Urzeiten mit den verschiedenen wirtschaftlichen<br />

Zweigen verbunden. Viele Ereignisse aus der Historie sind noch heute Anlass für die <strong>Bitterfeld</strong>er<br />

stolz auf sich und ihre <strong>Stadt</strong> zu sein wie zum Beispiel die Erfindung des Farbfilms. Die<br />

Wirtschaft spielte in der Geschichte <strong>Bitterfeld</strong>s eine ausschlaggebende Rolle, sodass sich der<br />

Tourismus zunächst nicht entwickeln konnte. Erst in den letzten 20 Jahren hat eine grundlegende<br />

Änderung stattgefunden. Den Bemühungen der <strong>Stadt</strong> spielten dabei zwei Ereignisse<br />

in die Hände.<br />

Eines dieser Ereignisse war die Zerstörung<br />

einer liebliche Auenlandschaft, welche ab<br />

dem Jahr 1908 der Förderung von Braunkohle<br />

weichen musste, somit verschwanden<br />

Wälder und Wiesen, sogar der Lauf der<br />

Mulde wurde verlegt. Die Braunkohleförderungsstandorte<br />

hinterließen riesige<br />

Löcher und Flächen der Zerstörung in der<br />

Bild 2<br />

Natur; das Land lag brach. Der Plan zur<br />

Flutung dieser Gräben sollte bis ins Jahr<br />

2006 vollendet werden. Dem künstlich angelegten See kam im Jahr 2002 jedoch die Natur<br />

zur Hilfe. Die Jahrhundertflut der Mulde flutete den zukünftigen „großen Goitzschesee“(Bild<br />

2) innerhalb von zwei Tagen und eröffnete so den größten künstlich angelegten See<br />

Deutschlands, mit einer Größe von ca. 69 km². Der Landschaftspark Goitzsche ist heute ein<br />

beliebtes Ziel für Einheimische, aber auf für Touristen auf der Suche nach Außergewöhnlichem,<br />

als was die Goitzsche beschrieben werden kann. Sie bietet einen schönen Erholungsort,<br />

an dem kein Wunsch für kleine und große Wasserliebhaber ungestillt bleibt. Segler,<br />

Surfer, Angler und Schwimmer finden sich hier in ihrem Element wieder und haben die<br />

Möglichkeit, die vielfältigen Möglichkeiten des Naturparks Goitzsche zu nutzen. Der Naturpark<br />

verfügt über ein verzweigtes Wegenetz mit einer Gesamtlänge von 108 km. Jogger,<br />

Wanderer und Radler kommen hier voll auf ihre Kosten. Weitere Highlights des Naturparks<br />

Goitzsche bieten der Hafen und das Strandbad, was das Gefühl eines Meeres, deshalb auch<br />

oftmals <strong>Bitterfeld</strong>er Meer genannt, aufkommen lässt. In unmittelbarer Nähe steht am<br />

Goitzschesee der Pegelturm, welcher 48 Meter tief im See steht und somit einen Blick „ins<br />

Wasser“ ermöglicht. Die Kosten, allein für die „<strong>Bitterfeld</strong>er Wasserfront“, beliefen sich auf<br />

rund 17 Millionen Euro an Fördermitteln, wovon etwa 2 Millionen Euro durch Sponsoren wie<br />

die Sparkasse getragen wurden. Die übrigen Kosten teilten sich EU, Bund und Land, wodurch<br />

es dem hoch verschuldeten <strong>Bitterfeld</strong> ermöglicht wurde, seinen Seeblick zu erlangen, ohne<br />

44


einen eigenen Cent auszugeben. Auch die Fluthilfe, nach dem Elbe-Hochwasser des Jahres<br />

2002 brachte Geld nach <strong>Bitterfeld</strong>, sodass ein neues Sportbad eingerichtet werden konnte.<br />

Die Region rund um die Goitzsche, welche vollkommen von Menschenhand geschaffen<br />

wurde, ist ein einzigartiges Symbol eines bislang einzigartigen Wandels einer gesamten<br />

Region.<br />

Doch die <strong>Stadt</strong> lockt heute noch mit vielen weiteren Angeboten Besuchern an. Die<br />

gesundete Natur mit ihrer eindrucksvollen<br />

Seenlandschaft bildet dabei nur einen Teil<br />

der sehenswerten Region <strong>Bitterfeld</strong>. Allein<br />

die Vielfalt der Sehenswürdigkeiten der<br />

<strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen ist enorm, im<br />

Folgenden sollen die wichtigsten aufgeführt<br />

und erläutert werden.<br />

Das Rathaus (Bild 3) der <strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong>-<br />

Bild 3<br />

Wolfen bietet die Möglichkeit, in vergangene<br />

Tage der <strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong> einzutauchen,<br />

da es zwischen 1936 bis 1939 als<br />

„Wissenschaftliches Zentrallaboratorium“ der photographischen Abteilung der Agfa diente,<br />

bis 1954 stand das Gebäude jedoch unter sowjetischem Eigentum und diente ihrem volkseigenen<br />

Betrieb.<br />

Später wurde es wieder durch die „Orwo“ genutzt und ist seit 2010 im Besitz der <strong>Stadt</strong><br />

<strong>Bitterfeld</strong>. Das Haus erzählt somit viele Geschichten und ist eine beliebte Attraktion. Zu<br />

Ehren der Historie wurden im Jahr 1909 die Dükertürme erbaut; sie zeugen von der<br />

Industrie- und Handwerksgeschichte <strong>Bitterfeld</strong>s. Weitere Einblicke in die Geschichte <strong>Bitterfeld</strong>s<br />

erhält man in den vielen ansässigen Museen wie dem Kreismuseum, dem Industrieund<br />

Filmmuseum, der Galerie am Ratswall sowie den Kellergewölben und dem historischen<br />

Rathaus.<br />

Das Industrie- und Filmmuseum ist für die Geschichte <strong>Bitterfeld</strong>s von enormer Bedeutung,<br />

als weltweit einzige Einrichtung, welche die Geschichte der Forschung und Technologie der<br />

Herstellung von modernen Foto- und Kinofilmen<br />

dokumentiert. Es erzählt auch einen wichtigen Bild 4<br />

Teil der Geschichte <strong>Bitterfeld</strong>s, in welche die<br />

Filmindustrie stark verwickelt ist. Das historische<br />

Rathaus ist heute der Ort, an dem Touristen alle<br />

notwendigen Informationen zur Umgebung<br />

<strong>Bitterfeld</strong>s erhalten können, des Weiteren finden<br />

hier häufig Ausstellungen statt.<br />

Die Einrichtung „Wasserzentrum“ ermöglicht<br />

spielerisch die Auseinandersetzung mit dem Element Wasser und ist besonders bei Kindern<br />

sehr beliebt.<br />

45


Das besondere Wahrzeichen <strong>Bitterfeld</strong>s, der <strong>Bitterfeld</strong>er Bogen (Bild 4), welcher von Oberbürgermeisterin<br />

Petra Wust während eines von uns geführten Skype-Interviews, als „der<br />

kleine Bruder des Eiffelturms“ bezeichnet wurde, ist eine 28 m hohe, 81 m lange und 14 m<br />

breite Aussichtsplattform. Der <strong>Bitterfeld</strong>er Bogen entstand im Jahre 2006, wurde jedoch<br />

zuvor bereits vertraglich mit dem Frankfurter Bildhauer Claus Bury bereits im Jahr 2004 entworfen.<br />

Heute ist er das Wahrzeichen der <strong>Stadt</strong> und im Logo vertreten. Er soll an eine große<br />

Baggerschaufel aus dem Braunkohlbergbau erinnern und somit die Vergangenheit der <strong>Stadt</strong><br />

widerspiegeln. Das Logo „Wir haben den Bogen raus“ unter der Skizze des <strong>Bitterfeld</strong>er<br />

Bogens ist bewusst gewählt und zeigt vom strukturellen Wandel einer gesamten Region.<br />

Besonders intensiv hat sich das Vereinswesen der <strong>Stadt</strong> „<strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen“ entwickelt,<br />

sodass bereits das Gründungsfest der zusammengeschlossenen <strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen vom<br />

30. Juni bis zum 1. Juli des Jahres 2007 zahlreiche Besucher anlockte. Das rege Vereinswesen<br />

und somit bestätigte Engagement der Region <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen ermöglichte es der Region,<br />

an Charme dazuzugewinnen, da verschiedene Festakte, Veranstaltungen und Feiern ohne<br />

die Mithilfe und das Engagement der Bevölkerung kaum oder gar nicht möglich gewesen<br />

wären. Die <strong>Stadt</strong> glänzt vor allem durch ihr Sozialwesen, Kindertagesstätten Spielplätze und<br />

diverse Institute, Vereine und Stiftungen.<br />

Die Bevölkerung ist aktiv in <strong>Bitterfeld</strong> und trägt somit enorm dazu bei, ihre <strong>Stadt</strong> für<br />

Touristen attraktiver zu machen. In <strong>Bitterfeld</strong> wurden enorme Summen aufgebracht, um ihre<br />

Flora und Fauna aber auch das gesamte <strong>Stadt</strong>bild zu sanieren und somit ein neues Image zu<br />

erlangen. Es bedarf nicht bloß der Einrichtungen von diversen kulturellen Einrichtungen<br />

sowie verschiedener Sehenswürdigkeiten, sondern auch des Engagements einer gesamten<br />

Bevölkerungsgruppe, um eine so marode <strong>Stadt</strong>, wie es <strong>Bitterfeld</strong> einst war, aufzupolieren<br />

und strukturell umzugestalten. Die erholte Natur, der Optimismus und die Bemühungen der<br />

Bevölkerung, aber auch das Engagement der politisch Verantwortlichen hat aus <strong>Bitterfeld</strong><br />

heute einen touristisch attraktiven Standort gemacht, welcher durch seine zentrale Lage und<br />

gute Infrastruktur den Weg für erholungsbedürftige, wissbegierige und neugierige Touristen<br />

ebnet.<br />

In ihrem zweiten Roman zum Thema <strong>Bitterfeld</strong> fällt Marons Fazit deutlich positiver aus. In<br />

einem Interview erzählt sie, wie sie sich neu in die Gegend rund um B. verliebt habe: „Aus<br />

der Region ist keine entindustrialisierte Zone geworden", erklärt Maron, „aber außer der<br />

Hoffnung, mit der Photovoltaik eine neue Identität als Wirtschaftsstandort zu gewinnen, hat<br />

<strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen, so ungewohnt die Vorstellung auch ist, eine Zukunft als Erholungsgebiet<br />

für die umliegenden Großstädte." (vgl. FAS vom 21.06.2009)<br />

Heute hat die Region rund um den Naturpark Goitzsche alles, was eine Region für Touristen<br />

attraktiv macht.<br />

46


Genese der Region <strong>Bitterfeld</strong><br />

http://p4.focus.de/img/gen/L/g/HBLg9tO2_Pxgen_r_964x541.jpg<br />

47


Der „<strong>Bitterfeld</strong>er Bogen“<br />

Monika Maron arbeitet in ihrem Bericht ,, <strong>Bitterfeld</strong>er<br />

Bogen'' auch die erneute Begegnung mit<br />

<strong>Bitterfeld</strong> auf. Der <strong>Bitterfeld</strong>er Bogen ist heute<br />

das Wahrzeichen der seit ca.5 Jahren vereinigten<br />

<strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen. Der Bericht erschien<br />

2009 im Fischer Verlag in Frankfurt.<br />

<strong>Bitterfeld</strong> war schon 1981 der Protagonist in<br />

ihrem Buch ,,Flugasche'', welches sich mit der<br />

Umweltproblematik der DDR beschäftigte (siehe:<br />

„Frühe Warnungen vor ökologischen Schäden…“).<br />

Das erste, was beim Lesen des Buches auffällt, ist die Widmung Marons an den 2006 an<br />

einem Hirntumor verstorbenen Reiner Lemoine, einen deutschen Unternehmer und Gründer<br />

der Solon AG bzw. Q-Cells und der Reiner Lemoine Stiftung, welche Stipendien an<br />

Doktoranden im Bereich der erneuerbaren Energien ausstellt. Von ihm erzählt Maron auch<br />

gleich zu Beginn ihres Berichtes. Lemoine scharrte in den 1970er Jahren viele Gleichdenkende<br />

um sich, um ein ,,sozialistisches Ingenieurskollektiv'' zusammenzustellen und um<br />

im Bereich der erneuerbaren Energien zu forschen. Bekannt wurde das Team unter dem<br />

Namen ,,Wuseltronik''.<br />

Q-Cells und andere Unternehmen aus dem Bereich der erneuerbaren Energien haben sich im<br />

Raum <strong>Bitterfeld</strong> angesiedelt, was ihm den Beinamen ,,Solar Valley'' einbrachte. Dieser Name<br />

fällt jedem sofort auf, der <strong>Bitterfeld</strong> von der Autobahnausfahrt <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen aus erreicht.<br />

In großen Lettern steht es am Ortseingang geschrieben.<br />

<strong>Bitterfeld</strong> war nicht immer ein Mekka für Solarenergie. Im oben erwähnten Roman<br />

,,Flugasche'' wurde <strong>Bitterfeld</strong> damals als die ,,schmutzigste <strong>Stadt</strong> Europas'' beschrieben, wie<br />

es der Titel der Reportage der fiktiven Journalistin Josefa Nadler dem Leser offenbart. Die<br />

<strong>Stadt</strong> litt damals unter den Folgen der jahrelang dort ansässigen Chemieindustrie. Doch<br />

<strong>Bitterfeld</strong> hat den Wandel von der dreckigen Industriestadt zum sauberen ,,Solar Valley''<br />

geschafft.<br />

Zunächst beschreibt Maron in ihrem Roman die Geschichte <strong>Bitterfeld</strong>s, welche als Industriestandort<br />

schon 1893 beginnt. Damals befand sich in <strong>Bitterfeld</strong> ein elektrochemisches Werk<br />

der AEG. Auch der Standort Wolfen, so erzählt Maron, wurde ein paar Jahre später, 1895,<br />

zum Standort einer Anilin-Fabrikation. Als Gründe dafür werden die billigen Bodenpreise und<br />

die bestehende Infrastruktur genannt. Sogar den Krieg überstanden die Werke fast komplett<br />

unbeschadet. Durch die Besatzungsmacht der Sowjetunion wurden circa 60% der <strong>Bitterfeld</strong>er<br />

und 50% der Wolfener Werke demontiert und in die Sowjetunion abtransportiert,<br />

dort jedoch nur z.T. wieder aufgebaut.<br />

48


Zentrales Thema in Marons Bericht ist die ,,Wiederauferstehung'' <strong>Bitterfeld</strong>s. Sie habe, wie<br />

sie zur Veröffentlichung des Buches im Spiegel-Interview verriet, eine starke Verbindung zu<br />

dieser Region, seit sie 1974 eine Reportage in der DDR-Wochenzeitung ,,Wochenpost'' über<br />

<strong>Bitterfeld</strong> veröffentlichte. Die dort vorgefundenen Arbeitsbedingungen und der, wie sie sagt,<br />

,,chemievernebelte Himmel'' haben sie schockiert. Ihre Prophezeiung in ihrem Buch, dass es<br />

der DDR einst gelingen werde "auch aus einer Chemiestadt eine saubere <strong>Stadt</strong> zu machen",<br />

bewahrheitete sich also im Nachhinein, auch wenn nicht durch die Mithilfe der DDR.<br />

Dennoch ist <strong>Bitterfeld</strong> für Monika Maron heute noch immer ,,keine schöne <strong>Stadt</strong>'', jedoch<br />

habe sich das ,,Dunkle'' und ,,Unfreundliche'' aus ihr entfernt.<br />

Besonders beeindruckend fiel die Beschreibung<br />

Marons auf Seite 43 auf. Direktzitat:<br />

,,Die Befreiung vom Gift in ihrer Atemluft<br />

bezahlten die <strong>Bitterfeld</strong>er, Wolfener,<br />

Thalheimer und Greppiner mit ihren Arbeitsplätzen,<br />

wie sie zuvor die sicheren Arbeitsplätze<br />

mit ihrer Gesundheit bezahlt hatten''<br />

(<strong>Bitterfeld</strong>er Bogen, S.43).<br />

Nach dem Zusammenbruch der <strong>Bitterfeld</strong>er<br />

Das Relief in der Marktstr. aus dem Jahre 1977 zeigt<br />

eine Szene aus dem Chemiekombinat <strong>Bitterfeld</strong>.<br />

Wirtschaft schaffte es die Natur dort, sich<br />

selbst zu regenerieren und die alten Fabrikhallen<br />

wurden umsäumt von wuchernder Natur.<br />

Als Lemoine und Co damals nach einem geeigneten Standort für ihre Solarproduktion<br />

suchten (Startkapital 60.000 DM), hatte <strong>Bitterfeld</strong> mit Hilfe von 150 Millionen Euro viele<br />

Sanierungs- und Abrissarbeiten geleistet.<br />

Q-Cells, der 1999 von Lemoine mitbegründete Solarhersteller, erreichte eine Verdopplung<br />

seiner Mitarbeiter in nahezu jedem Jahr (<strong>Bitterfeld</strong>er Bogen, S. 59). Alternative Energien sind<br />

aus einer ,,sauberen'' Energiezukunft nicht mehr wegzudenken und gerade das schien den<br />

Erfolg der Solarindustrie auszumachen. Maron erläutert in ihrem Buch, dass Deutschland<br />

auch durch seine Gesetzeslage zur ,,Förderung regenerativer Energien'' den ansässigen<br />

Solarfirmen günstige Startbedingungen gab. Dies gilt natürlich auch für ausländische Firmen.<br />

Die <strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong> kämpft seit der Wende gegen das negative Image, welches längst nicht<br />

mehr der Realität entspricht. Petra Wust, die <strong>Bitterfeld</strong>er Oberbürgermeisterin wird auch<br />

bereits in dem Buch von M. Maron zu <strong>Bitterfeld</strong> interviewt und äußert da, dass sie es nicht<br />

verstehe, warum es für Menschen eine Zumutung sei, in <strong>Bitterfeld</strong> zu wohnen. Die <strong>Stadt</strong> und<br />

ihre Umgebung seien nun sauber und auch die touristische Komponente der <strong>Stadt</strong> sei nun<br />

eine andere; diese Meinung vertrat sie auch im Interview mit uns.<br />

Was ist nun <strong>Bitterfeld</strong>s Aufgabe für die Zukunft? Die depressive Grundstimmung ist nicht nur<br />

dort ein Problem. Laut Maron und einer Studie zufolge seien die Hälfte aller Ostdeutschen<br />

skeptisch, dass die Demokratie die bestehenden Probleme lösen kann.<br />

49


<strong>Bitterfeld</strong> ist zum Synonym des Wandels geworden und oftmals muss dies den Menschen<br />

erst vermittelt werden. Denn vielen ist das Negativbild noch allgegenwärtig. Marons Bericht<br />

wird durch eine aktuelle Bilanz abgeschlossen. Sie erzählt von der Q-Cells Aktie, die seit der<br />

Krise zwischen einem Wert von 20 und 100 Euro hin und her pendelt. Maron prognostiziert,<br />

dass die Zeiten zurzeit schlecht sind und wie schlecht sie geworden seien, wenn ihr Werk<br />

erscheine, könne niemand sagen (<strong>Bitterfeld</strong>er Bogen S.158).<br />

Einen aktuellen Bericht abliefern, über <strong>Bitterfeld</strong> informieren. Das ist die Absicht dieses Teils<br />

unseres Berichtes. Im Gegenteil zu Günter Grass, der am 2.Oktober 1991 eine Rede in <strong>Bitterfeld</strong><br />

hielt, wollen wir nicht unser ,,Unbehagen'' ausdrücken, als ,,Wessi'' über ,,Verhältnisse<br />

zu reden, in denen er nicht leben musste'' (Direktzitat S. 160 <strong>Bitterfeld</strong>er Bogen), sondern<br />

wir wollen informieren, anregen, aber auch kritisieren. Es geht uns um das Zeichnen eines<br />

unverfälschten Bildes. Monika Maron erwähnt die angespannte Beziehung zwischen Ost und<br />

Westdeutschland in ihrem Bericht. Die Unterschiede zwischen den beiden ehemals getrennten<br />

Gebieten sind gerade wirtschaftlich immer noch spürbar.<br />

Mit unserem Bericht wollen wir dazu beitragen, einander besser zu verstehen. West und<br />

Ost? Hoffentlich differenzieren diese Begriffe bald nur noch die geografische Einteilung<br />

unserer Republik und sind nicht weiterhin negativ behaftet mit der Gewissheit, dass es<br />

immer noch gravierende Unterschiede gibt.<br />

50


Aktuelle Situation in der Region<br />

<strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen<br />

Frau Petra Wust, Oberbürgermeisterin von <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen, beschreibt Bittfeld-Wolfen zu<br />

Recht als eine „Problemlöseregion.“ Eine Region also, die sich enorm entwickelt hat und sich<br />

heute wirklich sehen lassen kann.<br />

Aus <strong>Bitterfeld</strong> wurde am 1. Juli 2007,<br />

durch einen Zusammenschluss der<br />

Gemeinden <strong>Bitterfeld</strong>, Wolfen,<br />

Greppin, Holzweisig und Thalheim die<br />

Großgemeinde <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen.<br />

2009 schloss sich zusätzlich noch der<br />

Ort Bobbau an. Nach diesen Zusammenschlüssen<br />

kann sich <strong>Bitterfeld</strong>-<br />

Wolfen nun die viertgrößte <strong>Stadt</strong><br />

Sachsen Anhalts nennen.<br />

Der neu zusammengeschlossenen<br />

Die Fa. Q-Cells in <strong>Bitterfeld</strong>-Thalheim<br />

Region fehlte es jedoch an einem<br />

Zentrum- einem gemeinsamen Mittelpunkt. Nach einer Beratungsphase wurde der<br />

historische <strong>Stadt</strong>kern von <strong>Bitterfeld</strong> zum Kern der Region ernannt. Schnell entwickelte sich<br />

die Region zu einem modernen Wirtschaftsraum und einem attraktiven Lebens-, Arbeitsund<br />

Wohnraum. Heute machen zahlreiche harte und weiche Standortfaktoren die Region für<br />

zuziehende Unternehmen und Unternehmensgründer attraktiv. Die regionalen Unternehmen<br />

im Bereich der Solarindustrie und Chemie haben sich stark weiterentwickelt. So<br />

konnte sich das Solar Valley in <strong>Bitterfeld</strong>-Thalheim 2009 sogar weltweit größter Standort für<br />

Solarindustrie nennen.<br />

Neben der Solarbranche sind in <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen immer noch viele Chemieunternehmen<br />

beheimatet. Das Chemiezentrum in <strong>Bitterfeld</strong> umfasst heute 1 200 ha mit insgesamt 360<br />

Chemieunternehmen, unter ihnen große Namen wie Bayer, Linde und Guardian. Auch wenn<br />

der Standort <strong>Bitterfeld</strong> für die Solarbranche zukünftig wohl an Bedeutung verlieren wird,<br />

lässt sich anhand der Solarindustrie besonders gut erkennen, dass die Region im Umgang mit<br />

Natur und Ressourcen einen deutlichen Wandel durchlebt hat.<br />

Trotz des Wandels hat die Region noch heute mit Schadstoffen und kontaminiertem Grundwasser<br />

zu kämpfen. Messungen zeigen noch immer kontaminiertes Grundwasser mit erhöhten<br />

Konzentrationen von verschiedenen chemischen Substanzen und Schadstoffen<br />

(Messungen 2006). Aus diesem Grund besteht bereits seit 1995 eine Nutzungsbeschränkung<br />

für Brauchwasser, beispielsweise aus privaten Brunnen.<br />

51


Im Zuge des wirtschaftlichen Wandels der Region muss auch auf die Infrastruktur und die<br />

günstige Lage des Standortes <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen hingewiesen werden.<br />

<strong>Bitterfeld</strong> liegt mitten in dem Städtedreieck der Städte Halle, Leipzig und Dessau. Die Autobahnanbindung<br />

ist durch die Nähe zur A9 gesichert, der Flughafen Halle/Leipzig ist in kurzer<br />

Zeit erreicht und der Nahverkehr ist gut ausgebaut. Zudem ist <strong>Bitterfeld</strong> dank eines ICE<br />

Haltepunktes auch mit der Bahn sehr gut zu erreichen.<br />

Nicht umsonst gibt es den Spruch:<br />

„Und sehen wir uns nicht in dieser Welt, dann sehen wir uns in <strong>Bitterfeld</strong>.“<br />

Die Region <strong>Bitterfeld</strong> hatte nach der Wende stark mit einer Abwanderungswelle der Bevölkerung<br />

zu kämpfen. Von damals über 70.000 Einwohnern sank die Bevölkerungszahl auf<br />

heute ca. 45.000 Einwohner. Aus diesem Bevölkerungsrückgang ergab sich das primäre Ziel,<br />

die Region für Anwohner aber auch Touristen und Zuwanderer attraktiv zu gestalten. Dazu<br />

dienten bereits mehrere Modernisierungsprogramme und Verschönerungsmaßnahmen.<br />

Ein besonderes Augenmerk liegt darin, die Familienfreundlichkeit der Region zu verbessern.<br />

Dazu ist eine große Zahl an Kindertagesstätten ebenso wie ein reichhaltiges schulisches Angebot<br />

vorhanden. Die Kindertagesstätten sind auf die einzelnen Ortsteile aufgeteilt, sodass<br />

eine geringe Entfernung zwischen<br />

Wohnort und Kindertagesstätte<br />

garantiert ist. Für Schüler sind<br />

sowohl Gymnasien als auch eine<br />

Sonder- und Förderschule und<br />

alle weiteren bestehenden Schulformen<br />

vorhanden.<br />

Daneben gibt es in <strong>Bitterfeld</strong> zahlreiche<br />

Freizeit- und Sportangebote<br />

und mit 250 Vereinen und<br />

Interessengruppen ein reges Vereinsleben<br />

für Jung und Alt.<br />

Museen, Bibliotheken und<br />

Der Goitzsche See mit Blick auf die einladende Promenade<br />

Stadien runden das kulturelle Angebot<br />

<strong>Bitterfeld</strong>s ab.<br />

Besonders stolz sind die <strong>Bitterfeld</strong>er auf den 25 qkm großen Goitzsche See, der von Anwohnern<br />

auch gerne „<strong>Bitterfeld</strong>er Meer“ genannt wird. Dieser See, der durch die Flutung<br />

eines Tagebaulochs entstand, symbolisiert vor allem den Wandel vom Braunkohleabbau und<br />

der zerstörten Natur hin zur Solarindustrie und dem Tourismusgebiet <strong>Bitterfeld</strong>.<br />

An den Ufern des Goitzsche Sees wurden zahlreiche Wanderwege und Bademöglichkeiten<br />

geschaffen, ebenso wie das Naturschutzgebiet Goitzsche See, in dessen einzigartigem<br />

Lebensraum zahlreiche Tierarten angesiedelt sind.<br />

52


Das Gesamtprojekt Goitzsche See wurde so zum beliebten Naherholungsgebiet und gleichzeitig<br />

zum weltgrößten Landschaftskunstobjekt. Die <strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong> trägt den Namen „<br />

Grüne Industriestadt“ also nicht ohne Grund.<br />

53


Interview mit Oberbürgermeisterin Petra Wust<br />

Die <strong>Bitterfeld</strong>er Oberbürgermeisterin Petra<br />

Wust gab uns die Möglichkeit am Freitag den<br />

1.10.12 ein Interview für unser Projekt zu<br />

führen.<br />

Zunächst begrüßte der Kursleiter des 13PW<br />

<strong>LK</strong> QUINT die Oberbürgermeisterin und gab<br />

ihr eine kurze Einführung in unser Projekt.<br />

Dabei sprach er über unsere Intention und<br />

das Projekt im Rahmen des Wettbewerbes<br />

der <strong>FAZ</strong>. Er berichtete auch über den Besuch<br />

unseres Teams in <strong>Bitterfeld</strong>, um die Fotos für<br />

unseren Wettbewerb zu schießen.<br />

Wir baten zunächst Frau Wust um eine Einschätzung<br />

der <strong>Bitterfeld</strong>er Region. Sie erklärte,<br />

dass sie <strong>Bitterfeld</strong> als Synonym für<br />

den Wandel nach der Deutschen Einheit<br />

sehe. Darüber hinaus sei die Region ein<br />

attraktiver Industriestandort und es gebe<br />

Oberbürgermeisterin Petra Wust<br />

jedes Jahr circa eine halbe Million Touristen.<br />

Auf die Frage, was sie an ihrem Amt begeisterte, antwortete sie, dass sie ein Kind der Region<br />

sei und dort etwas bewegen wollte. Ihre regionale Verwurzelung gab ihr den Anstoß, etwas<br />

verändern zu wollen.<br />

Danach ging es um die Markenzeichen der Region. Frau Wust kam dann auf den zunehmenden<br />

Tourismus zu sprechen. Der Goitzsche See, welcher als Folge der Sturmflut volllief,<br />

der <strong>Bitterfeld</strong>er Bogen (der, wie sie uns verriet, der ,,Bruder des Eiffelturms'' ist, da<br />

beide im Rahmen einer EXPO gebaut wurden), die Tatsache das <strong>Bitterfeld</strong> nun einer der<br />

wichtigsten Wirtschaftsstandorte Mitteldeutschlands sei und die Kulturgüter der Umgebung<br />

seien maßgeblich prägend für das Bild der Region.<br />

Der <strong>Bitterfeld</strong>er Bogen ist dabei unserer Meinung nach sehr interessant, denn er prägt das<br />

Motto der <strong>Stadt</strong>: ,,<strong>Bitterfeld</strong> – Wir haben den Bogen raus''. Dabei sprach unser Tutor an, dass<br />

das Gebiet um den Bogen derzeit saniert wird. Wust erzählte, dass geplant sei, den<br />

Goitzsche See und den Bogen zu verbinden.<br />

Auf die Frage, welcher Schwerpunkt nun in <strong>Bitterfeld</strong> gesetzt werden sollte (Industrie oder<br />

Tourismus), antwortete die Oberbürgermeisterin, dass <strong>Bitterfeld</strong> und seine Region ein Wirtschaftsstandort<br />

sei und immer bleiben werde. 350 Firmen seien dort ansässig und dies verschaffe<br />

der Region 15.000 Arbeitsplätze. Der große Teil davon seien auch Pendler, da das<br />

54


Arbeitsplatzkontingent gar nicht durch die ortsansässigen Bürger erfüllt werden könnte. Der<br />

Tourismus sei, laut Wust, nur das zweite Standbein der Region.<br />

Ein weiterer zentraler Punkt, der auch in unserem Bericht ausführlich besprochen wird, ist<br />

die Lage der Solarindustrie. Wust betonte dabei, dass sie nicht sagen könne, ob in der Vergangenheit<br />

Fehler gemacht wurden, dennoch treffe die Krise ja ganz Deutschland. Die Solarindustrie<br />

sei jedoch sehr wichtig für die Entwicklung der Region gewesen. Solar und Wind<br />

seien gerade für die angestrebte Energiewende in Deutschland die maßgeblichen Technologien.<br />

Problematisch sei dabei der Strompreis, die Forschungen an der Vorspeicherung des<br />

Stroms würden weiter vorangetrieben. Frau Wust sieht darüber hinaus eine Zukunft für die<br />

Solarindustrie, da sie sich etablieren werden (Bezug->Energiewende). Ob dabei ein Dialog<br />

mit der Bundesregierung stattfinde, beantwortete uns Frau Wust mit Nein. Dennoch habe<br />

sie gute Kontakte zur Landesregierung. Sie freue sich darüber, dass aber ein Denkansatz vorhanden<br />

sei.<br />

Eine direkte Unterstützung der Solarindustrie durch die <strong>Stadt</strong> sei aber nicht möglich, da der<br />

<strong>Stadt</strong>haushalt die entstehenden Finanzprobleme mit dem vorhandenen Haushalt gar nicht<br />

lösen könnte (zu hohe Summen). Die <strong>Stadt</strong> stehe dabei aber den Firmen mit Rat und Tat zur<br />

Seite.<br />

Warum sich gerade die Solarindustrie in <strong>Bitterfeld</strong> angesiedelt hatte, interessierte uns natürlich<br />

brennend. Frau Wust erklärte, dass in dieser Region das wirtschaftliche Aufstreben sehr<br />

schnell vorangetrieben wurde. Nach der Ansiedlung von Q-Cells zog dies weitere Firmen<br />

nach <strong>Bitterfeld</strong>. Die Problematik, die durch die aufkommende Präsenz asiatischer Firmen in<br />

der Solarindustrie entsteht, kommentierte Frau Wust mit einer vorhandenen Zusammenarbeit<br />

mit Korea (verursacht durch den Aufkauf der Firma Q-Cells durch Hanwha). Des<br />

Weiteren verriet sie uns, dass die Mitarbeiter von Q-Cells wohl eher positiv eingestellt<br />

gegenüber der Übernahme durch die Koreaner seien, da es ihre Arbeitsplätze gesichert<br />

hätte.<br />

Die politischen Beziehungen zu China oder generell dem asiatischen Raum sei auch durch<br />

diese Entwicklung vorhanden (Handelspartner). Wichtig für sie sei auch die Attraktivität<br />

<strong>Bitterfeld</strong>s für die junge Generation. Wir fragten Frau Wust, was gerade für Menschen in<br />

unserem Alter an <strong>Bitterfeld</strong> attraktiv sein könnte. Sie nannte die vielen Ausbildungsmöglichkeiten<br />

und das Vorhandensein von KITA-Plätzen. Die besondere Vereinslandschaft <strong>Bitterfeld</strong>s<br />

sei dabei auch zu nennen, ebenso wie die vielen Bildungsmöglichkeiten, obwohl <strong>Bitterfeld</strong><br />

keine Hochschule besitze. Wir betonten, um diesen Punkt noch einmal zu unterstreichen,<br />

dass es viele Abwanderung von Fachkräften in Ostdeutschland gebe. Frau Wust zeige auf,<br />

dass es in ihrer Region nur eine geringe Negativtendenz gebe, dennoch sei der demografische<br />

Wandel auch in <strong>Bitterfeld</strong> und Umgebung spürbar.<br />

Der aufkommende Rechtsextremismus in Ostdeutschland, der oftmals viele Leute abschreckt,<br />

sei laut Frau Wust in der Region nicht vorhanden, d.h., es gebe keine offene Szene.<br />

Sie informierte uns aber darüber, dass sich viele Bürger der Region auch mit tatkräftigen<br />

Aktionen offen gegen diese Problematik aussprächen. Auch die <strong>Bitterfeld</strong>er Vergangenheit,<br />

55


welche ein zentraler Punkt unseres Projektes ist, wurde in dem Interview angesprochen. Wie<br />

kam es zu dem Wandel? Frau Wust erklärte uns, dass ohne externe Hilfe gar kein Umbruch<br />

möglich gewesen wäre. Der aufkommende Umweltschutz half dabei, den Wandel von der<br />

,,dreckigen'' Industriestadt zum ,,sauberen'' Solar-Valley zu vollziehen. Ziel sei es auch, den in<br />

jüngster Zeit (2007) vollzogenen Zusammenschluss mit der <strong>Stadt</strong> Wolfen noch weiter zu vervollkommnen.<br />

Negativ behaftet sei der Ruf der Region auch durch die Ausstrahlung des berühmten Berichtes<br />

,,Bitteres aus <strong>Bitterfeld</strong>'', welcher im deutschen Fernsehen vor nicht allzu langer Zeit<br />

gesendet worden sei. Wust kritisierte, dass dabei aber nicht auf die aktuelle Situation eingegangen<br />

worden sei. Gerade die Einstellungsänderung sei dabei nicht gut benannt worden<br />

und gerade das mache das moderne <strong>Bitterfeld</strong> aus.<br />

Dennoch wollten wir wissen, welche Folgen aus den Problemen, die damals in dem Film beschrieben<br />

wurden, noch heute spürbar seien. Sie erklärte, dass es immer noch ein Grundwasserproblem<br />

gebe und das die Tierpopulation noch Zeit benötigte sich wieder zu regenerieren.<br />

Abschließend baten wir sie um eine kurze Stellungnahme zu unserem Projekt. Sie freue sich,<br />

dass wir uns mit einer positiven Bilanz der Region beschäftigen würden. Sie stehe uns auch<br />

für weitere Fragen jederzeit zur Verfügung. Dieses Interview hat einen maßgeblichen Beitrag<br />

zur Entwicklung unseres Projektes geleistet. Wir danken an dieser Stelle auch noch einmal<br />

Frau Petra Wust für ihr Engagement.<br />

56


Standortentwicklung in der Region <strong>Bitterfeld</strong>-<br />

Wolfen<br />

Standortfaktoren<br />

Nach der Betrachtung der Region <strong>Bitterfeld</strong> in der Zeit vor und nach der Wende und der<br />

damaligen Entwicklung vor Ort stellt sich die Frage, wie Weltunternehmen wie beispielsweise<br />

Q-Cells einen solchen Standort wie <strong>Bitterfeld</strong> wahrnehmen. <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen war<br />

nach der Wende eine der verseuchtesten Regionen Deutschlands, besonders durch die<br />

damalige Kohle- sowie Chemieindustrie und ist, auf den ersten Blick gesehen, keinesfalls ein<br />

ansprechender Standort für die Ansiedlung eines Solarkonzerns.<br />

Als einen möglichen Grund ist zunächst einmal ganz klar die Integration in das bestehende<br />

Solar Valley mit 35 weltweit agierenden<br />

Konzernen, neun renommierten<br />

Forschungseinrichtungen, fünf Universitäten<br />

und fünf Hochschulen zu<br />

sehen, welches sich über drei verschiedene<br />

Bundesländer erstreckt.<br />

Weitere Standortfaktoren bestehen in<br />

ausreichenden Kindergartenplätzen,<br />

sowie einer ausgebauten Schullandschaft<br />

in der Region. Ebenfalls besteht<br />

eine gute Kulturlandschaft, vor allem in<br />

der Hinsicht auf Vereine, was in Kombination mit den Kindergartenplätzen, sowie der ausgebauten<br />

Schullandschaft eine sehr gute Grundlage für alle Arbeitnehmer gewährleistet.<br />

Arbeitsplätze im Unternehmen werden also sehr attraktiv, besonders aufgrund der bestehenden<br />

Sicherheit und Zukunftsfähigkeit.<br />

Hinzu kommen außerdem Joint Ventures mit diversen asiatischen Konzernen, die immer<br />

neue Arbeitsplätze schaffen. Aus einem Interview mit der derzeitigen Oberbürgermeisterin<br />

Petra Wust geht als vorherrschender Grund der Ansiedlung die besonders enge Zusammenarbeit<br />

von Bundesland, Landkreis und der <strong>Stadt</strong> hervor. Dies ermöglicht die schnelle Findung<br />

von Entscheidungen, primär in der Umsetzung von Plänen in Kooperation mit den Unternehmen.<br />

Diese Umsetzungen werden ebenfalls von Fördermitteln begleitet, welche aus beispielsweise<br />

Sachspenden bestehen. Eine finanzielle Unterstützung seitens der Gemeinde sei<br />

allerdings zurzeit, aufgrund der misslichen Haushaltslage keineswegs möglich.<br />

<strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen wurde durch die Ansiedlung solcher Konzerne wie Q-Cells, aber auch<br />

durch Finanzhilfen wie den Solidarpakt oder den Länderfinanzausgleich in eine wirtschaftlich<br />

sowie infrastrukturtechnisch anständige Lage geleitet, allerdings sind auch Städte wie <strong>Bitterfeld</strong>s<br />

Partnerstadt Marl in Nordrhein-Westfalen zu beachten, welche aufgrund ihrer geo-<br />

57


grafischen Lage nicht berechtigt sind, finanzielle Unterstützungen in Anspruch zu nehmen,<br />

allerdings wirtschaftlich deutlich schlechter dastehen als beispielsweise <strong>Bitterfeld</strong>. Hier ist,<br />

auch in einer solchen Republik wie Deutschland, Kritik zu üben, denn man sollte beispielsweise<br />

einen Solidarpakt nicht an der geografischen Lage der Städte bemessen, denn auch<br />

Menschen im Westen können, wie in Marl, am Existenzminimum leben. Somit würden sich<br />

dort niemals Konzerne ansässig machen und eine wirtschaftlich gesehen Besserung ist in<br />

einer solchen Region somit nicht zu erwarten.<br />

Regionale Solarfirmen<br />

Die Sovello GmbH ist ein Hersteller von Solarwafern, Solarzellen und Solarmodulen mit Sitz<br />

in <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen, Sachsen-Anhalt. Das Unternehmen, dessen patentrechtlich geschützten<br />

STRING RIBBON Wafer mit bis zu 50 Prozent weniger Silizium und 50 Prozent weniger<br />

Energieverbrauch verglichen mit traditionellen Wafersägeverfahren hergestellt werden, befindet<br />

sich derzeit in einem Insolvenzverfahren unter der Leitung des Insolvenzverwalters<br />

Prof. Dr. Lucas F. Flöther.<br />

Bei Sovello können am Standort <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen mit dem Herstellungsverfahren alle<br />

Komponenten von Photovoltaik-Modulen hergestellt werden. Das Ausgangsmaterial für die<br />

STRING RIBBON Solarzellen bilden die aus ca. 0,2 Millimeter dicken Siliziumscheiben bestehenden<br />

Solarwafer, welche mit einer Waferdicke von 135 Mikrometer die weltweit<br />

dünnsten kristallinen Wafer der Photovoltaik-Industrie sind. In mehreren Arbeitsschritten<br />

werden die Solarwafer gereinigt und chemisch behandelt. Die dadurch entstandenen Solarbatterien<br />

werden mit Stromleitungen versehen. Die aus den Solarwafern hergestellten<br />

Solarzellen sind die technisch kleinsten Einheiten zur Umwandlung von Sonnenlicht in<br />

elektrischen Strom.<br />

Der letzte Arbeitsschritt ist die Verbindung der Solarzellen mittels elektrischer Leitungen zu<br />

einem fertigen Solarmodul. Dieses besteht aus einer Rückwand aus Kunststoff, einer Oberseite<br />

aus Anti-Reflex beschichtetem Sicherheitsglas und einem Aluminiumrahmen.<br />

Das Unternehmen stellt zwei verschiedene Solarmodule her. Zum einen die Pure Power<br />

Solarmodule (T-Serie), welche mit Spannungen zwischen 26,7V und 27,9V für den Hochvoltbereich<br />

kleinerer Anlagen ausgelegt sind und zum anderen die Pure Power Solarmodule (L-<br />

Serie), welche aufgrund ihrer Niedrigvoltauslegung von 20,2V bis 20,6V für größere Anlagen<br />

geeignet sind.<br />

Im Jahr 2005 wurde das Unternehmen als Joint Venture von Evergreen Solar Inc. (Marlboro,<br />

USA), Q-Cells SE (Thalheim, Deutschland) und REC ASA (Hovic, Norwegen), unter dem sich<br />

aus den beiden Gesellschaftern Evergreen und Q-Cells zusammensetzenden Namen EverQ,<br />

gegründet. Gründungszweck war eine Machbarkeitsprüfung des von Evergreen patentierten<br />

Produktionsverfahrens der Solarwafer. EverQ fungierte zunächst als reiner Produktionsbetrieb,<br />

so wurden die bei EverQ hergestellten Produkte nicht unter dem EverQ Label vertrieben,<br />

sondern unter dem von Evergreen. In den Jahren 2006 und 2007 wurden die ersten<br />

beiden Werke im Solar Valley in Thalheim, einem Ortsteil von <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen, fertig-<br />

58


gestellt. Aufgrund des schnellen Wachstums und der Größe die EverQ erreichte, entschieden<br />

die Gesellschafter des Joint Ventures, das Unternehmen künftig selbstständig am Markt auftreten<br />

zu lassen. So firmiert seit dem 24. November 2008 die EverQ GmbH als Sovello AG.<br />

Der Name lässt sich aus den beiden Worten „Sonne“ und „Well“ (englisch für „gut“) ableiten.<br />

Seit Anfang 2009 vermarktet die Sovello AG ihre Produkte eigenständig am Markt. Im<br />

gleichen Jahr wurde das dritte und letzte Werk, ebenfalls in Thalheim, errichtet. Seit April<br />

2010 befindet sich die Sovello AG im Besitz des Ventizz Capital Fund IV L.P. Im Dezember<br />

folgte eine Umfirmierung in die Sovello GmbH.<br />

Am 14. Mai 2012 hat die Geschäftsführung, aufgrund von Zahlungsunfähigkeit, einen Antrag<br />

auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverantwortung beim Amtsgericht Dessau-<br />

Roßlau gestellt. Bernd Depping wurde als vorläufiger Sachverwalter bestimmt. Das Amtsgericht<br />

Dessau-Roßlau eröffnete am 1. August 2012 das Insolvenzverfahren, nachdem der<br />

Antrag des Unternehmens auf Anordnung der Eigenverantwortung aufgrund des einstimmigen<br />

Votums des Gläubigerausschusses abgelehnt wurde. Mit Beginn des Insolvenzverfahrens<br />

ging zum einen die Leitung des Unternehmens auf Prof. Dr. Lucas F. Flöther über und<br />

zum anderen lief das Insolvenzgeld aus, weshalb das Unternehmen die Löhne und Gehälter<br />

der Mitarbeiter wieder selbst bezahlen musste. Da die Suche nach einem Investor erfolglos<br />

war, wurde am 27. August 2012 die Produktion eingestellt, weshalb die verbliebenen 1000<br />

Mitarbeiter gekündigt wurden.<br />

Der Insolvenzverwalter Lucas Flöther kündigte jüngst an, einen Inverstor bis Ende Oktober<br />

finden zu wollen. Zwar sagte das spanische Solarunternehmen Isofton zuletzt einer Übernahme<br />

ab, jedoch befinde sich Flöther zurzeit in Verhandlungen mit mehreren<br />

Interessenten.<br />

Entwicklung (1990-2000)<br />

Die Region <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen war zu DDR Zeiten und bis in die frühen 90er Jahre ein<br />

Synonym für die am stärksten kontaminierte Region Deutschlands. Kein Wunder galt die<br />

Region nahe dem Goitzsche-See doch als einer der bedeutendsten Braunkohle- und Chemiestandorte<br />

der DDR. Dies hatte natürlich entsprechend negative Folgen für Umwelt und<br />

Natur:<br />

So schleuderten beispielsweise das Chemiekombinat <strong>Bitterfeld</strong> und das Photochemische<br />

Kombinat ORWO (ORiginal WOlfen) jährlich bis zu 58 000 t Staub und mehr als die doppelte<br />

Menge Schwefeldioxid in die Umgebung. Ganz zu schweigen von der Ableitung unzähliger<br />

Kubikmeter chemischer Abwässer, in den dadurch silbrig glänzenden „Silbersee“, dessen<br />

Wasser mehr der Konsistenz eines Gels entsprach.<br />

Mit der Wende 1889 war die Zeit gekommen, eine Lösung für eine Neuordnung der bis dahin<br />

noch 21 betriebenen Tagebauen in der Region <strong>Bitterfeld</strong> zu finden:<br />

Neben zahlreichen Fördermaßnahmen und Subventionen der Bundesregierung war ein entscheidender<br />

Schritt die Privatisierung an die Preiss-Daimler-Firmengruppe der ehemaligen<br />

Chemiekombinate, um die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Rationalisierungsmaßnahmen<br />

59


und mehr Umweltbewusstsein der Unternehmen hatten den Verlust vieler Arbeitsplätze zur<br />

Folge. Durch Kurzarbeit, Weiterqualifizierungsmaßnahmen und staatliche Subventionen<br />

konnte die Arbeitslosenquote zwar bis 1992 bei ca. 10% gehalten werden, allerdings stieg<br />

diese während der 90er Jahre auf bis zu 20% an, was wenig verwunderlich war, bot die ehemalige<br />

„dreckige Industrie“doch rund 45 000 Menschen eine sichere Beschäftigung.<br />

Der Wandel zum heutigen preisgekrönten, sauberen Wirtschaftsstandort vollzog sich hauptsächlich<br />

durch die Gründung des Chemie- und Industrieparks <strong>Bitterfeld</strong>-Thalheim im Jahre<br />

2001.<br />

Mit der Ansiedlung erster Unternehmen, darunter bekannte Namen wie „Guardian Flachglas“,<br />

„Q-Cells AG“ oder „Bayer AG“ wurde die Grundlage für das heutige Solar Valley gelegt:<br />

Die angesiedelten Unternehmen und die reibungslose und schnelle Zusammenarbeit mit<br />

städtischen Behörden lockten immer mehr auf innovative Technologien ausgerichtete<br />

Unternehmen in die Region in Sachsen-Anhalt. Mittlerweile sind dort rund 360 Unternehmen<br />

sesshaft geworden, inklusive Solar Valley. Damit wurden neue Arbeitsplätze in<br />

einem Gesamtvolumen von ca. 14000 Stellen, allein 5000 davon im Solar Valley geschaffen.<br />

Dies entspricht zwar nicht den ursprünglichen Beschäftigungszahlen von 45000 Arbeitsplätzen,<br />

jedoch ist die Region damit gut ausgelastet und sogar auf Fachkräfte der weiteren<br />

Umgebung angewiesen. Um den Mangel zu decken, pendeln mittlerweile ca. 1400 Arbeiter<br />

zwischen ihrem Arbeitsplatz im Industriepark und ihrem Heimatort in näherer Umgebung.<br />

Und diese Erfolge sollen nicht die einzigen bleiben; die Pläne der <strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen,<br />

welche eng mit den Unternehmen kooperiert, sind ambitioniert:<br />

Der Chemie- und Technologiepark soll zum Hochtechnologiezentrum ausgebaut werden,<br />

wobei der Fokus vor allem in die Forschung und Weiterentwicklung innovativer Technologien<br />

gelegt werden soll. So hofft das <strong>Stadt</strong>parlament um Oberbürgermeisterin Wust, der<br />

aktuellen Krise in der Solarbranche entgegenzuwirken zu können.<br />

Neben den wirtschaftlichen Erfolgen, dem Rückgang der Arbeitslosenquote von 20% auf<br />

mittlerweile 13.4% (Stand Februar 2010), damit lag die Region unter dem Landesdurchschnitt<br />

Sachsen-Anhalts (14.3%, Februar 2010), hat sich der Wandel zum sauberen Industriestandort<br />

vor allem positiv auf das Image der Region ausgewirkt:<br />

<strong>Bitterfeld</strong> hat sich inzwischen zu einem zum attraktiven Erholungsziel entwickelt. Dies ist<br />

nicht nur angenehm für die Anwohner, welche stolz auf den „<strong>Bitterfeld</strong>er Bogen“, das Wahrzeichen<br />

der <strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen, die 2007 aus der Fusion der einzelnen Kleinstädten<br />

<strong>Bitterfeld</strong> und Wolfen resultierte, sind. Das Ansehen und die Popularität der <strong>Stadt</strong> und der<br />

damit einhergehende Tourismuszweig als Einnahmequelle sind zum „zweiten Standbein“ der<br />

Region geworden. Die <strong>Stadt</strong> ist weiterhin bemüht, den Tourismus weiter auszubauen, beispielsweise<br />

durch den Bau einer direkten Verbindung des <strong>Bitterfeld</strong>er Bogens mit dem nahegelegenen<br />

Goitzsche-See.<br />

Somit lässt sich also konstatieren, dass durch den Wandel der Chemieindustrie der Region<br />

zunächst zwar viele Arbeitsplätze verloren gegangen sind. Diese, Im Rahmen der Neu-<br />

60


esiedelung des Chemieparks wurden aber neue Arbeitsplätzegeschaffen, sodass die<br />

Arbeitslosenquote auf fast die Hälfte reduziert werden konnte.<br />

Vor allem die Umwelt und damit die Attraktivität der Region konnte dank des Solar Valleys<br />

enorm verbessert werden, wodurch <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen nicht nur eines der angesehensten<br />

Hightechzentren Deutschlands ist, sondern darüber hinaus ein anziehendes Reise- und Erholungsziel<br />

geworden ist.<br />

Diese positive Tendenz kann allerdings nur gefestigt werden, wenn auch in Zukunft mit viel<br />

Engagement daran gearbeitet wird, das Image der Region zu stärken.<br />

Dazu ist es notwendig, die Entwicklung<br />

der Solar- und Innovationstechnologiebranche<br />

zu fördern, um<br />

weiterhin wirtschaftlich interessant<br />

zu bleiben und regionale Arbeitsplätze<br />

zu sichern. Zudem hat auch die<br />

<strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen mit einer<br />

immer größer werdenden älteren<br />

Bevölkerung und einer demgegenüber<br />

schrumpfenden jungen<br />

Generation zu kämpfen.<br />

Entscheidend wird also, neben der<br />

Noch immer sind Überreste der einstigen Vergangenheit sichtbar.<br />

wirtschaftlichen Stabilität der Region<br />

sein, ob es gelingt, <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen zu einer für junge Menschen und Familien attraktiven<br />

<strong>Stadt</strong> zu formen.<br />

61


Wege in die Krise<br />

Globalisierung<br />

Um Erfolg, Wachstum und Profit der Unternehmen zu gewährleisten und für die Zukunft<br />

sicher zu stellen, beschlossen Q-Cells und Solarworld früh in ihrer Firmengeschichte durch<br />

Joint Ventures und Handelsvertretung global Fuß zu fassen. Sovello hingegen, welches 2005<br />

aus einem Joint Venture zwischen dem US-Unternehmen Evergreen Solar Inc., Q-Cells und<br />

dem norwegischem Unternehmen REC ASA hervor ging, produziert bis jetzt nur im Stammwerk<br />

in Thalheim. Trotzdem wird das Produktportfolio weltweit angeboten und vertrieben.<br />

Den ersten Schritt zur globalen Präsenz tat Q-Cells 2004, indem die Firma 2004 bei der<br />

australischen CSG Solar einstieg. 2008 startet das Unternehmen mit dem Bau eines Werkes<br />

in Malaysia. Des Weiteren werden die ersten Auslandsniederlassungen eröffnet. 2009 wird<br />

der erste Teil der Produktionskapazität von 300 MWp in Betrieb genommen und die Herstellung<br />

von kristallinen Solarzellen beginnt. Mit dem Anfang der Solarkrise fängt auch die<br />

Debatte über Kosteneinsparung an, sodass Ende Juni 2012 die Solibro GmbH an das größte,<br />

private, chinesische Energieunternehmen Hanergy Holding Group verkaufte wurde. Durch<br />

diese Maßnahme konnten sämtliche 400 Arbeitsplätze am Standort <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen gesichert<br />

werden. Zuvor hatte Q-Cells am 03.04.2012 den Insolvenzantrag gestellt. Drei<br />

Monate später ging der Insolvenzverwalter Henning Schorisch auf Investorensuche und<br />

wurde mit dem südkoreanischen Konglomerat Hanwha fündig. Dieses konnte sich gegen das<br />

spanische Unternehmen Isofoton durchsetzen und erhielt am 29.08.2012 den Zuschlag für<br />

das Kerngeschäft von Q-Cells. Durch die Übernahme konnten 1250 der 1550 Arbeitsplätze,<br />

davon 750 in Deutschland, weltweit gesichert werden. Hier sieht man, dass das Unternehmen<br />

durch die globale Präsenz, die zuvor aufgebaut wurde, am Ende gerettet wurde. Im<br />

Gegensatz zu Q-Cells fokussierte sich Solar World zunächst auf das Europa und Nordamerika<br />

Geschäft. Erst im Nachhinein nahm man den asiatischen Markt in Blick.<br />

Um die globalen Investitionen zu ermöglichen, wurde 2006 erst einmal Fremdkapital in<br />

Höhe von 306,5 Mio. Dollar eingeworben. Dieses Kapital wurde direkt in das geplante Werk<br />

in Hilsboro, Ohio, USA weiter investiert. Das Gesamtvolumen betrug 500 Mio. US-Dollar.<br />

Dort wurde die Produktion im Sommer 2007 mit einer Kapazität von 100 MW in Betrieb genommen<br />

und sollte bis 2009 die Kapazität von 500 MW erreichen und bis 2011 1000 neue<br />

Arbeitsplätze ermöglichen. Somit ist diese Fabrik das größte Werk für Solarzellen und<br />

Solarsiliziumwafer des amerikanischen Kontinents und soll den stark wachsenden US Markt<br />

versorgen. Im folgenden Jahr gründete man mit dem südkoreanischem Unternehmen Solar<br />

Park Engineering Co. Ltd. Das Joint Venture SolarWorld Korea Ltd.. Zu diesem Zweck wurde<br />

eine Fabrik mit dem Volumen von 120 MW mit Vergrößerungsoption in Süd Korea errichtet.<br />

Die Anteile an diesem Projekt wurden jedoch 2011 gewinnbringend verkauft. Im gleichen<br />

Jahr gelang ein 750 Mio. Euro Deal mit dem indischen Auftraggeber Solar Semiconductor<br />

Pvt. Ltd., dies hatte zu Folge, dass das Stammwerk mit dem Investitionsvolumen von 350<br />

62


Mio. Euro in Freiberg auf die Kapazität von 1000 MW bis 2010 erhöht wurde, sodass 500<br />

neue Arbeitsplätze geschaffen wurden. Im Jahr 2010 schließt das Unternehmen das nächste<br />

Joint Venture mit der Qatar Foundation, um die Qatar Solar Technologies zu gründen und<br />

eine Fabrik für Polysilizium für den Investitionswert von 500 Mio. US-Dollar zu errichten.<br />

Durch diese Maßnahmen konnte SolarWorld stetig wachsen, sodass der Umsatz sich zwar<br />

von 509 Mio. Euro im Jahr 2006 auf 1304,7 Mio. Euro im Jahr 2010 mehr als verdoppeln<br />

konnte. Jedoch fiel der Gewinn in der gleichen Zeit von 131 Mio. auf 87,3 Mio. Durch die<br />

Solarkrise im Jahr 2011 brach der Gewinn ein und SolarWorld verbuchte einen Verlust von<br />

fast 300 Mio. Euro. Zur Ursache dieser Krise gehören auch die Billigimporte aus China, sodass<br />

SolarWorld Industries America Inc. 2011 zusammen mit anderen US Solarunternehmen eine<br />

Klage dagegen einreichte.<br />

Globale Faktoren<br />

Momentan drohen chinesische Solarunternehmen Europa wegen angekündigten Anti-<br />

Dumping-Zöllen mit einem allumfassenden Handelskrieg. Die chinesischen Konzerne wenden<br />

sich Hilfe suchend an ihren Staat und versuchen gemeinsam mit der chinesischen Regierung<br />

die Einführung von Anti-Dumping-Zöllen in Europa zu verhindern, da, sollte sich die USA<br />

ebenfalls dazu entscheiden Anti-Dumping-Zölle einzuführen, die chinesische Solarbranche<br />

mit dem Rücken zur Wand stünde.<br />

Die Klage wurde von der Europäischen Kommission angenommen. Sie hat 15 Monate Zeit,<br />

um ein vorläufiges Urteil zu fällen. Sollte sich die EU-Kommission für Strafzölle entscheiden,<br />

könnte dies ein lebensbedrohlicher Schlag für die chinesische Solarindustrie sein. Die EU-<br />

Kommission hat nach Eingang der Klage 45 Tage Bedenkzeit. Kritiker sagen, dass dies zu<br />

einem allumfassenden Handelskrieg zwischen Europa und China führen könnte, welcher<br />

riesige Verluste für beide Parteien bedeuten würde. Andere sind allerdings der Meinung,<br />

dass der Solarmarkt nur ca. 1% des Handels zwischen Europa und China ausmache, und<br />

damit die wirtschaftlichen und Politischen Beziehungen kaum beeinträchtigen würde. Bisher<br />

ist bei der EU-Kommission eine Sammelklage von 25 europäischen Unternehmen eingegangen,<br />

welche sich überrollt und zu einer Rabattschlacht gezwungen fühlen. Dies ist<br />

darauf zurückzuführen, das die chinesischen Unternehmen durch staatliche Subventionierung<br />

Wettbewerbsvorteile haben.<br />

Das US-Handelsministerium hat teilweise schon Dumpingvorwürfe bestätigt und betroffene<br />

Chinaimporte mit Strafzöllen von bis zu 250% belegt. Als Gegenreaktion hat Peking eine Anti-<br />

Dumpingkampagne gegen die USA, Südkorea etc. gestartet und sich an die Welthandelsorganisation<br />

WTO zur Vermittlung gewendet. Diese Streitigkeit umfasst jetzt schon<br />

Milliardenumsätze und hunderttausende Arbeitsplätze. Weltweit stehen dreiviertel der<br />

Solaranlagen in Europa, das damit der größte Abnehmer von chinesischen Solaranlagen ist.<br />

Nur 20% der chinesischen Produktion bleiben im eigenen Binnenmarkt, der Rest wird exportiert.<br />

63


Auch wenn China ein Massenhersteller ist, ändert das nichts daran, dass die Effizienz der<br />

chinesischen Anlagen technologisch schwächer als die der europäischen Anlagen ist. 2011<br />

machte die chinesische Solarindustrie einen Umsatz von 35,8 Mrd. Dollar.<br />

Deutsche Politiker wie zum Beispiel Peter Altmaier wollen der deutschen Solarindustrie den<br />

Rücken stärken. Der Minister würde bei Hinweisen auf Wettbewerbsverzerrung ein Anti-<br />

Dumpingverfahren unterstützen, doch es wäre nicht allein Deutschlands Entscheidung, ob<br />

ein Verfahren eingeleitet wird. Zusätzlich wolle Altmaier die chinesische Regierung bei einem<br />

Auslandsbesuch mit Frau Merkel auf, die zu hohen Subventionen anzusprechen und diese<br />

von einem Nachlass zu überzeugen, um den Wettbewerb im Allgemeinen fairer zu gestalten.<br />

Dass mindestens 25% der europäischen Solarbranche Klage einreichen müssen, könnte sich<br />

allerdings als Problem erweisen, da viele europäische Unternehmen eine Kooperation mit<br />

chinesischen Firmen eingegangen sind, um sich selbst vor der Insolvenz zu retten.<br />

Momentan arbeitet das deutsche Unternehmen „Solarworld“ an einer Vorlage zur Anti-<br />

Dumping-Klage, hinter der letztendlich 25% der europäischen Solarbranche stehen.<br />

Fazit<br />

Eine derartige Wettbewerbsverzerrung wie sie China in einer größtenteils demokratisierten<br />

Welt betreibt, ist für den Weltmarkt nicht tragbar. Mich hat vor allem interessiert, wie China<br />

es schafft, Produkte unter den Produktionspreisen zu verkaufen. Es hat nicht viel an<br />

Recherchearbeit gebraucht, um in Erfahrung zu bringen, wie Chinas Taktik aussieht. Die<br />

Regierung gibt Subventionen, die die Firmen so unterstützen, sodass man sogar unter<br />

Produktionskosten verkaufen kann. Das kann sich Deutschland einfach nicht leisten. Dies hat<br />

zur Folge, dass beispielsweise europäische Firmen Insolvenz anmelden müssen. Jegliche<br />

Konkurrenzfähigkeit wird damit durch China ausgeschlossen.<br />

Interessant ist auch, dass die europäischen Staaten und auch Amerika quasi machtlos sind,<br />

da sich China mit seinen Handelsbeziehungen in der gesamten Welt ausgebreitet hat. Als<br />

Eigentümer von diversen Staatsanleihen und potenzieller Käufer von weiteren Staatsanleihen<br />

kann man einfach nicht auf China verzichten. Auch als Rohstofflieferant ist China unverzichtbar.<br />

China würde auf jeden Fall aber auch herbe Verluste im Falle eines Wirtschaftskrieges,<br />

der sich entwickeln könnte, hinnehmen müssen. Chinas Macht ist unbestritten und<br />

umso verblüffender ist es, dass Europa China noch mit Entwicklungsgeldern fördert, obwohl<br />

sich China längst zur Supermacht entwickelt hat, wobei China dies niemals von sich selbst<br />

behaupten würde. Diese Entwicklungsgelder werden in China größtenteils in Forschung und<br />

Bildung investiert, was auf lange Sicht wieder kontraproduktiv ist.<br />

Im Prinzip bezahlen wir dafür, dass uns China in Sachen Forschung bald einholt, und uns<br />

nicht mehr nur noch in der Produktionsgeschwindigkeit, sondern auch in der Rentabilität<br />

und Qualität ebenbürtig oder sogar voraus ist.<br />

64


Symbiose von Ökologie und Ökonomie<br />

Ökologische Beeinflussung der Wirtschaft<br />

Das größte Problem der Zusammenarbeit gesunder Ökologie und starker Ökonomie sind ihre<br />

unterschiedlichen Voraussetzungen und Ausrichtungen. Die Ökonomie, die wettbewerbsfähig<br />

sein muss, benötigt die Massenproduktion zur Herstellungskostensenkung, die<br />

logischerweise mit einem sehr hohen Ressourcenverbrauch in Verbindung steht. Für die<br />

Produktion selbst werden Rohstoffe und Energien gebraucht. Diese sind jedoch sehr begrenzt<br />

und ihre Gewinnung stört den eigentlichen Naturhaushalt. Die aus der Produktion<br />

resultierenden Emissionen und Reststoffe belasten unsere Umwelt. Die entstandenen Reststoffe<br />

müssen recycelt werden. Dies fordert von uns eine große Verantwortung gegenüber<br />

unserer Natur, die nicht endlos ausgebeutet werden kann, da wir uns Wohlstand als Ziel<br />

setzen. Das Problem der Endsorgung ist zum Beispiel an der Problematik nach der Suche<br />

eines geeigneten Atomabfallendlagers deutlich zu sehen. Damit steht eine „ewige“ Diskussion<br />

in Verbindung, wo man denn nun das Endlager für diese unter Umständen schädlichen<br />

Reste finden kann. Des Weiteren muss bedacht werden, dass diese durch die Massenproduktion<br />

entstandenen Güter über lange Transportwege zu den eigentlichen Verkaufsstellen<br />

und Märkten befördert werden müssen. Dies führt zwangsweise zu weiteren<br />

Emissionen. Die Produkte müssen verpackt werden, damit ihr Wert nach dem Transport<br />

nicht sinkt. Diese Verpackungen müssen am Ende entsorgt werden. Für diese ökologischökonomischen<br />

Probleme gibt es mehrere Lösungsansätze. Zuerst sind Einsparungen von<br />

vielen Herstellern schon in der Entwicklungs- und Produktionsphase vorgenommen worden,<br />

denn dies hält ja die Produktionskosten niedriger und somit den erwirtschafteten Gewinn<br />

höher. Zudem werden neue Techniken eingesetzt, um die Verluste der Energien bei<br />

Maschinen, Anlagen oder Fahrzeugen gering zu halten. Generell werden auch regenerative,<br />

umweltfreundliche Energien wie Wasser, Sonne, Wind und Erdwärme eingesetzt. Des<br />

Weiteren werden Umweltschutzinvestitionen durch Subventionierung gefördert und das<br />

Umweltbewusstsein durch Verbraucherinformation gestärkt.<br />

Am Beispiel China sieht man, wie drastisch die Co2-Emissionen eines wirtschaftlich aufstrebenden<br />

Landes steigen. Die Zahlen kann man dieser Tabelle entnehmen; die Tendenz ist<br />

weiter steigend.<br />

65


Tab.: Die Entwicklung des CO2-Ausstoßes 2001-2007 [in Mio. t]<br />

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />

Weltweit 24.918 25.874 27.020 28.424 29.430 30.047 30.892<br />

USA 6.279 6.377 6.400 6.528 6.558 6.461 6.575<br />

frühere SU 2.366 2.391 2.448 2.488 2.514 2.542 2.553<br />

China 2.800 3.532 4.146 4.881 5.380 5.944 6.389<br />

Japan 1.341 1.328 1.376 1.391 1.401 1.381 1.393<br />

Deutschland 917 901 911 901 884 895 861<br />

Mittlerer Osten 1.100 1.150 1.258 1.362 1.466 1.529 1.573<br />

Südamerika 966 967 945 990 1.041 1.108 1.159<br />

Afrika 849 855 895 932 942 974 1.020<br />

GB 602 588 600 608 615 611 590<br />

Italien 478 484 497 502 503 501 493<br />

Frankreich 432 426 433 438 439 430 421<br />

Spanien 342 360 366 382 397 387 398<br />

Niederlande 253 256 258 267 272 267 265<br />

Man sieht einen riesigen Anstieg von 2800 Mio. t auf 6.389 Mio. t innerhalb von nur 7<br />

Jahren!<br />

Die steigende Tendenz sowohl in China als auch in anderen Entwicklungsländern zeugt nicht<br />

gerade von einem großen Umweltbewusstsein, denn die Industrieländer verkaufen<br />

Produktionsverfahren an die Entwicklungsländer, die mit großen ökologischen Problemen zu<br />

tun haben. Eine wirkliche Lösung dafür hat aber bisher kein Industrie- und auch kein<br />

Schwellenland gefunden.<br />

Was man durchaus als nicht verständlich empfinden kann, ist warum man in den Entwicklungsländern<br />

mit hoher Sonneneinstrahlung wie zum Beispiel in Afrika, Indien oder<br />

Asien diese Sonne als Energieträger nicht nutzt und immer noch Holz zum Kochen verwendet.<br />

Andere Alternativen als die erneuerbaren Energien sind bei solch einem hohen<br />

Emissionsanstieg nicht vorhanden. Leider bleibt aber der Zugang zu diesen nötigen Technologien<br />

den Entwicklungsländern verwehrt. Dort fehlt einfach Kapital für Investitionen und die<br />

Fachkräfte sind in diesem Bereich teuer. Damit geraten die Entwicklungsländer in ein fast<br />

unlösbares Problem. Damit ihre wirtschaftliche Lage sich verbessern kann, muss die Nachfrage<br />

der Industrieländer an ihre Produkte steigen. Um aber diesen Markt auszubauen,<br />

müssen Massenproduktionen getätigt worden, damit sich das Geschäft lohnt. Das wiederum<br />

würde bedeuten, dass ein hoher Rohstoffverbrauch und Schadstoffausstoß stattfindet. Aus<br />

diesem Blickwinkel gesehen, müsste man den Ausbau der Wirtschaft der Entwicklungsländer<br />

verhindern, was man natürlich nicht tun kann. Die Menschen haben dort ja auch ihr gutes<br />

Recht auf Wohlstand und Verbesserung der Ökonomie.<br />

Meiner Meinung nach muss der Aufstieg der Ökonomie nicht gleich den Niedergang der<br />

Ökologie bedeuten. Man sollte versuchen, dort auf neue Energiearten zu setzten, um neue<br />

66


Strukturen zu schaffen, die nicht so schädlich für die Umwelt wären. Das Engagement muss<br />

meiner Meinung nach von den Industrieländern kommen, da sie ja die Verantwortung<br />

tragen und den Ton angeben. Man muss den Entwicklungsländern einfach unter die Arme<br />

greifen, weil sie es sonst allein nicht schaffen werden.<br />

Das passiert aber wahrscheinlich nur dann, wenn die Ausbeutung der Natur so groß ist, dass<br />

man es auch in den Industrieländern zu spüren bekommt, denn solange die Industrieländer<br />

nicht selbst betroffen sind, ist eine Veränderung nicht in Sicht.<br />

Knappheit der Ressourcen(Globale Auswirkung)<br />

Wachstum, Wirtschaft und Wohlstand waren lange Zeit Schlüsselwörter für Entwicklung.<br />

Doch die Folgen für Mensch und Umwelt sind heute unübersehbar: Umweltzerstörung,<br />

soziale Ungleichheit, Klimawandel und Ressourcenknappheit.<br />

Frage: Was ist eine Ressource?<br />

Eine Ressource nutzt ein Individuum, um persönliche Ziele zu erreichen. In diesem Fall<br />

sprechen wir von Rohstoffen, Energie oder Werkzeugen.<br />

Frage: Was ist Knappheit?<br />

Wenn eine Ressource nicht in ausreichenden Mengen verfügbar ist, dann ist diese Ressource<br />

knapp. Knappheit bedeutet, dass es einen Mangel gibt. Es ist nicht genügend da. Die heutige<br />

Energie, die in nutzbarer Form als Wärme, Elektrizität oder auch als Kraftstoff benötigt wird,<br />

wird aus sogenannten Primärenergieträgern erzeugt. Diese stehen als fossile, nukleare und<br />

erneuerbare Energiequellen zur Verfügung. Primäre Energieträger stellen dabei naturbelassene<br />

Energierohstoffe dar, die in ihrer natürlichen Form ohne jegliche Umwandlung in<br />

der Natur oder deren Umgebung vorliegen. Das bedeutet, dass man Energie ohne zusätzlichen<br />

Energieeinsatz liefern kann. Sekundäre Energien repräsentieren aus Primärenergieträgern<br />

transformierte Materien wie z. B. Strom, Dampf oder Benzin.<br />

Die Weltwirtschaft stützt sich dabei nach wie vor insbesondere auf fossile Energieformen,<br />

die mit Erdöl (34%), Kohle (23%) und Erdgas (21%) gemäß dem weltweiten Primärenergiemix<br />

78% und damit über drei Viertel des gesamten Primärenergiebedarfs der Erde decken.<br />

Es folgen Biomasse mit rund 10% sowie Kern- und Wasserkraft mit jeweils 6%. Betrachtet<br />

man die prozentuale Verteilung der einzelnen Primärenergieträger, so ist zu vermuten, dass<br />

die globalen Reserven an fossilen Brennstoffen relativ zeitnah erschöpft sind, insofern ist es<br />

unumgänglich, auf regenerative Energieformen umzusteigen.<br />

Die zentralen Ursachen für diese Entwicklung sind in erster Linie im exponentiellen Bevölkerungswachstum<br />

zu suchen sowie, daraus folgend, aus der ebenso rapide anwachsenden<br />

Nahrungs- bzw. Futtermittelproduktion; zudem steigt in den Entwicklungsländern<br />

der stetig ansteigende Energieverbrauch pro Kopf.<br />

In Anbetracht der begrenzten Vorräte an Erdöl, Erdgas und Kohle könnte es noch in diesem<br />

Jahrhundert erhebliche Probleme in der Energieversorgung geben. Ein vor allem wirtschaft-<br />

67


lich tragfähiges Lösungsverfahren fossile Brennstoffe durch regenerative Energiequellen zu<br />

ersetzten, erscheint wegen der bestehenden Ressourcenknappheit und den Folgen der<br />

globalen Erderwärmung dringend notwendig.<br />

Die Frage, die sich uns stellt: „Ist die drohende Katastrophe noch zu stoppen?“<br />

Meiner Meinung nach muss sich bei jedem Bürger auf dieser Welt ein Schalter umlegen,<br />

nachhaltig zu denken, damit der Plan, die Erde zu retten auch funktioniert. Denn schon bei<br />

dem Einzelnen fängt es an. Dennoch muss man auf erneuerbare Energien umsteigen.<br />

Zu viel wird noch mit nicht mit erneuerbaren Energieformen gearbeitet. Problemländer<br />

werden meiner Ansicht nach zum Beispiel Russland und Brasilien sein.<br />

Diese Länder sind große Rohstofflieferanten und müssen sich darum zurzeit keine Sorge<br />

machen und solange diese Industrieländer nicht betroffen sind und weiterhin Ressourcen<br />

ausbeuten können, wird sich an der Lage nicht sehr viel verbessern.<br />

Des Weiteren ist der wachsende Energieverbrauch in den Entwicklungsländern zu groß.<br />

Nur durch Hilfen durch Länder des G8 Gipfels wird es möglich sein, ein Lösungsverfahren<br />

auszuarbeiten, welches dann auch umgesetzt werden muss. Jedoch bin ich mir sicher, dass<br />

Deutschland zu den Ländern gehört, die diese Herausforderung gut meistern wird. Nur wenn<br />

sich die Einsicht von Land zu Land vergrößert und erweitert, wird es gelingen, die Natur<br />

sowie den Menschen zu retten.<br />

68


Zukunftsperspektiven<br />

Die Energiewende in Deutschland<br />

Als Energiewende bezeichnet man die Realisierung einer Energieversorgung, die nachhaltig<br />

ist und auf der Verwendung von erneuerbaren Energien wie Wasserkraft, Sonnen-und<br />

Windenergie beruht. Aktives Handeln im Sinne einer Energiewende fand erstmals im Jahr<br />

2000 statt, als der zeitlich gestaffelte Atomausstieg eine parlamentarische Mehrheit in der<br />

Großen Koalition (rot/grün) erlangte.<br />

Fast 10 Jahre rückte dieses brisante und zukunftsbestimmende Thema „Energiewende“ in<br />

den Hintergrund, bis schließlich im Herbst 2010 unter der schwarz-gelben Koalition für eine<br />

enorme Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke um jeweils 8-oder 14 Jahre gestimmt<br />

wurde. Dieser Beschluss bedeutet aber ein Schritt in der Energiewende der nahen Zukunft<br />

Deutschlands zurück, zugleich wurden dadurch aber auch (scheinbar) stabile Strompreise für<br />

die Bevölkerung gesichert, da es billiger ist, Strom aus den fossilen Brennstoffen wie Erdöl<br />

oder Kohle zu gewinnen. Dieses Urteil stieß auf erheblichen Unmut in der Bevölkerung, da<br />

die Atomkraft in den letzten Jahren an Beliebtheit verloren hat und auch bei den Bürgern der<br />

Trend mehr und mehr in Richtung erneuerbare Energien geht.<br />

Ein enormer Einschnitt bei der Energiewende speziell in Deutschland, aber auch rund um<br />

den Globus war die Nuklearkatastrophe von Fukushima in Japan im März 2011. Durch ein<br />

Erdbeben wurde ein sehr starker Tsunami ausgelöst, durch den eine Vielzahl von Kühlsystemen<br />

in den Kernreaktoren des Atomkraftwerks außer Kraft gesetzt wurden und es so zu<br />

drei Kernschmelzen kam, bei denen große Mengen an radioaktiven Stoffen in die Umwelt<br />

gelangen konnten.<br />

Diese weltweit für Aufsehen sorgende Naturkatastrophe zwang Angela Merkel, Bundeskanzlerin<br />

seit 2005, und die Bundesregierung zum aktiven Handeln. Die Bundesregierung<br />

musste umdenken und auch die Ansprüche und den Willen der Bevölkerung beachten, um<br />

nicht in Ungnade zu verfallen. So verkündet die Bundesregierung nur 3 Tage nach der<br />

Katastrophe ein dreimonatiges Atommoratorium, was bedeutet, dass alle 17 Kernreaktoren<br />

Deutschlands auf deren Sicherheit überprüft und die sieben ältesten für diesen Zeitraum<br />

abgeschaltet werden mussten.<br />

Auch durch die immer lauter werdenden Rufe aus der Bevölkerung wurde die zuvor beschlossene<br />

Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke größtenteils rückgängig gemacht und<br />

beschlossen, die ältesten früher als im Atomkonsens von 2000 abzuschalten. Deshalb verabschiedete<br />

der Bundestag am 30.06.2011 das „13.Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes“,<br />

das die Beschleunigung der Energiewende und die Beendigung der Kernenergienutzung<br />

regeln sollen. Somit wurden im Sommer 2011 acht Kraftwerke abgeschaltet und die verbliebenen<br />

neun werden zeitlich gestaffelt bis 2022 vom Netz genommen und der Atomausstieg<br />

ist heute auch noch beschlossene Sache.<br />

69


Die ersten Schritte bei der Energiewende sind von der Bundesregierung gemacht, jetzt<br />

müssen diese ausgebaut werden, um in naher Zukunft auf fossile Brennstoffe verzichten zu<br />

können.<br />

Seit dem Sommer 2011 sind diese Probleme zu wenig behandelt worden und auch bei der<br />

Bevölkerung in Vergessenheit geraten. Dabei ist die Energiewende ein langwieriger Prozess,<br />

der immer wieder neue Lösungsansätze fordert und auch immer wieder neue Probleme auftauchen.<br />

Deutschland muss auch international und auf der europäischen Ebene agieren, um<br />

die Wende hin zu erneuerbaren Energien im eigenen Land voranzutreiben und weiterhin<br />

Vorbild sein zu können. Hierbei kann Deutschland vor allem auf die Hilfe Österreichs bei<br />

Stromengpässen im Winter zählen und auch ab 2016 auf die Hilfe Russlands durch über<br />

Polen geleiteten Strom.<br />

Obwohl die erneuerbaren Energien wie die Solar- oder Windenergie im Moment noch<br />

keinen erheblichen Teil der deutschen Stromversorgung ausmachen, können sie bei richtiger<br />

Förderung durch den Staat und Subventionen in naher Zukunft einen größeren Teil bei der<br />

Stromversorgung ausmachen. Um dieses Ziel zu erreichen, gilt aber auch, dass Energiepolitik<br />

gleichzeitig auch Energiesparpolitik sein muss, da mit den Jahren und der Steigerung erneuerbarer<br />

Energien, die fossilen Brennstoffe reduziert werden und die Gewinnung von<br />

Strom aus Windenergie kostenaufwendiger ist. Deshalb darf der Energieverbrauch nicht<br />

übermäßig weiter steigen, sondern als Ziel sollte eine Senkung des allgemeinen Energieverbrauchs<br />

angestrebt werden, denn es muss sichergestellt sein, dass die Steuerzahler nicht für<br />

die Energiewende bezahlen, sondern entlastet werden und auch Unternehmen davon<br />

profitieren, umweltfreundlich zu produzieren. Es ist außerdem wichtig, dass sich die Umsetzung<br />

der Energiewende besser und schneller gestaltet als in den letzten Jahren, denn die<br />

Energiewende ist seit dem Atomausstieg unumkehrbar und eine schnellstmögliche Umsetzung<br />

ist wünschenswert.<br />

Außer Acht gelassen werden darf nicht die Wirtschaft und deren Entwicklung, da diese auch<br />

auf die Energiewende abgestimmt werden muss, um bei der Umsetzung schneller voranzukommen<br />

und möglichst effektiv erneuerbare Energien in die Wirtschaft einsetzen. So kann<br />

man an fossilen Brennstoffen sparen und dennoch die wirtschaftliche Lage vorantreiben.<br />

Somit greift eine Thematik in die andere über, die Energiewende betrifft Deutschland nicht<br />

nur aus ökologischer, sondern auch aus ökonomischer Sicht, denn es ist nur ökonomisch<br />

sinnvoll, was ökologisch auch zu verantworten ist, vor allem auch für nachfolgende<br />

Generationen, die nicht unter den Kosten der heutigen Umweltpolitik leiden sollen.<br />

70


Das Erneuerbare Energien Gesetz<br />

Das EEG- was steckt hinter diesem Begriff, was bedeutet es für die Entwicklung Deutschlands,<br />

wie beeinflusst es andere Länder…?<br />

Um all das zu erklären, muss zunächst geklärt werden, was das EEG überhaupt ist. Hinter<br />

dem Begriff steckt bekanntlich das „Erneuerbare- Energien- Gesetz“ oder mit vollen Titel<br />

„Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien“. Es ist ein Gesetz, welches auf Bundesebene<br />

gilt. Das erste Mal trat es am 1. April 2000 in Kraft, wurde seit dem aber mehrere Male verändert.<br />

Eingeführt wurde das Erneuerbare-Energien-Gesetz, um im Interesse des Klima- und<br />

Umweltschutzes eine Entwicklung der Energieversorgung zu gewährleisten. Dadurch sollen<br />

endliche Ressourcen geschont und erneuerbare Energien weiter optimiert werden. Dies geschieht<br />

insbesondere auch im Hinblick auf die Kostenverringerung der Energieversorgung.<br />

Es wurden stufenweise Deadlines festgelegt, um die Einhaltung der obengenannten Ziele zu<br />

gewährleisten. Bis 2020 sollen 35% der Stromversorgung durch erneuerbare Energien<br />

erfolgen. Bis 2050 soll diese Stromversorgung dann alle 10 Jahre bis auf schließlich 80% gesteigert<br />

werden.<br />

Grob gesagt dient das EEG also dazu, die erneuerbaren Energien durch Subventionen und<br />

andere Vorteile für den Einzelnen attraktiver zu machen und so auf lange Sicht die weniger<br />

umweltfreundlichen, aber immer noch weitaus kosteneffizienteren konventionellen<br />

Energiealternativen aus dem Markt weitestgehend zu streichen und somit eine umweltfreundliche<br />

Energiewende schonend herbeizuführen.<br />

Kommen wir jetzt zu der Frage, was dieses Gesetz für den Einzelnen bedeutet!<br />

Im Grunde genommen ist das Prinzip einfach: Eine Person, die sich dazu entscheidet, Strom<br />

aus erneuerbaren Energien zu beziehen, kann 20 Jahre lang einen festen Vergütungssatz<br />

(welcher standortabhängig und technologiespezifisch ist) beziehen. Damit die Installation<br />

solcher Energieerzeuger z. B.<br />

Photovoltaik) möglichst schnell in<br />

den Markt integriert wird, werden<br />

die Vergütungssätze jährlich gekürzt.<br />

Das bedeutet nicht, dass ein<br />

Betreiber einer solchen Anlage<br />

jedes Jahr weniger bekommt,<br />

sondern dass jedes Jahr, das verstreicht,<br />

bevor eine Anlage<br />

installiert wird, weniger Einspeisevergütung<br />

bedeuten.<br />

Durch das EEG wird außerdem, wie der Name schon sagt, die vorrangige Abnahme von Ökostrom<br />

gegenüber kommerziellem Strom geregelt. Durch das Gesetz sind Stromnetzbetreiber<br />

dazu verpflichtet ihre Netzkapazitäten an die Energiealternativen anzupassen und den er-<br />

71


neuerbaren Strom unverzüglich in deren Stromnetze zu integrieren und diesen auch vorrangig<br />

zu übertragen und zu verteilen.<br />

Das EEG erweist sich schon heute als umweltfreundlich. Allein im Jahre 2009 konnten 74<br />

Millionen Tonnen CO2 eingespart werden. Durch die hohe CO2 Erzeugung wird der natürliche<br />

Treibhauseffekt verstärkt und die Erderwärmung schneller vorangetrieben. Diese verursacht<br />

ein überdurchschnittliches Ansteigen der allgemeinen Erdtemperatur und ist deshalb<br />

schädigend für alle lebenden Organismen. Das Einsparen von CO2 kann dem entgegenwirken.<br />

Auch wirtschaftlich erweist sich das Gesetz für den Vorrang erneuerbarer Energien<br />

als effizient. Seit der Einführung des EEG wurden knapp 190 000 neue Arbeitsplätze geschaffen,<br />

die allein darauf zurückzuführen sind. 2011 waren 382 000 Menschen in der erneuerbaren<br />

Energien Branche beschäftigt. Das ist ein Anstieg von 137% gegenüber 2004. In<br />

der folgenden Grafik zeigt sich die Entwicklung der Beschäftigten in den verschiedenen<br />

Sparten der Branche. Die meisten Beschäftigten befinden sich in der Solarindustrie. In der EU<br />

sind bis heute 21 Mitgliedstaaten dem deutschen Beispiel gefolgt und haben ähnliche<br />

Gesetze verabschiedet. Weltweit sind es sogar insgesamt 50 Länder und 25 Staaten und<br />

Provinzen. Alles in allem erweist sich das Erneuerbare-Energien-Gesetz als hilfreiches<br />

Instrument in der Verbreitung des Ökostroms.<br />

Fazit zum EEG<br />

Ich persönlich empfinde das EEG als ein sehr nützliches und vor allen Dingen fortschrittliches<br />

Gesetz. Wenn die Umsetzung dieses Gesetzes wirklich so erfolgt wie geplant, dann sehe ich<br />

dies als eine der letzten Instanzen zu einem vollkommen modernen Staat. Damit meine ich<br />

einen Staat, der bei all seiner Industrie und vor allen Dingen seinem hohen Stromverbrauch,<br />

die Natur nicht weiter zerstört, sie sogar weitestgehend in den Prozess einbindet. Man<br />

arbeitet dann nicht mehr gegen, sondern mit der Natur selbst. Allerdings und auch dies ist<br />

eine persönliche Prognose wird es noch sehr lange dauern, bis dieser Vorteil der erneuerbaren<br />

Energien sich fest im Bewusstsein der Weltbevölkerung verankert hat und vollständig<br />

verstanden wurde.<br />

Auswirkung auf die Solarindustrie<br />

„Was hier geplant ist, ist ein Solarausstiegsgesetz”, sagt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer<br />

des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW). Durchgesetzt hätten sich die Interessen<br />

der großen Energiekonzerne, jetzt solle “dem Solarstrom der Stecker gezogen werden”. Die<br />

Firma Juwi aus Wörrstadt, einer der großen Projektierer von Solaranlagen, warnt, die Pläne<br />

hätten “unweigerlich einen Markteinbruch zur Folge”, die Politik zerstöre einen Großteil der<br />

deutschen Solarwirtschaft. (TAZ Online)<br />

Diese genannten Reaktionen wurden kurz nach dem am 9.03.2012 getroffenen Beschluss<br />

von Wirtschaftsminister Rösler und dem ehemaligen Umweltminister Röttgen zur Kürzung<br />

der Subventionen für die Solarindustrie vernommen. Die Subventionen für die deutsche<br />

Solarbranche sollen um etwa 30% geringer ausfallen als zuvor. Als Begründung nennen beide<br />

72


Minister den zu schnellen Ausbau der Solarindustrie in Deutschland sowie den drastischen<br />

Anstieg der Strompreise durch die erneuerbaren Energien. Rösler möchte keine Steuergelder<br />

für die Förderungen nutzen und fordert eine wirtschaftliche Marktregulierung ohne staatliche<br />

Unterstützung. Außerdem sieht er Photovoltaik nicht als effizient genug an.<br />

Doch diese Kürzungsvorschläge stellen sich als große Gefahr für die deutsche Solarbranche<br />

dar. Es werden ein Markteinbruch von etwa 75 % und eine Insolvenzwelle von etwa 100.000<br />

Arbeitsplätzen erwartet.<br />

Wie sich die Kürzungen auf die Endnutzer einwirken, erkennt man an den folgenden<br />

Grafiken:<br />

Gewerbeobjekte & Konversionsfläche<br />

Gewerbegebiete und Solarparks müssen mit rund 48% Einbußen rechnen. Das bedeutet<br />

Solarparks erhalten nur noch 11 Cent, statt der üblichen 22 Cent und Gewerbeobjekte nur<br />

noch 14 Cent, statt der üblichen 28 Cent.<br />

73


Eigenheime<br />

Die Kürzungen für private Nutzer (Eigenheime) belaufen sich auf rund 37% im Zeitraum von<br />

Ende 2011 bis zum 1. Januar 2013. Die Besitzer von Solaranlagen auf ihren Eigenheimen<br />

müssen somit 11 Cent verschmerzen, und erhalten pro Kilowattstunde nur noch knapp 19<br />

Cent.<br />

<strong>Bitterfeld</strong>er Beigeschmack<br />

Die Region <strong>Bitterfeld</strong> vergab Investitionsförderungen bis zu 50 % der förderfähigen Investitionskosten.<br />

Es wurden Infrastrukturfonds in Höhe von 170 Millionen Euro vergeben.<br />

Sogar die Investitionsbank Sachsen-Anhalt bewilligte Förderprogramme in Höhe von 35<br />

Millionen Euro unter dem Titel „Perspektive“, um den Standort <strong>Bitterfeld</strong> zu sichern und<br />

attraktiv zu gestalten. Seit 1991 sind Förderungen von etwa 9 Milliarden Euro von EU, Bund<br />

und Länder in diese Region geflossen. Doch diese Förderungen für Solarfirmen in der Region<br />

<strong>Bitterfeld</strong> werden aufgrund der fehlenden staatlichen Unterstützung gekürzt und die Solarbranche<br />

in die Krise gestürzt. Das Solar Valley hat mit großen Existenzängsten der verschiedenen<br />

Solarfirmen zu kämpfen und ringt ums Überleben. Die Nachfrage nach Photovoltaik<br />

sank bei Solarworld in den vergangenen 12 Monaten um etwa 42%. Gründe für die<br />

sinkende Nachfrage seien die zahlreichen Auflösungen von Kundenverträgen aufgrund der<br />

schlechten Rahmenbedingungen (geringe Subventionen, hohe Selbstbeteiligung an den<br />

Kosten).<br />

Diese drastischen Kürzungen haben zur Folge, dass der Weltmarktanteil der deutschen Solarfirmen<br />

von etwa 20% auf 6% sinkt. Die deutsche Branche steht vor großen Finanzierungslücken<br />

ihrer neuen Technologien und hat mit einer immer geringeren Nachfrage im Inland zu<br />

kämpfen. Sogar der Konkurrenzdruck aus China wird immer größer. Chinesische Solarfirmen<br />

können mit ihren geringen Preisen glänzen und auf staatliche Unterstützung gerade in der<br />

Entwicklung setzen.<br />

Bezug <strong>Bitterfeld</strong><br />

Die Ressourcen der Erde neigen sich dem Ende zu, aber die Menschheit wächst und mir ihr<br />

das Verlangen nach mehr. Schwellenländer wie China oder Brasilien wachsen wirtschaftlich<br />

rasend schnell und erschweren die Energiewende zusätzlich. Daher muss weltweit zusammengearbeitet<br />

und auf erneuerbare Energien umgerüstet werden.<br />

Diese Idee wurde schon nach der Wende 1989/1990 in dem in Sachsen-Anhalt liegenden<br />

Chemiestandort <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen realisiert. Jahrzehntelang war <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen einer der<br />

größten und wichtigsten Chemiestandorte Europas, bis nach der Wende umfassende<br />

Sanierungen rund um dieses Gebiet vorgenommen wurden, denn die Region rund um diesen<br />

Chemiestandort war komplett chemisch versucht und die Flora und Fauna zerstört. Durch<br />

die Sanierungen wurde Platz für neue Unternehmen gemacht, die überwiegend aus Solarfirmen<br />

bestanden und die günstigen Standortfaktoren nutzen wollten.<br />

74


So nennt man <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen heute auch „Solar Valley“, welches lange Zeit von der angehenden<br />

Energiewende profitierte und die Nachfrage nach Photovoltaik immer größer<br />

wurde, bis einer der weltweit größten Photovoltaik-Anlagenhersteller mit Sitz im „Solar<br />

Valley“, Q-Cells SE, im April 2012 Insolvenz anmelden musste. Generell ging der Solarenergietrend<br />

nach unten und die Nachfrage in Deutschland zurück.<br />

Wie im Juni 2012 bekannt wurde, wird Q-CELLS SE von einem asiatischen Interessenten<br />

übernommen, und es wollen sich auch andere asiatische Solarfirmen in <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen<br />

ansiedeln. Dennoch gehen immer mehr deutsche Solarfirmen pleite, weil sie mit dem Angebot<br />

vom asiatischen Markt nicht mithalten können, da dort die Produktionskosten und<br />

günstiger sind und sie die Photovoltaikanlagen usw. daher nicht so preisgünstig anbieten<br />

können wie die asiatischen Firmen. Durch den Kauf eines so großen Unternehmens im „Solar<br />

Valley“, wird das Interesse anderer asiatischer Firmen geweckt, um weitere angeschlagene<br />

Solarfirmen zu kaufen und sich in <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen niederzulassen.<br />

Obwohl der Markt in Deutschland angeschlagen ist und diese „Ausverkäufe“ etablierter<br />

deutscher Unternehmen sicher nicht das ursprüngliche Ziel waren, sind diese Verbindungen<br />

zu Asien wichtig, um weltweit die Energiewende voranzutreiben. Speziell China gehört zu<br />

den an immer mehr Beachtung gewinnenden BRICS-Staaten, die es ebenfalls davon zu überzeugen<br />

gilt, mehr in erneuerbare Energien zu investieren. Dies können sie unter anderem an<br />

einem Standort wie <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen gut, denn dort sind die Grundvoraussetzungen gegeben,<br />

um den Markt der erneuerbaren Energien auszubreiten. Außerdem wird dem Spruch<br />

„Made in Germany“ noch überall auf der Welt Anerkennung zugesprochen und Deutschland<br />

ist besonders für die BRICS-Staaten ein Vorbild in der Realisierung der Energiewende.<br />

Die Energiewende muss zum zentralen Thema der Politik und Wirtschaft in den nächsten<br />

Jahren werden, um richtig und zeitnah realisiert werden zu können. Es ist wichtig, dass besonders<br />

Peter Altmaier, Bundesumweltminister seit 2012, mehr auf diese Thematik eingeht<br />

und auch Taten vorweist, anstatt Versprechungen zu machen. Des Weiteren muss auch der<br />

Bevölkerung klar gemacht werden, dass es um die Zukunft der Weltwirtschaft und nachfolgender<br />

Generationen geht, und nicht egoistisch gedacht werden darf. Dieser Wandel betrifft<br />

jeden, denn die Ressourcen sind endlich und wir wollen auch in mehreren Jahrzehnten<br />

noch genug und vor allem bezahlbaren Strom haben, der nicht bezahlbar wird, wenn man<br />

sich jetzt nicht schon mit der Energiewende auseinandersetzt. Meiner Meinung nach ist es<br />

ebenfalls wichtig, dass nicht nur auf Bundesebene, sondern auf internationaler Basis nach<br />

Lösungen gesucht wird. Nur so profitieren überall auf der Welt die Menschen und die Natur<br />

von einem Wechsel hin zu erneuerbaren Energien. Für dieses Thema muss sensibilisiert<br />

werden, auch in Nationen, in denen die Energiewende heute noch keine Rolle spielt.<br />

Außerdem darf man die BRICS-Staaten nicht außer Acht lassen, welche sehr im wirtschaftlichen<br />

Aufschwung und bedeutend für eine Revolution der erneuerbaren Energien sind.<br />

Deutschland muss mit ihnen kooperieren und deren Vorteile für sich nutzen, um die<br />

Energiewende im eigenen Land voranzutreiben. Es darf diese Staaten daher nicht als<br />

Konkurrenz ansehen.<br />

75


Für <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen sehe ich als „Solar Valley“ nur eine erfolgreiche und weiter bestehende<br />

Zukunft, wenn sich noch weitere ausländische Firmen ansiedeln, die bereit sind, Geld in erneuerbare<br />

Energien und deren Nutzung zu investieren. Wenn sich keine Investoren oder<br />

neue, meinetwegen auch deutsche Firmen finden, sehe ich schwarz für das „Solar Valley“,<br />

denn günstige Standortfaktoren gibt es auch woanders und es ließe sich sicher auch sehr<br />

preiswert in China, Brasilien oder Afrika produzieren. Der Vorteil liegt aber darin, dass<br />

Deutschland ein weit entwickeltes Land im Gegensatz zu diesen Staaten ist und auch selbst<br />

dabei ist, die Energiewende zu realisieren, als sie nur ausnutzen, um eigenen Profit zu<br />

machen.<br />

In <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen gibt es genug Kompetenz und Forschung und das reizt ausländische<br />

Firmen, genau dort zu investieren. Solange das so bleibt, kann das „Solar Valley“ bestehen<br />

bleiben und das Potenzial erweitert werden, zum Beispiel im Hinblick auf Windenergie oder<br />

ähnliches. Man darf sich nicht zu sehr auf eine Sache spezialisieren, wie das zu DDR-Zeiten<br />

der Fall war, denn das hat sich am Ende weder für den Chemiesektor noch für die <strong>Stadt</strong> ausgezahlt<br />

und die Solarbranche darf nicht verschwinden, sondern muss wachsen.<br />

76


Schlusswort<br />

Am Ende unserer <strong>Projektarbeit</strong> stellt sich uns schließlich die Aufgabe, unsere Arbeit zu<br />

evaluieren. Dabei steht natürlich die Frage im Fokus, welche Vorteile wir durch die Arbeit an<br />

diesem Projekt haben und welche neuen Erkenntnisse wir schließlich gewinnen konnten.<br />

Die Aufzählung der Vorteile beginnt zunächst mit der Möglichkeit, ein Jahr lang kostenlos die<br />

Frankfurter Allgemeine Zeitung zu beziehen, die wir als objektive, hochwertige Zeitung<br />

kennenlernen durften, deren ausführliche Berichterstattung und anregende Kommentare<br />

unseren Unterricht stets mit Praxisbezügen bereicherten.<br />

Dass es den Schülern/innen des <strong>Scheld</strong>-Kurses im Rahmen einer Kursfahrt möglich war, die<br />

<strong>FAZ</strong>-Redaktion in Berlin zu besuchen, war ein besonderes Highlight. In Berlin haben wir auch<br />

die Gedenkstätte im ehemaligen Staatssicherheitsgefängnis Hohenschönhausen besucht und<br />

mit einem ehemaligen politischen Häftling sprechen können, was unser Bewusstsein für die<br />

Vergangenheit der DDR schärfte. Diese Einblicke in die der Repressionsmaßnahmen der Stasi<br />

wurden dann im Laufe der <strong>Projektarbeit</strong> durch Einblicke in Wirtschafts- und Regierungssystem<br />

der DDR erweitert. Das hat auch unser Verständnis für die Menschen in den neuen<br />

Bundesländern nachhaltig verbessert. Unsere Hochachtung gehört den Menschen, die einen<br />

politischen Wandel herbeiführten.<br />

Weiterhin konnten wir verschiedene Kompetenzen trainieren, die uns sowohl beim bevorstehenden<br />

Abitur als auch im späteren Berufsleben von großem Nutzen sein werden. So<br />

konnten wir wertvolle Einblicke in abiturrelevante Themen wie Wirtschaftsmodelle,<br />

Umweltpolitik und Globalisierung erhalten sowie wertvolle Erfahrungen in den Bereichen<br />

Recherche, Teamarbeit, Projektkoordination und der Arbeit eines Redakteurs sammeln.<br />

Dann kommen wir zu den Erkenntnissen, die wir über wirtschaftliche Entwicklungsprozesse<br />

gewonnen haben. Ein zentraler Punkt, der bei uns der Betrachtung <strong>Bitterfeld</strong>s auffiel, ist,<br />

dass wirtschaftlicher Erfolg immer auch an ökologischen Aspekten gemessen werden sollte.<br />

Dabei stehen gerade die großen Industrieländer wie Deutschland in der Verantwortung,<br />

global auf ökologischen Fortschritt hinzuwirken und unsere Erfahrungen an Entwicklungsländer<br />

weiterzugeben und diese zu unterstützen, schon bevor die Auswirkungen von deren<br />

Entwicklungspolitik, über die Zerstörung der eigenen Natur hinaus, das globale Ökosystem<br />

betreffen und somit tatsächlich zu unserem Problem werden würden. Dazu muss die Einsicht<br />

für die Begrenztheit der Ressourcen und Naturschutz global vorangebracht werden.<br />

Aber auch hierzulande darf man sich nicht auf dem bereits Erreichten ausruhen. Auf dem<br />

Weg zum modernen Staat ist eine Harmonisierung der Interessen von Wirtschaft und der<br />

Natur gesetzlich zu forcieren, wie es z. B. durch das „Erneuerbare Energien Gesetz“ geschieht.<br />

So muss auch eine Energiewende, wie sie derzeit in Deutschland angestrebt wird, ökonomisch<br />

genauso sinnvoll gestaltet werden wie ökologisch, um sie nachhaltig durchzusetzen.<br />

Bei einer solchen Beeinflussung durch den Staat ist aber zu beachten, dass Subventionen<br />

77


nicht den Markt schädigen dürfen. So müssen Subventionen für neue Technologien so bemessen<br />

werden, dass sie sich gegenüber den alten Technologien als ökonomisch vorteilhaft<br />

behaupten können, aber nicht in einem Maße, die es deren Produzenten erlaubt, den Markt<br />

neuer Technologien mit Dumpingpreisen zu untergraben und so schließlich die Weiterentwicklung<br />

zu behindern, wie es das Beispiel der chinesischen Solarzellen zeigt.<br />

Außerdem sollte der Staat dort Unterstützung leisten, wo Umweltschäden aus der Vergangenheit<br />

saniert werden können, damit demjenigen, der sie beseitigen will, kein ökonomischer<br />

Nachteil entsteht und er mit seinen ökologischen Bemühungen auf dem Markt<br />

bestehen kann.<br />

Zuletzt sind die Ergebnisse unserer Nachforschungen über <strong>Bitterfeld</strong> im Rahmen des Projekts<br />

zu nennen. Dabei beginnen wir bei den Faktoren, die für die Entwicklung einer Region im<br />

Allgemeinen von Bedeutung sind. Hierbei ist es primär wichtig, die nötigen Standortfaktoren<br />

zu bieten, um für Unternehmen Attraktivität zu schaffen, in einen Standort in der Region zu<br />

investieren, genauso wie für die Ansiedlung junger Menschen attraktiv zu sein, um dem<br />

gerade in den neuen Bundesländern vertretenen Problem des Bevölkerungsschwunds entgegenzuwirken.<br />

Während für die Unternehmen eine gute Infrastruktur, angemessene Gewerbesteuer und<br />

eine gut funktionierende Bürokratie wichtig sind, sind für Anwohner eher das vorhandene<br />

Bildungsnetz, soziale Einrichtungen, niedrige Wohnkosten, ein idyllisches Naturbild und eben<br />

die durch ansässige Unternehmen gegebenen Arbeitsplätze von Relevanz. Hier zeigt sich<br />

bereits der Konflikt, dass die Anwesenheit von Wirtschaft und Industrie mit dem Anspruch<br />

an ein attraktives Landschaftsbild in Einklang gebracht werden muss. Als Beispiel, wie auch<br />

die Wirtschaft von einer attraktiven Umwelt profitieren kann, sei hier der Tourismus genannt.<br />

Alle Bemühungen in diese Richtungen werden allerdings vergeblich sein, wenn Verbesserungen<br />

nicht auch mit dem Aufpolieren des Images einhergehen, weswegen dessen<br />

Relevanz hier auch betont werden soll. Wenn wir das heutige <strong>Bitterfeld</strong> mit dem von<br />

1989/1990 vergleichen, können wir feststellen, dass die Region eine Kehrtwende vollzogen<br />

hat. Die Krater des Braunkohletagebaus sind zu einer gepflegten Seenlandschaft geworden,<br />

die veralteten Kohlekraftwerke sind größtenteils neuen Technologien gewichen, die<br />

maroden, veralteten Chemieanlagen sind einem modernen Chemiepark gewichen und eine<br />

vom Sozialismus durch Zwang aufrechterhaltene Produktionsstätte ist schließlich zu einem<br />

global konkurrenzfähigen Produktions- und Entwicklungsstandort avanciert. Dabei ist auch<br />

der Raubbau von einer nachhaltigen, ökologisch sinnvollen Entwicklung abgelöst worden,<br />

sodass für Mensch und Natur keine Gesundheitsgefährdung mehr ausgeht, sondern, dank<br />

zusätzlicher Bemühungen der Kommune und ihrer charismatischen Oberbürgermeisterin<br />

Petra Wust, ein Erholungsgebiet entstanden ist, in dem Touristen etwas für ihre Gesundheit<br />

tun können. Dadurch ist der Traum einer symbiotischen Koexistenz von Mensch und Natur<br />

verwirklicht und der <strong>Bitterfeld</strong>er Bogen geschaffen und erreicht worden.<br />

78


Quellenverzeichnis<br />

Titelblatt<br />

Früher:<br />

æ http://www.hdg.de/lemo/objekte/pict/NeueHerausforderungen_photoAbwas<br />

sereinleitung/index.jpg<br />

æ http://www.mz-web.de/ks/images/mdsBild/1246046590476l.jpg<br />

æ http://www.schoenerreisen.at/Bildergalerie/data/media/152/goitzsche_alt_3.jpg<br />

æ http://www.lehrfilme.eu/wahl/bilder/chemiekombinat-bitterfeld_kl.jpg<br />

Heute:<br />

æ http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/c/c4/<strong>Bitterfeld</strong>.jpg/<br />

250px-<strong>Bitterfeld</strong>.jpg<br />

æ http://www.bitterfeldonline.de/media/bilder/artikelbilder/visitenkarte/marina_6.jpg<br />

æ http://img.fotocommunity.com/images/Architektur-<br />

Fotografie/Stahlbau/<strong>Bitterfeld</strong>er-Bogen-a24459522.jpg<br />

æ http://www.photovoltaik.eu/fileadmin/uploads/bilder/News/il_headquarter7<br />

2.jpg<br />

Entwicklungsbegriff<br />

æ http://www.students.unimarburg.de/~Nauj/downloads/03.%20Semester/ewp2/ewp-1.pdf<br />

(Stand: 8.10.2012<br />

18:31 Uhr)<br />

æ Nohlen, Dieter / Nuschler, Franz (Hrsg.), Das Handbuch der Dritten Welt, Hamburg<br />

1974<br />

æ Martin Kaiser/Norbert Wagner: Entwicklungspolitik-Grundlagen, Probleme,<br />

Aufgaben; Bonn 1986<br />

79


<strong>Bitterfeld</strong> und die gescheiterte Umweltpolitik<br />

der DDR<br />

a)Die Wirtschaftsregion um <strong>Bitterfeld</strong><br />

æ Quellen:<br />

æ http://de.wikipedia.org/wiki/Chemiekombinat_<strong>Bitterfeld</strong> 20.10.12 13.05Uhr<br />

æ https://www.wuppertal.bayer.de/html/documents/downloads/bitterfeld.pdf<br />

20.10.12 14.45Uhr<br />

æ http://de.wikipedia.org/wiki/Elektrochemisches_Kombinat_<strong>Bitterfeld</strong> 20.10.12<br />

14.49Uhr<br />

æ http://www.deutsches-chemie-museum.de/index.php?id=35 20.10.12 14.51Uhr<br />

æ http://sundoc.bibliothek.uni-halle.de/diss-online/06/06H152/t5.pdf 20.10.12<br />

14.54Uhr<br />

æ http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Markennamen_und_Produkten_in_der_DDR<br />

20.10.12 15.30Uhr<br />

æ http://library.fes.de/fulltext/fo-wirtschaft/00288002.htm 20.10.12 15.37Uhr<br />

æ http://epub.ub.uni-muenchen.de/2197/1/Kahlert_2197.pdf 20.10.12 15.42Uhr<br />

æ http://www.ms-vineta.de/die_goitzsche/ms-vineta_goitzsche_bitterfeld.html<br />

21.10.12 16.58Uhr<br />

æ http://www.wirtschaftslexikon24.com/d/ddr-wirtschaftssystem/ddrwirtschaftssystem.htm<br />

17.10.12 11.59Uhr<br />

æ http://de.wikipedia.org/wiki/DDR#Umweltpolitik 17.10.12 12.00Uhr<br />

æ http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/politiklexikon/17727/kommunismus<br />

17.10.12 12.02Uhr<br />

æ http://www.marxistische-bibliothek.de/unterschied-zwischen-sozialismus-undkommunismus/<br />

17.10.12 12.16Uhr<br />

æ http://www.uni-protokolle.de/foren/viewt/4083,0.html 17.10.12 12.29Uhr<br />

æ Gutmann, G. (Hrsg.), Das Wirtschaftssystem der DDR, Stuttgart, New York 1983.<br />

æ http://de.wikipedia.org/wiki/F%C3%BCnfjahresplan 17.10.12 14.15Uhr<br />

æ http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/UlbrichtWalter/index.html 17.10.12<br />

15.12Uhr<br />

æ http://de.wikipedia.org/wiki/Staatliche_Plankommission 17.10.12 15.44Uhr<br />

æ http://www.bpb.de/geschichte/deutsche-einheit/lange-wege-der-deutscheneinheit/47076/ddr-wirtschaft?p=all<br />

17.10.12 16.32Uhr<br />

æ http://upr.database-lab.de/veranstalt/ss97/wipol/projekt/pro31.htm 17.10.12<br />

16.44Uhr<br />

æ http://www.radio.cz/de/rubrik/geschichte/die-kollektivierung-der-landwirtschafteines-der-schwersten-verbrechen-des-kommunistischen-regimes<br />

(17.10.2012 13.21<br />

80


Uhr)<br />

æ http://www.stiftung-aufarbeitung.de/uploads/pdf/schoene.pdf (17.10.2012 13.28<br />

Uhr)<br />

æ http://www.bpb.de/geschichte/deutsche-einheit/lange-wege-der-deutscheneinheit/47157/landwirtschaft?p=all<br />

(17.10.2012 13.41)<br />

æ http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/handwoerterbuch-politischessystem/40259/ddr-geschichte?p=all<br />

(17.10.2012 14.03)<br />

æ http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/ddr-mit-dem-plan-in-diepleite/1628954.html<br />

(17.10.2012 14.25)<br />

æ http://de.wikipedia.org/wiki/Kosten_der_deutschen_Einheit (17.10.2012 17.00 Uhr)<br />

æ „<strong>Bitterfeld</strong>-Halle-Leipzig - Strukturwandel des Industriegebietes – Textsammlung für<br />

den Unterricht“, Jürgen Koch, Dr. Eckhard Freiwald, TORO-Verlag, Hamburg, 1994<br />

æ http://de.wikipedia.org/wiki/Chemiekombinat_<strong>Bitterfeld</strong> 20.10.12 13.05Uhr<br />

æ https://www.wuppertal.bayer.de/html/documents/downloads/bitterfeld.pdf<br />

20.10.12 14.45Uhr<br />

æ http://de.wikipedia.org/wiki/Elektrochemisches_Kombinat_<strong>Bitterfeld</strong> 20.10.12<br />

14.49Uhr<br />

æ http://www.deutsches-chemie-museum.de/index.php?id=35 20.10.12 14.51Uhr<br />

æ http://sundoc.bibliothek.uni-halle.de/diss-online/06/06H152/t5.pdf 20.10.12<br />

14.54Uhr<br />

æ http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Markennamen_und_Produkten_in_der_DDR<br />

20.10.12 15.30Uhr<br />

æ http://library.fes.de/fulltext/fo-wirtschaft/00288002.htm 20.10.12 15.37Uhr<br />

æ http://epub.ub.uni-muenchen.de/2197/1/Kahlert_2197.pdf 20.10.12 15.42Uhr<br />

æ http://www.ms-vineta.de/die_goitzsche/ms-vineta_goitzsche_bitterfeld.html<br />

21.10.12 16.58Uhr<br />

b) Flugasche<br />

æ Maron, Monika, Flugasche, Frankfurt Main 1989<br />

æ Der Spiegel 32/1995, „Stasi Deckname ‚Mitsu‘“<br />

æ Maron, Monika, Heuchelei und Niedertracht, In: <strong>FAZ</strong> vom 14.Oktober 1995<br />

c) Bitteres aus <strong>Bitterfeld</strong><br />

æ http://www.mdr.de/damals/archiv/artikel95380.html<br />

Letzter Zugriff: 19.10.2012<br />

æ http://www.stiftung-aufarbeitung.de/ddr-geschichte-und-deutsche-teilung-imueberblick-2466.html?PAGE=artikel_detail&artikel_id=1<br />

Letzter Zugriff: 19.10.2012<br />

Bilderquellen:<br />

æ Bilder aus dem Film „Das war Bitteres aus <strong>Bitterfeld</strong>“ der Bundesstiftung zur<br />

Aufarbeitung der SED-Diktatur von Rainer Hällfritzsch, Ulrike Hemberger und Margit<br />

81


Miosga „Bitteres aus <strong>Bitterfeld</strong>“ 2009<br />

d) Bestandsaufnahme der DDR<br />

æ "Chemie und Braunkohle prägten Jahrzehnte das Land", in: Sonderbeilage zur<br />

Leipziger Buchmesse 2005<br />

æ "Raubbau nach Plan", in: Die Zeit Nr. 47 vom 17. Oktober 1989<br />

æ "Gefährliche Stoffe", in: Die Zeit Nr. 47 vom 17. Oktober 1989<br />

æ "Eine bittere Gegend soll lebenswert werden", in: Freiheit- Sozialistische Tageszeitung<br />

für den Bezirk Halle vom 29. Dezember 1989<br />

æ "Die Umwelt schlägt Brutal zurück", in: Die Welt Nr. 114 vom 17. Mai 1990<br />

æ "Das neue Gift der lähmenden Angst", in: Süddeutsche Zeitung Nr. 180 vom 7. August<br />

1990<br />

Pläne für eine bessere Zukunft<br />

æ Hille, Josef, Ralf Rucke, Roland W. Scholz U. Fred Walkow (Hg.): <strong>Bitterfeld</strong>.<br />

Modellhafte ökologische Bestandsaufnahme einer kontaminierten<br />

lndustrieregion - Beiträge der 1. <strong>Bitterfeld</strong>er Umweltkonferenz. Reihe:<br />

Schadstoffe und Umwelt, Band 10. Berlin 1992.<br />

Erste Veränderungen 1993-2000<br />

Bildquellen:<br />

æ Artikel „Schon weniger Schmutz in Luft und Wasser von <strong>Bitterfeld</strong>“ , <strong>FAZ</strong> vom 6.4.1993<br />

Textquellen:<br />

æ Artikel „Die Chemie stimmt“ von Heinrich Thies - Zeit-Online am 2.7.2007<br />

http://www.zeit.de/2007/27/LS_<strong>Bitterfeld</strong> Zugriff: 15.10.2012<br />

æ Artikel „Rudern für <strong>Bitterfeld</strong>“ von Klaus-Peter Schmidt - Zeit-Online am 23.3.2006<br />

http://www.zeit.de/2006/13/<strong>Bitterfeld</strong> Zugriff: 15.10.2012<br />

æ Artikel „<strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen – einer der ältesten komplexen Chemiestandorte in Europa“<br />

http://www.cp-news.de/wirtschaftsstandort/geschichte.html Zugriff: 17.10.2012<br />

æ Grafik: Stoffverbund http://www.chemiepark.de/index.php?cid=115<br />

Der Wandel von <strong>Bitterfeld</strong> am Film Go Trabi Go<br />

æ http://www.imdb.com/title/tt0101960/<br />

æ http://www.imdb.com/title/tt0104349/<br />

82


æ http://www.moviejones.de/filme-3964/go-trabi-go/go-trabi-go.html<br />

æ http://www.moviejones.de/filme-3965/go-trabi-go/go-trabi-go-2-das-war-der-wildeosten.html<br />

(Letzter Zugriff 17.10.2012 um 23:34)<br />

Bildquellen:<br />

æ http://upload.wikimedia.org/wikipedia/en/2/26/Go_Trabi_Go_VHS_cover.jpg<br />

æ http://www.nox.to/static/covers/0-5191.jpg<br />

æ http://www.filmtube.eu/files/photos/6ea3f1874b18855L.jpg<br />

æ Screenshots aus den Filmen „Go Trabi Go I+II“<br />

(Letzter Zugriff: 18.10.2012 um 21:17)<br />

Tourismus in <strong>Bitterfeld</strong><br />

Bildquellen:<br />

Viele Bilder wurde uns von Kursleiter Eckhard <strong>Scheld</strong> zur Verfügung gestellt, die er während<br />

einer Reise nach <strong>Bitterfeld</strong> zusammen mit Markus <strong>Quint</strong> in der Zeit vom 14. und 15.<br />

September 2012 aufgenommen hat.<br />

Auch die <strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen hat uns Bilder von der <strong>Stadt</strong>, der Oberbürgermeisterin, dem<br />

<strong>Bitterfeld</strong>er Bogen und auch das Logo der <strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen freundlicherweise zur Verfügung<br />

gestellt.<br />

æ Bild 1: http://www.mz-web.de/ks/images/mdsBild/1237373675643l.jpg<br />

æ Bild 2: http://www.yachtclub-bitterfeld.de/bilder/see/2007_goitzsche-see-1.jpg<br />

æ Bild 3: http://www.mdm-online.de/fileadmin/_locationguide/bv23/i23195.jpg<br />

æ Bild 4: http://www.familieplusunternehmen.de/typo3temp/pics/e79ab033af.jpg<br />

Interviews<br />

Telefoninterview über Skype mit Oberbürgermeisterin Petra Wust vom 14.10.12<br />

Telefonat mit Frau Voigt, <strong>Stadt</strong>verwaltung <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen vom 22.10.12<br />

æ Flyer der <strong>Stadt</strong> <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen:<br />

æ „Wasserwelt“, Informationsflyer<br />

æ „<strong>Bitterfeld</strong>er Bernstein“ Informationsflyer<br />

æ „Landschaftspark Goitzsche“ Werbeflyer<br />

æ „<strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen Zahlen, Daten, Fakten“ Informationsflyer<br />

æ „<strong>Bitterfeld</strong>- Wolfen. Ein Kurzporträt“ Werbeflyer<br />

æ „5 Jahre <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen“ Informationsbroschüre<br />

æ „<strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen“ Informationsbroschüre<br />

æ http://www.bitterfeld-wolfen.de/ Letzter Zugriff: 18.10.2012<br />

83


æ http://www.goitzsche.eu/ Letzter Zugriff: 18.10.2012<br />

æ http://www.bitterfeld-online.de/ Letzter Zugriff: 18.10.2012<br />

æ http://de.wikipedia.org/wiki/<strong>Bitterfeld</strong> Letzter Zugriff: 18.10.2012<br />

æ http://de.wikipedia/wiki/Goitzsche Letzter Zugriff: 18.10.2012<br />

æ „Schon weniger Schmutz in Luft und Wasser von <strong>Bitterfeld</strong>“ , <strong>FAZ</strong> vom 6.4.93<br />

84


Region <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen<br />

a) <strong>Bitterfeld</strong>er Bogen<br />

æ Monika, Maron, <strong>Bitterfeld</strong>er Bogen, Frankfurt/Main 2009<br />

b) Aktuelle Situation in der Region <strong>Bitterfeld</strong>-Wolfen<br />

æ http://www.seen.de/seebi/seedetails/Goitzsche.html<br />

æ http://www.anhalt-bitterfeld.de/de/tourismus-kultur.html<br />

æ http://www.chemiepark.de/index.php?cid=102<br />

Standortentwicklung in der Region <strong>Bitterfeld</strong>-<br />

Wolfen<br />

a) Standortfaktoren<br />

æ http://www.solarvalley.org/projekte<br />

æ http://de.wikipedia.org/wiki/Solar_Valley<br />

æ http://www.bitterfeld-wolfen.de/de/wisl_scms/_redaktionell/46/Der_Standort_location_.html<br />

æ -http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Standardartikel/BODL/soliII.html?nn=790654<br />

æ http://www.focus.de/fotos/nach-zahlreichen-pleiten-im-solar-valley-in-bitterfeldwolfen-hat-es_mid_1078219.html&docid=Le26NZ5kLucmWM&imgurl<br />

æ http://www.solarvalley.org<br />

æ http://www.q-cells.com<br />

b) Ansiedlung der Solarindustrie<br />

1) Regionale Solarfirmen<br />

æ http://www.solarworld.de/konzern/globale-staerke/standorte-weltweit/<br />

æ http://www.q-cells.com/unternehmen.html<br />

æ http://www.sovello.com/unternehmen/historie/<br />

æ http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/q-cells-will-insolvenz-beantragen-a-<br />

825284.html<br />

æ http://www.itwissen.info/definition/lexikon/Wafer-wafer.html<br />

85


2) Entwicklung (1990-2000)<br />

æ http://www.redserve.at/index.php?aid=328<br />

æ http://www.iwconsult.de/imperia/md/images/iwconsult/pdf/download/studien/end<br />

bericht_ anhalt-bitterfeld-wittenberg.pdf<br />

æ https://www.wuppertal.bayer.de/html/documents/downloads/bitterfeld.pdf<br />

æ http://www.news.de/politik/855049661/von-der-dreckschleuder-zum-sonnental/1/<br />

æ http://www.anhalt-bitterfeld.de/de/tourismus-kultur.html<br />

Wege in die Krise<br />

a) Globalisierung<br />

æ http://www.deraktionaer.de/aktien-deutschland/solarworld-kaempft--expansionnach-england-18763039.htm<br />

æ http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/q-cells-will-insolvenz-beantragen-a-<br />

825284.html<br />

æ http://www.produktion.de/clean-tech/solarbranche-befuerchtet-insolvenzwelle/<br />

æ http://germany.pv.tv/Firmenverzeichnis/111-Keine-Auswahl/Globalisierung-wichtigf%C3%BCr-deutsche-Hersteller-in-der-Photovolta<br />

1) Globale Faktoren (Dumpingpolitik Chinas)<br />

æ http://www.welt.de/wirtschaft/energie/article108702066/Deutschen-Solarfirmendroht-Handelskrieg-mit-China.html<br />

æ http://www.ftd.de/politik/international/:anti-dumping-klage-eu-geht-gegen-chinassolarbranche-vor/70086650.html<br />

æ http://www.stern.de/politik/ausland/billigkonkurrenz-eu-leitet-antidumpingverfahren-gegen-chinas-solarbranche-ein-1890442.html<br />

Symbiose von Ökologie und Ökonomie<br />

a) Ökologische Beeinflussung der Wirtschaft<br />

æ http://greenbuilding-planning.schieleschoen.de/a16627/Symbiose_von_Oekologie_Oekonomie_und_Architektur_Autark_<br />

arbeitende_Energiezentrale_fuer_den_Bonner_Bogen.html<br />

æ http://www.iwr.de/klima/ausstoss_welt.html<br />

æ http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%96kologische_%C3%96konomie<br />

æ http://www.wirtschaftundschule.de/unterrichtsmaterialien/staatwirtschaftspolitik/unterrichtsentwuerfe/spannungsverhaeltnis-oekologieoekonomie/<br />

æ http://co2-tipps.blogspot.de/2011/03/globale-erwaermung-die-folgen.html<br />

86


1) Knappheit der Ressourcen (Globale Auswirkung)<br />

æ http://www.sueddeutsche.de/thema/Ressourcenknappheit<br />

æ http://www.greengear.de/notwendigkeit-oelknappheit/<br />

æ http://www.zeit.de/2012/01/Oekologie-Ressourcen<br />

æ http://www.swpberlin.org/fileadmin/contents/products/studien/2011_S05_mdn_ks.pdf<br />

Zukunftsperspektiven<br />

a) Energiewende in Deutschland<br />

æ http://de.wikipedia.org/wiki/Energiewende<br />

æ http://www.bmwi.de/Dateien/BMWi/PDF/energiewende-indeutschland,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf<br />

æ http://www.google.de/#q=energiewende+in+deutschland&hl=de&prmd=imvnsu&so<br />

urce=<br />

univ&tbm=nws&tbo=u&sa=X&ei=DCuFUJzkM8n0sgb0hIGYAw&ved=0CEUQqAI&bav=<br />

on.2,or.r_gc.r_pw.r_qf.&fp=463a72f188e57c58&bpcl=35466521&biw=1024&bih=60<br />

1<br />

æ http://www.wiwo.de/themen/Energiewende<br />

æ http://www.stern.de/wirtschaft/news/serie-zur-energiewende-deutschland-steigtum-1713697.html<br />

1) Erneuerbare Energiengesetz<br />

æ http://www.erneuerbareenergien.de/erneuerbare_energien/gesetze/eeg/doc/47585.php<br />

æ http://www.eeg-aktuell.de/das-eeg/<br />

æ http://www.bmu.de/energiewende_aktuell/content/48530.php<br />

2) Auswirkung auf Solarindustrie<br />

æ http://www.handelsblatt.com/finanzen/recht-steuern/steuern/gekuerztefoerderung-warum-sich-die-photovoltaikanlage-trotzdem-lohnt/6798912.html<br />

æ http://www.foerderung-photovoltaik.eu/<br />

æ http://www.solaranlagen-portal.de/photovoltaik/photovoltaik-foerderung.html<br />

æ http://www.solarportal24.de/nachrichten_49596_solarbranche_befuerchtet_insolve<br />

nzwelle _und_den_verlust_zehnt.html<br />

87


Dokumente im Anhang:<br />

Auszüge aus: Nikita Sergejewitsch Chruschtschow in Halle und <strong>Bitterfeld</strong>, hrsg. vom Zentralkomitee<br />

der SED; Halle 1958;<br />

Aus dem <strong>Bitterfeld</strong>er <strong>Stadt</strong>archiv: Archivalie des Monats Juli 2012 /Das Explosionsunglück<br />

vom 11.Juli 1968<br />

Wahrzeichen für die Region <strong>Bitterfeld</strong>. In: Mitteldeutsche Zeitung vom 5.8.2006<br />

Schreiben der Oberbürgermeisterin Petra Wust vom 20.10.12<br />

88


Auszug aus der Rede von Nikita Sergejewitsch<br />

Chruschtschow, in „CHRUSCHTSCHOW IN HALLE<br />

UND BITTERFELD“, Seite 8:<br />

„[…]Doch diese Stärke besteht nur in seiner Einbildung. Wir erkennen keine Stärke an, das<br />

Recht der Völker, ihr Leben so zu gestalten, wie sie es wollen. Wer Werte schafft, wer<br />

arbeitet, soll auch über die Früchte seiner Arbeit verfügen.[…]“<br />

Rede von Nikita Sergejewitsch Chruschtschow aus „CHRUSCHTSCHOW IN HALLE UND<br />

BITTERFELD“, Halle 1958, Seite 8:<br />

„[…]Wenn man einem Blinden, der niemals die Sonne gesehen hat, vom Sonnenschein<br />

erzählt, wird er das trotzdem nicht begreifen und sagen, es gäbe kein Sonnenlicht. So wollen<br />

auch die Diener des Kapitals nicht anerkennen, daß der Sozialismus den Kapitalismus ablöst.<br />

Sie weigern sich hartnäckig, dies einzugestehen. Doch fällt es ihnen immer schwerer, die<br />

Leistungen des Sozialismus in Abrede zu stellen: die sozialistischen Länder entwickeln ihre<br />

Wirtschaft mit jedem Tag immer weiter.[..]“<br />

Rede von CHRUSCHTSCHOW aus „CHRUSCHTSCHOW IN HALLE UND BITTERFELD“, verfasst<br />

von Nikita Sergejewitsch, Seite 9:<br />

„[…]<br />

Es lebe die Arbeiterklasse Deutschlands!<br />

Es lebe das werktätige Volk Deutschlands!<br />

Es lebe die Freundschaft zwischen den Völkern der Sowjetunion und dem deutschen Volk!<br />

Es lebe der Frieden in der ganzen Welt!<br />

Ich wünsche Ihnen Erfolg, teure Freunde!<br />

(Stürmischer, lang anhaltender Beifall – Ovationen, Freundschaftsrufe, Hurrarufe.)“<br />

90

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