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Olympische Hintergrund-Eindrücke:
Handschellen empfohlen...
Ich gestehe! Ich gebe zu, einer Minorität unter
den TV-Zuschauern anzugehören. Ich richte
nämlich mein Augenmerk bevorzugt auf den
Hintergrund der via 16:9 ins Haus gelieferten
Fernsehbilder „sportlicher“ Großereignisse. Wie
zuletzt das von Olympia in Beijing. Warum dieses
absonderliche Sehverhalten?
Ich bin fasziniert vom Auftreten und Verhalten der
Wettkampfrichter und das speziell in Disziplinen,
in denen die Wettkämpfer/innen auf überschaubarem
Raum beisammen sind (z. B. Stab- und
sonstiger Hochsprung) - oder aber am Ende von
Laufwettbewerben über längere Distanzen.
Großartig wie die Herde beieinander gehalten
wird, die Arme ausgebreitet sind um Fluchten
oder unerlaubte Schritte zu unterbinden oder die
weiter hinten Platzierten in den Mittel- und Lang -
stecken von der Tartanbahn treiben! Da werden in
mir liebe Urlaubserinnerungen wach: Viehabtrieb
im Gebirge. Keinen Einhalt gebietet man lediglich
den Siegern - aber das ist nichts Neues - und
stets im Vordergrund.
Erwacht ist meine Leidenschaft, Hintergrund ein -
drücke im TV zu erhaschen, vor Jahren bei einer
Leichtathletik-WM in Stuttgart, der ich als Direkt -
zuschauer beiwohnen durfte. Als eine durch Sturz
zurückgefallene Favoritin geduldig langsam weiterlief,
ehe sie sich schließlich von einem längst
überrundeten Mädchen aus einem kleinen Pazi -
fik-Inselstaat einholen ließ, um diesem Mut zuzusprechen
und mit der Exotin gemeinsam dem Ziel
zuzustreben und ihr auf dem letzten Meter auch
noch den Vortritt zu lassen. Enthusiastischer Bei -
fall des Publikums ob dieses noblen Fairplay!
„Not amused“ zeigten sich die Laufbahn-Kampf -
richter, welche die „Schlusslichter“ mit hartem
Griff augenblicklich quasi arretierten und abführten
- unbeeindruckt von Protestbe kundungen der
Läuferinnen und der Zuschauer. Eine grandiose
Machtdemonstration! Tatsächlich waren diese
Szenen bei der abendlichen Fernsehzusammen -
fassung (klein im Hintergrund der laufenden Bil -
der und natürlich kommentarlos) zu erblicken.
Freilich nur beim genauen Hinsehen...
Heft 3/2008
DIE SPITZE FEDER
Seither begeistern mich die Wettkampfrichter, die
gewichtigen und mehr noch die eher unwichtigen,
die aber ihres Amtes besonders streng walten!
Auf diese richte ich mein Augenmerk.
Geradezu begeistert hat mich so die olympische
Pflichterfüllung jenes Herrn, der (trotz schnellen
Kameraschwungs erkennbar...) einer gestürzten
Hindernisläuferin unter Nutzung der Stadion -
rasen fläche nachsetzte um sie an der Fort setz -
ung ihres Laufes mit körperlicher Gewalt er folg -
reich zu hindern!
Etwas enttäuscht war ich, dass er offenbar
(noch?) keine Handschellen mit sich führte, leistete
doch die junge Dame der Obrigkeit erkennbaren
Widerstand, ehe sie schließlich überwältigt
wurde.
Für mich als „Hintergrund-Gucker“ ein Highlight
bei Olympia, das leider in keiner Zusammen fass -
ung, in keinem Rückblick gezeigt wurde - offenbar
war diese Sekunden-Sequenz wohl aus Ver seh -
en „live“ ausgestrahlt worden...
...oder der Herr Aufseher im himmelblauen Pa -
rade anzug, welcher der Hochspringerin Friedrich
anläßlich eines Probeanlaufs den Weg versperrte
und keinen Zentimeter wich, als die junge Frau
auf ihn zukam!
Großartig auch jene kampfrichtenden Damen ge -
setzt eren Alters bei den Turnvorführungen - ihre
er kenn bar mühsame Suche nach einem Be -
wertungskompromiss unter Berücksichtigung der
Nationalität des/der Aktiven, die mich dabei lehrte,
dass es auch beim Turnen bei Punkt gleicheit
einen Tiebreak gibt, der zwar nicht „ausgeturnt“,
wohl aber bestimmt wird. Donner wetter!
Hintergrundfernsehen lohnt sich! Mich jedenfalls
haben diese Szenen begeistert, zeigten sie mir
doch, dass es sich lohnt auf scheinbar Neben -
säch liches zu achten - diese Petitessen haben
meine Auffassung gestärkt: es gibt bei einer
Sport veranstaltung (...besonders bei Olympia)
Wichtigeres als die Sportler/innen...
Vermutet hatte ich das allerdings schon länger!
Kurt Meister
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