teil6_vorort2003.pdf - 2 MB - Hohenstein
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>Labyrinth und Prärie<<br />
Die Dorfentwicklungsplanung<br />
Nach den Ortsbegehungen bekräftigten Bürgermeister<br />
Zeller und der mit der Dorfentwicklungsplanung beauftragte<br />
Stadtplaner Clemens Künster ihr Anliegen, die<br />
Ergebnisse der räumlichen Bestandsaufnahme von<br />
„Labyrinth und Prärie” in die Dorfentwicklungsplanung<br />
einfließen zu lassen. Sowohl die verblüffende Durchlässigkeit<br />
des Territoriums, zumal zwischen den Privatgrundstücken,<br />
als auch meine Interpretation der zuvor im<br />
Plan als „Nachverdichtungsräume” eingezeichneten<br />
Wiesen als „Hallen”, scheinen dafür interessant zu sein.<br />
Die „Hallen” entstanden dort, wo aus ehemaligem<br />
Dorfrand durch in den letzten Jahrzehnten hinzugekommene<br />
Bebauung Dorfinnenraum wurde. Beispiele hierfür<br />
sind die Wiesen hinter dem „Gasthaus Stern” und beim<br />
Stromverteilertürmchen. Da diese Wiesen nach wie vor<br />
so lässig behandelt werden wie am Dorfrand liegende<br />
Viehweiden, wirken sie als Binnenfreiräume auf wohltuende<br />
Weise befremdlich. Sie entfalten in dieser Lage<br />
eine Aura der Abwesenheit von Aneignung und<br />
Gestaltungsabsicht, die mir in städtischen Ballungsräumen<br />
zumeist auf Industriebrachen und Deponiegeländen<br />
begegnet. Da diese „Hallen” die Offenheit einer<br />
Viehweide mit der umgebenden Ansiedlerdichte eines<br />
Siedlungsraumes verbinden, sind sie nicht nur beeindruckend<br />
weite räumliche Erscheinungen, sondern sammeln<br />
an ihren Rändern zu benachbarten Gärten, Straßen,<br />
Spielplätzen und dergleichen ein reiches Spektrum an<br />
informellen Verbindungs-, Zugangs- und auch Abgrenzungsformen.<br />
Das lässt sie strukturell zu zentralen Orten<br />
der Analyse informeller Raumqualitäten werden. Ein<br />
Problem, die Ergebnisse der Analyse informeller Raumqualitäten<br />
in eine Dorfentwicklungsplanung einfließen<br />
zu lassen, ergibt sich aus dem Widerspruch von informeller<br />
Qualität und dem formalen Charakter von Planung.<br />
Konkret bedeutet das zum Beispiel, dass es zwar<br />
schön ist, wenn jemand den Durchgang zu seines<br />
Nachbars Garten offen hält, dass es aber weder möglich<br />
noch wünschenswert noch im Sinn der Sache ist, ihm<br />
das vorzuschreiben. Dennoch gibt es Möglichkeiten, den<br />
Reichtum an einnehmbaren Perspektiven, die das Dorf<br />
durch seine Durchlässigkeit bietet, für die Zukunft zu stärken.<br />
Räumliche Entwicklungsplanung kann versuchen,<br />
diese Durchlässigkeiten nicht zunichte zu machen. Das<br />
bedeutet konkret: Wenn über das Privatgrundstück A ein<br />
[…] Weg verläuft, der […] als Abkürzung benutzt wird und<br />
neben dem Grundstück A ein Neubaugebiet geplant ist,<br />
kann man die Gebäude, Grundstücke, Grünzüge und<br />
Wege des Neubaugebietes so konfigurieren, dass eine<br />
Weiternutzung dieser Verbindung allen Beteiligten nahe<br />
liegend erscheint. Was die „Hallen” betrifft, so kann man<br />
hier lediglich den Status der „Nachverdichtungszone”<br />
aufheben, um ihren Charakter zu erhalten. Möchte man<br />
einen Schritt weiter gehen, so kann man sie […] als „grüne<br />
Wolken“ (Künster) […] festschreiben. Clemens Künster,<br />
sein Mitarbeiter Timo Kühnel und ich haben vereinbart,<br />
ab September die Dorfentwicklungsplanung zu intensivieren.<br />
Bis Ende des Jahres 2003 sollen konkrete Ergebnisse<br />
vorliegen. Als Vorbereitung dazu erarbeite ich zur<br />
Zeit eine schriftliche und bebilderte räumliche Bestandsaufnahme<br />
als meinen Beitrag zu einer Planungsgrundlage.<br />
Selbstkritischer Rückblick auf die erste Jahreshälfte 2003<br />
Nach nunmehr insgesamt fast einem Jahr wiederkehrender<br />
Besuche, zahllosen Gesprächen und vielen kleinen<br />
und größeren Aktionen in Ödenwaldstetten gibt es erste<br />
Anzeichen, dass das Projekt eine gewisse Eigendynamik<br />
entwickelt. Das gilt vor allem für die Vorbereitungen zum<br />
„Lichterfest hinter den Häusern”, das einen zentralen<br />
Ausschnitt des Labyrinths in der Nacht vom 6. auf den 7.<br />
September bespielen wird. Die anfängliche Skepsis gegenüber<br />
der scheinbaren Abstraktheit der dem Projekt<br />
zugrunde liegenden Analyse ist zumindest einer Ahnung<br />
gewichen, dass man in in dieser Bebauungs- und Nachbarschaftsstruktur<br />
vielleicht tatsächlich etwas Besonderes<br />
hat. Die Ortsbegehungen, die überraschende Einblicke<br />
in das eigene Dorf boten, haben dazu beigetragen. Die<br />
Frage, was denn nun das „Produkt” dieser Arbeit sein<br />
wird, ist geblieben. Abgesehen davon, dass natürlich die<br />
Begehungen selber schon Produkte waren, soll das<br />
„Lichterfest hinter den Häusern” deutlich […] als „Werk”<br />
erkennbar werden. Die Mitarbeit an der Dorfentwicklungsplanung<br />
wird offenbar allgemein als „produktorientiert”<br />
akzeptiert. Es gab etliche Begebenheiten, bei<br />
denen ich hinterher sehr bedauert habe, niemanden beauftragt<br />
zu haben, zu filmen oder zu fotografieren. Zum<br />
Beispiel die Aktionen im Kindergarten oder die Vorbereitungstage<br />
zu den Ortsbegehungen, die sowohl für mein<br />
Verständnis des Dorfes als auch für das allgemeine Verständnis<br />
des Projektes durch die Dorfbewohner sehr wichtig<br />
waren. Es gibt kein Bild von der gemeinsamen Rasenmähaktion<br />
mit Frau Geckeler, bei der wir Wege von ihrem<br />
Garten in das hohe Gras der umgebenden, unbebauten<br />
Baufelder hinein zu den Nachbargärten mähten. […]<br />
Vielleicht hätte ich auch das Medium des Amtsblattes