PREMIEREN - Piper Verlag GmbH

Die neue Landkarte der Macht
China und Indien entwickeln starkes Selbstbewußtsein und
wirtschaftliche Stärke.Wie kann das alte Europa bestehen?
© Zielske / laif
Auf der Insel der Glückseligen
wird es langsam ungemütlich. Die
Zeit der europäisch-amerikanischen
Dominanz neigt sich dem
Ende zu, in rund 20 Jahren dürften
China und Indien mit ihrer geballten
Kaufkraft den Weltmarkt
beherrschen. Das alles hat man
irgendwo schon einmal gehört,
jedoch noch nie so detailliert und
klug begründet bekommen wie
von Gabor Steingart. Der Chef des
Hauptstadtbüros des Nachrichtenmagazins
Der Spiegel geht in
»Weltkrieg um Wohlstand« den
Kräften nach, von denen die globale
Veränderung angetrieben
wird. Die neue Topographie der
Macht, wie Steingart sie beschreibt,
ist ebenso faszinierend
wie erschreckend in ihrer Konsequenz.
Gedemütigte Chinesen. »Der
Blick in den Rückspiegel der Geschichte
dient dem Verstehen unserer
Gegenwart«, postuliert der
Autor und zeichnet ein komplexes
Bild der Industriegeschichte
und des Welthandels. Wie Europa
und die USA in der Vergangenheit
beispielsweise mit Asien umgegangen
sind, ist alles andere als
rühmlich. Die Menschenrechtsverletzungen,
die der Westen
dem heutigen China immer wieder
vorwirft, hat er in unseligen
Kolonialzeiten an den Chinesen
hunderttausendfach selbst begangen.
Das Reich der Mitte wurde
gedemütigt, mit Drogen überschwemmt
und in Armut gehalten.
70 Jahre lang diente eine der
ältesten Kulturnationen der Welt
den Staaten des Westens als gi-
gantischer Selbstbedienungsladen.
In Europa ist das längst vergessen,
in China ist es Schulstoff.
Während im fernen Asien eine
neue Hochkultur entsteht, deren
Selbstbewußtsein auf ökonomischer
Stärke beruht, reagieren
westliche Politiker widersprüchlich
bis verstört.
Verunsicherte westliche Welt.
Dabei führe die neue Stärke von
Ländern wie Indien oder China,
so Steingart, ganz eindeutig zur
Schwächung des Westens: »Ihr
Aufstieg ist unser Abstieg!« Massenarbeitslosigkeit
und Staatsverschuldung
in Europa, Handelsbilanzdefizite
und hoher
Schuldenstand der Privathaushalte
in den USA – das ist bereits
alles Realität. China und Indien
würden dagegen Millionen von
Menschen in den Arbeitsprozeß
integrieren, der Westen steuere
Millionen aus. Seine messerscharfen
Analysen untermauert
Steingart, der in Marburg und
Berlin Volkswirtschaft und Politik
studierte und seit 1990 beim Spiegel
arbeitet, mit wohltuend klaren
und allgemeinverständlichen
Beispielen. Bis heute, so der Au-
tor, besitze der Westen keine Bedrohungsanalyse
über die »Angreiferstaaten«.
Gegner wie Befürworter
der Globalisierung seien
vielmehr blauäugig im Irrtum
vereint.
Lösungen für das alte Europa.
Glauben die einen, man könne
mit Hilfe des Freihandels und
eines weltweiten Kapitalmarktes
gefahrlos seine Absatzgebiete erweitern
und endlos profitieren,
sehen die anderen die Wirtschaftsverflechtung
immer noch
als Unterdrückung und Ausbeutung
der Dritten Welt. Letzteres
besorgten die Asiaten aber schon
selbst: Fast zwei Milliarden Menschen
würden in Fernost zu Mitwirkenden
an einem Experiment,
PREMIEREN SACHBUCH
das es mit dieser Konsequenz zuvor
noch nie gegeben habe. Mit
großer Brutalität gegenüber der
natürlichen Umwelt und den eigenen
Landsleuten konzentrierten
die »Angreiferstaaten« ihre
Mittel in der Exportindustrie.
Nach Übernahme der einfachen
Lohnarbeit stehe die Attacke auf
den Mittelstand und die modernen
High-Tech-Arbeitsplätze
des Westens unmittelbar bevor.
Das Ziel sei Dominanz, nicht stille
Teilhabe.
Gabor Steingart zeigt Lösungen
auf, wie das alte Europa in der
neuen Welt bestehen kann. Nicht
zuletzt deshalb möchte man das
Buch auf der Stelle allen europäischen
Politikern in die Hand
drücken. ■
Gebunden € 19.90 (D) / € 20.50 (A) / sFr 34.70 Gabor Steingarts »Nachruf« auf den ineffizien-
ten Sozialstaat hat hohe Wellen geschlagen.
Angeregt durch seine Analyse »Deutschland –
Der Abstieg eines Superstars«, entstand die
große ZDF-Dokumentation »Der Fall Deutschland«.
Die Interviews der Autoren mit Zeitzeugen
der politischen und wirtschaftlichen Elite
von Helmut Schmidt bis Karl Otto Pöhl eröffnen
einen neuen, in seiner Deutlichkeit bedrückenden
Blick auf die deutsche Nachkriegsgeschichte.
So werden persönliche Geschichten
zu Geschichte.
SP 4801. € 9.95 (D) /
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