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1270<br />

II. Heutiger «Schweizer Standard»<br />

Im «klassischen» schweizerischen Grundstückkaufvertrag,<br />

wie er von verschiedenen Notariaten als Muster verwendet<br />

wird, wird unter «Weitere Bestimmungen» auch der Punkt<br />

«Gewährleistungen» abgehandelt. In der Praxis wird beim<br />

Verkauf von Altbauten (worunter alle fertig erstellten und<br />

bezogenen Gebäude fallen) vielfach anstelle von Gewährleistungen<br />

eine generelle Freizeichnungsklausel eingefügt 1 .<br />

Selbst wenn ausnahmsweise eine – meist sehr vereinfachte<br />

– Regelung der Gewährleistung unter dem entsprechenden<br />

Titel vorgesehen ist, finden sich weitere in dieser Hinsicht<br />

relevante Bestimmungen an anderen Stellen des Vertrags<br />

(z.B. unter «Miet- und Pachtverträgen»), was weder der Leserlichkeit<br />

der Vereinbarung noch der Systematik (und damit<br />

der Klarheit der Auslegung des vertraglichen Willens der<br />

Parteien) zuträglich ist.<br />

Wird eine Freizeichnungsklausel vereinbart, so bestehen<br />

keine Gewährleistungen von Seiten des Verkäufers, soweit<br />

nicht zwingendes Recht entgegensteht. Dies mag gegebenenfalls<br />

bei einfachen Verhältnissen, in denen sich der Käufer<br />

durch eine Inspektion von Gebäude und Umschwung ein<br />

gutes Bild vom Kaufgegenstand machen und sein Kaufangebot<br />

entsprechend anpassen kann, passend sein. Beim Verkauf<br />

einer grösseren Renditeimmobilie ist es jedoch kaum sachgerecht,<br />

mit einer Freizeichnungsklausel zu arbeiten. Vielmehr<br />

lohnt sich bei Transaktionen von diesem Umfang eine<br />

den konkreten Umständen gerecht werdende Allokation der<br />

Risiken zwischen den Parteien, namentlich in der Form von<br />

spezifischen Gewährleistungen.<br />

III. Gründe für spezifische, auf den<br />

Einzelfall abgestimmte Gewährleistungen<br />

Professionelle Immobilieninvestoren besitzen in der Regel<br />

ein Portfolio, welches Liegenschaften in verschiedenen<br />

Ländern umfasst, und sind daher mit den heute üblichen<br />

Standards von Grundstückkaufverträgen in grenzüberschreitenden<br />

Immobilientransaktionen bestens vertraut. Erstmals<br />

konfrontiert mit dem «Schweizer Standard» von Grundstückkaufverträgen<br />

zeigen sich international erfahrene Investoren<br />

dementsprechend irritiert. Sie erwarten neben der<br />

Durchführung einer technischen, kommerziellen und rechtlichen<br />

Due Diligence auch eine die Ergebnisse dieser Due<br />

Diligence widerspiegelnde Allokation einzelner mit dem<br />

Kaufobjekt zusammenhängender Risiken, namentlich in der<br />

Form von im Kaufvertrag detailliert umschriebenen Zusi-<br />

1 Vgl. Ullin Streiff/Bruno Pellegrini/Adrian von Kaenel,<br />

Vertragsvorlagen, 4. A., Zürich 2008, 68; Urs Bürgi, Gewährleistung<br />

beim Immobilienkauf, ST 2005, 392.<br />

M a j a B a u m a n n<br />

AJP/PJA 10/2010<br />

cherungen, Gewährleistungen und gegebenenfalls Schadloshaltungsverpflichtungen<br />

des Verkäufers. Zusicherungen<br />

und Gewährleistungen umfassen generell den üblichen Katalog<br />

von in der Due Diligence geprüften Themenbereichen<br />

(z.B. durch den Verkäufer vor der Eigentumsübertragung zu<br />

erledigende Reparaturarbeiten), aber auch Aspekte, die sich<br />

nicht oder nur mit unverhältnismässigem Aufwand im Rahmen<br />

der Due Diligence überprüfen lassen (z.B. keine hängigen<br />

oder angedrohten Mietstreitigkeiten).<br />

Durch die Einräumung von Zusicherungen und Gewährleistungen<br />

lassen sich die Kosten für die Due Diligence in<br />

einem angemessenen Rahmen halten und können Risiken,<br />

welche der Käufer aufgrund seines Wissens oft gut abschätzen<br />

kann, deren Überprüfung für den Verkäufer aber unmöglich<br />

oder nur mit unverhältnismässigem Aufwand möglich<br />

ist, in einer diesen Umständen gerecht werdenden Weise<br />

wirtschaftlich effizient alloziert werden.<br />

Dies kommt nicht nur dem Käufer, sondern auch dem<br />

Verkäufer zu Gute, da letzterer diejenigen Risiken, welche<br />

ihm in der Regel aufgrund seiner bisherigen Eigentümerstellung<br />

bekannt sind und welche der Käufer nicht oder<br />

nur mit unverhältnismässigem Aufwand abschätzen könnte,<br />

übernehmen und dadurch eine entsprechende Reduktion<br />

des Kaufpreises verhindern kann. Hier ist der Verkäufer der<br />

ökonomisch richtige «Risk Taker». Lehnt er die vertragliche<br />

Übernahme solcher Risiken gegenüber dem Käufer ab, wird<br />

ein rational handelnder Käufer auf einem in der Regel überschiessenden<br />

Kaufpreiseinschlag bestehen, was nicht im Interesse<br />

des Verkäufers sein kann. Umgekehrtes gilt indessen<br />

für Risiken, die der Käufer ebenso gut oder unter Umständen<br />

gar besser einschätzen kann als der Verkäufer. Der Käufer ist<br />

mithin in diesen Fällen der für beide Parteien ökonomisch<br />

bessere «Risk Taker».<br />

Hinzu kommt, dass unter Umständen Vertreter von Immobilienfonds<br />

oder ähnlichen Einrichtungen durch Anlegerschutzgesetzgebungen<br />

oder Investitionsrichtlinien dazu<br />

verpflichtet sind, nur Verträge einzugehen, welche einen gewissen<br />

Minimalstandard betreffend Gewährleistungen erfüllen.<br />

Diese wichtige Investorengruppe wird regelmässig auf<br />

vertraglichen Risikoallokationen beharren müssen, welche<br />

von der heutigen Usanz auf dem Schweizer Immobilienmarkt<br />

abweichen.<br />

IV. Schranken der Vertragsfreiheit<br />

Bei den obligationenrechtlichen Bestimmungen zur Gewährleistung<br />

bei Grundstückkaufverträgen 2 handelt es sich<br />

grundsätzlich um dispositives Recht 3 , so dass die Parteien<br />

2 Art. 219 OR und Art. 221 OR i.V.m. Art. 192 ff. OR und 197 ff.<br />

OR.<br />

3 Vgl. Pierre Tercier/Pascal G. Favre/Marie-Noëlle Zen-<br />

Ruffinen, in: Pierre Tercier/Pascal G. Favre (Hrsg.), Les

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