kirchliches jahrbuch 2003 - Institut für Kirchenbau und kirchliche ...
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I. Vorwort<br />
Liest man die Einweihungsschriften zu jenen Kirchen, die in den Fünfziger- <strong>und</strong><br />
frühen Sechzigerjahren neu- bzw. wiederaufgebaut oder erweitert wurden, dann<br />
ist davon die Rede, dass die bisherige (Not-)Kirche oder der Gemeindesaal zu<br />
klein waren, um dem Andrang an Gottesdienstbesuchern Stand zu halten. Man<br />
habe am Sonntag zwei Gottesdienste halten müssen, manchmal auch einen am<br />
Samstagabend. Der zur Verfügung stehende Raum sei einfach zu klein gewesen,<br />
man brauchte eine Erweiterung oder gar einen ganz neuen Kirchenraum.<br />
Die Gründe <strong>für</strong> den Kirchbauboom der Fünfziger- <strong>und</strong> frühen Sechzigerjahre<br />
waren vielfältig. Ein Gr<strong>und</strong> lag in den großen Kriegszerstörungen, vor allem in<br />
den Innenstädten deutscher Großstädte, ein anderer in den Flüchtlingen <strong>und</strong> Vertriebenen<br />
aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten. Diese Ströme betrafen auch<br />
die deutschen Klein- <strong>und</strong> Mittelstädte <strong>und</strong> veränderten das bisher noch recht starre<br />
Konfessionsgefüge. So gab es in bisher rein katholischen Gebieten auf einmal<br />
Evangelische, die einen eigenen <strong>Kirchenbau</strong> brauchten, <strong>und</strong> umgekehrt.<br />
Ein dritter Gr<strong>und</strong> war, dass es in der Bevölkerung tatsächlich so etwas wie einen<br />
„Hunger nach dem Wort Gottes“ gab <strong>und</strong> man von der Kirche Antworten auf<br />
letzte Fragen <strong>und</strong> so etwas wie Geborgenheit erwartete. Dazu kam die Errichtung<br />
neuer Siedlungsgebiete am Stadtrand. Und schließlich setzte man im wirtschaftlichen<br />
Aufschwung den Ende des 19.Jahrh<strong>und</strong>erts begonnenen Weg zur „überschaubaren<br />
Gemeinde“ entschlossen fort <strong>und</strong> teilte große Gemeinden in kleinere<br />
auf, die dann auch einen je eigenen <strong>Kirchenbau</strong> erhielten.<br />
In den Achtziger- <strong>und</strong> Neunzigerjahren <strong>und</strong> gar jetzt nach dem Jahr 2000 ergibt<br />
sich ein nahezu entgegen gesetztes Bild. Nicht nur reichen die bestehenden<br />
gottesdienstlichen Orte aus, es sind ihrer gar zu viele. Und die vorhandenen<br />
Räume sind <strong>für</strong> die in ihrer Zahl eher bescheiden gewordene Gottesdienstgemeinde<br />
meist zu groß. Auch hier sind die Gründe mannigfach. Real ist die Zahl der<br />
Kirchenmitglieder auf evangelischer Seite seit Mitte der Sechzigerjahre drastisch<br />
zurückgegangen, insbesondere durch Austritte <strong>und</strong> demographische Entwicklungen.<br />
Die Zahl der Gebäude hat sich demgegenüber seither noch erheblich vermehrt.<br />
Aus den Innenstädten sind viele Menschen an den Stadtrand <strong>und</strong> in umliegende<br />
Dörfer gezogen, wodurch in den Cities zwar ein Dutzend Kirchen, aber kaum<br />
mehr Bewohner, vielmehr nur noch Geschäfte <strong>und</strong> Büros vorhanden sind. In den<br />
Cityrandgebieten des 19. <strong>und</strong> frühen 20.Jahrh<strong>und</strong>erts, aber auch manchen Neubauvierteln<br />
der Fünfziger- bis Siebzigerjahre haben sich die Bevölkerungszahlen<br />
in den letzten Jahrzehnten ebenfalls stark verringert. Viele Alteingesessene sind<br />
fortgezogen – <strong>und</strong> die Nachkommenden zudem meist nicht kirchlich geb<strong>und</strong>en.<br />
Entsprechend drastisch eingebrochen sind die Gemeindegliederzahlen in<br />
Deutschlands Großstädten <strong>und</strong> Ballungsgebieten.<br />
Von einem „Hunger nach dem Wort“ <strong>und</strong> Sinnsuche bei den Kirchen kann<br />
man angesichts schwindender Gottesdienstbesucherzahlen ebenfalls nicht mehr<br />
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