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Adjudikation verfassungswidrig? BauR 8/2010<br />

wendbar [65]. Der Justizgewähranspruch<br />

kommt im Vertragsrecht nicht zur Anwendung<br />

und begrün<strong>de</strong>t ohnehin kein staatliches<br />

Rechtsprechungsmonopol [66]. Mit „<strong>de</strong>m<br />

staatlichen Gewaltmonopol korrespondiert keine<br />

Exklusivität staatlicher Gerichtsbarkeit“ [67],<br />

wie die Regelungen <strong>de</strong>s Schiedsgerichtsrechts<br />

(§§1025ff. ZPO) o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Schiedsgutachtenrechts<br />

(§§317ff. BGB) zeigen.<br />

Die Vereinbarung von außergerichtlichen<br />

Streitbeilegungsverfahren wie privater Streitentscheidungs-<br />

und -schlichtungsstellen ist<br />

zu<strong>de</strong>m von <strong>de</strong>r Verfassung über Art.2 Abs.1<br />

GG garantiert [68]. Daher hat das OLG Hamburg<br />

[69] schon vor über 15 Jahren eine vertragliche<br />

Adjudikations-Vereinbarung innerhalb<br />

von Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />

nicht beanstan<strong>de</strong>t.<br />

2. Missbrauchskontrolle<br />

Soweit <strong>de</strong>r Gesetzgeber privatautonome<br />

Streitbeilegung zulässt, bleibt er nur zu einer<br />

verfassungsrechtlich garantierten Missbrauchs-<br />

und Evi<strong>de</strong>nzkontrolle verpflichtet<br />

[70].<br />

Diesem ist <strong>de</strong>r Gesetzgeber für das Schiedsgutachtenrecht<br />

gefolgt. Die Parteien können<br />

vereinbaren, dass <strong>de</strong>r Schiedsgutachter seine<br />

Entscheidung „nach freiem Belieben treffen“<br />

(§ 319 Abs.1 Satz 2 BGB) kann, sodass<br />

die Entscheidung nur richtig ist, wenn diese<br />

willkürlich erfolgt (§§138, 242 BGB) [71]. Haben<br />

die Parteien keinen Entscheidungsmaßstab<br />

getroffen, „so ist im Zweifel anzunehmen,<br />

dass sie nach billigem Ermessen zu treffen ist“<br />

(§ 317 Abs.1 BGB). Die Bindungswirkung <strong>de</strong>s<br />

Schiedsgutachtens innerhalb <strong>de</strong>s Gerichtsverfahrens<br />

wird nur als „prozessuale Reflexwirkung<br />

<strong>de</strong>r materiell-rechtlichen Verbindlichkeit<br />

<strong>de</strong>s Schiedsgutachtens“ [72] verstan<strong>de</strong>n.<br />

Das Gericht ist hieran wie bei je<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren<br />

materiell-rechtlich wirksamen Vereinbarung<br />

gebun<strong>de</strong>n. Es hat aber immer das „letzte<br />

Wort“ über §§138, 242 BGB.<br />

Auch das Schiedsgericht kann mit einer Entscheidung<br />

„nach Billigkeit“ (§ 1051 Abs.3<br />

Satz 1 ZPO) betraut wer<strong>de</strong>n. Innerhalb <strong>de</strong>s<br />

Schiedsgerichtsrechts fin<strong>de</strong>t nur unter <strong>de</strong>n<br />

engen Voraussetzungen <strong>de</strong>s § 1059 Abs.2<br />

ZPO eine Aufhebung <strong>de</strong>s Schiedsspruches<br />

durch ein staatliches Gericht statt. Zugleich<br />

ist aber auch hier garantiert, dass ein staatliches<br />

Gericht angerufen wer<strong>de</strong>n kann.<br />

3. Verhältnismäßigkeit<br />

Die Gewähr rechtlichen Gehörs nach Art.103<br />

Abs.1 GG betrifft nur staatliche Gerichtsverfahren<br />

und ist <strong>auf</strong> Schiedsgerichte und ADR-<br />

Verfahren unanwendbar [73]. Innerhalb <strong>de</strong>s<br />

Schiedsgerichtsrechts hat sich <strong>de</strong>r Gesetzgeber<br />

gleichwohl aus Grün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Verhältnismäßigkeit<br />

für die Gewähr rechtlichen Gehörs<br />

entschie<strong>de</strong>n (§1047 Abs. 3 BGB), da ein<br />

Schiedsgerichtsurteil nur unter <strong>de</strong>n engen<br />

Voraussetzungen <strong>de</strong>s § 1059 Abs.2 ZPO <strong>auf</strong>hebbar<br />

ist. Für das Schiedsgutachten ist die<br />

Gewähr rechtlichen Gehörs hingegen nicht<br />

vorgesehen [74], da dieses nach <strong>de</strong>r gesetzlichen<br />

Zweifelsregelung schon dann unverbindlich<br />

ist, wenn es „offenbar unbillig“ (§319<br />

Abs.1 Satz 1 BGB) ist.<br />

4. Gesetzliches Leitbild <strong>de</strong>s Adjudikations-<br />

Verfahrens<br />

Das Adjudikations-Verfahren ist rechtsdogmatisch<br />

als (<strong>auf</strong>lösend bedingtes) Schiedsgutachten<br />

zu verorten [75]. Schiedsgutachten<br />

können in b2b-Verträgen innerhalb von Allgemeinen<br />

Geschäftsbedingungen vereinbart<br />

[65] BGH, Urteil v. 3.7.1975 … III ZR 78/73 …, BGHZ 65, 59, 61; Classen,<br />

in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Kommentar zum Grundgesetz,<br />

Bd. 3, 5. Aufl., 2005, Art. 92 Rdnr. 42; Jarass/Pieroth, Grundgesetz für<br />

die Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland, 8.Aufl., Art. 92 Rdnr. 6; Detterbeck,<br />

in: Sachs, Grundgesetz, 3. Aufl., 2003, Art. 92 Rdnr. 28; Hillgruber, in:<br />

Maunz/Dürig, Grundgesetz, Lfg. 51, Art. 92 Rdnr. 87; Stober, NJW<br />

1979, 2001, 2003; Lembcke, NVwZ 2008, 42, 44.<br />

[66] Hillgruber, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Lfg. 51, Art. 92<br />

Rdnr. 87.<br />

[67] Hillgruber, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Lfg. 51, Art. 92<br />

Rdnr. 87. Ferner Walter, ZZP 103 (1990), 141, 143.<br />

[68] Classen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Kommentar zum Grundgesetz,<br />

Bd. 3, 5.Aufl., 2005, Art. 92 Rdnr. 42; Hillgruber, in: Maunz/<br />

Dürig, Grundgesetz, Lfg. 51, Art. 92 Rdnr. 88; Greger, in: Greger/Unberath,<br />

S.89, 93.<br />

[69] OLG Hamburg, Urteil v. 20. 9.1994 … 7 U 154/93 …, IBR 1998,<br />

175, 175; LG Hamburg, Urteil v. 8.7.1993 … 302 O 310/92 … (unveröffentlicht).<br />

[70] Schmidt-Aßmann, HStR II, 3. Aufl., 2004, § 26 Rdnr. 71, 74;<br />

Schulze-Fielitz, in: Dreier, Grundgesetz, Bd. II, 2. Aufl. 2006, Art. 20<br />

(Rechtsstaat) Rdnr. 212; Grzeszick, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz,<br />

Lfg. 48, VII Art. 20 Rdnr.136.<br />

[71] Lembcke, NVwZ 2008, 42, 44.<br />

[72] Wittmann, Struktur- und Grundprobleme <strong>de</strong>s Schiedsgutachtenvertrages,<br />

S.53.<br />

[73] Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Lfg. 27, Art<br />

103, Rdnr. 50.<br />

[74] St.Rspr. BGH, Urteil v. 25. 6.1952 … II ZR 104/51 …, BGHZ 6,<br />

335, 335 ff.<br />

[75] OLG Hamm, Bun<strong>de</strong>skonferenz, S. 20; Rieble, in: Staudinger<br />

(2009) I 315 BGB Rdnr.122; Stubbe, SchiedsVZ 2006, 150, 153;<br />

Greger/Stubbe, Schiedsgutachten, Rdnr.194; Troja/Stubbe, ZKM 4/<br />

2006, 121, 125; Die<strong>de</strong>richs, Immobilienmanagement im Lebenszyklus,<br />

S.445; MünchKomm.-Gottwald, BGB, §317 Rdnr. 32; Schramke,<br />

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