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Exkurs Finanzstrafrecht - Raiffeisen

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UNTERNEHMENSSTRAFRECHT<br />

(Verbandsverantwortlichkeitsgesetz)<br />

Einleitung<br />

Materielle Grundzüge des Gesetzes<br />

Anwendungsfälle<br />

Risiko- und Krisenmanagement<br />

Einleitung<br />

Bis zum 01.01.2006<br />

DR. HUBERT STANGLECHNER<br />

15.03.2006<br />

-Strafverfahren nur gegen natürliche Personen möglich<br />

Straftat nach dem 01.01.2006<br />

-Strafverfahren auch gegen Verbände<br />

Verband ist neben natürlichen Personen strafbar<br />

-alle Kombinationsmöglichkeiten denkbar<br />

DR. HUBERT STANGLECHNER<br />

15.03.2006 2<br />

1


Verbände Verb nde<br />

Juristische Personen<br />

- insbesondere: GmbH, AG, Vereine, Genossenschaften, Stiftungen<br />

Personenhandelsgesellschaften<br />

- OHG, KG, EWIV<br />

Eingetragene Erwerbsgesellschaften<br />

- OEG, KEG<br />

Keine Verbände<br />

DR. HUBERT STANGLECHNER<br />

15.03.2006 3<br />

Einzelunternehmer<br />

Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GesbR)<br />

Juristische Personen des öffentlichen Rechts<br />

- Bund, Länder, Gemeinden, Kammern etc<br />

- soweit sie hoheitlich handeln<br />

Kirchen und Religionsgemeinschaften<br />

- soweit sie seelsorgerisch tätig sind<br />

Verlassenschaft<br />

DR. HUBERT STANGLECHNER<br />

15.03.2006 4<br />

2


Straftaten<br />

Alle gerichtlich strafbaren Handlungen<br />

- auch Versuchs-, Bestimmungs- oder Beitragstaten<br />

- auch Privatanklagedelikte<br />

zB folgende Tatbestände im Wirtschaftsrecht:<br />

§ Produktpiraterie (§ 91 UrhG)<br />

§ Wissentliche Irreführung (§ 4 UWG)<br />

§ Bestechung (§ 10 UWG)<br />

§ Kennzeichenverletzung (§ 60 MarkSchG)<br />

DR. HUBERT STANGLECHNER<br />

15.03.2006 5<br />

<strong>Exkurs</strong> <strong>Finanzstrafrecht</strong><br />

Alle gerichtlich strafbaren Finanzvergehen<br />

- zB vorsätzliche Abgabenhinterziehung über 75.000 Euro<br />

Alle verwaltungsbehördlich strafbaren Finanzvergehen<br />

- zB fahrlässige Abgabenverkürzung<br />

Gefahr der Beteiligung an Finanzvergehen<br />

- zB durch Ausstellen von „Gefälligkeitsrechnungen“<br />

DR. HUBERT STANGLECHNER<br />

15.03.2006 6<br />

3


Verantwortlichkeit<br />

1. Allgemeine Zurechnungskriterien<br />

-Begehung zu Gunsten des Verbandes oder<br />

-durch die Tat werden Pflichten verletzt, die den Verband treffen<br />

2. Personenbezogene Zurechnungskriterien<br />

-Begehung durch einen Entscheidungsträger oder<br />

-Begehung durch Mitarbeiter<br />

DR. HUBERT STANGLECHNER<br />

15.03.2006 7<br />

Begehung zu Gunsten des Verbandes<br />

Verband wurde bereichert oder sollte bereichert werden<br />

Verband hat sich Aufwand erspart oder hätte sich<br />

ersparen sollen<br />

Keine Zurechnung:<br />

- Täter handelt ausschließlich auf eigene Rechnung<br />

Beispiel: Handwerker begeht anlässlich von Arbeiten in einer<br />

Wohnung einen Diebstahl<br />

DR. HUBERT STANGLECHNER<br />

15.03.2006 8<br />

4


Pflichten, die den Verband treffen<br />

Straf-, zivil- und verwaltungsrechtliche Pflichten<br />

im „Rahmen der Tätigkeit“ des Verbandes<br />

- Allgemeine Verkehrssicherungspflicht (§1295 ABGB)<br />

- Pflicht zur Schadensvermeidung bei Waren- oder Dienstleistungen<br />

- Pflichten des Arbeitnehmer- und Umweltschutzes<br />

Beispiel:<br />

- Tödlicher Verkehrsunfall bei Dienstreise durch<br />

Bremsversagen des nicht gewarteten Firmenfahrzeuges<br />

DR. HUBERT STANGLECHNER<br />

15.03.2006 9<br />

Keine Pflichten des Verbandes<br />

Allgemeine Pflichten „ohne inhaltlichen Bezug“<br />

zum jeweiligen Verband<br />

- keine grundsätzliche Pflicht Straftaten zu verhindern<br />

Beispiel:<br />

- tödlicher Verkehrsunfall bei Dienstreise wegen<br />

überhöhter Geschwindigkeit des Firmenfahrzeuges<br />

DR. HUBERT STANGLECHNER<br />

15.03.2006 10<br />

5


Begriff des Entscheidungsträgers<br />

Personen mit Außenvertretungsbefugnis<br />

- Geschäftsführer, Vorstandsmitglied, Prokurist etc<br />

Leitende Angestellte mit Kontrollbefugnis<br />

- Aufsichtsrat, Betriebsleiter, Leiter einer Revisionsabteilung<br />

Personen mit maßgeblichem Einfluss auf die<br />

Geschäftsführung<br />

- faktischer Geschäftsführer<br />

DR. HUBERT STANGLECHNER<br />

15.03.2006 11<br />

Verantwortlichkeit für f<br />

Tat des Entscheidungsträgers<br />

Entscheidungstr gers<br />

Entscheidungsträger handelt<br />

-in Ausübung seiner leitenden Funktion<br />

-tatbestandsmäßig, rechtswidrig und schuldhaft<br />

=> keine Verantwortlichkeit<br />

-Notwehr<br />

-Rücktritt vom Versuch<br />

-Tätige Reue<br />

-Selbstanzeige im FinStrG<br />

DR. HUBERT STANGLECHNER<br />

15.03.2006 12<br />

6


Begriff des Mitarbeiters<br />

Personen in privatrechtlichem Arbeitsverhältnis<br />

- Arbeiter, Angestellte<br />

Personen im Ausbildungsverhältnis<br />

- Lehrlinge, Praktikanten<br />

Leih- oder Heimarbeiter<br />

Arbeitnehmerähnliche Personen<br />

- finanziell oder organisatorisch abhängige<br />

freie Mitarbeiter, Handelsvertreter, Tankstellenpächter etc<br />

Verantwortlichkeit für<br />

Tat von Mitarbeitern<br />

Mitarbeiter handeln<br />

- tatbestandsmäßig und rechtswidrig<br />

DR. HUBERT STANGLECHNER<br />

15.03.2006 13<br />

- kein schuldhaftes Handeln erforderlich<br />

=> Verbandsverantwortlichkeit auch möglich, wenn Mitarbeiter nicht<br />

strafbar ist, zB weil ihm notwendiges Wissen oder Erfahrung fehlt<br />

Entscheidungsträger haben sorgfaltswidrig<br />

wesentliche, gebotene und zumutbare<br />

Maßnahmen zur Verhinderung der Tat unterlassen<br />

DR. HUBERT STANGLECHNER<br />

15.03.2006 14<br />

7


Sorgfaltsmaßstab<br />

Objektiver Maßstab<br />

- „einsichtiger und besonnener“ Entscheidungsträger<br />

- persönliche Einschätzung ist irrelevant<br />

Beispiel „Wartung Firmenfahrzeug“<br />

- besonnener Entscheidungsträger wartet<br />

- unerheblich ob Entscheidungsträger darauf vertraut,<br />

dass Wartung nicht notwendig ist<br />

Art der Maßnahmen<br />

Technische Maßnahmen<br />

- Absperrungen, Warnhinweise, Wartung<br />

Organisatorische Maßnahmen<br />

DR. HUBERT STANGLECHNER<br />

15.03.2006 15<br />

- klare Zuständigkeiten, funktionierender Informationsaustausch<br />

- Überwachung automatisierter Abläufe<br />

- Überwachung und Kontrolle der Mitarbeiter<br />

Personelle Maßnahmen<br />

- sorgfältige Auswahl, klare Anweisungen, Schulung<br />

DR. HUBERT STANGLECHNER<br />

15.03.2006 16<br />

8


Wesentliche Maßnahmen<br />

Straftat der Mitarbeiter wird durch<br />

Unterlassung des Entscheidungsträgers<br />

-ermöglicht<br />

-oder wesentlich erleichtert<br />

=> Unterlassung führt zu einer Risikoerhöhung<br />

DR. HUBERT STANGLECHNER<br />

15.03.2006 17<br />

Gebotene und zumutbare Maßnahmen<br />

Abhängig von<br />

Größe und Struktur des Verbandes<br />

Gefahr, die von Tätigkeit des Verbandes ausgeht<br />

Ausbildungsstand und Verlässlichkeit der Mitarbeiter<br />

DR. HUBERT STANGLECHNER<br />

15.03.2006 18<br />

9


Verkehrsunfall wegen Überschreitens<br />

von Lenk- Lenk und Ruhezeiten<br />

LKW-Fahrer eines Transportunternehmens wird zu spät beauftragt,<br />

Ware pünktlich zu liefern. Dem Entscheidungsträger ist jedoch nicht<br />

bekannt, dass Einhaltung des Liefertermins nur unter Überschreitung<br />

der Lenk- und Ruhezeiten möglich ist.<br />

LKW-Fahrer fällt in Sekundenschlaf und verursacht einen schweren<br />

Unfall mit mehreren Toten<br />

=> Verband hat ihn treffende Pflichten (§§ 13 ff AZG) verletzt<br />

=> LKW-Fahrer begeht fahrlässige Tötung (§ 80 StGB)<br />

=> Entscheidungsträger hat organisatorische Maßnahmen, welche<br />

Einhaltung der Bestimmungen des AZG gewährleisten, unterlassen<br />

=> Verbandsverantwortlichkeit des Transportunternehmens<br />

DR. HUBERT STANGLECHNER<br />

15.03.2006 19<br />

„Schmiergeld“ für Vertragsabschluss<br />

Geschäftsführer der A-GmbH gibt Prokuristen der B-GmbH eine<br />

„Provision“ für Vertragsabschluss. Beide wissen, dass die „Provision“<br />

die Preise verteuert, welche die B-GmbH laut Vertrag an die A-GmbH<br />

zu zahlen hat.<br />

Beide begehen Untreue (§ 153 StGB) zum Nachteil der B-GmbH<br />

- Prokurist als unmittelbarer Täter<br />

- Geschäftsführer als Bestimmungs- oder Beitragstäter<br />

⇒ Verantwortlichkeit der A-GmbH weil die Straftat (auch) zu ihren<br />

Gunsten begangen wurde (Erhalt des Auftrags der B-GmbH)<br />

⇒ Keine Verantwortlichkeit der B-GmbH, weil Tat nicht zu ihren Gunsten<br />

erfolgte und Prokurist „nur“ seine eigene Treuepflicht, nicht jedoch<br />

Pflichten verletzt hat, welche die B-GmbH treffen<br />

DR. HUBERT STANGLECHNER<br />

15.03.2006 20<br />

10


Unglück bei einer Veranstaltung<br />

Mehrere Personen werden bei „Massen-Panik“ getötet<br />

Veranstaltungs-GmbH trifft Verkehrssicherungspflicht<br />

(umfassende Schutzmaßnahmen)<br />

Wenn Entscheidungsträger Schutzmaßnahmen<br />

rechtswidrig und schuldhaft unterlassen hat<br />

=> Entscheidungsträger begeht<br />

fahrlässige Gemeingefährdung mit Todesfolge (§ 177 StGB)<br />

=> Verbandsverantwortlichkeit der Veranstaltungs-GmbH<br />

Unfall auf Schipiste<br />

DR. HUBERT STANGLECHNER<br />

15.03.2006 21<br />

Schifahrer stürzt auf steiler Piste, prallt gegen einen<br />

nicht gepolsterten Pfosten des Fangzaunes und wird<br />

schwer verletzt<br />

Seilbahnunternehmen trifft Pistensicherungspflicht<br />

Betriebsleiter (= Entscheidungsträger) hat Absicherung<br />

rechtswidrig und schuldhaft unterlassen<br />

=> Betriebsleiter begeht fahrlässige Körperverletzung (§ 88 StGB)<br />

=> Verbandsverantwortlichkeit des Seilbahnunternehmens<br />

DR. HUBERT STANGLECHNER<br />

15.03.2006 22<br />

11


Ziel des Gesetzes<br />

Unternehmen sollen motiviert werden, umfassende<br />

Maßnahmen zu ergreifen, um Taten von Entscheidungsträgern<br />

und Mitarbeitern zu verhindern.<br />

=> PRÄVENTION durch RISIKOMANAGEMENT<br />

Risikomanagement<br />

Gefahrenerkennung<br />

DR. HUBERT STANGLECHNER<br />

15.03.2006 23<br />

-Kenntnis und Evaluierung unternehmensbezogener Pflichten<br />

-Aufspüren von technischen und organisatorischen Fehlerquellen<br />

Fortbildungs- und Schulungsmaßnahmen<br />

- Dokumentation der Schulung von Mitarbeitern (Schulungsnachweis)<br />

Internes Kontrollsystem<br />

- Überwachung der Einhaltung von Vorschriften und Auflagen<br />

- Wartungsprotokolle für technische Geräte und Fahrzeuge<br />

Verhaltensregeln (vgl Compliance-Programme von Banken und Versicherungen)<br />

Notfallpläne für Störfälle<br />

Rechtsschutzversicherung<br />

DR. HUBERT STANGLECHNER<br />

15.03.2006 24<br />

12


Krisenmanagement<br />

Dokumentation des Vorfalls<br />

Daten von Zeugen festhalten<br />

Keine inhaltliche Aussage vor anwaltlicher Beratung<br />

Pressemitteilungen nur nach vorhergehender Absprache<br />

mit Rechtsanwalt<br />

Beiziehen eines Sachverständigen<br />

DR. HUBERT STANGLECHNER<br />

15.03.2006 25<br />

Danke für Ihre Aufmerksamkeit<br />

DR. HUBERT STANGLECHNER<br />

RECHTSANWALT<br />

Schöpfstraße 15<br />

A-6020 Innsbruck<br />

Telefon: (+ 43 512) 56 06 50<br />

Telefax: (+ 43 512) 56 06 50-50<br />

E-Mail: h.stanglechner@tirol.com<br />

26<br />

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