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10 Chefsache 04/2008<br />
Unklare Verträge sind wertlos<br />
Eindeutig klar?<br />
Kaum jemand würde in einen Arbeitsvertrag schreiben, dass das Arbeitsverhältnis etwa „im März“ beginnt, denn das<br />
wäre eindeutig mehrdeutig. Und eindeutig einfach nur dämlich. Denn wer mit seinem Arbeitnehmer solch schwammige<br />
Verträge durch undeutliche Aussagen abschließt, hat prinzipiell richtig schlechte Karten.<br />
Von FRANK STEDTLER<br />
Und seit März * erst recht. Denn<br />
da hat das Bundesarbeitsgericht<br />
ein Urteil gefällt, welches die<br />
deutschen Formulierungsweichen<br />
neu stellt. Und wodurch mit weichen<br />
Formulierungen abgefasste<br />
Papiere quasi zerrissen werden.<br />
Es müssen nämlich grundsätzlich<br />
die Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />
beachtet werden. Weil Arbeitnehmer,<br />
seien es hochbezahlte<br />
Sportler oder die Reinigungsfachkraft,<br />
Verbraucher sind. Und deren<br />
Arbeitsverträge unterliegen der so<br />
genannten „AGB-Kontrolle“, wonach<br />
die AGB keine für Verbraucher<br />
überraschende Klauseln enthalten<br />
dürfen! Bezog sich dieser<br />
Gesetzespassus bislang nur auf<br />
vorformulierte Arbeitsverträge,<br />
unterliegen mit dem BAG-Urteil<br />
vom März 2008 nun auch etwa<br />
vom Chef persönlich abgefasste<br />
Verträge der AGB-Kontrolle!<br />
Bild: ©Konstantin Gastmann /<br />
aboutpixel.de<br />
Eindeutig Ball und rund. Doch weder<br />
Fuß- noch Hand-, sondern Basketball!<br />
Selbst dann, wenn sie nur zur einmaligen<br />
Verwendung bestimmt<br />
sind. Und darin sollten dann auch<br />
eventuell aus Formularverträgen<br />
kopierte Passagen unbedingt auf<br />
die eigentlich gemeinte Aussage<br />
hin geprüft werden. Wollen Sie<br />
etwa eine Probezeit von sechs Monaten<br />
vereinbaren, darf es nicht<br />
heißen: „Das Arbeitsverhältnis beginnt<br />
am 01.01.2001 und ist aus<br />
Unscharf. Schwammige Kontrakte gehen schnell in die Tausende.<br />
Gründen der Erprobung bis zum<br />
31.06.2001 befristet.“ Denn hier<br />
handelt es sich in Wahrheit um ein<br />
befristetes Arbeitsverhältnis ohne<br />
automatische Verlängerung. Eindeutig<br />
klar wäre nur dies: „Die<br />
ersten sechs Monate der Beschäftigung<br />
sind Probezeit.“<br />
Der Fall eines ehemaligen Auszubildenden<br />
beweist, dass es auf<br />
jeden Fall besser ist, eine Formulierung<br />
mehrfach zu überdenken,<br />
bevor man sie unterzeichnen lässt.<br />
Ist der Vertrag schwammig, wird<br />
es möglicherweise richtig teuer.<br />
Das Wort zählt<br />
Der Ex-Azubi, nennen wir ihn<br />
Wilfried Heinzmann, schließt<br />
2003 seine Ausbildung zum Sozialversicherungsfachwirt<br />
ab, doch<br />
dieses Wissen <strong>reich</strong>t ihm nicht.<br />
Gleich nach der Lehre beginnt<br />
Heinzmann das Studium „Gesundheitsökonomie<br />
im Praxisverbund“.<br />
Eine feine Sache, sagt sich sein<br />
Arbeitgeber und schließt zwecks<br />
Förderung seines Mitarbeiters ei -<br />
nen selbst verfassten Volontariatsvertrag<br />
mit ihm ab. Als Vergütung<br />
soll er für die restliche Zeit des<br />
Bild: ©snygo / aboutpixel.de<br />
Studiums monatlich die Summe<br />
eines Azubis im dritten Lehrjahr<br />
bekommen. Plus Mitzuschuss von<br />
rund 190 Euro.<br />
Das Ganze als Darlehen, rückzahlbar<br />
in 60 Monatsraten und aus<br />
dem Gehalt, das sein Chef ihm<br />
nach Studien-Ende zahlen will.<br />
Soweit, so gut. Doch nach Studienabschluss<br />
soll Heinzmann als<br />
„normaler“ Sozialversicherungsfachwirt“<br />
werkeln, mit eben nur<br />
dem Gehalt eines solchen. Heinzmann<br />
schluckt und... lehnt ab. Sein<br />
daraufhin erboster Chef fordert<br />
deshalb die sofortige Rückzahlung<br />
von rund 24.000 Euro. Das komplette<br />
Darlehen eben. Heinzmann<br />
lehnt auch das ab, sein Chef klagt<br />
und... verliert! Weil seine Vereinbarung<br />
mit Heinzmann laut Bundesarbeitsgericht<br />
„weder klar, noch<br />
transparent sei“! In dem Papier<br />
nämlich sei nicht geregelt gewesen,<br />
welcher Arbeit genau Heinzmann<br />
nach seinem Studium nachgehen<br />
soll. Und die Vergütung sei<br />
gleichfalls nicht geregelt.<br />
Wenig tröstlich für ähnliche Fälle<br />
auch die weitere Begründung.<br />
Denn unklare Regelungen eröffnen<br />
Arbeitgebern „ungerechtfer-<br />
tigt weitge hende Spielräume“, sagt<br />
das Recht. Und damit werden Arbeitnehmer<br />
unangemessen benach<br />
teiligt!<br />
Definition wichtig<br />
Ungerecht und deshalb ist die Vereinbarung<br />
damit null und nichtig.<br />
Ebenso deutlich ist schon 2005<br />
auch der Autor des eindeutig unklaren<br />
Arbeitsvertrages eines<br />
Sportlers abgewatscht worden.<br />
Im Kontrakt des Eishockey-Spielers<br />
stand, dass „beim Schießen<br />
von sechs Toren ... in der Meisterschaftsrunde“<br />
eine Prämie von<br />
5.000 Euro gezahlt werden sollte.<br />
In der Saison er<strong>reich</strong>te die Mannschaft<br />
des Arbeitgebers allerdings<br />
nicht die Play-Off-Runde. In der<br />
regulären Runde davor schoss der<br />
Spieler aber sechs Tore. Die Prämie<br />
erhielt er nicht. Im Gegensatz<br />
zu seinem Chef war er der Ansicht,<br />
dass zu einer „Meisterschaftsrunde“<br />
nicht nur die Play-Off-<br />
Spiele gehören , sondern auch die<br />
Punktspiele davor. Womit er Recht<br />
hat, weil das Zauberwort in seinem<br />
Vertragsfall nämlich „Meis -<br />
terschaftsrunde“ heißt. Denn mal<br />
ganz objektiv betrachtet; in einer<br />
Sport-Saison geht es immer um<br />
eine Meisterschaft. Und auch laut<br />
Gericht muss der Chef die Prämie<br />
zahlen! Da der Arbeitgeber der regelmäßige<br />
Verwender einer Allgemeinen<br />
Geschäftsbedingung sei,<br />
müsse die gebrauchte Formulierung<br />
im Arbeitsvertrag „...bei<br />
sechs Toren in der Meisterschaftsrunde<br />
Zahlung einer Prämie...“ im<br />
Zweifel zu seinen Lasten ausgelegt<br />
werden. Und dieser Grundsatz<br />
lässt sich spätes tens seit dem Märzurteil<br />
* auch auf andere ungenaue<br />
Formulierungen in Arbeitsverträgen<br />
und Sonder-Vereinbarungen<br />
übertragen. * BAG-Urteil v. 18. 03.08<br />
Az. 9 AZR 186/07<br />
04/2008<br />
Abgelehnt<br />
Im Rahmen von Wettbewerbsund<br />
Verbraucherrecht werden<br />
vom DIHK Sammelklagen abgelehnt.<br />
Sie seien überflüssig, weil<br />
Unternehmen bereits heute schon<br />
erfolg<strong>reich</strong> bei Kartellverstößen<br />
Schadenersatzansprüche geltend<br />
machen können, heißt es aus dem<br />
DIHK. Zudem hätten Sammelkla-<br />
gen „erhebliches Erpressungspotenzial“;<br />
wie häufig in den USA<br />
als Druckmittel angewandt. Käme<br />
noch die Chance auf Erfolgsshonorare<br />
hinzu, erhöhe dies noch den<br />
Reiz, Sammelklagen zu starten.<br />
Hintergrund der Ablehnung ist das<br />
EU-Weißbuch zum Thema Schadensersatzklagen.<br />
<br />
Rache an Einzelhandel<br />
Onlineshops bekommen Aufwind.<br />
Grund ist der Frust bei<br />
vielen Einzelhandelskunden über<br />
unfreundliche Bedienung, aufdringliche<br />
Beratung und ungenügende<br />
Produktinfos.<br />
Besser belehrt<br />
Seit Anfang April steht Onlinekunden<br />
bei ihren Händlern<br />
eine verbesserte Widerrufsbelehrung<br />
zur Verfügung. Die bisher<br />
umstrittene Information zum 14tägigen<br />
Rücktrittsrecht ist hinsichtlich<br />
ihres Beginns klarer<br />
definiert worden. Zukünftig gilt<br />
für Kunden die Widerrufsfrist ab<br />
Mehr Pflegefälle?<br />
Nach Berechnungen des statistischen<br />
Bundesamtes hat<br />
Deutschland im Jahr 2030 rund<br />
58 Prozent mehr Pflegebedürftige<br />
als heute. Die Berechnungen stützen<br />
sich auf die Voraussetzung,<br />
dass es 2030 die gleichen alters-<br />
So erkläre sich der „Rachegedanke“,<br />
im Internet einzukaufen,<br />
hieß es dazu in einer Untersuchung,<br />
an der auch das Webportal<br />
handelsblatt.com beteiligt war. <br />
Zeitpunkt des Texterhaltes! Die<br />
alte und unklare Belehrung war<br />
oft Grundlage für Abmahnverfahren<br />
von Anwälten. Diese hatten<br />
von Onlienhändlern den Auftrag<br />
erhalten, diejenigen Konkurrenten<br />
abzumahnen, welche den umstrittenen<br />
Text verwendeten. <br />
spezifischen Pflegequoten wie<br />
heute gibt. Als Ursache des Zuwachses,<br />
so das Amt, sei insgesamt<br />
die steigende Zahl Älterer<br />
bei gleichzeitig sinkender Bevölkerung<br />
verantwortlich. <br />
Das Jahr 2007 war für den Zoll<br />
besonders erfolg<strong>reich</strong>. Die<br />
Einnahme der Behörde von 110<br />
Mrd. Euro entspricht etwa der<br />
Hälfte aller Bundes-Steuereinnahmen.<br />
Allein 64 Mrd. Euro stammen<br />
aus den besonderen Verbrauchssteuern.<br />
Darunter fallen<br />
Energie- und Tabaksteuer. Drittgrößte<br />
Verbrauchssteuer ist mit<br />
6.4 Mrd. Euro die des Stromes.<br />
Wirtschaft aktuell<br />
Zoll macht Kasse<br />
Europäische Techniker und<br />
Ingenieure haben mit ihren<br />
Ideen die technologische Gesamtentwicklung<br />
erheblich vorangebracht.<br />
Erstmals im Weltall wurde<br />
nämlich die vollautomatische Ankoppelung<br />
eines Raumschiffes an<br />
ein anderes vollzogen.<br />
Der „Jules Verne“ genannte europäische<br />
Raumtransporter ATV<br />
hatte mit über fünf Tonnen Nutzlast<br />
unbemannt am 3. April an die<br />
Internatio nale Raumstation ISS<br />
11<br />
Festgestellt wurde im Rahmen der<br />
Schwarzarbeitsbekämpfung auch<br />
ein Anstieg der Ermittlungsverfahren<br />
wegen Ordnungs- widrigkeiten<br />
um über 18 Prozent.<br />
Erschreckend hoch ist der bei Einfuhrkontrollen<br />
wegen Marken -<br />
piraterie beschlagnahmte Anteil<br />
an Waren. Deren Wert betrug<br />
knapp 426 Millionen Euro. <br />
Ohne Steuermann<br />
Einzigartig. Unbemannt andocken nach tausenden Kilometern. Bild: DLR<br />
Ja zur Familie<br />
Das Bundesfamilienministerium<br />
hat mit dem DIHK eine<br />
gemeinsame Erklärung zum „Erfolgsfaktor<br />
Familie“ herausgegeben.<br />
Darin heißt es unter anderem,<br />
dass sich eine familienbewusste<br />
Unternehmensführung lohne.<br />
Denn damit sei ein wichtiges Fachkräftepotenzial<br />
gesichert, weil die<br />
Fähigkeiten von Beschäftigten mit<br />
angedockt. Das Manöver ohne<br />
Steuermann musste dabei mit<br />
einer Toleranz von maximal drei<br />
Zentimetern auskommen! Aus<br />
dem Deutschen Zentrum für Luftund<br />
Raumfahrt in Köln hieß es<br />
dazu: „Die Technologie zur vollautomatischen<br />
Koppelung... ist<br />
eine Investition in die Zukunft.“<br />
Auch für die bemannte Raumfahrt<br />
in Europa ergäben sich damit<br />
neue Möglichkeiten. <br />
Familienpflichten besser in Wertschöpfungsprogramme<br />
integriert<br />
seien. Zudem verbessere sich so<br />
auch die Flexibilität von Unternehmen.<br />
In dem Papier werden<br />
Firmen aufgerufen, Mitarbeiter<br />
mit Familienpflichten durch konkrete<br />
Angebote zu unterstützen,<br />
damit sie Beruf und Familie besser<br />
vereinen können.