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Vladimir Kantor _Zwei Erzahlungrn.pdf - Высшая школа экономики

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По-моему, это не совсем повести,<br />

и не совсем рассказы.<br />

Это необычный жанр философской прозы,<br />

скажем - философский фельетон.<br />

Если не ошибаюсь,<br />

такие вещи были в бумагах Кафки.<br />

И Ваши произведения я осознаю<br />

как принадлежащие к этому особому роду.<br />

Странно простодушная интонация<br />

и ощущение сильного страдания.<br />

Самуил Лурье (Санкт-Петербург)<br />

Спасибо за «Пенсионера».<br />

Прочитал единым духом как стакан спиртуоза.<br />

Да, настоящая сила<br />

русского критического реализма неизбывна.<br />

Сергей Бирюков (Halle)<br />

Читал Вашу "Няню" с огромным удовольствием —<br />

вот нам, западным русофилам,<br />

урок о "русской душе" и "прекрасных дамах",<br />

"Софиях в жизни" - блеск!<br />

Rainer Goldt (Mainz)<br />

..<br />

<strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong> <strong>Zwei</strong> Erzahlungen<br />

<strong>Vladimir</strong><br />

<strong>Kantor</strong><br />

.. <strong>Zwei</strong><br />

Erzahlungen<br />

..<br />

Tod eines Pensionars<br />

Njanja<br />

�������.indd 1 12.09.2012 15:49:59


2<br />

<strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />

<strong>Zwei</strong> Erzählungen. Tod eines Pensionärs.<br />

Njanja. — Dresden: DRKI, 2012. — 164 S.<br />

Владимир Кантор<br />

Два рассказа. Смерть пенсионера. Няня. —<br />

Дрезден, 2012. — 164 с.<br />

В новой книге Владимира Кантора, русского писателя<br />

и философа, представлены два рассказа, на русском и немецком<br />

языках. Рассказы нужно рассматривать в контексте<br />

трагического реализма, свойственного русской классике,<br />

прежде всего Достоевскому. Эти рассказы вызвали большую<br />

прессу в России, они переведены на ряд европейских<br />

языков. Русский способ литературного писания прочитывается<br />

и в тексте, и в контексте. Прямые отсылки на сюжеты и<br />

образы русской литературы, которые в судьбе самого героев<br />

начинают играть роль Провидения. Что может быть острее<br />

и больнее сравнения жизни человека с бездомным существованием<br />

собаки? Экзистенциальный ужас охватывает<br />

героя рассказа «Смерть пенсионера», у которого пропадает<br />

подобранная на улице Августа. Пророческий смысл русской<br />

литературы и неизбежная логика развития ее сюжетов<br />

очевидны в его прозе. Не случайно в авторе видят продолжателя<br />

традиции русской классики. Рассказы на немецкий<br />

язык перевела Dr. Claudia Woldt, работающая в Institut für<br />

Slavistik, Technische Universität Dresden.<br />

© <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong>, тeкст 2012<br />

© Claudia Woldt, Übersetzung 2012<br />

Книга издана при участии Немецко-Русского института<br />

культуры (Deutsch-russisches Kulturinstitut e. V. Dresden)


Содержание<br />

Часть 1<br />

Tod eines Pensionärs ...........................................................7<br />

Njanja ....................................................................................61<br />

Часть 2<br />

Смерть пенсионера ..........................................................83<br />

Няня ................................................................................... 129<br />

Nachwort<br />

Maria Kiseleva. Wladimir <strong>Kantor</strong>: Ein Leben<br />

zwischen zwei Häusern ................................................. 149<br />

3


Часть 1


<strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />

Tod eines Pensionärs<br />

Gibt es eine widerwärtigere Kreatur als den<br />

Menschen? Irgendwo hatte Galachow<br />

gelesen, dass man bei einem afrikanischen<br />

Stamm die alten Männer auf einen hohen<br />

Baum jagt. Dann kommen gesunde<br />

Männer und schütteln den Baum. Wer herunterfällt und<br />

zerschmettert liegen bleibt, den essen sie. Die sich oben<br />

halten können, dürfen noch ein wenig weiterleben.<br />

Pawel versuchte sich auf die Seite zu drehen, indem er<br />

die Hand unter das Kissen schob und die Wange darauf<br />

legte, wie er es am liebsten hatte (das war die bequemste<br />

Position seit seiner Kindheit), aber die Schmerzen<br />

im Rücken und in den Beinen nahmen ihm jede Kraft.<br />

Gestern war er bei seinem Vater im Krankenhaus gewesen,<br />

wohin ihn Pawels jüngerer Bruder Cäsarius hatte<br />

bringen lassen. Cäsarius lebte in London, und er hatte es<br />

geschafft den Vater in einem der besten Krankenhäuser<br />

unterzubringen. Geld regiert die Welt. Der Vater wurde<br />

in diesem Jahr neunundachzig, Pawel siebenundsechzig<br />

Jahre alt. Er war kein Junge mehr, sondern Pensionär,<br />

aber lief wie ein Junge. Es ging ihm gut, als er gestern auf<br />

dem Heimweg war, doch dann war er beinahe unter die


8 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />

Räder dieses verdammten Wagens mit diesem verdammten<br />

russischen Banditen am Steuer gekommen. Der Wagen,<br />

der erst noch weit weg gewesen war, hatte plötzlich<br />

beschleunigt, den vor ihm fahrenden Wagen überholt,<br />

der etwas bremste, um Galachow über die Straße zu lassen,<br />

und war vorbei gerast, ganz dicht am Bürgersteig,<br />

als ob er ihn streifen wollte. Pawel schaffte es zurück auf<br />

den Fußweg, aber er blieb mit dem Fuß an einer kleinen<br />

Geländerstange hängen, er drehte sich irgendwie unglücklich<br />

und fiel mit dem Rücken auf ein Metallrohr<br />

des Geländers. Mit Mühe erhob er sich. Was wollte der<br />

Fahrer? Ihn umbringen? Warum?<br />

Pawel erinnerte sich an einen seltsamen Freund aus<br />

der ersten Klasse. Sie nannten ihn Wasjok, er lebte in<br />

einem Haus ohne Nummer, in das sich selbst die Polizei<br />

nicht traute (dort hatte niemand eine Wohnerlaubnis,<br />

was für die frühen fünfziger Jahre völlig ungewöhnlich<br />

war). Er schämte sich sehr vor seinem gebildeten<br />

Banknachbarn. Wie alle war Wasjok glatt geschoren,<br />

und er schämte sich auch für den Grind in seinem<br />

Nacken, der einen Teil der nachwachsenden Haare<br />

bedeckte. Er wollte Pawel unbedingt seine Wichtigkeit<br />

beweisen, so wie sich ein armes Tier verteidigt.<br />

Deshalb dachte sich Wasjok Prinzipien aus. Wenn er<br />

die Straße überquerte und ein Auto heranraste, lief er<br />

absichtlich langsamer. „Damit die sich nicht zu viel<br />

einbilden“, erklärte er. Dabei war die Straße, eine Seitenstraße,<br />

in der Mitte des 20. Jahrhunderts fast leer,<br />

und auch die Geschwindigkeit war mit heute nicht zu


Tod eines Pensionärs<br />

vergleichen. Mit seinen Prinzipien wollte Wasjok sich<br />

Galachows Anerkennung verdienen. Nach der ersten<br />

Klasse blieb er sitzen, und später hörte Pawel, dass sein<br />

ehemaliger Banknachbar von einem Auto überfahren<br />

worden war. Wenn er jetzt an ihn dachte, kam er ihm<br />

wie ein Kämpfer für die Wahrheit vor, der auf eigene<br />

Faust gegen die Mächtigen dieser Welt kämpfte, denn<br />

deren Autos fuhren am schnellsten.<br />

Vor Schmerz konnte Pawel sich nicht erheben und<br />

aufstehen, er wollte sein kleines Bedürfnis lieber verschlafen.<br />

Normalerweise, das heißt im letzten Jahr jede<br />

Nacht, quälte er sich bis fünf Uhr morgens (er wälzte<br />

sich im Bett, stand auf, ging zur Toilette, trank danach<br />

in der Küche eine unnötige Tasse Tee, die ihn wieder<br />

zur Toilette trieb), nickte erneut ein und schlief dann<br />

bis zehn Uhr. Er konnte nicht allein schlafen, was nicht<br />

nur an der körperlichen Nähe einer Frau lag, die er immer<br />

noch brauchte, wenn auch nicht mehr so nötig wie<br />

früher. Nein, es lag einfach an der körperlichen Wärme<br />

einer Frau, und unter Frau verstand er in den letzten<br />

Jahren nur Dascha. Ohne sie nachts an seiner Seite<br />

war ihm, als ob ihm die Hälfte seiner selbst fehlte. Die<br />

verbliebene Hälfte klagte und beschwerte sich, dass ihr<br />

unwohl sei. Er trank in der Küche die unnötige nächtliche<br />

Tasse Tee und sah fern. Gegen Morgen liefen gewöhnlich<br />

Westernfilme. Cowboys mit breitkrempigen<br />

Hüten zogen ihre Colts aus der Hüfte und rechneten<br />

mit den Bösewichten ab. Seltsamerweise war ihm<br />

früher nie in den Sinn gekommen, dass die Helden<br />

9


10 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />

bei ihren endlosen Ritten durch die Wüste und über<br />

Bergrücken nie die elementarsten menschlichen Bedürfnisse<br />

zu haben schienen — Blase und Darm entleeren.<br />

Aber fressen und saufen! Was, wenn diese Helden<br />

im Alter Verstopfungen und eine vergößerte Prostata<br />

hätten, ganze zwanzig Minuten vor der Toilette stünden<br />

und traurig zusehen müssten, wie die paar Tropfen<br />

schließlich zu einem dünnen Strahl werden, könnten<br />

sie sich dann auf ihr Pferd schwingen und treffsicher<br />

schießen? Wie immer schlief er vor dem Fernseher ein,<br />

wachte wieder auf, erinnerte sich an Dascha, die ihm<br />

in solchen Fällen den Arm um die Schulter gelegt, ihn<br />

zum Bett zurückgeführt und gesagt hatte: „Geschlafen<br />

wird im Liegen“. Er ging und legte sich ins Bett, aber<br />

er schlief dennoch erst ein, als es schon tagte.<br />

Gegen neun hörte er die Haustürklingel, aber er<br />

fühlte sich nicht in der Lage aufzustehen, zur Tür zu<br />

gehen und den Einlassknopf zu drücken, sondern ärgerte<br />

sich im Halbschlaf über die Störung. Ihm fiel<br />

ein, dass heute die Rente gebracht wurde. Die Postfrau<br />

hatte einen harten, viereckigen Mund und eine<br />

Warze am Hals, die man immer sah. Deshalb stand er<br />

nicht auf, als es klingelte; er wusste, das die Nachbarin<br />

aus der Etage unter ihm die Rente in Empfang nehmen<br />

würde. Die Postfrau kam trotzdem irgendwie ins<br />

Treppenhaus, stieg bis in seine Etage und klingelte an<br />

der Tür. Aber Galachow rührte sich nicht. Sie ging zur<br />

Nachbarin und murmelte: „Er ist weggegangen, wer<br />

weiß, wohin so früh am Morgen“.


Tod eines Pensionärs<br />

11<br />

Diese Postfrau wollte er seit dem letzten Monat<br />

nicht mehr sehen. Er hatte ihr damals auch nicht geöffnet.<br />

Er wollte diese Rente nicht sehen. Von den viereinhalbtausend<br />

gingen zwei für die Miete weg, tausend<br />

gab er wie immer seinem neunundachzigjährigen Vater<br />

und mit den restlichen anderthalbtausend musste er<br />

irgendwie hinkommen. Umgerechnet waren das ungefähr<br />

fünfzig Dollar. Wenn man bedachte, dass Moskau<br />

als eine der teuersten Städte der Welt galt, war es besser<br />

überhaupt nichts mehr zu essen. Pawel machte sich<br />

aber nichts weiter daraus. Es schien ihm ohnehin, dass<br />

er zu Lasten der Freunde lebte, die vor ihm gestorben<br />

waren. Aber letzten Monat hatte sich die Postfrau, als<br />

er nicht öffnete, eine List ausgedacht:<br />

Die Nachbarin aus der Etage unter ihm, eine noch<br />

junge, aber schon recht beleibte Frau, kam mit ihr<br />

zusammen zu ihm um ihn davon zu überzeugen, dass<br />

es tatsächlich die Postfrau war. „Warum öffnen Sie<br />

nicht?“ „Wenn Dascha kommt, gehen wir zusammen<br />

zur Post“, antwortete er listig. Dascha war nie mit ihm<br />

zur Post gegangen. Er hätte auch selbst gehen können,<br />

aber er wollte in letzter Zeit einfach niemanden<br />

sehen. „Machen Sie nun auf?“ Er wurde schwach, gab<br />

nach und öffnete. Sie legte sofort los: „Dascha! Dascha!<br />

Die ist doch gestorben! Und Sie wissen es und<br />

stellen sich dumm! Schämen Sie sich!“ Und dann fügte<br />

sie vorwurfsvoll hinzu: „Was stecken Sie den Kopf in<br />

den Sand wie ein Vogel Strauß!? Sie wollte Sie doch<br />

nur schonen“. Dascha hätte sich nie erlaubt, so mit


12 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />

ihm oder über ihn zu reden, wenn sie zu Hause gewesen<br />

wäre, und er, obwohl er ein gestandener Mann<br />

war, ließ diese Reden zu wie ein Trottel. Dabei hatten<br />

sie doch am selben Tag sterben wollen. Er konnte sich<br />

überhaupt nicht vorstellen, dass mit Dascha irgend etwas<br />

Schlimmes passiert war!...<br />

Nein, die Nachbarin log! Galachow nahm schweigend<br />

das Geld von der Postfrau ohne es zu zählen,<br />

steckte es in die Tasche seiner fleckigen Hose und<br />

quittierte den Empfang in ihrem Buch. Seine Augen<br />

wurden feucht, sicher dachten sie dass er weinte, aber<br />

er wischte sich die Tränen nicht ab. Er schloss hinter<br />

ihnen die Tür, den Mund immer noch fest geschlossen.<br />

Sie logen absichtlich, damit es ihm schlecht ging.<br />

Dascha war nicht gestorben, sie war weggefahren und<br />

hatte ihn zurückgelassen. Nach ihrem Weggang hatten<br />

seine Augen zu tränen begonnen. Es war traurig,<br />

dass sie nicht bei ihm war, aber sie wollte nur das Beste.<br />

Sie lebte anständig und half ihm. Er hatte doch ein<br />

Paket von ihr mit dreihundert Dollar und einer Nachricht<br />

bekommen. Sie schrieb: „Es freut mich, dass du<br />

jetzt Geld hast. Ich möchte Dir damit helfen, es ist ein<br />

Geschenk!“ Natürlich, sie war weggefahren. Sie war<br />

gar nicht noch einmal vom Krankenhaus nach Hause<br />

gekommen. Oder war sie gekommen? Er erinnerte<br />

sich nicht. Sie war wohl direkt zum Flughafen gefahren<br />

und hatte über Freunde ausrichten lassen, dass sie<br />

nach Amerika führe zu einem, der für sie sorgen würde,<br />

damit Pawel sie nicht begleitete. Er war erschüttert,


Tod eines Pensionärs<br />

13<br />

verletzt, schloss sich ein und schwieg fast eine Woche<br />

lang. Er sagte niemandem etwas davon, und dennoch<br />

waren noch am selben Tag Bekannte zu ihm gekommen<br />

um ihn mitzunehmen. Er hatte abgelehnt.<br />

Er musste aufstehen, aus dem Bett kommen, mit den<br />

Füßen auf dem Boden stehen. „Solange Dascha fort ist,<br />

darf ich nicht vergessen die Blumen zu gießen“, sagte er<br />

zu sich selbst; das war einer der äußeren Antriebe, die<br />

ihn dazu brachten etwas zu tun. Man darf nicht einsam<br />

sterben. Das ist der schrecklichste Tod. Tagelang denkt<br />

man darüber nach, womit man sich beschäftigen könnte,<br />

womit die Zeit am schnellsten vergeht. Also kochte er<br />

sich eine Tütensuppe und aß eine Wurst, die er gar nicht<br />

mochte. Da war es sogar in einem Krankenhausbett besser,<br />

sogar in einer Lagerbaracke, obwohl man dort, glaubte<br />

man den Erzählungen, völlig einsam war. Vielleicht<br />

kam Dascha doch zurück... Sie hatte hier so viel gearbeitet.<br />

Dabei war sie selbst nicht gesund. Sie hatte immer<br />

zu hohen Blutdruck und fuhr trotzdem mit ihm mal zu<br />

Vorlesungen, mal zu Simultanübersetzungen. Morgens<br />

klagte sie, sie fühle sich völlig zerschlagen, aber sie stand<br />

doch auf und kam mit. Wie sie wohl jetzt lebte?<br />

Er erinnerte sich, wie Dascha ihm ganz zu Beginn<br />

ihrer Beziehung erzählt hatte, dass ein Kommilitone<br />

zu ihr gesagt habe: „Hast du den Mann verführt?<br />

Oder hast du dich verliebt?“ „Warum?“ Sie wunderte<br />

sich über seinen Scharfblick, ohne es sich anmerken<br />

zu lassen. „Mit dir könnte man ohne Weiteres in die<br />

dunkelsten Hauseingänge gehen, ohne Angst zu ha-


14 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />

ben.“ „Warum?“ „Weil du ganz hell leuchtest!“ Diese<br />

erstaunliche Eigenschaft verliebter Frauen hatte er<br />

selbst beobachtet, sie verriet mehr als Worte über ihre<br />

wahren Gefühle. Er schämte sich, dass er dreißig Jahre<br />

älter war als sie, dass sie noch ganz jung war, er dachte,<br />

sie liebe ihn wegen seines Wissens und seiner Klugheit<br />

und würde sofort enttäuscht sein, wenn sie von<br />

seinen Altersleiden erführe. Fast mechanisch hatte er<br />

sich einmal in einem Telefongespräch mit ihr, für das er<br />

kaum Zeit gefunden hatte, über seine Gesundheit beklagt<br />

und war sofort erschrocken, denn was sollte eine<br />

junge Frau mit seinen Krankheiten anfangen! Aber sie<br />

hatte ganz ruhig gesagt: „Bei mir kannst du dich ruhig<br />

beklagen!“ Das hatte ihn erstaunt und gerührt.<br />

Dann verstand er, dass ihr Verhältnis zu ihm vielschichtig<br />

war. Ihr Vater hatte sie und die Mutter verlassen,<br />

als Dascha noch klein gewesen war. Und so<br />

wurde Galachow ihr Liebhaber und Vater und dann<br />

(auch wenn sie es nicht offiziell beglaubigten) ihr<br />

Mann. Das Schwerste für sie war, ihn beim Namen<br />

zu nennen. Wenn sie allein waren und in Briefen natürlich<br />

Liebling, aber unter Leuten? Sie meinte, dass<br />

man über sie lachen würde und auch für sie selbst war<br />

es nicht ohne Weiteres, einen viel älteren Mann, einen<br />

bekannten Wissenschaftler, einfach beim Vornamen zu<br />

nennen. Und sie begann ihn einfach mit seinem Nachnamen<br />

anzureden, Galachow, sie gewöhnte sich selbst<br />

daran, alle gewöhnten sich daran. Nur sein Vater beschwerte<br />

sich aus irgendeinem Grund: „Sie nennt dich


Tod eines Pensionärs<br />

15<br />

beim Nachnamen, genau so wie Natalja Nikolajewna<br />

Puschkin genannt hat“. Und dann, an diesem schrecklichen<br />

Abend, als sie von Leni Gawrilowa kamen und<br />

beinahe von einem Schlägertrupp erschlagen worden<br />

wären, trug er ihr Hand und Herz an, und sie antwortete<br />

sehr kindlich, aber fest: „Galachow, wir werden<br />

gut zusammenleben“. Und sie lebten gut zusammen,<br />

bis, bis, bis... Ja, bis sie ihn vor einem Jahr verlassen<br />

hatte. Und in die USA gefahren war. Wie mit Absicht<br />

war es in der ersten Vorlesung, die er vor ihrem Jahrgang<br />

gehalten hatte, um Amerika in der russischen<br />

Literatur des neunzehnten Jahrhunderts gegangen,<br />

und er hatte erzählt, dass Amerika damals für die russischen<br />

Schriftsteller „die jenseitige Welt“ gewesen sei.<br />

Jetzt war Dascha für ihn verloren. Und dennoch freute<br />

er sich, dass es Amerika war und nicht jene Welt. Dass<br />

sie dort manchmal an ihn dachte.<br />

Sie war ein Stück größer als er, und manchmal sagte<br />

sie ernst: „Galachow, du hast jetzt eine große Dame“.<br />

Aber gleich darauf senkte sie den Kopf und sah ihm besorgt<br />

ins Gesicht, ob sie ihn gekränkt habe. Als sie sah,<br />

dass er nicht böse war, begann sie über ihr ganzes rundes<br />

Gesicht mit allen seinen Grübchen zu strahlen. Wie<br />

sie so komisch eifersüchtig darauf war, die Kleine, dass<br />

er so lebenserfahren war. Sie war auf die Schwestern<br />

eifersüchtig, als er im Krankenhaus lag, auf die Verkäuferinnen,<br />

die Galachow zulächelten, auf die junge<br />

Neurologin, die ihn in ihr Spechzimmer holte und fast<br />

eine Stunde dort behielt. „Ich verstehe einfach nicht,


16 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />

dass sie dich alle haben wollen!“ Dabei unterbrach sie<br />

augenblicklich das Studium, wenn er sie rief, eilte zu<br />

ihm, ergab sich gierig und leidenschaftlich seiner Liebe,<br />

obwohl sie manchmal grollte: „Deinetwegen werde<br />

ich noch lauter Vieren bekommen“. Damals lebten sie<br />

noch nicht zusammen, er fuhr viel herum und schämte<br />

sich dafür, aber sie mit auf Konferenzen zu nehmen<br />

war schwer, fast unmöglich und er murmelte, gleichsam<br />

als Entschuldigung: „Ich kann dich nicht mitnehmen“.<br />

„Ich verstehe, ich existiere fast gar nicht, ich komme<br />

mir völlig virtuell vor“. „Du bist so groß und schön“.<br />

„So groß und trotzdem passe ich in einen Telefonhörer“.<br />

Und nun war sie wirklich virtuell geworden.<br />

Eine Abreise sieht von Weitem immer wie ein Begräbnis<br />

aus, und ein Begräbnis erinnert an eine Abreise.<br />

Sicher hatte die Nachbarin gesehen, wie Dascha am<br />

Haus vorbeigefahren war (ja, sie war nur vorbeigefahren!)<br />

und gewartet hatte, dass Pawel herauskam. Was<br />

für eine Menge Blumen und Gäste! Unter den Gästen<br />

erkannte er die athletische Gestalt von Leni Gawrilowa.<br />

Ausgerechnet nachdem sie bei ihr zum Geburtstag<br />

gewesen waren, hatte Galachow Dascha einen Heiratsantrag<br />

gemacht. Der Schriftsteller Boris Kuzmin war<br />

dagewesen, dessen Erzählungen Dascha so gefielen.<br />

Pawel hatte ihr nicht verboten wegzufahren, er verbot<br />

nie jemandem etwas. Aber er ging nicht hinaus um sie<br />

zu begleiten, er fuhr nicht zum Flughafen. Die anderen<br />

fuhren mit dem Auto und dem Bus, es gab nicht nur<br />

viele Blumen, sondern auch Musik.


Tod eines Pensionärs<br />

17<br />

Von da an ließ sein Verstand nach, er konnte viele<br />

Male über irgend ein Thema nachdenken als sei es das<br />

erste Mal, ständig kamen ihm die Gedanken durcheinander,<br />

Erinnerungen aus unterschiedlichen Zeiten<br />

seines Lebens verschwammen ineinander, er reagierte<br />

immer empfindlicher und gereizter auf Menschen und<br />

Ereignisse. Seine Gedanken wurden wirr, wiederholten<br />

sich. Und jetzt, als er im Bett lag, fühlte er, wie<br />

die Last seines gelebten Lebens auf ihm lag. Und dazu<br />

noch die Angst des Pensionärs, dass die Kinder nicht<br />

helfen würden. Nein, dachte Pawel, es gibt keine ewige<br />

Wiederkehr. Nietzsche hatte unrecht, es gibt nur eine<br />

ewige Rückkehr des Menschen ins Nichts. Das ist ein<br />

ewiger Weg, den jeder geht.<br />

* * *<br />

Seine Kinder aus zwei Ehen waren nicht nur erwachsen,<br />

sondern hatten auch gut bezahlte Arbeit. Der<br />

Sohn war zuerst Manager und später Chef irgendeiner<br />

PR-Gesellschaft geworden. Manchmal erinnerte<br />

sich Pawel traurig, wie er zu den Ärzten gelaufen war,<br />

damit sein Sohn nicht zur Armee musste, er machte<br />

Geschenke, redete mit allen möglichen Leuten, damit<br />

sie halfen, und schließlich befreiten sie ihn vom Wehrdienst.<br />

Und in der Zeit, als er habilitierte, arbeitete er<br />

abends, damit er ihm Schuhe kaufen konnte (er selbst<br />

lief immer in abgetragenen herum), er wollte interessante<br />

Gespräche mit ihm führen, so interessante wie<br />

er mit seinem eigenen Vater gehabt hatte, und dachte


18 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />

sich vorher Gesprächsthemen aus. Und wie er einmal<br />

alles stehen und liegen ließ und nach Hause eilte als<br />

er erfuhr, dass die Brücke eingestürzt war, über die —<br />

vielleicht! — die Straßenbahn gefahren war, die sein<br />

Sohn manchmal nahm. Die Augen weit aufgerissen,<br />

nass vom Angstschweiß. Jetzt kannte ihn sein Sohn<br />

nicht mehr. Er war reich geworden. Und das erniedrigende<br />

Gefühl seiner Hilflosigkeit kränkte ihn. Seiner<br />

Tochter hatte er zu einer Aspirantur in Schweden<br />

verholfen, sie hatte dort geheiratet, Kinder bekommen<br />

und ihre Mutter nachgeholt. Er hinderte Katja, seine<br />

zweite Frau, nicht daran, fortzugehen. Sie machte sich<br />

mehr Sorgen als er um die Angelegenheiten des Alltags<br />

und das Wohlergehen der Tochter, das war vernünftig<br />

und natürlich so. Sie war eine kluge und gute Frau,<br />

deshalb nahm sie es einfach hin, als er ihr von Dascha<br />

schrieb, sie bat nur darum, der Tochter nichts davon<br />

zu sagen, damit sie nicht auf ihren Vater eifersüchtig<br />

wurde. Deshalb heiratete er Dascha auch nicht, die<br />

Wohnung hatte er kürzlich auf Katja und die Tochter<br />

übertragen. Dascha blieb bei ihrer Mutter in Tschernogolowka<br />

gemeldet. Die Tochter rief manchmal an,<br />

dann war sie liebenswürdig. Sein Sohn besuchte ihn<br />

nicht nur nicht, sondern meldete sich noch nicht einmal.<br />

Wenn Pawel versuchte ihn anzurufen, hörte er ein<br />

langgezogenes „Papaaa, ich habe gerade zu tu-un, ich<br />

ruf dich nachher an“. Aber er rief nicht an. Eine andere<br />

Variante war, wenn er ihn am Sonntagmittag um<br />

12 Uhr anrief: „Papa, warum rufst du denn so früh an?


Tod eines Pensionärs<br />

19<br />

Ich bin sehr spät ins Bett gegangen. Wenn ich ausgeschlafen<br />

habe, rufe dich zurück“. Kein einziges Mal rief<br />

er zurück. Pawel hörte auf ihn anzurufen. Eines Tages<br />

hatte er mit Schrecken festgestellt, dass seine Anrufe<br />

wie ein Flehen um Barmherzigkeit klangen. „Gibt<br />

es eine widerwärtigere Kreatur als den Menschen?“,<br />

dachte er wieder.<br />

Seine Pension war erbärmlich mager. Aber den<br />

Sohn wollte er um nichts bitten. Nikolaj Fjodorow<br />

hatte geschrieben, dass die Auferweckung der Väter<br />

eine russische Idee sei. Dostoevskij bezweifelte das<br />

und zeigte, wie Kinder ihren Vater, den alten Karamasow,<br />

umbringen, jeder auf seine Weise. Und jetzt warteten<br />

die Kinder einfach, bis die Alten vom Baum fielen,<br />

um sie voller Abscheu zu vergraben. Und hier ging<br />

es nicht um Scham wegen Bettelei, sondern um eine<br />

Lebenshaltung, genauer gesagt, um die Gewöhnung an<br />

eine bestimmte Art zu leben. Noch vor seiner Pensionierung,<br />

als Dascha noch bei ihm lebte, das heißt vor<br />

einigen Jahren, waren sie eines sonntags nach Alexandrow<br />

gefahren. Alte Leute behaupteten, dass bei Kilometer<br />

101 immer noch Banditen lebten, ehemalige<br />

Vagabunden und Diebe, die Hausflure würden nachts<br />

nicht verschlossen, man könne für eine Nacht unterkommen.<br />

Pavel hatte damals gelacht: „Ich werde mir<br />

also einen Hausflur für mein künftiges Pensionärsdasein<br />

suchen.“ Sie liefen durch die Stadt, besuchten das<br />

Marina-Zwetajewa-Haus, wo sie in Armut ihr Dasein<br />

gefristet hatte und gelangten in das bedeutende histo-


20 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />

rische Zentrum von Alexandrow, aus dem die Opritschinki<br />

hervorgegangen waren.<br />

Sie gingen in die Troizki-Kathedrale. Im Glockenturm<br />

befand sich das Totengedenkbuch Iwans des<br />

Schrecklichen, das die von ihm Getöteten enthält, aber<br />

nur die Bojaren, die Kleinbauern wurden nicht gezählt,<br />

dafür standen die Kleinbauern in den Grundbüchern:<br />

wie die Opritschen Gutsbesitzer getötet, Frauen vergewaltigt,<br />

Höfe nach der Plünderung angezündet hatten,<br />

kurz: wie der Bauernstand zerstört worden war.<br />

Als sie aus der Troizki-Kathedrale traten, sahen sie<br />

ein Mädchen mit dem Gesichtsausdruck einer Erwachsenen,<br />

aber von kleinem Wuchs, mit dunklen, kurzgeschnittenen<br />

Haaren, sehr blauen Augen, bekleidet mit<br />

einem wollenen Damenpullover, schwarzen Hosen und<br />

alten schwarzen Lackschuhen (die sie offenbar auch<br />

von einer erwachsenen Frau hatte). Pawel und Dascha<br />

wollten weitergehen. Da kam eine Frau aus dem Kloster<br />

auf sie zu, eine Bettlerin, und streckte ihre Hand<br />

aus: „Gebt, so viel ihr könnt, für ein Stück Brot“. Pawel<br />

nahm vierzig Kopeken heraus. Da hörte er neben<br />

sich das Mädchen: „Sie sagen ‚für ein Stück Brot’, in<br />

Wirklichkeit kaufen sie am Abend dafür Wodka. Wir<br />

sind mal einer nachgegangen“. „Und wie heißt du?“.<br />

„Katja“. „Wie alt bist du?“ „Zwölf“.<br />

Sie war zu klein für ihr Alter. Pawel gab ihr einen<br />

Rubel, sie nahm ihn schnell und erklärte, dass das für<br />

Kerzen und ein Mohnbrötchen reiche. Dascha sagte:<br />

„Du solltest den Pullover ausziehen. Es ist heiß“. Das


Tod eines Pensionärs<br />

21<br />

Mädchen zog aus dem Halsausschnitt ein Stück Wäsche<br />

hervor: „Nein, ich habe nur das Nachthemd darunter“.<br />

Bevor sie zum Gottesdienst ging, setzte sie sich zwischen<br />

sie auf die Bank. Sie redete frei über alles, und<br />

natürlich über sich selbst: sie hatte ein erstaunliches<br />

Unterhaltungstalent. Pawel war überrascht von ihrer<br />

Unbefangenheit und Offenheit, von der lebendigen<br />

Sprache. „Mama ist nach Kurgan gefahren. Wer sich<br />

um mich kümmert? Eine Freundin von Mama schaut<br />

nach mir. Manchmal bringen meine Freundinnen etwas<br />

zu Essen, Brot, Suppe (es war klar, dass die „Freundin<br />

von Mama“ nicht sehr nach ihr sah, gerade so viel<br />

vielleicht, dass sie nicht starb). Letzte Woche haben sie<br />

mir für zweiunddreißig Rubel Fleisch gekauft. Ich habe<br />

mir einen ganzen Topf gekocht , es hat gut geschmeckt.<br />

Kochen kann ich, meine Mama ist Köchin und Näherin.<br />

Sie hat Papa hinausgeworfen: „Verschwinde“, hat<br />

sie gerufen, „oder ich bringe dich um“. Nein, ich bin<br />

nicht aus Kurgan. Ich bin in Moskau geboren. Aber ich<br />

mag Papa Sascha nicht, ich mag Onkel Witja mehr als<br />

meinen richtigen Papa. Sascha hat mir draußen vor der<br />

Tür mit dem Messer gedroht. Ich habe die Tür aufgemacht<br />

und ihm einen Fußtritt in den Bauch gegeben!<br />

(Ihre Augen glänzten bei diesem Einfall). Er ist weggelaufen.<br />

Ich komme noch nicht lange hierher. Ich habe<br />

mich taufen lassen. Vater Andrej hat mich kostenlos<br />

getauft. Vor einer Woche — und sie zeigte ein billiges<br />

Messingkreuz an einer Papierschnur. Nein, nicht hier.<br />

Bei uns hinter der Schlucht bei der Brücke gibt es


22 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />

auch eine Kirche. Nein, ich bin selbst zu ihm gegangen.<br />

Mama weiß noch nichts davon. Ich komme hierher<br />

und helfe, den Schwestern, den Müttern, manchmal<br />

fege ich, spüle das Geschirr. Sie geben mir auch etwas<br />

zu Essen, manchmal eine Kopeke. Dann kaufe ich<br />

mir ein Brötchen. Hier ist es billiger. Lesen kann ich,<br />

aber schlecht. Ich komme erst dieses Jahr in die zweite<br />

Klasse. Warum ich nicht früher in die Schule gegangen<br />

bin? Weil wir arm sind, das Geld hat nicht für die<br />

Schultasche gereicht. Wir sind fünf bei Mama, noch<br />

zwei Brüder und zwei Schwestern. Bald kommt noch<br />

ein Kleines dazu, bei meiner Schwester Lenka. Ihr<br />

Mann hat ihr mit dem Fuß in den Bauch getreten, als<br />

sie ihn gebeten hat, nicht so viel zu trinken. Sie schlafen<br />

auf dem Sofa. Die Brüder auf dem Klappbett und<br />

ich auf einer Liege. Mama hat mit Papa Sascha früher<br />

auf dem Sofa geschlafen, bis zu Lenkas Hochzeit, und<br />

jetzt auf dem Fußboden...<br />

Halb Russland war so. Bei ihm war es umgekehrt.<br />

Ihn brauchten seine Kinder nicht.<br />

* * *<br />

Warum war er überhaupt in Pension gegangen? Hatte<br />

er denn nicht gewusst, dass es schwer werden würde?<br />

Aber damals hatte er noch gearbeitet und die Pension<br />

wie ein Zusatzeinkommen betrachtet.<br />

Die ganze letzte Woche war er zum Pensionsfond<br />

gelaufen und hatte versucht, eine Erhöhung seiner<br />

Pension um dreihundert Rubel zu bekommen, die ihm


Tod eines Pensionärs<br />

23<br />

durch eine Zusatzversicherung zustanden. Er rutschte<br />

auf den Gehsteigen entlang, und immer, wenn er vor<br />

den an einer roten Ampel wartenden Autos die Straße<br />

überquerte und den Fuß auf die vereiste Bordsteinkante<br />

auf der anderen Seite setzte, dachte er, dass er<br />

ausrutschen, auf den Rücken fallen und ihn ein anfahrendes<br />

Auto überrollen würde. Am Übergang vor dem<br />

Gebäude des Pensionsfonds gab es überhaupt keine<br />

Ampel. Wer es auf die andere Seite schafft, bekommt<br />

Pension, dachte er. Wer es nicht schafft, ist kein<br />

Mensch und damit auch kein Pensionsproblem.<br />

Das erste Mal war er vor sieben Jahren Ende März<br />

dorthin gegangen, drei Tage vor seinem Geburtstag,<br />

neun Uhr morgens. Er hatte alle notwendigen Dokumente<br />

dabei und war sicher, dass das Ganze eine halbe<br />

Stunde dauern würde, maximal eine Stunde. Die<br />

Tür war schon geöffnet, aber als er in der ersten Etage<br />

anlangte, erblickte er eine endlose, lange russische<br />

Schlange aus alten Menschen. Alle drängten zu einer<br />

mit Leder bezogenen Tür, aber die Reihenfolge wurde<br />

eingehalten. Da saß eine Frau mit einer Liste, auf der<br />

die Namen und die dazugehörigen Nummern in der<br />

Schlange eingetragen wurden. Pawel ging zu ihr hin<br />

und bat sie, ihn aufzuschreiben. „Sie sind die einhundertachtundvierzig“,<br />

sagte die Frau, die eine Strickmütze<br />

trug. Eine große, breitschultrige Frau in einem<br />

Wattemantel, die daneben stand, zuckte mit den<br />

Schultern: „Heute kommen Sie nicht mehr dran, vielleicht<br />

in zwei Tagen, wenn es nach dieser Liste geht.


24 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />

Die nehmen nicht mehr als dreißig Leute pro Tag.“<br />

„Was erzählen Sie denn da!“, erwiderte die erste mit<br />

der Strickmütze. „Manchmal tragen sich Leute ein, die<br />

weggehen und nicht rechtzeitig wiederkommen. Dann<br />

rücken die auf, die dageblieben sind. Aber mit Ihrer<br />

Nummer, mein Lieber, haben Sie nicht viele Chancen“.<br />

„Wann muss man denn da sein, um am gleichen Tag<br />

dranzukommen?“, fragte Pawel, der verstanden hatte,<br />

dass er heute wieder gehen musste. „Alle, die ganz zuerst<br />

kommen, gegen fünf Uhr früh“, erklärten sie ihm.<br />

„Und bis neun Uhr draußen vor der Tür warten“.<br />

Aber der März war kalt in jenem Jahr, und Pawel<br />

kam erst Ende April um sich anzustellen. Er wartete<br />

drei Stunden auf der Straße, das kleine Geschäft erledigte<br />

er in einem nahen Gebüsch, die Prostata ließ<br />

ihm keine Ruhe. Um acht ließ man die Leute ins Erdgeschoss,<br />

die erste Etage wurde von Sicherheitsleuten<br />

bewacht. Der Pensionsfond begann um neun Uhr mit<br />

der Arbeit. Dann saß er lange auf einer Bank, drängte<br />

sich ab und an zur Tür, blickte hinein um zu sehen, ob<br />

seine Sachbearbeiterin schon frei war. Und dann die<br />

nicht enden wollenden Streitigkeiten vor dieser wichtigen<br />

Tür: „He, bleiben Sie draußen!“ „Ich muss nur etwas<br />

abgeben“. „Das sagen alle. Sie bleiben schön hier.<br />

Was denn, wollen Sie sich etwa mit einer Frau prügeln?<br />

Ich frage dich, wohin du willst?! Lasst ihn nicht<br />

rein!“ Irgendwann gegen vier Uhr war er an der Reihe,<br />

nachdem er vor dem Eingang eine Unmenge Zigaretten<br />

geraucht hatte, obwohl er zuvor ein halbes Jahr über-


Tod eines Pensionärs<br />

25<br />

haupt keine angerührt hatte. In dem riesigen Zimmer,<br />

das mit Aktenschränken und Tischen vollgestellt war,<br />

saßen die Sachbearbeiterinnen, von denen die Zukunft<br />

des Pensionärs abhing: Wie schnell würde die Pension<br />

ausgezahlt werden? Und dabei arbeiteten im Unterschied<br />

zu Pawel einige Leute nicht mehr. Für sie bedeutete<br />

jede Verzögerung eine Katastrophe. Hier nun<br />

zeigte die Behörde ihre ganze Boshaftigkeit. Nicht nur,<br />

dass man Pensionsbenachrichtigungen nicht per Post<br />

verschickte, wie es in Amerika oder Europa üblich war.<br />

Es besuchte einen auch kein höflicher Beamter, und die<br />

Pension wurde nicht ab dem Geburtstag, sondern erst<br />

ab dem Tag der Antragstellung berechnet!<br />

„Und wenn ich, sagen wir mal, ein halbes Jahr<br />

krank gewesen wäre?“ „Das interessiert uns nicht. Wir<br />

stellen die Regeln nicht selbst auf“, antwortete eine<br />

junge, aber bereits bedenklich in die Breite gegangene,<br />

ungefähr fünfundzwanzigjährige Frau. Vollends aus<br />

der Fassung brachte ihn eine Frau in einem anderen<br />

Büro, wo Galachov herauszufinden versuchte, wie viel<br />

er in den zwei Jahren, seit es die Zusatzversicherung<br />

gab, angespart hatte. „In Ihrem Alter spart man nicht<br />

mehr viel an“, teilte ihm die Beamtin lächelnd mit.<br />

„Für Sie gilt eine Restlebenszeit, versuchen Sie die zu<br />

nutzen“. „Was für eine Restlebenszeit?“ Pawel verspürte<br />

eine Art mystischen Schrecken. „Ihre Restlebenszeit<br />

wurde auf 18 Jahre festgelegt“. Er fragte noch einmal,<br />

ohne recht verstanden zu haben: „Meine?“ „Ja, für alle<br />

Pensionäre von dem Zeitpunkt an, ab dem sie Pension


26 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />

bekommen“. „Und wenn ich Sie betrüge und noch ein<br />

paar Jahre länger lebe?“ „Sie werden uns nicht betrügen,<br />

das haben kluge Leute berechnet. Normalerweise<br />

stirbt man viel eher“.<br />

Sein Freund Oreschin hatte einen kahlköpfigen<br />

Kumpel, der ihm schon alt vorkam, mit Spitznamen<br />

„der Kommissar“ (Oreschin hatte überhaupt eine Vorliebe<br />

für seltsame Typen), mit Altersflecken auf der<br />

Glatze und im Gesicht; er trank mit ihnen zusammen<br />

und grölte dabei Lieder. Einmal hatte ihn Pawel, als<br />

er schon betrunken war, gefragt, ob er tatsächlich eine<br />

Waffe mit sich herumtrage. Doch dann rief ihn eines<br />

Tages sein Freund an um ihm mitzuteilen, dass „der<br />

Kommissar“ mit sich Schluss gemacht habe, einfach so.<br />

Zur Sicherheit hatte er sich in einem Aufzugsschacht<br />

erhängt: wenn der Strick nicht gehalten hätte, wäre<br />

er zu Tode gestürzt. Dem „Tod eines Kommissars“ von<br />

Petrow-Wodkin ähnelte das nicht im geringsten. Keine<br />

rote Fahne, keine Kamaraden, die mit in den Kampf<br />

zogen. Ein grausamer und verzweifelter Tod. Und erst<br />

die Tode der anderen Alten!<br />

Dennoch war er vor einem Jahr aus dem Universitätsdienst<br />

in Pension gegangen. Er hatte nicht mehr<br />

genug Kraft, um Vorlesungen zu halten, der ehemals<br />

beliebte Lehrer hatte den Kontakt mit seinen Hörern<br />

verloren. Er hatte keine Lust mehr, sich vorzubereiten.<br />

Ja er hatte nicht einmal mehr die Kraft in der überfüllten<br />

Metro zur ersten Stunde zu fahren. Schon früher<br />

war halb tot aus der Metro gekommen, besonders nach


Tod eines Pensionärs<br />

27<br />

dem Umsteigen am Prospekt Mira. Nass, zerdrückt,<br />

verschwitzt. Er brauchte immer eine Weile, um zu sich<br />

zu kommen, die zerknitterte Jacke glatt zu streichen<br />

oder den Regenmantel zu ordnen, je nach Wetter. Und<br />

wenn es regnete, musste er den Schirm aufspannen und<br />

zwanzig Minuten durch Pfützen zur Uni laufen, während<br />

er noch im Halbschlaf war. Von da an hatten sich<br />

die Worte der Beamtin aus dem Pensionsfond über die<br />

„Restlebenszeit“ zu erfüllen begonnen.<br />

Nachdem Dascha fortgegangen war, hatte er angefangen,<br />

das Leben der Obdachlosen zu beobachten.<br />

Wie sie Blechbüchsen sammeltenn, sie auf den Boden<br />

stellten, mit einem lauten Knall zertraten, in eine Tüte<br />

packten, wohin sie sie brachten, wie viel sie dafür bekamen.<br />

Eine große Tasche und fingerlose Handschuhe,<br />

um in den Abfalltonnen graben zu können. Zum<br />

Beispiel der Alte, der in einer Abfalltonne wühlte.<br />

Die Tonne war grün und schäbig. Für einen Universitätsprofesser<br />

wäre es peinlich, in Abfalltonnen zu<br />

graben. Der Alte sah, wie etwas Verwertbares in die<br />

Tonne geworfen wurde, aber da kam schon das Müllauto,<br />

hob die Tonne mit Magneten hoch und leerte sie,<br />

kein Glück gehabt. Der Obdachlose stolperte und fing<br />

an zu schimpfen. Nun ja, dachte Galachow, im Großen<br />

und Ganzen geht es mir doch nicht schlecht. Immerhin<br />

habe ich ein Dach über dem Kopf. Pawel sah im<br />

Fernsehen eine Sendung über einen Obdachlosen, der<br />

Pension bekam, Büchsen sammelte und damit Millionär<br />

wurde. Der Reporter meinte aber, das Milieu sei


28 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />

schon aufgeteilt. Schlecht riechende Männer würden<br />

jeden Fremden verjagen, der anfing in einer Tonne zu<br />

wühlen. Es gab sogar Untergruppen: Papiersammler,<br />

Flaschensammler, Büchsensammler. Für Pawel war da<br />

kein Platz.<br />

Der Professor erinnerte sich an die Idee von den<br />

„wilden Hominiden“, über die Mitte der neunziger Jahre<br />

ein gewisser Didenko geschrieben hatte. Dass sich<br />

die Menschheit angeblich von jeher in Menschen und<br />

„wilde Hominiden“ geteilt habe, die im Wesen ähnlich,<br />

aber biologisch verschieden seien und auf Kosten anderer<br />

Menschen lebten. Galachow hatte dieser Idee<br />

damals sogar in einem seiner Artikel widersprochen,<br />

sie sei zu biologistisch. Er griff Didenko scharf an.<br />

Man müsse soziale Regeln finden, hatte er ihm entgegengehalten.<br />

Damals war er stark. Und er hatte nicht<br />

verstanden, wie man mit bloßem Auge einen wilden<br />

Hominiden erkennen könne. Jetzt sah er sie: auf den<br />

Straßen, in den Verkehrsmitteln, im Fernsehen, er<br />

lernte zu unterscheiden. Im Fernsehen sah er, wie der<br />

russische Sozialminister verkündete, die Gelder für die<br />

soziale Absicherung würden so berechnet, dass ein russischer<br />

Mann mit siebenundfünfzig bis neunundfünfzig<br />

Jahren sterben muss, ohne das Pensionsalter zu erreichen.<br />

Da war selbst Ugrjum-Butschejew von Schtschedrin<br />

gnädiger. Er las die Anweisungen des Stadtkommandanten<br />

aus der „Geschichte einer Stadt“: „Sehr<br />

alte und nicht mehr arbeitsfähige Menschen können<br />

auch getötet werden, aber nur, wenn die zuständigen


Tod eines Pensionärs<br />

29<br />

Beamten feststellen, dass es für die Wirtschaft zu viele<br />

Arbeitskräfte gibt“.<br />

Galachow dachte über das Leben nach, über wilde<br />

Hominiden und dämmerte vor sich hin.<br />

* * *<br />

Er hatte immer merkwürdigere Träume. Als Dascha<br />

nicht da war, weil sie zur Arbeit musste, bekam er einmal<br />

fast eine Wahnvorstellung. Er träumte von seiner<br />

Mutter mit dem Blick einer Irren. Irgend jemand<br />

klopfte wie verrückt mit einem schweren Gegenstand<br />

an seine Tür, drückte sie ein, riss dabei einen Teil der<br />

Füllung heraus, völlig schamlos, ohne sich im geringsten<br />

um die Nachbarn zu kümmern. Er öffnete die halbzerstörte<br />

Tür. Auf der Schwelle stand seine Mutter<br />

mit starren, leeren Augen wie auf Breughels Bild vom<br />

Sturz der Blinden, die Haare wirr, in den Händen ein<br />

Brecheisen. Und sie murmelte: „Ich habe Angst um<br />

euch bekommen. Und habe beschlossen nachzusehen,<br />

wie es euch geht“. Sie sprach und sah aus, als wäre sie<br />

lebendig. Da fiel Pawel ein, dass sie schon vor einigen<br />

Jahren gestorben war.<br />

Und dann der Traum letzte Nacht. Pawel wusste,<br />

dass sich im Zimmer nebenan all das Böse der Welt<br />

versammelt hat um mit der Vernichtung der Menschheit<br />

zu beginnen. Und er hatte in seinem kleinen, niedrigen<br />

Bücherschrank, der mit einer Tür verschlossen<br />

ist, eine Superwaffe; nur mit ihr konnte all das Böse<br />

der Welt vernichtet werden. Seine Tochter war des-


30 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />

wegen aus Schweden zurückgekommen: „Papa, nimm<br />

die Waffe. Wir sind die einzigen, die das erledigen können“.<br />

Und dabei hatte er die Tür, hinter der der Feind<br />

lauerte, noch kurz bevor sie kam, nicht nur verschlossen,<br />

sondern in den Türspalt auch noch Daschas große<br />

Schneiderschere gesteckt, damit sie nicht geöffnet<br />

werden konnte. „Ja“, antwortete er, „wir nehmen sie<br />

jetzt und gehen auf den Balkon hinaus, von dort können<br />

wir in das Zimmer schießen“. Ihm kam gar nicht<br />

der Gedanke, dass er überhaupt nicht schießen konnte,<br />

er war nie bei der Armee gewesen. Er öffnete die Tür<br />

des Schränkchens und da war keine Waffe, sondern<br />

nur Bücher. „Wo ist sie?“, rief seine Tochter verzweifelt.<br />

Und er zerrte ein Buch nach dem anderen heraus,<br />

sie bildeten schon einen Haufen, und hinter den Büchern<br />

waren noch mehr Bücher — aber keine Waffe.<br />

Nein, er musste trotzdem aufstehen, wenigstens<br />

um die Blumen zu gießen. Außerdem hatte er Durst<br />

und musste zur Toilette. Die Augen tränten ihm noch<br />

immer, als würde er weinen. Als er sie sich mit einem<br />

Zipfel der Bettdecke abgewischt hatte, versuchte er<br />

noch einmal aufzustehen, aber nun konnte noch nicht<br />

einmal mehr den Arm bewegen, geschweige denn sich<br />

aufsetzen und die Beine auf den Boden stellen. Er hatte<br />

sich doch etwas Ernsthaftes zugezogen! Ende Februar<br />

hatte man ungeachtet des schnellen Wechsels<br />

von Frost und Tauwetter, der vereisten Gehsteige und<br />

der rutschigen Unebenheiten aus Schnee und Eis die<br />

Räumung der Straßen eingestellt. Der Bürgermeister


Tod eines Pensionärs<br />

31<br />

war nur bei städtischen Katastrophen im Fernsehen<br />

zu sehen, er versprach sich darum zu kümmern, aber<br />

es war bereits klar, dass er nach der nächsten Wahl abtreten<br />

würde und die Beamten zu nichts mehr zwingen<br />

konnte. Und ohne Befehl geschah in Russland überhaupt<br />

nichts. Die Beamten hatten jetzt keine Zeit: sie<br />

wußten, dass sie nach dem Abgang des Chefs nicht auf<br />

ihren Stellen bleiben würden, und so versuchten sie<br />

fieberhaft, das in den Jahren ihrer Macht Zusammengstohlene<br />

wegzubringen, ihre Luxushäuser und teuren<br />

Autos legalisieren zu lassen. Die Gehsteige waren ihnen<br />

völlig egal! Währenddessen stürzten die Alten<br />

und Menschen im so genannten mittleren Alter und<br />

brachen sich die Knochen.<br />

Er musste liegen bleiben und sich in Geduld üben.<br />

Je weniger man trank, umso weniger musste man<br />

schließlich auf die Toilette. Der Schmerz würde nachlassen<br />

und er könnte aufstehen. Es ist schön, wenn<br />

draußen der Wind pfeift und man jung ist, im warmen<br />

Bett liegt, ein Buch liest und denkt, dass man sich an<br />

diesen gemütlichen Abend irgendwann erinnern wird.<br />

Aber wenn man siebenundsechzig ist? ... Warum hatte<br />

er seine ängstliche Natur nicht seinen Kindern vererbt?<br />

Niemand kam und besuchte ihn. Und wie würden<br />

sie die Wohnung aufteilen? Er könnte sich nicht<br />

so verhalten. Er fuhr jede Woche zu seinem Vater und<br />

rief jeden Tag an (seine Mutter war vor acht Jahren<br />

gestorben), mit Geld, so wie früher, konnte er nicht<br />

aushelfen, aber er versuchte, wenn er hinfuhr, wenigs-


32 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />

tens Obst mitzubringen. Bei seinem Vater wohnte<br />

eine Frau, die nach ihm sah. Früher hatten ihm sein<br />

Bruder und er jeweils die Hälfte ihres Lohns gegeben,<br />

aber jetzt konnte er die tausend Rubel kaum entbehren,<br />

lächerliche dreißig Dollar. Sein Bruder Cäsarius<br />

hatte zuerst verlangt, dass er genau so viel bezahle wie<br />

früher — sechstausend Rubel. „Es ist unser gemeinsamer<br />

Vater“ meinte er zur Begründung. Aber was sollte<br />

er tun, da er jetzt nur noch viereinhalbtausend bekam,<br />

einhundertsechzig Dollar, von denen zweitausend für<br />

die Wohnung abgingen. Cäsarius hatte ihm vorgeschlagen<br />

seine Wohnung, die zu groß für ihn war, zu verkaufen<br />

oder zu tauschen und mit dem Geld, das er dafür<br />

bekommen würde, seinen Anteil für die Pflegerin des<br />

Vaters zu zahlen. Pawel hatte abgelehnt. Es war schwer<br />

vorstellbar, die Dreizimmerwohnung, an die er sich so<br />

gewöhnt hatte und die vollgestopft war mit Büchern,<br />

zu tauschen. Wohin mit den Büchern? Wegwerfen? Er<br />

hatte so lange mit ihnen gelebt! ... Schon der Gedanke<br />

daran war schrecklich. Einige Male hatte jemand bei<br />

ihm angerufen und ein vorteilhaftes Tauschgeschäft<br />

angeboten, zum Beispiel mit einer <strong>Zwei</strong>zimmerwohnung<br />

zuzüglich einer ordentlichen Ablösesumme. Aber<br />

er hatte immer abgelehnt, hatte Bedenken, glaubte<br />

nicht, warf den Hörer hin. Es wurde zu viel darüber<br />

geschrieben, wie bei solchen Tauschgeschäften die Alten<br />

ganz auf die Straße geworfen wurden, wenn man<br />

sie nicht gleich in einem Vorstadtpark umbrachte. Sein<br />

Bruder Cäsarius (ein Nachzügler — den furchtbaren


Tod eines Pensionärs<br />

33<br />

Namen hatte ihm der Vater gegeben) hatte drei Wohnungen<br />

in Moskau, ganz zu schweigen von den Londoner<br />

Appartements. Dazu würde er noch die väterliche<br />

Wohnung erben.<br />

Es stimmte, er hatte noch etwas auf dem Konto,<br />

auf das sein letztes Gehalt gezahlt worden war. Aber<br />

das Geld rührte er ungern an, er wollte es für sein Begräbnis<br />

aufsparen. Den Pin-Code der Karte (mit einer<br />

Erklärung, wofür das Geld bestimmt war) hatte er<br />

auf ein Stück Papier geschrieben und es in die oberste<br />

Schreibtischschublage gelegt, in der Hoffnung, dass<br />

nach seinem Tod zuerst sein Sohn oder sein Bruder<br />

kommen würden. Nur die Dollars von Dascha waren<br />

nicht dort. Als er an die Dollars dachte, übermannte<br />

ihn der Schmerz. Wie es Dascha wohl in Amerika<br />

ging? ... Er hatte einmal geträumt, Dascha habe ihm<br />

eine SMS geschickt, so als ob sie nicht nach Amerika,<br />

sondern auf eine Dienstreise gegangen wäre: „Wie geht<br />

es dir, mein Herz? Hast du den Vortrag geschrieben?<br />

Ich langweile mich und möchte so sehr zu dir“. Sie war<br />

schon lange nicht mehr bei ihm. Dascha hatte oft gesagt,<br />

dass es ihnen gut ginge. Und sie lebten lange Zeit<br />

nicht schlecht. Aber dann hatte sie ihn doch verlassen.<br />

Wie in alten Romanen über die Macht des Goldes — so<br />

war es auch ihnen ergangen. Nein, vielleicht nicht ganz<br />

so, immerhin hatten sie zehn Jahre zusammen gelebt.<br />

Sie liebte ihn nicht nur, sondern achtete ihn auch, war<br />

stolz auf seine Bekanntheit, seine Bücher. Weder dass<br />

er bekannt war noch seine Professur brachten Geld ein.


34 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />

Sicher, Galachow gab ab und zu komische, aber wahre<br />

Geschichten zum Besten, wie ausländische Kollegen<br />

staunten, als sie erfuhren, dass er im Monat dreihundert<br />

Dollar verdiente, sie hatten sogar gefragt, ob er<br />

ein richtiger Professor sei. Er hatte gelacht: „Ich werde<br />

ihnen doch nicht meine zwanzig Bücher zeigen!“ Dascha<br />

hatte ziemlich lange mitgelacht. Dabei musste sie<br />

selbst viel arbeiten. Sie unterrichtete an zwei Universitäten,<br />

übersetzte gegen Honorar aus dem Englischen<br />

irgendwelche populärwissenschaftlichen Bücher und<br />

hatte sogar noch eine Anstellung in einem Institut.<br />

Und dennoch reichte das Geld nur von Monat zu Monat.<br />

Obwohl Pawel nicht mehr Professor war, schrieb<br />

er noch unzählige Gutachten, die Bezahlung war lächerlich,<br />

ja er schrieb sogar Bücher, die bezuschusst<br />

werden mussten. Geld brachten die Bücher überhaupt<br />

keins. Er wunderte sich immer, wie Kollegen mit weitaus<br />

weniger wissenschaftlichen Leistungen ein bedeutend<br />

besseres Leben führen konnten als er. Sehr oft,<br />

wenn Dascha lange fort war, rief er sie auf dem Handy<br />

an. Dabei gab es zwei Varianten. Entweder meldete sie<br />

sich nicht und es läutete unzählige Male („sie habe den<br />

Ton ausgeschaltet, um den Unterricht nicht zu stören“,<br />

erklärte sie). Pawel gab selbst Unterricht und schaltete<br />

sein Handy nie aus: ein Professor kann sich das<br />

leisten. Oder der Gesprächsteilnehmer war nicht erreichbar.<br />

Dann erzählte sie, dass ihre Veranstaltung in<br />

einen Raum mit sehr dicken Wänden verlegt worden<br />

sei, wo man keinen Empfang hatte. Einmal hatte er sie


Tod eines Pensionärs<br />

35<br />

nach einer Besprechung gegen sieben Uhr abends doch<br />

erreicht. Sie meldete sich kurz angebunden: „Ich kann<br />

jetzt nicht sprechen. Der Chef macht eine Einführung.<br />

Ich komme spät“. Anfangs war Pawel wütend gewesen.<br />

Aber was hätte er tun können! Und er hörte auf sie zu<br />

stören, wenn sie im Dienst war. Dascha erledigte alle<br />

diese Arbeiten, obwohl sie zu hohen Blutdruck hatte<br />

und, was noch schlimmer war, irgendein Frauenleiden.<br />

Manchmal konnte sie ihren Kopf nicht bewegen, aber<br />

sie stand trotzdem auf und sagte: „Solange der Mensch<br />

gehen kann, muss er arbeiten. Schließlich bekomme ich<br />

Geld dafür. Woher sollen wir es sonst nehmen“.<br />

Pawel blieb nichts weiter übrig als sich Sorgen um<br />

sie zu machen, in die Apotheke zu gehen, am Wochenende<br />

mir ihr stille Spaziergänge zu unternehmen. In<br />

Sibirien wurde besser gezahlt, besonders in den „Ölstädten“,<br />

plötzlich begann sie, von dort viel Geld und<br />

teure Geschenke mitzubringen. Das war in Russland so<br />

üblich, und Pawel wunderte sich nicht darüber. Aber<br />

als sie nicht mehr da war, malte er sich aus, wie sich<br />

einer dieser kleineren und trotzdem millionenschweren<br />

Ölmagnaten mit der Schönheit dieser reifen Frau<br />

schmückte und, vor allem, mit ihrem Verstand, was für<br />

ihn als gebildeten Menschen auch wichtig war. Dascha<br />

war siebenunddreißig, das sind die besten Jahre einer<br />

Frau! Dass ihre Kräfte nachließen, konnte man verstehen.<br />

Sie wurde sehr krank, im Ausland gab es Medikamente<br />

und Ärzte, die jeden wieder gesund machten. Sie<br />

war in die USA gegangen um mit ihrem neuen Russen


36 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />

dort zu leben, dachte Pawel. Ihm schien, als habe sie<br />

ihm mal mit zweihundert, mal mit dreihundert Dollar<br />

ausgeholfen. Wo waren sie? So sehr er auch suchte, sie<br />

blieben unauffindbar. Dann waren keine Nachrichten<br />

mehr von ihr gekommen, und er hatte sich eine Geschichte<br />

ausgedacht: Dass der neureiche Russe Dascha<br />

verstoßen habe, dass sie allein sei, in diesem reichen<br />

Amerika dahinvegetiere, in Obdachlosenunterkünften<br />

schlafen müsse. Aber darüber schreiben oder gar um<br />

Hilfe bitten, das konnte sie nicht. Sie schämte sich.<br />

Eigentlich hätte er ihr irgendwie helfen müssen, etwas<br />

von der Pension beiseite legen, diese verdammten,<br />

wer weiß wohin verschwundenen Dollars finden. Aber<br />

an welche Adresse hätte er sie schicken sollen? Nachrichten<br />

und Dollars schickte sie ganz unregelmäßig,<br />

da kamen dann irgendwelche seltsamen Leute, brachten<br />

eine Sendung und verschwanden, und es kam ihm<br />

nicht einmal in den Sinn, ihre Personalien zu erfragen.<br />

Es war schon dankenswert, dass sie überhaupt kamen.<br />

Ja, genau so wie in den Romanen von Balzac, den<br />

er einst so geliebt hatte. Alles war verständlich, sechsundsechzig<br />

war er gerade geworden, als er allein blieb.<br />

Und jetzt war er siebenundsechzig. In diesem Alter<br />

waren seine beiden Großväter gestorben. Er lag auf<br />

dem Rücken und kam sich vor wie Gregor Samsa, der<br />

plötzlich in ein Ungeziefer verwandelt worden ist. Er<br />

erinnerte sich sogar an das deutsche Wort: Ungeziefer.<br />

Waren Pensionäre nicht so etwas Ähnliches wie Ungeziefer?


Tod eines Pensionärs<br />

37<br />

Die Nachbarn kamen ihn nur selten besuchen. Sie<br />

hatten alle ihre eigenen Sorgen. Aber die Beziehungen<br />

waren herzlich, das hieß Guten Tag und ein Lächeln,<br />

wenn man sich begegnete. Manchmal kamen sie zu<br />

Neujahr mit einem Gläschen zu ihm oder luden ihn<br />

zum Anstoßen ein. Zufällige Begegnungen an der Tür<br />

oder im Hof...<br />

Früher hatte ihn das Wort „Pensionär“ durch irgend<br />

etwas an das Wort „Legionär“ erinnert. Ein Pensionär,<br />

das ist ein Legionär in Ruhe. Er war allein in einer<br />

Dreizimmerwohnung. Es war alles da, trotzdem war er<br />

arm. Im Westen fuhr ein Professor mit seiner Pension<br />

um die ganze Welt, und wohin fuhr er mit der Straßenbahn?<br />

In den Park um auf einer Bank zu sitzen? Das<br />

war auch kein Leben, sondern ein langsames Sterben.<br />

Jetzt verstand er die langen Gespräche alter Frauen auf<br />

den Bänken, über die er früher Witze gemacht hatte.<br />

Ihre Versuche, sich in ein fremdes Leben zu mischen,<br />

womit sie der Jugend so auf die Nerven gingen, waren<br />

einfach der Wunsch, für jemanden nützlich zu sein und<br />

damit das eigene Leben zu füllen, es zu verlängern.<br />

Also, war er Legionär? Die Studenten erwarteten<br />

von ihm ein entscheidendes Wort, aber ihn erschreckten<br />

all die sinnlosen Revolutionen und Bewegungen<br />

der Weltgeschichte, bei denen Millionen für ein paar<br />

Worte gestorben waren, die nach zwanzig Jahren alle<br />

wieder verschwanden. Aber die jungen Leute wollten<br />

Bewegung, Aktivismus. Oder wenigstens eine neue<br />

Lehre. Ein eigenes Wort, das sich erst hätte finden


38 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />

müssen, fehlte ihm. Er verfügte über genaue Beobachtungen,<br />

tiefgründige Analysen — aber damit baut man<br />

kein System.<br />

* * *<br />

An Aktivität war überhaupt nicht zu denken. Er konnte<br />

nicht aufstehen. Dabei hätte er seine Medikamente nehmen<br />

müssen: Nootropil, Sermion, Dekamevit, Sidnofarm,<br />

alles, was er auf Rezept bekam. Aber er hatte keine<br />

Kraft zum Aufstehen. Musste er auch auf diese Geländerstange<br />

fallen! Er berührte mit der Hand die schmerzende<br />

Stelle am Rücken ein Stück oberhalb der Taille.<br />

Es tat weh, aber scheinbar war nichts gebrochen. Denn<br />

der Schmerz war erträglich, wie von einer Schramme.<br />

Irgendwo hatte er gelesen, dass man einen Bruch gar<br />

nicht berühren konnte. Und berühren konnte er die<br />

Stelle, auch wenn es sicher einen blauen Fleck geben<br />

würde. Also keine Panik! Er würde nicht wegen eines<br />

blauen Flecks den Arzt rufen! Ihm wäre es auch unangenehm<br />

gewesen, Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.<br />

Dazu noch dieser Gestank! Ein betäubender Gestank,<br />

der einem den Atmen nahm. Obwohl man sagt, dass der<br />

Mensch seinen eigenen Geruch nicht wahrnimmt, aber<br />

die Gase mussten entweichen, die Fenster waren zu,<br />

und Galachow befand sich ungewollt in einem geschlossenen<br />

Raum, in dem er sich selbst mit seinen Ausdünstungen<br />

vergiftete. Er hätte aufstehen sollen, zur Toilette<br />

gehen und dann noch das Fenster ein Stück öffnen.<br />

Noch vor Daschas Abreise waren sie auf die kluge Idee


Tod eines Pensionärs<br />

39<br />

gekommen, Plastikfenster einzusetzen, damit man den<br />

Straßenlärm nicht so hörte. Aber geschlossene Fenster<br />

ließen auch keinen Geruch auf die Straße.<br />

Warum war so unentschlossen? Er war zu verletzlich.<br />

Manchmal kam er sich wie ein männliches Aschenputtel<br />

vor. Schon immer hatte ihn das Gefühl übergroßer<br />

Verantwortung gequält. Als Jugendlicher war er<br />

mit dem aufgeklappten Taschenmesser in den Park gegangen<br />

um seine Mutter zu beschützen, wenn sie von<br />

der Arbeit kam. Er hatte Angst um sie. Um alle hatte<br />

er Angst. An sich selbst dachte er nicht, er dachte, dass<br />

er allen anderen gegenüber in der Pflicht sei und deshalb<br />

so gut es ging seine Schulden abbezahlen müsse.<br />

Von seiner ersten Frau Lena hatte er sich lange nicht<br />

trennen können, obwohl die Liebe schon längst erloschen<br />

war, sie kümmerte sich nicht sehr um den Haushalt,<br />

er wusch sogar das Geschirr ab, wenn sie Gäste<br />

gehabt hatten, seinen Büchern gegenüber verhielt sie<br />

sich vollkommen ironisch. Aber er verließ sie nicht,<br />

obwohl die Beziehung mit Katja zur Geburt einer<br />

Tochter geführt hatte, er verließ sie nicht, weil er sich<br />

verpflichtet fühlte bei ihr zu bleiben, ihre Wünsche<br />

zu erfüllen. In der Kindheit war sein jüngerer Bruder<br />

Cäsarius der König auf dem Hinterhof gewesen, sie<br />

wussten, dass sein älterer Bruder jederzeit kommen<br />

und ihn an seinen Feinden rächen würde. Und wie er<br />

diesen Bruder ins Institut geholt hatte, ihn zu einem<br />

einflussreichen Bekannten gebracht und einen seiner


40 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />

Artikel umgeschrieben und in der Zeitschrift veröffentlicht<br />

hatte, für die er damals selbst arbeitete: von<br />

diesem Menschen hing die Bewertung des Artikels<br />

ab. Er war auch später zu Hilfe gekommen, wenn ihm<br />

irgendeine Gefahr drohte. Dann hatte der Bruder ein<br />

großes Geschäft in den Massenmedien gemacht, war<br />

auf den internationalen Markt gegangen, sein Bruder<br />

begann ihm lästig zu werden. Weil er ihm nicht weltmännisch<br />

genug war? Anfangs hatte er ihn zu sich eingeladen,<br />

aber dann die Tür nicht geöffnet. Später hatte<br />

er, ohne sich zu entschuldigen, gesagt, er habe keine<br />

Zeit, er habe ein wichtiges Treffen mit Leuten aus dem<br />

Westen. Ein schreckliches Gefühl, vor der verschlossenen<br />

Tür zu stehen, an der nicht einmal ein Zettel hing:<br />

Komme dann und dann wieder. Dann hatte er ihn<br />

überhaupt nicht mehr eingeladen. Er hatte nicht wenig<br />

Geld, aber Pawel warf er immer vor: „Du hast es gut,<br />

Du bekommst Gehalt, jeden Monat bekommst du dein<br />

Geld aufs Konto und musst dich um nichts kümmern.<br />

Versuche mal wie ich zu leben! Ich habe kein garantiertes<br />

Einkommen!“ Jetzt bekam Pawel eine garantierte<br />

Pension und der Bruder war als typisch russischer Millionär<br />

nach London gegangen, wo sich die russischen<br />

Oligarchen trafen. Lebenskünstler! Und ihn schickte<br />

er zum Vater wie einen kleinen Jungen und sagte am<br />

Telefon in belehrendem und forderndem Ton: „Wenn<br />

ich es von London aus schaffe den Vater in ein Krankenhaus<br />

zu bringen, dann könntest du wenigstens einmal<br />

am Tag zu ihm fahren und ihn besuchen. Du bist


Tod eines Pensionärs<br />

41<br />

doch Pensionär und hast nichts zu tun.“ Zwischen ihnen<br />

lagen fünfzehn Jahre, Cäsarius hatte seine Jugend<br />

in der Perestroika-Zeit verlebt, er kam mit dem neuen<br />

Leben zurecht. Und er wollte nicht daran denken, dass<br />

sein Bruder schon ein alter, kranker Mann war.<br />

Alle lebten im gegenwärtigen Augenblick, als würden<br />

sie nicht begreifen, dass sie bald sterben müssen.<br />

Ihn beschlich oft ein seltsames Gefühl. Wenn er einen<br />

lachenden Alten sah, oder einen unermüdlichen Arbeiter,<br />

der mit einer Flasche Wodka in der Manteltasche<br />

zu einem Saufgelage ging, Frauen, die sich über irgendwelche<br />

Einkäufe unterhielten, die Kranken in den<br />

Krankenhäusern, einen Menschen, der sich über etwas<br />

Neues freute, dann hatte er immer den Eindruck, sie<br />

lebten für die Ewigkeit, dabei waren es in Wirklichkeit<br />

vielleicht nur fünf Minuten. Sie lebten so, als ob<br />

sie ewig leben würden, als ob ihnen nie der Gedanke<br />

käme, dass der Moment kommen müsse, in dem sie<br />

nicht mehr auf dieser Welt sein würden... „Na und?“,<br />

fragte er sich selbst. Sollte man etwa Selbstmord begehen?<br />

Da war es schon besser so zu leben, als wären die<br />

fünf Minuten eine Ewigkeit. Und was hieß Ewigkeit?<br />

Es war eine geniale Idee von Anderson in der „Schneekönigin“,<br />

dass die Ewigkeit nicht aus Eis sein kann,<br />

nicht aus einem eiskalten Herzen. Sie braucht die<br />

Wärme des Herzens. So weit sie möglich ist, entsteht<br />

sie zeitweise, durch ein liebendes Herz.<br />

Wie hatte sie sich entschieden, wegzugehen? Er erinnerte<br />

sich nur mit Mühe daran. Bevor sie nach Ame-


42 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />

rika gefahren war, hatte Dascha abgenommen, war<br />

schwächer geworden, aber sie hatte weiter gearbeitet.<br />

Dann sagte sie, dass sie zu einer kleinen Operation<br />

müsse, eine Frauenangelegenheit, ungefährlich, fügte<br />

sie hinzu. „Und vielleicht fahre ich nach Amerika“, hatte<br />

sie seltsam gelächelt. „Dort höre ich dann auf zu arbeiten.<br />

Ich bin sehr erschöpft. Ich muss mich erholen.“<br />

Er hatte sich bemüht, diese Worte zu überhören.<br />

Würde sie ihn denn verlassen können? Schließlich<br />

war sie ins Krankenhaus gefahren, sie hatte ihn gebeten<br />

nicht mitzukommen, sie würde bald zurück sein.<br />

Sie war in Sorge, ob er immer seine Medikamente nehmen<br />

würde. Er nahm die Medikamente, seine Seele<br />

war bitter, als ob er irgendeine bittere Mixtur getrunken<br />

hätte. Einmal rief sie an, sie wollte wissen, wie es<br />

ihm ginge. Und er fühlte, dass er aufgehört hatte, der<br />

„fantastische Liebhaber“ zu sein, als den sie ihn einmal<br />

bezeichnet hatte, dass sie nicht mehr richtig miteinander<br />

schliefen, was an ihm lag. Seine Zärtlichkeit<br />

reichte nicht mehr weit. Natürlich, sie war noch jung,<br />

sie brauchte etwas anderes. Einmal hatte er ihr das<br />

gesagt und sie hatte geantwortet: „Du hast schlechte<br />

Laune. Warum beleidigst du mich? Das tut mir weh“.<br />

Als sie ihm sagte, dass sie ihn so wolle, wie er eben sei,<br />

hatte er ihr in seiner männlichen Dummheit nicht sehr<br />

geglaubt. Und er hatte Recht behalten, sie hatte ihn<br />

doch verlassen. An dem Tag, als das geschah, ging es<br />

ihm sehr schlecht, er dachte er werde sterben. Und er<br />

freute sich darüber. Aber er starb nicht, er konnte sich


Tod eines Pensionärs<br />

43<br />

einfach nur noch schwer bewegen. Etwas war an diesem<br />

Tag noch gewesen, aber er hatte es vergessen und<br />

wollte sich nicht erinnern.<br />

Am Tag nach ihrer Abreise war Galachow auf die<br />

Straße gegangen, die Nachbarn hatten ihn seltsam angesehen<br />

und ihn bemitleidet. Um ihrem Mitleid auszuweichen,<br />

ging er in den Zarizinski-Park. Er kam am<br />

Zarenpalast vorbei und lief zu einem großen Teich,<br />

setzte sich auf einen Holzklotz zwischen den Bäumen,<br />

sah stumpfsinnig auf das Wasser, das ihm endlos<br />

tief vorkam. Er fragte sich, ob er sich ins Wasser stürzen<br />

und ertrinken könnte. Aber er war weder Ophelia<br />

noch Katharina, er war ein Mann. Es waren die letzten<br />

warmen Augusttage, die Bäume waren grün, und<br />

ihm tat das Herz weh, und Pawel fragte sich besorgt,<br />

ob er es wohl nach Hause schaffen würde. Und da war<br />

plötzlich eine schwarze, offensichtlich nicht mehr junge<br />

Hündin zu ihm gekommen, ein Mischling, die mit<br />

ihrem dürren Schwanz wedelte, hatte ihre Schnauze in<br />

seine Hand gelegt und ihn mit fragenden Augen angesehen.<br />

Er streichelte ihr wie automatisch den Rücken,<br />

sie wurde ruhig und schmiegte sich an ihn. Dann saßen<br />

sie da, Galachow kraulte ihr mechanisch mal das eine,<br />

mal das andere Ohr. Und als er sich nach Hause aufmachte,<br />

folgte ihm die Hündin. Er hatte keine Kraft<br />

sie wegzujagen, sie war so treuherzig. Er nannte sie<br />

Auguste, nach dem Monat, in dem er sie gefunden hatte.<br />

Sie schlief zu seinen Füßen, er fütterte sie mit den<br />

Resten seines Essens, meistens bekam sie Hafergrütze


44 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />

mit Fleischbrühe aus gekochten Knochen. Sie sah ihn<br />

an und verstand alles. Ihretwegen ging Pawel morgens<br />

und abends spazieren.<br />

Aber er war traurig. Wenn er ihren dünnen Rücken<br />

ansah, erinnerte er sich unwillkürlich an den alten<br />

Smith aus den „Erniedrigten und Beleidigten“ von<br />

Dostojewski (seine Belesenheit hatte ihn nicht verlassen)<br />

und dessen abgemagerten Hund Asorka. Ihr Tod<br />

war das Vorzeichen für den Tod des Alten gewesen.<br />

* * *<br />

Sein Rücken schmerzte, wenn er versuchte sich umzudrehen.<br />

Sollte er doch den Arzt rufen? Aber aus der<br />

Universitätsklinik würde niemand kommen, und aus<br />

dem Kreiskrankenhaus käme eine dicke Tante und<br />

würde, während sie in die andere Richtung schaute, irgend<br />

etwas brummen, seinen Rücken kneten und Antibiotika<br />

verschreiben, die sie für ein Allheilmittel hielt.<br />

Er wollte die Unabhängigkeit seiner Jugend zurück,<br />

nicht diese Erniedrigungen, die Verwundbarkeit des<br />

Alters. Schließlich war er noch kein alter Mann! Ihn<br />

durfte man noch nicht auf Bäume hochjagen! Aber in<br />

der Gleichgültigkeit und Verachtung der Ärzte spürte<br />

er bereits etwas Ähnliches.<br />

Und er merkte selbst, dass er zwar nicht untertänig,<br />

das nicht, aber abhängig wurde. Die Härte der anderen<br />

über sich ergehen lassen, sie hinunterschlucken. Und<br />

sich nicht dagegen wehren wie früher. Etwas anderes<br />

blieb ihm ja nicht übrig. Vor drei Monaten hatte er


Tod eines Pensionärs<br />

45<br />

vor dem Sprechzimmer der Zahnärztin gesessen. Der<br />

rechte Kiefer war geschwollen, wie mit Blei gefüllt,<br />

er konnte kaum den Mund öffnen. Das Sprechzimmer<br />

war verschlossen, keine Ärztin war weit und breit zu<br />

sehen. Er klopfte an einem anderen Behandlungszimmer,<br />

das sich glücklicherweise auf derselben Etage befand<br />

um zu fragen, ob Walentina Petrowna überhaupt<br />

zur Arbeit gekommen wäre. Die Tür wurde geöffnet. In<br />

dem kleinen Zimmer voller Schränke waren zunächst<br />

nur lauter weiße Kittel zu sehen. Dann erblickte er<br />

seine Ärztin, automatisch grüßte er sie: Guten Tag,<br />

Walentina Petrowna. Eine große Frau im Mantel, die<br />

in der Mitte der anderen Frauen mit weißen Kitteln<br />

stand, fuhr ihn plötzlich hart und barsch an: „Was haben<br />

Sie hier zu suchen?! Am Ende wollen Sie noch bis<br />

in die Toilette mit uns kommen. Sehen Sie nicht, dass<br />

das unser Zimmer ist?!“ Und plötzlich hörte Pawel mit<br />

Schrecken seine eigene Stimme, er hörte, dass er genau<br />

wie es alte Männer taten, erschrocken murmelte: „Entschuldigen<br />

Sie, ich wollte niemanden stören“, und dabei<br />

versuchte freundlich zu sein.<br />

Nein, er musste sich mit Hausmitteln kurieren. Aber<br />

mit welchen? Er erinnerte sich plötzlich an ein lange<br />

zurückliegendes Gespräch mit einer Freundin, die einige<br />

Jahre zuvor nach Deutschland emigriert war. Das<br />

heißt, sie war mit ihrem Mann mitgegangen, der dort<br />

einen <strong>Zwei</strong>jahresvertrag bekommen hatte. Aber als er<br />

zurückkehren wollte und ihr das sagte, fuhr sie ihn an<br />

(später kursierte diese Antwort lange in Emigranten-


46 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />

kreisen): „Erschrick mich nicht mit der Heimat!“. Sie<br />

trennte sich von ihm, fand einen Deutschen und blieb.<br />

Pawel also hatte sich einen Infekt eingefangen, weder<br />

eine richtige Grippe noch eine einfache Erkältung,<br />

schluckte verschiedene Tabletten, als ihn plötzlich diese<br />

Freundin Maja anrief: „Du bist krank?“ „Ja, ich bin<br />

krank“. „Was hast du?“. „Scheinbar eine Erkältung“.<br />

„Was nimmst du dagegen?“ „Hausmittel, auf die das<br />

Volk schwört“. „Helfen sie?“. „Nicht sehr“. „Vielleicht<br />

ist es nicht das richtige Volk?“<br />

Er brauchte wenigstens einen Schluck Tee. Die Tasse<br />

stand neben dem Bett am Rand der Kommode. Er<br />

streckte sich ein wenig, kam aber nicht heran, er musste<br />

sich ein Stück aufrichten und den Körper anheben,<br />

um das Kissen unter den Rücken zu schieben. Sein<br />

Körper gehorchte ihm nicht: das kam davon, dass er<br />

nie Sport getrieben hatte. Zugenommen hatte er, und<br />

er war schwer geworden. Er versuchte sich mit Hilfe<br />

der Schultern auf die Ellenbogen zu stützen. Das gelang<br />

ihm. Allerdings rutschte dabei die Decke hinunter.<br />

Aber das war nicht so schlimm. Er griff nach der<br />

Tasse, nahm einen Schluck, aber da erinnerte er sich,<br />

dass er zur Toilette musste. Würde er das schaffen? Es<br />

war nur ein kurzes Stück, aber heute kam es ihm weit<br />

vor. Bei diesen Gedanken begann seine Hand mit der<br />

Tasse zu zittern, die gelbe Flüssigkeit lief über den<br />

Kissenbezug. Es war widerlich. Ein Geruch nach altem<br />

Mann ging von dem gelblichen Fleck aus. Er hätte<br />

nicht nur zur Toilette gemusst, sondern auch den Be-


Tod eines Pensionärs<br />

47<br />

zug wechseln und seinen Vater anrufen. Wie dumm!<br />

Gestern, nach dem Unfall, konnte er noch laufen, er<br />

war sogar noch auf die Bank gegangen und hatte die<br />

Miete bezahlt. Der Rücken tat weh, aber der Schmerz<br />

ließ sich ertragen. Ach, wenn wenigstens ein schönes<br />

Mädchen nach ihm sehen würde (am besten Dascha!)<br />

— er würde sofort aufstehen und alles erledigen.<br />

* * *<br />

Was hatte er denn noch zu tun? Da war ein unvollendetes<br />

Buch, in dem er einen eigenwilligen Vergleich<br />

zur Völkerwanderung im vierten und fünften Jahrhundert<br />

zog, als die Barbaren in die von den Römern zivilisierten<br />

Teile der damaligen Oikumene eingedrungen<br />

waren. Jetzt fuhren die Russen zu Hunderttausenden<br />

nach Europa und Amerika und schimpften aus unerfindlichen<br />

Gründen auf diese Zivilisation. So wie sein<br />

Bruder Cäsarius, der nur ab und zu aus London nach<br />

Russland kam, aber da er die russische Staatsbürgerschaft<br />

behalten hatte, hielt er sich selbst nicht für einen<br />

Emigranten. Alle drängten in den Westen, Reiche<br />

wie Arme, in der Hoffnung reich zu werden. Und nach<br />

Russland kamen Menschen aus dem Kaukasus und aus<br />

Zentralasien. Bei ihnen auf dem Hof waren schon seit<br />

ein paar Jahren anstelle des russischen immer betrunkenen<br />

Hausmeisters junge Turkmenen, die sorgfältig<br />

kehrten und den Hof sauber hielten.<br />

Aber gut, er sollte nicht an das Buch denken, sondern<br />

wie er ins Bad kam.


48 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />

Was nutzten seine Bücher über Toleranz, über die<br />

russische Idee, wenn man in Moskau und Petersburg<br />

tadschikische Mädchen umbrachte, die Täter freisprach<br />

oder im Höchstfall wegen leichter Randalierei<br />

verurteilte und junge Skinheads über die Vernichtung<br />

aller Nicht-Russen schwadronierten. Bis zu einem russischen<br />

Faschismus hatte man es inzwischen gebracht.<br />

Dabei war das kein Faschismus, sondern eine gewöhnliche<br />

russische Revolte, bei der sich alle gegenseitig<br />

verdächtigten. Auf dieser Idee konnte man noch nicht<br />

mal ein Drittes Reich errichten. Der Tod ist kein Baumeister.<br />

Gut, dass die Tochter in Schweden war, das<br />

Enkelkind und seine Frau Katja waren auch dort, und<br />

Dascha hatte ihr neuer Russe nach Amerika mitgenommen.<br />

Man schimpfte auf diese neuen Russen, und<br />

sie mussten es an der eigenen Haut erfahren ...<br />

Aber ihn ging das jetzt nichts an. Er hatte eine einfache<br />

Aufgabe — aus dem Bett aufstehen und zur Toilette<br />

gehen. Er durfte nicht ins Bett machen. Dann<br />

würde er da überhaupt nicht mehr liegen können. Und<br />

wer kam ihn besuchen? Niemand. Die ehemaligen Kollegen<br />

gingen höchstens zu Begräbnissen; auf den Friedhof<br />

würden sie kommen. Freunde? Es waren nur noch<br />

so wenige. So viele Freunde waren gestorben, als sie<br />

nicht einmal fünfzig waren. <strong>Zwei</strong> hielt er sogar für nahe<br />

Freunde. Nur einer rief ihn regelmäßig an, sein Altersgenosse<br />

und Kindheitsfreund Ljona Gawrilow. Er erzählte<br />

immer Anekdoten, die er in er Komsomolskaja<br />

Prawda gelesen hatte, bevorzugt erotischen Inhalts


Tod eines Pensionärs<br />

49<br />

und wiederholte: „Mein Alter, wir müssen standhaft<br />

bleiben. Das Leben dauert schließlich noch ein Weilchen.<br />

Hör mal, was sie hier schreiben: ‚Wenn ein Mann<br />

viermal nach links abbiegt, kehrt er nach den Gesetzen<br />

der Geometrie nach Hause zurück’. Und? Ha, ha!<br />

Wir sind noch zu jung für die Altstoffsammlung. Hast<br />

du von David Dubrowski gehört, von euch aus den<br />

Geisteswissenschaften? Er ist vierundsiebzig und seine<br />

Frau vierundzwanzig, sie haben noch ein Kind zustande<br />

gebracht. Wir Alten müssen standhaft bleiben. Die<br />

Hauptsache ist, dass man sich nicht gehen lässt! Wenn<br />

du willst, mache ich dir ein Album mit Fotos von Dascha.<br />

Vielleicht geht’s dir dann besser?“ Er brauchte<br />

keine andere Frau als Dascha. Er war Ljona dankbar,<br />

dass er anrief. Sein Vater hatte ihn in den letzten Jahren<br />

nie angerufen, er wartete immer auf seine Anrufe<br />

und warf ihm vor: „Du bist noch jung. Ich habe nicht<br />

mehr viel Zeit. Mich muss man bemitleiden, nicht<br />

dich.“ Aber was wollte er denn, er hatte seins doch bekommen.<br />

Als er gerade begann mit Dascha zusammen<br />

zu leben, hatte er gebrummt: „Ich sterbe doch eher als<br />

du“. „Niemand weiß, wer wann stirbt“, hatte sie sehr<br />

ernst geantwortet.<br />

Und dann war sie weggefahren, und dieses Gespräch<br />

hatte seinen Sinn verloren. Nur eins war geblieben:<br />

das Gefühl des Verlustes, und dass er niemanden<br />

mehr zum Reden hatte. Es war lange her, da hatte er,<br />

um überhaupt in Kontakt zu kommen, unter dem Vorwand<br />

der Arbeit ehemalige Kollegen angerufen und


50 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />

dann wie nebenbei auch von Alltagsdingen geredet.<br />

Sie hatten bereitwillig geantwortet, Ratschläge gegeben,<br />

aber von allein riefen sie nie zurück. Auguste tröstete<br />

ihn mit ihrer im wahrsten Sinne des Wortes hündischen<br />

Treue. Aber wohin hätte sie auch gehen sollen!<br />

Hier hatte sie ein Dach über dem Kopf und Futter. Sie<br />

war sogar rührend mit ihrer scheuen Anhänglichkeit.<br />

Ihr unglückliches obdachloses Leben hatte sie schreckhaft<br />

werden lassen, bei jedem Geräusch in der Wohnung<br />

zuckte sie zusammen. Als Pawel einmal die Stehlampe<br />

umwarf, wusste sie vor Schreck nicht wohin,<br />

sie versuchte sogar unter die Komode zu fliehen, bis<br />

sie schließlich in den schmalen Spalt unter der Liege<br />

kroch. Pawel hatte sie kaum wieder hervorlocken können.<br />

Wenn Auguste Schritte im Treppenhaus hörte,<br />

fing sie verzweifelt an zu bellen, um sich, ihr bedrohtes<br />

Leben und den Menschen, der sie gerettet hatte zu verteidigen<br />

und die eingebildeten Feinde zu erschrecken.<br />

Nein, daran durfte er jetzt nicht denken. Er musste<br />

aufstehen, und zwar nicht, indem er sich auf die<br />

Ellenbogen stützte, sondern sich seitlich unter der<br />

Decke hervor und dann auf den Boden ließ. Zur Not<br />

auch auf allen vieren, es sah ja sowieso niemand. Bevor<br />

er begann aufzustehen, sah er sich im Zimmer um,<br />

ob ihm etwas dabei behilflich sein könnte. Am Kopfende<br />

brannte die Nachttischlampe, draußen war es<br />

schon dunkel, die Fenster des Elfgeschossers gegenüber<br />

waren erleuchtet: Seit Daschas Abreise zog er die<br />

Gardinen nicht mehr vor. Auf dem Tisch am Fenster


Tod eines Pensionärs<br />

51<br />

flimmerte der Bildschirm des nicht ausgeschalteten<br />

Computers. Vielleicht sollte er sofort an einige Adressen<br />

einen Brief schicken: „Hilfe! Mir geht es schlecht!“<br />

Aber was hieß schlecht — dass der Rücken wehtat?<br />

Das musste er durchstehen, schließlich hatte er bisher<br />

alles durchgestanden. Neben dem Tisch türmte sich ein<br />

Stapel Bücher, die Dascha für die Übersetzung eines<br />

Buches benutzt hatte, bevor sie ins Krankenhaus ging.<br />

Er hatte den Stapel so gelassen, ein Jahr war vergangen,<br />

er kam einfach nicht zur Ruhe. Das einzige, was er<br />

sich damals streng verboten hatte, war der Alkohol. Er<br />

erinnerte sich, wie einer seiner Freunde nach dem Tod<br />

seiner Frau angefangen hatte zu trinken, nach einem<br />

Jahr war er völlig am Ende, und dann starb er auch.<br />

Gut dass Dascha nicht gestorben war, sondern einen<br />

reichen Mann gefunden hatte, der sie von hier wegbrachte.<br />

Nein, Galachow fürchtete den Tod nicht, er<br />

fürchtete sich davor wie ein Trinker zu sterben. Dann<br />

kamen von der Straße die obdachlosen Flaschensammler,<br />

wühlten in den Taschen des Toten und schauten<br />

auf dem Tisch nach, ob nicht etwas zum Trinken übrig<br />

geblieben war.<br />

Ohne Dascha herrschte im Zimmer die reinste Unordnung.<br />

Am unordentlichsten war die Kommode.<br />

Außer der Teetasse, einem Wecker, verschiedenen Zetteln,<br />

Kugelschreibern und der Hundeleine für Auguste<br />

stand da noch ein Telefon im Retrostil, das ihm seine<br />

Kollegen geschenkt hatten, als er in Pension ging. Warum<br />

hatte er das getan? Er wusste doch, dass das biss-


52 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />

chen Pension nicht reichen würde. Von da an hatten<br />

sie von Daschas Einkommen gelebt und seine Pension<br />

für die Miete verwendet und um seinem Vater auszuhelfen.<br />

Bis zu dem Augenblick, als Dascha ihn verlassen<br />

hatte. Und vor drei Tagen hatte ihn auch Auguste<br />

verlassen. Sie war irgendwohin ins Gebüsch gerannt<br />

und nicht wiedergekommen. Er hatte vergeblich nach<br />

ihr gerufen. Er ging die Nachbarn fragen, ob sie sie<br />

vielleicht gesehen hatten. Aber niemand konnte ihm<br />

helfen. Eine junge beleibte Frau mit großen Brüsten,<br />

die ein Stockwerk tiefer wohnte, meinte: „Beruhigen<br />

Sie sich, mein Guter. Vielleicht haben die Obdachlosen<br />

ihr Fell zu einer Mütze verarbeitet. Es wird doch<br />

nun leichter für Sie, Sie müssen nicht mehr jeden Morgen<br />

und Abend mit ihr durch die Straßen ziehen.“<br />

* * *<br />

Als er aus dem Bett kroch, fiel er trotzdem hin. Pawel<br />

stellte sich auf alle viere und versuchte hochzukommen.<br />

Verdammter Fahrer! Wollte er ihn zerquetschen?<br />

Umbringen? Oder einfach erschrecken? Der da im<br />

Auto gesessen hatte, war im Grunde ein „Mann mit<br />

der Waffe in der Hand“ gegen Unbewaffnete gewesen.<br />

Immerhin hatte er unter den Rädern wegspringen können.<br />

Wasjok, sein Banknachbar aus der ersten Klasse,<br />

hatte Recht gehabt. Er hatte schon damals begriffen,<br />

dass man den Fahrern Zügel anlegen musste. Der Alte<br />

stand schließlich auf. Er hielt sich am Türrahmen fest,<br />

dann an den Korridorwänden. In der Toilette lehnte


Tod eines Pensionärs<br />

53<br />

er mit dem Kopf an der Wand vor ihm. Ihm war übel,<br />

die Beine gaben unter ihm nach. „Es scheint, als würde<br />

mein Ast knacken“, bemerkte er nebenbei und sank,<br />

schwächer werdend, auf den Kachelfußboden. Er lag<br />

da und bereitete sich darauf vor zu sterben. „Das ist<br />

die Strafe“, sagte er zu sich, „dafür, dass ich einen anderen<br />

Alten vom Ast gestoßen habe“.<br />

Gestern hatte er vom Treppenabsatz zwischen den<br />

Stockwerken den Obdachlosen Alexander Sergejewitsch<br />

vertrieben. Zwischen ihrer Etage und der darunter<br />

hatte sich der Obdachlose eingenistet. Sein<br />

Gestank war unerträglich. Man konnte kaum aus der<br />

Wohnung gehen. Er hauste seit dem vorletzten Winter<br />

da. Dascha bat ihn zuerst im Guten, wegzugehen, dann<br />

rief sie die Polizei an und fragte, wo in ihrem Viertel<br />

Obdachlosenunterkünfte seien. „Es gibt keine“, hatten<br />

sie geantwortet. „Aber im Fernsehen haben sie<br />

gesagt...“. Sie lachten: „Ja was denn, glauben Sie etwa<br />

alles, was im Fernsehen gesagt wird?“<br />

Aber es herrschte Frost, ihn wegzujagen war unmöglich,<br />

Dascha begann, ihm wie einem zugelaufenen<br />

Hund Essen zu bringen. Er erzählte, dass er Alexander<br />

Sergejewitsch heiße (anfangs glaubten sie, dass er lüge,<br />

dass Puschkin an allem Schuld habe, aber er zeigte seinen<br />

Pass, es stimmte), dass er Mathematiklehrer gewesen<br />

sei, dass er sechsundsechsig Jahre alt sei, seit drei<br />

Jahren nicht mehr arbeite und ihren Aufgang ausgewählt<br />

habe, weil er in der ersten Etage polizeilich gemeldet<br />

sei, aber seine ehemalige Frau und die Tochter


54 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />

ihn nicht in die Wohnung ließen, wo er doch ein Recht<br />

darauf habe. Während des Gesprächs bemerkte Dascha,<br />

dass drei seiner Finger schwarz waren, sie fragte,<br />

was das sei, er antwortete, dass sie wohl erfroren<br />

seien. Da rief Dascha den Krankenwagen, sie nahmen<br />

ihn mit, aber am nächsten Abend war er wieder an seinem<br />

Platz und erklärte, dass sie ihn im Krankenhaus<br />

gewaschen und ihm ein Bett gegeben hätten, am Morgen<br />

habe er etwas zu Essen bekommen, und dann sei<br />

er fortgeschickt worden. Nun war er also wieder da.<br />

Seine Finger wollten sie erst gar nicht sehen. Dascha<br />

rief wieder den Krankenwagen. Diesmal kam eine gutmütige<br />

breitgesichtige Frau, allerdings mit einer ernsten<br />

Miene. Sie strahlte die von Galachow so geliebte<br />

Selbstsicherheit bürgerlicher Intellektueller aus, die<br />

Gewohnheit, auf der eigenen Würde zu bestehen. Auf<br />

Bitten Daschas sah sie sich die Finger von Alexander<br />

Sergejewitsch an. Die Gummihandschuhe ließ sie dabei<br />

an, ganz wie es Vorschrift war. „Ja“, sagte sie, „erhöhte<br />

Temperatur, eine Entzündung, das kann noch<br />

schlimmer werden, sieht nach Wundbrand aus. Wenn<br />

es sich verschlimmert, muss die Hand abgenommen<br />

werden“.<br />

Dascha sah sie bittend an. „Ich verstehe“, die Ärztin<br />

zuckte mit den Schultern, „aber wir dürfen keine<br />

Obdachlosen aufnehmen. Sie könnten alle anderen<br />

anstecken. Wer weiß, was sie mit sich herumtragen.<br />

Gut, ich setze mich dafür ein. Ich überrede unseren<br />

Chirurgen“. Und sie nahmen Alexander Sergejewitsch


Tod eines Pensionärs<br />

55<br />

mit, er tauchte lange nicht mehr auf, Dascha war schon<br />

weggefahren, er war immer noch nicht wieder da. Und<br />

dann erschien er wieder. Kam auf seinen Treppenabsatz<br />

zurück und erzählte, er habe einen Monat im Krankenhaus<br />

gelegen, die Hand hätten sie geheilt, dann habe er<br />

sich fast ein Jahr irgendwo herumgetrieben, aber ein<br />

Ziel habe er nicht gehabt. Als der Obdachlose nicht da<br />

war, hatten die Nachbarn seine Geschichte erzählt. Es<br />

stellte sich heraus, dass er in einer Wohnung in der ersten<br />

Etage gemeldet war, ein gutmütiger Polizist hatte<br />

seinen Pass kontrolliert: die Adresse stimmte. Aber ihn<br />

einzuquartieren lehnte er ab, weil er ihn nicht gewaltsam<br />

zu seiner Frau stecken konnte, die Lage war zusätzlich<br />

kompliziert, weil es eine Gemeinschaftswohnung<br />

war und auch die Mitbewohner protestierten.<br />

Natürlich hatten sie zuerst auf die Frau geschimpft:<br />

Dumme Ziege! Sie öffnete niemandem die Tür, schaute<br />

durch den Spion, wer klingelte. Und dann hatten<br />

sie von den Nachbarn die ganze Geschichte erfahren.<br />

Alexander Sergejewitsch hatte sie und ihre minderjährige<br />

Tochter vor fünfzehn Jahren verlassen und war<br />

zu einer Generalswitwe gezogen, er war fortgegangen<br />

und hatte alles vergessen, sich nicht ein einziges Mal<br />

sehen lassen, keine einzige Kopeke geschickt, sie hatte<br />

die Tochter allein aufgezogen und bei der Post gearbeitet.<br />

Sie lebten mehr schlecht als recht. Dann passierte<br />

etwas mit der Generalin und Alexander Sergejewitsch<br />

tauchte wieder auf. Obwohl er seine Frau verlassen<br />

hatte, blieb er in der Wohnung gemeldet und behielt


56 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />

das formale Recht dort zu wohnen. Es war aber nur<br />

eine <strong>Zwei</strong>zimmerwohnung für zwei Familien. In einem<br />

Zimmer wohnte seine verlassene Frau, in dem anderen<br />

die Nachbarn. Dort konnte er nicht wohnen, höchstens<br />

bei ihr im Zimmer, was sie nicht wollte und wovor sie<br />

Angst hatte. Die Lage war ausweglos.<br />

Und gestern Abend hatte er selbst den Alten vom<br />

Baum gestoßen. Obwohl Alexander Sergejewitsch jünger<br />

als er war, war er auch Pensionär. Die Nachbarin<br />

aus der Wohnung gegenüber hatte gestern Abend bei<br />

ihm geklingelt. „Sie sind doch ein Mann, Pawel Wenjaminowitsch“,<br />

sagte sie und lächelte dabei etwas ironisch,<br />

„ich habe nicht genug Kraft und erhört nicht auf<br />

mich, weil das, was Frauen sagen, für ihn einfach nicht<br />

existiert, schließlich sind Frauen für ihn keine Menschen.<br />

Und Sie, Sie sind zwar nicht mehr ganz jung,<br />

aber Sie sehen imponierend aus. Vielleicht hat er vor<br />

Ihnen Angst. Wissen Sie, ich komme nach Hause, öffne<br />

die Wohnungstür, ein Gestank, Sie wissen schon, aber<br />

wir haben uns ja daran gewöhnt, aber nun saß er direkt<br />

unter meiner Wohnung, in aller Blöße. Er war stockbetrunken,<br />

lag da mit offener Hose, das ganze Gemächte<br />

draußen. Man sah, dass er onaniert hatte, bevor er eingeschlafen<br />

war. Meine Tanja ist erst fünfzehn, sie soll<br />

so etwas nicht sehen. Gestern habe ich ihn mit Fußtritten<br />

auf die Straße gejagt. Und heute komme ich<br />

und da sitzt er wieder mit der Flasche im Arm da und<br />

droht mir mit der Faust. Und dann hatte er noch so einen<br />

verlausten Hund aufgelesen.“


Tod eines Pensionärs<br />

57<br />

Beim Wort Hund zuckte Pawel sogar zusammen.<br />

Aber die Nachbarin verstand, schüttelte verneinend<br />

und mitleidig den Kopf: „Nein, nicht Ihrer. Nicht Auguste.<br />

Also was ist, helfen Sie mir?“ Pawel hatte nie<br />

jemandem drohen können, geschweige denn jemanden<br />

wegjagen, und sich prügeln konnte er, wenn er<br />

ehrlich war, auch nicht. Er wusste auch nicht, was er<br />

zu Alexander Sergejewitsch sagen sollte, damit er verschwand.<br />

Er zog seine warme Hausjacke über, die seine<br />

ohnehin kräftigen Schultern noch breiter machte,<br />

außerdem kam er sich in ihr männlicher vor (es gibt<br />

solche Kleidungsstücke), ging hinaus auf den Treppenabsatz,<br />

sah Alexander Sergejewitsch von oben<br />

bis unten so finster wie er konnte an und sagte unbestimmt:<br />

„Mach dich fort, bevor noch etwas Schlimmeres<br />

passiert“. Etwas Schlimmeres? Für wen? Aber der<br />

Obdachlose wurde plötzlich unruhig, steckte die Flasche<br />

in die abgerissene Tasche seines übelriechenden<br />

Mantels, nahm seine Unterlage und verschwand nach<br />

unten. Der Ast war abgebrochen und der Alte war<br />

vom Baum gefallen.<br />

Und der andere Alte kehrte in seine Wohnung zurück,<br />

obwohl er, dachte er, selbst kein bisschen besser<br />

war. <strong>Zwei</strong> Tage vergingen. Die Einsamkeit zermürbte<br />

ihn. Sein Hund, der vor drei Tagen verschwunden war,<br />

kam ihm nun wie ein böser Wink des Schicksals vor.<br />

Er hatte sie den ganzen Tag gesucht, nach ihr gerufen,<br />

aber sie war nicht zurückgekommen. Die Wohnung<br />

war ohne sie ungemütlich. Und nach dem gestrigen


58 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />

Sturz fühlte er sich geradezu ausgelaugt und fern jenes<br />

physischen Zustandes, der ihn am Leben hielt.<br />

Mit Mühe begann er sich von den Fliesen aufzurichten,<br />

aber seine Arme und Beine gehorchten nicht.<br />

Er musste es wenigstens ins Zimmer zurück, zum Telefon<br />

schaffen, befahl er sich. Aber er hatte keine Kraft.<br />

Pawel lag da, aus seinen Augen liefen Tränen. Es schien<br />

so, als weinte er diesmal wirklich. Er weinte über sein<br />

sinnlos verlebtes Leben. Dann hob er den Kopf etwas<br />

an. Wofür? Um aufzustehen? Und plötzlich nahm er<br />

allen Willen zusammen und stand auf. Sein Kopf zitterte,<br />

er behielt mit Mühe das Gleichgewicht. Dann<br />

merkte er, dass er schwer atmete, die Brust schmerzte<br />

bei jedem Versuch Luft zu holen, seine Beine gaben<br />

nach, der Rücken war schweißbedeckt. Ihm wurde<br />

übel und schwach, wieder setzte er sich auf den Boden.<br />

Er schaffte es nicht mehr zum Telefon.<br />

* * *<br />

Seine Seele irrte noch auf der Erde umher, vierzig<br />

Tage musste sie da bleiben, bevor ihr die Himmelstore<br />

geöffnet wurden. Er war gestorben, aber weder sein<br />

Bruder, noch sein Sohn interessierten sich für seinen<br />

Tod — wie sie sich zuvor auch nicht für sein Leben interessiert<br />

hatten. Als erster erinnerte sich sein Vater an<br />

ihn, weil er nicht mehr anrief. Er rief den Enkel an, das<br />

heißt Pawels Sohn, der Bruder war wie immer in London.<br />

Der Sohn sagte, er habe zu tun und überhaupt keine<br />

Zeit, aber er kam dann doch, öffnete gemeinsam mit


Tod eines Pensionärs<br />

59<br />

der Polizei und dem Wohnungsverwalter die Tür und<br />

ging in die Wohnung. Von dort aus rief er seinen Onkel<br />

in London an (sie hatten doch ab und an miteinander<br />

zu tun gehabt), der sagte, dass man ihn menschlich begraben<br />

müsse, dass er dreitausend schicken würde. Die<br />

Leute müsse man aber nicht extra benachrichtigen und<br />

einladen. Das wäre zu viel Aufwand. Sie würden auch<br />

so kommen. Es war nur eine Handvoll Trauergäste.<br />

Und Pawel sah sein bescheidenes Begräbnis, er<br />

sah, dass weder sein Bruder noch sein Vater, noch sein<br />

Sohn zu seinem Begräbnis gekommen waren. Im Übrigen<br />

hatte der Bruder das versprochene Geld nicht<br />

geschickt. Da war sein Freund aus der Kindheit Ljona<br />

Gawrilow mit seiner Frau, er hatte einige gemeinsame<br />

Bekannte mitgebracht, der Schriftsteller Boris Kuzmin<br />

sprach hochtrabend über die Schwierigkeit, in dieser<br />

Welt Mensch zu bleiben, die, so fügte er plötzlich<br />

aphoristisch hinzu, „keine Schule des Humanismus“<br />

sei. Der alte Schürzenjäger Tomski vergoß ein paar<br />

Tränen als er sagte: „Mein lieber Pawel, du warst ein<br />

guter Mensch. Wir werden dir bald nachfolgen. Aber<br />

du kommst bestimmt in den Himmel, wer weiß, wohin<br />

wir kommen?“<br />

Und er weinte wieder. Es waren auch einige ehemalige<br />

Kollegen gekommen. Dascha war nicht da. Pawel<br />

schaute allen Ankommenden ins Gesicht in der<br />

sinnlosen Hoffnung, dass er sie nicht erkannt habe,<br />

dass sie einfach etwas anderes anhabe. Aber er sah sie<br />

nicht. Die Seele setzte sich auf einen einzelnen Baum


60 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />

am Grab. Die Seele weinte und dachte, dass der neue<br />

Mann Dascha noch nicht einmal zum Begräbnis hatte<br />

gehen lassen. Seine Seele kreiste lange über dem verlassenen<br />

Grab. Einen Monat später kam seine Tochter<br />

aus Schweden. Seine Frau Katja war offenbar dort geblieben<br />

um auf das Enkelkind aufzupassen. Die Tochter<br />

saß auf der kleinen Bank am Grab und weinte lange.<br />

Dann flog sie zurück. Aber Dascha kam nicht. Und<br />

erst nach vierzig Tagen verstand er, warum sie nicht<br />

gekommen war, er erkannte, woran er das ganze letzte<br />

Jahr nicht hatte denken wollen. Dascha erwartete ihn<br />

längst im Himmel, wo sie sich schließlich wiedersahen.<br />

September 2007<br />

Übersetzung aus dem Russischen von Claudia Woldt


<strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />

Njanja<br />

Erzählung<br />

Ich schickte mich an zu duschen. Nahm Bademantel,<br />

frische Unterwäsche, ein Frottierhandtuch aus<br />

dem Schrank und trug alles ins Badezimmer. Meine<br />

Haushose, die abgetragen war, aber die ich liebte und<br />

die vor allem bequem war, und das Hemd zog ich aus<br />

und warf alles in den Wäschekorb. Nach dem Duschen<br />

fühlte ich mich immer innerlich gefestigt, zufrieden mit<br />

mir selbst, und die Haare waren nach dem Trocknen seidig<br />

und wellten sich sogar ein wenig. Dagegen lehnte unsere<br />

Njanja, nicht unsere natürlich, sondern die mit Mühe für<br />

unseren Sohn erkämpfte Kinderfrau * , das Waschen ab.<br />

„In Europa, sagte meine erste Frau immer und lächelte<br />

dabei ironisch, duscht man sich jeden Tag. Sogar zwei Mal<br />

am Tag.“ Ich gab ihr Recht, fügte aber hinzu, dass dafür<br />

das Leben auch anders aussehe, die Wohnungen sauber<br />

seien, das Geschirr immer gespült werde und dass man<br />

zu Besuch bei anderen Leuten nicht die ganze Nacht mit<br />

* Im Russischen wird die Amme und Kinderfrau als Njanja<br />

bezeichnet. Das Wort verbindet sich für viele mit der Puschkinzeit<br />

und wird in dieser Übertragung weitgehend original<br />

beibehalten (Anm. d. Übers.).


62 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />

endlosem Kartenspielen verbringe. Und man führe ein<br />

ausgeglicheneres Leben, mit Büchern, am Schreibtisch.<br />

Aber das war die Zeit der „Stagnation“, die fröhlichste<br />

Zeit in der sowjetischen Geschichte. Es war eine endlose<br />

Maskerade, ein unendlicher Karneval. Zu den Liedern<br />

Okudschawas stellten wir uns vor, wohlgeborene<br />

Damen und Kavaliere zu sein und fühlten uns wie in der<br />

glänzenden Puschkinzeit. Für diese Freiheit brauchte man<br />

Zeit. Geld hatten wir nicht, aber wir wollten eine Njanja<br />

für unseren Sohn. Denn in der Puschkinzeit hatten sich<br />

die Eltern auch nicht mit ihren Kindern beschäftigt, die<br />

Kleinen bekamen eine Njanja und später einen Hauslehrer.<br />

Meine jetzige Frau meinte: „Das Russische ist doch eine<br />

reiche Sprache. Was tun die Njanjas und Großmütter<br />

mit den Kindern? Sie erziehen sie nicht, bilden sie nicht,<br />

sondern sitzen mit ihnen. Genial. Wie Häftlinge“.<br />

In dieser Zeit der Stagnation war die Institution<br />

der Kinderfrau etwas Eigentümliches. Man hing eine<br />

Anzeige an einen Zaun, und dann kamen verschiedene<br />

zweifelhafte Personen um sich anzubieten. Ich erinnere<br />

mich an eine mit breiten Schultern, die eine Herrenjacke<br />

trug und erklärte, sie käme aus dem Umland, werde<br />

bei uns wohnen und bliebe schon heute da, schließlich<br />

sei sie von weit her gekommen, aus Alexandrow, wir<br />

müssten uns um nichts mehr sorgen, könnten arbeiten,<br />

Besuche machen, sie würde alles übernehmen. Ihre<br />

Augen waren grau und blickten sehr entschlossen. Sie<br />

begann uns sofort zu duzen. Wir wollten ihren Ausweis<br />

sehen. „Ja was denn, könnt ihr einen Menschen nicht


Njanja<br />

63<br />

am Gesicht erkennen? Ich bin doch nicht bei der Polizei<br />

gelandet, sondern bei anständigen Leuten. Für euch<br />

brauche ich keine Aufenthaltsgenehmigung. Hauptsache,<br />

euer Sohn wächst gesund auf.“ Aber auch der blitzende<br />

Goldzahn in ihrem Mund irritierte mich. Und<br />

nachdem ich meine intellektuelle Schüchternheit überwunden<br />

hatte, die mich immer überfiel, wenn ich irgend<br />

etwas von unbekannten Leuten verlangen sollte, bat ich<br />

noch einmal nachdrücklich um ihren Ausweis. „Du hast<br />

wohl Angst?“, fragte sie und benutzte dabei ein vulgäres<br />

Wort. „Wissen Sie, Sie passen einfach nicht zu uns“,<br />

sagte ich, und hasste gleichzeitig meinen entschuldigenden<br />

Tonfall. „Gut, ich zeig ihn euch“, erwiderte sie,<br />

sie wolle in der Nacht nicht so weit fahren, schon gar<br />

nicht nach Alexandrow, sie habe nur eben keinen Ausweis.<br />

„Ich habe nur einen Entlassungsschein.“ Und sie<br />

zog ein zerknittertes Papier aus ihrer schwarzen Handtasche.<br />

Meine Frau und ich erstarrten und wollten das<br />

Papier gar nicht erst sehen. Frauen sind immer schneller<br />

entschlossen. „Also los, pack dich und verschwinde<br />

von hier“, sagte meine Frau scharf, „bevor ich die Polizei<br />

hole!“ Die Frau stand auf, bewegte sich aber nicht<br />

vom Fleck, sondern stemmte die Hände in die Hüften:<br />

„Du bezahlst mir die Fahrt hierher und zurück. Schließlich<br />

bin ich wegen deiner Anzeige gekommen und habe<br />

Geld für die Fahrt ausgegeben!“ Meine Frau wurde<br />

rot vor Zorn, und wenn sie wütend wurde, war mit ihr<br />

nicht zu spaßen, ich jedenfalls fürchtete sie in solchen<br />

Augenblicken. Woher auch immer Lilka die Kraft da-


64 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />

für nahm — sie packte sie an der Jacke und stieß sie mit<br />

dem Knie vor sich her zur Tür. Dort aber widersetzte<br />

sie sich: „Ich setze mich vor die Tür, ich werde die<br />

ganze Nacht da bleiben. Ich gehe auf keinen Fall weg,<br />

verstanden?“ Ich fragte: „Wie viel?“ Auf ihre Antwort<br />

hin nahm ich aus der Jackentasche drei Rubel und wir<br />

bugsierten sie mit Mühe vor die Tür. Von weiteren Anzeigen<br />

nahmen wir Abstand. Und meine Frau erinnerte<br />

sich, dass Alexandrow die Stadt bei Kilometer einhunderteins<br />

war, wohin sie die schicken, die nach der Haft<br />

nicht in Moskau bleiben dürfen.<br />

Deshalb rief uns meine Großmutter sofort an, nachdem<br />

sie auf der Bank vor ihrem Fünfgeschosser in der<br />

Marschall-Konew-Straße die bewegende Geschichte<br />

von einer Frau vom Lande gehört hatte, die von ihrer<br />

Schwiegertochter aus der Wohnung geworfen worden<br />

war und nun bei Nachbarn wohnen musste. Die Frau<br />

war aus einem weißrussischen Dorf zu ihrem Sohn gekommen,<br />

der in Moskau Arbeit als Polizist gefunden<br />

hatte. Er hatte sie selbst im Dorf abgemeldet, ihr Haus<br />

verkauft und das Geld seiner Frau gewissermaßen als<br />

Miete für die Moskauer Wohnung gegeben. Aber die<br />

Schwiegertochter jagte sie dennoch, besonders wenn<br />

sie betrunken war, auf die Straße, und nun saß Domna<br />

Antonowna auf der Bank, weinte und beklagte sich<br />

bei den Nachbarinnen über das Leben: „Genjas Frau<br />

trinkt und die Schwiegermutter auch. Und wenn sie<br />

betrunken sind, lässt die Frau meinen Genja (so kürzte<br />

sie den Namen ihres Sohnes Gennadij ab) nicht zu sich


Njanja<br />

65<br />

ins Bett“. Meine Großmutter Nastja fragte sie vorsichtig,<br />

ob sie sich um einen dreijährigen Jungen kümmern<br />

würde und was sie dafür nähme. Sie sagte sofort: „Ich<br />

muss Genja fragen, wenn er es erlaubt, mache ich es.<br />

Wenn sie mir ein Bett geben und ich was zwischen<br />

die Zähne bekomme, bin ich vollkommen zufrieden“.<br />

Die alten Frauen auf der Bank fragten Domna, warum<br />

sie denn ihren Sohn erst fragen wolle, er habe ja auch<br />

nichts dagegen getan, dass sie aus der Wohnung gejagt<br />

wurde. Aber sie blieb dabei, dass ihr Sohn unschuldig<br />

sei. Für sie eintreten könne er nicht, weil seine Frau<br />

ihm keine Mietbewilligung gebe und eine eigene Wohnerlaubnis<br />

besitze er nicht. Aber wenn er erst drei<br />

Jahre bei der Polizeit gearbeitet habe und eine Wohnerlaubnis<br />

für Moskau bekomme, würde er seine Frau<br />

verlassen, er würde fortgehen, ihre Tochter würde er<br />

vom Gericht zugesprochen bekommen und sie in ein<br />

Internat schicken, und er selbst würde ein Zimmer bekommen<br />

und seine Mutter zu sich nehmen, damit sie<br />

Ordnung halte und das Mittagessen koche.<br />

Nachdem sie von Genja zurückgekehrt war, erzählte<br />

Großmutter, habe sie sich lange in ihr braunes Taschentuch<br />

geschneuzt und dann gefragt: „Genja will wissen,<br />

ob sie reich sind?“ Großmutter sagte, ihr Enkel wohne<br />

in einem von zwei Professorenhäusern im Stadtbezirk<br />

Timirjasewski, dort stünden zwei Professorenhäuser<br />

einander gegenüber und der Hof dazwischen sei schön<br />

und still. Der Großvater ihres Enkels sei Professor gewesen,<br />

aber lebe schon lange nicht mehr, und die Frau


66 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />

ihres Enkels arbeite als Reiseleiterin, er selbst sei Aspirant,<br />

bekomme ein kleines Stipendium, so dass sie Kost<br />

und Logis bieten könnten. Domna verschwand wieder,<br />

dann kam sie zurück und sagte, dass Genja sie ohne<br />

Geld nicht weglasse. Wonach uns Großmutter anrief,<br />

alles berichtete und hinzufügte, dass sie bestimmt auch<br />

ohne Geld kommen würde, denn sie könne ja sonst nirgends<br />

hin. Aber nein, sie fühlte sich von ihrem Sohn<br />

vollkommen abhängig und würde ohne Geld nicht gehen.<br />

Wir berieten uns und beschlossen dann, dass es für<br />

uns nicht weniger werden würde, wenn wir von nichts<br />

(von unserem Gehalt) etwas abschnitten. Und boten<br />

ihr dreißig Rubel an. Wir sahen darin keinerlei Symbolik,<br />

es war einfach das, was wir geben konnten.<br />

Als sie bei uns erschien, erstaunten uns ihre Magerkeit<br />

und ihre seltsamen Gewohn heiten. Ihr Kleid war<br />

glatt und lang und hing an ihr wie an einer Kleiderpuppe<br />

herunter. Zuerst dachten wir, dass unser Sohn<br />

nun seine Arina Radionowa haben würde, ganz wie<br />

Puschkin, dass sie ihm Volksmärchen erzählen, Sprichwörter<br />

beibringen und Lieder singen würde, dass wir<br />

die eigentümliche Sprache des Volkes mit weißrussischen<br />

Beimischungen zu hören bekämen. Märchen und<br />

Lieder kannte sie jedoch nicht, ihre Sprache war aber<br />

tatsächlich eigentümlich. Wenn sie unseren Sohn vom<br />

Topf hob, nahm sie ein Blatt Zeitungspapier und sagte,<br />

während sie uns ansah und auf unsere Zustimmung<br />

hoffte: „Jetzt wischen wir den Podex ab“. Und sie rieb<br />

fast die Zeitung in den Popo unseres Sohnes hinein,


Njanja<br />

67<br />

bis dieser vor Schmerz jammerte. Aber was sollte man<br />

auch erwarten: Ihr Leben war so schwer und schrecklich<br />

gewesen, dass ihr der Sinn nicht nach Märchen<br />

stand. Ihr Mann war gleich zu Beginn des Krieges zu<br />

Grunde gegangen, die Nieren hatten den Wodka nicht<br />

vertragen, den die Männer im Dorf tranken. Sie blieb<br />

als Witwe mit vier Kindern zurück — zwei Töchtern<br />

und zwei Söhnen, aber von den Söhnen überlebte nur<br />

der jüngere, Genja. Manchmal strich sie sich mit der<br />

Hand über die flache Brust und den flachen Bauch und<br />

sagte zu sich selbst, indem sie die schmalen Lippen<br />

ein wenig bewegte: „Schön war ich nicht, aber jung<br />

war ich“. Damit spielte sie offenbar auf irgendwelche<br />

Liebsabenteuer an. Allerdings konnte man sich nur<br />

sehr schwer vorstellen, dass irgendein Mann, wenn<br />

er nicht gerade sturzbetrunken war, sich von diesem<br />

Kleiderbügel angezogen fühlen konnte. Nachdem sie<br />

sich an dieses schöne Erlebnis erinnert hatte, sang sie<br />

mit leiser Stimme irgendeine Melodie ohne Worte.<br />

Sie war groß, mager und flachbrüstig, ihr Kleid trug<br />

sie ohne Gürtel, es war lang und anliegend und erinnerte<br />

eher an ein langes Hemd. Als sie nicht mehr die<br />

Hungerdiät halten musste, auf die sie ihr Sohn und<br />

dessen Frau gesetzt hatten, wurde sie ein wenig dicker,<br />

aber ihr Gesicht rundete sich nicht, weder Schultern<br />

noch Arme wurden kräfti ger, nur ein spitzes Bäuchlein<br />

ragte aus ihrem mageren Körper hervor, so als ob es an<br />

den anderen Stellen ihres Körpers kein Fleisch gäbe,<br />

woran sich hätte Fett anlagern können. Sie aß viel und


68 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />

gierig, lud alles auf einen Löffel, führte ihn voll beladen<br />

zum Mund und stürzte es förmlich hinunter. Aber dann<br />

schob sie den Teller unvermittelt von sich weg, drehte<br />

die Tasse um und stellte sie auf die Untertasse, spuckte<br />

aus und sagte: „Reicht!“ oder „Satt!“ das bedeutete<br />

einen höheren Grad an Sättigung. Für das Spucken<br />

schämte sie sich keineswegs, im Gegenteil, sie schien<br />

sogar stolz darauf zu sein: seht her, hieß das wohl, die<br />

ist so satt, dass sie sogar ausspucken muss. Aber außer<br />

dem Essen und den damit verbundenen einfachsten<br />

Gerätschaften — tiefer Teller, Löffel, Tasse und Untertasse<br />

— wünschte sie keine anderen Errungenschaften<br />

der Zivilisation zu benutzen. Einmal sah ich, wie sie<br />

auf der Datsche, die meine Schwiegereltern gebaut<br />

hatten, und wohin wir den Sohn im Sommer brachten,<br />

auf der Wiese saß, ihre hageren Beine ausstreckte, sich<br />

über die Füße beugte und mit einem Küchenmesser<br />

ihre Fußnägel abschnitt, dass die Stücke in alle Richtungen<br />

flogen. Meine Schwiegermutter, die die Szene<br />

beobachte, sagte zu ihrer Tochter, meiner Frau: „Davon<br />

dreht sich mir der Magen um“. Dann rief sie Domna<br />

aus dem Fenster zu: „Domna Antonowna, nehmen Sie<br />

eine Schere“. Aber die schüttelte nur ablehnend den<br />

Kopf: „Ach geh, ich bin sowieso fertig!“ Meine Frau lief<br />

auf die Terrasse und rief streng: „Wenn ich noch einmal<br />

sehe, dass Sie sich mit einem Küchenmesser die Nägel<br />

schneiden, sind Sie entlassen. Sie bringen das am Ende<br />

noch Tim bei! In meinem Haus geht es hygienisch zu!“<br />

Domna kam herauf, fuchtelte vor ihr mit der Hand


Njanja<br />

69<br />

herum, als wolle sie ihr einen Schlag versetzen, und<br />

jammerte: „Ich werde Ihrem Tim das nicht beibringen,<br />

er hat es gut mit Oma Donja, er bedauert sie“. „Oma<br />

Donja“ nannte sie sich selbst. Und es war auch längst<br />

klar, dass wir ohne sie gar nicht mehr auskamen. Wir<br />

hatten nunmehr nicht nur Zeit für Bibliothek und Arbeit,<br />

sondern auch freie Abende, sogar freie Nächte, die<br />

wir mit Freunden bei Wein, Anekdoten, Gesprächen,<br />

Reimspielen und so weiter verbringen konnten.<br />

Aber mit Hygiene und Waschen stand es nach<br />

wie vor nicht zum Besten. Waschen mochte sie überhaupt<br />

nicht. Ganz zu schweigen von der Wanne, und<br />

sogar die Dusche rief bei ihr regelrechten Widerwillen<br />

hervor. Ihrer Meinung nach genügte es, sich einmal,<br />

höchstens zweimal im Monat zu waschen. Einmal, als<br />

ich aus der Dusche kam, gerötet vom heißen Wasser,<br />

sauber, mit einem Gefühl der Reinheit im Körper und<br />

in der Kleidung und einfach so vor mich hin sagte, dass<br />

es schön wäre, das jeden Tag zu tun, weil man sich wie<br />

wiedergeboren fühle, sah mich Domna ganz erschrocken<br />

an, wie einen halb Verrückten, und stöhnte: „Jeden<br />

Tag waschen! Da kommt man doch um!“<br />

Ich möchte nicht von angeborener Abneigung des<br />

russsichen Volkes gegen Sauberkeit sprechen, das wäre<br />

nicht wahr. Aber ich komme mütterlicherseits selbst<br />

vom Dorf, und erinnere mich bestens an das seltene<br />

Waschen, einmal die Woche ein Bad mit rauchendem<br />

Badeofen, aus dem man rußgeschwärzt kam. Nicht zufällig<br />

ging Ende der siebziger Jahre eine Anekdote über


70 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />

eine bekannte russische Volksmusiksängerin um, die<br />

nach Paris zu einem Gastspiel gekommen war. Auf die<br />

Frage des Zimmermädchens, wann die russische Dame<br />

denn baden wolle, sagte sie, immer samstags. Aber viele<br />

Leute verstanden die Anekdote gar nicht. „Ja und,<br />

wäscht sich denn jemand freitags?“ Aber im Leben<br />

mancher kommt das Thema Waschen gar nicht vor.<br />

Das Leben Domna Antonownas, unserer Arina Radionowna,<br />

war so, dass das Unnormale zur Norm wurde.<br />

Angesichts ihres Lebens war an tägliches Waschen<br />

auch gar nicht zu denken. Ihr Leben war furchtbar.<br />

Während des Krieges in Weißrussland lebte sie in einer<br />

Erdhütte. Die Deutschen hatten nach Partisanen gesucht,<br />

das Dorf niedergebrannt, ihren fünfzehn jährigen<br />

Sohn erschossen, nachdem sie aus irgendeinem Grund<br />

beschlossen hatten, dass er Verbindungsmann der Partisanen<br />

war. Blieben noch drei. Sie grub selbst die Erdhütte<br />

aus, die ältere Tochter Natascha half ein wenig.<br />

Sie schluckte die Tränen hinunter, grub, richtete die<br />

Hütte ein, baute aus Lehm Regale und Bänke, stellte<br />

irgendwelche Tassen und Schalen hinein, bedeckte die<br />

Bänke mit Lappen und fluchte in ihrem Dialekt. Genja<br />

und die um ein Jahr jüngere Mascha lagen im Schmutz<br />

und weinten. Genja konnte schon laufen, aber Mascha<br />

war noch ein fünf Monate altes Baby. Dann wurden<br />

sie krank, am schlimmsten quälte sie die Ruhr. Sie ernährten<br />

sich von Kartoffelschalen, fauligem Kraut und<br />

Rinde. Wasser holten sie aus dem Sumpf. Waschen<br />

konnten sie nirgends, aber sie hatten auch nichts zu


Njanja<br />

71<br />

waschen. Alles, was sie hatten, trugen sie am Leib. Und<br />

auf die Toilette gingen sie ins nächste Gebüsch. Bei<br />

Kälte und Regen. Als Genja schwer krank wurde, zog<br />

sie ihn zwanzig Kilometer auf dem Schlitten durch hohen<br />

Schnee bis zum deutschen Hospital. Dort bekam<br />

er Medizin, sie wuschen und fütterten ihn, drei Tage<br />

behielten sie ihn dort. Kurz: sie machten ihn gesund.<br />

Die jüngere, schon Einjährige, hatte sie mit der damals<br />

Neunjährigen zurückgelassen. Ich kam zur Hütte zurück,<br />

erzählte Domna und kicherte dabei, schleppte<br />

den Schlitten hinter mir her, bei mir fing der Typhus<br />

gerade an, und in der Erdhütte wiegte die Ältere die<br />

Kleine in den Schlaf: „Schlaf, du Hure, schlaf! Wenn<br />

Mama kommt, verdrischt sie dir den A...!“ Wir wunderten<br />

uns über ihr Gekicher, bis wir begriffen, dass<br />

sie dieses vulgäre Schimpfen als etwas Humorvolles<br />

auffasste. Auch über ihr hartes Schicksal berichtete<br />

sie undramatisch, mit epischer Ruhe, sogar davon, wie<br />

ein deutscher Offizier sie aus der Hütte getrieben, mit<br />

der Pistole auf sie gezielt und dabei „Piff paff!“ gerufen<br />

hatte. Mit ein paar Gesten hatte er angedeutet, wie<br />

er ihre Leichen in die Erdhütte werfen und mit Erde<br />

zuschaufeln würde. Und dabei selbstzufrieden gelacht.<br />

Sie erzählte davon, als müsse das Leben eben so sein.<br />

Ich kannte etwas derartiges überhaupt nicht, hatte<br />

nie etwas ähnliches erlebt, hatte immer in der Wohnung<br />

Bad und Dusche gehabt, das ganze Leben mit<br />

Ausnahme der Kindheit in einer Stadtwohnung zugebracht.<br />

Aus irgendeinem Grunde schämte ich mich,


72 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />

wenn Domna erzählte, als wäre ich an ihrem Leben<br />

schuld. Und vielleicht war ich es nach einer höheren,<br />

kosmisch-mystischen Auslegung auch, denn es heißt<br />

ja: Wer hat, dem wird gegeben, und wer nicht hat, dem<br />

wird genommen.<br />

Domnas ältere Tochter heiratete zu Beginn der<br />

fünfziger Jahre und blieb im Dorf, die jüngere Mascha<br />

aber kam schon in den frühen sechziger Jahren nach<br />

Moskau, noch eher als ihr Bruder, arbeitete als Kellnerin<br />

in einem Restaurant und sicherte sich damit ihren<br />

Lebensunterhalt. Da verstand ich zum ersten Mal,<br />

dass eine Arbeit mit Kost und Logis und mit vielleicht<br />

etwas Trinkgeld beim „einfachen Volk“ als Lebenserfolg<br />

gilt. Sie war es auch, die ihrem Bruder Genja eine<br />

Polizistenlaufbahn in Moskau empfahl. Ihre Mutter<br />

besuchte sie selten, aber ich erinnere mich noch an<br />

ihr gutes Gesicht, die schwarzen lockigen Haare, ihre<br />

fröhlichen Augen und ihre Fähigkeit, mit unserem<br />

Sohn zu spielen. Als sie einmal besonders laut mit Tim<br />

herumtobte, sagte Domna plötzlich sehr ernst zu ihr,<br />

so als wolle sie ihr einen Rat geben, und deutete dabei<br />

auf mich: „Geh du mit Gleb ins Bett, dann kriegst du<br />

auch so einen“. Die Tochter blitzte mit den Augen und<br />

lachte. Nur ich wurde verlegen.<br />

Dafür kam ihr Sohn zweimal im Monat zu uns,<br />

stand erst lange im Flur, dann stellte er seine Stiefel<br />

auf einen kleinen Abtreter im Vorsaal und ging in das<br />

Zimmer, wo seine Mutter mit unserem Sohn wohnte.<br />

Dort schwieg er lange, dann fragte er: „Also, wie


Njanja<br />

73<br />

geht’s?“ Und seine Mutter antwortete eilig: „Alles gut,<br />

Genja. Sie sind ehrlich. Und der Kleine folgt.“ Das erste<br />

Mal blieb er lange, sorgte sich, ob es seine Mutter<br />

gut habe. Das zweite Mal kam er, um den Lohn seiner<br />

Mutter in Empfang zu nehmen. Er erklärte, dass er ihr<br />

Geld auf ihr Sparbuch einzahlen werde. Er gab sich<br />

würdevoll, war immer glatt rasiert, ganz offensichtlich<br />

frisch gewaschen, ging ordentlich angezogen und trug<br />

immer ein frisches Hemd. Meinem Sohn schenkte er<br />

eine Kokarde, und immer wenn wir von Arbeit kamen,<br />

gab Domna ihm das Abzeichen zum Spielen. Und uns<br />

erklärte sie: „Das hat Genja dem Jungen geschenkt. Er<br />

bewundert die Kokarde. Wen er groß ist, wird er bestimmt<br />

Polizist. Was will man mehr, damit verdient<br />

man sein Brot...“. Sie wollte uns zeigen, wie gut und<br />

besorgt Genja ist, denn sie spürte unsere Abneigung<br />

ihm gegenüber. Meine Frau vermutete, dass er seine<br />

Mutter betrog und das Geld auf sein eigenes Sparbuch<br />

legte. Die ältere Tochter berichtete Domna genau davon<br />

(sie zeigte uns immer ihre Briefe), ärgerte sich,<br />

dass die Mutter nicht ihr, im armen Dorf, das Geld<br />

schickte, sondern es dem Bruder im „reichen Moskau“<br />

gab. Genja hatte seiner Schwester tatsächlich einiges<br />

voraus. Er besaß das Vertrauen seiner Mutter, und fuhr<br />

einmal im halben Jahr ins Dorf und ging zur LPG, wo<br />

man ihm die Rente seiner Mutter auzahlte, die er natürlich<br />

auch in die eigene Tasche steckte.<br />

Aber er bemitleidete seine Mutter auch auf seine<br />

Weise. Einmal sah ich sogar, wie er ihre Schulter strei-


74 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />

chelte, während er zur Seite blickte. Eine zärtlichere<br />

Geste als diese Berührung war für einen wie ihn undenkbar,<br />

dachte ich damals. Als ich Domna nach seinem<br />

Weggang sagte, dass er doch seine Mutter betrüge,<br />

antwortete die Njanja, dass ihm sein eigenes Geld,<br />

sein Polizistengehalt, von seiner Frau, das heißt seiner<br />

Lebensgefährtin, abgenommen würde und sie und es<br />

selbst mit ihrem Liebhaber vertrinke: „Wenn Genja im<br />

Dienst ist, kommen sofort ihre Männer, ihre ganze Familie<br />

ist so. Ihre Mutter trinkt, der Vater hat getrunken<br />

und die Schwester von Genjas Frau haben sie entmündigt,<br />

so dass sie ihr Kind abgeben musste und jetzt<br />

bei ihnen lebt, und jeden Tag schleppt sie einen neuen<br />

Mann an, der auch ernährt werden muss. Dabei ist<br />

ihr Kühlschrank immer leer, soviel Essen Genja auch<br />

heranschafft ... Und das ganze Geld geht für Wodka<br />

drauf. Mein Genja hat bei mir nie getrunken und er<br />

trinkt auch jetzt nicht. Er wartet darauf, dass sie ihm<br />

eine Aufenthaltsgenehmigung für Moskau geben, deshalb<br />

erduldet er das auch, sagte Domna Antonowna,<br />

und sobald er die Genehmigung hat, wird er vom Gericht<br />

die Wohnung aufteilen lassen und sich von ihr<br />

trennen. Sie haben Angst, dass er die Legalisierung bekommt.<br />

Aber bei der Polizei haben sie ihm schon ein<br />

Zimmer versprochen, sobald er die Genehmigung hat.<br />

Dann kann er sie auch verklagen und sich die ganze<br />

Wohnung nehmen. Sie arbeiten nicht, sondern trinken<br />

den ganzen Tag, saufen ihren Wodka, kotzen, schlafen<br />

sogar im Erbrochenen, herrje! Und danach duschen


Njanja<br />

75<br />

sie nicht mal, waschen sich nicht, lassen ihren Müll<br />

liegen. Genja räumt dort alles auf und macht sauber.“<br />

Das war das einzige Mal, dass sich Domna positiv über<br />

das Duschen äußerte. Die Nachbarinnen meiner Großmutter<br />

erzählten, Genjas Frau habe ihr verboten, sich<br />

im Bad zu waschen und gebe ihr auch nichts zu Essen.<br />

Den früheren Mangel an Essen glich sie bei uns aus,<br />

aber ihre Gleichgültigkeit gegenüber dem Bad behielt<br />

sie, obwohl sie sich mehrmals am Tag die Hände<br />

wusch. Aber ein Bad nahm sie nicht öfter als einmal im<br />

Monat. Dafür legte sie sich einfach hin und schwitzte,<br />

offenbar, damit sich die Schmutzschichten von ihr lösten.<br />

Nun, das kam nicht oft vor. Aber es war auch ein<br />

Anblick, wie sie am Mittagstisch plötzlich den Löffel<br />

hinlegte, mit der Hand unter ihr sackartiges Kleid fuhr<br />

und mit genüsslichem Gesichtsausdruck ihren Rücken<br />

kratzte! Meine Frau schwieg mittlerweile dazu und<br />

schaute weg. Sie wollte keinen Streit, zumal Domna<br />

uns unsere Freiheiten gab.<br />

Sie schlief im Zimmer unseres Sohnes, in dem außer<br />

dem Kinderbett noch eine breite Liege stand. Für die<br />

Nacht bedeckte sie die Liege mit ihrem eigenen braunen<br />

Laken und einer riesigen Bettdecke mit einem bunten<br />

Bezug, der nach ländlicher Art aus lauter Stoffstücken<br />

bestand. Das Bett wurde anfangs tagelang nicht<br />

gemacht, aber nachdem meine Frau etwas gesagt hatte,<br />

begann Domna das Bett tagsüber mit unserem schottischen<br />

Plaid zu bedecken. Wenn wir später am Abend zu<br />

Besuch gingen, holte sie Tim zu sich ins Bett, damit sie


76 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />

nachts nicht aufstehen und nach ihm sehen musste. Natürlich<br />

passte Lilka auf, dass sie Tims Laken und Bettzeug<br />

mitnahm. Er legte sich hin, schaute traurig seinen<br />

Eltern nach, und Domna winkte uns nach: „Geht nur,<br />

ich und Tim werden schlafen“. Und sie schlug ihre<br />

bunte Decke über die Decke von Tim. Und wir eilten<br />

zu Besuch und verbrachten die Zeit, als hätten wir zu<br />

Hause keine Sorgen, als wären wir jung und kinderlos.<br />

Am Tage zog sie Tim an und ging mit ihm spazieren.<br />

Sie liebte es, Bekanntschaften mit Passanten zu schließen.<br />

Sie führte Tim zu irgend einem von ihnen und sagte:<br />

„Sag dem Onkel ’nTag“. Sie war sehr groß, deshalb<br />

ging sie etwas gebeugt. Alle Haus- und Kinderfrauen<br />

im Umkreis kannten Domna und erzählten uns, wie<br />

sehr Tim Oma Donja liebe. Es gab da eine Geschichte,<br />

bei der wir nicht recht wussten, wie wir sie auffassen<br />

sollten. Die Kinder- und Hausfrauen brachten ihre<br />

Zöglinge oft in den Dubki-Park. Dort saßen sie auf<br />

Bänken und schatzten, und die Kinder spielten unter<br />

ihrer Aufsicht im Sandkasten und auf dem Spielplatz<br />

mit den Schaukeln. Damit die Kinder nicht wegliefen,<br />

drohten die Njanjas damit, dass im Wald ein Wolf<br />

hause, ja vielleicht auch noch eine Wölfin und dass sie<br />

sich deshalb nicht von ihnen entfernen dürften. Der<br />

Spielplatz war wie ein geschützter Pferch. Genau dort<br />

inszenierte Domna Antonowna eine Vorführung für<br />

ihre Gefährtinnen. Sie verschwand plötzlich hinter den<br />

Bäumen. Aber Tim war vom Spielen so abgelenkt, dass<br />

er ihren Versuch sie zu erschrecken gar nicht bemerkte.


Njanja<br />

77<br />

Eine von den Njanjas kam Domna zu Hilfe: „Tim, wo ist<br />

denn Oma Donja? Hast du sie irgendwo gesehen?“ Tim<br />

sagte sich, dass er irgend etwas angestellt haben musste<br />

ohne es bemerkt zu haben, und nun kam die Strafe:<br />

Oma Donja hatte ihn verlassen. Und irgendwo da hinten<br />

wartete bestimmt schon der Wolf auf ihn. Er öffnete<br />

den Mund und weinte laut los, genauer gesagt, er<br />

schluchzte auf und in seiner Stimme war ein seltsames<br />

Heulen. Und da geschah es. Durch den Dubki-Park lief<br />

Lilka von der Arbeit nach Hause. Sie ließ die Einkaufstaschen<br />

fallen und lief zu ihrem heulenden Sohn. Aber<br />

Domna reagierte schnell. Meine Frau hatte Tim noch<br />

nicht erreicht, als Domna schon aus dem Wald gelaufen<br />

war und sich neben Tim gesetzt hatte; seinen Kopf<br />

presste sie an ihre Brust, so dass er keinen Mucks mehr<br />

von sich geben konnte. Und sie redete auf ihn ein: „Was<br />

ist denn, mein Kleiner, Oma Donja ist doch da! Hab<br />

keine Angst, sie gibt dich nicht weg. Ach du, wie lieb<br />

du Oma Donja hast! Und wie leid du ihr tust!“ Sie war<br />

wie der Bauer Marej * in Frauenkleidern. Tim beruhigte<br />

sich und — er hatte seine Mutter noch nicht gesehen —<br />

schlang seine Arme um den Hals von Oma Donja. Aber<br />

das Gesicht der Njanja, erzählte Lilka später, glich dabei<br />

dem eines Wolfes mit gefletschten Zähnen.<br />

Domna belog meine Frau, als sie sagte, sie habe ein<br />

wenig mit dem Jungen Versteck spielen wollen. Lilka<br />

* Gestalt in der gleichnamigen Erzählung von Dostojewski; Marej<br />

tröstet einen Jungen, der im Wald von Wölfen erschreckt<br />

worden ist (Anm. d. Übers.).


78 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />

wusste keine Antwort und sagte nur streng: „In Zukunft<br />

bitte keine Spiele dieser Art!“ Domna wandte<br />

sich Tim zu, so als ob sie gemeinsam einen Streich gespielt<br />

hätten: „Hörst du, was die Mama sagt, Timmi?<br />

Wir werden nicht mehr solche Spiele spielen“. Und<br />

tatsächlich, Domna wurde verschlossener, obwohl sie<br />

mit ihren Freundinnen genau so wie früher schwatzte,<br />

aber sie ging nicht mehr in den Dubki-Park. Sie spazierte<br />

jetzt eher im Hof mit ihm, zumal es dort auch<br />

viel Grün gab. <strong>Zwei</strong> Wiesen mit Fliederbüschen am<br />

Rand, zwei Reihen Linden zwischen den beiden Professorenhäusern,<br />

eine kleine Allee dazwischen, Bänke,<br />

wo Domna entweder saß, oder in ihrer gebeugten Haltung<br />

Tim hinterherlief, wenn er auf seinem Dreirad<br />

fuhr. Autos zeigten sich auf dem Hof fast nie.<br />

Genja besuchte seine Mutter nach wie vor zwei Mal<br />

im Monat. Aber er begann, mehr mit ihr zu reden. Und<br />

Domna sagte einmal sehr stolz, dass Genja eine richtige<br />

Frau gefunden habe und seine Alkoholikerin bald<br />

verlassen würde. Vielleicht würde er auch die Tochter<br />

mitnehmen. Er überlege, sie ins Internat zu geben.<br />

Dann werde sie wohl die Enkelin beaufsichtigen. Sowohl<br />

meine Frau, als auch ich waren davon nicht begeistert,<br />

wir hatten uns an unser freies Leben gewöhnt.<br />

Aber wie gewöhnlich hofften wir, dass es für Genja<br />

unvorteilhaft wäre, seine Frau Mutter von dort wegzuholen,<br />

wo sie Geld bekam, das in seine Tasche floss.<br />

Und dennoch änderte sich das Leben ganz plötzlich.<br />

Genja hatte niemanden gefunden, aber das Gerücht


Njanja<br />

79<br />

war seiner Frau zu Ohren gekommen, und die erschrak<br />

plötzlich bei der Vorstellung, mit dem Kind allein zu<br />

bleiben. Dann geschah das Unvorstellbare. Sie hörte<br />

auf zu trinken, schickte ihre Schwester in deren eigene<br />

Wohnung, wohin sie auch ihre Mutter brachte. Und sie<br />

suchte sich eine Arbeit. Und nun brauchten sie Domna<br />

in der Tat, und zwar um auf ihre Tochter aufzupassen.<br />

Wir baten sie, uns noch ein paar Monate Zeit zu lassen,<br />

da die Verteidigung meiner Dotorarbeit kurz bevorstand.<br />

Aber das ging nicht: „Genja hat es angeordnet“.<br />

Wir befürchteten, dass Tim ihren Weggang schwer<br />

verkraften würde, denn es schien, als sei er in den zwei<br />

Jahren mit seiner Njanja zusammengewachsen. „Sagt<br />

ihm, dass Oma Donja zu ihrer Enkelin gefahren ist und<br />

bald wiederkommt“ — wies uns Domna an. Sie packte<br />

rasch ihre Sachen zusammen und bereits eine Stunde<br />

später kam Genja um sie abzuholen und sagte, sein<br />

Dienstwagen warte schon unten. Tim, als ahne er etwas<br />

Böses, wurde still in seiner Ecke, wo er seine Tiere<br />

ausgebreitet hatte und Zoodirektor spielte. Erst als die<br />

Tür ins Schloss gefallen war, hob er den Kopf. Wir liefen<br />

ängstlich zu ihm. „Ist sie weg?“, fragte er gespannt<br />

und nannte die Njanja aus irgendeinem Grund nicht<br />

„Oma Donja“, sondern distanziert „sie“. Wir begannen<br />

ihn um die Wette zu trösten, dass Oma Donja nur zu<br />

Besuch gefahren sei, dass sie in einer Woche wiederkomme.<br />

Er schaute uns ungläubig an, als ahne er die<br />

Lüge. Dann fragte er: „Ist das wahr?“ Ich sagte: „Was<br />

glaubst du denn, natürlich ist das wahr“. Aber er schüt-


80 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />

telte den Kopf und sagte auf einmal bestimmt: „Nein,<br />

das ist nicht wahr.“ Wir schwiegen bestürzt.<br />

Und plötzlich sprang Tim auf, und begann durchs<br />

Zimmer zu tanzen, wobei er das Spielzeug mit den Füßen<br />

beiseite stieß und laut rief: „Sie ist weg, sie ist für immer<br />

weg! Sie kommt nie mehr hierher zurück! Hurra! Und<br />

wird mich nie mehr erschrecken! Hurra!“ Es stellte sich<br />

heraus, dass der Vorfall im Park nicht das einzige Mal<br />

gewesen war, aber sie hatte ihm befohlen, niemandem<br />

auch nur ein Sterbenswörtchen davon zu sagen und damit<br />

gedroht, dass dann Oma Donja weggehen müsse und<br />

seine Eltern keine Zeit für ihn hätten. Und wir, die wir<br />

mit unserer eingebildeten geistigen Rückkehr in die russische<br />

Hofkultur der Vergangenheit beschäftigt gewesen<br />

waren, hatten die bittenden Augen unseres Sohnes nicht<br />

bemerkt, seinen Unwillen, uns längere Zeit zu verlassen<br />

und aus dem Haus zu gehen. Ich schämte mich, rief aber<br />

dennoch meine Großmutter an, um ihr von ihrem Schützling<br />

zu berichten. Großmutter erzählte es den Nachbarinnen.<br />

Alle beschlossen, Domna dafür zu verurteilen. Aber<br />

Domna dachte nicht daran, sich zu schämen und meinte,<br />

dass Tims Eltern ohne sie verloren gewesen wären, mit<br />

ihrem Sohn sitzen konnten sie nicht und für ihn sorgen<br />

auch nicht. Und dass alle sie bräuchten. Nun nütze sie<br />

eben ihrem Sohn. Damit gaben sich alle zufrieden.<br />

2008<br />

Übersetzung aus dem Russischen von Claudia Woldt


Часть 2


Владимир Кантор<br />

Смерть пенсионера<br />

Рассказ<br />

Есть ли существо гнуснее человека? Где-то читал<br />

Галахов, что в одном африканском племени<br />

стариков заставляли влезать на высокое<br />

дерево. Затем подходили здоровые мужики<br />

и трясли дерево. Кто падал и разбивался, тех<br />

съедали, а удержавшимся позволяли еще пожить.<br />

Павел попытался повернуться на бок, подложив<br />

руку под подушку, а щеку на подушку, как он любил<br />

(самая удобная поза еще с детства), но боль в<br />

спине и ногах лишала его всякой силы. Вчера он<br />

был в больнице у отца, куда того положил младший<br />

брат Павла Цезариус. Сам Цезариус в Лондоне, а<br />

ухитрился в одну из лучших больниц отца положить.<br />

Деньги всюду сила. Отцу исполнилось в этом<br />

году восемьдесят девять, Павлу — шестьдесят семь.<br />

Уже не мальчик, пенсионер, а бегает, как мальчик.<br />

Здорово он вчера навернулся, когда еле выскочил<br />

из-под колес подлой машины подлого нового русского,<br />

очевидно, бандита. Машина, шедшая вдали,<br />

вдруг прибавила скорость, обогнала шедшую впереди,<br />

которая притормозила, пропуская Галахова, и


84 Владимир Кантор<br />

промчалась, почти вплотную к тротуару, словно пыталась<br />

сшибить его. Павел успел взойти на тротуар,<br />

но зацепился ногой о столбик загородки, как-то неловко<br />

крутанулся и упал спиной на металлическую<br />

трубу загородки. С трудом встал. Что хотел этот<br />

шофер? Неужели и вправду убить? За что?<br />

Павел вспомнил странного дружка из первого<br />

класса: звали его Васёк, жил в доме без номера, куда<br />

даже милиция боялась заходить (там никто не имел<br />

никакой прописки, что для начала пятидесятых<br />

было весьма необычно). Он очень стеснялся образованного<br />

соседа по парте. Стриженый, как и все,<br />

наголо, Васёк стеснялся еще и лишая на затылке,<br />

выевшего часть волосяного покрова на голове. Он<br />

очень хотел показать Паше свою значительность,<br />

такая защитная реакция бедного зверька. И Васёк<br />

выдумал себе принципы. Он переходил шоссе, нарочно<br />

замедляя шаг перед быстро мчавшимися<br />

легковушками. «Чтобы не нагличали», — объяснял<br />

он. При этом шоссе — боковое, в середине ХХ века<br />

почти пустынное, да и скорости тогда были не сравнимые<br />

с нынешними. Своими принципами Васёк<br />

хотел заслужить уважение Галахова. Потом остался<br />

на второй год, а потом Паша услышал, что его бывшего<br />

соседа по парте насмерть сбила машина. Теперь<br />

он думал о нем, как о правдолюбце, который<br />

на свой лад боролся с сильными мира сего, потому<br />

что на скоростях всегда неслись машины властных<br />

нелюдей.


Смерть пенсионера<br />

85<br />

От боли Павел не мог заставить себя подняться<br />

и вылезти из постели. А потому хотел заспать свою<br />

маленькую нужду. Обычно — каждую ночь последний<br />

год — промаявшись до пяти утра (ворочаясь,<br />

вставая, выходя в туалет, потом на кухне выпивая<br />

ненужную чашку чая, которая снова гнала его в туалет),<br />

он засыпал, наконец, и спал часов до десяти. Он<br />

не умел спать один, и дело было не только в телесной<br />

близости с женщиной, которая еще требовалась,<br />

хотя не столь живо, как раньше. Нет, просто в тепле<br />

женского тела, а под женщиной последние годы<br />

Павел понимал только Дашу, и, не находя ее рядом,<br />

чувствовал среди ночи, что ему не хватает половины<br />

самого себя. Оставшаяся одна сама по себе половинка<br />

ныла и жаловалась, что ей некомфортно. Он пил<br />

на кухне ненужный ночной чай и смотрел телевизор.<br />

По ночам под утро, как правило, крутили вестерны:<br />

ковбои в шляпах с заломленными полями выхватывали<br />

кольты и расправлялись с негодяями. Почемуто<br />

раньше ему и в голову не приходило, что в этих<br />

длинных скачках по степям и горным перевалам<br />

герои никогда не испытывают простых человеческих<br />

потребностей — пописать, покакать. Разве что<br />

пожрать да выпить! А если у тебя к старости запор,<br />

да еще аденома предстательной железы, когда по<br />

двадцать минут стоишь в туалете, мучительно глядя,<br />

как мелкие редкие капли превращаются, наконец, в<br />

вялую струйку. Смог бы ты скакать при этом на лошади<br />

и стрелять из кольта без промаха? Как всегда,


86 Владимир Кантор<br />

он заснул перед экраном, очнулся, вспомнил слова<br />

Даши, которая в таких случаях обнимала его за плечи<br />

и, ведя к постели, приговаривала: «Спать надо<br />

лежа». Он шел и ложился в постель, но все равно засыпал<br />

лишь, когда начинало светать.<br />

Около девяти он услышал звонок домофона, но<br />

сквозь дурноту сна только испытал к звонившему<br />

раздражение и полное отсутствие в теле какой-либо<br />

возможности встать, подойти к входной двери и нажать<br />

кнопку, впускающую в подъезд. Он вспомнил,<br />

что сегодня приносят пенсию. Приносит почтальонша<br />

с твердым квадратным ртом и бородавками<br />

по всегда открытой шее. Потому он и не поднялся<br />

на звонок в дверь, знал, что соседка с нижнего этажа<br />

возьмет пенсию. Почтальонша все же как-то вошла<br />

в подъезд, поднялась на его этаж, позвонила в<br />

дверь. Но Галахов затаился. И та отправилась к соседке,<br />

бормоча: «- Ушел, что ль куда в такую рань».<br />

Эту почтальоншу не хотел он видеть с прошлого<br />

месяца. Он тогда ей тоже не открыл. Неохота было<br />

на эту пенсию смотреть. Из четырех с половиной<br />

тысяч у него две уходило на квартиру, тысячу он<br />

по-прежнему отдавал восьмидесятидевятилетнему<br />

отцу, а на остальные полторы тысячи живи, как хочешь.<br />

На американские деньги это получалось около<br />

пятидесяти долларов. Если при этом учесть, что<br />

Москва считалась одним из самых дорогих городов<br />

в мире, то лучше было ничего не жрать. Павел не<br />

грустил. И без того казалось, что чужие дни дожи-


Смерть пенсионера<br />

87<br />

вает, дни друзей, которые умерли раньше. Но прошлый<br />

месяц, не дозвонившись до него, почтальонша<br />

пошла на хитрость.<br />

Соседка с нижнего этажа, молодая, уже в теле,<br />

пришла с ней вместе, чтобы подтвердить, что это и<br />

в самом деле почтальон: «Вы чего не открываете?»<br />

«Даша приедет, сама со мной на почту сходит», —<br />

хитрил он. Даша на почту никогда с ним не ходила.<br />

Он и сам мог бы сходить, просто никого последнее<br />

время не хотел видеть. «Вы будете открывать?» По<br />

слабости характера сдался, открыл дверь. И получил!<br />

«Даша! Даша! Да нет ее уже в живых! Знаете<br />

сами, а придуриваетесь! Стыдно, дедушка!» А потом<br />

добавила с укором: «Что вы голову, как страус,<br />

прячете?! Просто берегла она вас». Даша бы не позволила<br />

так говорить с ним или о нем, если б была<br />

дома, а он мужик, мужчина позволил эти речи, как<br />

последний подлец. А ведь хотели умереть в один<br />

день. Он не мог даже вообразить, что с Дашей может<br />

случиться что-то плохое!..<br />

Нет, соседка врет! Галахов молча взял деньги<br />

у почтальонши, не пересчитывая, сунул в карман<br />

домашних мятых брюк, расписался в ведомости —<br />

большой амбарной книге. Глаза слезились, им, наверно,<br />

казалось, что он плачет, но слез не вытирал.<br />

Закрыл за ними дверь, все так же не разжимая губ.<br />

Врут нарочно, чтоб мне стало плохо. Даша не умерла,<br />

она уехала, оставила его. После Дашиного отъезда<br />

и стали слезиться глаза. Обидно, что она не с


88 Владимир Кантор<br />

ним, но она хотела как лучше. Сама живет сносно,<br />

и ему помогает. Он ведь нашел пакет, а в нем триста<br />

долларов и ее записка. Она писала: «Рада, что у<br />

тебя в руках сейчас деньги. Это моя тебе помощь,<br />

подарок!». Конечно, уехала. Даже домой не завернула<br />

из больницы. Или завернула? Он не помнил.<br />

Кажется, прямо отправилась в аэропорт, передав<br />

через знакомых, что она все же уезжает в Америку<br />

к тому, кто будет о ней всегда заботиться, чтобы<br />

Павел ее не провожал. Он был потрясен, обижен,<br />

замкнулся и не разжимал губ почти неделю. Никому<br />

не сообщил, но все же в тот день к дому подкатили<br />

знакомые, заходили к нему, пытаясь увлечь за<br />

собой. Он отказался.<br />

Надо подняться, вылезти из-под одеяла, встать<br />

ногами на пол. «Пока Даша в отъезде, надо не забывать<br />

цветы поливать», — говорил он себе, и это<br />

был один из внешних стимулов, заставлявших его<br />

что-то делать. Нельзя умирать в одиночестве. Самая<br />

страшная смерть. Днями думаешь, чем себя занять,<br />

чем время наполнить. Ну, суп из пакетика сварил,<br />

сардельку, которую есть не хочется. Лучше на больничной<br />

койке, даже в лагерном бараке, хотя нет, судя<br />

по рассказам там уж совсем полное одиночество.<br />

Может, Даша все же вернется... Уж очень много она<br />

здесь работала. А сама нездорова. Все время давление<br />

высокое, так с ним то на лекции, то на синхронные<br />

переводы ездила. По утрам жаловалась, что вся<br />

разбита, но вставала и ехала. Как она сейчас живет?


Смерть пенсионера<br />

89<br />

Он вспомнил, как Даша рассказала ему в самом<br />

начале их романа, что однокурсник сказал ей: «Мужика<br />

завела? Или влюбилась?» «Почему?» — удивилась<br />

она этой проницательности, вроде никак себя не<br />

выдавала. «Да с тобой можно смело в самые темные<br />

подворотни заходить. Не страшно». «Почему?» «Потому<br />

что светишься вся!» Это поразительное свойство<br />

влюбленных женщин он и сам наблюдал, оно<br />

лучше всяких слов рассказывало об их подлинных<br />

чувствах. Он стеснялся, что на тридцать лет старше<br />

ее, что она еще совсем юная, думал, что любит его за<br />

его знания и ум и мигом разочаруется, когда узнает<br />

о нажитых им с возрастом болячках. Как-то машинально,<br />

говоря по телефону с ней, с трудом урвав<br />

момент для этого разговора, пожаловался на здоровье<br />

и даже испугался, ведь что молодой женщине до<br />

его болячек! Но она спокойно сказала: «Мне можешь<br />

жаловаться!» Это было удивительно и трогательно.<br />

Потом понял, что отношение ее к нему было<br />

сложнее. Отец оставил их с матерью, когда Даша<br />

была еще маленькая. И так получилось, что Галахов<br />

стал ей и любовником, и отцом, а потом (хоть они<br />

так и не расписались) по сути дела мужем. Труднее<br />

всего ей было как-то называть его. Наедине, в<br />

письмах, конечно, милый, а на людях? Ей казалось,<br />

что будут усмехаться над ней, да и самой было неловко<br />

звать мужчину много старше ее, известного<br />

ученого, просто по имени. И она стала звать его по<br />

фамилии — Галахов, сама к этому привыкла, да и


90 Владимир Кантор<br />

все привыкли. Только отец почему-то ворчал: «Она<br />

тебя зовет по фамилии, как Наталья Николаевна<br />

звала Пушкина». В тот жуткий вечер, когда они<br />

возвращались от Лени Гаврилова и их чуть было не<br />

убила шпана, он предложил ей руку и сердце, а она<br />

в ответ очень по-детски, но твердо: «Галахов, мы с<br />

тобой хорошо жить будем». И жили хорошо, пока,<br />

пока, пока… Да, пока она его не оставила год назад.<br />

И уехала в США. Как нарочно, первая лекция, которую<br />

он читал ее курсу, была на тему Америки в<br />

русской литературе девятнадцатого века, и он рассказывал,<br />

что для русских писателей Америка казалась<br />

тем светом. И Даша пропала для него. Но теперь<br />

он утешал себя, что это все же Америка, а не<br />

тот свет. Что иногда она там вспоминает о нем.<br />

Она была немного выше его, иногда важно говорила:<br />

«Галахов, у тебя теперь высокая дама». Но тут<br />

же наклоняла голову и тревожно заглядывала ему<br />

в лицо, не обидела ли. И видя, что он не сердится,<br />

начинала светиться всем своим круглым лицом,<br />

всеми своими ямочками. Как она смешно ревновала,<br />

маленькая, что он такой бывалый. Ревновала к<br />

медсестрам, когда он лежал в больнице, к продавщицам,<br />

улыбавшимся Галахову, к тому, что молодая<br />

врач-невропатолог пригласила его в свой кабинет<br />

и продержала там почти час. «Да что же я не понимаю,<br />

что тебя все хотят!». При этом по первому<br />

его зову она бросала учебу, мчалась к нему, жадно и<br />

страстно принимала его любовь, хотя порой и бор-


Смерть пенсионера<br />

91<br />

мотала: «Я из-за тебя двоечницей стану». Пока они<br />

не жили вместе и он много ездил, стеснялся этого, а<br />

брать ее с собой на конференции было трудно, почти<br />

невозможно, и он бормотал, извиняясь: «Я взять<br />

тебя с собой не смогу». «Я понимаю, я почти и не<br />

существую, чувствую себя абсолютно виртуальной».<br />

«Такая большая и красивая». «Такая большая,<br />

а вся помещаюсь в телефонную трубку». А теперь и<br />

в самом деле она стала виртуальной.<br />

Отъезд вдаль всегда напоминает похороны, а похороны<br />

напоминают отъезд. Наверно, соседка видела,<br />

как Даша все же проехала мимо дома (да, все<br />

же проехала!), ожидая, что Павел выйдет, и сколько<br />

было цветов и провожающих, потому так и сказала.<br />

Среди провожавших он видел атлетическую фигуру<br />

Лени Гаврилова. Именно после визита на его<br />

день рожденья Галахов сделал Даше предложение.<br />

Был писатель Борис Кузьмин, чьи повести нравились<br />

Даше. Павел не запретил ей уезжать, он никогда<br />

никому ничего не запрещал. Но он не вышел<br />

и провожать ее, в аэропорт не поехал. Остальные<br />

поехали на машинах и в автобусе, было не только<br />

много цветов, но была даже музыка.<br />

С этого момента у Галахова пропала отчетливость<br />

разума, он мог много раз, как будто в первый,<br />

обсуждать сам с собой какую-то проблему, возникали<br />

постоянные провороты в мыслях, воспоминания<br />

из разных периодов жизни наплывали одно на другое,<br />

первой реакцией на всех людей, на все события


92 Владимир Кантор<br />

стала обидчивость и раздражительность. Мысли<br />

путались, повторялись. И сейчас, лежа в постели,<br />

он чувствовал, как его давит невнятица прожитой<br />

им жизни. А еще страх пенсионера, что дети не будут<br />

помогать. Нет, думал Павел, нет вечного возвращения,<br />

Ницше не прав, есть лишь постоянное<br />

возвращение человека в небытие. Это вечный путь,<br />

проходимый каждым.<br />

* * *<br />

Его дети — от двух браков — не только выросли, но<br />

и устроились на весьма оплачиваемые работы. Сын<br />

стал менеджером, а потом и директором какой-то<br />

пиар-компании. Иногда, грустя, Павел вспоминал,<br />

как носился по врачам, отмыливая сына от армии,<br />

возил презенты, договаривался с кем-то, чтоб помогли,<br />

не тронули. А в аспирантский период работал<br />

вечерами, чтоб ему на башмаки заработать (сам<br />

и в старых доходит), хотел беседовать с ним, чтоб<br />

было интересно, как ему самому было интересно<br />

с отцом, заранее придумывал темы разговоров. А<br />

как однажды несся он домой, бросив работу, узнав,<br />

что рухнул мост, где — может быть! — мог проехать<br />

трамвай, на котором иногда ездил сын! Глаза вытаращены,<br />

весь мокрый от ужаса. Теперь сын знать<br />

его не знает, разбогател. И унизительное чувство<br />

беспомощности, в которой он оказался, рождало<br />

обиду. Дочь, которую он устроил в аспирантуру в<br />

Швецию, вышла там замуж, родила и вытребова-


Смерть пенсионера<br />

93<br />

ла туда мать. Катя, его вторая жена, уехала, он не<br />

возражал. Жену больше волновали всякие бытоустройства<br />

и дочкина судьба, что было и разумно, и<br />

естественно. Она была женщиной умной и доброй,<br />

поэтому, когда Павел написал ей о Даше, она это<br />

приняла, просила только не говорить дочке, чтобы<br />

та не ревновала отца. Так с Дашей они и не расписались,<br />

квартиру в свое время он оформил на Катю<br />

и дочку. А Даша оставалась прописанной у матери<br />

в Черноголовке. Дочка иногда телефонировала,<br />

тогда бывала ласкова. Сын не только не заходил,<br />

но даже не звонил. Когда Павел пытался ему звонить,<br />

то слышал протяжное: «Пап, я сейчас занят, я<br />

тебе потом позвоню». И не звонил. Другой вариант<br />

бывал, когда он звонил ему в воскресенье, часов в<br />

двенадцать дня: «Пап, ну что ты так рано! Я очень<br />

поздно лег. Досплю, перезвоню тебе». И ни разу не<br />

перезвонил. Павел и сам перестал ему звонить. Его<br />

звонки были похожи на вымаливание милости, а<br />

он и впрямь порой с ужасом воображал такую возможность.<br />

«Есть ли существо гнуснее человека?» —<br />

снова подумал он.<br />

Пенсия была такая, что впору идти побираться.<br />

Но не у сына же просить милостыню. Николай Федоров<br />

писал, что воскресение отцов — русская идея.<br />

Достоевский усомнился и показал, как дети убивают<br />

отца, старика Карамазова, каждый по-своему. А<br />

теперь дети просто ждут, когда старики свалятся с<br />

дерева, чтобы брезгливо их зарыть. И дело здесь не


94 Владимир Кантор<br />

в стыде перед попрошайничеством, а в жизненной<br />

установке, точнее, привычке к определенному образу<br />

жизни. Еще до его пенсии, Даша еще была с<br />

ним, то есть несколько лет назад они в воскресный<br />

день съездили в Александров, бывалые люди говорили,<br />

что там 101 километр, всегда бандиты жили,<br />

бывшие шпана и воры, подъезды на ночь не запирают,<br />

можно пристроиться ночевать. Павел смеялся<br />

тогда: присмотрю, мол, подъезд на пенсионное будущее.<br />

Погуляв по городу, посетив музей Марины<br />

Цветаевой, доходившей и здесь от бедности, двинулись<br />

в чересчур знаменитую Александрову слободу,<br />

откуда пошла опричнина.<br />

Зашли в Троицкий собор. В помещении колокольни<br />

— синодик Ивана Грозного, перечисление<br />

им убиенных — но только бояр, смердов не считал,<br />

зато о смердах — в писцовых книгах, как опричники<br />

убили хозяина крестьянского двора, затем другого,<br />

жен снасильничали, дворы после грабежа сожгли,<br />

короче, разорение крестьянства.<br />

При выходе из Троицкого собора увидели девочку<br />

с чересчур осмысленным взрослым лицом,<br />

но маленького роста, темные волосы стрижены<br />

под ежик, очень синие глаза, взрослая шерстяная<br />

кофта, черные брючки и лакированные черные старые<br />

туфли (тоже с взрослой ноги). Павел с Дашей<br />

прошли было дальше. Подошла монастырская хожалка,<br />

странница, попрошайка и побирушка. Протянула<br />

привычно руку: «Подайте, сколько можете,


Смерть пенсионера<br />

95<br />

на хлебушек». Павел протянул копеек сорок. Рядом<br />

возникла девочка: «Они говорят «на хлебушек», а<br />

сами вечером водку покупают. Мы за одной проследили».<br />

«А как тебя зовут?». «Катя». «Сколько ж<br />

тебе лет?». «Двенадцать».<br />

Была она слишком мала для своего возраста.<br />

Павел протянул ей червонец, она деловито взяла<br />

и объяснила, что ей теперь и на свечки и на булку<br />

с маком хватит. Даша сказала: «Ты бы сняла кофту.<br />

Жарко». Та потянула сквозь вырез у шеи лямки<br />

нижнего белья: «Не, там у меня ночнушка».<br />

Потом перед службой села между ними на лавку.<br />

Свободно болтала обо всем, о себе, конечно: удивительный<br />

талант общения. Павел даже поразился<br />

этой свободе и открытости, живому языку.<br />

- Мамка в Курган уехала. За мной?.. Мамина<br />

подруга присматривает. Иногда мои подружки<br />

чего поесть принесут, хлеба, супу (понятно стало,<br />

что, «мамина подруга» не очень-то смотрит, так<br />

взглядывает, не померла ли девчонка). На прошлой<br />

неделе на тридцать два рубля мяса мне купили. Я<br />

кастрюлю наварила, вкусно было. Варить я умею,<br />

мама у меня повар и швея. Папку мама выгнала:<br />

уходи, говорит, а то я тебя задушу. Не, я не из Кургана.<br />

Я в Москве родилась. Но я папу Сашу не люблю,<br />

я больше родного папку люблю, дядю Витю.<br />

А Сашка мне ножом за дверью грозился. Я дверь<br />

открыла и его как ногой в живот!.. (Глазки засверкали<br />

от собственной выдумки). Он убежал. Я сюда


96 Владимир Кантор<br />

недавно хожу. Я крестилась. Отец Андрей крестил<br />

меня бесплатно. Неделю назад, — она показала дешевый<br />

латунный крестик на бумажной веревочке.<br />

— Не, не здесь. У нас за оврагом у моста церковь<br />

тоже есть. Не, я сама к нему пришла. Мамка еще не<br />

знает. Сюда хожу, им помогаю, сёстрам, матушкам,<br />

иногда подмету, посуду помою. Они тоже покормят,<br />

копеечку иногда дадут. А я себе сайку куплю. Здесь<br />

дешевые. Читать умею, но плохо. Во второй класс<br />

только в этом году пойду. Почему раньше не училась?..<br />

А мы бедные, портфель не на что было купить.<br />

Нас у мамки пять, ещё два брата и две сестры.<br />

Скоро ещё один маленький будет, у сестры Ленки.<br />

Её муж ногой в живот ударил, она его просила не<br />

пить. Они на диване спят. Братья на топчане, а я на<br />

раскладке. Мамка с папой Сашей раньше на диване<br />

спали, до Ленкиной свадьбы, а теперь на полу...<br />

Пол-России такие. А у него немного наоборот.<br />

Он детям не нужен.<br />

* * *<br />

А чего на пенсию вышел? Не знал разве, что тягостно<br />

будет? Хотя тогда он еще работал и относился к<br />

пенсии как дополнительному доходу.<br />

Всю прошлую неделю он ходил в пенсионный<br />

фонд, пытаясь добиться повышения пенсии на триста<br />

рублей, которые полагались ему по принципу<br />

введенной накопительной системы. Скользил по тротуарам,<br />

а, переходя шоссе перед замершими на свето-


Смерть пенсионера<br />

97<br />

форе машинами и вступая на оледенелый поребрик,<br />

каждый раз думал, что поскользнется, упадет на спину,<br />

и рванувшаяся машина его переедет. А к зданию<br />

пенсионного фонда переход и вовсе был без светофора.<br />

Кто перебежит, глядишь, и получит пенсию. А не<br />

сумеет, то нет ни человека, ни пенсионной проблемы.<br />

Первый раз он пришел туда семь лет назад в<br />

конце марта, дня за три до своего дня рождения, к<br />

девяти утра. Все документы собрал заранее, и был<br />

уверен, что дело это займет полчаса, ну, час. Двери<br />

уже были открыты, но когда он поднялся на второй<br />

этаж, то увидел бесконечную, длинную русскую<br />

очередь из стариков и старух: все толпились перед<br />

кожаной дверью, но порядок соблюдался. Сидела<br />

женщина с листочком, на котором были записаны<br />

фамилии и их порядковые номера. Павел подошел<br />

к ней и попросил его записать. «Вы будете сто сорок<br />

восьмым», — сказала женщина в капоре. Рядом<br />

стоявшая высокая и широкоплечая тетка в ватном<br />

пальто пожала плечами: «Сегодня вы не попадете,<br />

дня через два разве по этому списку. В день они<br />

не больше тридцати человек принимают». «Ну что<br />

вы, женщина, говорите! — возразила первая в капоре.<br />

— Бывает, что люди записались, а вовремя не<br />

пришли. Тогда те, кто не отходили, могут пройти.<br />

Но с вашим номером, мужчина, шансов, конечно,<br />

не много». «Когда же приходить нужно, чтоб в тот<br />

же день попасть? — спросил Павел, понимая, что<br />

сегодня стоять не будет. «Все, кто в самом начале, к


98 Владимир Кантор<br />

пяти утра приезжают, — пояснили ему. — И ждут до<br />

девяти перед дверью».<br />

Но март стоял холодный, и Павел приехал на это<br />

стояние только в конце апреля. Протолкался часа<br />

три на улице, бегая в дальние кусты по малой нужде,<br />

аденома мучила. В восемь утра их запустили на первый<br />

этаж, на втором стояли, преграждая путь, охранники.<br />

Пенсионный фонд начинал работать в девять.<br />

Потом было долгое сидение на лавочке, толкотня<br />

вокруг двери, заглядывание внутрь комнаты, чтобы<br />

понять, свободен ли его инспектор. И непрекращающаяся<br />

склока перед этой важной дверью: «Мужчина,<br />

не лезьте». «Да мне только справку отдать». «Все<br />

так говорят. Не пустим. Что, с женщинами драться<br />

будете? Я тебе говорю: куда прешь?! Женщины, не<br />

пускайте его!» В дверь он вошел где-то около четырех,<br />

выкурив перед подъездом несметное количество<br />

сигарет, хотя до этого не курил почти полгода.<br />

В огромной комнате, уставленной шкафами с бумагами<br />

и столами, сидели инспекторы, от которых<br />

зависела будущая судьба пенсионера: как скоро будет<br />

пенсия оформлена. А ведь были — в отличие от<br />

Павла — и не работавшие уже люди. Для них всякое<br />

промедление было похоже на катастрофу. Тут же выяснилось<br />

мелкое чиновничье воровство. Мало того,<br />

что не присылали все пенсионные извещения по почте,<br />

как в Америке и Европе, не посещал вас вежливый<br />

пенсионный чиновник, пенсию начисляли лишь<br />

с момента подачи заявления, а не с дня рождения!


Смерть пенсионера<br />

99<br />

«А если бы я, скажем, полгода болел?» «Нас,<br />

мужчина, это не касается. Не мы правила устанавливаем»,<br />

— ответила молодая, но расплывшаяся<br />

нездоровой полнотой девица лет двадцати пяти.<br />

Но окончательно ошеломила его женщина в другом<br />

кабинете, в котором Галахов попытался выяснить,<br />

много ли накопил он за те два года, когда<br />

была введена накопительная система. «Да в ваши<br />

года уже много не накопишь, — сообщила улыбчивая<br />

тетка. — Но вам полагается срок дожития, вот<br />

и старайтесь его прожить». «Какой еще срок дожития?»<br />

— Павел почувствовал какой-то мистический<br />

ужас. «Срок дожития вам определен в восемнадцать<br />

лет». Переспросил, не понимая: «Мне?». «Ну,<br />

всем пенсионерам с момента получения пенсии».<br />

«А если я вас обману и прихвачу пару годков». «Не<br />

обманете, умные люди считали. Обычно гораздо<br />

раньше умирают».<br />

У его друга Орешина был лысый приятель, старик<br />

уже, как им казалось, по прозвищу «комиссар»<br />

(Орешин вообще питал слабость к чудакам) — со<br />

старческими пигментными пятнами на лысине и по<br />

лицу, он пил с ними, орал песни. Павел даже поначалу<br />

спьяну допытывался, правда ли и сохранился<br />

ли у того маузер. Но потом как-то в один из дней<br />

Павлу позвонил общий приятель и сообщил, что<br />

«комиссар» покончил с собой ни с того, ни с сего.<br />

Причем для верности повесился в лестничном пролете:<br />

если бы не выдержала веревка, то наверняка


100 Владимир Кантор<br />

разбился бы. На «Смерть комиссара» Петрова-<br />

Водкина нисколько это не походило. Ни тебе красного<br />

знамени, ни уходящих в бой товарищей. Жестокая<br />

смерть отчаяния.<br />

А другие смерти стариков!..<br />

Но он все же год назад ушел из университета на<br />

пенсию. Не стало сил говорить с кафедры, вчерашний<br />

любимец совсем потерял контакт с аудиторией.<br />

Не интересно стало готовиться. Да и сил не<br />

было в переполненном метро ехать к первой паре. И<br />

раньше-то выползал из метро еле живой, особенно<br />

после пересадки на Проспекте мира, — мокрый, помятый,<br />

потный, минуты три приходил в себя, одергивая<br />

измятый пиджак или поправляя перекрутившийся<br />

плащ, — смотря по погоде. А тут еще дождь,<br />

значит, — раскрывать зонт и минут двадцать по лужам<br />

до здания универа, когда в голове еще туман от<br />

недосмотренного сна.. А потом стали сбываться слова<br />

тетки из пенсионного фонда о «сроке дожития».<br />

После отъезда Даши он стал присматриваться<br />

к жизни бомжей. Как собирают жестяные банки,<br />

кладут на землю, каблуком уминают, складывают в<br />

мешок, куда сдают, сколько стоит. Перчатки, дырявые<br />

на пальцах, и большая сумка, чтоб рыться в мусорных<br />

баках. Вот старик роется в мусорных баках.<br />

Бочком. Баки зеленого цвета, обшарпанные. Стыдно<br />

профессору толкаться у мусорных баков. Увидел,<br />

как что-то бросили в бак разумное, но подъехала<br />

машина, подняла на магнитах бак, перевернула в


Смерть пенсионера<br />

101<br />

кузов, не повезло. Бомж отскочил в сторону, матюгнулся.<br />

Ну, подумал Галахов, со мной все же неплохо.<br />

Все же дома ночую. Павел видел телепередачу<br />

про бомжа, который получал пенсию, сдавал бутылки<br />

и стал миллионером. Но, как сказал репортер,<br />

места были расхватаны и грязные, жутко пахнущие<br />

мужики избивают и гонят чужих, если они пробуют<br />

рыться в мусорном ящике. В сообществе этом были<br />

свои группы — картонщики, бутылочники, жестянщики.<br />

Не было Павлу там места.<br />

Профессор вспоминал идею о «хищных гоминидах»,<br />

о которых писал в середине девяностых<br />

некто Диденко. Что, мол, с самого своего зарождения<br />

человечество делится на людей и «хищных гоминидов»,<br />

существ похожих, но биологически другой<br />

породы, живущей за счет людей. Тогда Галахов<br />

даже мимоходом выступил в какой-то своей статье<br />

против этой идеи, как слишком биологизаторской.<br />

Нагавкал на Диденко. Нужно искать социальные<br />

законы, возразил он. Тогда он был сильный. И не<br />

понимал, как по глазам можно узнать хищного<br />

гоминида. Теперь он их видел: на улицах, в транспорте,<br />

по телевизору, научился различать. Видел<br />

по телевизору министра здравоохранения и социального<br />

развития России Михаила З., который сообщил,<br />

что по планам правительства деньги на социальное<br />

обеспечение рассчитаны таким образом,<br />

что мужчина в России должен умирать в возрасте<br />

пятидесяти семи — пятидесяти девяти лет, не до-


102 Владимир Кантор<br />

живая до пенсионного возраста. Даже щедринский<br />

Угрюм-Бурчеев был милосерднее. Он читал указания<br />

градоначальника из «Истории одного города»:<br />

«Люди крайне престарелые и негодные для работ<br />

тоже могут быть умерщвляемы, но только в таком<br />

случае, если, по соображениям околоточных надзирателей,<br />

в общей экономии наличных сил города<br />

чувствуется излишек».<br />

Галахов думал о жизни, о хищных гоминидах и<br />

полуспал-полубредил.<br />

* * *<br />

Да сны еще — стали один другого причудливее.<br />

Когда Даши рядом не было, в очередной раз уезжала<br />

на заработки, ему снился какой-то бред. Как-то<br />

приснилась ему мама с безумными глазами. Кто-то<br />

стучал дико в дверь чем-то тяжелым, долбил, взламывал,<br />

отворачивая филенку — нахально, не скрываясь,<br />

не боясь соседей. Он отворил полуразбитую<br />

дверь. На пороге мама, глаза безумные как на картине<br />

Брейгеля о слепцах, волосы всклокочены, в<br />

руках — лом. И бормочет: «Что-то очень мне беспокойно<br />

за вас стало. Решила посмотреть, как вы там».<br />

И говорит, и смотрит, как живая. А Павел-то при<br />

этом помнит, что уже несколько лет, как она умерла.<br />

Вот и сегодняшний сон. Павел знает, что в соседнюю<br />

комнату забралось Всё Зло Мира и готовится<br />

уничтожить человечество. А у него в нижней,<br />

закрывающейся дверкой, книжной полке стоит су-


Смерть пенсионера<br />

103<br />

пероружие, которое только одно на свете способно<br />

уничтожить Всё Зло Мира. И дочка из Швеции<br />

вернулась ради этого: «Папа, доставай оружие.<br />

Только мы можем справиться». А он еще перед ее<br />

приездом дверь в комнату, куда Враг просочился,<br />

не просто прикрыл, а снизу в щель большие Дашины<br />

портновские ножницы забил, чтоб она не открылась.<br />

«Да, — говорит дочке, — сейчас достанем,<br />

потом на балкон выйдем, оттуда как раз можно в ту<br />

нашу комнату попасть снарядом». И в голову ему<br />

не приходит, что и стрелять-то он не умеет, никогда<br />

в армии не был. Открывает он дверку шкафчика,<br />

а там никакого сверхаппарата нет, а одни книги.<br />

«Где же?!» — в отчаянии кричит дочка. А он книгу<br />

за книгой выкидывает, гору нагромоздил уже, а за<br />

книгами еще книги — и никакого оружия.<br />

Нет, все же встать необходимо, хотя бы цветы<br />

полить. К тому же захотелось пить и в туалет. Глаза<br />

по-прежнему слезились, будто плакал. Вытерев их<br />

углом простыни, Павел снова попытался подняться,<br />

но почему-то теперь не мог даже рукой двинуть,<br />

тем более сесть и спустить ноги с тахты. Все-таки<br />

он здорово навернулся! В конце февраля, несмотря<br />

на быструю смену мороза и легкого таяния, несмотря<br />

на наледи на тротуарах, скользкие бугорки<br />

и неровности от слежавшегося, стоптанного снега,<br />

улицы чистить вообще перестали. Мэр появлялся<br />

на экранах только в случае крупных городских катастроф,<br />

обещал разобраться, но было понятно, что


104 Владимир Кантор<br />

на следующий срок он не останется, а потому уже<br />

не мог заставить чиновников что-либо делать. А без<br />

приказа в России ничего не делается. Чиновникам<br />

было некогда: они понимали, что не останутся на<br />

своих местах после отставки шефа, а потому лихорадочно<br />

припрятывали наворованное за годы пребывания<br />

у власти, легализовали свои особняки и<br />

дорогие машины. До тротуаров ли им было! Вот и<br />

падали и разбивались старики и люди что называется<br />

среднего возраста.<br />

Надо было еще полежать, притерпеться. В конце<br />

концов, чем меньше пьешь жидкости, тем легче<br />

не ходить в туалет. Боль утихнет, и он встанет. Хорошо,<br />

когда воет ветер, а ты молод, молод, лежишь,<br />

тепло укрыт, читаешь книжку и думаешь, что когданибудь<br />

будешь вспоминать этот вечер уюта. А когда<br />

тебе шестьдесят семь?.. Почему он не передал своей<br />

тревожной натуры детям? Никто не зайдет, не навестит.<br />

А как квартиру будут делить? Он бы так не<br />

смог. К отцу он ездил каждую неделю, а звонил каждый<br />

день (мама умерла восемь лет назад), деньгами<br />

помогать не мог, как раньше, но старался, приезжая,<br />

хотя бы фрукты привести. У отца жила женщина,<br />

ухаживавшая за ним. Раньше они с братом платили<br />

ей зарплату напополам, а теперь едва мог выделить<br />

тысячу рублей, жалкие тридцать долларов.<br />

Брат Цезариус поначалу требовал, чтобы он платил<br />

прежнюю сумму — шесть тысяч рублей. «Это наш<br />

общий отец», — пояснял он свою точку зрения. Но


Смерть пенсионера<br />

105<br />

что делать, если получал Павел теперь всего четыре<br />

с половиной тысячи, сто шестьдесят долларов, из<br />

которых две тысячи платил за квартиру. Цезариус<br />

предложил ему продать или поменять свою квартиру,<br />

которая ему не по карману, получить некую<br />

сумму, чтобы он мог по-прежнему вносить свою половинную<br />

долю на оплату отцовской сиделки. Павел<br />

отказался. Менять привычную трехкомнатную<br />

квартиру, набитую книгами, — трудно было даже<br />

вообразить себе. Куда книги деть? Выкинуть? Но<br />

так долго жили ими!.. Да и страшновато было. Ему<br />

несколько раз звонили, предлагали выгодные обмены,<br />

скажем, на двухкомнатную с очень большой доплатой.<br />

Но он отказывался, боялся, не верил, бросал<br />

трубку. Слишком много писали, как при таких<br />

обменах стариков выкидывали вообще на улицу,<br />

если не убивали в пригородном каком-нибудь парке.<br />

У брата Цезариуса (поздний ребенок — и странное<br />

имя ему отец дал) было три квартиры в Москве,<br />

не говоря о лондонских апартаментах, да еще и родительская<br />

квартира была завещана тоже ему.<br />

У него, правда, что-то лежало на карточке, куда<br />

переводили зарплату с последней работы. Но деньги<br />

эти он тратил скупо, чтобы оставить себе на похороны.<br />

Код карточки (с объяснением для чего эти<br />

деньги) он написал на листке бумаги, положив ее в<br />

верхний ящик письменного стола, надеясь, что первыми<br />

по случаю его смерти придут сын или брат.<br />

Вот только Дашиных долларов там не было. По-


106 Владимир Кантор<br />

думав о долларах, он весь болезненно сжался. Как<br />

там Даша в Америке?.. Ему приснилось однажды,<br />

что Даша прислала ему эсемеску, словно уехала не<br />

в Америку, а в командировку: «Как ты там, счастье<br />

мое? Доклад написал? Скучаю и очень хочу к тебе».<br />

Давно ее с ним не было. Даша много раз повторяла<br />

ему, что они хорошо жить будут. И жили неплохо,<br />

долго жили. Но потом все же она ушла. Как в старых<br />

романах о власти золота — так и у них произошло.<br />

Ну нет, не совсем так, все же вместе десять лет<br />

прожили. Она не только любила его, но и уважала,<br />

гордилась его известностью, его книгами. Ни известность,<br />

ни профессорство денег не приносили.<br />

Конечно, Галахов позволял себе шуточные, хотя<br />

и правдивые рассказы, как иностранные коллеги<br />

приходили в ужас, узнав, что в месяц он получает<br />

триста долларов, спрашивали даже, настоящий ли<br />

он профессор. Он смеялся: «Ну не показывать же<br />

им мои два десятка книг!». Даша довольно долго<br />

смеялась вместе с ним. Работать при этом ей приходилось<br />

много. Она преподавала в двух областных<br />

вузах, переводила с английского за деньги какие-то<br />

научно-популярные книги, да еще в НИИ имела<br />

полставки. И все равно денег хватало от зарплаты<br />

до зарплаты. Павел уже не профессорствовал, бесконечно<br />

оппонировал ради копеечных денег, да еще<br />

писал книги, на которые надо было доставать гранты.<br />

Книги денег не приносили никаких. Он все время<br />

удивлялся, как коллеги с гораздо меньшим на-


Смерть пенсионера<br />

107<br />

учным багажом пристроены в жизни много лучше<br />

его. Очень часто, когда она долго не возвращалась,<br />

он звонил ей на мобильный. Тут было два варианта.<br />

Или она не брала свою трубку, и шли бесконечные<br />

длинные звонки («выключила звук, чтоб не мешал<br />

на лекции», — объясняла она). Павел сам читал<br />

лекции и почти никогда не отключал мобильный:<br />

профессор всегда со студентами договорится. Или<br />

абонент бывал недоступен. А потом она рассказывала,<br />

что ее курс перевели в помещение с тяжелыми<br />

потолками, где мобильный не ловит. Однажды после<br />

какого-то совещания он все же часов в семь вечера<br />

поймал ее. Она резко ответила: «Не могу сейчас<br />

говорить. Начальник дает ЦУ. Приду поздно».<br />

Павел вначале ревновал. Но что он мог поделать! И<br />

перестал тревожить ее в те дни, когда она уезжала<br />

из дому на службу. Даша бегала по всем этим работам,<br />

хотя ее мучило давление и, что хуже, какие-то<br />

женские неполадки. Иногда головы поднять не могла,<br />

но вставала и говорила: «Пока человек ходит, он<br />

должен работать. Мне же деньги за это платят. Откуда<br />

мы их еще возьмем».<br />

А Павлу оставалось беспокоиться за нее, ходить<br />

в аптеку, тихо выгуливать ее в выходные дни. Потом<br />

она нашла работу с поездками. В Сибири платили<br />

больше, особенно в нефтяных местах, она<br />

вдруг стала привозить оттуда немалые деньги и<br />

дорогие подарки. Это в России было принято, Павел<br />

не удивлялся. Но когда ее не стало, он нарисо-


108 Владимир Кантор<br />

вал себе картину, что какой-то из не очень крупных<br />

нефтяных магнатов, все же миллионер, пленился<br />

и красотой зрелой женщины, а главное, ее умом,<br />

что для него, человека с образованием, было тоже<br />

важно. Даше было тридцать семь, еще самый возраст<br />

для женщины! Да и устала она, понять можно.<br />

Болела очень, а за границей и лекарства, и врачи —<br />

любого в порядок приведут. И она уехала в США —<br />

жить со своим новым русским, думал Павел. Ему<br />

казалось, что раза два Даша присылала ему в помощь<br />

не то двести долларов, не то триста. Но где<br />

они? Как он их не искал, найти не мог. Потом известий<br />

от нее не стало, и тогда он сам для себя решил,<br />

построил сюжет, что богач, новый русский, прогнал<br />

Дашу, что она одна, бедствует в этой богатой Америке,<br />

живет в ночлежке для бомжей, но написать об<br />

этом, тем более вернуться — не может. Стыдится.<br />

На самом-то деле ей бы самой как-то надо помочь,<br />

что-нибудь из пенсии откладывать, найти эти дурацкие,<br />

неизвестно куда завалившиеся доллары. Но<br />

на какой адрес их послать? Записки и доллары она<br />

передавала с оказией, приходили какие-то странные<br />

люди, приносили послания и исчезали, а ему<br />

ни разу и в голову не пришло взять их координаты.<br />

Спасибо, что хотя бы зашли.<br />

Да-да, как в романах когда-то им любимого Бальзака.<br />

Все понятно, ему как раз исполнилось шестьдесят<br />

шесть, когда он остался один. А теперь ему —<br />

шестьдесят семь. В этом возрасте умерли оба его


Смерть пенсионера<br />

109<br />

деда. Он лежал на спине и чувствовал себя Грегором<br />

Замзой, неожиданно превратившимся в насекомоепаразита.<br />

Ungeziefer, — вспомнил он немецкое слово.<br />

Неужели пенсионеры сродни паразитам?<br />

Соседи редко заходили. У всех свои дела. Но отношения<br />

теплые, то есть здрасьте и улыбки при<br />

встрече, иногда в Новый год зайдут с рюмкой или к<br />

себе зовут чокнуться. Случайные встречи в дверях<br />

или на площадке…<br />

Раньше слово «пенсионер» чем-то напоминало<br />

ему слово «легионер». Пенсионер — это легионер<br />

на покое. Он один в трехкомнатной квартире. Все<br />

есть, а нищета. На Западе профессора на свою пенсию<br />

по миру катаются, а куда я доеду на трамвае?<br />

До парка — посидеть на лавочке? Так это тоже не<br />

жизнь, а умирание. Теперь понимал он долгие старушечьи<br />

разговоры на лавках, над которыми пошучивал<br />

раньше. Их попытки вмешаться в чужую<br />

жизнь, на что так досадовала молодежь, было простым<br />

желанием оказаться кому-то нужным и тем<br />

сам наполнить жизнь, продлить ее.<br />

Так был ли он легионером? Студенты ждали от<br />

него какого-нибудь решающего слова, но его отпугивали<br />

все прошедшие по мировой истории полубессмысленные<br />

революции и движения, убивавшие<br />

десятки миллионов за те слова, которые через<br />

двадцать лет уже всех смешили. А дети хотели действия,<br />

активизма. Или хотя бы нового учения. А<br />

своего слова, которое требовало бы развития, у него


110 Владимир Кантор<br />

не было. Были точные наблюдения, угадывающий<br />

анализ, из этого системы не построишь.<br />

* * *<br />

Какой уж там активизм! С постели слезть не может.<br />

А еще и лекарства надо принять: ноотропил, сермион,<br />

декамевит, сиднофарм — всё, что по бесплатным<br />

рецептам получал. Сил только встать нету. Надо<br />

же так удариться об эту железяку! Он дотронулся<br />

рукой до болевшего места на спине чуть выше поясницы.<br />

Было больно, но, похоже, обошлось без<br />

перелома. Потому что боль была переносима, как<br />

от ссадины. Где-то он слышал, что если перелом, то<br />

дотронуться нельзя. А дотронуться можно, хотя синяк,<br />

конечно, будет. Так что паниковать нечего! Не<br />

из-за синяка же вызывать врача! Да и неловко привлекать<br />

внимание к своей особе. К тому же запах!..<br />

Омерзительный запах, такой, что трудно дышать.<br />

Хотя и говорят, что собственной вони человек не<br />

замечает, но газы отходили, окна были закрыты, и<br />

Галахов поневоле оказывался в закрытом пространстве,<br />

где травил сам себя собственными отправлениями.<br />

Хорошо бы встать, в туалет сходить, но<br />

еще и окно приоткрыть. Как-то исхитрившись, они<br />

с Дашей, до ее отъезда, сделали пластиковые окна,<br />

чтобы уличный шум не очень доставал. Но, закрытые,<br />

окна и запах не выпускали на улицу.<br />

Почему он такой нерешительный? Слишком<br />

уязвим.


Смерть пенсионера<br />

111<br />

Себя он порой чувствовал мужчиной по имени<br />

Золушка. Всегда мучило чувство бесконечной ответственности.<br />

Подростком, открыв перочинный<br />

нож, ходил к парку встречать с работы маму, боялся<br />

за нее. За всех боялся. О себе не думал, думал, что<br />

сам всем обязан, а потому по мере сил надо отдавать<br />

долги. С первой женой Леной долго не мог разойтись,<br />

хотя любовь давно кончилась, домом она не<br />

очень-то занималась, даже посуду после гостей он<br />

мыл сам, к его книжным занятиям она относилась<br />

вполне иронически. Но он не уходил, хотя роман<br />

с Катей привел к рождению дочки, не уходил, потому<br />

что обязался быть с ней, исполнять ее прихоти.<br />

В детстве младший брат Цезариус был королем<br />

во дворе, знали, что старший брат выйдет в любую<br />

минуту и расправится с обидчиком. А как он этого<br />

брата устраивал в институт, возил к влиятельным<br />

знакомым, переписывал статью одного из них и публиковал<br />

в журнале, где сам тогда работал: от этого<br />

человека зависела оценка сочинения. Прибегал и<br />

позже, когда тому грозила опасность. Потом брат<br />

завел большое коммерческое дело в масс-медиа,<br />

вышел на международный рынок, тогда Павел стал<br />

ему мешать. Несветскостью, что ли? Вначале, приглашая<br />

к себе, дверь не открывал. А потом, не извиняясь,<br />

говорил, что ему было некогда, что у него<br />

была важная встреча с западными людьми. Ужасное<br />

ощущение — стояние перед запертой дверью,<br />

в которую даже записка не всунута, что, мол, при-


112 Владимир Кантор<br />

ду тогда-то. А потом и вовсе перестал приглашать.<br />

Деньгами он ворочал немалыми, но Павла все время<br />

упрекал: «Тебе хорошо, ты живешь на зарплату,<br />

ежемесячно получаешь деньги через кассу и ни<br />

о чем не заботишься. Попробовал бы ты жить, как<br />

я! У меня нет гарантированной зарплаты». Теперь<br />

Павел получал гарантированную пенсию, а брат,<br />

став типичным русским миллионером, перебрался<br />

в Лондон, где собирались российские олигархи. Хозяин<br />

жизни! Вот и к отцу его погнал, как мальчишку,<br />

наставительно и требовательно говоря в трубку:<br />

«Если я могу из Лондона положить отца в больницу,<br />

то, кажется, ты можешь хотя бы раз в день к<br />

нему съездить, навестить. Ты же пенсионер, ничем<br />

не занят». Разница у них была в пятнадцать лет, молодость<br />

Цезариуса пришлась на перестройку, он сумел<br />

в новую жизнь вписаться. И не желал думать,<br />

что брат уже больной старик.<br />

Все заняты сиюминутным, словно не понимая,<br />

что скоро умрут. Его часто посещало странное чувство.<br />

Глядя на смеющегося старика, работягу, засовывающего<br />

в карман бутылку водки и торопящегося<br />

на пьянку, женщин, рассуждающих о каких-то<br />

покупках, больных в поликлиниках, человека, радующегося<br />

обновке, он все время воображал, что<br />

они все они живут, как для вечности, а на самом<br />

деле для дурацких пяти минут. Живут так, словно<br />

всегда будут жить, словно им никогда не приходила<br />

мысль, что настанет момент, когда их на этом све-


Смерть пенсионера<br />

113<br />

те не станет… Ну и что же? — спрашивал он себя. —<br />

Сразу кончать самоубийством? Уж лучше жить<br />

так, что твои пять минут и есть вечность. А что есть<br />

вечность? Гениальная идея Андерсена в «Снежной<br />

королеве», что вечность нельзя сложить изо льда,<br />

сотворить ее ледяным холодным сердцем. Она требует<br />

сердечного тепла. В той мере, в какой она возможна,<br />

она создается временно, любящим сердцем.<br />

Как же она решилась на отъезд? Он с трудом<br />

мог это вспомнить. Перед тем, как уехать в Америку,<br />

Даша стала худеть, слабеть, но работать продолжала.<br />

Потом сказала, что ей предстоит небольшая<br />

операция, по женской линии, и неопасная, добавила<br />

она. «А может, и в Америку уеду, — странно улыбалась<br />

она. — Уж там точно перестану работать. Устала<br />

очень. Надо и отдохнуть».<br />

Он старался не слушать этих ее слов. Неужели<br />

она может его оставить? Наконец, она отправилась в<br />

больницу, просила ее не провожать, мол, скоро вернется.<br />

Беспокоилась, чтоб он без нее вовремя принимал<br />

лекарства. Он принимал лекарства, на душе<br />

было горько, как будто пил какие-то горькие микстуры.<br />

Один раз она позвонила, беспокоилась, как<br />

он себя чувствует. А он еще переживал, что перестал<br />

быть тем любовником, «фантастическим любовником»,<br />

как она когда-то ему сказала, что постели у них<br />

уже по-настоящему не было, по его вине. Его ласк<br />

хватало теперь очень ненадолго. Конечно, она еще<br />

молодая, ей нужно что-то другое. Однажды он ска-


114 Владимир Кантор<br />

зал ей это и услышал в ответ: «У тебя плохое настроение.<br />

Но зачем ты обижаешь меня? Мне же больно».<br />

Когда она говорила ему, что он нужен ей любой, он<br />

по мужской глупости не очень в это верил. И оказался<br />

прав, она все-таки оставила его. В тот день, когда<br />

это произошло, ему было очень плохо, он думал, что<br />

умрет. И радовался этому. Но не умер, просто стал<br />

передвигаться с трудом. Что-то в этот день еще было,<br />

но он забыл и не хотел вспоминать.<br />

На следующий день после ее отъезда Галахов<br />

выполз на улицу, соседи смотрели на него странными<br />

глазами и сочувствовали ему. Подальше от сочувствий<br />

он пошел в царицинский парк. Прошелся<br />

мимо императорских дворцов, вышел к большому<br />

пруду, сел на бревно среди деревьев, тупо смотрел<br />

на воду, которая казалась ему бездонной. Спрашивал<br />

себя, мог бы он броситься в воду и утопиться.<br />

Но он же не Офелия и не Катерина, он — мужчина.<br />

Стоял поздний теплый август, деревья были зеленые,<br />

а у него болело сердце, и Павел с тревогой<br />

спросил себя, доберется ли он до дому. И тут, вертя<br />

тощим хвостом, подошла к нему черная узкомордая<br />

и, очевидно, немолодая дворняга и принялась вдруг<br />

тыкать носом ему в руку и просительно заглядывать<br />

в глаза. Он машинально погладил ее по загривку,<br />

она затихла и притулилась к нему. Потом они<br />

сидели, Галахов чесал ей машинально то за одним,<br />

то за другим ухом. А когда он отправился домой,<br />

собака за ним последовала. Прогнать ее не было


Смерть пенсионера<br />

115<br />

сил, она была такая умильная. Он назвал ее Августой<br />

— по месяцу находки. Спала у него в ногах, он<br />

кормил ее тем, что оставалось от его еды, чаще всего<br />

заливал овсянку мясным бульоном, сваренным<br />

на костях. Она смотрела на него и все понимала.<br />

Благодаря ей, Павел стал гулять утром и вечером.<br />

Но ему было грустно. Глядя на тощий хребет<br />

Августы, он невольно вспоминал (начитанность не<br />

уходила) старика Смита из «Униженных и оскорбленных»<br />

Достоевского и его исхудалую собаку<br />

Азорку. Смерть Азорки оказалась предвестием<br />

смерти старика.<br />

* * *<br />

Спина болела, когда он пытался повернуться. Может,<br />

все-таки врача вызвать? Но из «академической»<br />

перестали выезжать, а из районной придет<br />

толстая тетка и, глядя в другую сторону, начнет<br />

ворчать, мять спину и прописывать антибиотики:<br />

она считала их средством от всех болезней. Хотелось<br />

прежней молодой независимости, не хотелось<br />

стариковской униженности, уязвленности. Ведь он<br />

еще не старик! Его еще нельзя загонять на дерево!<br />

Но уже что-то подобное чувствовалось ему в равнодушии<br />

и пренебрежительности врачей.<br />

И он уже сам замечал, что тон его становится,<br />

нет, еще не заискивающим, но зависимым. Принять,<br />

проглотить чужую грубость. А не возмутиться как<br />

раньше. Потому что деваться некуда. Вот и месяца


116 Владимир Кантор<br />

три назад, он сидел перед кабинетом зубного врача.<br />

Правая челюсть отяжелела, как свинцом налита, рот<br />

с трудом открывается. Кабинет закрыт, врача все нет<br />

и нет. Пошел стукнуться в ординаторскую, благо, на<br />

том же этаже, узнать, пришла ли Валентина Петровна<br />

вообще на работу. Открыл дверь. В маленькой<br />

комнатке со шкафами толкотня белых халатов. Увидел<br />

своего доктора, автоматически поздоровался,<br />

мол, «здрасьте, Валентина Петровна». Высокая тетка<br />

в плаще, стоявшая в центре группки других теток в<br />

белых халатах, вдруг властным и грубым тоном оборвала<br />

его: «Куда претесь?! Вы все скоро в туалет за<br />

нами ходить будете. Не видите что ли, что это наша<br />

комната?!» И вдруг Павел с ужасом услышал свой<br />

голос, услышал, что он, как и положено старику, испуганно<br />

пробормотал, стараясь при этом казаться<br />

вежливым: «Простите, я не хотел никого обидеть».<br />

Нет, надо лечиться народными средствами. Но<br />

какими? Он вдруг вспомнил давний разговор с приятельницей,<br />

эмигрировавшей несколько лет назад в<br />

Германию. То есть она уехала с мужем, который получил<br />

там двухгодичный контракт. Но когда он собрался<br />

вернуться и сказал ей об этом, она ему бросила<br />

(потом этот ответ долго по эмигрантским кругам ходил):<br />

«Ты меня Родиной не пугай!». Развелась с ним,<br />

нашла немчика и осталась. Так вот, как-то подхватив<br />

не то грипп, не то простуду, Павел пил разные лекарства,<br />

как вдруг позвонила Майя. Дальше произошел<br />

разговор, прямо для современной пьесы: «Болеешь?»


Смерть пенсионера<br />

117<br />

«Болею». «Что с тобой?». «Простуда, кажется». «Чем<br />

лечишься?» «Народными средствами». «Помогает?».<br />

«Не очень-то». «Может, народ не тот?»<br />

Нужен хотя бы глоток чаю. Чашка стояла у постели<br />

на краю комода. Он потянулся, не достал, надо<br />

было немного приподняться, подтянув тело, чтобы<br />

спина опиралась о подушку. Тело слушалось плоховато:<br />

вот, что значит никогда не занимался спортом,<br />

да и толщину нажил, тяжёл слишком. Он попытался<br />

сделать упор на локти, действуя силой плеч. Это<br />

удалось. Правда, сползло одеяло. Но это пустяки. Он<br />

поднял чашку, сделал глоток, но тут же вспомнил, что<br />

придется идти в туалет. А сможет ли? Невелико пространство,<br />

но сегодня для него немалое. От этих мыслей,<br />

чашка в руке дрогнула, желтоватая чайная жидкость<br />

выплеснулась на наволочку подушки. Совсем<br />

противно стало. Чем-то старческим потянуло от этого<br />

желтоватого пятна. Надо бы не просто до туалета<br />

дойти, но и наволочку сменить, еще и отцу позвонить.<br />

Что за глупость! Вчера же еще, уже после падения, он<br />

ходил, даже за квартиру в сбербанке платил. Болела<br />

спина, но боль пересилить было возможно. Эх, если<br />

бы какая красивая девушка на него глянула (а лучше<br />

— Даша!), он бы непременно встал и все сделал.<br />

* * *<br />

А какое у него еще дело? Недописанная книга, где<br />

он проводил странное сравнение между переселением<br />

народов в четвертом-пятом веках нашей


118 Владимир Кантор<br />

эры, когда варвары потянулись в цивилизованные<br />

римлянами части тогдашней Ойкумены. Теперь<br />

русские сотнями тысяч едут в Европу и Америку,<br />

ругая почем зря эту цивилизацию. Вроде его брата<br />

Цезариуса, который в России бывает лишь наездами<br />

из Лондона, но поскольку сохранил российское<br />

гражданство, эмигрантом себя не считает. Все на<br />

Запад прут — и богатые, и бедные, надеясь разбогатеть.<br />

А в Россию — люди с Кавказа и из Средней<br />

Азии. У них во дворе уже пару лет вместо русского<br />

пьяницы-дворника работали мальчишки-туркмены,<br />

тщательно метя и чистя двор.<br />

Ладно, не о книге надо думать, а как до сортира<br />

добраться.<br />

Зачем мои книги о толерантности, о наднациональной<br />

идее России, когда в Москве и Питере<br />

убивают таджикских девочек, убийц оправдывают,<br />

в крайнем случае дают срок как за мелкое хулиганство,<br />

а молодые скинхеды кричат об уничтожении<br />

всех нерусских. Вот и до русского фашизма дожили.<br />

И ведь не фашизм, а обыкновенный русский<br />

бунт, когда режут всех.. На этой идее даже Третий<br />

Райх не построишь. Смерть не строитель. Хорошо,<br />

что дочка моя в Швеции, внучка там и жена Катя,<br />

а Дашу ее новый русский вывез в Америку. Ругают<br />

новых русских, а они шкурой чувствуют...<br />

Но его-то сейчас это не касается. У него простая<br />

задача — вылезти из постели и дойти до туалета. Не<br />

мочиться же в постель. Тогда он здесь вообще ле-


Смерть пенсионера<br />

119<br />

жать не сможет. А кто к нему придет? Никто. Сослуживцы<br />

бывшие в лучшем случае на похороны<br />

скинутся, да на кладбище придут. Друзья? Их так<br />

мало осталось. Столько уже приятелей, едва к пятидесяти<br />

подходило, умирало. Двух он даже считал<br />

близкими друзьями. Только один человек звонил<br />

ему постоянно — друг детства и ровесник Лёня Гаврилов.<br />

Он рассказывал анекдоты, вычитанные в<br />

«Комсомольской правде», в основном эротического<br />

содержания, повторяя: «Старичок, мы должны<br />

держаться. Жизнь ведь продолжается. Послушай,<br />

что пишут: «Если мужчина четыре раза сходит налево,<br />

то по законам геометрии он вернется домой».<br />

А? Ха-ха! Нас еще рано в утиль-сырье. Слышал<br />

про Давида Дубровского, из ваших, из гуманитариев?<br />

Ему семьдесят четыре, а жене двадцать четыре,<br />

они уже ребенка сделали. И мы, старичок должны<br />

держаться. Главное — не раскисать! Ну, хочешь, я<br />

тебе альбом сделаю с Дашиными фотографиями?<br />

Может, тебе легче будет?». Да, ему не нужна была<br />

никакая другая женщина, кроме Даши. Спасибо<br />

Лёне, что звонит. Отец последние годы никогда<br />

ему не звонил, всегда ждал его звонков, часто ему<br />

пенял: «Ну, ты еще молодой. Мне осталось уже немного.<br />

Поэтому мне можно жаловаться, а тебе еще<br />

нельзя». Что ж, получил свое. Когда они только начали<br />

жить вместе, он ворчал. «Я ведь умру раньше<br />

тебя», — говорил он. «Это никому неизвестно, кто<br />

когда», — очень серьезно отвечала она.


120 Владимир Кантор<br />

А потом она уехала, и этот разговор потерял<br />

смысл. Только одно осталось: чувство потери, да и<br />

говорить теперь было не с кем. Уже давно, чтоб создать<br />

себе эффект общения, он звонил бывшим сослуживцам<br />

вроде по делу, но как бы между прочим<br />

заговаривал и о бытовых вещах. Те охотно отвечали,<br />

советовали, но сами не перезванивали никогда.<br />

Утешала Августа своей и в самом деле собачьей<br />

преданностью. А куда ей было от него деваться!<br />

Здесь все же кров и пища. Была она даже трогательна<br />

в своей забитой привязанности. Собака<br />

была запугана в своей несчастной бездомной жизни,<br />

вздрагивала от каждого шороха в квартире. Когда<br />

однажды Павел уронил на пол торшер, Августа<br />

так перепугалась, что не знала куда забиться, даже<br />

под комод пыталась, пока не заползла в узкую щель<br />

под тахту. Оттуда Павел ее потом едва извлек. Зато<br />

слыша шум шагов на лестничной площадке, Августа<br />

принималась отчаянно лаять, защищая себя,<br />

свою слегка наладившуюся жизнь и человека, пригревшего<br />

ее, отпугивая воображаемых врагов.<br />

Нет, все не о том он думает. Надо сползать, не<br />

вверх на локтях, а наоборот боком из-под одеяла —<br />

и на пол. Пусть даже на четвереньки встанет. Все<br />

равно никто не видит. Прежде, чем начать сползать,<br />

он оглядел комнату, нет ли чего полезного для сползания.<br />

Горел над головой ночник, за окном уже было<br />

темно, светились окна двенадцатиэтажного общежития<br />

напротив: с отъезда Даши он шторами поль-


Смерть пенсионера<br />

121<br />

зоваться перестал. У окна на столе мерцал экран не<br />

выключенного компьютера. Может, послать сразу<br />

по нескольким адресам письмо: «Помогите, мне<br />

плохо!» А что плохо — спина болит? Но это надо<br />

преодолеть, в конце концов, он все мог преодолеть.<br />

Около стола валялась груда книг, которыми до больницы<br />

пользовалась Даша, переводя очередную книгу,<br />

так он эту груду и не разобрал, год прошел, а он<br />

все никак не опомнится. Единственно, что он запретил<br />

тогда очень жестко: он запретил себе спиртное.<br />

Он помнил, как запил его друг после смерти жены, и<br />

через год был конченый человек, а там и умер. Хорошо,<br />

что Даша не умерла, а нашла себе богатого мужа,<br />

который вывез ее отсюда. Нет, Галахов не смерти боялся,<br />

боялся пьяной пошлой смерти, когда с улицы<br />

приходят бомжи-собутыльники и шарят у мертвого<br />

по карманам и в столе, не осталось ли на выпивку.<br />

Да, комната без Даши совсем захламлена. Больше<br />

всего у него заставлен комод. Кроме чашки чая,<br />

будильника, валявшихся блокнотов, шариковых<br />

ручек, поводка для Августы, там стоял еще и телефон<br />

в стиле ретро начала ХХ века, подаренный ему<br />

сослуживцами, когда он уходил на пенсию. Зачем<br />

он это сделал? Ведь знал, что на пенсионные копейки<br />

прожить нельзя. С тех пор они существовали на<br />

Дашины заработки и тратили пенсию на квартплату<br />

да на помощь отцу. До того момента, как Даша<br />

покинула его. А три дня назад его покинула и Августа.<br />

Побежала куда-то в кусты, да так и не вер-


122 Владимир Кантор<br />

нулась. Звал он ее понапрасну. Ходил по соседям,<br />

спрашивал, не видел ли кто. Однако нет, никто ему<br />

помочь не смог. А молодая толстотелая соседка с<br />

большими грудями, жившая этажом ниже, сказала:<br />

«Да успокойтесь, дедушка. Может, ее бомжи покончили,<br />

на шапку. Да вам теперь легче будет, не придется<br />

утром и вечером с ней по улицам таскаться!»<br />

* * *<br />

Слезая с постели, он все-таки упал. Встав на четвереньки,<br />

Павел попытался подняться на ноги. Проклятый<br />

шофер! Неужели задавить, или, точнее<br />

сказать, убить хотел? Или просто попугать? Тот,<br />

кто в машине, по сути дела, — «человек с ружьем»<br />

против безоружных. Хорошо хоть успел из-под колес<br />

выскочить. Прав был Васёк, его сосед по парте<br />

в первом классе. Он уже тогда понял, что шоферню<br />

следует обуздывать. Старик все же поднялся. Держался<br />

за притолоку двери, потом за стенки коридора.<br />

В туалете стоял, упершись головой в стенку<br />

перед собой. Его мутило, ноги подгибались. «Кажется,<br />

моя ветка трещит», — мелькнуло мимоходом<br />

и, слабея, он завалился на кафельный пол. От холода<br />

кафеля через время очнулся. Лежал и готовился<br />

помирать. «Это мне наказание, — сказал он себе, —<br />

за то, что другого старика стряхнул с его ветки».<br />

Вчера выгнал он с лестничной площадки между<br />

этажами бомжа Александра Сергеевича. Между их<br />

этажом и следующим ниже, угнездился бомж. За-


Смерть пенсионера<br />

123<br />

пах от него стоял понятно какой. Из дверей квартиры<br />

стало трудно выходить. Он с позапрошлой зимы<br />

там прижился. Даша тогда его добром просила, в<br />

милицию звонила, спрашивала, где в нашем районе<br />

специальные приюты для бездомных. «Нету таких»,<br />

— ответили ей менты. «А по телевизору рассказывали…».<br />

Те рассмеялись: «А вы что, всему, что<br />

в телевизоре рассказывают, верите?»<br />

Но стояли морозы, гнать его было невозможно,<br />

Даша стала, как приблудному псу, выносить ему<br />

еду. В разговоре он сообщил, что его зовут Александр<br />

Сергеевич (поначалу они решили, что врет,<br />

что во всем Пушкин виноват, но он паспорт показал<br />

— верно), что он бывший учитель математики,<br />

что ему шестьдесят шесть, уже три года не работает,<br />

а их подъезд выбрал, поскольку прописан на втором<br />

этаже, но бывшая жена и дочка его в квартиру<br />

не пускают, а он, однако, здесь по праву прописки.<br />

Во время разговора Даша заметила, что три пальца<br />

на руке у него черные, спросила, что это, он ответил,<br />

что, наверно, отморозил. Тогда Даша вызвала<br />

«скорую», его забрали, но следующим вечером он<br />

снова был на своем месте, объяснив, что его в больнице<br />

помыли, дали переночевать, утром покормили<br />

— и выгнали. Вот он снова здесь и обретается.<br />

А на пальцы они даже смотреть не захотели. Даша<br />

снова вызвала «скорую». В этот раз приехала милая<br />

широколицая женщина, но с твердым выражением<br />

на лице, — такая, любимая Павлом разночинно-


124 Владимир Кантор<br />

интеллигентская уверенность в себе, привычка<br />

настаивать на достойном. По просьбе Даши она<br />

посмотрела пальцы Александра Сергеевича, не снимая<br />

резиновые перчатки, как и было положено врачам<br />

«скорой». «Да, — сказала, — температура, воспаление,<br />

может дальше пойти, на начало гангрены<br />

похоже. Пойдет дальше — придется руку резать».<br />

Даша умоляюще посмотрела на нее. «Понимаю, —<br />

пожала та плечами, — но нам запрещено бомжей госпитализировать.<br />

Всех больных перезаражать могут.<br />

Кто знает, что они на себе носят. Ладно, беру на себя.<br />

Уговорю нашего хирурга». И Александра Сергеевича<br />

увезли, не появлялся он долго, уже Даша уехала,<br />

а его все не было. И вот явился. Вернувшись на площадку,<br />

рассказал, что месяц пролежал в больнице,<br />

руку ему вылечили, потом где-то скитался почти год,<br />

а идти все равно некуда. Пока бомжа-пришельца не<br />

было, соседи выяснили его историю. Оказалось, что<br />

и впрямь он в квартире на втором этаже прописан,<br />

пришел добродушный участковый, проверил паспорт:<br />

прописка правильная. Но вселять отказался,<br />

поскольку насильно к жене поселить его не может,<br />

тем более и ситуация сложная — там коммуналка,<br />

соседи тоже протестуют. Конечно, поначалу жену<br />

ругали — стерва! Двери она никому не открывала,<br />

смотрела в глазок, кто звонит. А потом пошли по<br />

соседям и узнали. Александр Сергеевич лет пятнадцать<br />

назад бросил ее с малолетней дочерью и ушел<br />

к овдовевшей генеральше, ушел и забыл, ни разу не


Смерть пенсионера<br />

125<br />

появился, денег ни копейки не посылал, дочку сама<br />

растила, а работала всего-навсего на почте. Жила<br />

весьма бедно. Что там с генеральшей произошло,<br />

но год назад А.С. снова явился. Бросив жену, из<br />

квартиры он не выписался, формальное право имел<br />

вселиться. Однако квартира была двухкомнатная,<br />

коммунальная. В одной комнате брошенная жена с<br />

дочкой, в другой — соседи. Пускать его было некуда:<br />

только к себе в комнату, чего она не хотела и боялась.<br />

Ситуация безвыходная.<br />

И вот вчера он сам стряхнул старика с дерева.<br />

Хотя А.С. был и помоложе его, но тоже пенсионер.<br />

Пришла соседка из квартиры напротив, позвонила<br />

вчера вечером Павлу в дверь. «Вы все же мужчина,<br />

Павел Вениаминович», — она улыбнулась немного<br />

иронически, — а у меня просто сил не хватит, да<br />

он меня и не слышит, потому что слово женщины<br />

для него не существует, он ведь женщин за людей<br />

не считает. А вы, хоть уже и в возрасте, но вид внушительный.<br />

Может, он вас хоть испугается. А то<br />

прихожу домой, квартиру отпираю, запах, сами<br />

понимаете, но мы вроде притерпелись, но ведь он<br />

прямо по лестнице вниз от моей квартиры, весь мне<br />

виден. Вчера пьяный напился, валяется, ширинка<br />

расстегнута, хозяйство наружу. Видно, перед тем,<br />

как отрубиться, онанизмом занимался. Таньке моей<br />

пятнадцать лет, ей такое ни к чему видеть. Я вчера<br />

его пинками подняла и на улицу выгнала. А сегодня<br />

прихожу, он снова с бутылкой в обнимку и мне


126 Владимир Кантор<br />

кулаком грозит, да еще какую-то блохастую собаку<br />

с собой привел».<br />

При слове «собака» Павел даже вздрогнул. Но соседка<br />

поняла и отрицательно, с сочувствием покачала<br />

головой: «Нет, не ваша. Не Августа. Так поможете?»<br />

Никогда Павел не умел людям грозить, тем более выгонять<br />

их, да и драться, если честно сказать, тоже не<br />

умел. Он и представить не мог, что должен сказать<br />

А.С., чтобы тот ушел. Он вышел на площадку в теплой<br />

домашней куртке, которая уширяла и без того его широкие<br />

плечи, к тому же в ней он чувствовал себя мужественнее<br />

(бывает такая одежда), посмотрел на А.С.<br />

сверху вниз как можно мрачнее и произнес неопределенно:<br />

«Шел бы ты, мужик, отсюда, чтобы хуже не<br />

было». Кому хуже? Но бомж вдруг засуетился, сунул<br />

бутылку в отвислый карман драпового вонючего пальто,<br />

встал, подобрал подстилку и суетливо побрел вниз.<br />

Ветка надломилась, и старик упал с дерева.<br />

А другой старик вернулся в свое жилище, думая,<br />

что сам он нисколько не лучше. Прошло два дня.<br />

Одиночество давило его. Исчезнувшая три дня назад<br />

собака Августа стала казаться каким-то страшным<br />

зовом судьбы. Он ее искал целый день, звал,<br />

но она не вернулась. Без нее квартира стала совсем<br />

неуютной. А после вчерашнего падения, он чувствовал<br />

себя словно выбитым и из того физического состояния,<br />

которое поддерживало в нем жизнь.<br />

С трудом он начал подниматься с кафельного<br />

пола, но руки-ноги подгибались. Хотя бы доползти


Смерть пенсионера<br />

127<br />

до комнаты, до телефона, приказывал он себе. Но<br />

сил не было. Павел лежал, из глаз катились слезы.<br />

Похоже, что на этот раз он в самом деле плакал.<br />

Плакал о совершенно непонятно зачем прожитой<br />

жизни. Все же он приподнял голову. Зачем? Чтобы<br />

встать? И вдруг усилием воли встал. Голова кружилась,<br />

он с трудом сохранял равновесие. Потом ощутил,<br />

что ему стало трудно дышать, грудь сжималась<br />

при каждой попытке вздохнуть, от жуткой слабости<br />

подгибались ноги, спина покрылась потом. Ему<br />

стало страшно, он ослаб, снова сел на пол. Но даже<br />

ползком он уже не мог добраться до телефона.<br />

* * *<br />

Его душа еще блуждала по Земле, сорок дней ей<br />

было предназначено скитаться здесь до ухода на<br />

небо. Он умер, но ни брат, ни сын не интересовались<br />

по-прежнему ни его жизнью, ни смертью.<br />

Спохватился отец, которому он перестал звонить.<br />

Дозвонился до внука, то есть сына Павла, брат, как<br />

всегда, был в Лондоне. Сын ответил, что занят, что<br />

ему некогда, но все же приехал, взломал с милицией<br />

и людьми из ЖЭКа замок, вошел в квартиру.<br />

Оттуда позвонил дяде в Лондон (они все же иногда<br />

общались), тот сказал, что похоронить надо почеловечески,<br />

что он пришлет три тысячи баксов,<br />

но особо оповещать и собирать народ не надо. А то<br />

слишком много хлопот. И без того кто-нибудь да<br />

придет. Народу и впрямь было немного.


128 Владимир Кантор<br />

И Павел видел свои скудные похороны, видел, что<br />

ни брат, ни отец, ни сын на похороны его не пришли.<br />

Впрочем, брат и денег обещанных не прислал. Был<br />

друг детства Леня Гаврилов с женой, он привел нескольких<br />

общих знакомых, писатель Борис Кузьмин<br />

высокопарно говорил о трудности оставаться человеком<br />

в этой жизни, которая, добавил он вдруг афоризм,<br />

«вовсе не <strong>школа</strong> гуманизма». Старый бабник<br />

Томский пустил слезу, сказав: «Павлушка, ты был<br />

хороший. Мы скоро за тобой последуем. Но тебе-то<br />

наверно небо определено, а куда нас отправят?»<br />

И снова заплакал. Пришло также несколько бывших<br />

сотрудников Галахова. Даши не было. И Павел<br />

заглядывал в лицо всем пришедшим в безумной надежде,<br />

что вдруг обознался, вдруг она просто в другой<br />

одежде. Но не увидел. Душа как птица присела<br />

на одинокое дерево у могилы. Душа плакала и думала,<br />

что, наверно, Дашу ее новый муж не отпустил<br />

даже на похороны. Душа его долго блуждала около<br />

этой пустынной могилы. Через месяц прилетела из<br />

Швеции дочь, а жена Катя, видимо, осталась там<br />

караулить внучку. Дочка долго плакала, сидя на лавочке<br />

у могилы. Потом улетела назад. А Даша так и<br />

не показалась здесь. И только спустя сорок дней он<br />

понял, почему она не пришла, осознал то, о чем не<br />

хотел думать весь последний год. Даша давно ждала<br />

его на небесах, где они и встретились, наконец.<br />

Сентябрь 2007


Владимир Кантор<br />

Няня<br />

Рассказ<br />

Я<br />

готовился пойти в душ. Халат, чистое белье,<br />

махровое полотенце из шкафа — все<br />

отнес в ванную. Домашние брюки, драные,<br />

но любимые и, главное, уютные и рубашку<br />

снял, бросил в «грязное». Из душа всегда<br />

выходил внутренне подтянутый, довольный собой,<br />

а волосы, просохнув, становились шелковыми<br />

и даже немного вились. Зато нянька наша, не наша,<br />

конечно, а с трудом раздобытая для сына, о мытье<br />

отзывалась неодобрительно. «В Европе, — говорила<br />

мне обычно моя первая жена, иронически усмехаясь<br />

в такие минуты, — душ каждый день принимают.<br />

А то и два раза в день». Я с ней соглашался,<br />

но добавлял, что для этого и быт иначе устроен, и<br />

квартира чистая, и посуда всегда вымытая, и в гости<br />

на всю ночь играть в преферанс не закатываются.<br />

А ведут более размеренный образ жизни, за<br />

книгами, за письменным столом. Но это была эпоха<br />

«застойного» и самого веселого времени в советской<br />

истории. Был бесконечный маскарад и карнавал.<br />

Под песни Окуджавы, мы воображали себя<br />

благородными дамами и кавалерами, чувствовали


130 Владимир Кантор<br />

себя как бы в светлом пушкинском времени. На эту<br />

свободу нужно было время. Денег не было, но няньку<br />

для сына мы хотели. Ибо и в пушкинское время<br />

родители тоже не занимались детьми, по малолетству<br />

с детьми сидели няни, а потом начинались<br />

гувернеры. Моя нынешняя жена как-то сказала:<br />

«Богат русский язык. Что делают няни и бабушки<br />

с детьми? Не воспитывают, не образовывают, а сидят.<br />

Гениально. Как заключенные».<br />

В этот застойный период институт нянек был<br />

своеобразным. Вывешивали на заборах объявление,<br />

а потом к тебе приходили наниматься разные<br />

сомнительные особы. Помню одну, широкоплечую,<br />

в пиджаке, которая объявила, что ехала к<br />

нам из загорода, будет жить у нас, и уже сегодня<br />

останется, поскольку приехала издалека, из Александрова,<br />

что мы можем больше ни о чем не беспокоиться,<br />

работать, ходить в гости, она все берет<br />

на себя. Глаза были серые и очень решительные.<br />

И жене, и мне она сразу стала говорить «ты». Мы<br />

спросили, наконец, ее паспорт. «Вы что, человека<br />

по лицу различить не можете? Я же не в милицию<br />

пришла, а к приличным людям. И прописка мне у<br />

вас не нужна. Нужно, чтобы ваш сынок вырос здоровым».<br />

Но сверкавшая во рту фикса меня тоже<br />

смущала. И, пересилив интеллигентскую робость,<br />

которая всегда возникала, когда я чего-то должен<br />

был требовать от незнакомых людей, я все же настойчиво<br />

попросил показать паспорт. «Боишься,


Няня<br />

131<br />

что ли?» — спросила она, употребив слово более<br />

грубое. «Знаете, вы нам не подходите», — сказал<br />

я, ненавидя свой интеллигентский извиняющийся<br />

тон. «Ладно, покажу, — возразила она, неохота<br />

ей было никуда на ночь глядя ехать, тем более<br />

в такую даль, в Александров, — только паспорта у<br />

меня нет. Есть только бумага об освобождении». И<br />

она вытащила мятую-перемятую бумагу из черной<br />

дамской сумочки. Мы с женой остолбенели и бумагу<br />

смотреть не стали. Женщины всегда решительнее.<br />

«Ну-ка, подымайся и топай отсюда, — резко<br />

сказала жена, — пока милицию не вызвала!». Тетка<br />

встала, но с места не сдвинулась, только подбоченилась:<br />

«А ты мне дорогу туда-обратно оплати. Я<br />

ведь по твоему объявлению ехала, деньги на проезд<br />

занимала!» Жена вспыхнула, а в гневе она была не<br />

подарок, я, во всяком случае, ее в такие минуты побаивался.<br />

Где и силы у Лильки против такой бабищи<br />

нашлись: она схватила ее за воротник пиджака<br />

и, подталкивая коленом, поволокла к двери. Но у<br />

двери та уперлась: «Под дверью сяду, всю ночь сидеть<br />

буду. Не на что мне ехать! Понятно?». Я спросил:<br />

«Сколько?» Услышав ответ, сунул ей в карман<br />

пиджака трешку, и мы с трудом выставили ее<br />

за дверь. Больше объявлений давать не решались.<br />

Да и жена еще вспомнила, что Александров — это<br />

тот самый город, куда ссылались за сто первый километр<br />

те, кому после тюрьмы не разрешена была<br />

Москва.


132 Владимир Кантор<br />

Поэтому когда моя бабушка, жившая на улице<br />

маршала Конева, сидя на лавочке перед пятиэтажкой,<br />

услышала трогательную историю про деревенскую<br />

тетку, которую невестка выгнала из квартиры,<br />

и та ночевала по соседям, она нам сразу позвонила.<br />

Приехала эта тетка из белорусской деревни к сыну,<br />

работавшему уже год в Москве милиционером. Он<br />

ее сам из деревни и выписал, дом ее продал, а деньги<br />

— как бы взнос невестке за житье в московской<br />

квартире. Но невестка все равно ее, особенно спьяну,<br />

на улицу выгоняла, и вот Домна Антоновна сидела<br />

на лавочке, плакала и жаловалась соседкам на<br />

жизнь: «И жена Генина пьет, и теща. Напьются, так<br />

жена Геню (так она сокращала имя сына — Геннадий)<br />

к себе в постель не пускает». Бабушка Настя<br />

осторожно спросила, пойдет ли она сидеть с трехлетним<br />

мальчиком и что за это возьмет. Она сразу<br />

сказала: «Надо у Гени спросить, если разрешит, то<br />

пойду. Да ночевать бы дали, да исты что-нибудь,<br />

вот и скажу спасибо». Старухи на лавочке накинулись<br />

на Домну, чего, мол, у сына спрашивать, раз он<br />

позволяет ее на улицу выгонять. Но она твердо стояла<br />

на том, что сын не виноват. Заступиться за нее<br />

он не может, потому что жена ему самому прописки<br />

не дает, и он никаких прав на жилплощадь не имеет.<br />

Хотя когда три года в милиции отработает и за<br />

это московскую прописку получит, он бросит свою<br />

жену-пьяницу, уйдет от них, дочку по суду заберет<br />

и в интернат определит, а сам комнату получит, и


Няня<br />

133<br />

мать к себе возьмет, чтоб за порядком приглядывала<br />

и обед готовила.<br />

Вернувшись от Гени, она долго, по рассказу бабушки,<br />

сморкалась в свой коричневый платок, потом<br />

спросила: «Геня велел узнать, чи они очень<br />

богатые?». Бабушка ей сказала, что внук живет в<br />

одном из профессорских домов в Тимирязевском<br />

районе, что там два профессорских дома друг напротив<br />

друга и двор хороший, тихий. Дед внука<br />

был профессором, но дед давно умер, а жена внука<br />

работает экскурсоводом, а сам он аспирант, получает<br />

маленькую стипендию, так что вот за стол и<br />

постель могут пустить. Домна снова ушла, потом<br />

вернулась, сказав, что без денег Геня не велит идти.<br />

После чего бабушка позвонила нам, передала все<br />

разговоры и добавила, что и без денег пойдет, потому<br />

что деваться Домне некуда. Но нет, та чувствовала<br />

свою полную зависимость от сына, и без денег<br />

не шла. Тогда, посовещавшись, мы решили, что если<br />

от ничего (от нашей зарплаты) отрезать чего-то, то<br />

меньше у нас не станет. И предложили ей тридцать<br />

рублей. Никакой символики мы в эту цифру не<br />

вкладывали. Не тот был сюжет.<br />

Когда она появилась у нас, мы были поражены<br />

ее худобой и странными привычками. Платье<br />

на ней было плоское и длинное, висело, как на<br />

вешалке-манекене. Вначале мы думали, что вот, будет<br />

у сына своя Арина Родионовна, будет рассказывать<br />

народные сказки, прибаутки и песенки, услы-


134 Владимир Кантор<br />

шим мы своеобразный народный язык с примесью<br />

белорусских словечек. Сказок и песен она, правда,<br />

не знала, но язык точно был своеобразный. Снимая<br />

сына с горшка, она брала лист газеты и говорила,<br />

при этом заглядывая нам в глаза и надеясь на наше<br />

одобрение: «Сейчас сраку-то досуха вытрем». И<br />

терла, почти втирала газету в попку сына, так что<br />

тот корчился. Впрочем, чего было и ждать: жизнь<br />

ее была столь тяжела и ужасна, что ей было не до<br />

сказок. Муж сгорел еще в начале войны, почки не<br />

выдержали той водки, что мужики пили в деревне.<br />

И она осталась вдовой с четырьмя детьми — двумя<br />

дочерьми и двумя сыновьями, но из сыновей выжил<br />

младший — Геня. Хотя про себя иногда она говорила,<br />

поглаживая рукой по плоской груди и плоскому<br />

животу, раздвигая узкие губы: «Хороша не была, а<br />

молода была». Так намекала она, очевидно, на некие<br />

свои любовные приключения. Надо сказать, трудно<br />

было вообразить, что какой бы то ни было мужик,<br />

если только не с дикого перепою, польстился бы на<br />

эту вешалку для платья. Вспомнив это приятное,<br />

она затягивала тоненьким голоском какую-то мелодию<br />

без слов.<br />

Была она высокая, худая, плоскогрудая, платье<br />

носила без пояса, длинное и обтягивающее, скорее<br />

похожее на длинную рубашку. И когда она слезла<br />

с голодной диеты, на которой существовала у сына<br />

и невестки, она стала немного толстеть — но лицо<br />

не округлилось, не потолстели ни плечи, ни руки,


Няня<br />

135<br />

а просто появился на худом теле выпирающий животик,<br />

словно на остальных местах и мяса не было,<br />

где бы можно было жиру отложиться. Ела она много<br />

и жадно, зачерпывая все ложкой, полную подносила<br />

ко рту и словно опрокидывала в горло. Но в<br />

какой-то момент отодвигала резко от себя тарелку<br />

или переворачивала вверх дном чашку и ставила ее<br />

на блюдце, отрыгивала и произносила: «До!» или<br />

«Досыть!». Это означало высшую степень насыщения.<br />

Отрыжки своей она нисколько не стеснялась,<br />

напротив, даже как будто гордилась: вот, мол, как<br />

она сытно ест, что может даже отрыгнуть. Но кроме<br />

еды и связанными с нею столовыми приборами,<br />

самыми простыми: глубокой тарелкой, столовой<br />

ложкой, чашкой и блюдцем, — другими благами<br />

цивилизации пользоваться она не желала. Я видел<br />

однажды, как на даче, построенной тестем и тещей,<br />

куда на лето мы вывозили сына, она сидела на траве,<br />

вытянув свои жилистые ноги, перегнувшись в<br />

поясе, склонившись над стопами, кухонным ножом<br />

обрезала ногти, так что кусочки летели в разные<br />

стороны. Теща, увидев эту сцену, сказала дочери,<br />

то есть моей жене: «Меня сейчас вырвет». Потом<br />

крикнула в окно Домне: «Домна Антоновна, да вы<br />

бы ножницы взяли». Но та, кряхтя, отрицательно<br />

мотнула головой: «Да уж, поди, все покончила и<br />

так!». Жена выскочила на крыльцо и резко сказала:<br />

«Еще раз увижу, как столовым ножом ногти режете,<br />

уволю. Вы еще и Тимку этому научите! Я требую


136 Владимир Кантор<br />

в своем доме гигиены!». Домна съежилась, словно<br />

над ней взметнулась рука ее ударить, и захныкала:<br />

«Не буду я вашего Тимку этому учить. А с бабой<br />

Доней ему хорошо, она его жалеет». «Бабой Доней»<br />

называла она сама себя. Да и понятно было, что<br />

мы без нее уже не обойдемся. У нас появились не<br />

только дни для библиотеки и работы, но и свободные<br />

вечера, даже свободные ночи, которые мы могли<br />

просиживать у друзей за выпивкой, анекдотами,<br />

разговорами, играми в буриме и т.д.<br />

Но с гигиеной и мытьем дело по-прежнему обстояло<br />

не самым лучшим образом. Мыться она<br />

ужасно не любила. Не говорю о ванне, даже душ<br />

вызывал ее устойчивую неприязнь. По ее понятиям<br />

достаточно было раз в месяц, а то и в два, сходить<br />

в баню. Как-то, когда я вылез из душа, раскрасневшийся<br />

от жара, чистый, с чувством свежести в теле<br />

и одежде, и как бы в воздух бросил, что хорошо бы<br />

так каждый день, словно заново рождаешься. Домна<br />

посмотрела на меня с испугом, как на слегка<br />

тронутого умом, и ойкнула: «Каждый день мыться!<br />

Да ведь так сдохнешь!».<br />

Не собираюсь говорить об органическом неприятии<br />

русским народом чистоты, — это было бы<br />

неправдой. Но, будучи и сам наполовину деревенским,<br />

я бывал в той деревне, откуда была родом<br />

мама, — и прекрасно помню редкое мытье, раз в<br />

неделю банька по-черному, откуда вылезаешь весь<br />

в саже. Неслучайно ходил в конце семидесятых


Няня<br />

137<br />

анекдот об известной нашей певице народных песен,<br />

приехавшей в Париж на гастроли. И на вопрос<br />

горничной, когда-де русская дама принимает ванну,<br />

ответила, что по субботам. Но сколько было людей,<br />

совершенно не воспринимавших этого анекдота.<br />

«А что, разве кто по пятницам моется?». Но бывает<br />

жизнь так построена, что тема мытья тела даже в<br />

голову не придет. Жизнь Домны Антоновны, нашей<br />

воображаемой Арины Родионовны, складывалась<br />

так, что ненормальность стала нормой.<br />

И при ее жизни о каждодневном мытье и думать<br />

не приходилось. Страшная все же была жизнь. Во<br />

время войны в Белоруссии она жила в землянке.<br />

Немцы искали партизан, деревню сожгли, пятнадцатилетнего<br />

сына ее застрелили, почему-то решив,<br />

что он партизанский связной. Осталось трое. Сама<br />

выкопала землянку, старшая дочка Наташка немного<br />

помогала. Глотала слезы, рыла, устраивалась, делала<br />

из земли полки и лежанки, ставила кое-какие<br />

чашки и плошки, лежанки покрывала тряпьем и<br />

ругалась матом. Погодки Геня и Маша лежали в<br />

грязи и ревели. Геня уже ходил, а Машка была еще<br />

пятимесячным младенцем. Потом начали болеть,<br />

больше всего дизентерией маялись. Питались картофельными<br />

очистками, подгнившей ботвой да<br />

корой. Воду из болота брали. Стирать было негде,<br />

да и нечего. Все, что было, было на них. Да и какой<br />

туалет — ближайшие кусты. И в холод, и в дождь.<br />

Гене как-то совсем стало плохо. И вот на санках,


138 Владимир Кантор<br />

местами по глубокому снегу, двадцать километров<br />

тащила до немецкого госпиталя. Дали им там лекарства,<br />

помыли, покормили, на три дня оставили.<br />

Вылечили, короче. А младшая, уже годовалая, тем<br />

временем на старшую девятилетнюю оставалась.<br />

Подхожу к землянке, рассказывала Домна, хихикая,<br />

санки еле волоку, тиф у меня тогда начинался,<br />

а в землянке старшая младшую укачивает: «Спи,<br />

блядишша, спи! А то матка придет — пизду тебе надерет!».<br />

Мы удивлялись ее хихиканью, пока не поняли,<br />

что матерщину она воспринимала как юмор.<br />

И о своей жуткой судьбе рассказывала просто, эпически<br />

спокойно, даже о том, как немецкий офицер<br />

вывел их всех из землянки, целился в них из пистолета,<br />

говорил: «Пиф-паф!». Жестами показывал,<br />

как сбрасывает их трупы в землянку и заваливает<br />

землей. И хохотал, довольный собой. Она именно<br />

повествовала, как будто все так в жизни и должно<br />

было быть.<br />

А я ничего подобного не знал, не испытал, всегда<br />

в квартире ванна была и душ, всю жизнь в городской<br />

квартире, исключая детские годы. Почему-то<br />

стыдно становилось от рассказов Домны, будто я<br />

виноват в такой ее жизни. А может, при высшем,<br />

мировом мистическом раскладе и виноват, ибо говорится:<br />

у неимущего отнимется, имущему дастся.<br />

Старшая дочь Домны в начале пятидесятых вышла<br />

замуж и осталась в деревне, а младшая Маша<br />

уже в шестидесятые раньше даже своего брата при-


Няня<br />

139<br />

ехала в Москву и стала работать официанткой в ресторане,<br />

обеспечив себе жизнь. Тогда я почему-то<br />

впервые понял, что работа при пище, в тепле, при<br />

возможных чаевых, считается у «простого народа»<br />

жизненной удачей. Она-то и посоветовала брату<br />

Гене милицейскую карьеру в Москве. Мать она навещала<br />

нечасто, но очень запомнилась мне: хорошей<br />

мордочкой, черными вьющимися волосами,<br />

веселым глазом, умением поиграть с сыном. Один<br />

раз она шумно восхищалась Тимкой, и Домна вдруг<br />

вполне серьезно сказала ей, почти посоветовала,<br />

указывая на меня: «А ты Глебу дай, и у тебя такой<br />

же будет». Дочка блеснула глазками и засмеялась.<br />

Смутился только я.<br />

Зато сын приходил к нам два раза в месяц, долго<br />

стоял в коридоре, потом долго вытирал башмаки о<br />

коврик в прихожей, проходил в комнату, где мать<br />

жила с нашим сыном. Там долго молчал, потом<br />

спрашивал: «Ну как?» И мать торопливо отвечала:<br />

«Да ничего, Геня. Не обижают. И малец послушный».<br />

Первый раз он как бы навещал, заботился,<br />

все ли с матерью в порядке. Второй раз приходил<br />

забрать зарплату матери. Объяснял, что все ее<br />

деньги на сберкнижку на ее имя кладет. Был он степенный,<br />

всегда гладко выбритый, видно, что чисто<br />

вымытый, всегда в форме и непременно в свежей<br />

рубашке. Сыну моему он подарил кокарду, и Домна,<br />

когда мы приходили с работы, всегда подсовывала<br />

сыну кокарду как игрушку. И нам поясняла: «Геня


140 Владимир Кантор<br />

мальцу подарил. А уж он как об этой кокарде обмирает.<br />

Вырастет, тоже, наверно, милиционером станет.<br />

А что — хлебное место…». Хотела нам показать,<br />

какой Геня добрый и заботливый, ибо чувствовала<br />

наше к нему нерасположение. Жена так просто считала,<br />

что он обирает мать и деньги кладет на свою<br />

сберкнижку. И старшая дочь Домне о том же писала<br />

(она нам ее письма показывала), сердилась, что<br />

мать не ей, в нищую деревню, посылает деньги, а<br />

отдает брату в «богатой Москве». Надо сказать, что<br />

Геня старшую сестру во многом обошел. Скажем,<br />

получил от матери доверенность и раз в полгода<br />

ездил в деревенский сельсовет, где копили к его<br />

приезду пенсию матери, и получал ее, естественно,<br />

тоже забирал себе.<br />

Но мать он как-то по-своему жалел. Я даже видел,<br />

как один раз, глядя в сторону, он гладил ее по<br />

плечу. Нежнее этой ласки немыслимо и вообразить<br />

для такого, как он, подумал я тогда. На мои слова,<br />

сказанные мною Домне после его ухода, что негоже<br />

ему так мать обирать, нянька отвечала, что его<br />

собственные деньги, его милицейскую зарплату его<br />

жена, невестка то есть, отбирает, а сама пропивает<br />

все с полюбовником: «Как Геня на дежурство, к<br />

ней мужики сразу, у них вся семья такая. И мать ее<br />

пьет, и отец пил, а сестру Гениной жены всех родительских<br />

прав лишили, так она дите свое бросила<br />

и с ними теперь живет, и каждый день нового мужика<br />

водит, с того и кормится. Да холодильник у


Няня<br />

141<br />

них все равно всегда пустой, сколько бы Геня еды<br />

ни приносил, у них в милиции заказы дешевые бывают,<br />

— все сжирают. А деньги все на водку тратят.<br />

А мой Геня у меня никогда не пил и теперь не пьет.<br />

Он ждет, пока его пропишут, потому и терпит, —<br />

говорила Домна Антоновна, — а когда у него право<br />

будет, он через суд с ними квартиру поделит и уйдет<br />

от них. Да они его все не прописывают, боятся.<br />

Но в милиции ему уже обещали комнату дать с<br />

пропиской. А их он и засудить тогда сможет, и всю<br />

квартиру себе забрать. Нигде не работают, а каждый<br />

день пьют, нажрутся своей водки, наблюют,<br />

так в блевотине и спят, ей-ей! А потом даже и душа<br />

не примут, и сами не подмоются, и срач свой за<br />

собой не уберут. Геня там все чистит и моет». Это<br />

было единственный раз, когда Домна положительно<br />

упомянула душ. Как рассказывали бабушкины<br />

соседки, невестка Домне мыться в ванне не разрешала<br />

и не кормила. Прежнее отсутствие еды она у<br />

нас наверстала, а равнодушие к ванне сохранила,<br />

хотя руки мыла несколько раз в день. Но ванну<br />

принимала не чаще раза в месяц. Зато уж тогда лежала<br />

и, казалось, просто отмокала, чтобы струпья<br />

грязи сошли с нее. Увы, это случалось весьма не<br />

часто. Но и зрелище было, когда она вдруг за обеденным<br />

столом хватала обеденную ложку, запускала<br />

ручкой вниз под свое мешком висевшее платье<br />

и, кривя лицо от наслаждения, принималась чесать<br />

спину! Жена уже молчала, отводила глаза. Ссо-


142 Владимир Кантор<br />

риться не хотелось, поскольку Домна и впрямь<br />

дала нам свободу.<br />

Она спала в комнате сына, где кроме детской<br />

кроватки стояла широкая тахта. Тахту на ночь она<br />

застилала своей собственной коричневой простыней<br />

и огромным одеялом с пестрым пододеяльником,<br />

пошитым на деревенский манер из разных<br />

кусочков ткани. Постель стояла поначалу сутками<br />

неубранная, но как-то после замечания жены Домна<br />

среди дня поверх одеяла начала стелить наш<br />

шотландский плед. Когда мы уходили в поздние гости,<br />

она брала Тимку себе в постель, чтобы ночью<br />

к нему не вставать. Правда, Лилька следила, чтобы<br />

туда же были перенесены Тимкины простыня, подушка<br />

и одеяло. Он укладывался, грустно смотрел<br />

на уходящих родителей, а Домна махала на нас<br />

рукой: «Идить! Мы с Тимочкой спать будем». И<br />

укрывала поверх его одеяла своим пестрым. А мы<br />

мчались в гости и проводили время, будто и забот<br />

у нас семейных никаких не было, словно молодые и<br />

бездетные.<br />

Днем она одевала сына, ходила с ним гулять.<br />

Любила знакомиться с прохожими. Подводила<br />

сына к кому-то и говорила: «Дай дяде здрасьте».<br />

Она была очень высокая, поэтому ходила сутулясь.<br />

Все окрестные домработницы и няньки Домну<br />

знали и рассказывали нам, как Тимка любит<br />

бабу Доню. Одна история была такова, что мы растерянно<br />

даже не знали, как ее воспринять. Няньки


Няня<br />

143<br />

и домработницы часто водили выпасаемых ими хозяйских<br />

детей в парк «Дубки». Там они сидели на<br />

лавочках и болтали, а дети резвились перед их глазами<br />

в песочнице и на площадке с качелями. Чтобы<br />

дети не разбегались, няньки запугивали их, что<br />

в парке между деревьев бродит волк, да, может, и<br />

не один, а с голодной волчицей, поэтому далеко от<br />

нянек уходить нельзя. Площадка — как охраняемый<br />

загон. Именно там как-то Домна Антоновна и<br />

устроила спектакль для товарок. Она вдруг спряталась<br />

за дерево. Но Тимка был увлечен игрой и<br />

не замечал ее попыток напугать его. Какая-то из<br />

нянек пришла Домне на помощь: «Тимочка, а где<br />

баба Доня? Ты не видел?». Тимка поднял голову и<br />

огляделся. Домны нигде не было. «Баба Доня», —<br />

позвал он тихо. В ответ молчание. А она не раз говорила<br />

ему: «Вот будешь плохо себя вести, уйду к<br />

другому мальчику». И Тимка решил, что он чего-то<br />

нашалил, не заметив этого, и пришла расплата: баба<br />

Доня бросила его. А где-то за кустами уже наверняка<br />

притаился волк. Открыл рот и заревел во весь<br />

голос, точнее даже, зарыдал, закричал с всхлипами,<br />

с каким-то странным подвыванием. И тут-то и произошла<br />

история. Через «Дубки» шла домой с работы<br />

Лилька. Бросив на землю сумку с продуктами,<br />

она понеслась на рев сына. Но Домна соображала<br />

быстро. Не успела жена добежать к ревущему сыну,<br />

как Домна молнией метнулась из-за дерева и уже<br />

сидела рядом с сыном, прижав его голову к своей


144 Владимир Кантор<br />

груди, так что тот и пикнуть не мог. И приговаривала:<br />

«Ну вот, малец, вот твоя баба Доня! Не пугайся,<br />

она тебя никому в обиду не даст. Ух ты, как<br />

бабу Доню любит! А уж как она тебя жалеет!». Такой<br />

мужик Марей в юбке! Тимка успокоился и, не<br />

видя еще мать, обвил руками шею бабы Дони. Но<br />

лицо няньки, как потом рассказывала Лилька, было<br />

оскалено прямо как волчье.<br />

В этот раз Домна обвела жену, сказав, что решила<br />

поиграть немного с мальцом в прятки. Лилька не<br />

нашла, что ответить, только резко сказала: «Пожалуйста,<br />

впредь без таких игр!». Домна обратилась<br />

к Тимке, будто это была их общая затея: «Слышь,<br />

Тимочка, что мама говорит? Не будем больше так<br />

играть». И впрямь, Домна стала замкнутее, хотя с<br />

товарками болтала по-прежнему, но в «Дубки» ходить<br />

перестала. Они теперь больше гуляли во дворе,<br />

тем более что зелени здесь тоже было немало.<br />

Два газона с кустами сирени по бокам, два ряда лип<br />

меж двух профессорских домов, аллейка между<br />

ними, скамейки, где Домна сидела либо, сутулясь,<br />

ходила за Тимкой, когда он катался на своем трехколесном<br />

велосипеде. Машины во дворе почти не<br />

ездили.<br />

Геня продолжал навещать мать по-прежнему два<br />

раза в месяц. Но начал с ней больше разговаривать.<br />

И как-то Домна, очень гордясь, сказала, что Геня<br />

нашел себе справную женщину и скоро от этой своей<br />

жены-пьянчужки уйдет. Может, и дочку заберет.


Няня<br />

145<br />

В интернат он ее отдавать раздумал. Наверно, ей с<br />

внучкой придется сидеть. И жена, и я немного занервничали,<br />

привыкнув к вольной жизни. Но, как и<br />

обычно, понадеялись, что невыгодно Гене снимать<br />

свою родительницу с места, где ей платят деньги,<br />

которые идут ему в карман. И все-таки жизнь вдруг<br />

изменилась. Никого себе Геня не нашел, но слух<br />

этот он потихоньку внедрял в сознание своей жены,<br />

и та вдруг испугалась остаться без мужа с ребенком<br />

на руках. Дальше произошло невероятное. Она<br />

бросила пить, выгнала сестру в ее квартиру, туда же<br />

отправила и мать. А сама устроилась работать. И<br />

тут-то и впрямь понадобилась им Домна — сидеть<br />

с дочкой.<br />

Мы просили хотя бы пару месяцев повременить,<br />

поскольку у меня как раз должна была быть защита<br />

кандидатской. Но она ни в какую: «Геня велел».<br />

Мы еще боялись, как перенесет ее уход Тимка, за<br />

два года, казалось, сроднившийся со своей нянькой.<br />

«А вы ему скажить, мол, баба Доня поехала к<br />

внучке погостить, а скоро вернется», — учила нас<br />

Домна. Быстро собрала свои пожитки, и уже через<br />

час за ней зашел Геня, сказав, что милицейский газик<br />

уже ждет внизу. Тимка, словно чуя беду, затих в<br />

своем углу, расставляя зверей и играя в важного директора<br />

зоопарка. Только когда хлопнула входная<br />

дверь, он поднял голову. Мы робко подошли к нему.<br />

«Она ушла?» — как-то настороженно спросил сын,<br />

почему-то назвав няньку не «баба Доня», а отчуж-


146 Владимир Кантор<br />

денно «она». Наперебой мы стали его утешать, что<br />

баба Доня уехала только погостить, что через неделю<br />

она вернется. Он недоверчиво смотрел на нас,<br />

чуя неправду. Потом так и спросил: «Вы неправду<br />

мне говорите?». Я сказал: «Что ты. Конечно, правду».<br />

Но он покачал головой и вдруг сказал уверенно:<br />

«Нет, неправду». Мы растерянно замолчали.<br />

И вдруг Тимка вскочил с пола и закружился по<br />

комнате, приплясывая и отбрасывая ногами игрушки.<br />

И закричал громко: «Она ушла. Она ушла навсегда!<br />

Она никогда сюда не вернется! Ура! И<br />

никогда больше не будет меня пугать! Ура!». Оказывается,<br />

тот случай в парке был не единственным, но<br />

она запрещала сыну даже заикнуться кому-нибудь<br />

об этом, стращая, что баба Доня уйдет, а родителям<br />

не до него. А мы, занятые нашим самоощущением<br />

духовного возврата в прошлое русской дворянской<br />

культуры, даже не замечали вопросительных глаз<br />

сына, его нежелания нас отпускать надолго из дома.<br />

Презирая себя, я все же позвонил бабушке, рассказав<br />

про ее протеже. Бабушка рассказала соседкам.<br />

Все решили осудить Домну. Но Домна и не думала<br />

стесняться, говоря, что без нее родители Тимочки<br />

совсем бы пропали, сидеть с сыном не умели и ухаживать<br />

тоже. А она всем нужна. Вот и сыну пригодилась.<br />

На том все и успокоились.<br />

2008


Nachwort


Maria Kiseleva<br />

Wladimir <strong>Kantor</strong>:<br />

Ein Leben zwischen zwei Häusern<br />

Wladimir <strong>Kantor</strong> — russischer Kulturhistoriker,<br />

Philosoph und Literaturwissenschaftler,<br />

seit 1974 Mitherausgeber der<br />

Zeitschrift Voprosy filosofii (Probleme<br />

der Philosophie) und seit 2003 Universitätsprofessor<br />

für Philosophie (Staatliche Hochschule<br />

für Ökonomie, Moskau) — gehört laut der französischen<br />

Zeitschrift Le Nouvel Observateur (2005) zu den 25 größten<br />

Denkern der heutigen Welt („25 grands penseurs du<br />

monde entier“). Nicht zuletzt ist er Autor von fünf Romanen<br />

sowie 63 Erzählungen, von denen ein Großteil in<br />

verschiedene Sprachen übersetzt wurde. Er zählt zu den<br />

‚nicht veröffentlichenden Schriftstellern’ der Sowjetunion<br />

(neprochodnoj), die ‘in die Schublade’ schreiben mussten<br />

und sich selbst nie vorstellen konnten, dass die Sowjetmacht<br />

ihr Ende findet und nach ihr freie Publikationen<br />

möglich sein werden. So konnte auch <strong>Kantor</strong> nicht einmal<br />

davon träumen, dass dieses gefährliche Spiel mit verbotenen<br />

Büchern, Texten aus Sam- und Tamizdat, die Aufbewahrung<br />

antisowjetischer Werke von Freunden (<strong>Kantor</strong><br />

verwahrte u.a. Kormers Roman), antisowjetischen Hu-


150 Maria Kiseleva<br />

mor, für den man jederzeit mit Verhaftung rechnen musste<br />

usw., in ein mehr oder weniger freies Leben eines erlaubten<br />

und publizierenden Schriftstellers übergehen würde.<br />

Erst ab 1985 (als der Autor 45 Jahre alt war) begannen<br />

die Verlage, <strong>Kantor</strong>s Werke nach und nach zu veröffentlichen.<br />

Folglich wurde sein Schaffen mit den Preisen Literaturnaja<br />

misl (1997) und Oktjabr (2001) ausgezeichnet.<br />

Weiterhin wurde er für die Preise Buker (2003), Jurij<br />

Kasakow (2008) und Iwan Bunin (2009) nominiert. Den<br />

deutschen Slawisten ist er vor allem als Wissenschaftler,<br />

Dostojewski-Forscher, Stepun- und Lotman-Herausgeber<br />

sowie Experte der russisch religiösen Philosophie des 20.<br />

Jahrhunderts bekannt. Seine einzige Erzählung, die bisher<br />

in die deutsche Sprache übersetzt wurde (Die Notbremse),<br />

findet in der aktuellen deutschen Presse leider keine Beachtung<br />

und kann im Grunde nicht repräsentativ für die<br />

gesamte literarische Vielfalt seiner Werke gelten.<br />

Überblickt man die Geschichte der Weltliteratur, so<br />

stellt man fest, dass die großen ‚Epochemacher’, die das literarische<br />

Denken vorwärts gebracht haben, nicht immer<br />

nur Schriftsteller waren, sondern sich auch mit kulturphilosophischen<br />

und theoretischen Fragen beschäftigten.<br />

Friedrich Schlegel erfand sogar eine neue Möglichkeit der<br />

Gattungsmischung, die er Arabeske nannte, indem er die<br />

Theorie des Erzählens zum Inhalt des Erzählens werden<br />

ließ. Es erscheint auch schwierig, den Schriftsteller <strong>Kantor</strong><br />

vom Philosophen <strong>Kantor</strong> zu trennen. So finden die<br />

kulturphilosophischen Themen wie Freiheit und Willkür,<br />

Karneval als Teufelei, die ,Professorenkultur’ und russische


Wladimir <strong>Kantor</strong>: Ein Leben zwischen zwei Häusern<br />

151<br />

Mentalitätstypen, das Westlertum und die russische Geschichte<br />

bzw. Russlands Haltung gegenüber dem Westen,<br />

die in seiner Forschungsliteratur betrachten werden, Eingang<br />

in sein literarisches Werk und werden von seinen Figuren<br />

immer wieder aufs Neue aufgegriffen und diskutiert.<br />

Seit Nikolaj Gogol bietet sich in der russischen Tradition<br />

für diese Art der Vereinigung des Wissenschaftlichen,<br />

Theoretischen und Kulturphilosophischen auf<br />

der einen und des Literarischen auf der anderen Seite<br />

das vergessene Genre der Arabeski an.<br />

„Es ist ein Neuer Gogol erschienen“: Sosedi.<br />

Arabeski.<br />

Nekrasows Worte über <strong>Kantor</strong>s Lieblingsautor Dostojewski<br />

„Es ist ein Neuer Gogol erschienen“ gelten auch<br />

für <strong>Kantor</strong>. Er kann als Autor in der Tradition Dostojewskis<br />

bezeichnet werden. Darüber hinaus spielt sein<br />

Buch mit dem Untertitel Arabeski eindeutig auf Gogols<br />

Erbe an. Genrehafte Freiheit, wie sie die Arabeski manifestiert,<br />

verweist laut Bachtin nicht zuletzt auf die Poetik<br />

der Romane Dostojewskis: eine Textstruktur, in der<br />

alle Stimmen gleichberechtigt dargestellt werden. Die<br />

Arabeski erlaubt eine „echte Polyphonie“ gleichberechtigter<br />

wissenschaftlicher und literarischer Stimmen.<br />

Leider hat Gogols Entdeckung keine Verehrer und<br />

Nachfolger gefunden. Sein Arabeski-Band gehört zu den<br />

am wenigsten erforschten Bereichen und wurde noch<br />

nicht einmal als einzelnes Werk angesehen. Da der Autor


152 Maria Kiseleva<br />

selbst aus dem Arabeski-Band drei Novellen herausgenommen<br />

und sie im Petersburger Zyklus veröffentlicht<br />

hatte, wurde im Nachhinein der wissenschaftliche Teil<br />

der Arabeski getrennt vom literarischen rezipiert. Später<br />

benannte Andrej Belyj eine Sammlung seiner wissenschaftlichen<br />

Beiträge Arabeski, wodurch die ursprüngliche<br />

Idee von Gogols Arabeski als Zusammenstellung von<br />

theoretischen Aufsätzen und künstlerischen Novellen absolut<br />

in Vergessenheit geriet. Daher kann das Erscheinen<br />

von <strong>Kantor</strong>s Arabeski als Wiederbelebung des Genres in<br />

der russischen Literatur angesehen werden. Der Titel des<br />

Buches — Sosedi (Die Nachbarn) verdeutlicht denselben<br />

Sinn, den auch die Arabeski repräsentiert: Philosophie und<br />

Kunst leben im Buch nebeneinander (russisch ‚sosedstvovat’,<br />

vom Substantiv ‘sosedi’ (Nachbarn) abgeleitet).<br />

<strong>Kantor</strong>s Arabeski-Buch ist in drei Zyklen unterteilt.<br />

Der erste — Knizhnij maltschik (Der Bücherbube), in dem<br />

neben den Novellen Ich bin der Andere, Gesprächspartner,<br />

Bibliophil u.a., Essays über Borges, Tolkien, Dostojewski,<br />

Nietzsche und der Aufsatz Krise des Christentums<br />

koexistieren, versucht die Wurzeln, die Ausgangspunkte<br />

der im Buch behandelten Problematik anzudeuten, die<br />

Frage unserer kulturellen Identität und Abstammung<br />

zu beantworten. Der zweite Zyklus Predčuvstvija (Vorahnungen)<br />

setzt diese Problematik fort, indem er das<br />

Schreckliche im Realen vorführt und vorherzuahnen versucht,<br />

worauf alles hinausläuft: Hier werden neben den<br />

Erzählungen Die Weihnachtsgeschichte, Aufzeichnungen<br />

aus einem halbtoten Haus, Zufälliger Kummer und Tod,


Wladimir <strong>Kantor</strong>: Ein Leben zwischen zwei Häusern<br />

153<br />

Essays über Franz Kafka und Arthur Koestler sowie die<br />

Aufsatz Die Nihilismustradition in Russland und Erwartetes<br />

Ende der europäischen Geschichte unterbracht. Der<br />

dritte Zyklus — Stolknovenija (Zusammenstöße), der das<br />

Gesamtkonzept des Buches abrundet, versucht Auswege<br />

aus den kulturell, geschichtlich und biologisch bedingten<br />

Katastrophen zu finden, indem ein Manifest des ,Widerstandes‘<br />

deklariert wird. Freiheit ist nach <strong>Kantor</strong> — nur<br />

durch handeln, widerstehen, kämpfen zu erwerben. Diese<br />

Motivik kommt in den Erzählungen des dritten Zyklus<br />

Pistole, Polizeimütze, Nachbarn, Führer zum Ausdruck,<br />

deren Problemstellungen von den Aufsätzen Ist der Drache<br />

gestorben?, Überlegungen zum Werk von Joseph Conrad,<br />

Gibt es für russische intellektuelle Gesellschaft einen<br />

freien Raum?, Antichrist oder Feindschaft gegenüber Europa:<br />

Entstehung des Totalitarismus sowie nicht zuletzt<br />

vom Essay über Puschkin Dichter und Freiheit oder die<br />

Überwindung des Schweren vollendet werden.<br />

Topographie des Werks, oder: Zwischen Lichobori<br />

und Krasno-Studentscheski<br />

Der Lehrer und spätere Freund <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong>s —<br />

Merab Mamardaschwili — sagte auf einer seiner Vorlesungen:<br />

„Du musst so leben, dass deine Nachbarn ‚Platon’<br />

und ‚Kant’ sind und nicht diejenigen, die in deiner<br />

direkten Nähe (Haus, Wohnung, Hof) wohnen“. Ein<br />

Hauptthema in <strong>Kantor</strong>s Werks ist die Nachbarschaft<br />

zweier unterschiedlicher sozialer Ebenen: der so ge-


154 Maria Kiseleva<br />

nannten Professorenfamilien und Intellektuellen einerseits<br />

und der sozialen Schicht der Armen andererseits.<br />

Im Werk Dva doma i okrestnosti (<strong>Zwei</strong> Häuser und<br />

Umgebung) werden diese zwei Welten bzw. zwei Wohnungen,<br />

eine auf der Straße Krasno-Studentscheski, wo<br />

die Eltern von Boris (die Hauptfigur) wohnen, und die<br />

andere auf der Straße Lichobori, wo die Großeltern mütterlicherseits,<br />

die ‘einfachen’ Arbeitsleute, wohnen —<br />

zum Handlungsort und zur Kernproblematik. Der Junge<br />

erkennt das zwischen diesen zwei sozialen Schichten<br />

und Häusern, die zwei unterschiedliche Welten repräsentieren:<br />

Bei seinen Eltern ist er der Sohn des Professors<br />

(‚professorskij sinotschek’), ‚der Andere’, der sich<br />

von allen in der Schule und im Hof unterscheidet und<br />

nicht zu den ‘einfachen’ Kindern passt, wogegen bei seinen<br />

Großeltern ein Kind wie alle anderen ist. Bei seinen<br />

Eltern herrscht eine kalte intellektuelle Atmosphäre,<br />

man hat immer ruhig und höflich zu sein, anständig und<br />

wenig zu essen; bei den Großeltern, wo es im Gegensatz<br />

dazu immer warm und gemütlich ist, kann er ganz er<br />

selbst sein — ein Kind, das gerne Süßigkeiten isst und<br />

dabei Bücher verschlingt. Das Werk stellt ganz einfache<br />

Fragen aus einer kindlichen Perspektive, auf die schwer<br />

Antworten zu finden sind. Es wird hinterfragt, was es bedeutet,<br />

in einem kommunistischen Land ein Individuum<br />

zu sein, was es überhaupt heißt, ein Ich zu sein, warum es<br />

immer Unterschiede zwischen einem selbst und allen anderen<br />

gibt, warum es zu Konflikten zwischen der Mutter<br />

des Vaters (Parteimitglied) und der eigenen Mutter (Ge-


Wladimir <strong>Kantor</strong>: Ein Leben zwischen zwei Häusern<br />

155<br />

netikerin — Repräsentantin einer ‚ Pseudowissenschaft’)<br />

kommt usw. Das Werk entwirft das Bild der sowjetischen<br />

Epoche auf eine neue Art und Weise: Man kann es<br />

als eine Art Comédie humaine bezeichnen.<br />

Eine neue Comédie humaine des 20. Jahrhunderts<br />

oder eine neue Art Yoknapatawpha zu schreiben, gehörte<br />

bestimmt zu den Hauptideen des Autors. Wenn man<br />

sein Gesamtwerk betrachtet, fällt auf, dass die Figuren<br />

einer in seinen Novellen oder Erzählungen wandern. So<br />

scherzt zum Beispiel in einer Erzählung der Vater von<br />

Boris, dass sein Kumpel Leva sie als Dantes Virgilius<br />

ins Paradies führt, und hoffentlich sei es auch wirklich<br />

ein Paradies und nicht ein Moor, wo sie von einem<br />

Krokodil aufgefressen werden. Diese Anmerkung ergibt<br />

Sinn, weil Leva in einem anderen Roman wirklich von<br />

einem Krokodil aufgefressen wird. Diese Echos und<br />

Resonanzen zwischen <strong>Kantor</strong>s Werken bilden eine originelle<br />

epische Schattierung seines Gesamtwerks.<br />

Die Handlung spielt nicht in Frankreich oder Amerika,<br />

sondern in der Sowjetunion der Ära Chruschtschows,<br />

also in der Zeit der Entstalinisierung, als die inneren<br />

Emigranten und Dissidenten ein wenig mutiger wurden,<br />

ihre Gedanken frei zu äußern und die typischen Küchengespräche<br />

mit Wodka über die ewigen Fragen nicht unbedingt<br />

mit einer Festnahme durch den Geheimdienst<br />

endeten. Die Intelligenz wurde aber weiterhin kontrolliert.<br />

Das zeigen auf wunderbare Weise <strong>Kantor</strong>s Erzählung<br />

Prjatki (Das Versteckspiel) sowie seine Fortsetzung<br />

im Hörspiel Pistolet (Pistole). Im Versteckspiel gerät die


156 Maria Kiseleva<br />

Hauptfigur (der dreizehnjährige Boris) mit seinem Vater<br />

unbeabsichtigt in eine Versammlung der intellektuellen<br />

Gesellschaft (Regisseure, Dichter, Philosophen u.a.), in<br />

der antisowjetische Gespräche geführt werden. Der Junge<br />

geht aus Langeweile auf den Vorschlag der Tochter<br />

des Gastgebers ein, mit ihr Versteck zu spielen. Während<br />

er hinter den Mänteln im Flur darauf wartet, von ihr<br />

entdeckt zu werden, stößt er in einer Jackentasche auf<br />

eine echte Pistole. Dieses harmlose Kinderspiel verweist<br />

direkt wie auch metaphorisch auf ein Spiel einer anderen<br />

Ebene: die Erwachsenen spielen ebenfalls, und wer<br />

verliert, verliert möglicherweise auch sein Leben. In der<br />

Folklore symbolisiert das Versteckspiel unmittelbar den<br />

Tod. Freiheit unter Kontrolle, Leben unter Beobachtung,<br />

Existenz als ein permanentes Versteckspiel — das<br />

sind die Leitthemen seiner Erzählung.<br />

Freiheit als Symbol wird zum wichtigen Strukturelement<br />

in <strong>Kantor</strong>s Hauptroman. Der Autor hebt die für<br />

sein Werk zentrale Thematik der Freiheit und Unfreiheit<br />

des Raumes, der Zeit und der Gedanken bereits im<br />

Titel (Krepost — Die Festung) hervor. Im Roman baut<br />

<strong>Kantor</strong> Ziegelstein auf Ziegelstein die Geschichte dreier<br />

Generationen und zeigt dabei, dass diese Ziegel keine sichere<br />

Festung bilden können, sondern mit der Zeit auseinander<br />

fallen. Die ältere Generation — die Großmutter,<br />

die an der hellen Zukunft des Kommunismus (Festung<br />

des Kommunismus) mitgebaut hat, stirbt schwer krank,<br />

von allen vergessen, nach einer langen Zeit körperlicher<br />

Qualen. Ihre Stiefenkelin wird verrückt, weil ihr Lieb-


Wladimir <strong>Kantor</strong>: Ein Leben zwischen zwei Häusern<br />

157<br />

haber (Timaschew, der Freund des großmütterlichen<br />

Sohnes, der für die zweite Generation steht) gestorben<br />

ist. Ihr Enkel Petja wird von seinen Klassenkameraden<br />

aus bloßer jugendlicher Freude an der Gewalt und<br />

Feindseligkeit gegenüber denjenigen, die anders als alle<br />

sind, umgebracht. Damit wird das Errichten der Festung<br />

zum Struktur- und Handlungselement des Romans. Es<br />

geht um den Versuch, eine Festung zu bauen, in der man<br />

sich frei und sicher fühlt. Allerdings besitzt das Wort<br />

Krepost (die Festung) im Russischen mehrere Bedeutungen,<br />

trägt in sich mehrere Andeutungen, Anspielungen<br />

und Assoziationen. Die Begriffe ‚Festung‘ und ‚Befreien‘<br />

haben im Russischen ein und dieselbe Wurzel:<br />

krepost (Festung) und raskrepostit (befreien). Das<br />

Wort ‚versklaven‘ sowie der Terminus ‚Leibeigenschaft‘<br />

(in Russland in Bezug auf die Bauern) werden ebenfalls<br />

von der Wurzel krepost (Festung) abgeleitet. Somit<br />

wird auch auf der sprachlich-semantischen Ebene der<br />

Themenkomplex Freiheit — Versklavung angedeutet.<br />

Das Kontrastprinzip von raskreposchenie (Befreiung)<br />

und zakreposchenie (Versklavung) bildet auch die<br />

Raumkonstellation des Romans, die auf dem Grundsatz<br />

‚offene‘ — ‚geschlossene‘ Räume basiert. Das Haus im<br />

Gegensatz zur Straße symbolisiert Freiheit, Sicherheit,<br />

das Eigene. Die Straße ist dagegen der gefährliche Ort,<br />

der keine Freiheit und Sicherheit garantieren kann, der<br />

Ort, wo das Selbst nicht mehr Eigentum des Einzelnen<br />

ist, sondern zufällig von der Masse zerstört werden kann.<br />

Ihren Höhepunkt erreicht die Konstellation Innen —


158 Maria Kiseleva<br />

Außen im Tod von Timaschew (zweite Generation) im<br />

Kapitel Russisches Roulette, als er auf dem Balkonvorsprung<br />

steht, die Balkonmauer loslässt und rücklings ins<br />

Leere fällt, um im letztmöglichen Moment diese wieder<br />

zu ergreifen. So zwischen Leben und Tod, Realem und<br />

Möglichem, Innen und Außen schwebend, fällt er aus<br />

dem Haus, das keine Festung für ihn sein kann, ins Freie.<br />

Und erst nach seinem Tod (s. das vorletzte Kapitel Nach<br />

dem Tod) öffnen sich für ihn die Tore als letzte Möglichkeit<br />

der Freiheit (s. das letzte Kapitel Die letzte Möglichkeit<br />

der Freiheit). Das Thema des Überganges wird auch<br />

in der Gestalt der Großmutter zum Ausdruck gebracht:<br />

<strong>Kantor</strong> entwickelt es meisterhaft im Dialog zwischen<br />

dem gestorbenen Körper und der sterbenden Seele.<br />

Auch in diesem Roman spielt das Zusammenleben<br />

von wissenschaftlichen und literarischen Diskursen eine<br />

besondere Rolle. Hier verknüpfen sich die Überlegungen<br />

seiner Figuren zu denselben Themen, die <strong>Kantor</strong> als Literaturforscher<br />

und Historiker untersucht, seine Textinterpretationen<br />

gehen unbemerkt ins Kerngeschehen der<br />

Texte ein. So erkennt man beispielsweise in der Episode<br />

(Die Festung) der Schuldübergabe eines Klassenkameraden<br />

mit proletarischer Abstammung auf den Professorensohn<br />

Petja <strong>Kantor</strong>s originelles Konzept der Unschuld<br />

Iwan Karamasows sowie der Verantwortung und Mündigkeit<br />

Smerdjakows wieder. Der Schriftsteller <strong>Kantor</strong><br />

ergänzt, setzt fort, vollendet den Wissenschaftler <strong>Kantor</strong>.<br />

Das kann für jeden, der auf seine literarischen Werke noch<br />

nicht aufmerksam geworden ist, eine Bereicherung sein.


Об авторе<br />

Владимир Карлович Кантор — доктор философских наук, профессор<br />

философского факультета Национального Исследовательского<br />

Университета — Высшей Школы Экономики (НИУ-<br />

ВШЭ), член редколлегии журнала «Вопросы философии», член<br />

Союза российских писателей, прозаик, стипендиат фонда Генриха<br />

Бёлля (Германия,1992), лауреат нескольких отечественных<br />

премий, трижды номинировавшийся на премию Букера,<br />

историк русской культуры, автор более пятисот опубликованных<br />

работ. Лауреат премии «Золотая вышка» за достижения в<br />

науке (2009, Москва). Область научных интересов — философия<br />

русской истории и культуры. По европейскому рейтингу,<br />

публикуемому раз в 40 лет (январь 2005) парижским журналом<br />

«Le nouvel observateur (hors serie)», вошел в число 25 крупнейших<br />

мыслителей современности, как «законный продолжатель<br />

творчества Ф.М. Достоевского и В.С Соловьева». Произведения<br />

Владимира Кантора переводились на английский, немецкий,<br />

французский, испанский, итальянский, польский, чешский,<br />

сербский, эстонский языки.<br />

Основные опубликованные сочинения<br />

Владимира Кантора<br />

ПРОЗА<br />

Два дома. Повести. — М.: Советский писатель, 1985.<br />

Крокодил. Роман // Нева. 1990, № 4.<br />

Историческая справка. Повести и рассказы. — М.: Советский<br />

писатель,<br />

1990.<br />

Победитель крыс. Роман-сказка. — М.: Изд-во им. Сабашниковых,<br />

1991.<br />

Поезд «Кёльн-Москва». Повесть // Вопросы философии.<br />

1995. № 7.<br />

Мутное время. Из цикла «Сны» // Золотой век. 1995. № 7.


160 Об авторе<br />

Крепость. Роман (журнальный вариант) // Октябрь. 1996, №№<br />

6, 7.<br />

Чур. Роман-сказка. — М.: Московский Философский Фонд,<br />

1998.<br />

Соседи. Повесть // Октябрь. 1998, № 10.<br />

Два дома и окрестности. Повесть и рассказы. — М.: Московскийфилософский<br />

Фонд. 2000.<br />

Рождественская история, или Записки из полумертвого дома.<br />

Повесть<br />

// Октябрь. 2002. № 9.<br />

Крокодил. Роман. — М.: Московский философский Фонд.<br />

2002.<br />

Записки из полумертвого дома. Повести, рассказы, радиопьеса.<br />

— М.:<br />

Прогресс-Традиция. 2003.<br />

Крепость. Роман (сокращенный вариант). — М.: РОССПЭН,<br />

2004. (Серия «Письмена времени»).<br />

Krokodyl. Roman. Przekład: Walentyna Mikołajczyk-Trzcińska. —<br />

Warszawa:<br />

Dialog. 2007.<br />

Гид. Немного сказочная повесть // Звезда. 2007. № 6.<br />

Соседи. Арабески. — М.: Время, 2008.<br />

Смерть пенсионера // Звезда. 2008. № 10.<br />

Krokodill. Romaan. Vene keelest tõlkinud Jüri Ojamaa. Tallinn:<br />

Loomingu Raamatukogu, 2009 / 3 -5.<br />

Смерть пенсионера. Повесть, роман, рассказ. М.: Летний сад,<br />

2010<br />

Няня Рассказ // Знамя. 2010. № 12.<br />

Сто долларов. Маленькая повесть // Звезда. 2011. № 4.<br />

Наливное яблоко. Повествования. М.: Летний сад. 2012.<br />

Запах мысли. Повесть (не опубликована).<br />

Помрачение. Роман (в печати).<br />

МОНОГРАФИИ<br />

Русская эстетика второй половины XIX столетия и общественная<br />

борьба. — М.: Искусство, 1978.


Об авторе<br />

161<br />

«Братья Карамазовы» Ф. Достоевского. — М.: Художественная<br />

литература, 1983.<br />

«Средь бурь гражданских и тревоги...» Борьба идей в русской<br />

литературе 40-70-х годов XIX века. — М.: Художественная<br />

литература, 1988.<br />

В поисках личности. Опыт русской классики. — М.: Московский<br />

Философский Фонд, 1994 (Серия «Россия и Запад»).<br />

«...Есть европейская держава». Россия: трудный путь к цивилизации.<br />

Историософские очерки. — М.: РОССПЭН, 1997.<br />

Russija je evropska zemlja. Mukotrpan put ka civilizaciji. Prevela<br />

s ruskog Mirjana Grbic. (Biblioteka XX vek). Beograd. 2001.<br />

Феномен русского европейца. Культурфилософские очерки. —<br />

М.: Московский общественный научный фонд; ООО «Издательский<br />

центр научных и учебных программ», 1999.<br />

Русский европеец как явление культуры (философскоисторический<br />

анализ). — М.: РОССПЭН. 2001.<br />

Русская классика, или Бытие России. М.: РОССПЭН, 2005.<br />

(Серия «Российские пропилеи»).<br />

Willkür oder Freiheit? Beiträge zur russischen Geschichtsphilosophie.<br />

Ediert von Dagmar Herrmann sowie mit einem Vorwort<br />

versehen von Leonid Luks. — ibidem-Verlag. Stuttgart 2006.<br />

Между произволом и свободой. К вопросу о русской ментальности.<br />

М.: РОССПЭН, 2007. (Серия «Россия в поисках<br />

себя…»)<br />

Санкт-Петербург: Российская империя против российского<br />

хаоса. М.: РОССПЭН, 2008. (Серия «Российские пропилеи»).<br />

Das Westlertum und der Weg Russlands. Zur Entwicklung der<br />

russischen Literatur und Philosophie. Ediert von Dagmar Herrmann.<br />

ibidem-Verlag Stuttgart. 2010.<br />

«Судить Божью тварь». Пророческий пафос Достоевского.<br />

Очерки. М.:РОССПЭН, 2010. (Серия «Российские пропилеи»).<br />

«Крушение кумиров», или Одоление соблазнов (становление<br />

философского пространства в России). М.: РОССПЭН,<br />

2011. (Серия «Российские пропилеи»).


162 Об авторе<br />

СБОРНИКИ<br />

Русская эстетика и критика 40-50-х годов XIX века. Подготовка<br />

текста, составление, вступительная статья и примечания<br />

В.К. Кантора и А.Л. Осповата. — М.: Искусство, 1982. — (Серия<br />

«История эстетики в памятниках и документах»).<br />

А.И. Герцен. Эстетика. Критика. Проблемы культуры. Составление,<br />

вступительная статья и комментарии В.К. Кантора.<br />

— М.: Искусство, 1987. — (Серия «История эстетики в<br />

памятниках и документах»).<br />

К.Д. Кавелин. Наш умственный строй. Статьи по философии<br />

русской истории и культуры. Составление, вступительная<br />

статья В.К. Кантора. Подготовка текста и примечания В.К.<br />

Кантора и О.Е. Майоровой (Серия «Из истории отечественной<br />

философской мысли»). — М.: Правда, 1989.<br />

Метаморфозы артистизма. Составление, первая статья. — М.:<br />

РИК, 1997.<br />

Ф.А. Степун. Сочинения. Составление, вступительная статья,<br />

примечания и библиография В.К. Кантора (Серия «Из истории<br />

отечественной философской мысли»). — М.: РОССПЭН, 2000.<br />

Simon L. Frank. Licht in der Finsternis. Versuch einer christlichen<br />

Ethik und Sozialphilosophie. Einleitung und Kommentar<br />

von <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong>. — Verlag Karl Alber. Freiburg/München.<br />

2008.<br />

Юрий Михайлович Лотман. Сборник. Составление, вступительная<br />

статья В.К. Кантора (Серия «Философия России<br />

второй половины XX века»). — М.: РОССПЭН, 2009.<br />

Федор Августович Степун. Жизнь и творчество. Избранные<br />

сочинения. Вступительная статья, составление и комментарии<br />

В.К. Кантора (Серия «Социальная мысль России»). —М.:<br />

Астрель, 2009.<br />

Федор Августович Степун. Большевизм и христианская экзистенция.<br />

Избранные сочинения. Вступительная статья, составление<br />

и комментарии В.К. Кантора (в печати).<br />

Александр Иванович Герцен. Избранные труды. Составление,<br />

предисловие, комментарии В.К. Кантора. (Серия «Библиотека<br />

общественной мысли»). М.: РОССПЭН, 2010.


Об авторе<br />

163<br />

Федор Августович Степун. Сборник. Составление, вступительная<br />

статья В.К. Кантора (Серия «Философия России первой<br />

половины ХХ века»). — М.:РОССПЭН, 2012.<br />

Петр Бернгардович Струве. Сборник. Составление, вступительная<br />

статья О.А. Жуковой и В.К. Кантора (Серия «Философия<br />

России первой половины ХХ века»). — М.: РОССПЭН.<br />

2012.


<strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />

Владимир Кантор<br />

<strong>Zwei</strong> Erzählungen<br />

Два рассказа<br />

Tod eines Pensionärs<br />

Njanja<br />

Смерть пенсионера<br />

Няня<br />

Перевод с русского языка на немецкий — Claudia Woldt<br />

Художник: Петр Ефремов<br />

Компьютерная верстка: Юрий Балабанов<br />

Формат 70x100/32. Печать офсетная. Печ. л. 5.<br />

Тираж 200 экз. Книга печатается в авторской редакции.<br />

Printed in Germany<br />

Dresden 2012

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